Zur Hauptübersicht der Datenbank MAO

Politische Bewegung in Dortmund 1969 - 1973

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder und Dietmar Kesten


Inhalt

1. Allgemeines
2. Die Stadt Dortmund
3. Der Zeitraum 1969-1973
4. Einzelstudien
4.1 Zu Klassen, Schichten und Generationen
4.2 Zu Betrieben, Branchen, Stadtteilen, Ausbildungsstätten und Institutionen
4.3 Zu Politikfeldern
4.4 Zu aktuellen Themen und Anlässen
4.5 Zu Organisationen und deren Interaktionen
5. Zusammenfassung und Ausblick


1. Allgemeines

Eine der offensichtlichen Schwächen vieler Einzelforschungen und mehr oder weniger darauf beruhender Gesamtdarstellungen im Bereich sozialer und politischer Bewegungen besteht in der unzulänglichen Aufarbeitung der Quellen. In der Regel ist die gesichtete Quellenbasis - aus welchen Gründen auch immer - schlichtweg zu schmal. KonsumentInnen dieser quellenarmen Wissenschaft werden im Endeffekt lediglich mit den durch die subjektive Brille der Forschenden verzerrten Darstellung konfrontiert, die das Problem der Beherrschung des meist schwer überschaubaren Themenbereiches gern durch Kolportage vermeintlich gesicherter historischer Urteile zu lösen versuchen, ohne diese Urteile selbst noch einmal zu überprüfen. So wird die alte Kalte-Kriegs-Strategie üblicher Wissenschaft, die vieles als Geheimnis verbirgt und die niemandem die Reisefreiheit zwischen Studieren und Selbst-Analysieren gewähren möchte, nur ein weiteres Mal tradiert. Demgegenüber gebietet es uns unser Anspruch einer nachvollziehbaren Forschung nicht nur, unsere Thesen zu verbreiten, sondern auch deren quellenmäßige Grundlage öffentlich darzubieten.

Allen, die unsere Veröffentlichungen beziehen, soll es freistehen, zu anderen Schlussfolgerungen zu gelangen als wir. Dem fruchtbaren Streit der Anschauungen sehen wir höchst interessiert entgegen und versprechen uns und anderen davon einen gewissen Lerneffekt. Da eine Bewegung erst zu einer solchen und damit mehr oder weniger geschichtsrelevant wird, wenn sie nicht mehr nur aus einer Handvoll Personen und Kontaktkreisen besteht, sondern wenn sie eine gewisse Breite und Vielfalt erzielt hat, haben die Bewegungsforscher es immer schwer, da den Überblick zu bewahren.

Verschiedene Wege zur Überwindung dieser Schwierigkeit konnten wir beobachten. Die gewagte Behauptung ist der einfachste und daher wohl auch der beliebteste, nahezu pures Unwissen sein Grund. Die radikale Ausblendung mehr oder minder wichtiger Bereiche ist ein ebenso gefährliches Unterfangen, vor allem, wenn sie lediglich zur ideologischen Verbrämung arbeitsökonomischer Gründe dient.

Schlimmer noch sind die Wege des schlichten Totschweigens oder Nichterkennens der Problematik. Wie schon unser Kürzel MAO, das wir durchaus auch in programmatischer Absicht gewählt haben, andeuten soll, haben wir uns für einen anderen Weg, den langen Marsch, entschieden. Nicht für den der forschungsirrelevanten Schnellschüsse, sondern für den des Studiums und der Dokumentation umfangreichen Quellenmaterials sowie den der sich daran anschließenden der Trennung von analytischen Studien und chronologisch gestalteten Materialienbänden.

