Schneller Brüter Kalkar

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin

Plakat: Demo am 24.9.1977 in Kalkar
Plakat, 1977

Für diese wie immer unvollständige Darstellung wurden keine örtlichen Dokumente ausgewertet. Der Protest gegen den Schnellen Brüter in Kalkar erscheint zunächst noch als regionale bzw. auch niederländische Angelegenheit (vgl. 28.9.1974). Die örtlichen AKW-GegnerInnen aus Kalkar protestieren so gegen das geplante Atomkraftwerk in Bislich-Vahnum im Kreis Wesel (vgl. 15.1.1977) und organisieren vor Ort den Widerstand (vgl. 28.5.1977).

Auch für die bundesweite bzw. internationale Großaktion geht die Initiative offenbar wiederum nicht zuletzt aus den Niederlanden aus (vgl. Juni 1977). Über diese Demonstration, die denjenigen in Brokdorf und Grohnde (vgl. 13.6.1977) folgen sollte, kommt es offenbar zum hier teils geschilderten Konflikt zwischen dem KB und KPD.

Die KPD scheint um die Organisierung einer bundesweiten Aktion bemüht, klagt den KB der Behinderung dieser an sowie der Instrumentalisierung der Anti-AKW-Bewegung, die sie selbst natürlich auch betreibt (vgl. 8.8.1977).

Während die regionalen BI-Versammlungen die Unterstützung beschließen (vgl. 26.8.1977, 1.9.1977, 2.9.1977, 3.9.1977), findet zwar keine bundesweite Anti-AKW-Konferenz, aber doch eine nationale Unterstützerkonferenz für die Aktion statt (vgl. 27.8.1977). Der KB berichtet von den Bemühungen um das Bündnis (vgl. 5.9.1977) und den Querelen mit der KPD (vgl. 18.9.1977), die SAG von den vorbereitenden Aktionstagen (vgl. 12.9.1977, 17.9.1977, 18.9.1977).

Die Demonstration wird dann nicht nur zu einer der größten der Anti-AKW-Bewegung, sondern bietet offenbar dank des Verbots am Bauplatz zu protestieren auch Anlass zum größten Polizeimanöver der Nachkriegszeit (vgl. 24.9.1977), gerät so zum Beispiel für brutale Repression für die linke Agitation (vgl. 26.9.1977, 28.9.1977, 12.10.1977, 18.10.1977), wobei die damals noch zum Protest anregenden Vorfeldkontrollen der Polizei (vgl. Jan. 1978, 16.2.1978) heutzutage längst Alltag geworden sind. Auch ein Film wird über die Demonstration vom 24.9.1977 erstellt (vgl. 27.1.1978).

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

28.09.1974:
In Kalkar demonstrieren, laut KBW (vgl. 16.10.1974), ca. 10 000 Menschen, vor allem aus den Niederlanden, gegen den Schnellen Brüter (AKW).
Quelle: Kommunistische Volkszeitung Nr. 21, Mannheim 16.10.1974, S. 11

KVZ1974_21_22


15.01.1977:
In Wesel wollen, laut KB, die Niederrheinischen Bürgerinitiativen gegen AKW's gegen das AKW Bislich-Vahnum und weitere geplante AKW am Niederrhein demonstrieren.
"Der KB unterstützt die Protestdemonstration der Bürgerinitiativen und ruft alle Initiativen, Freunde und Genossen in Nordrhein-Westfalen dazu auf, sich an der Demonstration zu beteiligen."

Laut KPD (vgl. 19.1.1977) beteiligen sich 800 Menschen u.a. aus den BI's Wesel, Kalkar, Moers, Dinslaken und Voerde.
Q: Arbeiterkampf Nr.96,Hamburg 10.1.1977,S.4; Rote Fahne Nr.3,Köln 19.1.1977

28.05.1977:
Laut KB "hatten der KB und die AK-Ökologie-Frauengruppe aus Essen zu einem Aktionstag in den Orten um Kalkar, dem Standort des 'Schnellen Brüters' aufgerufen. Die Aktion … wurde von den BIs Duisburg und Gelsenkirchen unterstützt". Eine Veranstaltung am Abend wird von ca. 80 Menschen besucht.
Q: Arbeiterkampf Nr.105,Hamburg 31.5.1977,S.9

Juni 1977:
Das KPD-RK NRW (vgl. 8.8.1977) berichtet von der Anti-AKW Landeskonferenz NRW (vgl. 3.7.1977) sowie vermutlich aus dem Juni:"
Schon Wochen vorher war von verschiedenen BI's aus NRW gemeinsam mit den holländischen (niederländischen,d.Vf.) AKW-Gegnern der Plan für eine Großaktion am 24.9. vor dem 'Schnellen Brüter' in Kalkar geplant worden."
Q: KPD-RK NRW:Stellungnahme der KPD zur Verhinderung einer Bundeskonferenz am 27./28.August,Dortmund o.J. (Aug. 1977),S.2

13.06.1977:
Laut KB wird ab heute in Grohnde "der Kühlturmplatz vor dem Gelände für das geplante AKW Grohnde besetzt gehalten. Anlaß hierfür war die Meldung, daß mit den Erdarbeiten zum Bau der Kühltürme begonnen werden soll … Die Grohnder Aktion ist fast einhellig von der Anti-AKW-Bewegung begrüßt worden, so auch vom KB … In einigen Spontikreisen und besonders auch von der KPD wird dies offensichtlich anders eingeschätzt. Seit der Besetzung in Grohnde entfachen sie vor allem in den größeren Städten immer wieder eine besondere Hektik, um möglichst immer die gesamte Bewegung nach Grohnde zu mobilisieren. Mehrfach wurden von ihnen über Nacht telefonische Benachrichtigungssysteme inganggesetzt und Meldungen von angeblich bevorstehenden Polizeieinsätzen verbreitet, um damit die Bürgerinitiativen zu mobilisieren. Wir halten diese Hektik für gänzlich unangebracht und unangemessen. Sie trägt eher zur Verwirrung bei, als daß sie nützt. Bei der KPD steht dahinter offensichtlich die Einschätzung, daß Grohnde jetzt das Zentrum der Bewegung sei (noch vor kurzem war dies ausschließlich Brokdorf, dann Kalkar). In Bremen z.B. spielt sie den Kampf gegen das AKW-Esenshamm gegen die Grohnde-Aktion aus und versucht, alle Aktivitäten auf Grohnde zu konzentrieren. Ihr Professor Scheer rühmte die Besetzung des Kühlturmplatzes als den Beweis, daß man eben Bauplätze doch besetzen kann".
Q: Arbeiterkampf Nr.107,Hamburg 27.6.1977,S.20

