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Aus Bielefeld lag bei der Auswertung nur bruchstückhaftes einschlägiges Material vor, weitere, mittlerweile vorliegende, Dokumente konnten bisher nicht ausgewertet werden.
Es geht hier um die Fahrpreiserhöhungen im Bielefelder Nahverkehr, von denen im untersuchten Zeitraum diejenigen von 1971, 1976 und 1977 ermittelt werden konnten. Die DKP nimmt zwar 1971 Bezug auf zuvor auch in Bielefeld verhinderte Fahrpreiserhöhungen (vgl. 30.1.1971), von denen aber aus zeitgenössischen Berichten nichts dokumentiert werden konnte.
Gegen die Fahrpreiserhöhungen 1971, - passend wie meist kurz vor den Sommerferien in Kraft tretend – protestieren die bolschewistischen Bielefelder Schüler von der Roten Garde der KPD/ML-ZK (vgl. 28.6.1971, 1.7.1971, 2.7.1971, 3.7.1971), ohne dass über den Ausgang des Strauß' hier etwas berichtet werden kann.
Allein Protest, u.a. an der Carl Severing Berufsschule (vgl. 4.11.1975), aber nicht dessen Ergebnis, kann derzeit auch vermeldet werden von den Fahrpreiserhöhungen 1976 (vgl. 1.1.1976, 6.1.1976) und 1977 (vgl. 14.12.1977).
30.01.1971:
Die DKP gibt ihre 'Unsere Zeit' (UZ) Nr.5 (vgl. 23.1.1970, 6.2.1971) heraus. Auf Seite 13 heißt es:"
WIEDER DER ROTE PUNKT
DEMONSTRATIONEN IN VIELEN STÄDTEN
...
In einigen Städten fanden Koordinierungsbesprechungen statt, um kraftvolle Aktionen gegen die unsozialen Fahrpreise, ähnlich wie die erfolgreichen 'Rote-Punkt'-Aktionen in Hannover, Bielefeld, Minden, Herford oder auch Saarbrücken durchzuführen."
=Unsere Zeit Nr.5,Düsseldorf 30.1.1971
28.06.1971:
Die Rote Garde (RG) Bielefeld der KPD/ML-ZK gibt vermutlich Anfang bis Mitte dieser Woche an Bielefelder Schulen das folgende Flugblatt mit zwei Seiten DIN A 4 unter Verantwortung von Norbert Wohlfahrt, Bielefeld, heraus:"
WIR ZAHLEN KEINEN PFENNIG MEHR NULLTARIF IM NAHVERKEHR!
Nach dem 1. Juli wird die arbeitende Bevölkerung mal wieder tiefer in die Tasche greifen müssen:
- Der Einzelfahrschein kostet 14,2% gleich 0,10 DM mehr
- Die Wochenmarke kostet 18% gleich 1 DM mehr
- Die Monatsmarke kostet 48% gleich 4 DM mehr
Vorsichtshalber hat man den Zeitpunkt der Preiserhöhung auf den Ferienbeginn gelegt, weil dann schon viele Leute in Urlaub fahren. Man hofft auf diese Weise, daß sich die werktätige Bevölkerung Bielefelds nicht gegen die Preiserhöhung wehren wird.
Die Fahrpreiserhöhungen der Stadtwerke sind kein Einzelfall. Sie sind neben Lohnabbau und allgemeiner Preistreiberei ein Mittel der Kapitalisten und ihres Staates, die Kosten der sich verschärfenden Krise auf den Rücken der werktätigen Bevölkerung abzuwälzen.
Bis 1966/1967 schien es, als ob das Geschwätz von der 'Wohlstandsgesellschaft' stimmen würde. Doch schon die Krise 1966/1967 zeigte, daß die Lebensbedingungen der Arbeiter im Kapitalismus jederzeit durch Krisen bedroht sind. Das bedeutet für die Arbeiter Kurzarbeit, Massenentlassungen, Lohnkürzungen und Abbau der Sozialleistungen.
Heute steht die Krise wieder vor der Tür. Und dadurch, daß die Stadtwerke jetzt dem 'kleinen Mann' das Geld aus der Tasche ziehen, ermöglichen sie es den Kapitalisten, Bundesgrenzschutz (BGS,d.Vf.), Polizei und Verwaltung gegen die werktätige Bevölkerung auszubauen.
