Kommunistische Arbeiterpresse. Betriebszeitung der Zelle Westfalenhütte der KPD für die Hoesch-Arbeiter, Jg. 3, Nr. 19, 10. Jan. 1973

10.01.1973:
Es erscheint die Nr. 19 der 'Kommunistischen Arbeiterpresse' - Betriebszeitung der Zelle Westfalenhütte der KPD für die Hoesch-Arbeiter (vgl. 15.12.1972, 2.2.1973) mit 4 Seiten DIN A4. Der Leitartikel lautet:"
NEIN ZU 46 PFENIG UND 8, 5% FÜHRT AUS!

Albert Pfeiffer hat sich in der Tarifkommission bei der Abstimmung über den 46 Pfg. Abschluß enthalten. Das hat erneut gezeigt, daß die Betriebsratsführung nichts von dem Willen der Hoesch-Belegschaft hält. Die Leitungen der Vertrauensleutekörper fordern uns dazu auf, bei der Urabstimmung mit Nein zu stimmen. Gleichzeitig will sie 'objektive Aufklärung' treiben, warum die Tarifkommission den Abschluß mehrheitlich annahm. Reicht das aus, um nach der Einigung zwischen Kapitalisten und IG-Metall-Führern noch eine Lohnerhöhung durchzukämpfen, die den Interessen der Stahlarbeiter an Rhein und Ruhr entspricht?
Nein. Denn: Über das Verhalten der Mehrheit der Tarifkommission braucht uns niemand 'aufzuklären'. Darüber sind wir seit Freitag aufgeklärt. Jetzt müssen wir darüber reden, wie wir dagegen angehen. Und mit dem reaktionären Paragraphen 11 ihrer Satzung haben die IG-Metall-Führer dafür gesorgt, daß selbst eine klare Mehrheit für Streik den Tarifabschluß nicht aufheben kann. Wenn es gilt, arbeiterfeindliche Maßnahmen der SPD/FDP-Regierung zu verteidigen, denn reden die IG-Metall-Führer viel von Demokratie und der demokratischen Macht der Mehrheit. Wenn aber ihre eigene Politik gefährdet wird, dann sieht die Praxis anders aus: selbst 74% der Arbeiter und Angestellten von Eisen und Stahl reichen nicht aus, um den 46 Pfg. Abschluß vom Tisch zu bringen.

In der IGM-Satzung, Paragraph 11, Absatz 3, heißt es nämlich:
'Der Vorstand darf der Fortführung der Bewegung nur dann zustimmen, wenn mindestens 75 Prozent der daran beteiligten Mitglieder sich dafür ausgesprochen haben.'

Und jedem Kollegen, der nicht spurt, wird offen gesagt, daß sein Lebensunterhalt auf dem Spiel steht, wenn er sich nicht an das hält, was Mannesmann-Aufsichtsrat Loderer und seine Leute in seinem Namen beschließen:
'Die Entscheidungen des Vorstandes sind unter allen Umständen für die betreffenden Mitglieder bindend. Wird gegen den Beschluß des Vorstandes die Arbeit niedergelegt, so verzichten die Mitglieder auf jede Unterstützung.' (IGM-Satzung, Paragraph 11, Absatz 4).

Die IGM-Führer bauen darauf, daß die Kollegen in der Mehrheit noch glauben, wenn es hart auf hart geht, stünden die Gewerkschaftsführer auf ihrer Seite. Aber die Niederhaltung von Streikmaßnahmen zur Durchsetzung wirklicher Lohnerhöhungen durch die Führungen der DGB-Gewerkschaften ist systematisch und planmäßig. Das zeigen uns nicht nur die Zitate aus der Satzung. Das zeigt z. B. auch eine von der Baden-Württembergischen IG-Metall (Verwaltungsstelle Schwäbisch Gmünd) herausgegebene Broschüre über den Metallarbeiterstreik des letzten Jahres, in deren Vorwort es wortwörtlich heißt:
'Die Arbeiter waren über die sture Haltung der Metallindustrie erbost und die Gewerkschaftsfunktionäre hatte alle Mühe, Arbeitsniederlegungen, die nicht geplant waren, zu unterbinden.'

Kollegen, Loderer und Co. bauen darauf, daß wir den Tarifabschluß für gelaufen halten, daß viele von uns heute auf ein klares Nein verzichten, weil sie meinen, es habe ja doch keinen Zweck. Tatsächlich kann man in diesen Tagen manche Kollegen so reden hören. Aber diese Haltung ist falsch. Die geschlossene Front der Arbeiter und Angestellten von Eisen und Stahl ist stärker als alle Kapitalisten und IGM-Führer zusammen!