Zu unserer eigenen und unserer LeserInnenschaft Erbauung haben wir uns dabei bemüht, sämtliche uns zugängliche Quellen auszuwerten. Zwei Jahrzehntelang betriebene Vorarbeiten kamen uns dabei ein wenig zu Gute. Durch die Sammlung, Sichtung von über 2.000 Ordner Inhaltsangaben der enthaltenen Dokumente und EDV-Erfassung von weit mehr als 20.000 Seiten, datiert, kommentiert, sortiert und mehr oder minder korrigiert, konnten so zwei Dinge ermöglicht werden: einerseits das nahezu hemmungslos tiefe Eindringen in das Material des eigentlichen Forschungsfeldes, andererseits die Einbeziehung des lange nicht vollständigen, aber doch sehr breiten - und wie wir meinen, bisher unerreichten - zeitgeschichtlichen Umfeldes.

Ein grundsätzliches Problem der Regionalforschung ist die Wertung und Darstellung der Außeneinflüsse. Eine Studie wie die unserige, die sich auf die politischen Bewegungen in einer Stadt konzentriert, muss die lokale Wirkung eigentlich überregionaler Ereignisse (in Dortmund beispielsweise die häufig stattfindenden zentralen Demonstrationen) und die überregionale Wirkung lokaler Vorgänge („Streiken wie die Hoesch-Arbeiter - Hoesch-Arbeiter kommen weiter!“) wie deren Rückwirkung auf die Bewegung in der Stadt berücksichtigen. Durch die vielen von uns gesichteten, teils nur dokumentierten, teils auch kommentierten internationalen, bundesweiten, regionalen und lokalen Quellen (eben nicht nur aus Dortmund) wird die Lösung dieses Problems möglich.

So gesehen wird vermutlich eine unserer spannendsten Studien die zum „Mythos Hoesch“ werden, den wir auf der Grundlage der Analyse von Hunderten von Betriebs- und anderen Zeitungen aus dem gesamten Bundesgebiet darstellen wollen (1).

2. Die Stadt Dortmund

Auf das Thema „Dortmund“ stießen wir eher zufällig. Durch die Suche nach Material für eine Arbeit über die KPD/ML bzw. die KPD/ML-ZB (2) stießen wir u. a. auf den Roten Punkt und die Teilnahme der genannten Organisationen an diesen Aktionen im März/April 1971. Hinsichtlich der Materiallage gab es jedoch noch einige Schwierigkeiten. Durch eine sehr frühe Kontaktaufnahme zur Dortmunder Geschichtswerkstatt und zu einem der Angeklagten im Roten Punkt Prozess, Klaus DILLMANN, gelang es uns, die Bestände erheblich zu verbessern. So bauten wir mit der Zeit den Roten Punkt zu einer eigenständigen Untersuchung aus. Es blieb jedoch nicht nur dabei. Mit der Herausfilterung der Roten Punkt Prozesse gelangte ein wichtiger Einschnitt. Es zeigte sich erstmalig, wie wichtig die Auswertung der Materialien für eine solche Arbeit ist; denn es zeigte sich, dass der „Mythos Hoesch“ schon sehr früh in die Dortmunder linke Bewegung Einzug hielt.

Erleichternd kam hinzu, dass die Dortmunder Geschichte zwar einerseits eine gewisse Vielfalt an politischen Strömungen zu bieten hat (3), andererseits aber weder eine nahezu unüberschaubare Anzahl dieser Gruppen und Grüppchen aufzuweisen hat, noch eine oder mehrere Universitäten mit Dutzenden von Fachbereichs- und sonstigen studentischen Gruppen, die jederzeit in allen sozialen und thematischen Bereichen unvermittelt intervenieren (4).

Auch die industrielle Struktur war wesentlich auf wenige Zechen und Hoesch sowie einige kleinere Metallbetriebe beschränkt (5), wodurch die Betriebs- und Gewerkschaftspolitik der verschiedenen politischen Strömungen leichter überschaubar bleibt; internationalistische Arbeit konzentriert sich zumeist auf ein Gebiet zurzeit (fast ausschließlich Vietnam). Generell ist Dortmund als eine mittlere Großstadt einzuschätzen, die aber immer wieder - besonders durch ihre (V)Erklärung zum „Herz der Arbeiterbewegung“ etc. - bundesweite Bedeutung erlangt.

