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Ruhr-Universität Bochum

Aktivitäten politischer Gruppen an der RUB 1977

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Dietmar Kesten, Gelsenkirchen, März 2008

Teil 8 (1977)

1977 war ein erschütterndes Jahr. Vielleicht erschütternder als alle anderen davor oder dahinter. Möglicherweise hatte die RAF mit dazu beigetragen. Denn ihr Terror sollte 1977 einen unrühmlichen Höhepunkt erreichen. Es kann natürlich von einer Arbeit wie der über die RUB nicht erwartet werden, dass sich der Verfasser detailliert mit diesen Ereignissen beschäftigt und sie dazu noch wertet. Die politische Großwetterlage war 1977 brisant, so brisant, dass tatsächlich von führenden Kernen der RAF die Entführung des damaligen Bundeskanzlers, Helmut Schmidt, in Erwägung gezogen wurde. Dass die RAF in Stammheim abgehört wurde, steht in der Zwischenzeit außer Frage. Neu ist allerdings, so die WAZ vom 3. März 2008, dass Helmut Schmidt „während der Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer von deutschen Politikern gedrängt worden sei, RAF-Häftlinge erschießen zu lassen“. (1)

Titelseite des Spiegels
Der Spiegel, Titelseite

Dass sich aus der Studentenbewegung dieser radikale Kern entwickelte, war nicht zwangsläufig oder abzusehen. Und dass bewaffnete Gruppen und Strömungen, die mit „Django-Zigarillos“ vermummt durch die Straßen zogen, Bomben legen wollten, auch nicht. Dass sie es dann taten, hätte wohl niemand für möglich gehalten, wohl selbst diejenigen nicht, die an Attentaten und kalten Morden unmittelbar beteiligt waren. Ob die RAF der linksrevolutionären Szene im Allgemeinen und der ML-Szene im Besonderen überhaupt angehörte, muss eine offene Frage bleiben. Zwar schmückte sie sich in „Das Konzept der Stadtguerilla“ (2) mit Marx-, Lenin- und Mao-Zitaten, aber das taten ja fast alle „Revolutionäre“ der ersten Stunde.

Die Anwendung von Gewalt war auch nicht zwingendes Theorem des Marxismus-Leninismus, auf den sich die maoistischen Gruppen und die RAF beriefen, sondern nur eine Geschichtstheorie, die zwar immer im Sinne der Diktatur des Proletariats interpretiert wurde, die nur durch den Sturz der bürgerlichen Ordnung errichtet werden könne, doch selbst Marx war vom Endziel der Geschichte, die Klassenkämpfe als historische Wende zu betrachten und somit zur Abschaffung sämtlicher Produktionsverhältnisse voranzuschreiten, wohl doch nicht so überzeugt, und interpretierte sie wohl eher als finale Vision. (3)

Dass die politische Macht zwangsläufig „aus den Gewehrläufen“ kommen müsse und dass nur „der Griff der Massen zum Gewehr“ den „Sozialismus herbei schaffe“, war Zitaten-Raster, beliebiges Geklapper, fantastische Machtkonstruktion und schlechtester Traditionalismus. Die Linke stellte sich zudem in die revolutionäre Gemeinschaft eines gesellschaftspolitischen Umsturzes. Doch ihr fehlten überhaupt jegliche praktischen Erfahrungen. Als Folge davon war es ihr unmöglich, revolutionäre Bewegungen überhaupt zu verstehen. Revolutionen sind kein Segen, sondern nur eine Folge sozialen und politischen Versagens. Die RAF jedoch kam sich selten selbstgerecht vor. Am widerlichsten waren ihre Bigotterie und ihre Ungeschichtlichkeit. In der Schrift „Über den bewaffneten Kampf in Westeuropa“ (4) kam sie über allgemeine Phrasen nicht hinaus und berief sich speziell hier auf ein „proletarisches Bewusstsein“, auf eine „revolutionäre Avantgarde“ und „proletarische Klasse“, die es allenfalls als fixe Idee gab, die aber nie gesellschaftsrelevant war.

Die RAF war ein merkwürdiges Gebilde. Mit Größenwahn und mit krimineller Energie durchsetzt, wollte man es in „kämpferischer Abgeschlossenheit“ den „Tupamaros“ gleichtun, eine Stadtguerilla mit dem Ziel aufbauen, die „Massen von ihrem Schicksal zu befreien“. Doch das „Metropolenproletariat“ wollte von ihrem Ansinnen nichts wissen. Ganz im Gegenteil: Die völlige Isolation der Gruppe, die sich primär nur durch Geldbeschaffungsaktionen über Wasser halten konnte, entwickelte sich zum Kropf, der irgendwann zu platzen begann. Spätesten mit dem Mord am Arbeitgeberpräsidenten Hans-Martin Schleyer am 19. Oktober 1977 war die von ihnen erhoffte deutsche Revolution erledigt und ihre Sympathien, die sie womöglich hier und da im linksradikalen Lager noch hatten, endgültig verflogen. Die Restgeschichte der RAF war ein langes Dahinsiechen, das bis zur offiziellen Bekanntgabe ihrer Auflösung am 20. April 1998 (5) dauern sollte.

Die Datenbank MAO enthält insgesamt zur RAF 1977 nur wenige Daten. RUB-Daten aus diesem Zeitraum gibt es kaum. Dennoch erscheint es mir wichtig, dass die vorhandenen Daten kurz vorgestellt und kommentiert werden. Überdies ist das Jahr 1977 für die Linke (und damit auch für die Datenbank MAO) aus besagten Gründen zu wichtig, um es einfach stillschweigend zu übergehen.

Der überregionale KSV und das RK NRW der KPD berichteten am 18. Oktober 1977 davon, dass in Stuttgart-Stammheim die RAF-Mitglieder Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe „tot aufgefunden wurden“. Ebenfalls an diesem Tag gaben KSV und das RK NRW der KPD ein Flugblatt zum Einsatz der GSG-9 in Mogadischu heraus. Die Titelüberschrift lautete damals: „Lasst euch nicht einschüchtern“. Es war ein merkwürdiges Flugblatt, das da verbraten wurde. Zum einen wurden die Positionierungen der Linken nur wiedergekäut und die kommenden eigenen Missionen beschrieben, zum anderen, was viel wichtiger war, wurde hier der „individueller Terror“ zum Schritt der Verteidigung; denn in erstaunlicher Weise schien er nur „losgelöst von den Massen“ zu sein. Obwohl KPD und KSV ihn auf das Schärfste zu brandmarken gedachten, war das Flugblatt typisch für die hypnotischen Größenphantasien der maoistischen Gruppen überhaupt.

Ganz anders lautete der Tenor des „Kommunist“, der neben der RUB in der Zwischenzeit auch von einer Hochschulgruppe der DKP-Essen herausgegeben wurde. Hier wurde stellvertretend „für alle Demokraten“ die „Verteidigung der demokratischen Grundrechte und Freiheiten“ in den Vordergrund gestellt, die „den Grundsätzen der Demokratie“ verpflichtet seien.

Aus dem November wurde noch eine Bochumer Veranstaltung zu „Stammheim“ bekannt, zu der die ESG, der KB, KBW, KSV, die KPD, ein Anti-AKW Büro und das „Komitee Innere Sicherheit“, so der „Arbeiterkampf,“ aufgerufen haben sollen. Nähere Informationen finden sich in der Datenbank MAO dazu leider nicht.

Über die „Grüne Bewegung“ ist viel geschrieben worden. Neben Standardwerken (6) sind es vor allem Einzelanalysen (die die soziale Zusammensetzung behandeln usw.), politische Programmatiken, Wahlergebnisse usw., die in die Betrachtungen mit aufgenommen worden sind. Die „Grünen“ der ersten Stunde (nach der Wende „Bündnis 90/Die Grünen“) rekrutierten sich zu einem erheblichen Teil aus den Rest-Beständen der K-Gruppen oder speziell der Linken, später der alternativen Bewegung überhaupt, was heute von der Forschung weitgehend anerkannt ist. Seit der Mitte der siebziger Jahre haben die „Grünen“ eine enorme Entwicklung hinter sich gebracht. Hatten sie sich einst noch der „Ökologie“ schlechthin verschrieben, die für sie zum „sozialen Grundwert“ wurde (7), neuen „sozialen Lebensstilen“ (8) und einer anderen „Umwelt-, Arbeits- und Sozialpolitik“ (9), die die grünen Hauptfelder oder Themen wie Frauen, Friedenspolitik, Umbau der Industriegesellschaft, Anti-AKW-Kampagnen usw. besetzte, so sind sie heute eine etablierte liberale Machtpartei, die sich von ihren einstigen Zielen meilenweit entfernt hat und sich spätestens mit ihrer Zustimmung (als Koalitionspartner der SPD) zum Einsatz der Nato im Jugoslawienkrieg (März 1999) endgültig ins Abseits gestellt haben.

Die Datenbank MAO hat die Debatte um Grünen seit den späten siebziger Jahren nicht durchgehend verfolgt. Das mag viele Gründe haben. Der hauptsächliche ist sicherlich der gewesen, dass die Datenbank zu Beginn der 1980er Jahre nicht mehr kontinuierlich mit Daten aufgefüllt wurde. Ihr Schwergewicht bildet nun mal die Entstehungszeit der K-Gruppen - und die lag zu Beginn der 1970er Jahre. Dennoch, so meine ich, sind auch die vorhandenen Fakten, die über die frühen „Grünen“ erhoben wurden, wichtig für das Gesamtkonzept. Möglicherweise geht sogar die Beschäftigung mit späteren, so genannten grünen Positionen bis weit in die K-Gruppen-Geschichte zurück. Wenn z. B. an das Zentralbüro der KPD/ML und den „KND“ gedacht wird, so fällt auf, dass bereits dort Fragen zum Umweltschutz, Frauen usw. debattiert wurden, was kaum bekannt ist.

Mit der Gründung der „Umweltschutzpartei“ (USP) in Niedersachsen am 11. Mai 1977 sollte die Bewegung sicherlich einen kontinuierlichen Schub bekommen. Am 16. November 1977 wurde sie in die allseits bekannte „Grüne Liste Umweltschutz“ (GLU) umbenannt. Sie kann möglicherweise als Vorstufe der „GAL“ bezeichnet werden.

Kundgebung in Wilster am 19.2.1977
Bild vergrößern Kundgebung in Wilster am 19.2.1977

Das AKW Brokdorf, die Bürgerinitiativen und die „Wilster Marsch“ waren 1977 breit gefächerte Themen, woran sich auch grüner Protest entzünden sollte. Über die Rolle der K-Gruppen bei diesen Aktionen ist viel Falsches gesagt, aber noch mehr spekuliert worden. Unsere Datenbank verlässt sich lieber auf Fakten, wie sie z. B. von Jürgen Schröder zum „AKW Brokdorf“ erhoben wurden. Der Artikel zeigt vor allem den „Tourismus“ der K-Grüppler aller Couleur auf, die sozusagen in ihrem letzten Stadium noch einmal auf einen Zug in Richtung „sozialer Bewegung“ aufzuspringen gedachten. In Bochum und an der RUB war Brokdorf, und später auch alle anderen Anti-AKW-Aktionen, natürlich in aller Munde. Im Februar 1977 dürften an der zweitägigen Bundeskonferenz der BI’s in Wilster auch Vertreter aus Bochum (und der RUB) teilgenommen haben. Dort wurde u. a. auch eine Demonstration am Bauplatz beschlossen, bei der es zu ersten Handgreiflichkeiten mit der Polizei kommen sollte. In NRW wurde durch den KSV und das RK der KPD berichtet. In Bochum kursierte zum Ende des Monats ein „Extrablatt des KSV“ an der RUB, das zur bundesweiten Demo am 19. Februar 1977 aufrief. In Bochum soll es auch zu einer Demonstration an diesem Tag gekommen sein.

In der „Wilster Marsch“ sollen nach einem Bericht des KB am 19. Februar ca. „30.000 Menschen“ demonstriert haben, in Itzehoe ca. „20.000 Menschen“ (vgl. etwa: Jürgen Schröder: Landkreis Wesermarsch). In Bochum und Umgebung wurde über die Vorbereitung der Demo durch KBW, KPD/ML und KSV berichtet, durch die DKP und den „Kommunist“ ihrer Hochschulgruppe. Im April berichteten übereinstimmend Bochumer RUB-Gruppen, die OG des KBW und der KB bzw. sein Stützpunkt Bochum von der Demonstration gegen das AKW Grohnde (am 19. März 1977), Anti-AKW-Aktionen in Lübeck und Kappeln sowie einer Landeskonferenz der BUU (am 3. April 1977). Zum 24. September 1977 riefen Umweltschutzgruppen in Bochum, von denen es auch eine Reihe an der RUB gegeben haben dürfte, zur Demonstration gegen den „Schnellen Brüter“ in Kalkar auf.

