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[ Anmerkungen ] [ Abkürzungen ] [ Kurze Chronik Guatemalas (1954-2004) ]
Karl Graf von Spreti wurde am 21. Mai 1907 (in Kapfing bei Landshut) geboren, während seines Dienstes am 31. März 1970 vermutlich von linksgerichteten Rebellen der „FAR“ (Bewaffnete Revolutionäre Streitkräfte) in Guatemala-City entführt und am 5. April 1970 ermordet.
Spreti studierte nach seiner humanistischen Ausbildung in München ab 1930 Architektur an der TU München, später in Ulm und Berlin, und war nach Abschluss seiner Ausbildung als freier Filmarchitekt tätig, zeitweise (1935-1938) in Bombay, Indien. 1939-1940 nahm er am zweiten Weltkrieg teil. Nach einer erneuten Einberufung (1944) geriet er ein Jahr später in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Danach war er als Architekt in Lindau (Bodensee) tätig.
Nach dem Zweiten Weltkrieg schloss sich Spreti, der vormals der Bayerischen Volkspartei zugehörig war, 1945 der CSU an, und war an deren Gründung maßgeblich beteiligt. Spreti wurde zum Kreisvorsitzenden der CSU in Lindau gewählt; seit 1948 saß er für sie im Stadtrat. Bei den Wahlen vom 14. August 1949 wurde Karl Graf von Spreti Mitglied des ersten Deutschen Bundestages. Zusätzlich war er ständiger Vertreter der CDU/CSU bei der „Nouvelle Equipe Internationale“ (Vereinigung der Christlichen Parteien Europas).
Auch im Zweiten Deutschen Bundestag vom 6. September 1953 bekam Spreti einen Sitz. 1953-1956 war er auch Delegierter im Europarat in Straßburg. Ab 1956 wurde er als Diplomat in den Auswärtigen Dienst berufen; Anfang Februar 1956 als Botschafter in das Großherzogtum Luxemburg entsandt. Ab 1959 verließ er Luxemburg nach fast dreijähriger Tätigkeit, legte sein Mandat im Bundestag nieder und ging im Spätherbst 1959 nach Kuba. Er verließ Kuba, als die BRD-Regierung im Januar 1963 wegen der Anerkennung der DDR die diplomatischen Beziehungen zu Kuba abbrach. Spreti wurde Botschafter im Königreich Jordanien. Nach Abbruch der diplomatischen Beziehungen durch Jordanien (u. a. wegen der Israelfrage) kehrte er im Mai 1965 in die BRD zurück.
Ab Mitte Dezember 1966 erteilte die Regierung der Dominikanischen Republik Karl Graf von Spreti das Agrément als Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Santo Domingo. Seit Ende 1968 vertrat er die BRD in Guatemala. Spreti wurde am 31. März 1970 auf offener Straße in der Nähe seiner Residenz in Guatemala City vermutlich von Angehörigen der linksextremen Gruppe „FAR“ (Bewaffnete Revolutionäre Streitkräfte) mit seinem Auto angehalten und entführt - und nach fünftätiger Gefangenschaft ermordet.
Die Entführung und die sich anschließende Ermordung Spretis erinnern an den Film „Der unsichtbaren Aufstand“ (Regie: Constantin Costa-Gavras, 1972), der auf dem realen Fall des Amerikaners Daniel Mitrione basiert, der Anfang der 1970er Jahre in Uruguay von der Guerilla Gruppe „Tupamaros“ entführt und schließlich ermordet worden war. Allerdings lagen bei Graf von Spreti die Fakten anders. Die guatemaltekische Regierung, gegen die sich die Aktionen der „FAR“ richteten, pokerte hoch um die Freilassung des Grafen: Eine hohe Lösegeldforderung für ihn war im Gespräch, ebenso die Freilassung einer Anzahl gefangener FAR-Leute.
Mendez Montenegro, der damalige Präsident Guatemalas, stand zum Ende seiner Amtszeit relativ allein da und war gegenüber dem diktatorischen Militär und den rechtsgerichteten Offizieren der Femegruppe, der reichen Oberschicht und vor allem gegenüber Oberst Arana Osorio, der zwar erst am 1. Juli 1970 das Präsidentenamt übernahm, aber zum damaligen Zeitpunkt bereits zum bestimmenden Faktor im Land geworden war, eindeutig ins Hintertreffen geraten.
Es war möglich, dass die „FAR“ mit der Entführung Spretis gegen Arana zielte - weniger gegen Mendez. Vor allem Aranas rücksichtslose Haltung und seine Unterstützung der rechtsgerichteten Offiziere, die auf eine Vernichtung der Rebellen aus waren, führten letztlich zum tragischen Ausgang der Ereignisse. Die Entführer verlängerten seinerzeit zweimal die Gnadenfrist für Spreti. Nach Gesprächen mit dem Apostolischen Nuntius im Guatemala wurde die Lösegeldforderung noch einmal hochgeschraubt. Der deutsche Sonderbotschafter Hoppe, der sich im Auftrag der Bundesregierung um die Freilassung des Diplomaten bemühte, hatte leider keinen Erfolg mehr. Nach 5 Tagen Gefangenschaft, vermutlich kurz vor Mitternacht des 5. April 1970, wurde Graf von Spreti von seinen Entführern nach einem letzten Ultimatum ermordet. Man fand ihn am Morgen des 6. April in einer Hütte in San Pedro, 17 km von Guatemala City, mit zwei Kopfschüssen tot auf.
Der damalige BRD-Außenminister Walter Scheel, der sich nach von Spretis Tod nach Guatemala begab, musste sich Vorwürfe anhören, sich nicht wirksam und entschlossen für die Freilassung Spretis eingesetzt zu haben. Von der BRD-Regierung wurde damals eine Dokumentation des Falles vorgelegt, aus der aber keine neuen Erkenntnisse gewonnen werden konnten. Karl Graf von Spreti wurde posthum mit guatemaltekischen und deutschen Orden ausgezeichnet, nach Deutschland überführt und in seiner Heimat Kapfing beigesetzt.
In den Ausgaben Nr. 58 (9.4.1970) und 59 (23.4.1970) der „Bochumer Studentenzeitung“ (BSZ) veröffentlichten die damaligen BSZ-Redakteure Klaus Dillmann, Norbert Otte und Jörg Reimann Artikel zu Karl Graf von Spreti, in denen sie sich mit den Aktionen der „FAR“ „solidarisch“ erklärten. Die Bochumer politische Polizei stellte im Mai 1970 zunächst „wegen öffentlicher Billigung eines Totschlags“ gegen Klaus Dillmann, Norbert Otte und Jörg Reimann Strafanzeige. Am 14. Oktober 1971 wurde gegen die Ablehnung der Eröffnung des Verfahrens durch das Schöffengericht Bochum vom zuständigen Staatsanwalt Beschwerde eingelegt. Das Hauptverfahren wurde in Bochum am 17. Dezember 1971 eröffnet. Am 18. Mai 1972 wurden die Redakteure in erster Instanz freigesprochen.
Am 30. August 1973 sollte in Bochum weiterverhandelt werden. Der Prozess wurde jedoch vertagt, da das Gericht noch einen Beamten des Auswärtigen Amtes vorladen wollte. Die Berufungsverhandlung fand dort am 20. September 1973 statt. Das Urteil gegen Klaus Dillmann, dem als „Rädelsführer“ wegen seiner Beteiligung an den Dortmunder Rote-Punkt-Aktionen bereits am 2. Juni 1971 eine Anklageschrift von der Dortmunder Staatsanwaltschaft zuging (vgl. Dietmar Kesten: „Der Rote Punkt Prozess gegen Klaus Dillmann, Juni 1971-September 1974“), wurde am 24.9.1973 das Urteil gesprochen: 4 Monate Freiheitsstrafe „wegen öffentlicher Billigung eines Totschlags“. Die Strafe wurde auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt.
Der so genannte „Spreti-Prozess“ sorgte damals für einiges Aufsehen, weil die Mehrheit in der „BSZ“-Redaktion mit Vertretern des Sozialistisch Deutschen Studentenbundes/Marxisten-Leninisten (SDS/ML) besetzt war, einige Redakteure ihm angehörten, und es den Anschein hatte, als wolle zunächst die Bochumer Staatsanwalt, später die Dortmunder (im Rahmen des RP-Prozesses), ein Exempel statuieren. So interpretierte die KPD/ML (Zentralbüro und Zentralkomitee) am 17. Mai 1972 die Anklage gegen Klaus Dillmann u. a. als „Schlag gegen den SDS bzw. die KPD/ML“ und als „Beginn der Verbotsdrohungen gegen die marxistisch-leninistische Bewegung“.
Im Folgenden wollen wir relevante Daten zum Prozess, beginnend mit dem Jahr 1970, zusammenstellen sowie den Prozess und seinen Ausgang dokumentieren. Dabei haben wir die persönlichen Berichte von Klaus Dillmann (u. a. seine Verteidigungsrede vom 20. September 1973 und die Begründung des Gerichts für das Urteil vom 24.9.1973), die er damals angefertigte, berücksichtigt sowie Stellungnahmen der beiden KPD/ML-Organisationen und der Roten Hilfe (Dortmund und Bochum). Letztere gaben auch eine Einschätzung der damaligen politischen Lage in Guatemala ab, die von uns nicht weiter kommentiert werden soll. Der „Fall Spreti“ ist aus einer größeren Arbeit über die RUB herausgelöst. In einem zweiten Strang wollen wir dann alle Daten zu Guatemala aus der Datenbank Mao veröffentlichen. Sie könnten zu einem besseren Verständnis des „Spreti-Prozess“ beitragen. Dem 1. Teil der Arbeit ist auch eine „Chronik“ über den zentralamerikanischen Staat (1954-2004) angehängt.
31. März 1970: Laut Landgericht Bochum wurde an diesem Tag der deutsche Botschafter in Guatemala, Graf von Spreti, „auf der Fahrt zu seiner Residenz von mehreren mit Maschinenpistolen bewaffneten Männern, die mit zwei Fahrzeugen den Weg des Botschafters blockierten, entführt“.
Mit der Entführung Spretis befasste sich auch der deutsche Bundestag in seiner Sitzung vom 13.3.1975. (1)
1. April 1970: Laut Landgericht Bochum erhält die deutsche Botschaft in Guatemala „... auf einer Visitenkarte des Botschafters ein erstes Lebenszeichen des Entführten; auf der Visitenkarte war handschriftlich mitgeteilt, dass er sich in den Händen der Fuerzas Armados Rebeldes (FAR) befinde, es ihm wohl gehe und er auf seine baldige Rückkehr hoffe". Gleichzeitig werden die Entführungsgründe und die Bedingungen für die Freilassung von Spreti bekanntgegeben:
„Danach soll die Entführung erfolgt sein, weil der Botschafter auf intellektueller und exekutiver Ebene ein Element gewesen sei, das die imperialistische Politik verwirklicht habe, durch die viele Völker in Elend und Rückständigkeit gehalten und in Aggressionskriege geführt worden seien.
Die Freilassungsbedingungen lauteten:
1. Freilassung von 16 namentlich aufgeführten Verhafteten Guerilleros und Übergabe an die mexikanische Botschaft unter Zusicherung freien Geleits;
2. Einstellung der Repression gegen die FAR und das guatemaltekische Volk;
3. Die genannten Bedingungen sind innerhalb kurzer Frist zu erfüllen. Im negativen Falle wird Botschafter von Spreti 'exekutiert'.“ (2)
4. April 1970: Laut Landgericht Bochum wurden bis zu diesem Tag die Forderungen der guatemaltekischen FAR bezüglich der Freilassung von Spreti präzisiert. Danach wird „die Freilassung von 22 Personen sowie die Zahlung von 700 000 Dollar verlangt“, sowie eine 48-Stunden-Frist bis heute gesetzt. Gleichzeitig erhält die deutsche Botschaft in Guatemala noch an diesem Tag weitere Lebenszeichen des Botschafters (Briefe und ein Telefonbandgespräch mit einem der Entführer). (3)
4. April 1970: Die Die Aktion Lateinamerika (ALA) Freiburg berichtete aus Guatemala über rechte Terrorakte:
„Die zweite Terrorwelle begann im April 1970 unmittelbar nach der Entführung und dem Tod des deutschen Botschafters Karl von Spreti durch die FAR. Dieses hatte eine von der Gruppe 'Auge um Auge' ausgeführte Terroraktion zur Folge. Diese Welle dauerte kaum mehr als zwei Monate, und die Zahl der Opfer war geringer. Es gab jedoch Ermordungen von Bedeutung z.B. die des Dichters und Reporters Julio Cesar de la Roca in Quezaltenango und die des Professors Justo Rufino Cabrera in Guatemala City. Die Intensität dieser Terrorwelle war gering, da im Gegensatz zum vorigen Male die Reaktion der öffentlichen Meinung gegen den Terror mit der Anzahl der Opfer zunahm. Dies ist besonders der 'Bewegung gegen die Gewalt', die die St.-Karls-Universität gründete, zu verdanken. Die bereits erwähnten Fälle - der Tod von Cabrera und das Massaker von San Jose Chaparron - sorgten dafür, dass sich der Widerstand gegen die Gewalt in eine Herausforderung verwandelte.“ (4)
5. April 1970: Laut Landgericht Bochum wurde die deutsche Botschaft in Guatemala „durch einen Leichenbestatter dahin unterrichtet, dass eine Leiche gefunden sei, bei der es sich vermutlich um den Botschafter handele. Der Geschäftsträger der Botschaft hat sich daraufhin zu dem angegebenen Fundort begeben und den erschossenen Botschafter identifiziert“.
In der BRD befasste sich mit diesem Fall u.a. in NRW die „Bochumer Studentenzeitung“ (BSZ) des AStA der Ruhruniversität Bochum. Berichtet wurde auch durch die Aktion Lateinamerika (ALA) Freiburg, vor allem über die einsetzende Terrorwelle. (5)
9. April 1970: In der „Bochumer Studenten Zeitung“ Nr.58/1970 veröffentlichen zwei „BSZ“-Redakteure, Klaus Dillmann und Norbert Otte, den Artikel: „Zum Fall Spreti“. Ausgeführt wurde:
„Uns erscheint es sehr wahrscheinlich, dass das guatemaltekische Regime der Forderung der Revolutionäre nicht entsprochen hat, weil es deren Kampfgenossen schon längst umgebracht hat. Die Guerilleros haben ihre Drohung wahrgemacht und den Grafen Spreti erschossen. Schon einmal ist ein Bonner Geschäftsträger vom Vietkong erschossen worden. Wir wissen bis heute noch nicht, welche Rolle er in Saigon (in Südvietnam, d. Vf.) gespielt hat.
Der Fall Spreti ist gewiss ein tragischer Fall. Wir wollen hier den Leser nicht mit Gefühlsduselei belasten und seine moralische Empörung steigern. Die Massenmedien tun es und werden es zu gegebenen Anlässen weiterhin tun. Erfahrungsgemäß ruft die Ermordung einzelner (Privilegierter) mehr Empörung hervor, als die Ermordung ganzer Völker. Dieser Fall und viele andere Fälle sollten uns zu denken geben, wieso und warum die Unterdrückten zwangsläufig zu solchen Methoden greifen. Tatsache ist es, dass die Empörung der herrschenden Klasse und ihrer Handlanger von der Presse umso stärker sich äußert, je effektiver und wirkungsvoller die Methoden sind, die die Unterdrückten entwickeln. Wir vergießen keine Krokodilstränen. Von Seiten der Guerilleros und für die Widerstandsbewegung in Lateinamerika war es eine Notwendigkeit, die Drohung wahrzumachen.“ (6)
23. April 1970: In der „Bochumer Studenten Zeitung“ Nr. 59/1970 erschien auch eine Leserzuschrift von Michael Strake auf den Artikel „Zum Fall Spreti“ aus der Ausgabe 58/1970. Dort hieß es:
„Betrifft: Artikel zum Fall Spreti in BSZ Nr.58. Ich habe mich sehr gewundert, dass Sie ihr Ziel, Verständnis für die Widerstandsbewegung in Guatemala, mit Hilfe eines so schlecht geschriebenen Artikels erreichen wollen (Den ersten Satz musste ich dreimal lesen, um ihn zu lesen. Was der Bonner Geschäftsträger in Saigon in dem Artikel zu suchen hat, ist mir auch nicht klar geworden. Und aus welchem Grunde wollen Sie meine moralische Empörung nicht steigern?) Was mich aber entsetzte, waren die Worte 'zwangsläufig' und 'Notwendigkeit', wieso und warum die Unterdrückten „zwangsläufig“ zu solchen Methoden greifen. Ich verlange von Ihnen eine Darstellung der moralischen und politischen Grundsätze, die nach Ihrer Meinung diese für mich ungeheuerlichen Sätze rechtfertigen... Als Anlage sende ich Ihnen einen Artikel aus Publik, der das gleiche Thema mit ähnlicher Intention behandelt, vielleicht etwas zu vorsichtig, dafür aber mit einem klaren Gedankengang (es handelt dabei um den Artikel 'Die zwei Seiten eines Mordes' von Friedhelm Merz, nachzulesen in Publik Nr.15 vom 10.4.1970).“
Die „BSZ“-Redaktion antwortete darauf:
„Anmerkung der Redaktion:
„Wir brauchen unserem Artikel nur folgendes hinzuzufügen: Die BRD ist voll integriert in die imperialistische Globalstrategie der USA, und die Konkurrenz der Imperialisten untereinander ist nur EINE Seite des imperialistischen Systems: Man teilt auf und herrscht. Demzufolge müssen die unterdrückten Völker der dritten Welt - von Vietnam bis Guatemala - im westdeutschen Imperialismus ebenso ihren Feind sehen wie im US-Imperialismus. Die Herren Botschafter - und seien sie noch so lieb und nett - sind Agenten des Imperialismus und daher Feinde des Volkes. Ein Volk, das um seine Befreiung kämpft, muss seine Feinde schlagen. Es ist wirklich nicht so wichtig für das Volk von Guatemala, ob dieser Feind ein Landgraf aus Bayern oder ein Baron aus Paris ist. In der bürgerlichen Presse wird das Volk immer anonym gehalten und an der Prominenz geilt sich die Sentimentalität auf.“ (7)
Mai 1970: Laut einem Papier der KPD/ML-ZB zum Spreti-Prozess stellte das Bochumer K14 (politische Polizei) Strafanzeige aufgrund Paragraphen 140, 138 StGB und Paragraph 21, 2 des Pressegesetzes NRW gegen die Verfasser der Artikel der „BSZ“ vom 9.4.1970 und 23.4.1970, aus denen hervorgeht, dass sie sich mit der Aktion der Guerilleros in Guatemala (Erschießung des deutschen Botschafters Graf Spreti) solidarisch erklären. Anzeige wird auch gegen Klaus Dillmann (Mitautor und späterer Angeklagter im Dortmunder Roter-Punkt-Prozess, wobei wichtig erscheint, dass in späteren Verfahren gegen ihn die Verurteilung im Spreti-Prozess hinzugezogen wurde) erstattet
Die KPD/ML-Zentralbüro führte später (am 20.5.1972) zum Prozess aus:
„Aus dieser Anzeige wurde schon klar, dass es um einen Schlag damals gegen den SDS bzw. die KPD/ML gehen sollte. Dafür spricht die ausführliche Begründung, dafür spricht das Mitliefern der Personalien der Genossen, dafür spricht, dass in den Akten steht: „Der Inhalt dürfte zweifelsohne dem Gesamterscheinungsbild nach der Redaktion der BSZ zuzuschreiben sein.“ Man hat sich also vorher schon öfter mit der BSZ beschäftigt, dafür spricht weiter, dass behauptet wird, dass der Personenkreis teilweise dem SDS, teilweise der KPD/ML zugehört, polizeilichen Vorladungen keine Folge leistet.“ (8)
11. Mai 1970: Die Rote Opel-Betriebsgruppe der KPD/ML bzw. später KPD/ML-ZK Bochum berichtete auch in der heute erscheinenden „Zündkerze“ für Opel-Bochum über die Strafanzeige gegen BSZ-Redakteure. (9)
14. Oktober 1971:Laut einem Papier der KPD/ML-ZB zum Spreti-Prozess bzgl. Guatemalas legte Staatsanwalt Engwitz gegen die Ablehnung der Eröffnung des Verfahrens durch das Schöffengericht Bochum Beschwerde wegen Rechtsfehlern ein. (10)
17. Mai 1972: Laut KPD/ML-ZB erschien heute ein gemeinsames Flugblatt von KPD/ML-ZB und KPD/ML-ZK mit zwei Seiten DIN A 4 unter Verantwortung von Norbert Osswald, das in Bochum an der Uni (RUB) und im IGM-Bereich bei Opel und Krupp Bochumer Verein verteilt wird. Laut Klaus Dillmann wird das Flugblatt von ihm selbst erst in der Nacht vor dem Prozess verfasst. Das Flugblatt lautete:
„KOMMUNISTEN-PROZESS IN BOCHUM! Am DONNERSTAG, DEN 18. MAI UM 11 UHR 30 findet im Amtsgericht Bochum, Husemannplatz, Zimmer 132, ein politischer Prozess statt. Worum geht es? Den Beschuldigten wird vorgeworfen, 'gemeinschaftlich handelnd einen Mord 'öffentlich gebilligt'' zu haben (Höchststrafe nach Paragraph 140 StGB: 5 Jahre), und zwar als Redakteure der Bochumer Studentenzeitung (BSZ), in der im April 1970 (vgl. 9.4.1970, 23.4.1970, d. Vf.) Stellung genommen wird zur Erschießung des westdeutschen Botschafters in Guatemala, Graf Spreti durch Guatemalas Volksbefreiungskämpfer. Spreti war von den Revolutionären als Geisel festgenommen und erschossen worden, weil das von den US-Imperialisten eingesetzte Militärregime auf die Bedingung, namentlich genannte Freiheitskämpfer gegen ihn auszutauschen, nicht eingegangen war. ANZEIGE ERSTATTET HATTE vorher 'von Amts wegen' DIE POLITISCHE POLIZEI (K14), die besonders darauf hinwies, DASS ES SICH bei den Redakteuren UM ZUGEHÖRIGE DES SDS UND DER KPD/ML HANDELT. Daran zeigt sich, worum es geht.