Was eine Analyse der politischen Bewegung anbelangt, so bleibt das Dortmunder Material in bestimmter Hinsicht erstaunlich dürftig. Eine Bewegung in dem Sinne nämlich, dass sich etwas bewegt, dass starre Glaubensgrenzen überschritten werden, Menschen und Gruppen sich in wechselnden Zusammensetzungen für ihre Ziele einsetzten, eine Diskussion über verschiedene Konzepte und Anschauungen stattfindet, hat es in Dortmund fast nicht gegeben. In der Regel gab es lediglich einige große Blöcke linker Gruppen (6), die ohne Diskussion untereinander versuchten ihre Politik zu entwickeln und sich fast nie zu gemeinsamen Aktionen zusammenfanden.

Schon die APO- und Nach-APO-Phase bis ca. Mitte 1970, während der es in vielen Städten intensive Diskussionen über verschiedene Theorien und Praxisansätze gab, zeichnet sich in Dortmund dadurch aus, dass es (zumindest soweit uns bisher bekannt ist) kaum eine Auseinandersetzung über Weg und Ziel der Politik der Linken gab. Dies setzt sich fort bis Ende 1973, so dass die Zahl der Aktionen, an denen verschiedene ideologische Blöcke gemeinsam beteiligt sind, an den Fingern einer Hand abgezählt werden kann (7). Dortmund ist in dieser Hinsicht wohl typisch für eine ganze Reihe von Städten (wie z. B. auch Essen, Duisburg, Osnabrück, Ludwigshafen, Düsseldorf), wo es zwar eine Vielzahl verschiedener linker Strömungen gab, diese sich aber kaum miteinander befassten.

Als Hauptursache für die mangelnde Auseinandersetzung der Linken ist wohl das Fehlen einer wirklich großen Hochschule zu nennen. Wenn sich anderswo unter einem Aufruf-Flugblatt für eine Demonstration die Namen eines Dutzends sich untereinander eigentlich heftig befehdender Gruppen befinden, so hat sehr häufig der AStA der Universität die Hand im Spiel gehabt. Auch die an großen Hochschulen bestehende Vielzahl von AusländerInnenvereinigungen, die in der Regel Beziehungen mit verschiedenen deutschen Gruppen unterhielten und diese dadurch ab und an für eine Zusammenarbeit gewinnen konnten oder doch wenigstens zur Auseinandersetzung zu zwingen vermochten, fehlt in Dortmund und vergleichbaren Orten. Das Gleiche gilt für antiimperialistische Komitees, von denen uns aus Dortmund nur die Parteiableger des NVK der KPD bekannt sind. Ein weiterer Anlass für gemeinsame Diskussion und Aktion hätte auch das Buhlen um eine starke unabhängige Formation in einem sozialen Sektor sein können, d. h. vor allem eine Arbeitergruppe (wie z. B. die GOG Opel Bochum), ein Lehrlingszentrum, eine Schülerbewegung etc. Auch diese gab es in Dortmund so nicht. Nahezu alle Aktionen wurden lediglich von einer politischen Strömung durchgeführt und erst beim Dobhardt-Haus entstand eine unabhängige Kraft, die stark genug war verschiedene Linien anzuziehen und zur Auseinandersetzung zu zwingen.

Durch diese mangelnde Bezugnahme aufeinander, wie z. B. bei den Dortmunder RP-Aktionen aus dem Frühjahr 1971, bleiben die von uns gesichteten Quellen zu Dortmund, trotz ihrer großen Anzahl und der Vielfalt der behandelten Themen, merkwürdig steril. Selbst Beschimpfungen oder platteste Abgrenzungen tauchen nur höchst selten auf. Sie gab es aber, wenn meistens auch nur in der Form der verbalen Auseinandersetzungen bei Aktionen und Demonstrationen, oder in bekannter schriftlicher Form, den Betriebszeitungen (8). Eine Bewegung in dem Sinne also, dass etwas im Fluss ist, dass Positionen sich abgrenzen und erneut vereinheitlichen, dass verschiedene Kräfte in wechselnden Konstellationen gemeinsam oder doch wenigstens zum selben Thema getrennt aktiv werden, gibt es so fast nur innerhalb der KPD/ML-Gruppen mit ihren vielen Spaltungen und Wiedervereinigungen, aber nur ganz selten zwischen verschiedenen ideologischen Blöcken.