Ein weiteres zentrales Thema war 1977 der Versuch der K-Gruppen, eine Aktionseinheit gegen ihr Verbot auf die Beine zu stellen. Es mag sein, dass das unmittelbar mit der Hatz gegen Baader-Meinhof zusammenhing, obwohl es bereits zu Beginn der 1970er Jahre viele Versuche gab, eine solche Aktion durchzuführen. Das politische Lager, hier in Gestalt der CDU, bastelte ja schon lange an einem solchen möglichen Verbot. Und mit Brokdorf und Grohnde schien sich abermals die Lage zuzuspitzen, die jedoch nicht grundsätzlich anders als die nach dem RAKT 1972 in München war. In der Regel wird diese Tatsache heute in den Analysen zur K-Gruppen-Bewegung weitgehend nicht beachtet und verschwiegen. So verzichtet Gerd Koenen (10) generell darauf, die Münchener Ereignisse überhaupt zu erwähnen und die darauf folgenden Verbote gegen GUPS und GUPA in diesen Zusammenhang zu stellen.

Die zentrale Losung des 8. Oktober 1977, dem Tag der Aktionseinheit, lautete: „Der Marxismus-Leninismus lässt sich nicht verbieten“. Ca. 20.000 Teilnehmer sollen sich in Bonn im Jahr des „Deutschen Herbst“ versammelt haben. Ein Verbot des KBW, der KPD, der KPD/ML und des KB-Nord, die, so Horchem (damaliger Verfassungsschutzpräsident), die „innere Sicherheit“ gefährdeten, war natürlich Blödsinn, denn eine reale Gefahr, dass die K-Gruppen einen Durchbruch hin zu den Arbeitermassen erzielen könnten, existierte weder 1972 noch 1977. Aber doch war durch die Bürgerinitiativen und die entstehende Anti-AKW-Bewegung ein neues Feld sozialer Kämpfe entstanden, das von den Staatsschützern sicherlich aufmerksam beobachtet wurde. Das bedrohte aber den „Bestand“ der BRD nicht im Entferntesten. Der „Pyrrhussieg“, der unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand, brachte auch nach der Demonstration keine wesentlich neuen Erkenntnisse. Die „Zweckmäßigkeit“ eines Verbotes stellte sich somit nicht, auch wenn noch einmal mit dem „Kontaktsperregesetz“ ein Szenario von Seiten des Staates beschworen worden war. Eine Vereinigung der K-Gruppen war dann auch 1977 in weite Ferne gerückt. Zwar machten sich in Bochum örtliche Initiativen im November und Dezember noch einmal daran, die Debatten um eine „Aktionseinheit“ über das Jahr hinaus zu führen, doch die K-Gruppen-Restbestände machten einfach dort weiter, wo sie einst begonnen hatten, in der autistischen Selbstbeweihräucherung (vgl. auch „DVD“ Nr. 9/10 vom September/Oktober 1977, Artikel: „Terror in der BRD“).

Die Bürgerinitiativbewegung, die bundesweit durch den Ausbau der Kernkraftwerke einen neuen Schub bekam und die teilweise im Norden der Republik durch den KB (punktuell auch durch den KBW) in gewisser Weise dominiert wurden, hatten sich sicherlich auch mit „Gegenoperationen“ der K-Grüppler auseinanderzusetzen, die nicht zimperlich in der „Erstürmung des Bauzaunes“ waren und die ihre „kriminelle Energie“ (so die damalige „FAZ“ oder „Die Zeit“) auszuleben gedachten. Endlich konnte man sich nun „revolutionär“ gebärden und sich in Scharmützeln mit der Polizei verrennen.

Dokumentation zur Anklage gegen Kurt Groenewold (Titelbild)
Dokumentation

Wie an anderen Orten, so gab es auch in Bochum eine breite Debatte über eine gemeinsame Aktion am 8. Oktober 1977. Eigentlich stand schon die „Groenewold-Veranstaltung“ vom 23. März 1977 unter diesem Zeichen; denn erneut war ein Mitglied des POLIBU unter Verdacht geraten, eine „kriminelle Vereinigung“ unterstützt zu haben. Wie der „AK“ schrieb, sei einer der Mitarbeiter „verhaftet und nach Karlsruhe verschleppt worden“. Dagegen bildeten sich spontan Komitees, die am Ort zu einer Aktionseinheit gegen das Verbot der K-Gruppen, gegen die „Illegalisierung kommunistischer Literatur“ und den „Maulkorberlass“ gegen Rechtsanwälte aufriefen“. An Vorbesprechungen zu einer „Aktionseinheit gegen die drohenden Verbote einiger ML-Organisationen“ nahmen in Bochum teil: Vertreter der ESG, der KGB/E, des KBW bzw. des KK (B), der KPD, KSV und Vertreter der KPD/ML teil. Am 7. Oktober kam es wohl, nach einem „Rundbrief“ der KGB/E, zu einer „gemeinsamen Absprache“, einen Tag später, am 8. Oktober, in Bonn gemeinsam zu demonstrieren.

Für den Bochumer Raum dürfte die 1.-Mai-Demonstration 1977 von besonderer Gewichtigkeit gewesen sein. Die KGB/E lud nämlich alle Bochumer-Gruppen zu „Aktionseinheitsverhandlungen“ ein. Einladungsschreiben vom 14. März 1977 gingen damals an die örtliche GIM (bzw. deren Ableger an der RUB), an die KSG des KABD, an Vertreter des AB, des KB, des KBW (bzw. deren Ableger an der RUB), an die KPD/ML, an KPD, Liga gegen dem Imperialismus, KSV, GOG, ESG, Fachschaftsliste der RUB, Frauengruppe Bochum, Gesundheitsgruppe, Buchladenkollektiv, Bochumer Bürgerinitiativen über das „Bochumer Volksblatt“, möglicherweise auch an die Gelsenkirchener Marxisten-Leninisten. Begonnen wurde die Debatte um einen „Plattformvorschlag der KGB/E“ vom 24. März 1977. Am 6. April 1977 wurde das Einladungsschreiben noch einmal erweitert. Folgende Gruppen wurden in den „Aufruf - 1. Mai - internationaler Kampftag der Arbeiterklasse“ noch mit einbezogen: Opel-Solidaritätskomitee, Arbeitergruppe Frauen, Gruppen in der Evangelischen Studentengemeinde, Bürgerinitiative Nord, KB-Frauengruppe, GARM (Auslandsorganisation zur Unterstützung der chilenischen MIR), Frauengruppe Querenburg.

Die Debatte kreiste primär um die Frage: Muss der Kampf gegen die „Supermächte“ in der „Plattform“ auftauchen? Eine Mehrheit soll sich gegen diese Nennung ausgesprochen haben. Wichtig war wohl für die RUB-Gruppen und die anderen am Ort, dass man kooperieren wollte. Daher sei aus dem Bericht der „Aktionseinheitsverhandlungen“ zitiert:

„Die Vertreter der KPD machen den Vorschlag, folgende Formulierung in den Plattformvorschlag aufzunehmen: ‚Durch die siegreichen Kämpfe der unterdrückten Völker um nationale Unabhängigkeit, Befreiung und Revolution in Indochina, durch ihre immer größeren Erfolge im südlichen Afrika, anderen Teilen Afrikas, Asiens, Lateinamerikas verschlechtert sich die Lage der Imperialisten‘. Die KGB/E berichtet weiter davon, dass der GOG-Vertreter einen Kompromiss vorschlägt: Der Kompromissvorschlag war, die Formulierung des Arbeiterbundes zu übernehmen und hinzuzufügen, dass es zur Einschätzung der Imperialisten, vor allem der Rolle der beiden Supermächte USA und SU, keine einheitliche Meinung gebe. Durch solch einen Kompromiss wäre es möglich, dass Aktionsbündnis zu wahren, ohne das dabei Gruppen von grundlegenden Positionen ihrer eigenen Politik abweichen müssten. Bei der sich anschließenden Abstimmung über den Vorschlag der GOG ergab sich folgendes Ergebnis: Für die Aufnahme des Vorschlags des Arbeiterbundes: GIM, KB, FG Querenburg, AG Frauen, Arbeiterbund (die anderen Gruppen waren dagegen). Für den Kompromissvorschlag der GOG stimmten: KPD, KSV, GOG, Gesundheitsgruppe, KGB/E (dagegen: AG Frauen, Frauengruppe Querenburg, KB, GIM (der AB enthielt sich)).“

Erstmalig hatten sich die meisten Gruppen, universitär und außeruniversitär, für ein gemeinsames Vorgehen am 1. Mai entschieden, was sicherlich als Novum betrachtet werden muss. Am 26. April 1977 wurde das in einer „Erklärung“ der KGB/E noch einmal bestätigt, und dazu aufgerufen, „für die diesjährige 1. Mai-Demonstration einen einheitlichen und kämpferischen oppositionellen Block auf die Beine zu stellen“. Es wurde aber auch Kritik daran geübt, dass ein „Teil der arbeitenden Initiativen und Gruppen der Bochumer Linken nicht vertreten“ sei. KSV und KPD begrüßten die Positionen der KGB/E am 27. April 1977 und wandten sich gegen die örtliche bzw. universitäre GIM und den KB, die die „Einheit hintertreiben würden“. Ein Flugblatt der Hochschulleitung Bochum des KSV vom 28. April 1977 wandte sich „gegen die Spaltungsmanöver des KB-Nord“ und rief die Studenten auf: „Stärkt den oppositionellen Block des Bochumer Maikomitees!“ Ein weiteres Flugblatt vom 29. April 1977, das von der „Bochumer Aktionseinheit“ und allen daran beteiligten Gruppen unterzeichnet war, lautete: „Heraus zum klassenkämpferischen 1. Mai". Auch in „DVD“ war der 1. Mai noch einmal zentrales Thema: „Für einen 1. Mai der internationalen Solidarität - im Bündnis mit der Arbeiterklasse“, so lautete die Schlagzeile.

Auch in der Mensa der RUB liefen 1.-Mai-Vorbereitungen. Bekannt wurde ein „Volksfest der DKP“ unter Anwesenheit des KHB des AB (der Kommunistische Hochschulbund des Arbeiterbundes taucht hier überhaupt erstmalig überhaupt auf), aber auch einer bisher unbekannten Hochschulzelle der KGB/E.

Am 1. Mai 1977 kamen dann in Bochum auf zwei (DGB-) Demonstrationen ca. „1.500 bis 2.000“ Menschen zusammen. Laut KB marschierten die „oppositionellen Blöcke am Schluss: KBW (50), KB (50), Uni-Spontis (30-40), danach die AE der MLer, nämlich KPD (unter 20), KGB/E (25), GIM (unter zehn), AG Ges. (30-40) (Arbeitsgemeinschaft Gelsenkirchener ML, d. Vf.) … Auf der Kundgebung der MLer waren 200 Leute, auf der Mai-Veranstaltung des KB (in Aktionseinheit mit MIR (Chile, d. Vf.) und CISNU (Iran, d. Vf.) waren es 250.“

Der Arbeiterbund berichtete: „Es finden zwei Betriebsdemonstrationen von Krupp und den Stahlwerken Bochum (SWB - beide IGM-Bereich) sowie eine gemeinsame Demonstration mit ca. 6.000 Personen statt. Nach seiner Darstellung rief die KGB/E zu Bündnisverhandlungen für eine klassenkämpferische Demonstration auf. Es kamen GIM, KB, KPD, GOG Opel Bochum, die Gesundheitsgruppe und die Frauengruppe Bochum. Der KHB des AB beteiligte sich nicht, weil die KPD teilnehmen durfte.“

Laut „Spartacus“ beteiligten sich auch erstmalig die „Internationalistische Tendenz der OG Ruhrgebiet des Spartacusbundes“ (SpB) und weitere Fraktionen, zu denen auch Frauen und ein Anti-AKW-Block gezählt wurden. Zumindest schien sich in Bochum in diesem Jahr so etwas wie eine einheitliche 1.-Mai-Linie herauszukristallisieren, die die Schatten der letzten Jahre vorübergehend verdrängen konnte.