08.08.1977:
Das KPD-RK NRW gibt frühestens in dieser Woche das folgende Flugblatt von vier Seiten DIN A4 unter Verantwortung von Marianne Brentzel, Dortmund, Münsterstr.95 heraus:"
STELLUNGNAHME DER KPD ZUR VERHINDERUNG EINER BUNDESKONFERENZ AM 27./28. AUGUST:

1. Die demokratische Willensbildung in den NRW-Bürgerinitiativen und der KB: Am 3.Juli wurde auf der Landeskonferenz der BI'S aus NRW von 34 anwesenden BI's beschlossen, für den 27./28.August eine Bundeskonferenz einzuberufen. Schon Wochen vorher (vgl. Juni 1977,d.Vf.) war von verschiedenen BI's aus NRW gemeinsam mit den holländischen (niederländischen,d.Vf.) AKW-Gegnern der Plan für eine Großaktion am 24.9. vor dem 'Schnellen Brüter' in Kalkar geplant worden. Auf der Landeskonferenz am 3.7. herrschte mehrheitlich die Übereinstimmung, daß es nicht darum ging, mit einer Bundeskonferenz 'anderen Landeskonferenzen und Initiativen eine Unterstützung aufzuzwingen oder die Kalkar-Aktion durch eine Bundeskonferenz 'absegnen' zu lassen, wie der KB schrieb, sondern die BI's waren der Meinung, daß die Bundeskonferenz eine einheitliche Einschätzung der politischen Bedeutung des 'Schnellen Brüters' im Atomprogramm der Schmidt-Regierung erarbeiten sollte und zu beschließen, welche Schwerpunkte im Kampf gegen das Atomprogramm die AKW-Gegner in den nächsten Monaten festlegen sollen.

Die Aufgabenbestimmung für die Bundeskonferenz ist in dem Einladungsschreiben und der Tagesordnung enthalten, auch wenn die Tagesordnung fälschlicherweise den Eindruck erweckt, es ginge bei dieser BK nur um Kalkar. Dies Mißverständnis hätte durch Nachfragen schnell ausgeräumt werden können.

Doch der KB wollte es anders. Auf der Sitzung des Planungsausschusses am 7.8. (vgl. NRW,d.VF.) tauchte aus Hamburg ein Vertreter der 'BUU' oder besser der 'KB-U' auf, und überbrachte eine Resolution gegen eine Bundeskonferenz. Begründung: der Vorschlag von NRW widerspricht dem Beschluß der BK von Hannover (vgl. 14.5.1977,d.Vf.), daß eine BK nur im Rahmen von Aktionswochen im September durchgeführt und dann erst eine zentrale Aktion festgelegt werden soll, außerdem dürfe nicht schon am 27.8. eine Entscheidung für Kalkar fallen, da noch wichtige Gerichtsentscheide anderer AKW's anständen.

Diese Argumentation entsprach völlig den Positionen des KB im 'Anti-AKW-Info NRW Nr.4' (vgl. Juli 1977,d.Vf.). Darin führt der KB gegen eine Bundeskonferenz drei Gründe an:

1. ständen eine reihe von Aufgaben an, die bei einer bundesweiten Planung berücksichtigt werden müßten, um nicht Aktionen einer Region gegen andere auszuspielen. 2. könnte sich eine Kalkar-Aktion in eine ganze Reihe von im Herbst geplanten Aktivitäten einreihen und 3. gäbe es auf einer BK nur böse Blut, das würde die Arbeit in der eigenen Region gegen die andere spalterisch ausspielen.

Gegen diese Positionen des KB wurde im Planungsausschuß richtig festgehalten, daß dies Manöver nur zeigt, daß der KB gegen eine machtvolle Kalkar-Aktion ist. Sonst hätte er ja Abänderungsvorschläge einbringen können.

Die Abstimmung fiel dann 9:6:3 gegen eine Bundeskonferenz aus, wobei die Initiativen vom Niederrhein hauptsächlich deshalb gegen eine BK stimmten, weil es für sie mehr darauf ankam, daß die Kalkar-Aktion breit unterstützt wird.

Leider wurde von niemandem im Planungsausschuß eingebracht, daß der Planungsausschuß nicht so einen wichtigen Beschluß der Landeskonferenz umstoßen kann und zum anderen über eine BK doch nur die Initiativen abstimmen können, die auch auf dem Hannoveraner Kongreß waren oder zumindest deren Beschlüsse unterstützen, was man z.B. von Frau Degen (WSL und Bürgeraktion Stop Kalkar) kaum annehmen kann, die z.B. auch gegen einen BK stimmte. Aber der Opportunismus des KB kennt keine Grenzen, wenn es gilt, seine Positionen durchzusetzen.

Wir jammern jetzt nicht über 'undemokratische' Beschlüsse, es geht um etwas viel wichtigeres: Der Bundeskongreß in Hannover und die Landeskonferenzen in NRW sind positive Ansätze eines für die Anti-AKW-Bewegung wichtigen Prozesses der Stärkung der Vereinheitlichung. Diesen demokratischen Zusammenschluß der Bewegung gegen die außerordentlich starke Front von Staatsapparat und Atomindustrie braucht die Anti-AKW-Bewegung, um das Atomprogramm der Schmidt-Regierung zu Fall zu bringen; was sie nicht braucht ist das selbsternannte Sprechertum der BBU-Vertreter, aber auch nicht die völlige Zersplitterung des Kampfes!

Die Initiativen, die sich in der Bundeskonferenz bisher zusammengeschlossen haben, sind der aktive und vorwärtstreibende Teil der Anti-AKW-Bewegung. Nur wenn sie politisch und organisatorisch klar zusammengeschlossen sind, sind auch Aktionsbündnisse wie z.B. Kalkar möglich.

Die Verhinderung der Bundeskonferenz ist kein Zufall und auch keine nebensächliche Angelegenheit, die man vergessen kann. Dahinter steckt das gesamte opportunistische Konzept des Kommunistischen Bundes (KB). Wenn die KPD sich gründlicher damit auseinandersetzt, dann nicht, weil wir 'sauer' sind, mit unseren Vorschlägen nicht durchgekommen zu sein, sondern weil die Linie und die Praxis des Kampfes gegen das Atomprogramm der Schmidtregierung demokratisch diskutiert und so einheitlich wie möglich durchgesetzt werden muß.