Es geht nicht bloß um diese Artikel, sondern es geht darum, die revolutionären Kräfte in Westdeutschland in den Griff zu bekommen. Die Entwicklung des Klassenkampfes in der Welt und auch hier hat die Kapitalistenklasse erschreckt. Darum setzen sie ihre Büttel in Bewegung, in diesem Fall die Rechtsabteilung ihres imperialistischen Staates in Form eines leitenden Oberstaatsanwaltes, Engwitz, der sich normalerweise' nur mit SCHWERVERBRECHERN befasst.
Der Prozess steht in einer Reihe mit weiteren Prozessen gegen die Marxisten- Leninisten, die sich in letzter Zeit häufen: So wurden 7 Kommunisten der KPD/ML-ROTER MORGEN, in München, der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit schwerem Raub bezichtigt, weil sie einen Verfassungsschutzagenten in ihren Reihen entlarvt hatten und von ihm unterschlagene Parteigelder nachdrücklich zurückforderten. Die bürgerliche Presse diffamierte sie eiligst als 'Räuberbande der KPD/ML', noch im Gerichtssaal erwies sich die völlige Haltlosigkeit der Anklage.
So wurde in HERNE gegen den Herausgeber der ROTEN FAHNE, Zentralorgan der KPD/ML-ROTE FAHNE, ein Prozess angestrengt, weil in der ROTEN FAHNE Strauß als Oberfaschist bezeichnet worden war. Die Klassenjustiz musste erst STRAUSS darum BEMÜHEN, seine 'Beleidigung' zur Kenntnis zu nehmen. So wurde ein Marxist-Leninist in DORTMUND verurteilt, weil er für ein Flugblatt verantwortlich zeichnete, worin der Spitzeleinsatz und die Prügelei von gefangenen Demonstranten der Rote-Punkt-Aktionen durch Polizei als Gestapo-Methoden gebrandmarkt wurden.
In diese Reihe gehört der Spreti-Prozess! Hierin soll, wie in einem gerichtlichen Gutachten ausgeführt wird, 'die Stellungnahme zu Vorgängen in Ländern mit bürgerkriegsähnlichen oder revolutionären Situationen unmöglich' gemacht werden, 'sobald daraus ein Schluss auf einzelne Fälle von Totschlag o.ä. gezogen werden könnte'. Es wäre demnach verboten, z.B. den Völkermord des US-Imperialismus in Vietnam anzuprangern und Partei für die Volksbefreiungsstreitkräfte zu ergreifen, sobald daraus ein Schluss... Dem herrschenden Monopolkapital war schon immer der proletarische Internationalismus, die Solidarität mit den unterdrückten Völkern ein Dorn im Auge. So schoss ihre Polizei bei einer Demonstration gegen den Schah von Persien, einen Studenten über den Haufen. So verbot ihr Staat den Heidelberger SDS, weil dieser gegen die 'Entwicklungshilfe' der Herren McNamara und Eppler eine Demonstration durchgeführt hatte.
PROLETARISCHER INTERNATIONALISMUS HEISST: Die Proletarier aller Länder und die unterdrückten Völker vereinigen sich! Proletarischer Internationalismus der Tat aber wird die Todesstunde des Imperialismus sein. Daher muss der Imperialismus den gemeinsamen Kampf der Völker nach Kräften unterbinden und fängt daher schon bei der Propaganda an. Wie schon der ROTE-FAHNE-Prozess zeigt, wird auch im Spreti-Prozess ein Verbot der marxistisch-leninistischen Presse vorbereitet. Dieser Schlag soll die ganze marxistisch-leninistische Bewegung treffen! Der einzig mögliche Weg Ausbeutung und Unterdrückung für immer abzuschaffen, nämlich der gewaltsame Sturz des kapitalistischen Staates und die Errichtung der Herrschaft der Arbeiterklasse und Bauern, der Diktatur des Proletariats, soll nicht mehr propagiert werden dürfen.
Den Herren reicht es aber nicht mehr 'Gewalttäter' wie Angehörige der Baader- Meinhof-Gruppe (RAF, d. Vf.) zu erschießen, Brandt erklärt, auch 'Gewaltprediger dürften nicht auf einen 'schlappen' Staat hoffen. Bundesjustizminister Jahn möchte ein Gesetz durchbringen, wonach 'ÖFFENTLICHE VERHERRLICHUNG VON GEWALTTATEN' künftig mit wenigstens einem Jahr Gefängnis bestraft werden soll. GEGEN DIESE VERSUCHE, FORTSCHRITTLICHE KRÄFTE ZU UNTERDRÜCKEN, die den Befreiungskampf der Völker gegen den Imperialismus unterstützen, die den Befreiungskampf der Völker gegen den Imperialismus unterstützen und die Bourgeoisie im eigenen Land bekämpfen, MÜSSEN WIR DEN KAMPF AUFNEHMEN!
KAMPF DER KRIMINALISIERUNG DER MARXISTISCH-LENINISTISCHEN PRESSEARBEIT! KAMPF DER VERBOTSDROHUNG GEGEN DIE MARXISTISCH-LENINISTISCHE BEWEGUNG! KAMPF DER UNTERDRÜCKUNG DES PROLETARISCHEN INTERNATIONALISMUS! FREIHEIT FÜR DIE MARXISTEN-LENINISTEN UND IHRE PRESSE!“ (11)
18. Mai 1972:Vom Amtsgericht Bochum wurden die Angeklagten Klaus Dillmann (ebenfalls angeklagt im Dortmunder Roter-Punkt-Prozess), Norbert Otte und Jörg Reimann im sog. 'Spreti-Prozess' 'wegen Billigung eines Mordes' freigesprochen. In der Begründung für das Urteil heißt es dementsprechend:
„I. Die Angeklagten und der anderweitig verfolgte Hamid Sadik SALMAN sind Studenten der Ruhr-Universität in Bochum und nach dem Impressum verantwortliche Redakteure der 'Bochumer Studentenzeitung' (BSZ), eines periodisch erscheinenden Presseorgans des Vorstandes der Studentenschaft an der Ruhr-Universität. In der Ausgabe Nr.58 der BSZ vom 9.4.1970 erschien folgender Artikel, der sich mit der Ermordung des Botschafters der Bundesrepublik Deutschland in Guatemala, Graf Spreti, befasst...
In der Nummer 59 der BSZ vom 23.4.1970 veröffentlichten die Angeklagten unter der Rubrik 'Die BSZ-Leser schreiben - Die Redaktion antwortet' den Brief eines Lesers zum Artikel 'Zum Fall Spreti' in der BSZ Nr.58, in dem sich der Leser kritisch mit dem Artikel auseinandersetzt und der mit dem Satz endet: 'Ich verlange von Ihnen eine Darstellung der moralischen und politischen Grundsätze, die nach Ihrer Meinung diese für mich ungeheuerlichen Sätze rechtfertigen'. Die Angeklagten antworteten unmittelbar anschließend auf die Leserzuschrift in einer von den Angeklagten Dillmann und Otte verfassten 'Anmerkung der Redaktion', die auch dem Angeklagten Reimann vor Drucklegung bekannt war:
Die Angeklagten sind der Ansicht: Die Tötung des Grafen Spreti stelle einen Notwehrakt des guatemaltekischen Volkes dar, der zur Durchführung der sozialistischen Revolution notwendig gewesen sei. Ob er gerechtfertigt sei oder nicht, darüber entscheide der Erfolg der sozialistischen Volksbewegung in Guatemala. Der Angeklagte Reimann meint, ein derartiges Verhalten sei für die deutschen Verhältnisse nicht zu billigen. Die Angeklagten lassen sich dahin ein, wer von ihnen den Artikel 'Zum Fall Spreti' geschrieben habe, wüssten sie nicht und könnten sie heute auch nicht mehr feststellen. Die Staatsanwaltschaft ist der Ansicht, die Angeklagten hätten sich durch die Veröffentlichung des Artikels 'Zum Fall Spreti' in Nummer 58 der BSZ und der Anmerkung der Redaktion in Nr.59 der BSZ nach den Paragraphen 140 in Verbindung mit 138, 47 StGB, 21 Abs. U oder II des Pressegesetzes für das Land NRW vom 24.5.1966 strafbar gemacht.
II. Die Angeklagten waren freizusprechen. Sie haben sich weder durch die Veröffentlichung des Artikels 'Zum Fall Spreti' in Nummer 58 der BSZ noch durch die Veröffentlichung der Anmerkung der Redaktion in Nummer 59 der BSZ nach den genannten Bestimmungen strafbar gemacht. 1.) Der Artikel 'Zum Fall Spreti' erfüllt schon objektiv nicht den Tatbestand des Paragraphen 140 StGB. Die Angeklagten haben in dem Artikel die Ermordung oder Tötung des Grafen Spreti nicht öffentlich gebilligt. Das Verbrechen billigt, wer seine Zustimmung dazu kundgibt, dass die Tat begangen worden ist, und sich damit moralisch hinter die Täter stellt (BGH-St. 22/282). Eine derartige Zustimmung muss aus sich heraus verständlich sein und als Zustimmung unmittelbar ohne Deuteln oder Rückschlüsse erkannt werden können (BGH-St. 22, 282, 287).
Eine solche Zustimmung zur Ermordung oder Tötung des Grafen Spreti ist dem Artikel 'Zum Fall Spreti' jedoch nicht zu entnehmen. Zwar lautet der letzte Satz dieses Artikels; von Seiten der Guerilleros und für die Widerstandsbewegung in Lateinamerika sei es notwendig gewesen, die Drohungen wahrzumachen, also den Botschafter zu erschießen. Diesem Satz kann jedoch keine eindeutige Billigung der Tat entnommen werden, auch wenn es vorher in schnodderigem Ton heißt: 'Wir vergießen keine Krokodilstränen'. Die gesamte Notiz muss nämlich im Zusammenhang gelesen werden. Man kann nicht lediglich die beiden zitierten Sätze herausgreifen, die allerdings auf den ersten Blick als eine Billigung der Ermordung oder Tötung des Grafen Spreti aufgefasst werden könnten. Wenn man jedoch die beiden Sätze im gesamten Zusammenhang des Artikels liest, ist ein eindeutiger Schluss darauf, dass der Verfasser die Ermordung oder Tötung des Grafen Spreti billigt, nicht möglich. Der Artikel enthält nämlich vor den beiden Sätzen eine gewisse Distanzierung von der Tat, indem darauf hingewiesen wird, der Fall Spreti sei ein tragischer Fall. Im Anschluss hieran ist weiter ausgeführt, dass die Verfasser den Leser nicht mit Gefühlsduselei belasten und seine moralische Empörung steigern würden, das würden die Massenmedien tun; erfahrungsgemäß rufe die Ermordung einzelner (Privilegierter) mehr Empörung hervor, als die Ermordung ganzer Völker. Dass der Satz 'Wir vergießen keine Krokodilstränen' hieran anknüpfen und sich auf diese Ausführungen beziehen soll, kann bei unbefangenem Lesen des Artikels nicht ausgeschlossen werden. Dann aber kann aus dem schnodderigen Ausdruck 'Krokodilstränen' nicht auf eine Zustimmung des Verfassers zu der Ermordung oder Tötung des Grafen Spreti geschlossen werden. Dieser Satz ist insoweit nicht eindeutig und nicht aus sich allein heraus verständlich.
Aus dem letzten Satz des Artikels allein aber kann auf keinen Fall auf eine Zustimmung der Verfasser zur Ermordung oder Tötung des Grafen Spreti geschlossen werden. Denn darin wird nur gesagt, dass es für die Widerstandsbewegung in Lateinamerika NOTWENDIG gewesen sei, die Drohung wahrzumachen. Nach allem ist nicht eindeutig feststellbar, ob in dem Artikel 'Zum Fall Spreti' die Ermordung oder Tötung des Grafen Spreti gebilligt wird oder ob darin lediglich das Verhalten der Täter unter Berücksichtigung der Bedingungen in Guatemala erklärt werden soll.
2.) Die Anmerkung der Redaktion in Nummer 59 der BSZ dagegen den Tatbestand der Paragraphen 140, 138, 47 StGB, 21 Abs. I Pressegesetz NRW. Der Verfasser der Leserzuschrift hatte von den Angeklagten eine Darstellung der moralischen und politischen Grundsätze, die nach IHRER Meinung die für ihn ungeheuerlichen Sätze rechtfertigten, verlangt. Die daran unmittelbar anschließenden Ausführungen in der Anmerkung der Redaktion, insbesondere die Sätze: 'Ein Volk, das um seine Befreiung kämpft, muss seine Feinde schlagen. Es ist wirklich nicht so wichtig für das Volk von Guatemala, ob dieser Feind ein Landgraf von Bayern oder ein Baron aus Paris ist', enthalten für einen unbefangenen Leser sowohl eine politische als auch eine moralische Zustimmung zu der Ermordung oder Tötung des Grafen Spreti.
Die Angeklagten bleiben jedoch insoweit wegen eines unvermeidbaren Verbotsirrtums straffrei. Das Gericht ist nach dem Eindruck, den die Angeklagten in der Hauptverhandlung gemacht haben, davon überzeugt, dass sie aus echter innerer Überzeugung die Ermordung oder Tötung des Grafen Spreti für einen Notwehrakt des guatemaltekischen Volkes halten, über dessen Rechtfertigung der Erfolg der sozialistischen Volksbewegung in Guatemala entscheide, und dass sie deshalb auch bei 'gehöriger Anspannung ihres Gewissens' (BGH-St. 2, 201) nicht erkennen konnten, dass die Anmerkung der Redaktion in Nummer 59 der BSZ einen nach den Paragraphen 140, 138 StGB, 21 Abs. I Pressegesetz NRW strafbaren Inhalt haben könnte.
Es kann auch nicht festgestellt werden, dass sie ihren Irrtum durch Erkundigung bei einem Rechtsanwalt hätten vermeiden können. Denn bemerkenswerterweise waren sowohl der Ermittlungsrichter, der mit Beschluss vom 14.8.1970 (Bl. 11ff d. A.) den Antrag der Staatsanwaltschaft auf richterliche Vernehmung der Angeklagten abgelehnt hat, als auch der Vorsitzende des Schöffengerichts, der mit Beschluss vom 8.10.1971 (Bl. 74 ff d. A.) die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt hat, der Ansicht, auch die Anmerkung der Redaktion in Nummer 59 der BSZ erfülle schon objektiv den Tatbestand des Paragraphen 140 StGB nicht. Beide Richter haben ihre Ansicht eingehend und mit vertretbaren Argumenten begründet. Erst das Landgericht, das auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft mit Beschluss vom 17.12.1971 (Bl. 92, 93 d.A.) die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet hat, ist bei verständiger Würdigung des Artikels 'Zum Fall Spreti' und der Anmerkung der Redaktion in Nummer 59 der BSZ zu dem Ergebnis gekommen, dass die Angeklagten die Ermordung oder Tötung des Botschafters öffentlich 'gutheißen' wollten. Unter diesen Umständen muss zugunsten der Angeklagten davon ausgegangen werden, dass ihnen ein Rechtsanwalt bei einer etwaigen Erkundigung geantwortet hätte, dass auch die Anmerkung der Redaktion in Nummer 59 der BSZ nicht gegen die Paragraphen 140, 138 StGB, 22 (?, d. Vf.) Abs. I Pressegesetz NRW verstoße.“
In einem Papier der KPD/ML-ZB hieß es:
„Um die Ziele zu erreichen, die sie sich gesteckt hatte, ging die Justiz folgendermaßen vor:
- Der RICHTER bemühte sich um den Schein größtmöglicher Liberalität bei möglichst klarem Vermeiden aller politischen Fronten.