Ob die Linken an der RUB 1977 diese Auseinandersetzungen schadlos überstanden hatten, ist nicht bekannt. Laut KB erreichten sie allerdings bei den Wahlen zum Studentenparlament einen erheblichen Stimmengewinn: Fachschaftsliste (Linke Liste) 10 Sitze und AUT (KBW) 1 Sitz.

AKWs? Nein! (DVD vom März 1977)
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Was den KSV anbelangte, so dürfte dieser, wie schon 1976, weiter Federn gelassen haben. Der Niedergang der Bewegung steuerte unaufhaltsam einem neuen Höhepunkt entgegen, was sich auch an seiner Entwicklung herauskristallisieren sollte. Überregional gab es das „Aus“ für den KSV vermutlich im Oktober 1978 mit der Nr. 7/1978 von „DVD“. Festzustellen war, dass auch der KSV auf den Zug der Bürgerinitiativen gegen das AKW-Brokdorf aufzuspringen gedachte. In „DVD“ Nr. 1/1977 vom Januar las man einen längeren Artikel: „Brokdorf. Dem Staatsapparat keine Atempause“, der mit dem Aufruf der „Aktionseinheit aller AKW-Gegner“ endete, was ungefähr in die Nähe der Parolen der Bochumer universitären und außeruniversitären Initiativen kam. Auch in „DVD“ Nr. 2 vom Februar 1977 lautete die Stoßrichtung: „Der Bauzaun muss zur Wiese werden“ (ebd. S. 27). Der KSV versuchte im Fahrwasser der KPD selbst in Fragen der Atomkraft und der Aktionen gegen die AKWs ein „antihegemonistisches und antiimperialistisches Bündnis“ zu schmieden. Das spezielle Markenzeichen der KPD war zu dieser Zeit nun mal mehr eine Bedrohung zu stricken, die nicht im Entferntesten mit der Realität im Einklang stand. Der Gedanke ihrer Einheitsfront kam tatsächlich in die Nähe der kühnsten Vertreter der bundesrepublikanischen Reaktion, die sich nun immer gegen die (militärischen) Standorte der Amerikaner und der Sowjetunion auf deutschem Boden aussprachen. Dass die Fahne dieser „Einheitsfront“ von demokratischen und antiimperialistischen Kräften gegen eine nicht näher definierte Bedrohung weiter geschmiedet wurde, zeigte der schon erwähnte Artikel:

„Der Zusammenschluss zwischen den Atomkraftwerken und der anwachsenden Kriegsgefahr eines neuen Weltkrieges liegt deutlich auf der Hand und wird von vielen AKW-Gegnern gesehen: Sind doch die AKWs im Kriegsfall nichts anderes als Superatomminen. DKP und KB-Nord versuchen diesen Zusammenschluss dahin zu lenken, dass es die ‚Atommacht BRD sei, die diese Kriegsgefahr ausmacht‘. Aber die Gefahr des Weltkrieges geht heute aus von dem Ringen der größten imperialistischen Mächte, der USA und der Sowjetunion, und diese Mächte sind es auch, die ein Atommonopol aufrechterhalten wollen, um andere Länder damit in Abhängigkeit zu halten, in letzter Konsequenz mit Atombomben. Dem setzen wir entgegen: Für eine Energieversorgung, unabhängig von den Supermächten. Zusammenschluss mit der Dritten Welt.“ (aus: „DVD“, Nr. 1/1977, S. 27)

Auch die März-Ausgabe 1977 von „DVD“ brachte im Endergebnis, dass es nun darum ging, in der Sponti-, Alternativ- und AKW-Szene Fuß zu fassen. „Studenten reihen sich ein“, meinte die Ausgabe. Und: „Der Kampf gegen das AKW Brokdorf hat auch an den Hochschulen ein lebhaftes Echo gefunden. Viele Studenten haben sich in den Kampf gegen das Atomprogramm der Schmidt-Regierung durch ihre Teilnahme an der Demonstration in Brokdorf eingereiht.“ (Ebd., S.12). Die „Klassenkämpfe“ hatten sich unzweifelhaft verlagert. Und die Räume sollten sich auf die Zusammenstöße am Bauzaun und anderswo zuspitzen. Dass Kader der KPD, des KB-Nord oder des KBW kurze Zeit später Karriere in den „Alternativen Listen“ oder in anderen ökologisch-systemoppositionellen Gruppen (wie z. B. der „Bremer Grünen Liste“) machten, ist kein Geheimnis mehr. Ab 1979 konnten sie sich weiter profilieren und zogen nach und nach über die Stadtparlamente in die Landesparlamente und dann sogar in den Bundestag ein.

„DVD“ war ein treuer Vasall der Politik der VR China. Der „Kampf gegen die Viererbande“ war in der Ausgabe 2 vom Februar 1977 Leitthema und wurde als „große politische Revolution“ bezeichnet. Das eigentliche Desaster war, dass die Linie der Partei, die auf die „große proletarische Revolution“ eingeschworen war, standhaft verteidigt werden musste, und auch gegen die, die sie unterschwellig zu unterminieren gedachten. Die „Viererbande“ war geboren (die Mao-Witwe Tschiang Tsching, Zhang Chunqiao, Yao Wenyuan, Wang Hongwen, die nun im Gefängnistrakt des „Erzrenegaten“ Deng Xiaoping auf ihr Urteil warteten). Dass die Inhaftnahme der „Viererbande“, die später lebenslange Freiheitsstrafen nach sich zogen, für die chinesische Führung nützlich war, war nichts anderes als eine reine Provokation; denn so konnte sie führende Parteikader, für die Fehlschläge der Kulturrevolution verantwortlich machen und gleichzeitig die Herrschaft der KP festigen. „Die Zerschlagung der Viererbande“, formulierte „DVD“, entsprach „den grundlegenden Interessen des chinesischen Volkes, der Kampf gegen die Vierbande ist eine große proletarische Revolution“ („DVD“ Nr. 2/1977, S. 9). Somit schien sich ein Geschichtsrevisionismus weiter durchzusetzen, der, wie hier, in der Gestalt der besonders bösen Schuld, von Kritikern zu suchen war, die den deutschen Revolutionären nicht passten und deren „Taten“ als eine besondere Kränkung ihrer bisher betriebenen Politik verstanden werden mussten.

Ansonsten blieb auch „DVD“ 1977 in den Niederungen von allgemeinen Floskeln stehen. Es gab noch einen längeren Artikel in „DVD“, Nr. 5/1977 vom Mai, in dem sich die Zentrale Leitung mit der Studentenbewegung beschäftigte: „1967-1977. Studentenbewegung und Klassenkampf“ lautete der irreführende Artikel, denn hier war die Studentenbewegung schon längst zu Grabe getragen worden und wurde ersetzt durch die „Aktionseinheit der demokratischen, antiimperialistischen und kommunistischen Studenten“ (ebd. S. 16). Noch einmal wurde der Kampf gegen „die Hauptkriegstreiber, Sowjetunion und USA“, beschworen, die „Internationale Solidarität und Völkerfreundschaft“ beschworen und die „Hegemoniebestrebungen der Supermächte“ gegeißelt. Das Kapitel KSV schloss sich eigenartiger Weise mit einem Bekenntnis zum „Selbstbestimmungsrecht des deutschen Volkes“. An diesem verkappten Nationalismus, der schon immer mit den K-Gruppen schwanger ging, fehlten nur noch die „Gebietsansprüche“. Das blieb dann allerdings dem BRD-Staat vorbehalten, der 12 Jahre später gleich ein ganzes Staatsgebiet „vereinnahmen“ konnte.

Januar 1977

Zunächst berichtete der Arbeiterbund von Opel Bochum und vom Kommunistischen Hochschulbund Bochum (vgl. 9. Januar 1977), die DKP Bochum von der KGB/E und ihrer „BAZ“ (vgl. 20 Januar 1977). Der „Internationalismus“ stand weiter hoch im Kurs. Und damit auch die Identifikation mit dem „bewaffneten Kampf“ in den „Weltzentren“ der Revolution, wie es im Journalismus der K-Gruppen hieß. Die KGB/E führte eine solche Veranstaltung mit globalem Kontext in Bochum durch (vgl. 21. Januar 1977). Darauf folgte der örtliche KB, der vermutlich mit Studenten der PFLP (an der RUB) und der CIS Iran (an der RUB) eine Nahostveranstaltung durchführte (vgl. 22. Januar 1977).

9. Januar 1977: Der AB gab seine „Kommunistische Arbeiterzeitung' Nr.103/1977 heraus. Berichtet wurde von der eigenen Roten Schülerfront (RSF). Anlässlich des Leserbriefes eines Nürnberger KB-Mitgliedes befasste man sich mit dem KB. Aus Baden-Württemberg wurde berichtet vom Siemens Fernsprechgerätewerk Bruchsal, Daimler Sindelfingen und Bosch Stuttgart. Aus Bayern wurde berichtet aus Augsburg vom Siemens D-Betriebe und vom Siemens Wernerwerk und aus Nürnberg vom 'Metallarbeiter'. Aus München wurde berichtet von BMW, den Busfahrer des MVV bzw. von den Stadtwerken und von Siemens. Aus Berlin wurde berichtet vom Siemens Fernsprechgerätewerk. Aus Bremen wurde berichtet von der Vulkanwerft. Aus NRW wurde berichtet von Opel Bochum. Aus dem Saarland wurde berichtet vom Siemens Fernsprechgerätewerk St. Wendel.

Die Kämpfende Jugend (KJ) berichtet aus Baden-Württemberg von Bosch Stuttgart, aus Bayern von Siemens Erlangen und dem ÖTV KJA München sowie aus NRW von der Henrichshütte Hattingen und der IG Metall (IGM) Verwaltungsstelle Gelsenkirchen. Spenden gingen ein: Aus Bayern aus Altötting;  von der AB-Ortsgruppe (OG), aus Augsburg von der Sympathisantengruppe, aus Kelheim von Genossen, aus München vom KHB und dessen Zellen Medizin, Nat/Ing und Philosophie sowie seiner Zentralen Leitung, von einem Drucker, der Metallbranchenzelle und der RSF, aus Nürnberg vom KHB und vom Metallarbeiter-Zirkel, aus Regensburg vom KHB, seinen Sympathisanten, den Zellen Medizin und Germanistik sowie dem KHB an der Fachhochschule, von der RSF, dem Freundeskreis des AB und dessen OG, sowie aus Weiden von der AB-OG; aus Berlin von Sympathisanten; aus Hamburg von Sympathisanten; aus Niedersachsen aus Goslar von der Sympathisantengruppe; aus NRW aus Aachen und vom KHB Bochum; aus Rheinland-Pfalz vom KHB Mainz. (11)

20. Januar 1977: Die DKP Bochum führte, laut AB, eine Diskussion „Gewerkschaftseinheit - reformistische Illusionen, Phrase oder Kampfautrag der Arbeiterbewegung?" durch, zu der auch die GOG Opel Bochum eingeladen worden war. Die KPD berichtet vermutlich von dieser Veranstaltung, dass an ihr der Redakteur der Frankfurter DKP-nahen 'Nachrichten zur Wirtschafts-und Sozialpolitik', Schäfer, teilgenommen habe, der sich gegen das 'Zirkelblättchen' BAZ ('Bochumer Arbeiter Zeitung' der KGB/E) und in der Folge auch gegen die GOG Opel wandte, in der die KGB/E mitarbeitet. (12)

21. Januar 1977: Heute will die Kommunistische Gruppe Bochum/Essen (KG B/E) eine Internationalismus-Veranstaltung in Bochum durchführen. (13)

22. Januar 1977: Der KB führte heute, zusammen mit u.a. PFLP Palästina und CIS Iran, in Bochum eine Nahostveranstaltung durch. Die EFLE Eritrea unterschrieb zur gleichen Zeit zusammen mit Amnesty International (AI), ISV Iran LgdI der KPD und KSV u.a. „ein Flugblatt, in dem von den beiden Supermächten USA und UdSSR die Rede war." (14)

Februar 1977

Die Geschichte des Kampfes gegen die AKWs, die Entstehung der Bunten Listen, der GAL und Bürgerinitiativen mit grün-ökologischer Orientierung begann verstärkt in den Jahren ab 1975. Ob er einem „Lebensgefühl“ entsprach, ist fraglich. Eher dürfte es um Selbstfindungsversuche gegangen sein, die sich, wie alle anderen Protestformen auch, später kanalisierten und in der „Grünen Partei“ als verbliebene Rest-Grundstimmung Ausdruck fanden. Die Literatur darüber füllt in der Zwischenzeit ganze Bibliotheken. Nachdem der Grüne Guru Joschka Fischer Kraft seiner Rhetorik später (im März 1999) die „kämpferische Solidarität“ mit den Nato-Truppen gen Jugoslawien auf einem Sonderparteitag der Grünen eingefordert hatte, war es endgültig vorbei mit dem Stillstand des Militärs, das seit der Beendigung des 2. Weltkrieges nun endlich (wenn auch nur durch Flugaufklärung) wieder eingesetzt werden durfte. „Einheit im Widerstand“ gab es spätestens ab dieser Zeit nicht mehr bei den Grünen. Sie gingen mit ihrem pathetisch beschworenen „Hurra“ nun endgültig auf die Positionen der staatstragenden Parteien über und ließen keinen Zweifel mehr daran aufkommen, wo sie nun stehen.