In der Regel sind die Dortmunder Gruppen lediglich bestrebt, ihre eigene Existenz durch Rekrutierung einzelner neuer Mitglieder zu sichern (9) und Einfluss vor allem bei Hoesch zu erlangen, was während des Untersuchungszeitraums wohl nur der DKP ein wenig gelungen ist.

3. Der Zeitraum 1969 bis 1973

Den Untersuchungszeitraum 1969-1973 bestimmten wir zunächst lediglich durch das uns zur Verfügung stehende Quellenmaterial. Fest stand zuerst, dass eine Geschichte der politischen Bewegungen in Dortmund ohne die vierzehntäglich, später wöchentlich, erschienenen Ortsbeilagen der „Kommunistischen Volkszeitung“ (KVZ) des KBW, die in der Regel eine Vielzahl von Informationen und Datierungen enthalten, höchst lückenhaft sein würde. Diese ab 1974 erscheinenden Beilagen bedürfen noch der Auswertung. Und auch die meisten unserer anderen Dortmunder Sammlungen (z. B. KPD, KPD/ML) brachen ebenfalls Anfang 1974 recht unvermittelt ab bzw. wiesen ab da Lücken von mehreren Jahren auf. Ähnlich verhielt es sich mit dem Material der Geschichtswerkstatt. Diese besaß aus den Jahren 1969 bis 1973 eine reichhaltige Sammlung, bestehend vor allem aus ihr von Klaus DILLMANN überlassenen Materialien, aus den Jahren vor 1969, und besonders zu den Jahren 1971-1973 Aber eben auch nur eine recht dürftige Anzahl von Dokumenten (10).

Erst nach längerer Bearbeitung des von uns zunächst rein nach dem vorliegenden Material gewählten Zeitraumes fiel uns der innere Zusammenhang der Ereignisse in den Jahren 1969 bis 1973, die Geschlossenheit eines Zyklus, auf. Waren die bei Hoesch beginnenden Septemberstreiks 1969 der breit propagierte neue Anfang einer bundesrepublikanischen selbständigen Arbeiterbewegung, der Dutzende von studentischen und anderen APO-Gruppen zur Aufnahme der Betriebsarbeit veranlasste, so begann bei Hoesch auch die Welle der 'wilden' Streiks 1973. Sie bildet bis heute einen Höhepunkt an Breite und Militanz von der Arbeiterschaft selbständig geführten Streikaktionen, die (zunächst) ohne Wissen und Fürsprache der örtlichen Gewerkschaftsgremien zustande kam.

Für die außerparlamentarischen Bewegungen bedeutet das Jahr 1969 bundesweit den endgültigen Zerfall des SDS, der Republikanischen Clubs (RC) oder anderen pluralistischen APO-Gruppen (zumeist aus der Basisgruppenbewegung nach dem Dutschke-Attentat), deren Fraktionen und Cliquen entweder zum Aufbau eigener Organisationen übergehen oder sich anderen bereits existierenden Gruppen wie der neugegründeten DKP, der KPD/ML oder den Trotzkisten der GlM und IAK anschließen.

Dieser kurzen Phase der Organisationsdebatte und der Organisationsgründungen zu Beginn unseres Untersuchungszeitraumes steht die weitgehende Verfestigung der Richtungen Ende 1973 gegenüber.