- Er las alle Passagen aus der BSZ, also politische Aussagen, leise und schnell vor, so dass man sie kaum mitkriegen konnte.
- Er zog insgesamt den Prozess sehr schnell durch.
- Er nahm selbst die Initiative in die Hand.
- Er ließ die Angeklagten reden, ohne sie zu unterbrechen, er ließ die Zuschauer klatschen, auch die Internationale singen, ohne räumen zu lassen. Das war sein Vorgehen bis zur Urteilsbegründung und -begründung.
- Der STAATSANWALT zeigte deutlich, dass es um einen politischen Prozess ging, vor allem zeigte er auch deutlich, dass es darum geht, den proletarischen Internationalismus der Tat zu verbieten und gegen die Propaganda für den bewaffneten Umsturz im eigenen Land und die Kommunistische Partei vorzugehen. In seinem Plädoyer machte er dies überdeutlich. Hierbei brachte er auch vor allem die Verbindung zu den Attentaten der letzten Tage hinein.
- Wichtig ist die URTEILSBEGRÜNDUNG:
Hier wird nach aller Liberalität des Richters noch einmal deutlich, welches die politischen Ziele des Verfahrens waren und was von ihnen durchgesetzt wurde:
- der Freispruch wurde für den ersten Artikel begründet folgend: Die 'Notwendigkeit', von der im Artikel gesprochen sei, könne nicht eindeutig klar ausgelegt werden. Es gebe zwei Möglichkeiten:
- das könne die Billigung ausdrücken,
- es sei nicht sicher, ob diese Notwendigkeit sowohl für Lateinamerika als auch für die BRD angenommen werde (!). Für die BRD sei dies nicht sicher. (Ich habe den zweiten Punkt nicht genau mitbekommen, es sieht aber so aus, dass aus dem Artikel wohl nicht klar genug hervorgeht, ob diese Notwendigkeit auch für die BRD besteht bzw. bestehen könnte. In der schriftlichen Urteilsbegründung müsste dies genau verfolgt werden, da sich hier folgendes zeigen würde: dass es nämlich hauptsächlich darum ging um die Propaganda für den bewaffneten Umsturz im eigenen Land, dass der Prozess hierauf zugespitzt werden sollte, obwohl das nicht der Ausgangspunkt war!)
Der Freispruch wurde für den ersten Artikel weiter damit begründet, dass in den Äußerungen wie 'tragisch' doch ein gewisses Bedauern über den Tod Spretis zum Ausdruck kommt (wäre dies nicht der Fall, wäre also der Tatbestand erfüllt!).
- Für den zweiten Artikel wurde folgendes festgehalten: mit dem Ausdruck 'Das Volk MUSS seine Feinde schlagen' sei eine Billigung der Tötung Spretis ausgesprochen. Dies sei also anders zu beurteilen als beim ersten Artikel. Doch liege ein Verbotsirrtum vor, weil schon zweimal vorher Richter dies für kein strafwürdiges Verhalten hielten.
Wenn ich die Begründung richtig mitgeschrieben habe, ergäbe sich damit folgendes Bild:
- Der Richter hat durchgesetzt, dass Paragraph 140 auf diese Fragen angewandt werden kann!! Dies ist ein klarer Erfolg für die Bourgeoisie, der sie ihrem Ziel, dem Verbot der Propaganda für den Proletarischen Internationalismus und dem Verbot der Propaganda für den gewaltsamen Umsturz ein Stück näher gebracht hat!
- Das Gericht hat sich gerade auf die Frage allgemein der Propaganda für den bewaffneten Umsturz und auf die Verbindung zum Kampf und zum Umsturz hier konzentriert, ohne die Sache mit Spreti zu sehr in den Vordergrund zu rücken. Es hat nämlich gerade Sätze wie 'Das Volk muss seine Feinde schlagen' herangezogen!!
- Ein Urteil konnte in diesem Prozess nicht gesprochen werden, weil vorher das Verfahren zu lahm von der Bourgeoisie geführt wurde, nämlich zweimal zur Eröffnung abgelehnt wurde!
An diesem Schluss des Prozesses kann man also noch einmal die Bedeutung des Prozesses sehen, der weit über diesen konkreten Fall hinaus Bedeutung hat: es geht kaum um Spreti, es geht um den proletarischen Internationalismus und den Internationalismus der Tat, den Kampf gegen die Bourgeoisie hier - hier hat auch die Bourgeoisie die Verurteilung praktisch ausgesprochen - wenn es auch zur konkreten Verurteilung nicht ausreichte. Doch auf die allgemeine Anwendbarkeit des Paragraphen 140 können sich jetzt alle weiteren Verfahren stützen!
Hier müssen wir also sehen, dass dieser Prozess sehr große Bedeutung hatte, dass sich das liberale Vorgehen des Richters 'gelohnt' hat. Die wesentlichen Ziele der Bourgeoisie sind allgemein erreicht worden, wenn auch nicht konkret angewandt in DIESEM Prozess."
Über das eigene Vorgehen hieß es:
„Unser Vorgehen wurde der Bedeutung dieses Prozesses nicht gerecht! Die VORBEREITUNG war dadurch beeinträchtigt, dass sie erst wenige Tage vorher beginnen konnte, da der Prozess erst kurz vorher bekannt wurde. Die Propaganda für den Prozess beschränkte sich auf ein Flugblatt am 17.5. vor Opel, BV und in der Uni. Dieses Flugblatt arbeitete die politische Bedeutung des Prozesses einigermaßen korrekt heraus, auch die verschiedenen Punkte. Es zog die Verbindung zu den aktuellen Ereignissen (Vietnam, Vietnam Demo in Bochum) zu schwach.
Innerhalb der Partei war die Vorbereitung ebenfalls ungenügend. In Bochum gab es ein kurzes Rundschreiben, das nicht viel über das Flugblatt hinausging. Vor allem wurde vor dem Prozess versäumt, die Sache mit den Rechtsanwälten gründlich durchzusprechen (Auswirkungen siehe beim Prozess). PROZESS SELBST Im Prozess selbst wurden die politischen Ziele unterschiedlich erreicht:
- Die Propaganda für den proletarischen Internationalismus war noch am klarsten. Sie wurde beeinträchtigt dadurch, dass gerade der aktuelle politische Bezug - nämlich Vietnam - nicht klar herausgestellt wurde (nur von X. in der Pause) und damit keine größtmögliche politische Klarheit hergestellt wurde.
- Die Propaganda für den bewaffneten Umsturz war einigermaßen klar. Hier reagierte der gen. D. auch richtig, als er die Erklärungen von Reimann, dass in der 3. Welt eine andere Situation als hier ist, zurückwies. Doch auch bestand bei den Genossen keine vollständige politische Klarheit hierüber, so erzählte z.B. der Gen. O. von den Zuständen, wie 'sie hier in der BRD auch einmal herrschen könnten'.
- Die Klassenjustiz als Teil des imperialistischen Staatsapparates wurde nicht klar propagiert: hier gab es anscheinend - wie auch beim RF-Prozess - große Unklarheiten:
- Die Genossen ließen es zu, dass der Richter die Initiative in die Hand nahm.
- Der Richter konnte das Verfahren schnell abziehen.
- Die Genossen wichen teilweise zurück, als der Richter fragte, ob sie dafür verantwortlich sind. Sie erklärten, dass es nicht genau zu klären sei, wer verantwortlich sei zu dieser Zeit.
- Auf die Frage, ob sie es für gerechtfertigt halten, einen solchen Artikel zu schreiben, kam keine klare Antwort,
- dass der Genosse Dillmann empfahl, die Zuschauer als Sachverständige zu hören, ging zwar in die richtige Richtung, wurde aber überhaupt nicht konsequent durchgehalten, so dass es mehr ein Gag war. Hier hätte die Entlarvung des bürgerlichen Gerichts erfolgen müssen und die Rolle der Zuschauer und des Volkes im Sozialismus erläutert werden müssen.
- Die Ausführungen des Staatsanwalts, die überdeutlich waren, sowohl zum politischen Ziel des Prozesses selbst ('jetzt wurde es überdeutlich, was vielleicht bisher noch nicht klar war') als auch zu den Zuschauern ('Ich kann es mir bei diesem Auditorium ersparen, weiter ausführlich zu werden, es würde doch nur Unruhe auslösen), seine Spekulationen auf ein Zurückweichen der Angeklagten, nichts wurde in der Schlusserklärung widerlegt bzw. enthüllt.
- Die Sozialdemokratie als Träger der Faschisierung wurde kaum enthüllt, nur einmal kurz von O. und dann während der Pause von X.
Ein besonders schwacher Punkt war die KONTROLLE DER RECHTSANWÄLTE. Die Aussagen der Rechtsanwälte haben die politischen Aussagen der Genossen und damit das politische Ziel des Prozesses erheblich belastet und beeinträchtigt: - sie hatten z.B. ein anderes Prozessziel als wir, nämlich Schenkel mit Freispruch wegen 'VERBOTSIRRTUM', d.h. doch, dass wenn die Partei einmal wegen Verbotsirrtum freigesprochen ist an einem Punkt, sie beim nächsten Mal verknackt werden kann, weil sie es dann ja wissen musste.
- Schenkel mauschelte mit dem Richter über den Urteilsspruch, er begann seine Ausführungen im Plädoyer mit einem direkten Angriff auf die Zuschauer ('Ich will jetzt einmal etwas Jurisprudenz ins Spiel bringen.'). Er wandte sich nicht gegen die Anwendung des Paragraphen 140 auf solche und ähnliche Fragen, sondern nur auf die konkrete Anwendung in diesem Fall, weil ja auch von 'tragischem Fall' etc. geredet wurde.
- Seine Aufgabe, die Ermittlungsakten aufzudecken, nahm er nur wenig wahr, wenn er auch insgesamt klarmachte, dass es um einen politischen Prozess geht. Wenn er Sachen aufdeckte, blieben die allgemein und konnten von den Zuschauern nicht verstanden werden. (Über den anderen Rechtsanwalt brauchen wir wohl nicht zu sprechen, weil der nicht durch die Partei zu kontrollieren war, es hätte aber noch klarer gemacht werden müssen, dass der nur für Reimann spricht.)
Ein weiterer schwacher Punkt waren die ZUSCHAUER, ihre Vorbereitung, ihr Verhalten und ihre Verbindung zu den Angeklagten. Da man davon ausgehen konnte, dass nicht alle zur Partei gehören, wäre auf jeden Fall richtig gewesen, schon vor dem Prozess (nicht erst in der Pause) das Flugblatt zu verteilen sowie die RF zu verkaufen. Während des Prozesses verhielten sich die Zuschauer richtig; doch wurde dies Verhalten auch nicht auf die Probe gestellt, indem der Richter alles durchgehen ließ. Weder die Angeklagten noch die Zuschauer reagierten scharf genug, als sowohl der Staatsanwalt als auch RA Schenkel über die Zuschauer herzogen! Richtig war dagegen (und beispielhaft) die Reaktion von X. in der Pause, indem er noch einmal die politische Bedeutung des Prozesses klar machte, er bügelte einen Teil der Fehler, die die Genossen vorher gemacht hatten (keine konkrete Verbindung proletarischer Internationalismus - Vietnam - Prozess) aus und brachte hier Korrektur hinein.
Was waren insgesamt die Schwächen und Stärken im Prozess? Stärke war die politische Einordnung, die auch zeitweise gebracht wurde im Prozess. Die politische Bedeutung des Prozesses war herausgearbeitet. Schwäche war hauptsächlich das schwache Ausnutzen des Gerichts als Klassenkampfort. Diese schwache Erkenntnis über die Bedeutung dieses Kampfschauplatzes führte dazu,
- dass die politischen Erklärungen sehr kurz gemacht wurden und der politische Erfolg beeinträchtigt wurde - Kein Zurückweisen der Attentate!
- dass die Genossen auf Fragen des Richters nach Verantwortlichkeit zum Teil auswichen.
Eine weitere Schwäche war die mangelnde politische Einordnung des Prozesses von Anfang an (Vietnam). Eine weitere Schwäche war die Vorbereitung der Partei, der ML-Bewegung und der Arbeiterklasse. Eine sehr große Schwäche war die mangelnde Kontrolle der Rechtsanwälte.“
In einem weiteren Papier der KPD/ML-ZB wurde erklärt, dass „der Prozess nicht ausreichend vorbereitet wurde. Die taktische Richtlinie war in etwa: in erster Linie diesen Bonner Staat anklagen, der das Verbot der ML-Presse und der ML-Bewegung vorbereitet. Erst in 2. Linie sollte auf die Ereignisse in Guatemala eingegangen werden, sollte gezeigt werden, wir stehen auch heute noch mit Recht hinter diesem Artikel. Die Genossen schienen mir aber nicht gut genug darauf vorbereitet zu sein, denn sie ließen sich in die Defensive drängen, sie klagten nicht an, sie verteidigten sich. Der 2. Punkt ist, dass es nicht unser Interesse sein kann, den Prozess möglichst schnell über die Bühne zu kriegen. Wir klagen an, wir müssen den Gerichtssaal als Tribüne unserer Agit.-Prop sehen, im Gerichtssaal müssen wir den Klassenkampf führen, d.h. also Ausdehnung der Prozessdauer, breite Entlarvung dieser Klassenjustiz. Auch das wurde in diesem Prozess nicht erreicht. Aufgrund der kurzen Vorbereitungszeit wurde praktisch kaum unsere Agit.-Prop vor dem Gerichtsgebäude entfaltet. Es wurden ca. 400 Flugblätter kurz vorher auf dem Husemannplatz verteilt. Nötig gewesen wäre eine intensive Agit.-Prop, möglichst in der Art einer KKG (Kurzkundgebung, d. Vf.), um auf den Prozess aufmerksam zu machen, um unsere Linie anhand dieses aktuellen Beispiels in die Massen zu tragen“.
Laut Klaus Dillmann kam es während des Spreti-Prozesses in Bochum kurzfristig eine Aktionseinheit zwischen KPD/ML-ZK und KPD/ML-ZB in Bochum und Dortmund zustande. Diese Initiative soll auf Klaus Dillmann selbst zurückgehen. Ein gemeinsames Flugblatt dazu wird in der Nacht vor dem Spreti-Prozess von ihm verfasst, nach anderen Quellen wurde es am 17.5. (vgl. dort) verteilt. (12)
20. Mai 1972: Im Papier einer Abteilung bei der KPD/ML-ZB NRW zum 'Spreti-Prozess' in Bochum gegen u.a. Klaus Dillmann hieß es:
„PROZESS GEGEN DILLMANN U.A. (BSZ-SPRETI) IN BOCHUM AM 18.5.1972
I. Politische Bedeutung des Prozesses
II. Unsere politischen Aufgaben
III. Vorgehen der Justiz
IV. Unser Vorgehen
V. Einschätzung und Schlussfolgerungen
I. POLITISCHE BEDEUTUNG
Der Prozess sollte nach dem Lanz-Prozess, nach dem RF-Prozess und zusammen mit weiteren anstehenden Prozessen ein Schlag gegen die marxistisch-leninistische Bewegung sein, besonders ihre Presse. Die konkreten Ziele des Prozesses sollten sein:
- die Propaganda für den proletarischen Internationalismus unter Strafe zu stellen, dabei besonders den Internationalismus der Tat, der am konsequentesten von der KP bestritten wird, die den Kampf gegen die Bourgeoisie im eigenen Land führt,
- die Propaganda für den revolutionären, gewaltsamen Umsturz unter Strafe zu stellen,
- die Marxisten-Leninisten und die KP als Kriminelle hinzustellen, die die beiden ersten Punkte begehen, die also 'Morde' unterstützen und sie dabei gleich in Verbindung mit der 'Baader-Meinhof-Gruppe' (RAF, d. Vf.) zu bringen.
Diese allgemeinen Punkte wurden aktualisiert und präzisiert durch folgende aktuellen Ereignisse:
- den Aufschwung des Volkskrieges in Vietnam und die gewaltige Bewegung auch in der BRD zur Unterstützung des Volkskriegs und die führende Rolle, die die KPD/ML dabei immer mehr spielt.
- Weiter die Bombenattentate der letzten Tage, die der Bourgeoisie natürlich ein willkommener Anlass sind, diese Anarchistenanschläge mit der ML-Bewegung in Verbindung zu bringen (siehe dazu auch die FAZ vom 16.5., in KND 37)
Der enge Zusammenhang des Vorgehens der Justiz zum einen über Tatbestände aus dem kriminellen Bereich (Paragraphen 140, 138 des StGB stammt aus dem Teil des StGB, der sich mit kriminellen Delikten, nicht mit politischen Straftaten beschäftigt), zum anderen mit dem klaren politischen Zusammenhang und Ziel (Spreti, 3. Welt) zeigen deutlich das zweigleisige Vorgehen, zeigen auch die Schwäche der Bourgeoisie, dass sie es nicht wagt, nur politische Fragen reinzubringen, zeigen auch die Schwäche der Bourgeoisie bzw. Stärke der ML- Bewegung, dass es der Bourgeoisie nicht gelingt, dann alles über kriminelle Delikte zu machen (wie bei Lanz in München).
II. UNSERER POLITISCHEN AUFGABEN UND ZIELE
Die Bourgeoisie hat die Aufgaben politisch deutlich gestellt. Die KPD/ML musste an folgenden Punkten vor allem antworten:
- Die Propaganda für den proletarischen Internationalismus entfalten (aktuelle Verbindung Vietnam). Diese Propaganda muss vor allem die Notwendigkeit des Internationalismus der Tat aufzeigen, den Kampf gegen die Bourgeoisie im eigenen Land und damit die Notwendigkeit der Kommunistischen Partei.