Die Datenbank Mao enthält Daten, die Auskunft darüber geben sollen, wie sich an den Orten diese Entwicklung vollzogen hat. In Bochum dürfte sie sich nicht von anderen Orten unterschieden haben. Allerdings waren die örtlichen Strukturen immer von einer „regionalen Hegemonie“ (vgl. Jürgen Schröder: Ideologischer Kampf vs. regionale Hegemonie. Ein Beitrag zur Untersuchung der K-Gruppen, Berlin 1990) geprägt, was auch an Bewegungswanderungen gelegen haben mag. Die personelle Stärke einer Organisation am Ort und deren „Verankerung“ waren ein Indiz für Bewegung und Bewegungsformen. Die alternativen Strukturen dürfen deshalb m. E. auch in den Zusammenhang einer Umorientierung der Rest-Bestände der K-Gruppen gestellt werden. Und damit könnte auch deren Sozialstruktur, die heute in der „Mittelstandsdebatte“ einen immer wichtigeren Stellenwert einzunehmen scheint, jene neuartigen Organisationsformen hervorgebracht haben, die sich dann zunächst in allerlei alternativ besetzten lokalen Zirkeln niederschlug.

Der KB berichtete im „Arbeiterkampf“ über die Bundeskonferenz der BI’s in Wilster und über die Beteiligung der Initiativen aus den Orten (vgl. 12. Februar 1977). Nach einer Mitteilung der „Roten Fahne“ der KPD kam es auch in Bochum zu einer spontanen Demonstration gegen das AKW Brokdorf (vgl. 18. Februar 1977). Zu Brokdorf gibt es hier weitere Berichte, die auch immer wieder mit der RUB und den örtlichen Initiativen korrespondieren (vgl. 19. Februar 1977).

12. Februar 1977: Laut KB „meldete sich auf der Bundeskonferenz der BI's in Wilster ein KPD/MLer zu Wort, um eine wichtige Erklärung der Partei zu verkünden: Die KPD/ML werde nicht nach Brokdorf fahren, um dem Feind nicht ins offene Messer zu laufen, sondern werde in Itzehoe eine Gegendemonstration machen". Laut KPD waren auf der zweitägigen Bundeskonferenz ca. 80 BI's aus ca. 50 Orten vertreten, u.a. aus: Baden-Württemberg aus Emmendingen, Freiburg, Tübingen und Wyhl;  Bayern aus München; Bremen und Bremerhaven, Hamburg (30 Stadtteilgruppen); Hessen aus Frankfurt, Gießen und Wiesbaden; Niedersachsen aus Clausthal-Zellerfeld, Cuxhaven, Emden und Osnabrück; NRW aus Bielefeld, Bochum, Dortmund, Duisburg, Essen, Hagen und Wuppertal; Rheinland-Pfalz aus Mainz; Schleswig-Holstein aus Eckernförde, Elmshorn, Flensburg, Geesthacht, Heide, Kiel, Lübeck, Neumünster, Rendsburg, Schleswig und Wedel. Der Aufruf der Landeskonferenz Schleswig-Holstein vom 6.2.1977 für eine Demonstration direkt am Bauplatz sei gegen drei Gegenstimmen bei drei Enthaltungen unterstützt worden.

Die KPD/ML sei für Itzehoe eingetreten. Von der Bundeskonferenz wird auch berichtet durch das KPD-ZK bzw. die KPD und in NRW durch das KPD-RK NRW und den Bochumer KSV. (15)

18. Februar 1977: Der KBW gab laut KPD ein Extrablatt der „KVZ - Ausgabe Mitte“  heraus und ruft darin für morgen statt zur bundesweiten Demonstration gegen das AKW Brokdorf zu Kundgebungen auf in: Hessen in Darmstadt, Frankfurt, Kassel, Lahn und Wiesbaden; NRW in Aachen, Bielefeld, Bochum, Dortmund, Düsseldorf, Duisburg, Essen, Köln und Münster; Rheinland-Pfalz in Koblenz, Ludwigshafen, Mainz und Trier; im Saarland in Saarbrücken. (16)

19. Februar 1977: Laut KB demonstrierten ca. 30. 000 Menschen in der Wilster Marsch gegen den geplanten Bau eines AKW bei Brokdorf. Etwa gleichzeitig versammeln sich rund 20 000 Menschen in Itzehoe auf einer Kundgebung, zu der verschiedene Bürgerinitiativen, DKP, linke Sozialdemokraten u.a. aufgerufen hatten, die sich gegen eine Demonstration vor Ort aussprachen.

Kundgebung in Wilster am 19.2.1977
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Der KB berichtete:

„Innerhalb der KPD/ML wurde ebenfalls - und zwar hauptsächlich von Seiten der Führung dieser Gruppe - mit der Blutbad-Argumentation gearbeitet. Ähnlich wie die GIM argumentierte die ML-Führung in der Organisation, dass man nicht in eine Falle laufen dürfe, dass man sich auf der Brokdorf-Demo nur unnötig blutige Köpfe holen würde etc., ebenso wie die GIM unterlag die KPD/ML-Führung dem massiven Propaganda-Feldzug der Bourgeoisie, ohne jeden Blick für die wirkliche Massenbewegung gegen die AKW's und für den erreichten Stand des politischen Bewusstseins innerhalb dieser Bewegung, was den sektiererischen Charakter dieser beiden Organisationen gleichermaßen hervorhebt. (Wir wollen nicht verschweigen, dass einzelne Mitglieder beider Organisationen trotzdem auf der Brokdorf-Demo dabei waren, die MLer sogar demonstrativ mit Parteifahne - etwa 50 Leute)."

"Die KPD/ML hatte vor dem 19.2. kein gutes Bild abgegeben: Am 5.2. erklärte sie auf der Bundeskonferenz der BI's in Wilster, in Brokdorf würde man 'dem Feind ins offene Messer laufen und daher werde die Partei in Itzehoe demonstrieren, am 6.2. hieß es dann: die Partei habe es sich überlegt und wolle doch mit nach Brokdorf kommen. Nichtsdestotrotz stimmten die KPD/ML-Vertreter in den BI's bei den nächsten Treffen gegen Brokdorf, für Itzehoe oder irgendwelche 'dezentralen Aktionen'… Nach dem 19.2. steht die KPD/ML natürlich wieder da, wo sie als Avantgarde der gesamtdeutschen Arbeiterklasse hingehört: nicht bloß auf der Seite der Sieger, sondern sogar an ihrer Spitze: 'Erfolgreiche Demonstration gegen KKW Brokdorf' lautete die Schlagzeile des 'Roten Morgen' vom 25.2."

"Der KBW bestätigt bei der dritten Brokdorf-Aktion seinen Ruf hirnloser Großmäuligkeit. So waren die KBW-ler die einzigen, die trotz eines mit überwältigender Mehrheit gefassten Beschlusses der Demonstrationsleitung der Meinung waren, auf den Bauplatz durchstürmen zu müssen und vor allem ... zu können ... Bereits beim Abmarsch aus Wilster Richtung Brokdorf begannen die Provokationen des KBW, indem er sich mit sechs bis sieben Autos, KBW-Fahne frech vorneweg, an die Spitze des Zuges setzte… Es gelang dann der Demonstrationsleitung, die vorher vereinbarte Zugordnung durchzusetzen und den KBW nach hinten abzudrängen. An der Polizeisperre angekommen, wollte der KBW am liebsten gleich durchbrechen… Von hinten andrängend, versuchte der KBW, die vorderen Demonstrationsteile in die Polizei-Absperrung zu schubsen. KBW-ler mit Megaphonen liefen unterdessen am Zug entlang und forderten zum Sturm auf. Die Lage wurde aber rasch geklärt, indem feste Ketten gegen die Provokateure gebildet wurden und einigen Schreihälsen die Megaphone abgenommen wurden ... Auf der Demonstration selbst marschierte der KBW - als einzige Organisation - in einem geschlossenen Block von vielleicht 600 - 700 Leuten. Dazu kamen noch ein paar KBW-ler im Zug verstreut, zusammen weniger als 1 000 KBW-ler insgesamt ... Nachdem dieser provokatorische Unfug von dem Rest der Teilnehmer abgewiesen worden war, versuchte der KBW bei der Rückkehr in Wilster erneut sein Glück als Provokateur. So streute er zunächst das Gerücht aus, in der Wilstermarsch seien auf dem Rückzug einige tausend Demonstranten abgeschnitten worden - man müsse jetzt umkehren und sie befreien. Nachdem dieser Versuch, die Demonstranten zu einer Nachtübung zu überreden, gescheitert war, versuchte der KBW einige Zeit darauf, die allmählich aus Wilster abrückenden Demonstranten noch zu einer Fahrt bzw. Marsch nach Itzehoe zu gewinnen, wo angeblich KBW-Führer Fochler und weitere KBW-Prominenz in Haft genommen worden seien. Auch dieser Versuch, die Leute auf Reisen zu schicken, scheiterte. Zuguterletzt versuchte der KBW noch, den Lautsprecherwagen der Demonstrationsleitung zu stürmen, um sich Gehör zu verschaffen. Ein Ordnertrupp aus Westberliner KB Genossen und Eimsbüttler Spontis (Hamburg) machte der Provokation ein handfestes Ende… Der KBW spielt in der Bewegung die Rolle, die die Bourgeoisie oft ihren bezahlten Provokateuren überträgt. Wenn man solche Leute nicht rechtzeitig erkennt und lahmlegt, kann es schlecht aussehen."

"Der KBW hat für den 19.2. insgesamt nur schwach mobilisiert. Außerhalb Norddeutschlands hatte der KBW sogar ausdrücklich eine Mobilisierung nach Brokdorf abgelehnt ... und örtliche Alternativ-Veranstaltungen durchgeführt. Aber selbst in Norddeutschland machte der KBW in den meisten Städten erst ein, zwei Tage vor dem 19.2. überhaupt nennenswerte 'Anstrengungen'. So kam es auch, dass der KBW am 19.2. mit weniger als 1 000 Leuten auf der Demonstration vertreten war."

Zur SAG hieß es:

„Die SAG (Sozialistische Arbeitergruppe), die in Norddeutschland im Wesentlichen nur in Hannover und Hildesheim auftritt, spricht in einem ersten Flugblatt von einer 'Kapitulation in Brokdorf'. Die Demonstration durch die Wilster Marsch habe 'an eine klassische sozialdemokratische Massenveranstaltung' erinnert. Schuld daran sei, wie kann es anders sein, 'insbesondere der KB'. Konsequent wird dann auch sogar von den 'KB-Organisatoren der Brokdorfer-Demonstration' gesprochen."

Zur KPD/KSV hieß es:

„Die KPD hatte am 19.2. eine relativ positive Rolle gespielt, indem sie die kollektiven Beschlüsse der Demonstrationsleitung, die umfassende Konfrontation mit der Polizei möglichst zu vermeiden, voll mitgetragen hat."

Die KPD stellte fest:

„Unsere Partei hatte wesentlichen Anteil daran, dass eine der größten illegalen Demonstrationen der Nachkriegszeit ... mit einem Sieg von weitreichender Bedeutung endete."

Die KPD gab am 16.2.1977 bekannt, dass Treffs der Brokdorf-Demonstranten in Hamburg, Kiel und der Raststätte Harburger Berge abgemacht seien und berichtet auch von der Vorbereitung der Itzehoer Aktion. Am 23.2.1977 berichtet die KPD von 35 000 Menschen, die dem Verbot) trotzten, davon 450 aus Bielefeld und ca. 1 000 aus Hannover:

„Noch mehr wären es gewesen, hätten nicht die KPD/ML und der KBW der Schmidt-Regierung offen in die Hände gearbeitet."