Deswegen, um allen Kollegen zu zeigen, daß es noch Zweck und Erfolgsaussichten hat, gegen den Abschluß vom vergangenen Freitag zu kämpfen, muß noch heute und morgen gestreikt werden! Und wir alle müssen verhindern, daß durch den reaktionären 75%-Paragraphen der Streik verhindert wird und sich die IGM-Führer noch mit demokratischer Abstimmung brüsten.
DARUM: HEUTE UND MORGEN VON JEDEM KOLLEGEN EIN KLARES NEIN!
UND DARUM: NOCH HEUTE UND MORGEN STREIK!
DENN: WAS UNS ERFOLG BRINGT, IST NICHT DER STIMMZETTEL, SONDERN DER GESCHLOSSENE UND SOLIDARISCHE KAMPF!"

Auf Seite 3 erscheint der Artikel:"
WILLY BRANDT - WAHRHAFT EIN FRIEDENSKANZLER

Nachdem die USA-Mörder kurz vor Weihnachten barbarische Bombenüberfälle auf die nordvietnamesischen Städte Hanoi und Haiphong starteten, schlug Nixon in der ganzen Welt eine Welle der Empörung entgegen. Nicht nur Massendemonstrationen in vielen Ländern zeigen, daß die USA-Imperialisten sich immer mehr isolieren. Jeder Staat, jede Regierung, jede Persönlichkeit, die immer noch einen Funken Gerechtigkeit und Menschlichkeit ha, brachten ihre Abscheu noch über die neuerliche Eskalation des Bombenterrors öffentlich zum Ausdruck.
Diejenigen, die der sozialdemokratischen Regierung im letzten Jahr ihre Stimme gaben, warten bis heute vergeblich auf eine Äußerung von Willy Brandt:
DER TRÄGER EINES FRIEDENSNOBELPREISES HAT ES OFFENSICHTLICH NICHT NÖTIG, AUCH NUR MIT EINER SILBE AUF DIE SYSTEMATISCHE VERNICHTUNG EINES GANZEN VOLKES EINZUGEHEN.
Ein 'Friedensnobelpreisträger', ein 'Friedenskanzler' kann es sich sogar leisten, auf heftige Angriffe aus seiner eigenen Partei verlauten zu lassen: er wurde schon seine Gründe für sein Schweigen haben. Alle, ganz besonders die sozialdemokratischen Kollegen, diejenigen, die Willy Brandt gewählt haben, weil sie seinen Friedensparolen glauben, müssen dieses Verhalten der sozialdemokratischen Regierung scharf verurteilen.
Sie müssen erkennen: Diese Regierung deckt seine imperialistischen Räuber und Verbrecher. Diese Regierung unterstützt die Aggressionen der USA.

Diese Regierung ist um keinen Deut besser und friedliebender als die kriegslüsterne Nixon-Regierung.
Jede Unterstützung der südvietnamesischen Regierung durch die BRD muß sofort eingestellt werden! Weg mit der Thieu-Botschaft in Bonn! Anerkennung der Demokratischen Republik Vietnam und der Provisorischen Revolutionären Regierung in Südvietnam!"