1973 ist der Nachlass der Jugend- und Studentenbewegung weitestgehend unter den verschiedenen politischen Richtungen aufgeteilt. Die 1969 noch bestehende verwirrende Vielfalt unabhängiger Gruppen, die es jedem selbsternannten 'Kader' oder 'Theoretiker' ermöglichte, zumindest für eine gewisse Zeit eine Organisation ins Leben zu rufen, bestand nicht mehr. Die K-Gruppen hatten ihre Anhängermasse 1973 im wesentlichen durch die Gründung des KBW, die weitgehende Wiedervereinigung der KPD/ML und die fast bundesweite Ausdehnung der KPD so verteilt, wie sie sie für die nächsten Jahre abgesehen von Kaderverschickungen - wesentlich beibehalten sollten. Auch die trotzkistischen Gruppen hatten sich konsolidiert und ihr Terrain abgesteckt, spontaneistische und operaistische Gruppen sich um die „Wir wollen alles“ (WWA) vereint. Durch den Zusammenschluss waren alle Strömungen in der Lage, ihre Publikationstätigkeit breit zu entfalten. Zu sammeln gab es in dieser Zeit kaum noch etwas. Die wenigen Reste der Lehrlings-, Schüler- und Studentenbewegung, die noch existierten, waren wie die neu entstehenden Formationen Ziel der Rekrutierungskampagnen meist mehrerer Richtungen.

Die Aufrechterhaltung der Organisationen ließ sich nur noch durch innere Festigung unter den bereits Organisierten, d. h. höhere weltanschauliche Geschlossenheit und engerer sozialer Zusammenhalt der Mitglieder und dadurch Minimierung des Austrittsrisikos sowie durch größere Aktivität nach außen gewährleisten, wobei die zu Organisierenden nicht mehr wie 1969 ganze, eventuell gar 'arbeitende' Gruppen waren, sondern zumeist einzelne Personen oder sehr kleine Kreise. Dies führte einerseits zu einer immerwährenden Konkurrenz der verschiedenen Linien in allen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen, andererseits beginnt dadurch die Verschiebung der Zusammensetzung der Organisationen,  weg von mehr oder minder autonomen Kollektiven, die jedem Leitungsgremium die Stirn bieten und sich problemlos unabhängig zu organisieren oder einer Gruppe anzuschließen vermögen, wenn die Linie zu absurd oder das Klima in der jetzigen Organisation zu vergiftet werden sollte, hin zu abhängigeren, isolierten Individuen, die politischem oder psychologischem Druck ihrer Führungen leicht nachgeben, da für sie ein Verlassen der Gruppe das Aufgeben der gesellschaftsverändernden Tätigkeit, mithin den Verlust aller Lebenshoffnungen bedeutet. Die für spätere Jahre noch charakteristischeren Kämpfe der Sekten jedweder Couleur kündigen sich in dieser Entwicklung an, obwohl sie natürlich von Anfang an bestanden.

4. Einzelstudien

4.1  Zu Klassen, Schichten, Generationen und sozialen Gruppen

Von den nach dem uns bisher vorliegendem Material möglichen Untersuchungen wären hier durchzuführen Untersuchungen zur:

Kein bzw. nur spärliches Material liegt uns bisher vor zu älteren Menschen, AusländerInnen (besonders der' Ausländerdemo'), Frauen, Auszubildenden.

4.2  Zu Betrieben, Branchen, Stadtteilen, Ausbildungsstätten und Institutionen

In diesem Bereich lassen sich nach dem uns bisher vorliegenden Material nur sehr wenige Stellen finden, an denen eine Tätigkeit verschiedener politischer Strömungen und deren Auseinandersetzung eine Untersuchung der „Bewegung“ sinnvoll erscheinen lassen. Außer von der PH liegt uns bisher dafür ausreichendes Material lediglich von Hoesch vor, aus allen anderen Betrieben, (Hoch-) Schulen etc. kennen wir in der Regel fast nur die Äußerungen und Aktivitäten einer Gruppe, die von uns lediglich auf Widersprüche in ihrer eigenen Politik hin analysiert werden könnte.

4.3  Zu Politikfeldern

Hier lässt sich, selbst wenn kaum eine Diskussion zwischen den Gruppen geführt worden ist, doch immerhin durch Vergleich der Aktionen und Positionen der verschiedenen Strömungen in einigen Bereichen die Unterschiedlichkeit der Ansätze herausarbeiten. Als Bereiche wären hier vor allem zu nennen:

4.4  Zu aktuellen Themen und Anlässen

Hier wären nach unserem bisherigen Forschungsstand zu untersuchen:

4.5  Zu Organisationen und deren Interaktionen

Da, wie bereits mehrfach angeführt, eine Interaktion kaum stattfand, werden wir die Geschichte der einzelnen Gruppen separat darstellen müssen, mal abgesehen von der verwirrenden Durcheinander in den verschiedenen KPD/ML-Formationen.

