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1968 bildete sich am Bochumer „Seminar für Katechetik und Gemeindedienst der Evangelischen Kirche von Westfalen“ eine erste oppositionelle Gruppe heraus, die sich zur 2. Lesung der Notstandsgesetze am 15. Mai 1968 und zur 3. Lesung (30.5.1968) zu artikulieren begann. Bis zum November 1969 setzte sich die Gruppe für die Belange der Studenten ein. Ein Teil radikalisierte sich u. a. über den Vietnamkrieg und nahm Kontakt zur Evangelischen Studentengemeinde Bochum u. a. auf. Ein Mitglied der Gruppe arbeitete in der Gelsenkirchener „Aktionsgruppe Kirche für andere“ mit und war wohl u. a. deshalb Repressalien ausgesetzt.
Im Mai 1969 erschien die Schrift „Der Katechet in seiner Ausbildung. Versuch einer Analyse.“ Eine zweite Auflage erschien während des Kirchentages in Stuttgart (16.-20. Juli 1969). Sie war u. a. der Anlass für massive Maßnahmen gegen ein Mitglied der Gruppe. Das Kirchenamt, das in ständigem Kontakt mit der Seminarleitung stand, setzte die Gruppe unter Druck und zitierte sie zu einem Gespräch am 15.9.1969, das ohne Ergebnis endete.
Während eines Praktikums in der „Westfälischen Diakonenanstalt Nazareth“ in Bethel bei Bielefeld sollte sich herausstellen, das kritische Christen dort unerwünscht waren. Mehrere Zeugnisse waren in Umlauf, die zeigten, mit welchen Maßstäben gemessen wurde. Auch Zeugnisse über ein Praktikum im Oktober/November 1969 in Wanne-Eickel waren offenbar in zweifelhafter Ausfertigung ausgestellt worden. Die Seminarleitung aus Bochum verfügte somit offenbar über Quellen, die später einem Mitglied der Gruppe zum Verhängnis wurden.
Schließlich wurde am 14.11.1969 einer der Studenten von der Abschlussprüfung im Frühjahr 1970 ausgeschlossen. Ein Einspruch beim Prüfungsvorsitzenden, dem Landeskirchenrat in Bielefeld, erreichte nicht die Wiederzulassung zum Examen.
Im Nachfolgenden wird die Auseinandersetzung dokumentiert. (Dass es immer etwas heikel ist, über den eigenen „Fall“ zu schreiben, dürfte klar sein, aber die Dokumente sprechen ja durchaus für sich.)
Weitere Materialien zur Analyse von Opposition in der Kirche oder gegen Kirche und Religion findet man in unserer Linkliste.
Mai 1969:
Anfang Mai 1969 erscheint in Bochum am evangelischen „Seminar für Katechetik und Gemeindedienst der Evangelischen Kirche von Westfalen” die Schrift: „Der Katechet in seiner Ausbildung. Versuch einer Analyse.“ Herausgegeben wird sie von einer Opposition, die mit der ESG Bochum zusammenarbeitet.
Quelle: Der Katechet in seiner Ausbildung. Versuch einer Analyse, Bochum, o. J. (1969).
18.07.1969:
Zum 14. Evangelischen Kirchentag in Stuttgart (16.-20. Juli 1969) erscheint eine 2. Auflage der Schrift: „Der Katechet in seiner Ausbildung. Versuch einer Analyse.“
Q: Der Katechet in seiner Ausbildung. Versuch einer Analyse, Neuauflage, Bochum, o. J. (1969).
31.07.1969:
Dem Studenten Dietmar Kesten wird von der Evangelischen Kirchengemeinde in Gesenkirchen-Bulmke ein positives Zeugnis über seine Tätigkeit ausgestellt.