Gefordert wird:
SOFORTIGE UNTERZEICHNUNG DES 9-PUNKTE-ABKOMMENS DURCH DIE USA-REGIERUNG

Nachdem die USA-Regierung die Pariser Friedensverhandlungen sprengten, versuchte der Kriegsverbrecher Nixon die vietnamesische Verhandlungsdelegation 'an den Verhandlungstisch zurückzubomben', wie er selbst sagte.
Damit wollte der die Provisorische Revolutionäre Regierung Südvietnams kompromißbereit machen und Forderungen wie den Verzicht auf die Wiedervereinigung Vietnams durchzusetzen.
Die beiden Regierungen gingen aber auf Nixons 'Sonderwünsche' nicht ein, da das vietnamesische Volk die Wiedervereinigung seines Landes nicht aufgeben kann.
Unter diesen brutalen Bombardierungen hatte ausschließlich die Bevölkerung zu leiden. 1319 Menschen wurden getötet, ebensoviele verletzt. Die Städte Nordvietnams existieren über der Erde praktisch nicht mehrt, ihre Krankenhäuser und Schulen sind zerstört.
Allen diesen brutalen und unmenschlichen Bombardierungen zum Trotz wächst die Entschlossenheit des vietnamesischen Volkes, solange zu kämpfen bis kein einziger US-Soldat oder Zivilberater mehr in Vietnam ist. Die heroische Luftabwehr der DRV hat seit Dezember ca. 60 Piratenflugzeuge abgeschossen, davon allein 34 B-52-Bomber.
Ein Mitglied der Botschaft der Demokratischen Republik Vietnam in Ostberlin faßte auf einer Solidaritätsveranstaltung der Vietnamausschüsse Westberlins den Willen des vietnamesischen Volkes folgendermaßen zusammen:
'Der USA-Imperialismus wird die Liebe zur Freiheit des vietnamesischen Volkes nicht ersticken. Lieber stehend sterbend, als knieend leben - lieber für die Unabhängigkeit und Freiheit des Vaterlandes sterben, als in der Sklaverei leben.' Und weiter: 'In unserem Volk herrscht die Sehnsucht nach Frieden, aber nicht nach einem Frieden der amerikanischen Art, sondern nach einem echten Frieden. Das ist der Frieden der Freiheit und Unabhängigkeit. Solange der USA-Imperialismus auf seine Aggression nicht verzichtet, wird das vietnamesische Volk weiterkämpfen, bis es seine Freiheit errungen hat.'
In der ganzen Welt wuchs und wächst die Solidarität mit dem vietnamesischen Volk. Die Hafenarbeiter von Australien und Genua weigerten sich, solange amerikanische Kriegsschiffe auszuladen, bis Nixon ein Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet hat. Diese Solidarität hat gesiegt. Vorläufig sind die Bombenangriffe eingestellt. Gerade die letzten grausamen Bombardierungen der US-Luftwaffe haben immer mehr Menschen den wahren Charakter des Krieges in Vietnam vor Augen geführt: Aggressionen von Seiten der Nixon-Regierung - Wille nach Unabhängigkeit und Freiheit auf Seiten des vietnamesischen Volkes.
Angesichts dieser Tatsache wird immer klarer, daß Friedenskanzler Brandt sich eindeutig auf die Seite der USA-Verbrecher stellt.
Jede Bekräftigung der 'Friedenspolitik' von dem Parteivorstand der SPD wird zur Bekräftigung des Friedens der Machart von Nixon und Thieu, wenn Staatsminister Bahr vor seinem Amerikaflug sagt: 'Mit Freunden redet man offen, aber nicht öffentlich!' Diese Unterstützung der USA-Aggression läßt der von der SPD geführte Staatsapparat auch Taten folgen: Überall, wo in letzter Zeit gegen die Bombenangriffe demonstriert wurde, versuchte die Polizei durch überfallartigen Einsatz die Demonstranten auseinanderzujagen, so z.B.: in Bonn, Köln und auch hier in Dortmund. Die SPD-Polizei wurde zum Helfershelfer der USA-Imperialisten.
Aber viele Menschen, die den Bombenterror verabscheuen und denen klar geworden ist, daß das vietnamesische Volk einen gerechten Krieg führt, fragen sich: Vietnam ist weit, wie können wir denn das vietnamesische Volk unterstützen?
Neben der moralischen und materiellen Hilfe durch Demonstrationen und Geldsammlungen können wir in der BRD das vietnamesische Volk ganz konkret unterstützen, indem wir folgende Forderungen der Provisorischen Revolutionären Regierung und der Demokratischen Republik Vietnams erkämpfen:
UNGEHINDERTE EINREISE DER VERTRETER DER PRR UND DRV IN DER BRD!
SOFORTIGE ANERKENNUNG DER DRV!
SOFORTIGE ANERKENNUNG DER PRR!
WEG MIT DER THIEU-BOTSCHAFT IN BONN!
ZULASSUNG VON INFORMATIONSBÜROS DER PRR! Diese Forderungen legen klar, daß die PRR und die DRV die einzige legitimen Vertreter des vietnamesischen Volkes sind, die Thieu-Clique eine vom USA-Imperialismus an der Macht gehaltene Marionette ist.
Unter diesen Forderungen führen die Dortmunder Vietnamausschüsse (VA des NVK, d.Vf.) eine Kampagne zur Unterstützung des vietnamesischen Volkes durch. Die Hoesch-Zelle der KPD unterstützt diese Kampagne und hilft mit bei den Geldsammlungen für den Wiederaufbau von Hanoi und Haiphong, bei den Unterschriftensammlungen für die sofortige Unterzeichnung des 9-Punkte-Abkommens. Für alle Kollegen, die die Kampagne unterstützen wollen, haben die Vietnamausschüsse eine tägliche Kontaktadresse eingerichtet:
HAUS PETERS, RHEINISCHE STRAßE 168, täglich, außer Dienstag,
17.30-19.30 Uhr.
GEBT EURE UNTERSCHRIFT FÜR DIE SOFORTIGE UNTERZEICHNUNG DES 9-PUNKTE-ABKOMMENS!
UNTERSTÜTZT DIE GELDSAMMLUNG FÜR DEN WIEDERAUFBAU VON HANOI UND HAIPHONG!
DEMONSTRATION Am 14. JANUAR IN BONN! -Abfahrt der Busse aus Dortmund, Sonntag, 14 Januar, 9 Uhr am Busbahnhof."
Q: Kommunistische Arbeiterpresse Hoesch Nr. 19, Dortmund 10.1.1973

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