Die Demonstrantenzahl sei in den Medien verfälscht worden. Die KPD/ML sei gegen Brokdorf gewesen und ihr LV NRW habe nur Beobachter in den Brokdorfbussen gehabt und als es auf dem Hamburger Heiligengeistfeld hieß, die Polizei habe Schießbefehl, sei der größte Teil in Hamburg ausgestiegen. In Wilster hätten 40 - 50 KPD/ML'er eine Gegenkundgebung gegen die Aktion in Brokdorf gemacht und sich daraufhin zurückgezogen. Der KBW habe über 40 Kundgebungen in der ganzen 'BRD' durchgeführt, in Brokdorf sei er feige gewesen und habe einen eigenen Lautsprecherwagen gehabt. Polizisten wurden eingesetzt aus Mannheim, Münster, Reutlingen, Nürnberg, Karlsruhe, Heidelberg, Frankfurt, Butzbach, Tübingen, Freiburg, Stuttgart, Würzburg, Bochum und München. Über 90 Personen seien festgenommen und 6 000 nicht zur Demonstration gelassen worden.

In Itzehoe zählte die KPD 10 000, von denen sich noch über 3 000 nach Brokdorf aufgemacht hätten. Auf der Kundgebung habe sich Heinz Brandt auch gegen die AKWs in der DDR ausgesprochen. Auf der Kundgebung in Brokdorf habe die BUU geredet und es sei eine Solidaritätsresolution für Fritz Storim verabschiedet worden.

Die DKP Preetz berichtete:

„Stoltenberg und Springers 'Bild', Kanzler Schmidt und Innenminister Maihofer können reden und schreiben was sie wollen: Ihr Kernenergieprogramm hat in Itzehoe und Wilster erneut eine schwere Niederlage erlitten. Allein Itzehoe demonstrierten rund 40 000 Bürger gegen den Bau des Kernkraftwerks Brokdorf."

Auch aus Preetz beteiligte sich die BI „an der größten Demonstration und Kundgebung, die Schleswig-Holstein nach Kriegsende erlebt hat. Die Atomlobby hatte bei den Regierungen des Bundes und der Länder durchgesetzt, dass fast 7 000 Bereitschaftspolizisten und Angehörige des Bundesgrenzschutzes die Wilstermarsch in eine waffenstarrende Festung verwandelten. Doch diese bisher größte Notstandsübung scheiterte an der Disziplin der Demonstranten. Sie haben Stoltenberg und Springer nicht den Gefallen getan, sich durch die Zurschaustellung staatlicher Macht provozieren zu lassen. Und Stoltenbergs Helfershelfer im maoistischen 'KBW' wurden im Raum Wilster daran gehindert, der Polizei den Vorwand für Knüppelorgien und Gasangriffe zu liefern… Was sich in den Demonstrationen gegen die Atomlobby ausdrückte, war der Widerstand gegen eine Politik, die mit einem Riesenaufgebot Polizisten, mit Wasserwerfern und chemischen Keulen glaubte, das Profitstreben einiger Energiekonzerne gegen die Interessen der Bevölkerung durchsetzen zu können. Der Kampf gegen Kernkraftwerke - in Brokdorf und anderswo - wird weitergehen."

Laut DKP Wedel beteiligen sich in Itzehoe mehr als 40 000. Die SAG rief nach Brokdorf auf, wo sie 30 000 Demonstranten ausmachte. Die Gruppe Arbeiterstimme-Mehrheitsgruppe rief nach eigenen Angaben mit einem Flugblatt „Gegen einen Amoklauf in Brokdorf" nach Itzehoe auf. Berichtet bzw. aufgerufen wurde auch durch das ZK der KPD und in - NRW durch das KPD-RK /KSV und die Rote Hilfe (RH) e.V. der KPD in Köln. (17)

19. Februar 1977: In Bochum führte der KBW, laut KPD anstatt zur bundesweiten Demonstration nach Brokdorf zu fahren, eine Kundgebung gegen das AKW Brokdorf durch. (18)

März 1977

Der März (und dann auch der April) waren durch die 1.-Mai-Vorbereitungen gekennzeichnet. Die örtliche KGB/E, wie schon zu 1976 festgestellt wurde, war auch 1977 in einer Aufschwungphase. Das „Einladungsschreiben“ zu den „Aktionsverhandlungen“ entbehrte nicht einer gewissen Brisanz; denn es ging u. a. auch an die GIM, die KPD/ML und andere ja kategorisch von Bündnissen ausschlossen. Im März wandte sich die KGB/E an 12 Gruppen, von denen sie meinte, sie seien Ansprechpartner (vgl. 14. März 1977). Die erste Sitzung des „Maikomitees“ spiegelte dann wohl auch die Debatte um Prinzipien und Positionen wieder, wie seit den Tagen der ersten maoistischen Gruppen auf bundesrepublikanischem Boden bekannt waren (vgl. 24. März 1977).

Obwohl die Vorbereitungen zum 1. Mai auf einer anderen Ebene lagen, so waren sie doch mit anderen Ereignissen verknüpft, die z. B. auf Demonstrationen im Parolismus immer wieder auftauchten. Es war also eine gewisse Verklammerung mit politischen Ereignissen, die zu Buche schlugen. So dürfte die „Groenewold“-Veranstaltung (vgl. 23. März 1977) sich auch in die Kampagnen gegen die „politische Unterdrückung“ einordnen lassen. Die Positionierungen für den RAF-Verteidiger, der 1978 zu zwei Jahren Gefängnis auf Bewährung verurteilt worden war (19), waren dann auch womöglich Aufhänger für die erneute Kampagne gegen die Polizei-Aktionen, die sich gegen die POLIBU richteten (vgl. 23. März 1977; 30. März 1977).

14. März 1977: Der ZA der Kommunistischen Gruppe Bochum/Essen (KGB/E) lädt in einem Brief für Bochum zu „Aktionsverhandlungen zum 1. Mai" 1977 und zur ersten Verhandlung ein. Das Einladungsschreiben ging an folgende Gruppen:  GIM, - KABD, Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD, KB, KBW, KPD/ML, KPD, GOG Opel Bochum, ESG, Fachschaftsliste der Uni-Bochum, Frauengruppe Bochum, Gesundheitsgruppe, Buchladenkollektiv, Bochumer Bürgerinitiativen über das Bochumer Volksblatt. (20)

23. März 1977: Laut KB kamen ca. 300 Menschen zur Groenewold Veranstaltung in Bochum:

„Ein Mitglied des Bochumer Buchladens machte auf die zurzeit laufende Polizei-Aktion gegen Mitglieder des VLB (Verband linker Buchhändler) aufmerksam. Der Bochumer Buchladen war damals selbst betroffen, einer der Mitarbeiter war verhaftet, nach Karlsruhe verschleppt und erst nach einigen Tagen wieder freigelassen worden. In der jetzt erstellten Dokumentation sind Teile des 'Revolutionären Zorns' als Zeitdokument abgedruckt worden, was eben der Anlass für die Bullen war, Vorladungen zu verschicken." (21)

24. März 2008: In Bochum fand, laut KPD, die erste Sitzung der Maiaktionseinheit statt, zu der die Kommunistische Gruppe Bochum/Essen (KGB/E) aufgerufen hatte Begonnen wurde mit der Diskussion über den Plattformvorschlag der KGB/E. (22)

30. März 1977: In der Bochumer Aktionseinheit zum 1.Mai wurde, laut KPD, die Diskussion über den Vorschlag der KGB/E für eine Plattform fortgeführt. (23)

April 1977

Im April verbreitete die KGB/E ihren Aufruf zum 1. Mai, der auch über Bochum hinaus bekannt gemacht worden war. In der „BAZ“ konnte man lesen: „1. Mai - Internationaler politischer Kampftag der Arbeiterklasse.“ Für die Bochumer Gruppe dürfte das eine Generalprobe gewesen sein; denn die Mitunterzeichner taten damit kund, dass sie gewillt waren, sozusagen hausintern, an der Wegbiegung noch einmal die Probebühne für eine gemeinsame Aktion zu betreten. Die Gruppen, die den Aufruf unterschrieben hatten, unterschieden sich nicht von denen, die sich bereits im März zusammen mit der KGB/E artikuliert hatten. Dass auch eine Reihe von Hochschulorganisationen den Aufruf mitunterzeichnet hatten, dürfte aber hier nicht als Novum gelten, denn Mitunterzeichner waren zu dieser Zeit so etwas wie gern gesehene Gäste. Und eine Namensnennung bedeutete nicht automatisch, dass man sich mit dem Programm einer Gruppe auch identifizieren musste. Interessant war hier die Formulierung „Gruppen in der Evangelischen Studentengemeinde“, was nach dem Stand der Dinge eigentlich nur bedeuten konnte, dass es sich hierbei um lose Verbindungen bzw. zusammengefasste Komitees handeln konnte (vgl. April 1977, 6. April 1977; 20. April 1977; 26. April 1977; 29. April 1977).

Die Bündnisse konnten immer noch auf der Grundlage einer locker verknüpften Ideologie zustande kommen, wobei „locker verknüpft“ nichts anders hieß, als dass man bei einer Zuspitzung der Debatte die einmal geäußerte Erklärung schnell wieder rückgängig machen konnte. Die KGB/E sollte dann auch den „erlauchten Kreis“ kritisieren, der es nicht schaffte, trotz Erfolge, die „Linke am Ort zu vereinheitlichen“ (vgl. 26 und 27. April 1977).

DVD, April 1977 (Titelseite)
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Die Hochschulleitung Bochum des KSV und die Ortsleitung Bochum der KPD wandten sich im April gegen die „Spaltertätigkeit“ des KB im „Maikomitee“. Der KB selbst wiederum warf beiden eine „vaterländische“ Sichtweise vor und trat am 26. April aus der „Aktionseinheit“ aus. Der KB kritisierte auch den Automatismus der Mobilisierung. So seien die Widersprüche nicht ausdiskutiert worden und die „Unmobilisierten“ nicht mobilisiert worden (vgl. 26. April bis 29. April 1977).

Der KB berichtete im „Arbeiterkampf“ auch von der Bochumer „Groenewold“-Veranstaltung (vgl. 4. April 1977), und die DKP führte ein „Volksfest“ zum 1. Mai in der Bochumer Mensa durch (vgl. 29. April 1977).

April 1977: Die Kommunistische Gruppe Bochum/Essen (KGB/E) gab die Nr.26 ihrer „Bochumer Arbeiterzeitung“(BAZ) heraus. Enthalten war u.a. der Aufruf der KGB/E: „1. Mai - Internationaler politischer Kampftag der Arbeiterklasse." Ebenfalls noch im April erschien eine Sondernummer der „BAZ“ zum 1. Mai. In dieser erschien auch der Aufruf „1. Mai Internationaler Kampftag der Arbeiterklasse" aus Bochum. Der Aufruf war unterzeichnet von: GOG Opel Bochum, Opel Solidaritätskomitee,  Arbeitsgruppe Gesundheitswesen, Frauengruppe Bochum, Arbeitergruppe Frauen,  Gruppen in der Evangelischen Studentengemeinde, Bürgerinitiative Nord, KB Frauengruppe, GARM (Auslandsorganisation zur Unterstützung des chilenischen MIR), Kommunistischer Bund, Gruppe Internationaler Marxisten, Kommunistische Gruppe Bochum/Essen. (24)

4. April 1977: Der KB gab seinen „Arbeiterkampf“ (AK) Nr.102/1977 heraus. Von den Polizeirazzien gegen VLB-Läden wird berichtet, dass inzwischen auch die Internationalismus-Buchhandlung in Hannover durchsucht wurde. Dagegen richtete sich Protest auch auf Groenewold-Veranstaltungen in Bochum und Hamburg. Zur KPD/ML meine man:

Die KPD/ML schweige sich zu weiteren Aktivitäten gegen die AKW's aus, „denn die  KPD/ML, so scheint es, hat mit der Anti-AKW-Bewegung nicht mehr viel im Sinn. Ihr kurzes Gastspiel scheint ihr gereicht zu haben. Zwei Erklärungen bieten sich hierfür an:

1. Die KPD/ML existiert seit langem nur noch in mumifizierter Form. Eine wesentliche Existenzbedingung ist der weitgehende Abschluss von realen Bewegungen, denn jeder frische Windhauch könnte für den lebenden Leichnam tödlich sein. Daher fürchten die KPD/ML-Führer jede Massenbewegung wie der Teufel das Weihwasser und suchen sich davon fernzuhalten.