Und das haben sie auch nötig, denn die Unruhe der Arbeiterklasse steigert sich seit den Septemberstreiks 1969 und 1970 gewaltig, was sich gerade jetzt bei den Lohnkämpfen in der Chemieindustrie (CTR der CPK,d.Vf.) zeigt.
WEM NUTZEN DIE NAHVERKEHRSMITTEL?
Zwar benutzen wir die Verkehrsmittel. Jedoch liegt der Hauptzweck der Beförderung darin, die Bevölkerung in die Betriebe und Kaufhäuser zu bringen, damit die Kapitalisten ihre Profite einstreichen können.
Die Stadtwerke - ein Betrieb der 'öffentlichen Hand' - dienen also NICHT der Öffentlichkeit, d.h. den werktätigen Massen.
DIE SPD - HANDLANGER DER PROFITGEIER!
Der SPD-Stadtrat, der die Stadtwerke verwaltet, gab für die Fahrpreiserhöhungen grünes Licht! Ebenso wie die SPD-Regierung in Bonn der werktätigen Bevölkerung Steuererhöhungen und Preissteigerungen auflädt, der Kapitalistenklasse mit Rüstungsaufträgen und anderen Subventionen unter die Arme greift und damit ihre Profite noch mehr steigert.
WAS GEHT UNS SCHÜLER DAS AN?
Die Demonstrationen und Blockaden der Verkehrsmittel in anderen Städten haben gezeigt, daß Schüler und Studenten mit an der Spitze des Kampfes gegen die Fahrpreiserhöhungen gestanden haben. In Bielefeld werden wir Schüler keinen Aufpreis zahlen müssen. So versuchen die SPD-Bonzen uns Schüler aus der einheitlichen Kampffront herauszubrechen.
Es sind unsere Eltern, besonders aber die Arbeiterfamilien, die zahlen müssen, ob nun die Schülerkarten teurer werden oder nicht. Und morgen werden wir es sein, die als Berufstätige selbst zu blechen haben.
KÄMPFEN WIR GEMEINSAM FÜR DEN TARIF, DER ALLEN NÜTZT: DEN NULLTARIF
Diesem Kampf kann nur eine Organisation Ziel und Richtung geben, die die Einheit aller Werktätigen herstellt. Eine Arbeiterpartei, die nicht beim Kampf um einzelne Verbesserungen für die Arbeiterklasse stehenbleibt, sondern die diesen Kampf mit dem Kampf für den Sturz der Ausbeuterordnung und für die Herrschaft der Arbeiter verbindet, die Kommunistische Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten (KPD/ML).
NEHMT KONTAKT MIT DEN VERTEILERN AUF!
ORGANISIERT EUCH IN DER ROTEN GARDE, DER JUGENDORGANISATION DER KPD/ML!"
Aufgerufen wird auch zu den Aktionen gegen die Fahrpreiserhöhungen (vgl. 1.7.1971).
=RG Bielefeld:Wir zahlen keinen Pfennig mehr Nulltarif im Nahverkehr!,Bielefeld o.J. (1971)
01.07.1971:
Die Rote Garde (RG) Bielefeld der KPD/ML-ZK (vgl. 28.6.1971, 2.7.1971) rief gegen die heutigen Fahrpreiserhöhungen zum Infostand vor C und A von 16 bis 19 Uhr auf.
=RG Bielefeld:Wir zahlen keinen Pfennig mehr Nulltarif im Nahverkehr!,Bielefeld o.J. (1971)
02.07.1971:
Die Rote Garde (RG) Bielefeld der KPD/ML-ZK (vgl. 1.7.1971, 3.7.1971) rief gegen die Fahrpreiserhöhungen zum Infostand vor C und A von 16 bis 19 Uhr auf.
=RG Bielefeld:Wir zahlen keinen Pfennig mehr Nulltarif im Nahverkehr!,Bielefeld o.J. (1971),S.2
03.07.1971:
Die Rote Garde (RG) Bielefeld der KPD/ML-ZK (vgl. 2.7.1971) rief gegen die Fahrpreiserhöhungen heute zur Demonstration um 11 Uhr auf dem Kesselbrink auf.
