Die Presse, Nr. 1, Bochum, (15.September 1970)

15.09.1970:
Bei Opel Bochum gibt die Betriebsgruppe der KPD/ML-ZB laut KPD/ML-ZK heute erstmals ihre Betriebszeitung "Die Presse" mit 8 Seiten DIN A 4 unter Verantwortung von Werner Fremd und folgendem Leitartikel heraus:
"SPD PLANT WEITERE STEUERERHÖHUNGEN. Während wir in der Tarifrunde für die Durchsetzung der gewerkschaftlichen Forderungen kämpfen, bereitet die SPD-Regierung schon wieder neue Steuererhöhungen vor.
Finanzminister Möller will unser Lohnsystem an die anderen europäischen Länder angleichen und gibt offen zu, dass dies schon wieder eine Steuererhöhung ist.

Kolleginnen und Kollegen! Gerade erst hat die SPD der Arbeiterklasse 10% Lohnsteuervorauszahlung aufgeladen und uns vorgelogen, dass damit die 'Konjunktur' gerettet wird. Jetzt marschieren wir nicht nur mit Riesenschritten in die nächste Krise, sondern die SPD startet schon wieder neue Angriffe auf unsere Lage. Zur gleichen Zeit steigen die Preise und Mieten in unverschämter Weise. SPD Minister Schiller aber ist gegen einen Mietstop, weil das die soziale Marktwirtschaft gefährdet, d. h. freien Spielraum für die Profitgier der Kapitalisten.

GEGEN DIE ARBEITERFEINDLICHE SPD-REGIERUNG DIE GESCHLOSSENE FRONT DER ARBEITERKLASSE

Noch so hohe Lohnerhöhungen bringen uns nichts, wenn wir nicht geschlossen gegen die arbeiterfeindliche Politik der SPD kämpfen und deren weiteren Lohnraub verhindern. Fordern wir:
- SOFORTIGE RÜCKZAHLUNG DER 10% LOHNSTEUERVORAUSZAHLUNG
- KEINE WEITEREN STEUERERHÖHUNGEN MEHR

In der jetzigen Tarifrunde kommt es darauf an, möglichst viel herauszuschlagen. Die Gewerkschaft fordert:
- 15% effektive Lohnerhöhung,
- Wegfall der unteren Lohngruppen, die unsere Einheit verhindern sollen und den Kapitalisten noch höhere Profite durch gesteigerte Ausbeutung der Frauen, Jugendlichen und ausländischen Kollegen verschaffen.

Die KPD/ML fordert zusätzlich:
- Absicherung der Effektivlöhne durch 6 DM Mindestlohn, damit wir bei der herannahenden Krise vor Lohnkürzungen gewappnet sind. Diese Forderungen müssen unbedingt durchgesetzt werden und durch den Kampf gegen die arbeiterfeindliche SPD Politik abgesichert werden. Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass wir bei der nächsten Krise ohne Überstunden und Sonderschichten unseren Lebensstandard einigermaßen halten können.

Die SPD kann mit ihrer arbeiterfeindlichen Konjunkturpolitik die nächste Krise nicht verhindern. Bereits jetzt gibt es in mehreren Betrieben Massenentlassungen und Kurzarbeit. Die SPD kann und will den Kapitalismus nicht abschaffen und im Kapitalismus gibt es immer wieder Krisen, weil die Produktion sich an der Profitgier ausrichtet und nicht an den Bedürfnissen des Volkes.

JETZT KAMPF FÜR HOHE LOHNFORDERUNGEN

Die Autoindustrie ist jetzt noch in der Hochkonjunktur. Die Bosse haben noch nie so hohe Gewinne gemacht. Bei Opel haben sie im letzten Jahr aus jedem von uns 7. 500 DM Reingewinn erpresst und trotzdem setzen sie unverschämterweise die Preise noch mehr rauf, um ihre Profite noch mehr zu steigern.

Jetzt ist die Situation für hohe Forderungen günstig. Zeigen wir unsere geschlossene Kampfkraft und zwingen wir die IGM-Führer zur vollen Durchsetzung unserer Forderungen.

Die Erfahrungen des September 1969 haben uns den Weg gewiesen:
Nur durch geschlossenen Kampf haben die Stahlkollegen 3% mehr bekommen als wir.

ALLE BÄNDER STEHEN STILL, WENN UNSER STARKER ARM ES WILL!