2. Was steckt hinter den undemokratischen Machenschaften des KB?

Die Verhinderung einer Bundeskonferenz am 27.8. zu Kalkar hat dem KB offensichtlich auch intern Kopfschmerzen bereitet. Wie die KB-Zentrale Hamburg ihre Mitglieder und Sympathisanten auf 'Linie' bringt, kann jedermann im Anhang dieses Flugblatts nachlesen. Wir veröffentlichen ein uns zugetragenes internes KB-Dokument, das jedermann beweist, wie planmäßig und systematisch der KB den demokratischen Zusammenschluß der BI's zu verhindern sucht.

Hier bereits eine Kostprobe aus einem NRW-Treff vom 14.7.. Dort heißt es:
'Es gab noch mal eine längere Diskussion bezüglich der BK. Wir hatten ja den Vorschlag gemacht, daß man den Vorschlag der KPD zur Einberufung einer Buko/Kalkar eine Erklärung entgegensetzt, die aus irgendeiner BI verabschiedet wird und mit der Argumentation gegen die BuKo auftritt, ähnlich wie sie jetzt im Rundschreiben an alle BI's geführt wird. Dem Genossen war allerdings selbst nicht ganz klar, wie man gegen diese BuKo und eine nationale Kampagne Kalkar auftreten kann. Schließlich wär Kalkar objektiv gesehen ja das wichtigste Objekt im Atomprogramm der Bundesregierung, es wäre doch wirklich gut, wenn man am Brüter mal national was machen würde…'

Diese Ausführungen sind eindeutig. DER KB WOLLTE EINE BK UND EINE ZENTRALE AKTION ZU KALKAR VERHINDERN Die Frage ist jetzt nur: WARUM? Welche Ziele stecken hinter diesem Vorgehen?

1. Der KB benutzt die AKW-Bewegung als Vehikel seines Organisationsaufbaues:

Wie schon aus den Machenschaften des KB aus Wasserkante bekannt ist, versucht der KB, die gesamte Anti-AKW-Bewegung für sich und seine Politik zu vereinnahmen, unter Einheit der AKW-Gegner versteht er: Einheit mit dem KB und seiner Politik. Als sich z.B. die Duisburger BI wehrte, daß an den Info-Ständen der BI der 'Arbeiterkampf' (AK,d.Vf.) mitverkauft wurde, wurden die parteilosen, unabhängigen Mitglieder gleich der 'KPD-Stimmungsmache' angeklagt. Doch diese organisationsbornierte Machtpolitik hat dem KB in NRW bisher wenig genützt. Er kann allenfalls mit Mini-BI's von drei Mann (Hagen/Essen) auftreten. In dieser Situation der relativen Schwäche fürchtet der KB die demokratisch zusammengeschlossene Anti-AKW-Bewegung wie der Teufel das Weihwasser, er fürchtet eine zentrale Aktion, in der er nicht die bestimmende Position hat.

Eine Volksbewegung gegen das Atomprogramm der Schmidt-Regierung, die mehr als die Summe von Sympathisanten verschiedener Organisationen ist, liegt wohl außerhalb des engen Vorstellungsvermögens des KB.

2. Der KB kennt nur die Alternative: 'Draufhauen oder Umarmen'

Charakteristisch für den KB ist auch sein Verhältnis zu Organisationen wie dem BBU. Für ihn gibt es nur die Alternative: Draufhauen oder Umarmen! Wochenlang bejubelte er in NRW und im Arbeiterkampf unkritisch das Bündnis mit dem LBU/BBU zu Kalkar. Als dann ein Vertreter des BBU auf dem Planungsausschuß auftauchte und sich großzügig bereiterklärte, die Kalkar-Demonstration anzumelden, da wollte der KB-Vertreter gleich zustimmen! Die unabhängigen AKW-Gegner gemeinsam mit Freunden unserer Partei verhinderten dies Manöver des BBU zum Glück. Hätte der KB das Sagen gehabt, wäre die Rechnung von BBU-Schumacher: 'wer wen im Griff hat…' zugunsten des BBU aufgegangen!

Als die Umarmungstaktik mit dem BBU nichts nützte, da war der KB wieder der Vorreiter von Frontalangriffen auf alle Gewaltfreien, auch diejenigen, die ehrlich an einem Bündnis zu Kalkar interessiert sind!

Diese Beliebigkeit von Umarmen oder Draufhauen soll verhindern, daß sich unter den entschiedenen AKW-Gegnern ein klareres Verständnis dafür herausbildet, wer der Freund und wer der Feind in der Anti-AKW-Bewegung ist, und dies verhindert auch, daß wir unter den Mitgliedsorganisationen des BBU/LBU die kämpferischen Teile gewinnen, und die Feinde in den eigenen Reihen, die Schumacher, Leinen und die modernen Revisionisten der D'K'P (DKP,d.Vf.) wirklich entlarven und isolieren.

WELCHE POLITIK VERTRITT DEMGEGENÜBER DIE KPD IN DER ANTI-AKW-BEWEGUNG?

Die KPD arbeitet auf der Grundlage eines Einheitsfrontprogramms in der Anti-AKW-Bewegung, wie es in der Broschüre 'Nein zu den Atomkraftwerken' (vgl. S3.**.197*,d.Vf.) entwickelt ist. Wir verschweigen nicht, daß wir dies Zehn-Punkte-Programm zur Leitlinie unserer Arbeit in der Anti-AKW-Bewegung machen und dafür eintreten, daß dies zum Programm großer Teile dieser Volksbewegung wird. Wir begrüßen aber zugleich jedes Bündnis, was dem Kampf gegen das Atomprogramm der Schmidt-Regierung nützt.

Deshalb begrüßen wir auch das Bündnis zur Großaktion gegen den 'Schnellen Brüter' in Kalkar am 24.9. Die Widersprüche in der Bourgeoisie Westdeutschlands und besonders in NRW haben sich zugespitzt. Der Zeitpunkt ist außerordentlich günstig, mit einer machtvollen Großkundgebung am Bauplatz des Schnellen Brüters gemeinsam mit den holländischen AKW-Gegnern dem Atomprogramm der Schmidt-Regierung einen machtvollen Schlag zu versetzen, und durch unseren Kampf noch größere Teile der Bevölkerung, vor allem Arbeiter und Bauern, für diesen Kampf zu gewinnen.

Zur weiteren organisatorischen und politischen Vereinheitlichung des Kampfes gegen das Atomprogramm schlagen wir vor, daß im Oktober eine Bundeskonferenz stattfindet, die die politischen Erfahrungen neu zusammenfaßt und die wichtigsten lokalen und zentralen Aufgaben der nächsten Monate beschließt."