2. Möglich wäre auch, dass die Partei aus dem fernen und doch so nahen Albanien einen dezenten Wink bekommen hat, dass der Kampf gegen AKW's nicht korrekt und folglich nicht erwünscht sei. Dies wäre durchaus nicht der erste Fall, wo der 'Rote Morgen' auf einen derartigen Wink hin total kehrt gemacht hat. Oder vielleicht hat die Partei auch nur einen Winterschlaf gehalten und taucht bei unserer nächsten Aktion wieder in gewohnter Qualität an der Spitze der Massen auf." (25)

6. April 1977: In Bochum finden, laut Kommunistische Gruppe Bochum/Essen (KGB/E) Aktionseinheitsverhandlungen zum 1. Mai 1977 statt Anwesend waren u.a.:  Arbeitsgruppe Frauen, Frauengruppe Querenburg, Gesundheitsgruppe, Büro für Betriebsfragen, GOG, KB, Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB), KPD, - KSV, GIM, KGB/E.

U.a. wurde auch über den „Plattformvorschlag für eine Aktionseinheit zum 1. Mai 1977 der KGB/E" diskutiert. Ein „klarer Block" stellt sich dabei "gegen die Aufnahme jeglicher Nennung der Supermächte“. Auch die KPD macht die Fragen der Supermächte nach Diskussion nicht mehr „zur Grundlage der Aktionseinheit", bestand aber darauf, „sie mit im Sinne des Plattformvorschlages" aufzunehmen. Die Vertreter der KPD machen den Vorschlag, folgende Formulierung in den „Plattformvorschlag" aufzunehmen: „Durch die siegreichen Kämpfe der unterdrückten Völker um nationale Unabhängigkeit, Befreiung und Revolution in Indochina, durch ihre immer größeren Erfolge im südlichen Afrika, anderen Teilen Afrikas, Asiens, Lateinamerikas verschlechtert sich die Lage der Imperialisten". Die KGB/E berichtet weiter davon, dass der GOG Vertreter einen Kompromiss vorschlägt:

„Der Kompromissvorschlag war, die Formulierung des Arbeiterbundes zu  übernehmen und hinzuzufügen, dass es zur Einschätzung der Imperialisten, vor allem der Rolle der beiden Supermächte USA und SU, keine einheitliche Meinung gebe. Durch solch einen Kompromiss wäre es möglich, dass Aktionsbündnis zu wahren, ohne das dabei Gruppen von grundlegenden Positionen ihrer eigenen Politik abweichen müssten."

Bei der sich anschließenden Abstimmung über den Vorschlag der GOG ergab sich folgendes Ergebnis: Für die Aufnahme des Vorschlags des Arbeiterbundes: GIM, KB, FG Querenburg, AG Frauen, Arbeiterbund (die anderen Gruppen waren dagegen). Für den Kompromissvorschlag der GOG stimmten: KPD, KSV, GOG, Gesundheitsgruppe, KGB/E (dagegen: AG Frauen, Frauengruppe Querenburg, KB, GIM (der AB enthielt sich). (26)

20. April 1977: Der Kommunistische Bund/Gruppe Bochum bekräftigt heute noch einmal ausdrücklich seine Teilnahme an der Bochumer Aktionseinheit zum 1.Mai. (27)

26. April 1977: In einer „Erklärung des KB zu den Verhandlungen in Bochum für eine Aktionseinheit zum 1. Mai“ wurde u.a. ausgeführt:

„Bereits seit einigen Wochen treffen sich in regelmäßigen Abständen verschiedene Bochumer Organisationen und Gruppierungen mit dem erklärten Ziel, für die diesjährige 1. Mai-Demonstration einen einheitlichen und kämpferischen oppositionellen Block auf die Beine zu stellen. Weit ist es damit allerdings nicht gekommen: Nach wie vor sitzt man im 'erlauchten' Kreis zusammen, während der überwiegende Teil der arbeitenden Initiativen und Gruppen der Bochumer Linken nicht vertreten ist. Auf der letzten Sitzung waren noch anwesend: die vaterländische 'KPD' sowie ihr Anhang (KSV, Indochina-Hilfe), Kommunistische Gruppe Bochum/Essen, AG Gesundheitswesen, GOG Opel, GIM, Kommunistischer Bund (leider!), Arbeitsgruppe Frauen Bochum und Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (der dann allerdings aus den Verhandlungen ausstieg)… Unsere anfängliche Hoffnung, über diese AE-Verhandlungen dazu beitragen zu können, für den 1. Mai möglichst viele fortschrittliche Menschen unter ihren Forderungen für einen oppositionellen Block zu mobilisieren, hat sich sehr schnell zerschlagen. Deutlich wurde von Beginn an, dass insbesondere die in den Verhandlungen dominierenden 'ML'-Organisationen (KPD, KGB/E) zu keiner Zeit bereit und in der Lage waren, die zweifelhafte Exklusivität dieser Runde zugunsten einer breiten Einbeziehung und Gewinnung der tatsächlich relevanten Teile der Bochumer Linken zu durchbrechen. Unser Fehler ist es gewesen, dieses Spiel mitgemacht zu haben, anstatt dem von vornherein unfruchtbaren Unternehmen den Rücken zu kehren und rechtzeitig eigene Aktivitäten für eine öffentliche Auseinandersetzung um das Vorgehen zum 1. Mai einzuleiten. Unser Austritt aus dieser Aktionseinheit - den wir hiermit erklären - kommt somit zwar verspätet, ist u.E. aber die einzige Möglichkeit, um noch einen eigenen sinnvollen Beitrag für einen kämpferischen oppositionellen Block am 1. Mai leisten zu können… Wir fordern alle fortschrittlichen Menschen auf, sich am oppositionellen Block der 1. Mai-Demonstration unter ihren Forderungen zu beteiligen". (28)

27. April 1977: Eine „Gemeinsame Erklärung zum Verhalten des Kommunistischen Bundes Bochum zu den Aktionseinheitsverhandlungen zum 1. Mai“ war unterzeichnet von: GOG, Arbeitsgruppe Gesundheitswesen Bochum, KGB/E,  Gruppe Internationaler Marxisten (GIM-Bochum), KPD (Bochum), KSV (Bochum),  Indochinahilfe.

U.a. wurde erklärt:

„Am 26.4. hat der KB in Bochum eine Erklärung zu den Verhandlungen für eine klassenkämpferische Aktionseinheit am 1. Mai veröffentlicht, über deren Inhalt wir empört sind. Dass der KB nicht mehr an unsrer Aktionseinheit teilnimmt, weil er politische Kritik daran hat, das können wir akzeptieren, auch wenn wir es falsch finden… Was sich der KB in seiner Erklärung jedoch an offenen Lügen, demagogischen Verdrehungen, auch an Arroganz leistet, konnten wir nur schwer fassen! Der KB stellt praktisch die Behauptung auf, wir wollen fortschrittlichen Initiativen besondere politische Beschränkungen auferlegen. Wir stellen dazu fest:

- die schriftliche Agitation und Propaganda in unserem Block ist völlig frei, das war von Anfang an klar,

- diskutiert wurde lediglich über die Beschränkung von großen Transparenten. Hier haben sich alle Gruppen Beschränkungen auferlegt. So wird z. B. auf Transparente für die Diktatur des Proletariats von den kommunistischen Gruppen verzichtet, um eine möglichst breite Einheit aller fortschrittlichen Kräfte zu ermöglichen. Es wurde außerdem auf Transparente zur Frage der nationalen Einheit in Deutschland verzichtet, weil es hier unüberbrückbare Differenzen gab. Diese Beschränkungen wurden auch vom KB unterstützt,

- darüberhinaus wurde festgelegt, dass alle Gruppen der Aktionseinheit am 27.4. bei der Besprechung erklären sollten, welche Transparente sie zusätzlich zu den gemeinsamen Forderungen… auf der Demonstration tragen wollten… Besonders verlogen ist die Behauptung, wir würden befürchten, dass zu viele Frauenforderungen das Bild der Demo beeinträchtigen könnten. Dadurch soll uns wohl Frauenfeindlichkeit unterstellt werden. Die ganze Aktionseinheit begrüßt ausdrücklich, dass gegen die besondere Unterdrückung der Frauen Forderungen in unserem Block getragen und propagiert werden… Wir können feststellen: Kein einziges Mitglied des KB hat sich an den gemeinsamen praktischen Vorbereitungen für die Demonstration beteiligt, obwohl der KB noch am 20.4. ausdrücklich seine Teilnahme an der Aktionseinheit bekräftigt hat… Wir fordern alle fortschrittlichen Menschen auf, sich durch das spalterische Vorgehen des KB nicht beirren lassen und sich am 1. Mai in unserem Block einzureihen." (29)

27. April 1977: In dem Flugblatt der Ortsleitung (OL) Bochum der KPD: „1. Mai - Stellungnahme der KPD zu den Verhandlungen für ein Aktionsbündnis" wurde ausgeführt:

„Die Kommunistische Gruppe Bochum/Essen hat einen Vorschlag für eine gemeinsame Plattform vorgelegt, über den die eingeladenen Organisationen am 24. und 30.März beraten haben. Die KPD hat den Vorschlag und das Zustandekommen der Gespräche lebhaft begrüßt, weil für uns der 1.Mai nicht in erster Linie ein Tag der Selbstdarstellung, sondern der internationale Kampftag der Arbeiterklasse ist. Der Plattformvorschlag der KGB/E propagiert keine prinzipienlose Einheit, sondern wendet sich gegen Mitbestimmungsphrasen und Betriebsverfassungsgesetz… Er bekämpft die zunehmende politische Unterdrückung. Erstmals bezieht ein Entwurf eine klare Stellung zur internationalen Lage, indem er sich nicht nur mit den kämpfenden Völkern der dritten Welt solidarisiert, sondern auch die beiden Supermächte USA und UdSSR an den Pranger stellt und vor der Gefahr eines neuen Weltkrieges warnt." Kritisiert werden die Haltungen des KB und der GIM, da sie "lauthals ... den Passus gegen die Supermächte aus der Plattform der KGB/E" ablehnen. (30)

28. April 1977: In dem Flugblatt der Hochschulleitung (HL) Bochum des KSV der KPD:

„Gegen die Spaltungsmanöver des KB-Nord. Stärkt den oppositionellen Block des Bochumer Maikomitees!" wurde a. ausgeführt:

„Doch die schärfsten und unverschämtesten Angriffe gegen den oppositionellen Block und das Bochumer Mai-Komitee kommen von Seiten des KB-Nord. So wird von ihm behauptet, die tatsächlich relevanten Teile der Bochumer Linken seien nicht Teil der Bochumer Linken. Neben der KGB/E und der KPD sollen plötzlich auch die Gewerkschaftsoppositionelle Gruppe (GOG) Opel und die AG Gesundheitswesen nicht mehr zur relevanten Linken und den arbeitenden Gruppen gehören… Hauptziel seiner Angriffe ist deshalb auch der gemeinsame Aufruf des Bochumer Mai-Komitees… Deshalb fordern wir alle fortschrittlichen Kräfte auf, nicht auf die Spaltungsversuche des KB-Nord hereinzufallen und am 1. Mai gemeinsam mit dem Bochumer Mai-Komitee zu demonstrieren." (31)

29. April 1977: Flugblatt der Bochumer Aktionseinheit zum 1. Mai: „Heraus zum klassenkämpferischen 1. Mai". (32)

29. April 1977: In Bochum führt die DKP, laut und unter Anwesenheit des KHB des AB, ein Volksfest in der Mensa der Ruhruniversität (RUB) durch. (33)

Mai und Juni 1977

Am 1. Mai kamen auf zwei (DGB-)Demonstrationen in Bochum ca. 1.500-2.000 Menschen zusammen. Auszug aus einem Bericht des örtlichen KB (der eigentlich immer genauere Zahlen zu einzelnen Ereignissen parat hatte):

„Die oppositionellen Blöcke marschierten am Schluss: KBW (50), KB (50), Uni-Spontis (30-40), danach die AE der MLer, nämlich KPD (unter 20), KGB/E (25), GIM (unter zehn), AG Ges. (30-40) (Arbeitsgemeinschaft Gelsenkirchener ML, d. Vf.) ... Auf der Kundgebung der MLer waren 200 Leute, auf der Mai-Veranstaltung des KB (in Aktionseinheit mit MIR (Chile, d. Vf.) und CISNU (Iran, d. Vf.) waren es 250.“ (Dass die GIM als MLer zählen, schien interessant, d. Vf.)