Im Mai sind die Kollegen im Preßwerk voranmarschiert. Ohne ihren Streik hätte der Betriebsrat die schon lange geforderte Lohnangleichung an Rüsselsheim immer noch nicht ausgehandelt. Ohne den mutigen Kampf der Kollegen im Preßwerk hätten wir selbst die paar vereinzelten Pfennige noch nicht bekommen, die uns die Geschäftsleitung ab Juni mehr zahlen mußte. Auf das Verhandlungsergebnis um den vollen 13. Monatslohn warten wir noch. Der Betriebsrat hat immer noch keine klare Mitteilung darüber gemacht.

VERHINDERN WIR EINEN NEUERLICHEN VERRAT DER GEWERKSCHAFTSBONZEN

Die Gewerkschaftsbonzen kämpfen nur dann für unsere Interessen, wenn wir sie dazu zwingen. Immer wieder haben die Gewerkschaftsführer gemeinsam mit der SPD unsere Interessen verraten. So haben z. B. von den 220 DGB Abgeordneten im Bundestag nur 2 gegen die Lohnraubsteuer gestimmt.
Nur durch Druck von unten können wir einen neuerlichen Verrat der Gewerkschaftsbonzen verhindern.

Machen wir die Gewerkschaft wieder zum Kampfinstrument der Arbeiterklasse.

Ab sofort allen V-Leuten und Betriebsräten eindeutig erklären:
- Wir erwarten volle Durchsetzung unserer Forderungen bei den Tarifverhandlungen.
- Wir erwarten auf jeden Fall Urabstimmung über jedes Verhandlungsergebnis.

KAMPF DEM LOHNRAUB"

An die Frauen wendet sich der nächste Artikel:
"AN ALLE KOLLEGINNEN! Die IGM fordert für die jetzige Tarifrunde die Aufhebung der unteren Lohngruppen. KÄMPFEN WIR FÜR DIE VOLLE DURCHSETZUNG DIESER FORDERUNG!

Wir machen die gleiche Arbeit wie die Männer, müssen uns bei der Arbeit genauso anstrengen und kriegen weniger Geld, die Preise und die Mieten aber sind für uns genau so hoch wie für die Männer. Die Gleichberechtigung steht zwar auf dem Papier, aber die Kapitalisten versuchen sie mit allen Tricks zu umgehen, um die Arbeiterklasse zu spalten. So wollen sie die Einheit der Arbeiterklasse und deren gemeinsame Kampfbereitschaft schwächen. Sie spielen die Männer gegen die Frauen aus, die Deutschen gegen Ausländer und die Erwachsenen gegen die Jugendlichen. So versuchen sie den Blick der Arbeiterklasse für ihren gemeinsamen Feind, die Kapitalistenklasse, zu trüben.

Die Aufhebung der unteren Lohngruppen erreichen wir nur, indem wir geschlossen für diese Forderung kämpfen! Mit unserer Kampfbereitschaft müssen wir die Vertrauensleute, Betriebsräte und Gewerkschaftsführer zur Durchsetzung zwingen! Nur so können wir einen neuen Umfall der Gewerkschaftsbonzen verhindern.

FÜR DIE EINHEIT DER ARBEITERKLASSE! FÜR DIE VOLLE DURCHSETZUNG DER GEWERKSCHAFTLICHEN FORDERUNGEN!"

In einem Werbeartikel für die eigene "Rote Fahne", die alle zwei Wochen vor Opel verkauft werde, heißt es zur Herausgabe der 'Presse':
"Die Presse ist die Zeitung aller Arbeiterinnen und Arbeiter bei Opel. Die ROTE FAHNE ist das Organ aller Arbeiter in der Bundesrepublik. Die Erfahrungen und die Kampfkraft der Arbeiter eines Betriebes können ausreichen, um in dem betreffenden Betrieb Verbesserungen zu erkämpfen. Sie reicht nicht aus, um die Ausbeutung der Arbeiterklasse abzuschaffen. Und aus diesem Grund fordert euch die kommunistische Betriebsgruppe auf: Holt euch die ROTE FAHNE an den Werkstoren, lest sie, gebt sie weiter, besprecht sie mit den Kolleginnen und Kollegen. Schreibt eure eigenen Erfahrungen und Meinungen an die ROTE FAHNE!"

Die Ausgabe enthält auch jeweils einen Artikel in spanischer und italienischer Sprache zur Tarifrunde.