Im Anhang wird zitiert aus einem vermutlich bundesweiten Papier des KB (vgl. 17.7.1977).
Q: KPD-RK NRW:Stellungnahme der KPD zur Verhinderung einer Bundeskonferenz am 27./28.August,Dortmund o.J. (Aug. 1977)

26.08.1977:
Marschenkonferenz der Bürgerinitiative Umweltschutz Unterelbe (BUU). Laut KB sind Initiativen aus Uetersen, Wedel, Pinneberg, Elmshorn, Quickborn (2), Heide (2), Glückstadt, Brunsbüttel und Itzehoe anwesend:"
Ein Antrag des KBW, am 17.9. eine Großkundgebung am Bauplatz des AKW Brokdorf durchzuführen, wurde bei nur einer Ja-Stimme und zwei Enthaltungen abgelehnt. Stattdessen sprachen sich die Delegierten für eine Großkundgebung nach Aufhebung des Baustopps aus." Eine Mobilisierung für die Großdemonstration in Kalkar wird beschlossen.
Q: Arbeiterkampf Nr.112,Hamburg 5.9.1977,S.9

27.08.1977:
Das KPD-RK NRW (vgl. 8.8.1977) berichtet aus der Anti-AKW-Bewegung:"
Am 3.Juli wurde auf der Landeskonferenz der BI'S aus NRW von 34 anwesenden BI's beschlossen, für den 27./28.August eine Bundeskonferenz einzuberufen."

Die Konferenz aber wird, u.a. seitens des KB (vgl. 17.7.1977), abgelehnt.
Q: KPD-RK NRW:Stellungnahme der KPD zur Verhinderung einer Bundeskonferenz am 27./28.August,Dortmund o.J. (Aug. 1977),S.1ff

27.08.1977:
Laut KB beginnt in Duisburg die zweitägige Nationale Unterstützer-Konferenz, für die Demonstration gegen das AKW Kalkar (vgl. 24.9.1977), "zu der der Planungs-Ausschuß der etwa 40 Bürgerinitiativen aus Nordrhein-Westfalen (NRW) geladen hatte. Getroffen hatte sich dann dort der politisch-organisatorische Kern der Anti-AKW-Initiativen, u.a. aus Norddeutschland (Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Niedersachsen), Hessen und NRW selbst. In zumeist optimaler Einmütigkeit haben die etwa 100 Delegierten und etwa 400 Kongreßbeobachter die politischen und organisatorischen Grundlagen für die Kalkar-Aktion beschlossen, die in entsprechenden Resolutionen formuliert, jetzt für die Mobilisierung eingesetzt werden können. Lediglich zum Punkt der letztendlichen Zusammensetzung der künftigen Demonstrations-Leitung konnte noch keine endgültige Einigung erzielt werden, weil bei diesem - vergleichsweise untergeordneten Streitpunkt - die Vertreter der KPD meinten, ihr Mütchen kühlen zu müssen und am zweiten Konferenztag einen kleineren politischen Eklat durch versuchten aber mißlungenen Abbruch der Konferenz in Szene zu setzen versuchten."

Unter dem Motto "Für ein breites Bündnis in Kalkar" waren, laut KB vom 5.9., aus der BRD "überwiegend BI's aus dem linken Spektrum anwesend. BBU-Initiativen aus Bonn, Aachen und Mainz sowie Initiativen der niederrheinischen NBA beteiligten sich aber ebenso wie der WSL und unterstützten auch den gemeinsamen Aufruf. Da über die Zusammensetzung der Konferenz einige Gerüchte wuchern (so schreibt die in der Bewegung unbedeutende GIM von '50 KB-BUU-Initiativen' aus Hamburg, in der Duisburger BI werden 70 KB-Initiativen aus Hamburg und Umgebung gehandelt), hier die regionale Beteiligung aufgeschlüsselt:
- 26 BUU-Initiativen aus Schleswig-Holstein,
- 29 BUU-Initiativen aus Hamburg (darunter 4 Beobachter),
- 5 Initiativen aus dem Hamburger 'Montagsplenum',
- 17 BI's aus Niedersachsen,
- 6 BI's aus Bremen/Bremerhaven,
- 29 BI's aus NRW,
- 11 BI's aus Hessen,
- 2 BI's aus Rheinland Pfalz,
- 4 BI's aus Baden-Württemberg,
- 1 BI aus dem Saarland,
- 3 BI's aus Bayern …
Etwa 100 BI'S hatten für diese Konferenz Delegierte mit Mandat geschickt.

In den Niederlanden hat bereits im größeren Umfang die Kalkar-Mobilisierung begonnen. In Nijmegen ist dabei ein gemeinsamer Kalkar-Aufruf verabschiedet worden, der von 20 Initiativen, Vereinigungen und Organisationen unterschrieben ist. Darunter finden sich so unterschiedliche Strömungen wie die Trotzkisten (IKB), MLer (KEN/ML), Radikale Partei (PPR), Pazifisten (PSP) und die sozialdemokratische Regierungspartei (PvdA) gemeinsam wider …

Der KBW ist zu den Kalkar-Vorbereitungen überhaupt nicht in Erscheinung getreten. Auf der Kalkar-Konferenz war unter den 400 Teilnehmern nicht ein einziger KBWler. Allerdings ist seine Mitarbeit in Bürgerinitiativen mit Ausnahme einiger norddeutscher BI's auch auf den Nullpunkt gesunken. In NRW lehnten KBWler in der Dinslaker BI als einzige den Kalkar-Aufruf ab. In Bremen-Peterswerder ebenfalls. Sie wollten den Aufruf ändern und sich dafür einsetzen, daß die Bauplatzbesetzung vorbereitet wird … Mittlerweile scheint sich beim KBW die Erkenntnis durchgesetzt zu haben, daß außer ihm alle anderen 'Strichjungen der Bourgeoisie' sind …