Das dürfte in etwa auch dem Stand der Mobilisierung zum 1. Mai entsprochen haben. Ob es zum 1. Mai zu einer „Block“-Mobilisierung kam, ist nicht näher zu klären. Dass das gesamte Ortspektrum der verschiedenen Gruppen sich in Bochum versammelt hatte, ist eigentlich auch ausgeschlossen, da es doch viele nach Dortmund zog, wo es schon traditionell zur extra-organisatorischen Mobilisierung kam, die in sich in einer radikaleren Variante (Störung der DGB-Kundgebung etc.) äußerte (vgl. 1. Mai 1977).

Aus dem Mai 1977 wurde auch erstmalig (und wahrscheinlich auch letztmalig) eine „Hochschulzelle der KGB/E“ bekannt, die sogar ein erstes Flugblatt „Weg mit dem LHG“ herausgab. Zu dieser Gruppierung enthält die Datenbank MAO keine weiteren Informationen (vgl. Mai 1977).

Über eine erste Krise der eigenen Gruppe berichtete die KGB/E (vgl. Mai 1977). Es sollte nicht die letzte sein.

Im Juni ließen die Ergebnisse der Fachschaftswahlen an der RUB aufhorchen. Die Linke Liste erhielt 10 Sitze, wobei nicht klar war, wie sie sich zusammensetzte, der KBW, der wohl über sein KK antrat, erhielt einen Sitz (vgl. Juni 1977). Auch der „Arbeiterkampf“ berichtete über die RUB-Wahlen (vgl. 27. Juni 1977).

Nicht unerwähnt sollte bleiben, dass auch in 1977 die DKP an der RUB (über den MSB-Spartakus) ihre „Roten Uni-Blätter“ herausgab (vgl. Juni 1977).

Mai 1977: Erstes Flugblatt der Hochschulzelle der Kommunistischen Gruppe Bochum/Essen (KGB/E), „Weg mit dem LHG!" (34)

Mai 1977: Die Kommunistische Gruppe Bochum/Essen (KGB/E) berichtete von der Krise in ihrer Bochumer Organisation, die sich nach der letzten dortigen Ortsmitgliederversammlung (OV) ein wenig gelindert hat:

„Knapp 2 Monate nach dieser OV wurde das BV/Büro Koll (Bochumer Verein, d.Vf.) durch Beschluss der ZA aufgelöst. Dafür gibt es 2 Hauptgründe: 1. Das Koll hat als Kollektiv seit Oktober 1976 nicht richtig gearbeitet. Obwohl im Büro für Betriebsfragen ein konkreter Arbeitsbereich vorhanden war, hat aber nur eine Genossin dort wirklich aktiv gearbeitet. Das Scheitern der Arbeit beim BV und im Büro hatte keine hauptsächlich objektiven Gründe, sondern lag vor allem an unserer subjektiven Schwäche." (35)

1. Mai 1977: Zum 1.Mai in NRW meint der KB:

„Die Positionen der Linken haben sich gegenüber dem Vorjahr nicht wesentlich verbessert… Der politische Einfluss des KB hat sich gegenüber dem Vorjahr auf recht viele Städte im Ruhrgebiet ausdehnen können, die einzelnen örtlichen Gruppen und Sympathisanten-Kollektive sind aber noch sehr schwach und können noch nicht als wesentlicher politischer Faktor in Erscheinung treten. Gewachsen ist unser Einfluss vor allem im Norden dieses Bundeslandes und der Mobilisierungserfolg in Bielefeld ist dabei hervorstechendes Merkmal; demgegenüber stagnierte unser Einfluss in Bochum, unserer ältesten NRW-Ortsgruppe. An von uns mitgetragenen Mai-Veranstaltungen in NRW haben wenig mehr als 1 500 Menschen teilgenommen." (36)

1. Mai 1977: 1. Mai in Bochum. Laut KB kamen ca. auf zwei DGB-Demonstrationen ca. 1 500 - 2 000 Menschen zusammen:

„Die oppositionellen Blöcke marschierten am Schluss: KBW (50), KB (50), Uni-Spontis (30 - 40), danach die AE der MLer, nämlich KPD (unter 20), KGB/E (25), GIM (unter zehn), AG Ges. (30-40) (Arbeitsgemeinschaft Gelsenkirchener ML, d.Vf.)… Auf der Kundgebung der MLer waren 200 Leute, auf der Mai-Veranstaltung des KB (in Aktionseinheit mit MIR (Chile, d.Vf.) und CISNU (Iran, d.Vf.) waren es 250."

Laut KGB/E beteiligen sich nur 40 - 50 Personen (früher 150) am KBW-Block. Zum 1.Mai rief der AB auch in Bochum auf. Es finden zwei Betriebsdemonstrationen von Krupp und den Stahlwerken Bochum (SWB - beide IGM-Bereich) sowie eine gemeinsame Demonstration mit ca. 6 000 Personen statt. Nach seiner Darstellung rief die KGB/E zu Bündnisverhandlungen für eine klassenkämpferische Demonstration auf. Es kamen GIM, KB, KPD, GOG Opel Bochum, die Gesundheitsgruppe und die Frauengruppe Bochum. Der KHB des AB beteiligte sich nicht, weil die KPD teilnehmen durfte. In Bochum beteiligt sich die Internationalistische Tendenz der OG Ruhrgebiet des Spartacusbund (SpB), laut den anderen Fraktionen, an der Maidemonstration im Frauen- und Anti-AKW-Block. (37)

Juni 1977: Laut KB erreichen bei den Wahlen zum Studentenparlament an der Ruhr-Uni Bochum (RUB), die vermutlich im Juni stattfinden, die Linken folgende Ergebnisse: - Fachschaftsliste (Linke Liste) 10 Sitze, AUT (KBW) 1 Sitz. (38)

Juni 1977: Die DKP Hochschulgruppe an der Ruhruniversität Bochum (RUB) gab eine Ausgabe ihrer „Roten Uni Blätter“ heraus. (39)

27. Juni 1977: Der KB gab seinen „Arbeiterkampf“ (AK) Nr.107/1977 heraus. Aus NRW wird berichtet aus Münster von einer 2. Juni Veranstaltung sowie von den Stupa-Wahlen an der Ruhr Uni Bochum (RUB). (40)

27. Juni 1977: Die DKP Hochschulgruppe an der Ruhruniversität Bochum (RUB) gab vermutlich in dieser Woche die Ausgabe Juni/Juli ihrer „Roten Uni Blätter“ heraus. (41)

Juli bis Oktober 1977

Dokumentation zu Kalkar (Titelseite)
Dokumentation

Neben der DKP-Hochschulgruppe, die weiter ihre „Roten Uni-Blätter“ herausgab (vgl. 18. Juli 1977; 29. August 1977; September 1977), dürften die Aktionen gegen die AKWs im Berichtszeitraum von besonderer Bedeutung gewesen sein. Der „Schnelle Brüter“ in Kalkar sollte im September möglicherweise zu einem Agitationsschwerpunkt an der RUB werden (vgl. 24. September 1977).

Die Aktionseinheit gegen das „drohende Verbot“ einiger K-Gruppen sollte, nach dem neuerlichen Vorstoß von CDU und Verfassungsorganen des Staates, wiederum zu „Aktionseinheiten“ auf Ortsebene führen (vgl. 7. Oktober 1977). Einige Gruppen beteiligten sich an der bundesweiten Demonstration in Bonn unter der Parole: „Der Marxismus-Leninismus lässt sich nicht verbieten“. Die Demonstration als solche war in gewisser Weise mit der großen Ausländerdemonstration in Dortmund am 8. Oktober 1972 zu vergleichen, obwohl es damals, im Unterschied zum 8. Oktober 1977, bereits zwei Verbote (nämlich der GUPS und der GUPA) gegeben hatte. (vgl. 8. Oktober 1977; 17. und 18. Oktober 1977).

18. Juli 1977: Die DKP Hochschulgruppe an der RUB gab vermutlich in dieser Woche ein Extra ihrer „Roten Uni Blätter“ heraus. (42)

29. August 1977: Die DKP Hochschulgruppe an der RUB gab vermutlich in dieser Woche ein Extra ihrer 'Roten Uni Blätter' heraus. (43)

24. September 1977: An der RUB werden Flugblätter verteilt, die zur Teilnahme an einer Demonstration gegen den „Schnellen Brüter“ in Kalkar aufriefen. (44)

September 1977: Die DKP Hochschulgruppe an der RUB gab vermutlich im September eine Ausgabe ihrer „Roten Uni Blätter“ zum 60. Jahrestag der Oktoberrevolution in der SU heraus. (45)

Oktober 1977: Die DKP Hochschulgruppe an der RUB gab eine Ausgabe ihrer „Roten Uni Blätter“ heraus. (46)

7. Oktober 1977: Laut Kommunistische Gruppe Bochum/Essen (KGB/E) fand in  Bochum eine Aktionseinheit gegen die drohenden Verbote einiger ML-Organisationen statt.  An dieser AE nahmen u.a. auch teil: KGB/E, KBW, KPD,  KPD/ML. (47)

8. Oktober 1977: In Bonn fand eine bundesweite Demonstration gegen die Verbotsdrohungen der CDU gegen KBW, KPD und KPD/ML sowie, laut KB, auch „gegen den KB" statt. Beginnen soll der Zug um 13 Uhr 30 auf der Kennedybrücke, um 15 Uhr soll eine Kundgebung auf dem Rathausplatz stattfinden. Aufgerufen wurde u.a. durch die KPD und den KSV in NRW. In NRW sollen gemeinsame Abfahrten stattfinden in Bochum, Dortmund, Düsseldorf, Duisburg, Essen, und Münster. Gemeinsame Vorbereitungs-Veranstaltungen sollen stattfinden in: NRW in Dortmund (am 5.10.1977, d. Vf.), Düsseldorf (am 5.10.1977, d. Vf.), Duisburg (am 7.10.1977, d. Vf.), Essen (am 7.10.1977, d. Vf.) und Münster (am 7.10.1977, d. Vf.).

Der KB berichtete:

„Organisiert war diese Demonstration von KBW, KPD und KPD/ML; diese Organisationen waren denn auch, wie kaum anders zu erwarten, in Bonn ziemlich unter sich: Maximal 15 000 Menschen waren zur Demonstration gekommen - davon ca. 6 000 in den Reihen des KBW, 3.000 in den Reihen der KPD und 1 500 bei der KPD/ML…Die Organisatoren selbst bezeichnen ihren Aufmarsch in Bonn als politischen Erfolg: Die KPD spricht von annähernd 20 000 Teilnehmern und einer erfolgreichen Aktionseinheit… Die KPD/ML spricht von rund 20 000 Menschen und einem großen Erfolg… Relativ bescheiden tritt der KBW auf, der von knapp 20 000 und einem bisschen Erfolg spricht." (48)

8. Oktober 1977: In Bochum soll, laut KPD NRW und KSV eine gemeinsame Abfahrt zur Demonstration gegen die Verbotsdrohungen gegen KBW, KPD und KPD/ML in Bonn um 10 Uhr 30 ab Imbuschplatz organisiert werden. (49)

17. Oktober 1977: Der KB gab seinen „Arbeiterkampf“ (AK) Nr.115/1977 heraus. Berichtet wurde von der bundesweiten Demonstration gegen das K-Gruppenverbot am 8. Oktober 1977. Dagegen hatten sich zahlreiche Bürgerinitiativen, Komitees und Organisationen gewandt. U. a. wurden genannt: Rote Hilfe (RH), Vereinigte Linke (VL) (Köln), GIM, TLD, Komitee gegen politische Unterdrückung in beiden Teilen Deutschlands, Kommunistische Aufbaugruppe Osnabrück (KAG), KAB Saar, KABD,  KAB (Revolutionärer Weg) (RW), KG Bochum/Essen (KGB/E), Anti-Repressions-Arbeitskreis Hannover (ARAK), Arbeiterbuch Hannover, KB, Frauen gegen  Repression, SHL PH,  Spartacusbund (SpB), Ermittlungsausschuss, Russell Initiative Braunschweig, Kieler Initiative gegen Berufsverbote und politische Unterdrückung (KIBUPU), Initiative gegen politische Unterdrückung Delmenhorst -Unterstützungsgruppe zum Russell-Tribunal, Initiativgruppe gegen politische Unterdrückung Bremen, Initiative gegen Berufsverbote, politische Entlassungen und Gewerkschaftsausschlüsse an der TU Westberlin, Initiative gegen das einheitliche Polizeigesetz Westberlin, Russell-Initiative Mainz,  Mainzer Komitee gegen Berufsverbote, politische Entlassungen und Gewerkschaftsausschlüsse,  Westberliner Komitee der FRAP, Initiativgruppe Westberlin zum Polnischen Komitee zur Verteidigung der Arbeiter, Palästina-Komitees Bonn, Gießen, Siegen und Tübingen, Solidaritätskomitee Südliches Afrika Bonn. (50)