5. Zusammenfassung und Ausblick

Generell lässt sich heute bereits erkennen, dass sich die Erkenntnisse aus unserer Dortmund-Studie, neben fundierten Aussagen zu wenigen Politikfeldern und einer Reihe von einzelnen Vorgängen in diesen und anderen, wesentlich konzentrieren werden auf die Einordnung der Dortmunder Entwicklung bzw. 'Nichtentwicklung' der linken Bewegung in den bundesweiten Zusammenhang. Dabei wird uns vor allem die gründliche Bearbeitung der sehr häufig in Dortmund durchgeführten zentralen Demonstrationen und Kongresse wie der mit ihnen verbundenen Auseinandersetzungen helfen. Neben den geplanten Materialienbänden, die mit einem ausführlichen Stichwortregister ausgestattet sein werden, planen wir die Herausgabe eines Registers aller in Dortmund tätigen linken Parteien, Organisationen, Gruppen etc. sowie die Herausgabe einer Bibliografie der von uns verarbeiteten Quellen, die sicher den allergrößten Teil der Veröffentlichungen der Linken in Dortmund in den Jahren 1969 -1973 verzeichnen wird.

Durch die Offenlegung unserer Quellenbasis (u. a. auch auf der MAO Seite) in den Materialienbänden wollen wir, darauf sei zum Schluss noch hingewiesen, nicht nur unsere Forschungen nachvollziehbarer und die durch sie errungenen Ergebnisse kritisierbarer machen, sondern ebenfalls weitere Forschungen anregen sowie andere Menschen für eine Beteiligung an unseren zukünftigen Forschungsvorhaben werben.

Anmerkungen:

(1) Hatte die anlässlich der Septemberstreiks 1969 unternommene Propagierung des Beispiels Hoesch in Dutzenden von u. a. betrieblichen Organen der ausklingenden APO oder DKP etc. noch eine reale Grundlage, so verkam in der Metalltarifrunde (MTR) 1971 die 15%-Forderung der Vertrauensleute der Hoesch Maschinenfabrik Deutschland (MFD) zum Popanz. Sie wurde u. a. zeitweise propagiert von der DKP, hartnäckig von den KPD/ML-Gruppen, der KPD, zumindest anfangs von der Aktionseinheit zur MTR (d. h. von nahezu 49 örtlichen Zirkeln, weit überwiegend ML, die später u. a. die Basis des AB, KB und des KBW bilden sollten) sowie von vielen weiteren mehr oder minder unabhängigen regionalen Gruppen. Somit tauchte sie in der überwiegenden Mehrzahl oppositioneller betrieblicher Presseorgane auf. Dargestellt wurde sie dabei häufig als Forderung „der Hoesch-Arbeiter“, wobei die Tatsache, dass es sich bei der MFD um einen zur Metallverarbeitung gehörenden kleinen Mittelbetrieb handelte allzu oft nicht gewusst oder aber verschwiegen wurde. Immer wieder wurde das seit dem 2. 9.1969 errungene Ansehen der Hoesch-Arbeiter der Stahlwerke in die Waagschale geworfen.

(2) In den Veröffentlichungen vor allem konkurrierender Organisationen auch bekannt als Bolschewik, KPD/ML-RF, Gruppe Rote Fahne Bochum (GRFB), Weinfurth/Genger-Clique, Rote Linie, KPD/ML-Bochum, KPD/ML und KJVD etc. Ihr Zentralorgan war die „Rote Fahne“ (RF). Ein wesentlicher Teilaspekt zur KPD/ML-Zentralbüro liegt ebenfalls schon vor. Und es zeigt sich auch hier, wie sehr Dortmund mit der KPD/ML verwoben war, und dass eine linke Dortmunder Geschichte nicht ohne die KPD/ML zu schreiben wäre. Die Untersuchung zur KPD/ML, die durch die Dortmund-Studie, zum Roten Punkt und den Roten Punkt Prozessen teils unterbrochen wurde, teils aber auch bereichert worden ist, wird, werden wir nach weiteren Dortmund-Veröffentlichung verstärkt aufnehmen.