Für die KPD gab's auf der Kalkar-Unterstützungskonferenz ein böses Erwachen. Eigentlich hatte sie alles recht schön vorbereitet. Ihre Vorstandspolitiker saßen dick in der Kongreßleitung (2 von 4 Mitgliedern), gegenüber der Demoleitung unternahmen die Vorstandspolitiker der KPD ähnliche Anstrengungen, wenn auch mit erheblich weniger Erfolg. Die KPD rechnete damit, daß der KB (und die BI's in denen er Einfluß hat) die Konferenz 'boykottieren', d.h. nicht erscheinen würden. Ein Flugblatt der KPD, das vor dem Kongreß verteilt wurde, wetterte über diesen Versuch des Boykotts und bemühte sich nach Kräften, den KB bei den AKW-Gegnern in Verschiß zu bringen. Die Vorfreude der KPD war allerdings unbegründet und nur von kurzer Dauer. Die große Zahl der Anwesenden BI-Vertreter (und Beobachter) sorgte dann am ersten Tag für einen weitgehend demokratischen Ablauf des Kongresses und eine breite Debatte der anstehenden Fragen. Vielfach wurde bedauert, daß die KPD diesmal nicht ihre gewohnte Rolle als drittklassiger Sparringspartner für den KB erfüllt hätte, sondern sich eher opportunistisch der Mehrheitsmeinung anpaßte … Über Nacht muß es bei der KPD rund gegangen sein. Die Partei-Linie der KPD wurde 'leicht' verändert. Der Verantwortliche für die Boykott-Linie wurde aller seiner Ämter enthoben … Die neue Richtlinie wurde am nächsten Tag von einer neu formierten KPD-Riege dem verdutzten Publikum vorgetragen. Mit etwas stärkerer Breitenwirkung, da diese Parole auch in den Ohren mancher 'Sponti'-Gruppe ein vertrauter Klang ist. In manchen Kreisen sieht man sich halt lieber vom KB bedroht, als von ihm verlassen zu werden. Die KPD-Riege versuchte einen günstigen Zeitpunkt für einen halbwegs eleganten Abgang abzupassen. Hierfür bot sich alsbald die Diskussion um eine mögliche Erweiterung der Demoleitung an: Beantragt wurde die Aufnahme jeweils eines Vertreters derjenigen Landes- und Regionalverbände der AKW-Gegner in die Demo-Leitung, die die nationale(!) Mobilisierung nach Kalkar unterstützen würden. Dieses Vorgehen entspricht im Übrigen den bewährten Prinzipien bei früheren nationalen Großaktionen … Hiergegen hetzte die KPD-Riege aus vollen Rohren, daß der KB darüber versuchen wolle, sich nun auch noch die Demo-Leitung vollends unterzuordnen und mobilisierte die 'Ängste' vieler NRW-BI's vor Überfremdung von außen. Trotz großer, bzw. überwältigender Abstimmung der Delegierten, sowohl für diesen Vorschlag (70:30), als auch für einen nachgeschobenen Kompromißvorschlag (93:1:5), der in eine ähnliche Richtung zielte, konnte die KPD-Riege - nicht zuletzt durch ihre Überrepräsentanz im Planungsausschuß - und verstärkt durch 'verschreckte' BI-Vertreter aus NRW sowohl auf der Konferenz, als auch danach bisher eindeutige Beschlüsse über eine nationale Einbeziehung anderer Landesverbände verhindern. Damit droht ein demokratisches und vielfach bewährtes Prinzip der Anti-AKW-Bewegung den macht-taktischen Interessen der KPD geopfert zu werden."
Q: Arbeiterkampf Nr.112,Hamburg 5.9.1977,S.1, 7 und 11

01.09.1977:
Delegiertenplenum der Bürgerinitiative Umweltschutz Unterelbe (BUU) Hamburg. Laut KB "wurden die Beschlüsse der letzten Landeskonferenz (LK), die am Ausschluß des KBW festhalten, solange dieser sein provokatorisches Verhalten nicht einer öffentlichen Selbstkritik unterzogen hat" bestätigt. Eine Mobilisierung für die Großdemonstration in Kalkar (vgl. 24.9.1977) wird beschlossen.
Q: Arbeiterkampf Nr.112,Hamburg 5.9.1977,S.9

02.09.1977:
In Schleswig-Holstein findet die Regionalkonferenz Ostküste der Bürgerinitiative Umweltschutz Unterelbe (BUU) statt. Laut KB kamen zu dieser Regionalkonferenz "außer den knapp 20 Delegierten der BI's noch 40 KBWler aus Kiel …, die mit dauernden Unterbrechungen und Geschrei ihre klare Minderheitsposition in allen inhaltlichen Fragen wettzumachen versuchten … Mit einer inhaltlich sehr scharfen Resolution wurde die Hysteriepolitik u.a. des KBW, die moralische Erpressung und das Abenteurertum, das anläßlich der Kampagne zur 'Verhinderung der Rückführung der Baumaschinen' (in Brokdorf,d.Vf.) an den Tag gelegt wird, verurteilt." Eine Mobilisierung für die Großdemonstration in Kalkar (vgl. 24.9.1977) wird beschlossen.
Q: Arbeiterkampf Nr.112,Hamburg 5.9.1977,S.9

02.09.1977:
In Schleswig-Holstein findet die Regionalkonferenz Westküste (WKK) der Bürgerinitiative Umweltschutz Unterelbe (BUU) statt. Laut KB erscheinen "erstmals seit längerer Zeit Vertreter der BI's …, die vorwiegend gewaltfreie Strömungen vertreten. Insgesamt waren 10 BI's anwesend. Als elfte BI wurde auf der Sitzung die BI St. Peter-Ording neu aufgenommen, die sich vor allem aus KBW- und einigen KPD-Anhängern zusammensetzt. Nur gegen die Stimme dieser BI wurde der Unterstützungsaufruf zu Kalkar sowie Entsendung eines Beobachters der WKK in die Demonstrationsleitung beschlossen … Gemäß der in der WKK vertretenen politischen Strömungen wurde je ein Vertreter gewählt, der den Positionen des KB, der Gewaltfreien bzw. der SPD nahesteht". Eine Mobilisierung für die Großdemonstration in Kalkar (vgl. 24.9.1977) wird beschlossen.
Q: Arbeiterkampf Nr.112,Hamburg 5.9.1977,S.9

03.09.1977:
Heute beschließen, laut KB, 11 bayrische Anti-AKW BI's die Unterstützung der bundesweiten AKW-Demonstration in Kalkar (vgl. 24.9.1977).
Q: Arbeiterkampf Nr.112,Hamburg 5.9.1977,S.1

03.09.1977:
Laut KB "wurde die Landeskonferenz der Bürgerinitiative Umweltschutz Unterelbe (BUU) erfolgreich abgeschlossen. Die Delegierten der fünf Regionalverbände der BUU (Marschen, Ostküste, Westküste, Hamburg und Oberelbe) beschlossen in großer Einmütigkeit die volle Mobilisierung der BUU für die Großdemonstration am 24.9. in Kalkar."
Q: Arbeiterkampf Nr.112,Hamburg 5.9.1977,S.9

