Pädagogische Hochschule Dortmund: Neue DOS - Dortmunder Studentenzeitung, Nov. 1977

November 1977:
Die 'Neue Dos' (Dortmunder Studentenzeitung an der PH Ruhr - vgl. Juli 1977), erscheint mit dem Inhalt:
- PH Auflösung
- Dokumentation: Referentenentwurf zur PH-Auflösung
- ÖTV Stellungnahme zur PH-Auflösung
- GEW- Was ist das?
- Solidarität mit Heinrich Böll
- Ein Ingenieur, der hat’s schwör
- SPD-Nachrichten
- Betr.: Studienordnung
- Aufruf: Hochschulpolitischer Kongress
- Meldungen, Meldungen
- Initiativgruppe Hochschulkindertagesstätte
- Bücher, Kleinanzeigen
- Woanders gelesen
- Veranstaltungskalender November. Im Artikel:
„PH-Auflösung- Ein Schritt zur Gesamthochschule oder Bestandteil reaktionärer Bildungspolitik", heißt es u. a.:
„Während der Semesterferien wurde im Wissenschaftsministerium intensivst daran gearbeitet, wie man am besten und vor allem reibungslos die PH-Auflösung vornimmt. Im letzten Semester stand noch zur Diskussion, ob die PH in die Uni integriert wird, mittlerweile wird die Frage nur noch nach dem wie gestellt. Zwingend notwendig wäre, auch die FH miteinzubeziehen. Um die geplante Eingliederung der PH in die Uni nicht mit der Integrierten Gesamthochschule zu verwechseln, sollte man sich zunächst noch einmal klar machen, welche Erwartungen an die Integrierte Gesamthochschule geknüpft waren:
Seit Mitte Oktober existiert ein Referentenentwurf ‚Gesetz über die Zusammenführung der Pädagogischen Hochschulen mit den anderen wissenschaftlichen Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen‘ des Herrn Minister für Wissenschaft und Forschung des Landes NRW.
Angeblich, so wie Herr Rau meint, soll die PH-Integration ein Schritt zur Gesamthochschule sein, doch im selben Atemzug lässt er verlauten, dass in dieser Legislaturperiode keine neuen Gesamthochschulen errichtet werden sollen. Außerdem steht nur zur Diskussion, die PH's zu integrieren, während die Fachhochschulen isoliert da stehen bleiben sollen, obwohl es doch für eine Gesamthochschule zwingend notwendig wäre, auch die FH miteinzubeziehen. Um die geplante Eingliederung der PH in die Uni nicht mit der Integrierten Gesamthochschule zu verwechseln, sollte man sich zunächst noch einmal klar machen, welche Erwartungen an die Integrierte Gesamthochschule geknüpft waren:
- Öffnung der Hochschulen auch für Nicht-Abiturienten (Studium ohne formale Hochschulreife)
- Ausgleich der unterschiedlichen Eingangsvoraussetzungen (Fachoberschulabsolventen sollten die gleichen Chancen wie Abiturienten haben.)
- Durchlässigkeit der Studiengänge (horizontal und vertikal) und langes Offenhalten der Entscheidungen für unterschiedliche Studienschwerpunkte
- Regionalisierung des Bildungsangebotes -Inhaltliche Studienreform, die die Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis verringern soll.
Durch die Eingliederung der PH in die Uni wird der Praxisbezug des PH-Studiums noch mehr wegfallen.“
Im Artikel:
„Solidarität mit Heinrich Böll“ heißt es:
„Solidarität mit Heinrich Böll - das ist das Motto einer Briefaktion, die durch die Eigeninitiative zweier Lehrer momentan in Dortmund läuft. Anlass dieser Aktion sind die immer häufiger werdenden Angriffe der Reaktion, namentlich Löwenthal, Strauß, Dregger, Filbinger und deren Sympathisanten und der Rechtspresse auf den Schriftsteller, die versuchen, ihn in die geistige Nähe des Terrorismus zu rücken. Höhepunkt dieser Diffamierungskampagne war bisher die Aufforderung der ‚Bild-Zeitung‘ an Böll, die Bundesrepublik zu verlassen.
Heinrich Böll ist neben anderen Personen, wie Prof. Gollwitzer, der Schriftstellerin Luise Rinser oder Pastor Niemöller nur einer der exponierten Opfer dieser Diffamierungskampagne. Weitere Ziele dieser Angriffe sind ganze gesellschaftliche Gruppen wie die Hochschulangehörigen (Studenten, Professoren), die ‚als geistige Sympathisanten des Terrorismus‘ gezeichnet und somit kriminalisiert werden.