18. Oktober 1977: Der AB gab seine „Kommunistische Arbeiterzeitung“ Nr.123/1977 heraus. Eingegangen wurde u.a. auf die K-Gruppen Verbotsanträge und das eigene „KAZ“-Extrablatt dazu sowie auf den Verband Demokratischer Juristen (VDJ), der über 800 Mitglieder habe. Aufgerufen wurde auch zur Veranstaltungen zum 60.Jahrestag der Oktoberrevolution in Aachen und Bochum. (51)

18. Oktober 1977: In der JVA Stuttgart-Stammheim wurden die RAF-Mitglieder Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe tot aufgefunden. Berichtet wurde durch die die SAG, in NRW durch das KPD-RK, den KSV (Bochum), aber auch in der gesamten linken Presse. (52)

November und Dezember 1977

'Polizeischutz' für linken Buchladen oder wie der Bullenterror weitergeht (Flugblatt von 1976)
Bild vergrößern DVD, November 1977

Eine Reihe von Bochumer Gruppen (laut „AK“ ca. 1.200 Menschen, was sicherlich zu hoch gegriffen sein dürfte) kamen im November zu einer „Stammheim“-Veranstaltung in Bochum zusammen, die nach vorliegenden Informationen eine „Aktionseinheit“ bildeten, u. a. mit ESG, KB, KBW, KSV, KPD Anti-AKW Büro, Komitee innere Sicherheit. Nach den Ereignissen vom 13. bis 19. Oktober war nun Reinemachen angesagt. Ob der „Deutsche Herbst“ sich milde gestaltete? Seit dieser Zeit sind die absurdesten Theorien darüber aufgestellt worden, wie denn die Häftlinge Baader, Raspe und Ensslin ums Leben gekommen seien. Mord oder Selbstmord? Der renommierte RAF-Rechtsanwalt Pieter Bakker Schut, der seit 1975 RAF-Gegangene verteidigte, hatte die Selbstmordtheorie in seinem 1986 erschienenen Buch „Stammheim“ in Zweifel gezogen (53), was sich durchaus mit einem Teil der Linken 1977 deckte, die ebenfalls Zweifel an der Selbstmordtheorie äußerten. Hier soll allerdings die Frage nicht mehr debattiert werden. Der „Kampf gegen die politische Unterdrückung“, gegen „Isolationshaft“, gar „Folter“, wie ein Teil der Linken nach den Stammheimer-Ereignissen meinte, setzte sich über die Jahreswende 1977 weiter fort. Er war aber kein verbindendes Band, denn als „zukunftweisendes revolutionäres Modell“ hatte die RAF nun wohl endgültig ausgedient. Der Terminus der „Politischen Gefangenen“, der seinerzeit die Runde machte, war wohl nur noch als letztes Aufbäumen zu verstehen, noch einmal die „Volksfront“-Strategie zu bemühen, um neue Kollektive, Gruppen und Sympathisanten zu gewinnen (vgl. November 1977; 15. November 1977).

Die KGB/E dürfte örtlich weiter darum bemüht gewesen sein, ihre politischen Arbeitsfelder abzustecken, um zu universitären und außeruniversitären Aktionseinheiten zu kommen (vgl. 26. November 1977; Dezember 1977).

November 1977: Laut KB kamen in Bochum vermutlich im November „ca. 1 200 Menschen zu einer Stammheimveranstaltung“, zu der eine AE bestehend aus ESG, KB, KBW, KPD, dem Anti-AKW-Büro, dem Komitee innere Sicherheit, KSV und anderen aufgerufen hatte. (54)

November 1977: Die DKP Hochschulgruppe an der Ruhruniversität Bochum (RUB) gab eine Ausgabe ihrer „Roten Uni Blätter“ heraus. (55)

15. November 1977: Der KB gab seinen „Arbeiterkampf“ (AK) Nr.117/1977 heraus.

Ein Leitartikel zur RAF fordert „Schluss mit den Selbstmorden!" In einer "Erklärung des KB zu den Kölner AE-Gesprächen am 29.10. wurde vom LG des KB ausgeführt:

Wir begrüßen es, dass unter dem zunehmenden Druck der Repression, namentlich der Verbotsdrohungen gegen KBW, KPD und KPD/ML sowie den KB, das Streben nach gemeinsamen Aktionen und größerer Einheit sozialistischer und demokratischer Kräfte wächst… Wir lehnen es ab, irgendwelche Kräfte von vornherein von Gesprächen und Bündnissen auszuschließen. Daher kritisieren wir die zwischen KBW, KPD und KPD/ML vereinheitlichten 'Unvereinbarkeitsbeschlüsse' gegen die DKP und gegen die Trotzkisten… Dem Plan eines zentralen Kongresses gegen die politische Unterdrückung, wie von KBW und KPD angegeben, stehen wir äußerst skeptisch gegenüber… Grundsätzlich begrüßen wir den Gedanken einer 'Front von Demokraten, Antifaschisten, Sozialisten und Kommunisten'… Diese Front kann sich jedoch unserer Meinung nach derzeit nur auf den Kampf gegen die Repression, für die Verteidigung demokratischer Rechte usw. beziehen, und nicht auf den Sozialismus und auch nicht auf den Kampf für die 'Rechte der Arbeiterklasse und des Volkes' im Sinne des KBW."

Zum selben Thema wurde auch das gemeinsame Kommuniqué von AB und KB veröffentlicht. Folgende Gruppen haben sich mit den vom Verbot bedrohten Organisationen KB, KBW, KPD und KPD/ML solidarisch erklärt: SJD - Die Falken der SPD - Landeskonferenz Berlin, KAB Saar, GOG (Opel Bochum), Bezirksverband der GEW Berlin-Kreuzberg, Jugendvertretung des Auguste-Viktoria-Krankenhauses (AVK - ÖTV-Bereich) Berlin, ÖTV-Betriebsgruppe Krankenhaus Berlin-Neukölln, BI Aktion Umwelt Mülheim, AK gegen Atomkraftwerke (AKW) Herne, Initiativgruppe gegen Atomanlagen Leverkusen, BI für Umweltschutz Tübingen,  BI Niederrhein Krefeld, Radioaktiv Mannheim, BI Freiburg gegen Kernenergieanlagen, AK gegen Atomenergie Göttingen, AK gegen Atomenergie Hannoversch Münden, BI gegen Atomanlagen Gelsenkirchen, Institutsgruppen der Uni München, Studentenrat der TU München, Koordinationstreffen aller Liberaler Hochschulverband (LHV) Gruppen Hamburg, Fachschaft für allgemeine Verfahrenstechnik der FHS Köln, FSR Germanistik der TU Hannover, FSR Chemie der TU Braunschweig, AStA der Evangelischen Fachhochschule Freiburg, Jugendvertretung der TU (ÖTV-Bereich) Braunschweig, Landesastenkonferenz (LAK) Baden Württemberg, Studentenparlament der PH Dortmund, Russell Initiative Nürnberg,  Jugendzentrum.  Aus NRW wird berichtet von Stammheimveranstaltungen in Bielefeld, Bochum und Essen und der NPD in Dortmund. (56)

26. November 1977: In Bochum beginnt die zweitägige 5. ordentliche Mitgliederversammlung der Kommunistischen Gruppe Bochum/Essen. Vom Zentralen Ausschuss (ZA) lag ein Rechenschaftsbericht vor. U.a. wurde auch über „Fehler in der Tarifrunde" diskutiert:

„Wir meinen, dass die GOG diese Aufgaben (Belegschaftsforderungen aufstellen, d. Vf.) in diesem Jahr nur halbherzig bis gar nicht angegangen ist, dass ihre Agitation nicht dazu geeignet war, gegen Resignation anzukämpfen, sondern sie eher schürte. Im Mittelpunkt der Diskussionen standen weiter:

Vor allem wird auch „die Vorstellung über den Begriff 'Weiterentwicklung' des ML zur Theorie über die Unterdrückung der Frau" diskutiert:

„Weiterentwicklung bedeutet vor allem die Berücksichtigung von neueren Materialien zu dieser Frage seit Engels und Lenin. Die fehlende systematische Weiterarbeit an dieser Frage durch die kommunistische Bewegung seit August Bebel macht eine…solche Weiterentwicklung notwendig. Eine wesentliche Kritik von einigen auf der MV ... war die stillschweigende Annahme der prinzipiellen Richtigkeit der bisher gemachten Ansätze Engels und Lenins zur Theorie der Unterdrückung der Frau. Es wurde die Auffassung vertreten, dass schon damals schwerwiegende Fehler von Lenin und Engels in der Frage der Unterdrückung der Frau gemacht worden seien, die auch heute noch die Grundlagen für die aktuellen Fehler der Kommunisten heute seien, die ML Theorie müsse in seiner Entwicklung gesehen werden und die Grundlagen sind daher nicht notwendigerweise fehlerfrei." Auch wurde über die weitere Arbeit an der Klassenanalyse diskutiert. (57)

Dezember 1977: Resolution des Zentralen Ausschusses (ZA) der Kommunistischen Gruppe Bochum/Essen (KGB/E) zur „Politik der Aktionseinheit und dem Kampf um die Einheit der Marxisten-Leninisten“ am Ort. Danach sieht die KGB/E die Möglichkeit „zu einer gemeinsamen Kampffront gegen die verschärften Angriffe der Bourgeoisie auf Arbeiterklasse und Volk". "Grundlage einer solchen breiten Aktionseinheit müssen gemeinsame Aktionsforderungen sein für Rechte der Arbeiterklasse und des Volkes und gegen die Angriffe der Bourgeoisie." Begrüßt wurde der Vorschlag von KBW und KPD. Weiter hieß es:

„Wir legen das Schwergewicht unserer Politik in diesem Punkt darauf, örtlich möglichst breite Kräfte auf einer Grundlage im dargelegten Sinne zusammenzuschließen." Mit dieser "breiten Aktionseinheit" ließe sich aber "die Einheit der Marxisten-Leninisten in einer Partei ... nicht herstellen". Eine solche "Einheitsfront ... wird letztlich scheitern, wenn es nicht gelingt, die Einheit der Kommunisten auf der Grundlage eines ML Programms  herzustellen". (58)

Kleine Chronik der RAF 1977

10. Januar 1977Der leitende Richter Prinzing muss wegen Weitergabe von vertraulichen Akten seinen Posten abgeben.
8. Februar 1977Brigitte Monhaupt wird aus der Haft entlassen.
29. März - 30. April 19774. kollektiver Hungerstreik.
7. April 1977Generalbundesanwalt Siegfried Buback wird ermordet.
28. April 1977Prozessende - Andreas Baader, Gudrun Ensslin, und Jan-Carl Raspe werden zu lebenslänglicher Haft verurteilt.
3. Mai 1977Günter Sonnenberg und Verena Becker werden verhaftet.
2. Juni 1977Manfred Grashof und Klaus Jünschke werden zu lebenslänglicher und Wolfgang Grundmann zu vier Jahren Haft verurteilt.
20 Juli 1977Lutz Taufer, Bernd Rössner, Karl-Heinz Dellwo und Hanna Krabbe werden zu je zweimal lebenslänglich verurteilt.
30. Juli 1977Der Bankier Jürgen Ponto wird erschossen.
25. August 1977Der Versuch die Bundesanwaltschaft zu beschießen scheitert.
9. August - 2. September 19775. kollektiver Hungerstreik.
5. September 1977Der Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer wird entführt.
22. September 1977Knut Folkerts wird in Utrecht (NL) festgenommen, dabei wird ein Polizist erschossen.
13. Oktober 1977Die Lufthansamaschine "Landshut" wird entführt.
16. Oktober 1977Der Pilot der "Landshut" wird erschossen.
18. Oktober 1977Die Geiseln an Bord der "Landshut" werden durch die GSG9 befreit. Andreas Baader, Jan-Carl Raspe und Gudrun Ensslin begehen Selbstmord.
19. Oktober 1977Hanns-Martin Schleyer wird erschossen.
11. November 1977Christoph Wackernagel und Gert Schneider werden festgenommen.
12. November 1977Ingrid Schubert wird erhängt in ihre Zelle in München-Stadelheim aufgefunden.
28. Dezember 1977Verena Becker wird zu lebenslanger Haft verurteilt.

Quelle: www.raf-info.de

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