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Bonn

Materialien zur Analyse von Opposition bis Ende 1972

Von Jürgen Schröder, Berlin, Mai 2004


Materiallage

Die Sammlungen des APO-Archivs zu Bonn sind ab Ende 1969 recht reichhaltig, umfassen ein ganzes Spektrum an Organisationen. Ergänzt wird dies durch die offizielle Unizeitung sowie Materialien der DKP.


Die Organisationen

Aus der Roten Zelle Germanistik (Rotzeg) wiederum bildet sich die örtliche trotzkistische Vertretung (vgl. 3.2.1971), zunächst als Gruppe Roter Anfang (GRA), später als Ortsgruppe der KJO Spartacus. Wobei die Bonner Gruppe für die KJO einerseits den Aufbau der ganzen Region NRW entscheidend vorantreibt, aber andererseits auch eine maßgebliche Rolle bei der Spaltung der KJO Spartacus und der Bildung von Spartacus B/L hat (vgl. 18.3.1971). Aus der Roten Zelle PH (vgl. Juni 1972) entwickelt sich die spätere Vertretung des KBW am Ort.

Daneben tritt der LSD um Jens Bünnig (vgl. Apr. 1970, Juni 1970), aus dem die Sozialistische Gruppe Bonn (vgl. Okt. 1970) hervorgeht, die später landesweit in NRW als Vorbild ähnlicher Gruppen dienen wird.

An der Uni nimmt der Einfluß der DKP in den Jahren 1970/71 angesichts des Rückzuges des SDS aus der Hochschulpolitik zu, wie die AStA-Wahlen zeigen (vgl. 20.2.1970, 16.3.1971, 29.3.1972).


Wichtige Ereignisse und Themen

Ein durchgängiges Thema des hier vorgestellten Materials ist die Repression, sei dies nun als Berufsverbote gegen Hannes Heer oder Rutger Booß (vgl. Feb. 1972) oder als Folge universitärer (vgl. 4.12.1969, 23.6.1970, Apr. 1972, 3.5.1972) oder antiimperialistischer Proteste, wie am Hirohito-Prozeß (vgl. 21.8.1971) deutlich wird.

Besondere Themen der internationalen Solidarität waren im weiteren Jordanien (vgl. Sept. 1970, 15.12.1970) und Indonesien (vgl. 4.9.1970, 5.9.1970), gegen Ende des hier betrachteten Zeitraues wird das GUPS/GUPA-Verbot auch in Bonn versucht durchzusetzen (vgl. 4.10.1972) während der Prozess gegen Weiland und Fritsche anläuft (vgl. 25.10.1972) und auch Hannes Heer wieder verfolgt wird (vgl. 30.10.1972).

Auch der Antifaschismus wird in Bonn immer wieder zum Thema (vgl. 16.1.1971, 20.2.1972), auch angesichts der Präsenz von militanten Nazis am Ort (vgl. 2.10.1970, 30.12.1970).


Auszug aus der Datenbank "Materialien zur Analyse von Opposition" (MAO)


1967: 
Der Kommunistische Studentenverband (KSV) der KPD berichtet zentral (vgl.
22.11.1972) aus Bonn vom Berufsverbot (BV - vgl. 17.11.1972) gegen Hannes Heer
von der Uni (vgl. 1968):"
1967 wurde im Rahmen einer antiimperialistischen Kampagne der Name des
Bundespräsidenten Lübke im goldenen Buch der Universität Bonn mit dem Zusatz
'KZ-Baumeister' versehen. Hannes Heer wurde wegen dieser Aktion relegiert. Aber
der Widerstand der Bonner Studenten erzwang innerhalb einer Woche die
Zurücknahme dieses Anschlags. Der mit der Durchführung der Relegation betraute
Uni-Richter, ein Sondergutachter Hitlers im Reichstagsbrandprozeß, mußte unter
dem Druck der antifaschistischen Studenten entlassen werden."
=Dem Volke dienen Nr.3,Dortmund 22.11.1972,S.1