- Propaganda für den gewaltsamen Umsturz. Dies muss ausgehen von der Frage Guatemala und 3. Welt, muss aber von da aus die Linie ziehen zur BRD. Gewaltsamer Umsturz nicht nur als Notwendigkeit für die 3. Welt, sondern auch hier.
- Die Klassenjustiz als einen Teil des staatlichen Gewaltapparats zeigen, die den proletarischen Internationalismus als Gefahr für den Imperialismus verbieten will und an der man noch einmal deutlich die Notwendigkeit des gewaltsamen Umsturzes sehen kann.
- die Sozialdemokratie als Verteidigerin des imperialistischen Systems, die notwendigerweise faschistische Zwangsmaßnahmen anwenden muss, um den proletarischen Internationalismus und die Propaganda für den gewaltsamen Umsturz als Totengräber des imperialistischen Systems zu verhindern. Es muss gesehen werden, dass die Frage des bewaffneten Umsturzes nicht im Mittelpunkt steht, sondern erst einmal allgemein und aktuell der proletarische Internationalismus für den bewaffneten Kampf der Völker. Erst von da ausgehend wird die Frage des Kampfes im eigenen Land aufgerollt.
Konkretes juristisches Ziel des Prozesses muss es sein, Freispruch zu erreichen, da sonst der proletarische Internationalismus immer wieder verboten werden kann mit Berufung auf dieses Urteil.“
V. SCHLUSSFOLGERUNGEN
Wichtigster Punkt, der in der Partei klar gemacht werden muss, ist nach allen bisherigen Erfahrungen das Gericht als Ort des Klassenkampfes, wo auch die
Kommunisten den Kampf führen müssen, wo sie sich nicht auf die Gnade des
Richters verlassen dürfen.
Diese Klarheit kann geschaffen werden, wenn
- zum einen die Bedeutung der bisherigen Prozesse noch einmal ausführlicher gegenüber der Partei dargestellt wird und damit die Grundlage dafür gelegt wird, dass die Erkenntnis über die Bedeutung der Justiz und die schnelle Benachrichtigung der Zentrale z.B. über alle Verfahren wächst.
- zum anderen an geschichtlichen Beispiel etc. gezeigt wird, wieso unbedingt auch im Gerichtssaal der Klassenkampf geführt werden muss und welche Auswirkungen es hat, wenn der Klassenkampf nicht geführt wird.
Hier müssen alle Illusionen über die 'Milde' der Richter, über ihre Neutralität, die immer noch Ursache für falsches Einschätzen sind, ausgerottet werden.
Als zweiter Punkt muss verbessert werden die aktuelle politische Einschätzung der Prozesse. Die allgemeine Einschätzung ist meistens recht gut geleistet, doch die Verbindung zu den politischen Tagesfragen wurde bisher überall nicht ausgenützt, obwohl gerade sie auch die ideologische Klarheit über die Justiz erhöht.
Als dritte Aufgabe steht die bessere Vorbereitung der Partei und der Arbeiterklasse an. Gerade auch die stärkere Mobilisierung der Arbeiterklasse muss dazu führen, dass die Genossen den Gerichtssaal auch als Tribüne sehen, wo die Partei und die Klasse auch lernen kann. Die vierte Aufgabe ist die schärfere Kontrolle der Rechtsanwälte.“ (13)
20. August 1973: Vermutlich in dieser Woche erschien eine 'Pressemitteilung der Roten Hilfe Dortmund' (RH) der KPD/ML. Danach fand am 11.10.1972 und 24.1.1973 „vor dem Schöffengericht Dortmund der Roter-Punkt-Prozess gegen den 'Rädelsführer der KPD/ML' (laut Anklageschrift) Klaus Dillmann statt, der zu einer Verurteilung wegen Nötigung, Aufforderung zu strafbaren Handlungen, Widerstand gegen die Staatsgewalt und fahrlässiger Körperverletzung (ein ärztlich nicht beglaubigter blauer Fleck) zu 900 DM Geldstrafe geführt hat. Die Berufungsverhandlung steht noch aus. Im Verlauf des Prozesses hatte Klaus Dillmann zur Begründung seines mutigen Auftretens gegen die Fahrpreiserhöhungen ausgeführt, dass die BRD kein Geld für soziale Belange hat, weil sie die von den Lohnabhängigen erhobenen Steuern in die Rüstung steckt. Das Gericht hatte er als Agentur des Räuberstaates Bundesrepublik angegriffen. Wegen dieser Äußerung soll ihm nun der Prozess gemacht werden, wegen Verunglimpfung der BRD (Paragraph 90a StGB).
Der Angeklagte ist Lehrer und wird mit dem Berufsverbot (BV, d.Vf.) bedroht. Die Rote Hilfe ruft alle fortschrittlich gesinnten Menschen auf, zum Prozess am Mittwoch, den 29. August, um 12 Uhr 30 zum Amtsgericht Dortmund, Gerichtsstraße 22, Zimmer 200 zu kommen. Am darauffolgenden Tag um 9 Uhr findet in Bochum (II. Strafkammer, Viktoriastraße 14, Zimmer 40) gegen Klaus Dillmann und andere ein weiteres Verfahren wegen 'öffentlicher Billigung eines Mordes am ehemaligen Botschafter der BRD in Guatemala, Graf Spreti' (Paragraph 140 StGB) statt. Es geht um einen Artikel, den er 1970 als Redakteur verantwortete. Die Rote Hilfe erklärt sich mit dem Angeklagten solidarisch. Unterstützt Klaus Dillmann durch Solidaritätsadressen an Klaus Dillmann, 46 Dortmund, Lagerhausstraße 9; spendet für die Prozesskosten auf das Konto der Roten Hilfe, Stadtsparkasse Dortmund, Nr. 003 662 993.“
Eingeladen wurde auch zum nächsten eigenen Treff am 28.8.1973. Verantwortlich für die Presseerklärung zeichnet die 'Rote Hilfe Dortmund'. (14)
30. August 1973:
Heute sollte vor der Bochumer II. Strafkammer der 'Spreti-Prozess' gegen u.a. Klaus Dillmann fortgeführt werden, der aber vertagt wird Den Angeklagten wird, laut AStA der PH Dortmund u.a. die 'öffentliche Billigung eines Mordes' vorgeworfen. Hintergrund des Prozesses sind Artikel der 'BSZ' 1970, die sich mit dem 'Fall Spreti' (deutscher Botschafter in Guatemala) beschäftigten und worin ausgeführt wurde „dass es für die lateinamerikanische Widerstandsbewegung notwendig war, die Drohung (Erschießung des westdeutschen Botschafters Graf Spreti) wahrzumachen, da die guatemaltekische Regierung ihre Genossen ermordet hatte“.
Dies wäre für Dillmann bereits der zweite Prozess in dieser Woche, da gegen ihn in Dortmund am 29.8.1973 verhandelt wird. Zu diesem Prozess ruft auch die Rote Hilfe (RH) Dortmund der KPD/ML auf. (15)
19. September 1973: Von der Roten Hilfe (RH) Bochum erschien das folgende Flugblatt von zwei Seiten DIN A 4 zum morgigen 'Spreti'-Prozess unter der Verantwortung von Heinz Peters, Lennershofstraße:
„FREISPRUCH FÜR DIE ANGEKLAGTEN IM 'SPRETI-PROZESS. Im Mai 1972 fand in Bochum ein politischer Prozess gegen drei ehemalige Redakteure der Bochumer Studentenzeitung (BSZ) statt. Diese hatten sich in zwei Artikeln - im April 1970 (!) - gegen das Trauergeheul der bürgerlichen Presse gewandt, das diese über die Entführung und Erschießung des BRD-Botschafters in Guatemala, Graf Spreti, angestimmt hatte. Darüberhinaus waren sie, wenn auch nur kurz, auf die Situation in Guatemala eingegangen, hatten darauf hingewiesen, dass die Spreti-Entführer Teil der guamaltekischen Befreiungsbewegung sind, und hatten für diese Befreiungsbewegung Partei ergriffen. Folge: sie waren wegen 'öffentlicher Billigung eines Mordes' angeklagt worden.
Im ersten Prozess wurden alle Redakteure freigesprochen. Weil es der bürgerlichen Klassenjustiz von Anfang an um mehr ging als um die Verurteilung von drei Redakteuren einer fortschrittlichen Studentenzeitung, konnte sie sich mit dem Freispruch nicht zufrieden geben und ging in die Berufung. Die Berufungsverhandlung findet morgen, DONNERSTAG, DEN 20.9.1973 UM 9 UHR IM ZIMMER 40 DES BOCHUMER LANDGERICHTS (HUSEMANNPLATZ) statt. Aus diesem Anlass ist es notwendig, nochmals auf die Hintergründe dieses Prozesses einzugehen.
DIE SITUATION IN GUATEMALA
Wie sieht es in dem mittelamerikanischen Staat, in dem Spreti Botschafter war, aus?
Guatemala zählt zu den ärmsten Ländern der sog. 3. Welt. Die Lebenserwartung der Guatemalteken liegt bei 43,5 Jahren, die Kindersterblichkeit beträgt fast 10%, 70% der Bevölkerung sind Analphabeten (und haben deshalb kein Wahlrecht), das Pro-Kopf-Einkommen der Bevölkerung liegt bei weniger als 200 Dollar jährlich. Dieses Elend hat seine Ursache in der nahezu vollständigen wirtschaftlichen und politischen Abhängigkeit Guatemalas vor allem vom US-, BRD- und englischen (britischen, d.Vf.) Kapital. Insbesondere der US-Konzern 'United Fruit Company', von den Einheimischen 'Der Polyp' genannt, kontrolliert fast die gesamte Produktion und Ausfuhr der guatemaltekischen Hauptgüter Kaffee und Bananen ('Chiquita'). Wie stark dieser Konzern das Volk dort ausplündert, lässt sich an der Tatsache ablesen, dass er jährlich 70% seines Aktienkapitals an Gewinn macht.
Das Bankwesen Guatemalas wird beherrscht von Bankriesen wie der 'Deutschen Bank', der Bank of London und der US-Bank 'Chase Manhattan'. Gegen diese Ausbeutung und Unterdrückung wehrt sich das guatemaltekische Volk seit Jahren, Jahrzehnten. Gegen wen sie sich zu wehren haben, zeigen die Ereignisse des Jahres 1954. Mit 72% aller Stimmen wurde 1950 ein fortschrittlicher Präsident, Jakobo Arbenz, gewählt. Als dieser versuchte, durch eine bescheidene Landreform - er wollte die brachliegenden Ländereien der 'United Fruit Company' verstaatlichen - das Elend des Volkes zu mildern, erging es ihm wie kürzlich dem chilenischen Präsidenten Allende: 1954 putschte ein Teil des guatemaltekischen Heeres, das in den USA ausgebildet worden war, offen unterstützt von der US-Luftwaffe und dem CIA, sowie, im Inneren, von den Christdemokraten, Nationalisten und der sog. 'Weißen Hand', einer faschistischen Terrortruppe.
Seitdem herrscht in Guatemala eine Militärdiktatur, die in ihren Herrschaftsmethoden dem Hitler-Faschismus kaum nachsteht. (Den Arbeitern ist es bei Todesstrafe verboten, sich in freien Gewerkschaften zu organisieren; seit 1954 wurden nach OFFIZIELLEN Angaben über 9 000 Personen wegen politischer Tätigkeit hingerichtet.) Welches Ausmaß diese Unterdrückung kurz vor der Spreti-Entführung angenommen hatte, lässt sich an dem 'Wahl'-Versprechen des derzeitigen Militärdiktators Osorio ablesen: er versprach 'jeden Tag einen Linksextremisten öffentlich exekutieren zu lassen' (WAZ, vom 10.4.1970).
Gegen diesen faschistischen Terror erwies sich eine 'friedliche Opposition' als völlig wirkungslos. Immer größere Teile des guatemaltekischen Volkes sehen daher als einzige Befreiungsmöglichkeit den bewaffneten Kampf gegen die in- und ausländische Reaktion. Die Entführung des BRD-Botschafters war also nicht die Tat einer von der Bevölkerung isolierten 'Terroristengruppe', sondern Bestandteil eben dieses Kampfes gegen die in- und ausländische Unterdrückung, an der sich auch bundesrepublikanische Konzerne (z.B. die Farbwerke Hoechst) ungeniert beteiligen. Ziel der Spreti-Entführer war keineswegs seine Erschießung, sondern sein Austausch gegen zwanzig namentlich genannte politische Gefangene, denen, wie so vielen anderen vorher, die Ermordung drohte.
WARUM DIESER PROZESS?
Warum geht nun die Justiz der 'freiheitlich-demokratischen' BRD gegen fortschrittliche Menschen und Organisationen vor, die sich aktiv für eine Solidarität mit dem guatemaltekischen und allen anderen unterdrückten Völkern einsetzen? Als Teil des imperialistischen Staatsapparates sieht die Justiz ihre Aufgabe offensichtlich darin:
1. eine Aufklärung im deutschen Volk über die Verbrechen des westdeutschen Imperialismus, in diesem Fall vor allem in Lateinamerika, zu verhindern, indem sie die Parteinahme für nationale Befreiungsbewegungen als kriminellen Akt darstellen will. Ihr Ziel ist es, eine Entwicklung im Keim zu ersticken, die letztlich darauf hinausläuft, dass die westdeutschen Arbeiter mehr und mehr erkennen, dass es die gleichen Konzerne (eben: Hoechst, deutsche Bank usw.) sind, die die deutschen Arbeiter ausbeuten und die die Völker Lateinamerikas, Afrikas und Asiens ausplündern.
2. soll jede Kritik an dem, vom Staat für sich beanspruchten Gewaltmonopol und damit jegliche öffentliche Diskussion über die Berechtigung und Notwendigkeit von Gegengewalt als kriminell diffamiert und schließlich verboten werden, was auf den Versuch hinausläuft, die Träger dieser Kritik, sprich: die revolutionären Organisationen in der BRD zu kriminalisieren und zu verbieten. Konkret: (HERRSCHENDE GEWALT) Der ehemalige Boss des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI) Fritz Berg durfte öffentlich und ungestraft während des Hoesch-Streiks 1969 sagen: 'Man hätte einen totschießen sollen'; ebenso darf NRW-Innenminister Weyer (FDP, d.Vf.) öffentlich erklären, er habe einige Millionen darauf verwendet, um die Polizei für einen 'Heißen Herbst' - also evtl. 'wilde' Streiks - aufzurüsten. Von dieser Gewalt darf also die Rede sein. (GEGENGEWALT) Wenn sich die Arbeiter in sog. wilden Streiks gegen realen Lohnabbau, Arbeitshetze am Fließband usw. zur Wehr setzen, so werden sie aus Betrieb und Gewerkschaft gejagt, von Werkschutz und Polizei bespitzelt, bedroht, zusammengeschlagen, ans Band zurückgezwungen, wenn nicht gar als 'Rädelsführer', 'Chaoten' u. ä. verhaftet und zu Kriminellen gestempelt.
Diesen Zusammenhang zwischen den Herrschaftsverhältnissen hier und in Guatemala gilt es zu erkennen: Unsere Solidarität mit den Völkern der 3.Welt bedeutet hier - Kampf gegen die politische Unterdrückung im eigenen Land!
GEGEN POLITISCHE UNTERDRÜCKUNG! INTERNATIONALE SOLIDARITÄT LÄSST SICH NICHT VERBIETEN! FREIHEIT FÜR DIE ANGEKLAGTEN IM SPRETI-PROZESS!" (16)
20. September 1973: Laut einem anonymen Protokoll „Dortmund: Prozess wegen Beleidigung der Bundesrepublik“, welches vermutlich für die Rote Hilfe (RH) Dortmund der KPD/ML verfasst wurde, wird Klaus Dillmann "am 20. September erneut vor Gericht stehen, diesmal in Bochum in 2. Instanz wegen 'öffentlicher Billigung eines Mordes' (Paragraph 140 StGB). Zusammen mit 2 weiteren ehemaligen Redakteuren der Bochumer Studentenzeitung (BSZ) soll er sich für zwei Artikel verantworten, in denen die Erschießung des westdeutschen Botschafters Spreti als notwendig für die Befreiungsbewegung Guatemalas vom Joch des Imperialismus dargestellt wurde. Sie waren im März und April 1970 in der BSZ erschienen. Dieser Prozess sollte ursprünglich schon am 30. August stattfinden, wurde aber kurzfristig verlegt, weil das Gericht als 'Gutachter' einen Beamten des Auswärtigen Amtes vorladen will, der über Gewalttaten, die an westdeutschen Diplomaten seit 1968 verübt wurden, berichten soll. Der Prozess ist auf den 20.9. um 9 Uhr im Landgericht Bochum, Zimmer 40 (Viktoriastraße 14) angesetzt. Es kommt hier darauf an, dem westdeutschen Imperialismus seine Verbrechen an den Völkern der Dritten Welt vorzuhalten, um zu zeigen, dass Gewalt gegen ihn gerechtfertigt ist.“
Zu diesem Prozess erschien gestern ein Flugblatt der Roten Hilfe (RH) Bochum. In der Verteidigungsrede von Klaus Dillmann hieß es:
„Der gegen mich, Norbert Otte und Jörg Reimann als verantwortliches Redaktionskollektiv der Bochumer Studentenzeitung zum Zeitpunkt des uns zur Last gelegten Tatbestandes eröffnete Prozess wegen 'öffentlicher Billigung eines Mordes' (Paragraph 140 StGB) ist ein politischer Prozess. Er findet hier in zweiter Instanz statt. In erster Instanz waren wir am 18. Mai 1972 freigesprochen worden, obgleich der Staatsanwalt, Oberstaatsanwalt Steffen, damals 6 Monate Freiheitsentzug gegen uns beantragt hatte. Allerdings hatte der Freispruch einen Haken - er war kein richtiger Freispruch, sondern nur ein Freispruch wegen angeblichen Verbotsirrtums. In der Urteilsbegründung wird ausdrücklich festgestellt, dass der Artikel zum 'Fall Spreti' objektiv nicht den Tatbestand 'Billigung eines Mordes' erfülle, wohl aber die Antwort der Redaktion auf einen Leserbrief, worin es heißt: 'Ein Volk, das um seine Befreiung kämpft, muss seine Feinde schlagen. Es ist wirklich nicht so wichtig für das Volk von Guatemala, ob dieser Feind ein Landgraf aus Bayern oder ein Baron aus Paris ist.'