05.09.1977:
Der KB gibt seinen 'Arbeiterkampf' (AK) Nr.112 (vgl. 22.8.1977, 19.9.1977) heraus.
Im Leitartikel "Kalkar: Breites Bündnis! Unterstützungskonferenz erfolgreich abgeschlossen" heißt es u.a.:"
Immer größere Teile der westdeutschen Anti-AKW-Bewegung beschließen ihre Unterstützung für die nationale Großkundgebung am 24. September in Kalkar, direkt am Bauplatz des Schnellen Brüters. Die Unterstützung kommt sowohl von den großen Regional- und Landesverbänden der AKW-Gegner (am 3. September beschlossen z.B. die fünf Regionalverbände der BUU, nämlich Elbmarschen, Hamburg, Westküste, Ostküste und Oberelbe, einmütig die Unterstützung der Aktion und breite Mobilisierung dazu aus Norddeutschland, eine Unterstützung des Aufrufes beschlossen am 3.9. auch 11 bayrische BIs), als auch den national organisierten Umweltschutz-Verbänden (z.B. BBU, Bund für Umwelt und Naturschutz, etc.), sowie politische Organisationen, u.a. dem KB, dem SB (SBü,d.Vf.), diversen Sponti-Strömungen und - mit regionaler Begrenzung auf NRW - auch der KPD und der Falken (SJD der SPD,d.Vf.). DKP und KBW haben bisher noch keine abschließende Stellungnahme zur Kalkar-Großkundgebung abgegeben. In Norddeutschland hetzt der KBW gegen die Kalkar-Aktion als dem 'Itzehoe des KB'. Erstmals rufen auch die badisch-elsässischen Bürgerinitiativen (Wyhl) zu einer nationalen Großaktion auf. Aus insgesamt 10 westeuropäischen Ländern haben die drei großen Verbände der AKW-Gegner, sowie diverse linke Parteien und Gruppen (PSU/Frankreich, PR/Italien, PPR/Niederlande u.a.) ebenfalls ihre Unterstützung der Kalkar-Aktion zugesagt."
Q: Arbeiterkampf Nr.112,Hamburg 5.9.1977

08.09.1977:
Die BUU Hamburg veröffentlicht das Flugblatt "Am 24. September: Auf nach Kalkar!" in einer Auflage von 20 000. Dokumentiert wird der bundesweite Aufruf.
Q: BUU Hamburg: Am 24. September: Auf nach Kalkar!, Hamburg 8.9.1977

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12.09.1977:
In verschiedenen Städten in NRW (u.a. Köln) sollen, laut SAG, Aktionstage zur Vorbereitung der Demonstration gegen den Schnellen Brüter (AKW) in Kalkar (vgl. 24.9.1977) beginnen, die bis zum 18.9.1977 dauern sollen.
Q: Sozialistische Arbeiterzeitung Nr.30,Frankfurt 31.8.1977

12.09.1977:
Die heute beginnenden Aktionstage gegen den Schnellen Brüter (AKW) in Kalkar sollen, laut SAG, auch in Köln durchgeführt werden, u.a. mit Stadtteilveranstaltungen (vgl. 17.9.1977).
Q: Sozialistische Arbeiterzeitung Nr.30,Frankfurt 31.8.1977

16.09.1977:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' Nr. 37 (vgl. 9.9.1977, 23.9.1977) heraus. Berichtet wird: "Betonzaun um KKW Kalkar".
Q: Roter Morgen Nr. 37, Dortmund 16.9.1977, S. 12

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17.09.1977:
In Hamburg luden die BIs Finkenwerder, Harburg und Wilhelmsburg der BUU als Vorbereitung auf die Demonstration am 24.9.1977 zur "Kalkar-Veranstaltung!" in die Gaststätte Bachmann und Griep – Zur Astra-Quelle in Wilhelmsburg, Neuhöfer Str. 22.
Q: BIs Finkenwerder, Harburg, Wilhelmsburg: Kalkar-Veranstaltung!, Hamburg o. J. (1977)

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17.09.1977:
In Köln soll heute, laut SAG, im Rahmen der Kalkar-Aktionstage (vgl. 12.9.1977, 18.9.1977) eine zentrale Kundgebung und eine zentrale Veranstaltung stattfinden.
Q: Sozialistische Arbeiterzeitung Nr.30,Frankfurt 31.8.1977

18.09.1977:
Planungsausschußsitzung des Koordinationsgremiums für die Anti-AKW Demonstration in Kalkar (vgl. 27.8.1977, 24.9.1977). Der KB berichtet, daß die "KPD gegen das Bündnis" schießt. Die KPD bezeichne die BBU-Führer als "Befürworter … der Zusammenarbeit mit der Regierung". Dieser 'KPD'-Vorstoß "stieß auf der erwähnten Sitzung des Planungsausschusses auf breite Empörung. Nach längerer Diskussion wurde eine Erklärung verabschiedet, in der dieser Angriff auf das Bündnis verurteilt wurde. Im Interesse des Erhalts der gemeinsamen Aktion stellte die Mehrheit der Delegierten fest, daß man die engagierte Gegnerschaft der BBU-Führung gegen Atomanlagen nicht bezweifelt. Dieser Antrag wurde mit 17:6:4 angenommen."
Q: Arbeiterkampf Nr.113,Hamburg 19.9.1977,S.26

18.09.1977:
In Köln soll heute, laut SAG, als Abschluß der Aktionstage (vgl. 12.9.1977, 17.9.1977) zur Vorbereitung der Demonstration gegen den Schnellen Brüter (AKW) in Kalkar (vgl. 24.9.1977) ein Volksfest stattfinden.
Q: Sozialistische Arbeiterzeitung Nr.30,Frankfurt 31.8.1977

19.09.1977:
Der KB gibt seinen 'Arbeiterkampf' (AK) Nr.113 (vgl. 5.9.1977, 3.10.1977) heraus. Aufgerufen wird "Trotz Verbotsdrohungen: Am 24.9. in Kalkar!" in NRW (vgl. 18.9.1977).
Q: Arbeiterkampf Nr.113,Hamburg 19.9.1977

21.09.1977:
Die BUU Hamburg veröffentlicht vermutlich heute das Flugblatt "Kalkar: Demonstrationsverbot am Bauplatz" in einer Auflage von 12 000.
Q: BUU Hamburg: Kalkar: Demonstrationsverbot am Bauplatz, Hamburg o. J. (Sept. 1977)

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23.09.1977:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' Nr. 38 (vgl. 9.9.1977, 30.9.1977) heraus. Berichtet wird vom Verbot der Demonstration am Bauplatz und einem Aufgebot von 10 000 Polizisten.
Q: Roter Morgen Nr. 38, Dortmund 23.9.1977, S. 12