Im Jugendteil des KJVD heißt es:
"Kollegen!
Die Profite der General Motors-Kapitalisten steigen und die SPD-Regierung unterstützt die Ausbeutung durch die Kapitalisten. Sie startet selber Angriffe auf den mageren Lohn der Arbeiter durch die 10%ige Lohnraubsteuer und durch Miet- und Preissteigerungen. Die Unzufriedenheit der Kollegen im Betrieb ist sehr groß. Das heißt für uns Lehrlinge und Jungarbeiter, wir müssen mit unseren älteren Kollegen eine geschlossene Front gegen Kapitalisten, SPD-Regierung und rechte Gewerkschaftsführer bilden. Denn wir sind von der Ausbeutung genauso betroffen.

DER DURCHSCHNITTSLOHN EINES LEHRLINGS BETRÄGT 70 PFG. IN DER STUNDE

Die Opel-Kapitalisten verdienen an jedem Wagen, der vom Band läuft, 522 DM. Sie kamen im letzten Jahr auf einen Profit von ca. 420 Mio. DM. Diesen Profit haben wir zusammen mit unseren älteren Kollegen erarbeitet. Wir Lehrlinge verbringen die Hälfte unserer Lehrzeit im Betrieb, das heißt in der Produktion, auch das kann für uns nützlich sein, nur sollen die Kapitalisten aus uns nicht Extraprofite herauspressen, wenn sie uns für die gleiche Arbeit schlechter bezahlen als unsere älteren Kollegen, ja, wenn sie sogar durch uns ältere Kollegen einsparen. Deshalb heißt unsere Forderung: GLEICHER LOHN FÜR GLEICHE ARBEIT!

Dieses besagt, ob ein Lehrling oder ein Erwachsener ein Teil dreht, machen sie die gleiche Arbeit, müssen sie auch gleich bezahlt werden.

FÜR ARBEIT IN DER PRODUKTION-100% DES EFFEKTIVLOHNS, WEGFALL DER JUGENDABZÜGE

Dass die SPD-Regierung immer wieder Angriffe auf die Arbeiterklasse startet, sehen wir Lehrlinge konkret am Berufsbildungsgesetz. In diesem Gesetz haben die Kapitalisten durch die SPD-Regierung ihre Vorstellung von Ausbeutung der Lehrlinge gesetzlich absichern lassen. Das beste Beispiel ist der Stufenplan, der von den Krupp-Kapitalisten ausgetüftelt wurde und praktiziert wird. Er ist so aufgebaut, dass wir nicht nach unseren Fähigkeiten, sondern nach den Bedürfnissen der Kapitalisten ausgebildet werden. Um uns gegen solche Angriffe zu wehren, müssen wir für unsere Interessen kämpfen. Wir sehen, wie unsere älteren Kollegen für ihre Interessen kämpfen indem sie streiken. Die Interessen der älteren Kollegen sind auch unsere Interessen, denn wir Lehrlinge sind ein Teil der Arbeiterklasse, nur unter dem Zwang des Ausbildungsvertrages. Wenn wir im Betrieb sind und die älteren Kollegen streiken, müssen wir weiterarbeiten. So setzen uns die Kapitalisten als Streikbrecher ein. Damit auch wir uns gegen die Angriffe der Kapitalisten und der SPD-Regierung wehren können, damit wir unsere älteren Kollegen bei ihren Forderungen unterstützten können, müssen wir das Kampfmittel der Arbeiter in die Hand nehmen; wir müssen streiken. Damit wir uns vor der Kapitalistenwillkür etwas absichern können, fordern wir:
STREIKRECHT FÜR LEHRLINGE

Durch diese Forderung schaffen wir die Ausbeutung nicht ab. Der Kapitalismus wird dadurch nicht abgeschafft und wird bei jeder Gelegenheit versuchen, die Erfolge der Arbeiter zunichte zu machen. Wir Arbeiter werden erst dann gesiegt haben, wenn wir gemeinsam die Kapitalisten stürzen und den Staat der Arbeiter aufbauen. Dieses kann nicht geschehen, wenn wir uns in kleine Grüppchen zusammenschließen, sondern wir müssen eine starke Organisation aufbauen, die unter der Führung der Arbeiterklasse den Kapitalismus vernichtet. Diese Organisation ist die KPD/ML und ihr Jugendverband der KJVD. Im KJVD schließen sich die Lehrlinge und Jungarbeiter zusammen, um organisiert unter der Führung der KPD/ML - für die Diktatur des Proletariats - zu kämpfen."
Quelle: Die Presse, Nr. 1, Bochum, o. J. (15.September 1970).

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