Das Schöffengericht unter Vorsitz von Amtsgerichtsrat Gentz hatte dazu geurteilt: Diese Sätze 'enthalten für einen unbefangenen Leser sowohl eine politische als auch eine moralische Zustimmung zu der Ermordung oder Tötung des Grafen Spreti. Die Angeklagten bleiben jedoch... wegen eines unvermeidbaren Verbotsirrtums straffrei.' Das Gericht, das zugeben musste, dass es Unklarheiten darüber hat, ob man die Erschießung des westdeutschen Botschafters in Guatemala als Mord oder nur als Tötung bezeichnen kann, wollte damit zugleich uns unterstellen, wir hätten nicht gewusst, was wir in den Artikeln verantworteten. Die Justiz wollte uns also eine Art Paragraph 51 zurechtzimmern, um ihre Behauptung, unser zweiter Artikel sei strafbar im Sinne des Paragraphen 140 StGB, aufrechterhalten zu können.
Gehen wir zunächst einmal auf das StGB ein. der Paragraph 140 StGB trägt neuerdings die Überschrift: 'Moralische Unterstützung von Sprengstoffdelikten'. Er lautet: '(1) Wer eine der in Paragraph 138 (1) genannten mit Strafe bedrohten Handlungen belohnt oder öffentlich billigt, nachdem sie begangen oder ihre Begehung vertuscht worden ist, wird, soweit nicht in anderen Vorschriften eine schwerere Strafe angedroht ist, mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren bestraft. Daneben kann auf Geldstrafe erkannt werden. (2) In besonders schweren Fällen beträgt die Freiheitsstrafe mindestens 1 Jahr und höchstens 5 Jahre.'
Im Paragraphen 138 StGB werden folgende Straftaten genannt (der Paragraph trägt übrigens den Titel: 'Nichtanzeige drohender Verbrechen'): Friedensverrat nach Paragraph 80 StGB (gleich Hineinziehen der BRD in einen Angriffskrieg), Hochverrat, Landesverrat, Gefährdung der äußeren Sicherheit, Mord, Totschlag, Münzverbrechen, Raub, räuberische Erpressung, Verbrechen gegen die persönliche Freiheit, Mädchenhandel. Uns wird Billigung - oder nach der neuen Formulierung: moralische Unterstützung - eines Mordes vorgeworfen.
Nach Paragraph 211 StGB wird ein Mörder wie folgt gekennzeichnet: 'Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebes, aus Habgier oder aus sonst niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet.'
Mit anderen Worten: das Gericht wirft uns vor, eine Tötung aus niedrigen Beweggründen moralisch unterstützt zu haben. Ob es sich dabei um eine Straftat, die unter den Geltungsbereich des westdeutschen StGB fällt, handelt, dazu gibt es ebenfalls einen Paragraphen: laut Paragraph 4 StGB gilt für eine von einem Ausländer im Ausland begangene Straftat das westdeutsche Strafrecht, wenn 'die Straftat gegen das deutsche Volk oder gegen einen deutschen Staatsangehörigen gerichtet ist.' (es sind insgesamt zehn Möglichkeiten aufgeführt.) Als deutscher Staatsangehöriger gilt selbstverständlich jeder Angehörige des Deutschen Reiches vor 1945, mit dem sich die BRD laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Grundvertrag ja identisch setzt, selbstverständlich auch jeder Bürger der DDR - für den die BRD laut Präambel des Grundgesetzes zu handeln vorgibt. Man muss sich wirklich einmal vor Augen führen, wie imperialistisch bereits die Bestimmung des Geltungsbereichs des westdeutschen StGB ist!
Bedingung ist hierbei zudem noch ein geltendes Recht des Tatortes: selbstverständlich gilt für die Verfolgung eines Ausländers auf dem Boden der BRD das ausländische Strafrecht, für die Verfolgung eines guatemaltekischen Revolutionärs also das Strafrecht der guatemaltekischen Militärdiktatur. Ein Asyl für solche Kräfte in der BRD ist also von vornherein ausgeschlossen, die Erwähnung eines Asyls im Grundgesetz damit hohles Geschwätz. Für uns hat das die Folge, dass wir gegen den sog. 'Gutachter' aus Bonn keinen direkten Gegengutachter aus Guatemala vorführen können, denn der würde hier im Gerichtssaal sofort festgenommen, da er ja allein durch sein Gegengutachten schon gegen das Strafrecht der guatemaltekischen Militärjunta verstieße. (Ganz abgesehen einmal von den Reisekosten.)
Damit komme ich auf einen anderen interessanten Punkt dieses Verfahrens zu sprechen. Ursprünglich nämlich wollte sich das Gericht einfach auf den Einwand der Staatsanwaltschaft über die Frage des angeblichen Verbotsirrtums beschränken. Die Staatsanwaltschaft hatte sich dagegen ausgesprochen, die beiden Artikel voneinander zu trennen, und zu Recht auf den Satz in der Antwort der Redaktion hingewiesen: 'Wir brauchen unserem Artikel nur folgendes hinzufügen.' Hinzufügen nämlich mussten wir - was im Artikel nicht geschehen war und weshalb er ja auch für sich genommen unklar war -, dass die BRD in die imperialistische Globalstrategie der USA voll integriert ist, und dass die Konkurrenz der Imperialisten untereinander nur eine Seite des imperialistischen Weltsystems darstellt: man teilt auf und herrscht. Imperialistisch heißt ein Staat, der vom Finanzkapital beherrscht wird und neben dem eigenen Volk andere Völker ausplündert und infolgedessen das beherrschte eigene Volk durch Extraprofite spalten kann. In diesem Sinne ist auch die BRD imperialistisch. 'Demzufolge müssen die unterdrückten Völker der Dritten Welt - von Vietnam bis Guatemala - im westdeutschen Imperialismus ebenso ihren Feind sehen wie im US-Imperialismus. Die Herren Botschafter - und seien sie noch so lieb und nett - sind Agenten des Imperialismus und daher Feinde des Volkes.' Danach kommen die beiden bereits genannten uns vorgeworfenen Sätze, und es wird abschließend festgestellt: 'In der bürgerlichen Presse wird das Volk immer anonym gehalten, und an der Prominenz geilt sich die Sentimentalität auf.'
Ursprünglich also beabsichtigte das Gericht, nach Paragraph 325 StPO zu verfahren. Dieser Paragraph lautet: 'Bei der Berichterstattung und der Beweisaufnahme können Schriftstücke verlesen werden; Protokolle über Aussagen der in der Hauptverhandlung des ersten Rechtszuges vernommenen Zeugen und Sachverständigen dürfen, abgesehen von den Fällen Paragraphen 251 und 253, ohne die Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten nicht verlesen werden, wenn die wiederholte Vorladung der Zeugen oder Sachverständigen erfolgt ist oder von dem Angeklagten rechtzeitig vor der Hauptverhandlung beantragt worden ist.' Mit anderen Worten: das Gericht wollte ohne jeden Sachverständigen zu einem Urteil kommen. Es fühlte sich also hinreichend kompetent. Das hat sich dann ganz plötzlich geändert.
Zwei Tage vor dem angesetzten Termin 30. August wird plötzlich die Verhandlung verlegt. An die Angeklagten ergeht folgende Begründung: 'Der Vorsitzende der Strafkammer II hat angeordnet, dass zu dem neuen Termin ein Beamter des Auswärtigen Amtes geladen werden soll. Dieser Beamte soll Auskünfte über die tatsächlichen Ereignisse, die zur Entführung und zum Tode des Botschafters Graf von Spreti geführt haben, geben. Außerdem darüber, in welchem Umfang ab 1968 Gewalttaten zur Durchsetzung politischer Ziele gegenüber deutschen Diplomaten bzw. Angehörigen diplomatischer Vertretungen im Ausland und Diplomaten in der BRD begangen oder angedroht worden sind.'
Das Gericht hat sich also eines Besseren besonnen und begriffen, dass es hier nicht um ein bloßes Kriminaldelikt geht, sondern dass es sich um einen politischen Prozess handelt. Als Vertreter des Bonner Staates ist es bestrebt, dem westdeutschen Imperialismus hier eine Möglichkeit zu bieten, für sich Propaganda zu betreiben. Dass es sich dazu genötigt sieht, ist ein Erfolg der antiimperialistischen Kräfte in der BRD, aber natürlich erst recht ein Erfolg des siegreichen Kampfes des vietnamesischen und der anderen Völker Indochinas gegen den Hauptfeind der Völker, den US-Imperialismus. Seitdem ist die antiimperialistische Front auch in Westdeutschland ein gutes Stück vorangekommen, und mit der Verurteilung der Verbrechen der Nixon-Banditen geht eine allmähliche Aufklärung über die Verbrechen des westdeutschen Imperialismus einher. Das zeigt augenscheinlich, dass auch in Westdeutschland Haupttendenz Revolution ist.
Unsere Aufgabe als Angeklagte muss also darin bestehen, den anwesenden Vertreter des Auswärtigen Amtes des Bonner Staates der Lächerlichkeit preiszugeben, die er verdient. Wir müssen ihn taktisch ernst nehmen, und wir können ihn zugleich strategisch verachten. Auch der westdeutsche Imperialismus wird mit der allgemeine Krise des Imperialismus im Weltmaßstab zunehmend mit dem Rücken zur Wand stehen: die Bundesregierung selbst ist es, die in ihren großen Werbefeldzügen zur Preisentwicklung bei uns darauf hinweist, wie sehr der westdeutsche Imperialismus vom Bankrott des Weltwährungssytems betroffen ist. Sie hofft, damit die Empörung der Arbeiterschaft bremsen zu können, aber sie wird sich täuschen.
Kommen wir zur Sache, die uns vorgeworfen wird: 'Moralische Unterstützung eines Mordes'. Wie im Mai letzten Jahres ist dieses Gerichtsgebäude von einigen Dutzend Polizisten 'gesichert', die offensichtlich die Aufgabe haben, die anwesenden Besucher dieses Prozesses einzuschüchtern. Erinnern wir uns daran, wie empört die BILD-Zeitung im Mai 1972 auf den Freispruch und auf das abschließende Anstimmen der Internationale reagiert hat, dann können wir uns lebhaft vorstellen, was passieren wird, wenn sich heute dergleichen wiederholt. Die bürgerliche Klassenjustiz kann es nur als einen Anschlag auf sich selbst werten, wenn hier Maßstäbe der Arbeiterklasse angewandt werden und wenn gezeigt wird, dass das Gericht kein Recht darauf hat, für seine Urteilssprüche den Namen des deutschen Volkes zu gebrauchen. Wir müssen herausstellen, warum eigentlich die Bourgeoisie, vertreten durch dieses Gericht und die Anwaltschaft des Bonner Staates, hier Herr Köpf, so erpicht darauf ist, gerade die uns zur Last gelegten Sätze zu Verbrechen zu erklären. Wir müssen uns also fragen, inwiefern wir damit der bürgerlichen Klassenherrschaft in der BRD Schaden zugefügt haben. Warum reagiert sie so? Wenn wir das herausgefunden haben, können wir einiges tun, um den Schaden noch zu vertiefen. Denn wir gehen davon aus, dass die kapitalistische Klassenherrschaft bei uns die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft nur noch behindert, und darum muss sie weg. An ihre Stelle muss die Herrschaft der Arbeiterklasse und der übrigen Werktätigen treten.
Wir kommen am besten weiter, wenn wir einmal die Sätze, die dieses Gericht uns vorwirft, ausdeuten: Da heißt es: 'Wir vergießen keine Krokodilstränen: Von Seiten der Guerilleros und für die Widerstandsbewegung in Lateinamerika war es eine Notwendigkeit die Drohung wahrzumachen.' Nämlich die Drohung, den Botschafter zu erschießen, wenn die Gefangenen nicht freigelassen werden. Und um den von Staatsanwalt Köpf gewünschten Zusammenhang herzustellen: 'Ein Volk, das um seine Befreiung kämpft, muss seine Feinde schlagen. Es ist wirklich nicht so wichtig für das Volk von Guatemala, ob dieser Feind ein Landgraf aus Bayern oder ein Baron aus Paris ist.' Unsere Begründung hat er wohlweislich nicht angetastet, denn er weiß offenbar genau, dass er sich dann aufs Glatteis begibt. Also greift er nur einige wesentliche Schlussfolgerungen heraus. Man soll zwar bestimmte Dinge denken dürfen, aber eben nicht zu Ende denken! Die Logik ist es, die das Gericht stört. Wovon ist die Rede?
ERSTENS ist die Rede davon, dass in Lateinamerika eine Widerstandsbewegung existiert, die sich gegen die Eindringlinge aus den USA und aus der BRD wehrt. Es wird gesagt, dass das Volk von Guatemala von den Vertretern dieser Staaten unterdrückt und ausgeplündert wird. Wir können das genauer ausführen: In Guatemala bestand ab 1951 durch eine allgemeine Wahl die Regierung des schweizerischen Apothekersohns Jakob Arbenz. Jakob Arbenz war ein Freund des Volkes von Guatemala, hatte sein Elend kennengelernt und wollte, nachdem er zum Präsidenten gewählt worden war, zum Nutzen des Volkes arbeiten. Einer seiner engsten Berater war damals der Revolutionär Ernesto Che Guevara, der den Ministerpräsidenten insbesondere bei der Bodenreform unterstützte. Diese bestand darin, dass die Großgrundbesitzer enteignet wurden, die über 72% der landwirtschaftlichen Nutzfläche verfügten, den größten Teil davon aber brachliegen ließen, während das Volk und die kleinen Bauern hungerten. Arbenz nahm den Reichen nur diesen brachliegenden Boden weg, sonst nichts - und auch nicht einmal ohne Entschädigung. Das Land gab er an die kleinen Bauern. Che Guevara empfahl damals Jakob Arbenz dringend, er möge die Bauern bewaffnen, damit sie das Land verteidigen können. Aber Arbenz war Pazifist und hatte Abscheu gegen den Krieg sowie Angst vor dem Bürgerkrieg. Wie recht Che Guevara hatte, sollte sich bald zeigen. Einer der größten Großgrundbesitzer von Guatemala war die United Fruit Company, der größte Bananenkonzern der Welt (Chiquita). Sie besitzt rund 10% des Plantagenbodens in Guatemala. Sie kontrolliert dazu nahezu die gesamte Ausfuhr, die zu rund 70% aus Kaffee, zu 15% aus Bananen besteht, letztere kontrolliert sie völlig, denn 95% sämtlicher Bananenkulturen gehören ihr. Sie hat über 50 Millionen Dollar in Guatemala angelegt und kontrolliert die vom Staat angeblich verpachtete Eisenbahn. Auch als Importeur ist die United Fruit Company tätig und verdient somit doppelt. Sie macht jährlich einen Reingewinn von bis zu 70% des Aktienkapitals, das sie ständig aus eigenen Gewinnen vergrößert. Sie ist bestrebt, jede Industrialisierung des Landes zu verhindern, um billige Arbeitskräfte zu behalten und von der Einfuhr von Fertigprodukten zu profitieren. Auch die Kleinstbetriebe im Lande hängen unmittelbar von ihr ab, da sie deren Ernten zu einem von ihr diktierten Preis aufkauft.
Dieser Konzern gehört Leuten wie Rockefeller und ähnlichen Größen der US-Politik. Dulles war einer der wichtigsten Vertreter dieses Polypen auf dem Rücken der Völker Mittelamerikas. Im Volksmund heißt der Konzern ganz allgemein 'El pulpo' (der Polyp). Infolgedessen brachen 1954 die USA einen Krieg gegen Guatemala vom Zaun, ein von der UFC und dem CIA bezahltes Söldnerheer unter Castillo Armas drang ins Land ein, brachte Tausende von Bauern um und vertrieb die Regierung Arbenz. Stattdessen setzten die USA eine Militärregierung ein, ähnlich wie z.B. Somoza in Nicaragua, Strößner in Paraguay, Banzer in Bolivien und nun, als jüngstes Beispiel: Pinochet in Chile. Diese Regierung konnte sich nur durch brutalen Terror an der Macht halten und hat bereits über 13 000 Menschen hinrichten lassen. Natürlich wurde den Bauern das Land wieder weggenommen und den Großgrundbesitzern zurückgegeben. Die UFC trat wieder ihre alte Rolle an. Die wahren Vertreter des Volkes sind seitdem im Untergrund und haben inzwischen eine revolutionäre Befreiungsarmee aufgestellt, die in zwei Formationen vor allem kämpft: den Fuerzas Armadas Revolucionarias (FAR) und der Frente Unido de la Resistencia (FUR), die einen auf dem Lande, die anderen in der Stadt. Wir wollen hierbei auf die Geschichte des Revisionismus insofern verzichten, die zur Gegengründung der FUR geführt hat, als sich die FUR inzwischen mehr und mehr vom Revisionismus eines 'friedlichen Übergangs' vom Faschismus zum Sozialismus gelöst hat und den Tatsachen entsprechend handelt. Das Beispiel Chiles und der Volksfrontregierung Allendes wird bestimmt weitere Wunschvorstellungen in den Köpfen der Menschen auch Guatemalas zerstören, das seit März 1970 - kurz vor der Entführung Spretis - von dem Faschisten Arana beherrscht wird, der sogleich zu Regierungsantritt ein Massenschlachten in den Gefängnissen einleitete und schon seinen Wahlkampf unter dem Motto führte, jeden Tag im Jahr einen 'Linksextremisten' öffentlich zu erschießen. Natürlich haben bei diesen Wahlkämpfen der Ladinos Analphabeten kein Stimmrecht, d.h. die Unterdrückten - über 70% des Volkes - sind von vornherein ausgeschlossen. Mit der Terrorbande 'Weiße Hand' sorgt die herrschende Klasse auch dafür, dass selbst liberale Politiker umgebracht werden, damit sich Leute wie Graf Spreti im Lande 'pudelwohl fühlen' können.