Solch offene und versteckte Denunziationen dienen der Reaktion zur Rechtfertigung des weiteren Abbaus der Grundrechte. Ziel diese Briefes, der direkt an Heinrich Böll geschickt werden soll, ist es, durch massenhaft Unterschriften unsere Solidarität mit ihm zu bekunden. Der Öffentlichkeit der Springer-Presse muss eine Gegenöffentlichkeit entgegengesetzt werden. Dieses ist beispielsweise dadurch möglich, dass ihr den Brief, der mit einer Unterschriftenliste auf der gegenüberliegenden Seite abgedruckt ist, rausreißt, in Eurem Bekanntenkreis Unterschriften sammelt, und diese dann an Heinrich Böll schickt…"
Dazu erscheint der Abdruck eines „Solidaritätsschreiben“, das die Solidarität mit Böll einfordert.
Q: Neue DOS, Dortmund Nov. 1977

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25.11.1977:
Laut AStA PH Dortmund (vgl. Nov. 1977), soll an diesem Tag in Hamburg ein „Hochschulpolitischer Kongress des Bundes demokratischer Wissenschaftler“ stattfinden, der am 26. 11. fortgesetzt werden soll. das Motto lautet: „FÜR EINE EXPANSIVE, DEMOKRATISCHE UND SOZIALE WISSENSCHAFTSPOLITIK.“
Dazu erscheint in der ein „Neuen DOS" ein Aufruf, wo es u. a. heißt:
„Die gegenwärtige tiefgreifende Krise des öffentlichen Lebens in der Bundesrepublik und Westberlin prägt sich auch in Wissenschaft und Hochschule aus: Knapp zwei Jahre nach dem Inkrafttreten des Hochschulrahmengesetzes erscheint die Lage an den Hochschulen vielen auswegsloser als je zuvor. Auf die drängenden Fragen nach dem Weg von Hochschule und Wissenschaft in der Zukunft gilt es eine Antwort zu finden.

Der numerus clausus verschärft die soziale Selektion an den Hochschulen, verwehrt vielen Abiturienten den Zugang zum Studium oder drängt sie auf Fachrichtungen ab, die nicht ihren Neigungen und Fähigkeiten entsprechen und in denen sie oft keine berufliche Chance haben. Wenn die Abgewiesenen sich um eine Lehrstelle bemühen, gefährden sie die Berufsausbildung von Haupt- und Realschülern und vergrößern die Jugendarbeitslosigkeit.

In den Hochschulen selbst sind durch eine Politik der finanziellen Restriktionen und inhaltlichen Reglementierung Forschung, Lehre und Lernen zunehmend unter Druck geraten. Stellenstop, Überlastquote, Überfüllung der Lehrveranstaltungen und wachsender Andrang zu den Prüfungen haben die Forschungsmöglichkeiten der Hochschullehrer eingeengt. Die Studienförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz hinkt hinter den Notwendigkeiten her, zwingt die Studierenden zu Nebentätigkeiten und beeinträchtigt so den Lernerfolg. Regelstudienzeiten ohne vorhergehende wissenschaftsgerechte und demokratische Studienreform und ohne ausreichende materielle Absicherung des Studiums werden die Qualität des Studiums senken.