(3) Anarchistische und operaistische bzw. spontaneistische Gruppen fehlen allerdings fast völlig, was die Materie für den Forscher trockener, das Bewegungs-Bild insgesamt farbloser sein lässt und die Darstellung dieser Tendenzen späteren Projekten überläßt. Unsererseits sind dabei - natürlich immer mit Erfassung und Veröffentlichung sämtlicher auffindbarer Dokumente - lediglich Ausarbeitungen über die ‚Proletarische Linke Parteiinitiative’ Berlin und ein Vergleich zur Betriebsarbeit bei Opel in Bochum und Rüsselsheim 1969 - 1973 schon weit über die Hälfte fortgeschritten, obwohl deren Abschluss bzw. die zeitliche Beschränkung der Opel-Studie noch nicht genau bestimmbar ist, da wir auf den Eingang weiteren Materials hoffen.

(4) Das uns bisher vorliegende Material aus dem Hochschulbereich konzentriert sich fast ganz auf die PH und bietet einen, wenn auch teils kleinen Einblick in sämtliche großen bundesweiten StudentInnenorganisationen sowie zentrale und landesweite Auseinandersetzungen in diesem Sektor.

(5) Wobei uns allerdings bisher aus anderen Branchen durchaus weniger Informationen vorliegen, als ihnen gebühren würde.

(6) Zunächst die DKP mit ihren diversen Vorfeldorganisationen wie SDAJ, diversen  kurzlebigen Komitees, deren Mitglieder unbekannt blieben bzw. vermutlich ausschließlich aus dem Freundeskreis der DKP stammten, der DFG/IdK und Teilen der Jusos, später dann die KPD/ML mit einer Reihe von Abspaltungen und Wiedervereinigungen, noch später die aus Berlin zugewanderte KPD sowie den aus ehemaligen KPD/ML-Kreisen hervorgegangenen KBW und einige kleinere Truppen.

(7) Zu nennen wäre hier wohl mit Sicherheit nur der Jugendzentrumskampf um das Dobhardt-Haus und sehr eingeschränkt:

(8) So finden sich wohl in den 'ML'-Zeitungen recht häufig Polemiken gegen die DKP und, wenn auch viel seltener, in den DKP-Veröffentlichungen Attacken gegen die 'MLer', kaum aber gibt es Kritiken der 'MLer' untereinander bzw. der 'MLer' an den Trotzkisten etc. So nahmen die Zeitungen der MLer, hier vor allem der „Rote Morgen“ (ZO der KPD/ML) und die „Rote Fahne“ (ZO der KPD) sowie die Betriebszeitungen bei Hoesch, „Rot Front“ und „Kommunistische Arbeiterpresse“, kaum' Bezug auf die Betriebszeitung „Solidarität“ der Trotzkisten. Und auch in der „Solidarität“ findet sich nur der eine oder andere Hinweis auf die anderen.

(9) Selbst die Übertritte aus einer Organisation in eine andere hielten sich in engen Grenzen. Austritte größerer Gruppen sind uns im Berichtszeitraum nicht bekannt geworden. Im Wesentlichen blieb das Gefüge der K-Gruppen untereinander erhalten. Eine Ausnahme bildet, wie gesagt, die Auseinandersetzung zwischen der KPD/ML (Roter Morgen) und der KPD/ML (Zentralbüro) Anfang 1973.

(10) Zumindest soweit uns damals und bis heute bekannt.


(Berlin, Gelsenkirchen im September 2004)

Valid HTML 4.01!   Valid CSS!


[ Zum Seitenanfang ]  [ Zur Hauptübersicht der Datenbank MAO ]