Nun, der Krieg in Guatemala geht weiter, und alle Feldzüge der Volksfeinde haben es bisher nicht fertiggekriegt, die Guerilleros unschädlich zu machen, denn sie erhalten Unterstützung und Zulauf aus den über 90% rechtloser und im Elend dahinvegetierender Indios und Mestizen. Selbst die USA geben zu, dass seit 1954 in Guatemala: buchstäblich keine politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Fortschritte mehr' für das Volk von Guatemala erreicht wurden (The Washington Post, zitiert nach SPIEGL 12/70). Was also bleibt ihm anderes übrig als der Krieg? Und dieser Krieg endet selbstverständlich nicht vor dem Gebäude eines Botschafters, erst recht nicht vor dem des Botschafters der BRD, die in engem Bündnis mit den USA ins Land kam und an der Aussagung des Volkes von Guatemala beteiligt ist. Die westdeutschen Interessen werden dabei vornehmlich von der Deutschen Bank, aber z.B. auch der Hamburgischen Kaufmannsbank Nettebohm und Co. AG wahrgenommen, an der die Bank für Gemeinwirtschaft (BfG, d.Vf.) des DGB mit über 60% der Aktien beteiligt ist (zitiert nach 'Wer gehört zum wem?', hg. Commerzbank), und das angesichts der Tatsache, dass jede gewerkschaftliche Tätigkeit in Guatemala verboten ist, bei Todesstrafe! Für Guatemala ist Westdeutschland nach den USA der größte Handels'partner' überhaupt, weil beide, BRD und USA, sich wunderbar miteinander vertragen, d.h. zum Schaden des Volkes von Guatemala riesige Profite erwirtschaften. Dank der Herren Arana Osorio, dank der reichhaltigen Waffenhilfe für die Kompradorenarmee, dank der ausgezeichneten Beziehungen von CIA und entsprechenden westdeutschen Kräften. Wenngleich man sagen muss: Guatemala ist keineswegs das Hauptbetätigungsfeld des westdeutschen Imperialismus in Lateinamerika, sondern Brasilien, wo ja engste Zusammenarbeit zwischen der westdeutschen und der brasilianischen Polizei besteht und von Scheel auch öffentlich gepriesen wurde, gegen 'Mörder' wie die FAR oder welche der Gruppierungen den Botschafter Spreti ganz gewiss aus höchst 'niedrigem Motiv' erschossen hat! Gegen Carlos Marighela und andere 'Mörder', die sich so unsittlich gegen Botschafter wie Holleben betragen, um ein paar 'Halunken' freizukaufen!
Unserm Volk erzählt man die schönsten Dinge über die Wirkung der westdeutschen 'Entwicklungshilfe' in Ländern wie Guatemala. Ja, die BRD betreibt recht eifrig solche Hilfe - für die Deutsche Bank, die IG Farben-Nachfolgerin Hoechst usw. Für jede Million Mark, die die BRD an Steuergroschen als sog. Entwicklungshilfe ins Land steckt, erhalten die Großkapitalisten 3 - 4 Millionen zurück. Von der einen Million erhält natürlich das Volk auch nichts, sondern das kommt den Schmarotzern im Lande zugute, damit die an einem Bündnis mit dem westdeutschen Großkapital interessiert bleiben. Davon können die sich Luxusvillen bauen (die ihnen die Neue Heimat (NH, d.Vf.) auch noch einrichtet) und Waffen besorgen, um damit solche Terrororganisationen wie die WEISSE HAND in Guatemala oder die TODESSCHWADRON in Brasilien zu halten. Wir haben daher in unserer Antwort auf den Leserbrief geschrieben: 'Die BRD ist voll integriert in die imperialistische Globalstrategie der USA und die Konkurrenz der Imperialisten ist nur EINE Seite des imperialistischen Systems: man teilt auf und herrscht. Demzufolge müssen die unterdrückten Völker der Dritten Welt - von Vietnam bis Guatemala - im westdeutschen Imperialismus ebenso ihren Feind sehen wie im US-Imperialismus. Die Herren Botschafter... sind Agenten (gleich Vertreter) des Imperialismus und daher Feinde des Volkes.' Daraus wird die Folgerung abgeleitet, die uns hier zur Last gelegt wird: 'Ein Volk, das um seine Befreiung kämpft, muss seine Feinde schlagen.'
Als Lehrer in der Schule darf ich den Schülern gegenüber Im Geschichtsunterricht die preußische Erhebung 1813/1814 loben und ihnen beibringen, wie mutig damals das deutsche Volk die Fremdherrschaft Napoleons abgeschüttelt hat. Und in der preußisch/russischen Kriegsgefangenschaft sind Tausende französischer Soldaten ermordet worden! Wenn man dasselbe auf andere Völker anwendet, dann soll das alles keine Gültigkeit mehr haben? Das Gericht beweist damit, dass es für einen Geist der Völkerverständigung, wovon Leute wie Brandt groß herum schwätzen, nichts übrig hat. Als Vertreter der westdeutschen Monopolherrschaft muss es den proletarischen Internationalismus, den Zusammenschluss der Arbeiter aller Länder und der unterdrückten Völker, hassen wie die Pest. Denn ein solcher Zusammenschluss, wenn er einmal zustande kommt, wird das Ende der Monopolherrschaft bedeuten. Ich bekenne mich hiermit unumwunden für die Einheit der Arbeiter aller Länder und der unterdrückten Völker der Welt.
Ein Ausdruck dieses Bekenntnisses ist ja auch die Internationale, der Kampfruf der Pariser Kommune von 1871, die zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit dieses Prinzip zur Grundlage ihres Staates gemacht hat. WIR KÄMPFEN ALSO IN DIESEM VERFAHREN UM DIE LEGALE MÖGLICHKEIT, ÜBER KLASSENAUSEINANDERSETZUNGEN UND KRIEGE IN ANDEREN LÄNDERN AUS DER SICHT DER UNTERDRÜCKTEN UND AUSGEBEUTETEN ZU BERICHTEN.
ZWEITENS ist die Rede davon, dass der westdeutsche Staat ein Staat der Imperialisten ist. Er steht fest an der Seite der USA, unterstützt deren Überfall auf die Völker Indochinas, unterstützt bedingungslos die Mordpolitik des Staates Israel als des Vorpostens der Wallstreet in Palästina am Volk von Palästina, Bonn liefert zudem Waffen an zahlreiche Ausbeuterstaaten, so z.B. an Portugal, damit es weiterhin in einem erbarmungslosen Krieg gegen die Völker Angolas, Mozambique und Guinea Bissaus seine Kolonien aufrechterhalten und damit zugleich die Interessen Krupps am angolanischen Erz und die Interessen von Hochtief, Siemens, Demag usw. am Cabora-Bassa-Staudamm in Mozambique und an der engen Zusammenarbeit mit dem rassistischen Südafrika (Azania, d.Vf.) und Rhodesien (Zimbabwe, d. Vf.) aufrechterhalten kann. Die BILD-Zeitung empört sich darüber, dass SPD-Leute wie Wischnewski sich mit angeblichen Mördern von der FRELIMO, der Befreiungsfront von Mozambique, wie Dos Santos an einen Tisch setzen können, und vertuscht damit zugleich, dass die Brandtregierung bisher keineswegs die Waffenlieferungen an Portugal eingestellt und Militärberater wie z.B. den ehemaligen SS-Obersturmbannführer Hernando Schultz abberufen hat, die in Afrika die gleiche Rolle spielen, die die Mordbanditen der Green Bereits am Volk von Vietnam gespielt haben. Wir können uns für unsere Unterstützung der lateinamerikanischen Widerstandsbewegung nicht auf die Wischnewskis berufen, denn sie haben ja nur die Aufgabe, für den Fall eines Sieges der FRELIMO die revolutionären Kräfte zu spalten und einen Teil von ihnen für die aggressiven Interessen der Siemens und Co. einzuspannen. Erinnert sie hier auch an die recht eigenartige 'Entwicklungshilfe', die vor zwei Jahren (vgl. 22.11.1970,d.Vf.) ruchbar wurde, als die Regierung Sekou Toure in Guinea rund 80 westdeutsche 'Entwicklungshelfer' festnahm und einige davon zum Tode verurteilte: es handelte sich um Bundeswehrsoldaten, die zugleich einen Überfall portugiesischer Kolonialtruppen auf Conakry und den Regierungspalast unterstützen, mit dem die fortschrittliche Regierung beseitigt werden sollte.
Hier wurden uns Märchen der Rührseligkeit über den Grafen Spreti aufgetischt, aber sehen wir uns mal seine Karriere an, so erfahren wir so nebenbei, dass dieser Graf sich zuvor als westdeutscher Botschaftsangehöriger in Portugal gerade im eben beschriebenen Sinne 'Verdienste' erworben hat: über wen lief denn die Vermittlung solcher Nazigrößen als Militärberater, wenn nicht über die westdeutsche Botschaft? Wir erfahren ferner, dass er der letzte westdeutsche Botschafter in Kuba war, nachdem Castro bereits an die Macht gekommen war und der Vertreter der US-amerikanischen Zuckermonopolisten Batista gestürzt war. Im Zusammenhang mit dem Verrat der Raketenbasen an die US-Imperialisten fällt auch der Name Spreti, und die kubanische Regierung sieht sich veranlasst, die diplomatischen Beziehungen zur BRD abzubrechen. Solche Dinge wurden einem noch vor drei Jahren so nebenbei im SPIEGEL mitgeteilt, was der heute auch nicht mehr täte. Von daher können wir uns lebhaft vorstellen, welche Rolle Spreti am Hofe Aranas in Guatemala gespielt hat, wo er sich ja im Kreise der Volksaussauger und Terrorherrscher nach eigenem Bekunden 'pudelwohl' gefühlt hat.
Die Tatsache, dass das Regime bis heute nicht in der Lage ist, diejenigen ausfindig zu machen, die ihn hingerichtet haben, ist ein Hinweis darauf, dass das Volk von Guatemala diese Tat billigt und die Revolutionäre vor dem Zugriff des Regimes schützt. Graf Spreti ist von den rechtmäßigen Vertretern Guatemalas für seine Verbrechen am Volk von Guatemala und an anderen Völkern hingerichtet worden. Natürlich muss es das Großkapital ungeheuer fuchsen, wenn einer, der dazugehört, in dieser Weise bestraft wird. Ich verstehe völlig, wenn die Herren, die uns hier anklagen und sich erdreisten, über uns Gericht zu sitzen, empört sind. Sind sie es, so machen sie damit deutlich, dass sie sich zum erlauchten Kreise der Spretis rechnen und daher Alpträume haben müssen, was wohl ihnen eines Tages widerfahren kann, wenn das deutsche Volk, wenn die deutsche Arbeiterschaft die Herrschaft der Geldsäcke und ihres Staates abgeschüttelt haben wird. Wer zu solchen Alpträumen der Bourgeoisie zu wenig Phantasie hat, dem empfehlen wir einen Besuch von Bunuels Film 'Der diskrete Charme der Bourgeoisie' - oder er hört sich Degenhardts Fassung des Liedes 'EL CONDOR PASA' an, worin es heißt: '400 Jahre lang war es still im Lande der Inkas. Dann passierte folgendes. Es gab zwar kein Gold mehr im Lande der Inkas. Dafür gab es aber Eisen, Kupfer und Blei. Die Großmacht USA beschloss daher, das Land der Inkas vor dem Kommunismus zu schützen. Man errichtete Bergwerke und Minen und ließ unter Aufsicht einiger Nachkommen der spanischen Eroberer die Nachkommen der Inkas darin für sich arbeiten. Das ging eine Zeitlang gut. Aber dann fanden die Inkas ihre Sprache wieder. Sie organisierten sich. Und jetzt operieren sie in kleinen Guerilla-Einheiten in den größeren Städten. UND DA MUSS AUCH SCHON MAL KRETI UND SPRETI DRAN GLAUBEN. Diese Gruppen und alle Volksbefreiungsarmeen der Welt werden den Yankee-Imperialismus (und nicht nur diesen!) ausrotten. Und deshalb kriegt das alte Inkalied EL CONDOR PASA eine letzte Strophe: Der Morgen brennt und aus den Bergen fällt der Schrei, Schrei zum Kampf, auf das Land. Und schwarze Panther stehen zum Sprung bereit, überall liegt der Brand. Zerhackt die Yankee-Gier nach Gold und Blut, diese Gier wird nie satt. Erst dann kann Frieden sein in jedem Land, wenn man sie getötet hat. El Condor pasa.' (Im Jahr der Schweine, rororo 1 661, S.82)
WIR KÄMPFEN HIER ALSO UM DIE LEGALE MÖGLICHKEIT, DIE VOM WESTDEUTSCHEN IMPERIALISMUS BETRIEBENE RAUBPOLITIK AN DEN UNTERDRÜCKTEN VÖLKERN ALS DAS ZU BEZEICHNEN, WAS SIE IST: EIN VERBRECHEN AN DER MENSCHLICHEN GESELLSCHAFT! DRITTENS ist hier von der Gewaltfrage die Rede. Ich brauche ja wohl nicht eigens zu betonen, dass es keine Herrschaft gibt, die nicht auf Gewalt baut. Aber es gibt legitime und nicht legitime Gewalt. Und die bei uns legale Gewalt ist nicht legitim, denn sie ist gegen das Volk gerichtet und unterstützt den Ausbeuterstaat. Dieser hat ein Interesse daran, unsere revolutionäre Propaganda zu verbieten. Die sog. 'Gewaltpredigt', die von der Brandt und Co. verteufelt wird, wird für die herrschende Klasse immer gefährlicher, je mehr sich die Arbeiterschaft zur Wehr setzt gegen Unterdrückung und Ausbeutung. Da schreien dann die bürgerlichen Tintenkulis lauthals von 'linksradikalen Hetzern', die das Volk angeblich gegen seine eigenen Interessen aufhetzen. Die Angst des Großkapitals zeigt sich zunehmend auch darin, dass sein Staat sich gezwungen sieht, die revolutionären Losungen zu verbieten, weil immer klarer wird, dass sie allein eine Lösung für die Arbeiter und anderen Werktätigen darstellen. Selbstverständlich lassen die, die doch der Gewalt so abhold zu sein vorgeben, zugleich kräftig drauflos knüppeln.
Wir kennen von Vertretern der Bourgeoisie Aussprüche wie 'Man hätte einen totschießen sollen, dann wäre wieder Ordnung in Deutschland!' Fritz Berg, Chef des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI - am 12.9.1969 anlässlich des Streiks bei Hoesch Dortmund, d. Vf.). Mit solchen Sprüchen wird offene Mordhetze gegen die große Mehrheit des deutschen Volkes, die Arbeiterklasse, betrieben. Im September 1969, als Berg anlässlich der Septemberstreiks das sagte, distanzierten sich eifrig einige Arbeiterbürokraten wie Vetter und Brenner von ihm, um wenige Monate später wieder mit ihm zusammen zu klüngeln. Ein Verfahren ist bis heute gegen Berg selbstverständlich nicht eingeleitet worden, denn er sprach ja nur offen aus, was in Wirklichkeit längst ausgemachte Sache ist. Auch Strauß darf straflos äußern: 'Notfalls werde ich mir mit dem Maschinengewehr den Weg zur Macht freischießen!' Das Bochumer Gericht klagt stattdessen lieber den Revolutionär Michael Schulte an, weil er Strauß einen Faschisten genannt hat. Äußerungen wie die gerade genannte, von Schulte als Beweismittel vorgebracht, werden als wahr unterstellt, aber als unerheblich zurückgewiesen. Strauß durfte sogar öffentlich im Fernsehen anlässlich des bevorstehenden Scheibenschießens der Bonner Präzisionsschützengarde auf den Bankräuber Rammelmayer und dessen Geisel Ingrid Reppel fordern: 'Totschießen, alles totschießen!' Millionen Fernseher haben es gehört, Radiohörer des Mittagsmagazins haben zugehört, wie er schlichtweg die Bankangestellte als Komplizin des Bankräubers beschuldigte, die demzufolge nichts als den Tod verdient habe. Kein westdeutscher Staatsanwalt hat bisher je daran gedacht, gegen Strauß Anklage zu erheben. Dieser Staat riskiert das Leben Unbeteiligter, um einem Reichen einen Teil seines Vermögens zu erhalten, denn Privateigentum gilt ihm mehr als ein Menschenleben.
WIR KÄMPFEN ALSO UM DIE LEGALE MÖGLICHKEIT, IN UNSEREN VERÖFFENTLICHUNGEN DER UNGERECHTEN GEWALT DES BONNER STAATES DIE GERECHTE GEWALT DER BEFREIUNG DES VOLKES VOM IMPERIALISMUS ENTGEGENZUSETZEN. Wir kämpfen darum, die sog. 'wilden' Streiks als gerechten Kampf der Arbeiterklasse gegen die Gewalt der vom Großkapital und Weltimperialismus verursachten Teuerungswelle darzustellen und gegen die Raubpolitik des Bonner Staates den einzig möglichen Ausweg zu verkünden: Enteignung der Enteigner durch den gewaltsamen Sturz der imperialistischen Bonner Staatsgewalt und die Errichtung der Herrschaft der Arbeiterklasse.
ZUSAMMENFASSEND LÄSST SICH SAGEN: Es geht in diesem Verfahren
1. um die legale Möglichkeit, über Klassenkämpfe außerhalb der BRD vom Standpunkt der Volksbefreiungsstreitkräfte aus zu berichten,
2. um die legale Möglichkeit, die räuberische und erpresserische Politik des westdeutschen staatsmonopolistischen Kapitalismus zu brandmarken und dessen Agenten als Volksfeinde öffentlich zu verurteilen,
3. um die legale Möglichkeit, der Gewalt dieses Staates die revolutionäre Gewalt auf dem Felde des Pressewesens entgegenzusetzen. Ich erkläre daher die uns in der Anklageschrift zur Last gelegten Tatbestände für nicht mit dem Paragraphen 140 StGB fassbar und damit uns für nicht schuldig.“ (17)
24. September 1973: In Bochum wurde das Urteil im 'Spreti-Prozess' gesprochen. Laut Landgericht Dortmund werden am 24.9.1973 Klaus Dillmann und andere „wegen öffentlicher Billigung eines Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten verurteilt“. Die Strafe wird auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt.
Laut morgiger 'Westfälischer Rundschau' (WR) verurteilt die II. Große Strafkammer des Bochumer Landgerichts Klaus Dillmann zu „einer viermonatigen Freiheitsstrafe mit Bewährung, sowie einer Geldbuße in Höhe von 1 000 DM, der Mitangeklagte Norbert O. (27) kam mit einer Geldstrafe von 1 500 DM davon“.
Laut Landgericht Bochum ergeht in der Strafsache Dillmann 'wegen öffentlicher Billigung eines Mordes' vor der II. großen Strafkammer des Landgerichts Bochum (auf die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des erweiterten Schöffengerichts in Bochum vom 18.5.1972) gegen Dillmann und Norbert Otte folgendes Urteil:
„Die Angeklagten werden wegen öffentlicher Billigung eines Totschlags (Paragraphen 140, 138 StGB) verurteilt, und zwar der Angeklagte DILLMANN zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten, der Angeklagte OTTE zu einer Geldstrafe von 1 500 DM ersatzweise für je 25 DM zu einem Tag Freiheitsstrafe. Die Vollstreckung der gegen den Angeklagten Dillmann erkannten Freiheitsstrafe wird zur Bewährung ausgesetzt. Dem Angeklagten Otte wird für die Zahlung der Geldstrafe eine Frist von einem Jahr gesetzt, die mit dem Tage der Rechtskraft des Urteils beginnt. Die Angeklagten haben die Kosten des Verfahrens und die ihnen erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen.