=RG Bielefeld:Wir zahlen keinen Pfennig mehr Nulltarif im Nahverkehr!,Bielefeld o.J. (1971),S.2
04.11.1975:
Die SMV der Carl-Severing-Schule Bielefeld für Metall- und Elektroberufe mit Berufsschule, Fachoberschule und Fachschule (BS, FOS bzw. FS) Abteilung Metall und Elektro (vgl. 2.2.1976) berichtet über ihre eigene Resolution (vgl. 5.11.1975):"
SMV WENDET SICH GEGEN DIE FAHRPREISERHÖHUNG
Am 4.11.1975 hat der Aufsichtsrat der Stadtwerke GmbH Bielefeld beschlossen, die Preise für den öffentlichen Nahverkehr im durchschnittlich 18% zu erhöhen. Diese Erhöhung soll am 1.Januar 1976 in Kraft treten.
Die Stadtwerke Bielefeld gehören der Stadt Bielefeld. Verantwortlich für die Erhöhungen ist der Stadtrat. Die Ratsfraktionen haben schon vorher insgesamt den Erhöhungen zugestimmt.
Die Erhöhungen treffen insbesondere die Familien der Arbeiter und Angestellten, der Arbeitslosen, die Lehrlinge, Rentner und Studenten. Sie werden vom Staat zur Kasse gebeten, wenn es gilt, das Defizit im öffentlichen Nahverkehr zu begleichen.
Die Stadt Bielefeld ist nicht bereit, auch nur einen Pfennig des Nahverkehrsdefizits zu tragen. Sie gibt das Geld anders aus: Millionen werden ausgegeben zum Bau des Ostwestfalendamms, der keinen anderen Zweck hat als die Verbilligung des Transports für die Kapitalisten.
Doch selbst der Verweis auf 14,3 Millionen DM Defizit im öffentlichen Nahverkehr ist Betrug: Die Stadt Bielefeld rechnet 1975 mit einem Gewinn von 16 Millionen aus den gesamten Stadtwerken.
Die Stadtwerke werden also nicht vom Staat subventioniert, die Stadt will die Gewinne aus den anderen Betrieben der Stadtwerke ungehindert einstreichen. Damit die Staatseinnahmen nicht geschmälert werden, werden jetzt die Benutzer des öffentlichen Nahverkehrs zur Kasse gebeten.
Es ist notwendig, sich hiergegen zusammenzuschließen, dies umso mehr, als die Erhöhung der Fahrpreise im öffentlichen Nahverkehr nur eine Maßnahme ist im Rahmen der ständigen Erhöhungen von Gebühren durch den Stadtrat, der Gas- und Wasserpreise, Abwässergebühren, der Verwaltungsgebühren.
Das Volk soll sein hart erarbeitetes Geld hergeben, bestimmen soll es nichts. Die Volksvertreter im Stadtrat, die sich berufen auf den Willen des Volkes, treten ihn mit Füßen und schieben Millionen in die Taschen der Kapitalisten.
Der Ausplünderung des Volkes durch den bürgerlichen Staat kann nur entgegengetreten werden durch den Zusammenschluß des Volkes.
Treten wir dem Stadtrat entgegen unter den Forderungen:
WEG MIT DEN FAHRPREISERHÖHUNGEN!
WEG MIT DEM BESCHLUSS DER RATSFRAKTIONEN!"
=Carl-Severing-Schule Bielefeld:SMV-Info,Bielefeld Feb. 1976,S.4
01.01.1976:
Die SMV der Carl-Severing-Schule Bielefeld für Metall- und Elektroberufe mit Berufsschule, Fachoberschule und Fachschule (BS, FOS bzw. FS) Abteilung Metall und Elektro (vgl. 2.2.1976) berichtete von den für heute geplanten Fahrpreiserhöhungen (vgl. 4.11.1975).
=Carl-Severing-Schule Bielefeld:SMV-Info,Bielefeld Feb. 1976,S.4
06.01.1976:
Die KPD gibt ihren 'Roten Fahne Pressedienst' (RFPD) Nr.1 (vgl. 23.12.1975, 13.1.1976) heraus und berichtet von Preiserhöhungen in Bielefeld.
=Rote Fahne Pressedienst Nr.1,Köln 6.1.1976
14.12.1977:
Die SAG gibt ihre 'Sozialistische Arbeiterzeitung' Nr.37 (vgl. 30.11.1977, 11.1.1978) heraus und berichtet von Fahrpreiserhöhungen in Bielefeld.
=Sozialistische Arbeiterzeitung Nr.37,Frankfurt 14.12.1977
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