Die durch das Hochschulrahmengesetz vorgeschriebenen Studienreformkommissionen können unter dem Übergewicht der Staatsbürokratie und der Unternehmervertreter lediglich eine wissenschaftsfremde Gängelung der Studieninhalte bringen. Die Verfaßte Studentenschaft und ihr Recht auf freie politische Meinungsäußerung sind schwer bedroht. Berufs- und Theorieverbote engen in wachsendem Maße die Wissenschaftsfreiheit ein. Erstmals seit Bestehen der Bundesrepublik gibt es eine zunehmende Arbeitslosigkeit von Wissenschaftlern. Der wissenschaftliche Nachwuchs kann seine Fähigkeiten nicht mehr in Forschung und Lehre einbringen. Für die Hochschulabsolventen nahezu aller Disziplinen verengt sich die berufliche Perspektive immer mehr. Dies erzeugt bereits im Studium selbst eine Atmosphäre der Angst und Resignation.

Wissenschaft ist eine der Grundlagen jeder modernen Gesellschaft. Ihre Gefährdung und Zerstörung - zum Beispiel durch die Stillegung naturwissenschaftlicher Ausbildungsplätze und die Liquidierung geistes- und gesellschaftswissenschaftlicher Fachbereiche - beeinträchtigt das Lebensniveau der ganzen Bevölkerung. Nur durch eine entscheidende Wende in der Wissenschafts- und Hochschulpolitik können die wissenschaftlichen Potenzen bereitgestellt und gefördert werden, die unsere Gesellschaft in den nächsten Jahrzehnten zur Bewältigung ihrer Probleme benötigt.

Der Problemdruck, der in den vergangenen Jahren an den Hochschulen entstanden ist, kann nicht durch Selbstbescheidung der Wissenschaftler und der Studierenden beseitigt werden. Selbstbescheidung löst keine Probleme- nicht an den Hochschulen, nicht im Öffentlichen Dienst und nicht im Tarifkampf. Mit Recht hat der letzte Bundeskongreß der IG-Metall die die 35-Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich gefordert, mit Recht fordern die Beamten mehr Planstellen im Öffentlichen Dienst. Für die Qualität der Forschungs-, Lehr- und Studienbedingungen gilt das gleiche wie für die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen andernorts: Hier darf nicht verzichtet, hier muß gefordert werden. Neue Arbeitsplätze im Hochschulbereich verbessern die Ausbildung…
Das Hochschulrahmengesetz hat sich bereits jetzt als Fehlschlag erwiesen, seine Umsetzung in den Landeshochschulgesetzen kann die Lage nur noch verschärfen und muß deshalb unterbleiben. Der Politik der Berufsverbote und der Reglementierung wissenschaftlicher Arbeit muß ein Ende bereitet werden. Die Verfaßte Studentenschaft ist ein unverzichtbarer Bestandteil demokratischer Interessenvertretung an den Hochschulen.
Wer diese Ziele erreichen will, kann sich nicht mit passiver Hoffnung auf eine Änderung der Politik von Regierungen und Parlamenten begnügen. Lehrende und Lernende, alle Angehörigen der Hochschule müssen die Öffentlichkeit und die Regierenden selbst massiv auf die Probleme der Wissenschaft und ihre Bedeutung für die Gesellschaft hinweisen und sie mit ihren eigenen Lösungsvorschlägen konfrontieren. Dies setzt gemeinsame Beratung und Einigung voraus. Der Bund demokratischer Wissenschaftler lädt deshalb zu seinem Hochschulpolitischen Kongreß am 25./26. November 1977 nach Hamburg ein. Hier soll die gegenwärtige Lage an den Hochschulen beraten und sollen Aktionsmöglichkeiten diskutiert werden. Der Kongress soll ein Beitrag zum gemeinsamen Kampf der Studentenbewegung, die ab November nationale Streikaktionen durchführt, und der demokratischen Wissenschaftler sein. Alle Wissenschaftler, Gewerkschafter und Studenten, die diese Zusammenarbeit für eine Notwendigkeit halten, sind zum Kongress eingeladen."
Q: Neue DOS, Dortmund Nov. 1977


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