GRÜNDE:
I.
Die Angeklagten sind mit dem Urteil des erweiterten Schöffengerichts in Bochum vom 18.5.1972 von dem Vorwurf der öffentlichen Billigung eines Mordes freigesprochen worden. Dagegen hat die Staatsanwaltschaft form- und fristgerecht Berufung eingelegt.
II.
In der erneuten Hauptverhandlung vor der Berufungskammer sind folgende Feststellungen getroffen worden: Der 34-jährige aus Wanne-Eickel stammende Angeklagte KLAUS DILLMANN studierte, nachdem er die Volksschule und das Gymnasium glatt durchlaufen sowie das Abitur abgelegt hatte, in den Fächern Latein und Geschichte Philologie, bestand jedoch lediglich in Geschichte das Examen. Sein Interesse an Latein soll angeblich deshalb geschwunden sein, weil die Arbeiterkinder in diesem Fach mangels elterlicher Hilfe benachteiligt seien. Das Examen will er insoweit zudem nicht bestanden haben, da seine Arbeit wegen eines entsprechenden Artikels über die vorerwähnte Benachteiligung der Arbeiterkinder mit 'ungenügend' zensiert worden sei. Nachdem der Angeklagte zwischenzeitlich bei verschiedenen Firmen - beim Bochumer Verein, bei der Opel AG, der Ruhrtaler Gesenkschmiede und der Gea/Luftkühler - gearbeitet hatte, studierte er ab 1971 an der PH in Dortmund und bestand im Herbst 1972 das Examen. Seit dem 1.12.1972 ist er als Lehramtsanwärter im Schuldienst tätig und verdient ca. 700 bis 800 DM netto.
Der seit der Geburt an Asthma leidende Angeklagte ist ansonsten nicht ernsthaft krank gewesen. Bei einem Arbeitsunfall sind allerdings von einer Säurelösung zwei Fingen worden (d. Vf.); diese Verletzung ist jedoch inzwischen folgenlos verheilt. Der ledige Angeklagte ist noch nicht vorbestraft. Der 27-jährige aus Bochum stammende Angeklagte NORBERT OTTE studierte, nachdem er die Volksschule glatt durchlaufen, auf dem Gymnasium die Klasse der Unterprima wiederholt und das Abitur bestanden hatte, zunächst Musikwissenschaft und Theatergeschichte. Er vernachlässigte dieses Studium jedoch ab 1967/1968 mehr und mehr und wechselte 1970 zur PH Essen über, wo er alsbald das Examen abzulegen gedenkt. Auch dieser Angeklagte hat in den Ferien bereits bei verschiedenen Firmen - u.a. bei der Hoch- und Tiefbau AG, den Stahlwerken, dem Bochumer Verein, der Gea/Luftkühler und der Opel AG - gearbeitet. Der mit einer Lehrerin verheiratete Angeklagte - aus dieser Ehe stammt ein 11 Monate altes Kind - ist bisher nicht ernsthaft krank gewesen. Der Angeklagte ist ebenfalls noch nicht vorbestraft.
Die politisch sehr interessierten und aktiven Angeklagten, die in der Vergangenheit bereits an zahlreichen Studentendemonstrationen teilgenommen haben und sich insbesondere für extrem links gerichtete Ziele engagieren, waren seit 1969 als verantwortliche Redakteure der Bochumer Studentenzeitung (BSZ) tätig, die vom Vorstand der Studentenschaft an der Ruhruniversität, dem seinerzeit u.a. der Zeuge Starostik angehörte, herausgegeben wurde und die in einer Auflage von ca. 8 000 Exemplaren erschien. In diesem Presseorgan haben die Angeklagten sich in den Nummern 58 und 59 vom 9.4. und 23.4.1970, wie im einzelnen noch darzustellen sein wird, mit der seinerzeit in Guatemala erfolgten Entführung und Erschießung des deutschen Botschafters Karl Graf von Spreti befasst. Dem waren in Guatemala folgenden, den Angeklagten aus der allgemeinen Presse bekannte Ereignisse vorausgegangen:
Der deutsche Botschafter Graf von Spreti ist am 31.3.1970 in Guatemala auf der Fahrt zu seiner Residenz von mehreren mit Maschinenpistolen bewaffneten Männern, die mit zwei Fahrzeugen den Weg des Botschafters blockierten, entführt worden. Am 1.4.1970 erhielt die deutsche Botschaft in Guatemala auf einer Visitenkarte des Botschafters ein erstes Lebenszeichen des Entführten; auf der Visitenkarte war handschriftlich mitgeteilt, dass er sich in den Händen der Fuerzas Armados Rebeldes (FAR) befinde, es ihm wohl gehe und er auf seine baldige Rückkehr hoffe. Ebenfalls am 1.4.1970 wurden von den Entführern der angebliche Entführungsgrund und die Freilassungsbedingungen bekanntgegeben. Danach soll die Entführung erfolgt sein, weil der Botschafter auf intellektueller und exekutiver Ebene ein Element gewesen sei, das die imperialistische Politik verwirklicht habe, durch die viele Völker in Elend und Rückständigkeit gehalten und in Aggressionskriege geführt worden seien. Die Freilassungsbedingungen lauteten:
1. Freilassung von 16 namentlich aufgeführten Verhafteten Guerilleros und Übergabe an die mexikanische Botschaft unter Zusicherung freien Geleits;
2. Einstellung der Repression gegen die FAR und das guatemaltekische Volk;
3. Die genannten Bedingungen sind innerhalb kurzer Frist zu erfüllen. Im negativen Falle wird Botschafter von Spreti 'exekutiert'. Diese Forderungen sind später noch dahin erhöht worden, dass die Freilassung von 22 Personen sowie die Zahlung von 700 000 Dollar verlangt und dabei eine 48-stündige Frist bis zum 4.4.1970 um 15 Uhr Ortszeit gesetzt wurde. Trotz intensiver Bemühungen der Bundesregierung, die mit Nachdruck unter Ausnutzung sämtlicher internationaler Möglichkeiten die Erfüllung der Bedingungen der Entführer gefordert und die Zahlung des Geldbetrages übernommen hat, ist es nicht zu der Freilassung des Botschafters gekommen.
Besondere Schwierigkeiten sollen insbesondere deshalb entstanden sein, weil es sich bei den verhafteten Guerilleros weitgehend um Personen gehandelt hat, die bereits rechtskräftig verurteilt waren und deren Freilassung deshalb durch das Appellationsgericht verfügt werden musste. Nachdem die Botschaft noch am 4.4.1970 weitere Lebenszeichen des Botschafters, nämlich mehrere Briefe und ein Telefonbandgespräch mit einem der Entführer erhalten hatte, wurde die Botschaft am 5.4.1970 durch einen Leichenbestatter dahin unterrichtet, dass eine Leiche gefunden sei, bei der es sich vermutlich um den Botschafter handele. Der Geschäftsträger der Botschaft hat sich daraufhin zu dem angegebenen Fundort begeben und den erschossenen Botschafter identifiziert.
Die Angeklagten haben in der Nummer 58 der BSZ vom 9.4.1970 unter der Überschrift 'Zum Fall Spreti' folgende Veröffentlichung vorgenommen: In der Nummer 59 der BSZ vom 23.4.1970 haben die Angeklagten zunächst folgende Leserzuschrift veröffentlicht: Zu dieser Leserzuschrift ist von den Angeklagten, die die Tötung des Botschafters bewusst und gewollt öffentlich billigen wollten - der Angeklagte Otte hat dabei allerdings lediglich bedingt vorsätzlich gehandelt - ebenfalls in der Nr.59 der BSZ vom 23.4.1970 folgende 'Anmerkung der Redaktion' veröffentlicht worden: ...
III.
Die vorstehenden Feststellungen beruhen auf den Einlassungen der Angeklagten, soweit ihnen gefolgt werden konnte, den eidlichen Aussagen der Zeugen Dr. Leuteritz und Starostik sowie auf den in der Hauptverhandlung teilweise verlesenen und teilweise inhaltlich erörterten prozessualen Vorentscheidungen und Urkunden.
Die Angeklagten, die die getroffenen Feststellungen in objektiver Hinsicht voll eingestehen, haben in der Berufungsverhandlung gemeinsam folgende Erklärung abgegeben: 'Wir sind nach wie vor der Ansicht, dass die uns zur Last gelegten Sätze nicht mit Paragraph 140 StGB messbar sind. Zum Zeitpunkt des Erscheines der Artikel war uns nicht bekannt, dass sie nach Paragraph 140 StGB verfolgt werden könnten. An einem Prozess waren auch wir natürlich nicht interessiert. In der BSZ standen Artikel, die politisch wesentlich brisanter waren. Wir hätten nicht im Traum daran gedacht, dass ausgerechnet dieser Artikel soviel nach sich ziehen würde. Selbstverständlich hätten wir, wären uns die strafrechtlichen Folgen bekannt gewesen, den Artikel zumindest redaktionell überarbeitet.' Der Angeklagte Dillmann hat sich darüber hinaus wie folgt verteidigt: Die beiden Veröffentlichungen in der BSZ müssten unter Beachtung folgender Ereignisse in Guatemala beurteilt werden:
Im Jahre 1954 hätten die USA gegen Guatemala, das sie mit ihren Wirtschaftskonzernen hätten ausbeuten wollen, einen Krieg begonnen und durch ein von dem Obersten Armas geführtes Söldnerheer tausende von Bauern umbringen und die aus allgemeinen Wahlen hervorgegangene volksfreundliche Regierung Arbenz vertreiben lassen. Die eingesetzte Militärregierung habe sich nur durch brutalen Terror an der Macht halten können. Seither seien die wahren Vertreter des Volkes von Guatemala, denen das Regime ihr Land weggenommen habe, im Untergrund und inzwischen in einer revolutionären Befreiungsarmee organisiert. Seit März 1970 werde Guatemala von dem Faschisten Arana beherrscht, der schon seinen Wahlkampf unter dem Motto geführt habe, an jedem Tag im Jahr müsse ein Linksextremist öffentlich erschossen werden. Mit der Terrorbande 'Weiße Hand' sorge die herrschende Klasse in Guatemala dafür, dass selbst liberale Politiker umgebracht werden. Bei diesen Verhältnissen sei den Unterdrückten nichts anderes übrig geblieben, als den Krieg fortzuführen, der selbstverständlich nicht vor dem Gebäude einer Botschaft, und erst recht vor dem des Botschafters der BRD ende, die im engen Bündnis mit den USA ins Land gekommen sei und sich an der Aussaugung des Volkes von Guatemala beteilige.
Interessant sei auch die 'Karriere' des Grafen von Spreti, der sich bereits als Botschafter in Portugal 'Verdienst' im vorerwähnten Sinne erworben habe und der Botschafter in Kuba gewesen, im Zusammenhang mit dem Verrat der Raketenbasen an die US-Imperialisten erwähnt und schließlich des Landes verwiesen worden sei. Diese 'Vorbelastung' lasse ahnen, welche Rolle von Spreti am Hofe Aranas in Guatemala gespielt habe, wo er sich im Kreise der Volksaussauger und Terrorherrscher nach eigenen Angaben 'pudelwohl' gefühlt habe. Es sei daher durchaus verständlich, dass das Volk in Guatemala die Tötung des Botschafters gebilligt habe, der von den rechtmäßigen Vertretern Guatemalas für seine Verbrechen an diesem Volk und an anderen Völkern hingerichtet worden sei. Im Hinblick auf diese Entwicklung sei der Inhalt der Beantwortung der Leserzuschrift entstanden und schließlich gefolgert worden:
'Ein Volk, das um seine Befreiung kämpft, muss seine Feinde schlagen.' Im Kampf gegen den Imperialismus sei es unter Umständen erforderlich, dass Botschafter entführt und notfalls erschossen werden. Dies öffentlich darzustellen, könne nicht strafbar sein. Derartige Vorfälle seien im Übrigen auch für die Bundesrepublik, in der ebenfalls der Weg zum Faschismus beschritten werde, denkbar. Vorliegend ginge es, so hat der Angeklagte Dillmann zusammenfassend erklärt, um die legale Möglichkeit über Klassenkämpfe außerhalb der BRD vom Standpunkt der Volksbefreiungskräfte aus zu berichten, die räuberische und erpresserische Politik des westdeutschen staatsmonopolistischen Kapitalismus zu brandmarken und dessen Agenten als Volksfeinde öffentlich zu verurteilen und der Gewalt dieses Staates die revolutionäre Gewalt auf dem Feld des Pressewesens entgegenzusetzen.
Der Angeklagte Otte hat über die vorerwähnte gemeinsame Erklärung hinaus zwar auch auf die von dem Mitangeklagten geschilderte und bewertete Darstellung der Verhältnisse in Guatemala Bezug genommen, jedoch einschränkend erklärt, mit den Artikeln habe um allgemeines Verständnis für den Weg geworben werden sollen, den die Unterdrückten im Falle von Spreti gewählt hätten. Er habe sich mit der Befreiungsbewegung solidarisieren wollen, jedoch dahingestellt sein lassen, ob die Einzelmaßnahme - die Tötung des Botschafters - richtig gewesen sei. Er habe den gesamten Vorfall als einen Notwehrakt mit Todesfolge angesehen. der Botschafter sei gleichsam als Faustpfand entführt und infolge des Verhaltens des Regimes notwendigerweise getötet worden. Dies öffentlich darzustellen, habe er ebenfalls nicht für strafbar gehalten.
IV.
Zwar konnte nicht festgestellt werden, dass der deutsche Botschafter Graf von Spreti ermordet, nämlich in einer besonders verwerflichen Begehungsform im Sinne von Paragraph 211 Abs. 2 StGB getötet worden ist. Aus diesem Grunde kam auch eine Verurteilung wegen öffentlicher Billigung eines Mordes nicht in Betracht. Die Angeklagten haben jedoch die vorsätzliche Tötung, nämlich die Erschießung des Botschafters und damit das Verbrechen eines Totschlags öffentlich gebilligt (Paragraphen 140, 138 StGB). Der Grund dieser Strafvorschriften liegt in der Gefährdung der Allgemeinheit durch die Schaffung eines psychischen Klimas, in dem neue Delikte der bezeichneten Art gedeihen können; durch diese Strafbewehrung soll die öffentliche Sicherheit, insbesondere das Gefühl der Rechtssicherheit geschützt werden; der Gesetzgeber will verhindern, dass andere zur Begehung gleichartiger Taten verleitet werden. Der Straftatbestand des Paragraphen 140 StGB bezieht sich auch auf Taten, die von Ausländern im Ausland gegen deutsche Staatsangehörige begangen worden sind. Dies ergibt sich aus der Entstehungsgesichte der Vorschrift, die zwar dafür spricht, dass die von Ausländern im Ausland gegen ausländische Rechtsgüter begangenen Taten nicht erfasst sein sollen, die jedoch unzweifelhaft erkennen lässt, dass deutsche Rechtsgüter, die im Ausland von Ausländern verletzt werden, von der Schutzvorschrift erfasst sind. Die öffentliche Billigung von Untaten, die, wenn sie im Ausland von Ausländern gegen deutsche Rechtsgüter begangen werden, Inlandsbeziehung haben, gefährdet auch den deutschen Rechtsfrieden. Die Angeklagten haben die Tötung des Botschafters öffentlich gebilligt. Sie haben in ihrer Anmerkung zu der Leserzuschrift klar zu erkennen gegeben, dass sie das Verhalten der Entführer gutheißen und moralisch hinter den Tätern stehen. Nur in diesem Sinne einer erklärten Billigung des Totschlags ist die Anmerkung zu der Leserzuschrift, mit der die Darstellung der moralischen und politischen Grundsätze verlangt wurde, zu verstehen. Die Gutheißung geht insbesondere aus dem Bezug hervor, der zwischen der Einstufung des Botschafters als Feind des Volkes von Guatemala und der Feststellung gesetzt wird: 'Ein Volk, das um seine Befreiung kämpft, muss seine Feinde schlagen.'
Mit dieser Beantwortung der Leserzuschrift haben die Angeklagten sich bei verständiger Würdigung des gesamten Inhalts der Redaktionsanmerkung moralisch hinter die Täter gestellt. Die Angeklagten haben auch vorsätzlich gehandelt. Aus der Einlassung des Angeklagten Dillmann, die zugegebenermaßen mit seiner bereits zur Tatzeit vorhanden gewesenen inneren Einstellung identisch ist, geht zweifelsfrei hervor, dass er die Tat der Entführung bewusst und gewollt gebilligt hat. Diesen Angeklagten trifft somit der Schuldvorwurf des unbedingten Vorsatzes. Demgegenüber hat der Angeklagte Otte unwiderlegt nur mit bedingtem Vorsatz gehandelt. Er gibt einerseits zu, dass er um allgemeines Verständnis für das Verhalten der Entführer im Falle von Spreti habe werben und sich mit der Befreiungsbewegung habe solidarisieren wollen. Sofern er andererseits meint, er habe die Richtigkeit der Einzelmaßnahme dahingestellt sein lassen, ist dies in der Antwort auf die Leserzuschrift nicht zum Ausdruck gekommen. Dies hat der Angeklagte aber bewusst in Kauf genommen und dabei gebilligt, dass die Redaktionsanmerkung auch als Gutheißung der Einzelmaßnahme der Entführer verstanden wird.
Der Vorsatz der Angeklagten bezog sich ferner auf die Rechtswidrigkeit der gebilligten Handlung (zu den nachfolgenden drei Absätzen werden die Angeklagten hingewiesen auf: BGHSt 2, 194; Schönke-Schröder; StGB, 16. Auflage Randziffern 115-132 zu Paragraph 59 StGB; Dreher, StGB, 33. Auflage, Anm. IIE 1-3 und II F 1-2 zu Paragraph 59 StGB). Auch der Angeklagte Otte ist nach der Überzeugung der Kammer nicht von einem Sachverhalt ausgegangen, der die Tötung des Botschafters unter dem Gesichtspunkt der Notwehr oder aus einem anderen Grunde als gerechtfertigt erscheinen lassen könnte. Von dem Botschafter ging weder ein gegenwärtiger rechtswidriger Angriff, noch ein sonstiges Verhalten aus, das seine Tötung erlaubte. Dies haben auch die Angeklagten erkannt, die sich somit nicht in einem den Vorsatz ausschließenden Tatbestandsirrtum befanden. Die vorstehenden Ausführungen gelten sinngemäß für die irrtümliche Annahme von rechtlich nicht anerkannten oder zwar anerkannten, aber inhaltlich (grenzenmäßig) verkannten Rechtfertigungsgründen sowie für die irrtümliche Annahme von Entschuldigungsgründen. Ein insoweit in Betracht kommender spezieller Verbotsirrtum lag daher ebenfalls nicht vor.