Plakat: Aufruf zur Demo am 24.9.1977 in Kalkar
Plakat, 1977

24.09.1977:
Anti-AKW Großdemonstration in Kalkar. Die Anreise wird von einem Verkehrsausschuß koordiniert. Laut KB demonstrieren gegen den geplanten 'Schnellen Brüter' (AKW) in Kalkar ca. 50 000 Menschen:"
Diese Demo ist der bisher größte Mobilisierungs-Erfolg der westdeutschen AKW-Gegner. Er überbot alle bisher dagewesenen nationalen Groß-Kundgebungen in der BRD. Nach Kalkar waren sogar noch mehr Demonstranten gekommen (bzw. wollten kommen) als seinerzeit am 19. Februar nach Brokdorf und Itzehoe zusammen. Dieser Erfolg ist dem zustandegekommenen breiten Bündnis von AKW-Gegnern unterschiedlichster politischer und ideologischer Grundrichtung geschuldet. Dieses breite Bündnis - von KB bis zum WSL - hat sich, von einzelnen Schwachstellen abgesehen, am 24.September in Kalkar bewährt. Der großartige Mobilisierungs-Erfolg zeigt u.E. an, daß auf diesem Weg des solidarischen Zusammenstehens aller AKW-Gegner weitergegangen werden kann und muß … Ausnahmslos alle Organisatoren, d.h. sowohl die Verbände der sog. 'Gewaltfreien', wie auch die unabhängigen Bürgerinitiativen und die sog. 'K-Gruppen' (in diesem Fall ohnehin nur der KB und die KPD) haben sich auf diesen Kompromiß der politischen Vernunft und der optimalen Breite geeinigt."

Laut AB demonstrieren 50 000.

Die Demonstration wurde, laut SAG, die 60 000 Demonstranten zählt, u.a. durch Aktionstage in NRW (vgl. 12.9.1977) vorbereitet. Aufgerufen wurde auch durch die BUU Hamburg (vgl. 8.9.1977, 17.9.1977, 21.9.1977), die 50 000 Leute zählt (vgl. 26.9.1977).

Laut KPD demonstrieren ca. 50 000 Menschen, laut RHD sind es 35 000.

Das KPD-RK NRW (vgl. 8.8.1977) berichtete vermutlich aus dem Juni:"
Schon Wochen vorher war von verschiedenen BI's aus NRW gemeinsam mit den holländischen AKW-Gegnern der Plan für eine Großaktion am 24.9. vor dem 'Schnellen Brüter' in Kalkar geplant worden."

Das KPD-RK NRW (vgl. 18.10.1977) berichtet auch vom BGS-Einsatz bzw. (vgl. 13.2.1978) vom "bisher größten Polizeieinsatz der Nachkriegszeit" sowie von der Kontrolle von 147 000 Menschen.

Aufgerufen wurde auch durch die RH e. V. der KPD (vgl. Sept. 1977) und den KJVD der KPD (vgl. Sept. 1977).

Die KPD/ML berichtet nur am Rande von der Demonstration in ihrem Artikel "Bürgerkriegsübung der Polizei – Tausende Werktätige wie Schwerverbrecher behandelt".
Q: BUU Hamburg: 50.000 in Kalkar: Nein zu AKW und brutalem Polizeiterror!, Hamburg 26.9.1977; BUU Hamburg: Am 24. September: Auf nach Kalkar!, Hamburg 8.9.1977;BUU Hamburg: Kalkar: Demonstrationsverbot am Bauplatz, Hamburg o. J. (Sept. 1977);Kämpfende Jugend Nr. 9 und 10, Köln Sept. 1977 bzw. Okt. 1977, S.31 bzw. S.4f;KPD-RK NRW:Laßt Euch nicht einschüchtern!,Dortmund o.J. (1977),S.1;KPD-RK NRW:Stellungnahme der KPD zur Verhinderung einer Bundeskonferenz am 27./28.August,Dortmund o.J. (Aug. 1977),S.1;KPD-RK NRW:Widerstand gegen Verabschiedung des 'Razziengesetzes'!,Dortmund o. J. (1978),S.1f;Rote Fahne Nr.39,Köln 28.9.1977,S.1;Rote Hilfe Nr. 9, Dortmund Okt. / Nov. 1977, S. 9;Rote Hilfe Nr. 8, 9, 1 und 3, Köln Sept. 1977, Okt./Nov. 1977, März 1978 bzw. Juni 1978, S. 1, S.6, S. 19 bzw. S.14;Roter Morgen Nr. 39, Dortmund 30.9.1977, S. 1f;Sozialistische Arbeiterzeitung Nr.30, 31 und 32,Frankfurt 31.8.1977, 14.9.1977 bzw. 28.9.1977;Verkehrsausschuß-INFO, o. O. o. J. (1977);Kommunistische Arbeiterzeitung Nr.122,München 4.10.1977;Arbeiterkampf Nr.114,Hamburg 3.10.1977,S.9f

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26.09.1977:
Die BUU Hamburg veröffentlicht das Flugblatt "50.000 in Kalkar: Nein zu AKW und brutalem Polizeiterror!" in einer Auflage von 20 000 mit einem Aufruf zur "Demonstration am 28.9. gegen den brutalen Polizeiterror vom 24.9. und gegen jede Kriminalisierung der AKW-Gegner, für unser Recht auf Widerstand gegen AKW und das Atomprogramm".
Q: BUU Hamburg: 50.000 in Kalkar: Nein zu AKW und brutalem Polizeiterror!, Hamburg 26.9.1977

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28.09.1977:
Die BUU Hamburg (vgl. 26.9.1977) rief aufgrund der Vorfälle in Kalkar auf zur "Demonstration am 28.9. gegen den brutalen Polizeiterror vom 24.9. und gegen jede Kriminalisierung der AKW-Gegner, für unser Recht auf Widerstand gegen AKW und das Atomprogramm" am Gerhard Hauptmann-Platz und anschließender Großveranstaltung.
Q: BUU Hamburg: 50.000 in Kalkar: Nein zu AKW und brutalem Polizeiterror!, Hamburg 26.9.1977

28.09.1977:
Der Ermittlungsausschuß der BUU Hamburg gibt das Flugblatt "Die beschlagnahmten Sachen organisiert zurückholen!" zur Kalkardemonstration am 24.9.1977 heraus. Die Auflage beträgt 2 000.
Q: BUU-Ermittlungsausschuß: Die beschlagnahmten Sachen organisiert zurückholen!, Hamburg 28.9.1977

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12.10.1977:
Der Ermittlungsausschuß (EA) der BUU Hamburg gibt sein 'Info' Nr. 1 (vgl. 18.11.1977) heraus, welches eine "Kalkar-Nachbereitung" ankündigt.
Q: BUU-Ermittlungsausschuß Info Nr. 1, Hamburg 12.10.1977, S. 2f und 19

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18.10.1977:
Das KPD-RK NRW gibt frühestens in dieser Woche ein Flugblatt zum Schleyer-Attentat der RAF (vgl. 5.9.1977) und dem nunmehrigen GSG-9 Einsatz in Mogadischu heraus:"
LASST EUCH NICHT EINSCHÜCHTERN!