Q: Evangelische Kirchengemeinde Bulmke, Zeugnis …, Gelsenkirchen, 31.7.1969
09.09.1969:
Dem Direktor des Seminars wird die Schrift "Der Katechet ..." bekannt. Der stellt daraufhin den Studenten einen Brief zu, in dem sie zu einem Gespräch mit dem Landeskirchenrat in Bielefeld eingeladen werden. Die Studenten lehnen das Gespräch ab.
Q: Seminar für Katechetik und Gemeindedienst der Evangelischen Kirche von Westfalen, Brief an vier Katecheten, Bochum, 9. 9.1969; Antwortbrief der vier Katecheten, Bochum, 11.9.1969.
10.09.1969:
Ein weiterer Brief ruft den LKR dazu auf, an einem „öffentlichen Gespräch“ über die Schrift „Der Katechet …“ in Bochum teilzunehmen. Die Studenten am Seminar wehren sich erneut gegen eine Vorladung nach Bielefeld.
Q: Briefe der Studenten, Bochum, 10. und 11. 9. 1969; Schreiben der ESG, Bochum, 11.9.1969.
16.09.1969:
Dem Studenten Dietmar Kesten wird von der „Westfälischen Diakonenanstalt Nazareth“, Bethel bei Bielefeld ein positives Zeugnis über sein Praktikum ausgestellt.
Q: Westfälischen Diakonenanstalt Nazareth: Begleitbrief zum Zeugnis, Bethel, 18.9.1969 plus Anlage (Zeugnis vom 16.9.1969).
11.11.1969:
Pfarrer H. aus Wanne-Eickel stellt dem Studenten Dietmar Kesten ein positives Zeugnis über sein abgeleistetes Praktikum aus, erlaubt sich aber „einige kritische Anmerkungen“ zu machen.
Q: Zu der Nichtzulassung von D. Kesten, o. O., o. J. (1969).
14.11.1969:
Die Zulassungskonferenz schließt den Studenten Dietmar Kesten am 14.11.1969 von der Abschlussprüfung im Frühjahr 1970 aus. Am 17.11.1969 teilt sie ihm das schriftlich mit.
Q: Brief vom 17.11.69 an Dietmar Kesten.
17.11.1969:
Der Direktor des Seminars stellt Dietmar Kesten ein Schreiben zu. Er soll sich erklären, warum er trotz Bettlägerigkeit an einer Protestaktion in Gelsenkirchen anlässlich der Verleihung des Gelsenkirchener Kunstpreises 1969 teilgenommen hat.
Q: Seminar für Katechetik und Gemeindedienst der Evangelischen Kirche von Westfalen, Brief an Dietmar Kesten, Bochum, 17.11.1969.
21.11.1969:
Der Student Dietmar Kesten legt Einspruch gegen seine Nichtzulassung zur Abschlussprüfung im Frühjahr 1970 ein.
Q: D. Kesten: Brief an den Landeskirchenrat, Gelsenkirchen, 21.11.1969.
22.11.1969:
In der „Westfälischen Rundschau“ erscheint ein Artikel zur Nichtzulassung zur Abschlussprüfung von Dietmar Kesten: „Gute Zeugnisse und theoretische Leistungen eines Kandidaten werden nicht als ausreichend bezeichnet. Kritik an der Kirche ist unerwünscht. Student darf nicht ins Examen steigen.“
Q: Westfälische Rundschau: Kritik an der Kirche ist unerwünscht. Student darf nicht ins Examen steigen, Bochum, 22.11.1969.
25.11.1969:
Ein Schreiben des Direktors des „Seminars für Katechetik und Gemeindedienst der Evangelischen Kirche von Westfalen“, Bochum verdeutlicht, wie mit zweierlei Maß gemessen wurde. So hat die Seminarleitung „unsererseits Zeugnisse über die von Ihnen abgeleisteten Praktika angefordert“.
Q: Seminar für Katechetik und Gemeindedienst der Evangelischen Kirche von Westfalen: Brief an Dietmar Kesten, Bochum, 25.11.1969
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