Die Angeklagten haben sich ferner nicht über das allgemeine Verboten sein ihres Verhaltens geirrt. Ihnen mögen die vorerwähnten Strafvorschriften unbekannt gewesen sein. Das Bewusstsein, Unrecht zu tun, erfordert indes nicht die Kenntnis der Strafbarkeit ihres Tuns. Es genügt vielmehr das Bewusstsein, die Handlung verstoße möglicherweise gegen ein gesetzliches Verbot. Notwendig und ausreichend ist, dass dem Täter seine Laienvorstellung, sein Rechtsempfinden sagt, dass er Unerlaubtes tut. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Angeklagten wussten zur Überzeugung der Kammer, dass die öffentliche Billigung des Totschlags eines deutschen Botschafters unerlaubt ist. Für die Beurteilung ihres Verhaltens waren auch keine besonderen Rechtskenntnisse erforderlich. Bei dem Tatbestand des Paragraphen 140 StGB handelt es sich nicht um ein typisches Pressedelikt. Es bestand daher auch im Hinblick darauf, dass die Angeklagten nicht hauptberufliche Redakteure waren, keine besondere Erkundigungspflicht. Das Problem der falschen Belehrung stellte sich somit nicht. Im Übrigen haben die Angeklagten sich nicht darauf berufen, dass ihnen tatsächlich eine falsche Rechtsauskunft über die strafrechtliche Beurteilung ihres Verhaltens erteilt worden ist.
Die Angeklagten waren somit wegen öffentlicher Billigung eines Totschlags zu bestrafen. Beide mögen im Hinblick auf ihre Überzeugung von der ungerechten Behandlung des Volkes in Guatemala als sog. Überzeugungstäter gehandelt haben. Dieser Umstand kann aber, da die Überzeugung des Täters zu seinen Beweggründen und Zielen i.S. von Paragraph 13 Abs. 2 StGB gehört, nicht zur Straflosigkeit führen, sondern allenfalls, nämlich bei achtenswerter Motivation als positiver Strafzumessungsgrund gewertet werden.
V.
Ausgangspunkt der Strafzumessung musste die gesetzliche Strafandrohung sein, die die Verhängung von Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren vorsieht. Daneben kann auf Geldstrafe erkannt werden. In besonders schweren Fällen beträgt die Freiheitsstrafe mindestens 1 Jahr und höchstens 5 Jahre ... Die Kammer hat das Vorliegen eines besonders schweren Falles verneint und ist bei der eigentlichen Strafzumessung von der Schuld der Angeklagten ausgegangen; dabei sind die Wirkungen, die von der Strafe für ihr künftiges Leben in der Gesellschaft zu erwarten sind, berücksichtigt worden. Die Kammer hat sämtliche für und gegen die Angeklagten sprechenden Umstände gegeneinander abgewogen und dabei namentlich das Vorleben, ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die Beweggründe und Ziele ihres Tatverhaltens berücksichtigt. Im Einzelnen hat die Kammer den Angeklagten ihre Unbestraftheit, das Eingeständnis des äußeren Tatgeschehens und den Umstand zugutegehalten, dass ihre Überzeugung von der ungerechten Behandlung des Volkes in Guatemala für das Tatverhalten mitbestimmend war.
Zugunsten des Angeklagten Otte ist außerdem sein Handeln in der minder schweren Schuldform des bedingten Vorsatzes bedacht worden. Wegen dieser mildernden Umstände konnte die Strafe dem unteren Bereich des vorerwähnten Strafrahmens entnommen werden, obwohl das öffentlich gebilligte Verhalten zu den schwersten der von Paragraph 138 StGB erfassten Delikte gehört. Bei dem Angeklagten Dillmann musste entgegen dem Antrag der Staatsanwaltschaft auf eine kurzfristige Freiheitsstrafe erkannt werden. Bei dieser Entscheidung hat die Kammer sich allerdings nicht von der im Schlusswort des Angeklagten enthaltenen Erklärung leiten lassen, eine gegen ihn verhängte Geldstrafe werde, da er sich bei dem Tatverhalten 'im Amt befunden habe', ohnehin von dritter Seite erstattet. Die Kammer ist vielmehr der Überzeugung, dass dieser Angeklagte durch eine Geldstrafe nicht hinreichend beeindruckt und insbesondere nicht von der Begehung ähnlicher Straftaten abgeschreckt werden kann. Bei dem Angeklagten Dillmann handelt es sich um eine linksextreme uneinsichtige Täterpersönlichkeit, die mit allem Nachdruck zu einer gesetzmäßigen Lebensführung in unserer rechtsstaatlichen und freiheitlichen Ordnung angehalten werden muss. Es sind somit besondere täterbezogene Umstände vorhanden, die zur Einwirkung auf den Täter, d.h. aus spezialpräventiven Gründen die Verhängung einer kurzfristigen Freiheitsstrafe unerlässlich machen (Paragraph 14 StGB). Ein derartiger Strafausspruch stellt vorliegend die 'Ultima Ratio' dar; auf ihn konnte trotz der grundsätzlichen Bedenken gegen kurze Freiheitsstrafen nicht verzichtet werden.
Bei dem Angeklagten Otte war der Strafzweck dagegen mit einer Geldstrafe zu erreichen. Dieser Angeklagte hat sich in der Hauptverhandlung weitgehend von der uneinsichtigen Haltung des Mitangeklagten distanziert. Dass dies nicht noch deutlicher geschehen ist, führt die Kammer auf die zwischen beiden Angeklagten bestehenden Gefühle der Solidarität zurück. Unter Berücksichtigung dieses Für und Wider hat die Kammer gegen den Angeklagten Dillmann eine Freiheitsstrafe von 4 Monaten und gegen den Angeklagten Otte eine Geldstrafe von 1 500 DM verhängt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe konnte zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Kammer hofft, dass der Angeklagte Dillmann sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird.
Dem Angeklagten Otte ist im Hinblick darauf, dass er zur Zeit im Examen steht und noch kein Einkommen hat, eine Stundungsfrist von einem Jahr gewährt worden (Paragraph 28 StGB). Die Verhängung der Ersatzfreiheitsstrafe beruht auf Paragraph 29 StGB." (18)
8. Juli 1954: Oberst Castillo Armas wird erster Putschpräsident. Beginn der Repression gegen die fortschrittlichen Kräfte im Land (ca. 9.000 Oppositionelle wurden in der ersten Zeit nach dem Putsch ermordet, davon viele nach Folterungen). Das verteilte Land wird seinen früheren Besitzern zurückgegeben. Arbeiter und Bauerngewerkschaften werden aufgelöst.
Mai/Juni 1956: Große Protestdemonstrationen von ArbeiterInnen und StudentInnen gegen die Putschregierung.
1957: Castillo Armas wird unter mysteriösen Umständen von einem Rechtsradikalen ermordet.
1958: Miguel Idígoras Fuentes wird Präsident.
1959: Das "Gesetz zur industriellen Förderung" gewährt Investoren große Vergünstigungen. (Steuererlass, Importmöglichkeiten u. a.).
1959: Kubanische Revolution unter Fidel Castro und Ernesto "Che" Guevara.
13. Nov. 1960: Eine Verschwörung gegen Idígoras, an der etwa 30% der Armee teilnehmen, wird zerschlagen. Eine Gruppe von Aufständischen, unter ihnen Turcios Lima (später FAR s. u.), versteckt sich in den Bergen von Izabal und Honduras.
März/April 1962: Zahlreiche Demonstrationen und Kundgebungen in Guatemala-Stadt gegen das Regime Idígoras.
Dezember 1962: Gründung der Guerillaorganisation FAR (Aufständische Streitkräfte).
März 1963: Sturz von Idígoras nach einem Militärputsch unter Oberst Peralta Azurdia. Die Militärregierung setzt die Verfassung außer Kraft. Zunehmende Guerillaaktivitäten.
1965: Ausrufung des Ausnahmezustands und Verkündigung einer neuen Verfassung und baldiger Wahlen.
März 1966: Julio César Méndez Montenegro wird Präsident. Die USA vergrößern ihre Militär- und Wirtschaftshilfe.
Oktober 1966: Der Guerillaführer Turcio Lima stirbt bei einem Autounfall. Blutige Militärkampagne unter Oberst Arana Osorio gegen die Bauern im Osten des Landes. Gründung einer rechten Terrororganisation "Mano Blanca" (Weiße Hand). Starke Unterdrückung im ganzen Land.
März 1970: Oberst Arana Osorio wird Präsident.
November 1970: Ausnahmezustand (bis Nov. 1971) und Beginn einer neuen Unterdrückungswelle: Ausgehverbot, Zensur, Folter und Mord; die Armee besetzt die Universität.
1971: Internationale Kampagne gegen das Regime Arana Osorio.
1972: EGP-Guerillas dringen im Ixcán-Gebiet in den Norden Guatemalas ein.
März 1974: Der General Ríos Montt, der Kandidat der Christdemokraten gewinnt die Wahlen, aber der offizielle Regierungskandidat General Kjell Laugerud wird zum Sieger erklärt. Große Proteste gegen den Wahlbetrug.
1975: Wiedererwachen der Guerillaaktivitäten, Gründung einer neuen Gruppe EGP (Guerillaarmee der Armen). Die Aktionen der extremen Rechten und der paramilitärischen Gruppen nehmen zu.
4. Febr. 1976: Erdbeben: 25.000 Tote, 70.000 Verletzte und über eine Million Obdachlose.
1977: Die repressiven Maßnahmen der Regierung treffen besonders Gewerkschaften und Studentenbewegung.
März 1978: Mit mehr als 60% Enthaltungen wird General Lucas García Präsident. Er ist der gemeinsame Kandidat eines rechten Wahlbündnisses.
April 1978: Komitee für Bauerneinheit (CUC) gegründet.
29. Mai 1978: Massaker in Panzós. Mehr als 100 Kekchí-Indigenas werden von der Armee ermordet.
Februar 1979: 140 Volksorganisationen gründen die "Demokratische Front gegen die Repression" (FDCR).
September 1979: Eine weitere Guerillagruppe, die Organisation des Volkes in Waffen (ORPA) tritt erstmals an die Öffentlichkeit.
1980: Wirtschaftskrise in Guatemala: Fall der Kaffeepreise, Kapitalflucht, Rückgang der Investitionen, wachsende Auslandsverschuldung, Inflation, u. a. Zahlreiche Morde an Priestern und Kirchenmitarbeitern durch Militärs und paramilitärische Gruppen. Die Beziehungen zwischen katholischer Kirche und Regierung verschlechtern sich.
31. Januar 1980: Am 30. Januar besetzen Mitglieder des CUC (Comité de Unidad Campesina) zusammen mit Studenten friedlich die spanische Botschaft. Die Botschaft wird von den Militärs in Brand geschossen. 39 Personen sterben, unter ihnen alle BesetzerInnen. Der spanische Botschafter überlebt verletzt; Spanien bricht die diplomatischen Beziehungen ab.
Februar 1980: Die UNO-Menschenrechtsorganisation in Genf verurteilt Guatemala wegen anhaltender Menschenrechtsverletzungen.
1. Mai 1980: Bei den Maikundgebungen werden über 30 Personen erschossen. Rechte Gruppen ermorden einen belgischen Priester.
5. Juni 1981: Nach dem Amtsantritt von Reagan in den USA wird die Militärhilfe an Guatemala trotz der anhaltenden Menschenrechtsverletzungen durch die Militärs wieder aufgenommen.
14. Juli - 20. Aug. 1981: "Noticias de Guatemala" veröffentlicht eine Übersicht über die Repression der Regierung in diesem Zeitraum: 517 Morde, 141 Verletzte, 150 Entführungen. Die Mehrzahl der Ermordeten zeigen Spuren von Folterungen. Die Entführten verschwinden oder tauchen ermordet wieder auf. Der Bericht beruht auf offiziellen Zeitungsmeldungen - die Dunkelziffer ist erheblich höher.
September 1981: Die Guerillagruppe ORPA berichtet über das erste Halbjahr 1981: 175 Plantagen und Ortschaften militärisch besetzt, 72 Kämpfe mit Militäreinheiten, dabei kamen 1458 Soldaten ums Leben oder wurden verwundet, 39 Kämpfer der ORPA starben.
September 1981: 40.000 Guatemaltekinnen haben in Mexico Schutz vor den kriegerischen Auseinandersetzungen gesucht. Sie werden vom Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen als politische Flüchtlinge anerkannt.
9. Februar 1982: In einer Erklärung geben die vier wichtigsten Guerillaorganisationen EGP, ORPA, FAR und PGT-ND ihren Zusammenschluss in der URNG ("Guatemaltekische Nationale Revolutionäre Einheit") bekannt.
7. März 1982: Durch massiven Wahlbetrug gewinnt General Angel Anibal Guevara die Präsidentschaftswahlen. Proteste werden unterdrückt.
23. März 1982: Nach einem Militärputsch übernimmt eine Militärjunta aus General Efraín Ríos Montt und zwei weiteren Generälen die Regierungsgewalt.
9. Juni 1982: General Efraín Ríos Montt übernimmt alleine die Macht und eskaliert den Krieg; Einführung der paramilitärischen Zivilpatrouillen (PAC) und der wehrdorfähnlichen Modelldörfer und Entwicklungspole.
8. August 1983:Verteidigungsminister General Oscar Mejía Víctores putscht, übernimmt die Macht und führt den Krieg fort.
Juni 1984: Gründung der "Gruppe für gegenseitige Hilfe" (GAM).
Juli 1984: Wahlen für Verfassunggebende Versammlung berät neue Konstitution.
1985: Bildung der "Comandancia General" (Generalkommandantur) der URNG.
Februar 1985: Gründung des Gewerkschaftsdachverbandes UNSITRAGUA.
September 1985: Besetzung der Universität von San Carlos durch das Militär.
9. Dezember 1985: Die Christdemokraten gewinnen die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen. Generalamnestie des Militärs für den Zeitraum von 1982 bis 1986.
14. Januar 1986: Amtsantritt von Präsident Vinico Cerezo.
15. Januar 1986: Verabschiedung der neuen Verfassung.
1986: Abkommen über deutsche Polizeihilfe (10,615 Mio. DM).
August 1987: Mittelamerikanische Präsidenten unterzeichnen das Friedensabkommen Esquipulas II.
7.-10. Okt. 1987: Erste offizielle Verhandlungsrunde zwischen Regierung und Guerilla in Madrid bleibt ergebnislos.
September 1987 - März 1988: Die Militäroffensive "Fin del Año" wird von den Aufständischen zurückgeschlagen.
Mai 1988: Fehlgeschlagener Putschversuch gegen Präsident Cerezo.
Mai 1989: Erneuter Militärcoup scheitert.
August 1989: Unterdrückungswelle gegen die Universität San Carlos, zahlreiche StudentenführerInnen verschwinden. Wochenlanger Streik im Erziehungswesen.
26.-30. März 1990: Vertreter der Guerillabewegung URNG und der Nationalen Versöhnungskommission (CNR) treffen sich in Oslo und vereinbaren die Suche nach einer politischen Lösung der Krise; in den Folgemonaten mehrere Treffen von Guerilla und Parteien bzw. unterschiedlichen sozialen Sektoren.
November 1990: Parlaments- und Präsidentschaftswahlen: Schwere Wahlniederlage der Christdemokraten.
Dezember 1990: Armeemassaker in Santiago Atitlán.
Januar 1991: Der rechtskonservative Jorge Serrano Elías (MAS) wird zum Präsidenten gewählt.
24.-26. April 1991: In Mexico-Stadt treffen sich Guerilla, Regierung und Armee zu einem direkten Dialog; sie vereinbaren eine Tagesordnung mit 11 Punkten, um den "Frieden mit politischen Mitteln" zu erreichen.
10. Dezember 1992: Verleihung des Friedensnobelpreises an Rigoberta Menchú Tum in Oslo. Alternativer Friedensnobelpreis für Helen Mack Chang.
25. Mai 1993: Präsidentenputsch: Präsident Serrano Elias setzt mit Unterstützung der Armeeführung die Verfassung teilweise außer Kraft, löst das Parlament auf, setzt den Obersten Gerichtshof und das Verfassungsgericht ab und schränkt die Bürgerrechte ein. Nach starkem nationalem und internationalem Druck lässt ihn das Militär am 1.6. fallen.
4. Juni 1993: Das Parlament wählt den Menschenrechtsprokurator Ramiro de León Carpio als Interimspräsidenten.
30. Januar 1994: Volksbefragung über Verfassungsänderungen, höchste Enthaltung in der Geschichte des Landes. Änderungen der Verfassung werden mit ca. 15% der Stimmen angenommen.
Januar 1996: Als neuer Präsident tritt Alvaro Arzú Irigoyen (PAN) das Amt an.
29. Dezember 1996: Nach 36 Jahren Bürgerkrieg unterzeichneten Präsident Alvaro Arzú (PAN) und Vertreter der URNG die Friedensverträge für einen "Paz Firme y Duradera".
April 1998: Der Menschenrechtsbericht der katholischen Organisation REMHI über die Zeit des Bürgerkriegs "Guatemala: Nunca más" erscheint. Zwei Tage später wird Bischof Juan Gerardi Conadera, der den Bericht vorstellte, ermordet.
November 1998: Erstmals werden drei frühere Angehörige einer paramilitärischen Miliz wegen der Ermordung von 130 Indígenas während eines Massakers 1982 verurteilt.
1999: Laut dem Bericht der staatlichen regierungsunabhängigen Wahrheitskommission (CEH), die als Teil des Friedensabkommens von 1996 entstanden ist, gingen während des Bürgerkriegs 80% der Massaker auf das Konto von Armee und paramilitärischer Gruppen.
2000: Wahlsieg der rechtsgerichteten FRG (unter Leitung von Ex-General Efrain Ríos Montt). Präsident wird Alfonso Portillo von der FRG.
November 2003: Wahlsieg der GANA ("Gran Alianza Nacional").
14. Januar 2004: Der neue Präsident Óscar Berger Perdomo tritt das Amt an.
(Auszüge aus: Guatemala: Der lange Weg zur Freiheit, Hrsg.: Informationsstelle Guatemala e.V.; siehe: www.guatemala.de)
Letzte Ă„nderungen: 29.03.2018
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