Einrichtungen wie das GSG-9-Kommando waren und sind gegen die Volksmassen gerichtet. Das zeigt der BGS-Einsatz bei der Demonstration der 50 000 in Kalkar (vgl. 24.9.1977,d.Vf.), bei Demonstrationen, das zeigt die systematisch trainierte Befreiung besetzter Fabriken etc."
Q: KPD-RK NRW:Laßt Euch nicht einschüchtern!,Dortmund o.J. (1977)

November 1977:
Der Kommunistische Jugendverband Deutschlands (KJVD) der KPD gibt die Nr. 11 seiner 'Kämpfenden Jugend' (KJ - vgl. Okt. 1977, Dez. 1977) heraus. Zu dem u.a. in Kalkar geplanten AKW-Typ erscheint der Artikel "Schneller Brüter – Der kostspielige Tod".
Q: Kämpfende Jugend Nr. 11, Köln Nov. 1977, S. 22f

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Januar 1978:
Das KPD-RK NRW (vgl. 13.2.1978) dokumentiert zum 'Razziengesetz' (vgl. 16.2.1978) vermutlich aus dem Januar:"
Initiativen gegen das neue Polizeigesetz in Westberlin, Mannheim, München, Hamburg und Dortmund, 'Komitee Innere Sicherheit' Bochum, 'Arbeitskreis Innere Sicherheit' Mainz
PROTESTERKLÄRUNG

Im Februar soll eine erneute Änderung der Strafprozeßordnung (StPO) im Bundestag verabschiedet werden. Neben weiteren Einschränkungen der Verteidigungsrechte durch Einbau von sog. Trennscheiben und erleichtertem Verteidigerausschluß, soll ein bedeutender Teil des geplanten, seit Jahren heftig umstrittenem 'Einheitlichen Polizeigesetzes', im voraus in die Strafprozeßordnung eingeführt werden. Diese Änderung wird vielfach als 'Razziengesetz' bezeichnet, weil es polizeiliche Befugnisse bei der Strafverfolgung nicht mehr an konkrete Verdachtsmomente knüpft, sondern der Polizei erlauben soll, 'razzienmäßig' ganze Wohnblocks und Stadtteile abzuriegeln und zu durchsuchen (…)

Die Gesetzesverschärfungen dienen nicht der 'Bekämpfung des Terrorismus'. Sie sollen vielmehr den Einsatz für demokatische Rechte, für den Erhalt und Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung unterdrücken. Diese Änderungen im Zusammenhang mit dem geplanten 'Einheitlichen Polizeigesetz' geben der Polizei umfassende Kontrollbefugnisse. Danach wären z.B. die Kontrollstellen, die vor der Anti-AKW-Demonstration von Kalkar (vgl. 24.9.1977,d.Vf.) eingerichtet worden sind, und bei denen 147 000 Bürger durchsucht worden sind (lt. Streife 10/1977) in Zukunft durch diese Änderungen gesetzlich abgesichert.

Die Verhinderung des 'Razziengesetzes' ist damit ein entscheidender Schritt zur Verhinderung des in der Einschränkung demokratischer Rechte noch weitergehenden Polizeigesetzes."
Q: KPD-RK NRW:Widerstand gegen Verabschiedung des 'Razziengesetzes'!,Dortmund o.J. (1978),S.2

27.01.1978:
In Hamburg lud die BI gegen Atomanlagen Harburg (BUU) zur Veranstaltung gegen Repression ins Freizeitzentrum Nöldeckestr. 19 ein, auf der der Film "Wo sind wir denn hier…?" zur Demonstration in Kalkar am 24.9.1977 gezeigt werden soll.
Q: BI gegen Atomanlagen Harburg: Wo sind wir denn hier…?", Hamburg o. J. (1978)

Februar 1978:
Die Gruppe Arbeiterstimme-Minderheitsgruppe bzw. Montagsfraktion gibt ihre 'Arbeiterstimme' (ARSTI - vgl. 28.11.1977) Nr. 3/4 für 1977, laut der Mehrheitsgruppe (vgl. 6.3.1978), erst im Februar 1978 heraus und darin ihre Umbenennung in 'Unser Weg' bekannt. Sie hält, laut der Mehrheitsgruppe, an den KPO-Traditionen fest.

Berichtet wird u.a. über Anti-AKW-Bürgerinitiativen (BIs) bzw. Proteste in Kalkar.
Q: Arbeiterstimme Nr.1/2 bzw. 3/4,Nürnberg 6.3.1978 bzw. Nürnberg 1977

16.02.1978:
Das KPD-RK NRW (vgl. 13.2.1978) berichtete:"
WIDERSTAND GEGEN VERABSCHIEDUNG DES 'RAZZIENGESETZES'!

Am Donnerstag, dem 16.Februar, soll im Bundestag das sog. 'Razziengesetz' verabschiedet werden. In der bürgerlichen Presse liest man nur von 'Anti-Terror-Gesetzes-Änderungen'. Damit soll der wahre Inhalt des Gesetzes umgelogen werden. Nebenstehende Liste macht klar:

Mit dem Razziengesetz wird ein weiterer Schritt auf dem Wege zum Polizeistaat unternommen! Es geht bei diesem Gesetz um Veränderungen der Strafprozeßordnung, mit deren Hilfe die Befugnisse der Polizei erweitert und die Rechte der Strafverteidigung drastisch eingeschränkt werden.

Unter dem Vorwand des 'Schutzes vor Terrorismus' erlebten wir bereits in den vergangenen Monaten:
- militär-ähnliche Großaktionen gegen Demonstrationen wie in Kalkar (Atomkraftwerk (AKW - vgl. 24.9.1977,d.Vf.) beim bisher größten Polizeieinsatz der Nachkriegszeit
- willkürliche Hausdurchsuchungen u.a. vom Bundeskriminalamt (BKA,d.Vf.), Polizeistraßenkontrollen mit MP-Posten.

Das jetzige 'Razziengesetz' öffnet solcher polizeilichen und staatlichen Willkür Tür und Tor!"
Q: KPD-RK NRW:Widerstand gegen Verabschiedung des 'Razziengesetzes'!,Dortmund o.J. (1978),S.1f

Letzte Änderungen: 27.5.2011

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