1968: 
Der Kommunistische Studentenverband (KSV) der KPD berichtet zentral (vgl.
22.11.1972) aus Bonn vom Berufsverbot (BV - vgl. 17.11.1972) gegen Hannes Heer
von der Uni (vgl. 1967):"
1968 protestierte Hannes Heer mit anderen gegen den Empfang faschistischer
Rektoren durch die Uni. Jetzt versuchte es die Bourgeoisie mit einem groß
angelegten Prozeß vor dem Bonner Landgericht. Aber die Protestschreiben
zahlreicher, an dem Empfang beteiligter fortschrittlicher Rektoren aus allen
Teilen der Welt führten nach zwei Tagen zum Abbruch der Verhandlungen."
=Dem Volke dienen Nr.3,Dortmund 22.11.1972,S.1f

April 1968: 
In Bonn gibt die Studentengewerkschaft in Zusammenarbeit mit der Fachschaft
Mathematik-Physik der Uni eine Broschüre 'Vietnam und Mathematiker' heraus.
=Studentengewerkschaft Bonn:Vietnam und Mathematiker,Bonn Apr. 1968

10.04.1968: 
In Bonn findet, laut 'Bochumer Studenten Zeitung', eine spontane
Demonstration gegen den Mordanschlag auf Rudi Dutschke statt.
=Bochumer Studenten Zeitung Extra,Bochum 13.4.1968

Mai 1968: 
In Bonn konstituiert sich während der Notstandskampagne ein Zentrum
Arbeiter-Schüler-Studenten (ZASS), welches laut Berliner Extra-Dienst mit dem
Bochumer Demokratisch-Ökonomischen Aktionszentrum punktuell zusammenarbeitet.
=Berliner Extra Dienst Nr.60,Berlin ***1968,S.2

21.02.1969: 
In der Nr.24 der 'Bonner Universitätsnachrichten' werden die Ergebnisse der
dortigen Studentenparlaments-Wahlen (vgl. 20.2.1970) veröffentlicht:
Liste                                Kandidaten (1968)  Mandate (1968)
Arbeitskreis Demokratischer Studenten    5         -       5       -
Bonner Hochschul-Forum                   2         8       2       8
Bonner Studenten Union (1968:Aktion 68) 18        24       9      11
DKP                                      1         -       1       -
HSU                                      2         4       -       1
LSD                                      4        13       2       1
RCDS                                    10        14       9       9
SHB                                     13        12       6       5
SDS                                      7         1       3       1
Studentengewerkschaft                    5         7       1       5
Unabhängige                             44        54      23      20
=Bonner Universitätsnachrichten Nr.24,Bonn 21.2.1969

März 1969: 
In Bonn demonstrieren, laut GAM Bonn, 1 000 spanische Arbeiter gegen den
spanischen Faschismus.
=Arbeitermacht Nr.7,Bonn o.J. (1970)

01.05.1969: 
In Bonn kommt es, laut BPG, zu 'handgreiflichen Protesten' von Lehrlingen und
Jungarbeitern bei den offiziellen Maifeiern.
=Arbeitermacht Nr.2,Bonn o.J. (1970)

21.05.1969: 
In Bonn veranstaltet der SDS, laut dem offiziellen Organ der Uni Bonn, eine
Streikveranstaltung mit den Rednern Bernd Rabehl und Hannes Heer, die vom
Rektor verboten wird. Daraufhin hätten sich 150 Personen zum Rektorat begeben,
in das zunächst 40-50 Leute eingedrungen seien. Nach einer Zeit, nämlich als
die Polizei kam, hätten sich 80 im und 100 vor dem Rektorat befunden, woraufhin
sich dann 300 Personen vor dem ursprünglich gewünschten Saal an der
Veranstaltung beteiligten.
=Bonner Universitätsnachrichten Nr.30,Bonn 12.6.1969

08.07.1969: 
An der Uni Bonn wählt das Studentenparlament einen RCDSler zum
AStA-Vorsitzenden, genau wie zuvor.
=Bonner Universitätsnachrichten Nr.33,Bonn 6.8.1969

28.08.1969: 
Die 'Bonner Universitätsnachrichten', ein offizielles Uni-Organ, berichten,
daß der VDS vom SDS übernommen worden sei.
=Bonner Universitätsnachrichten Nr.34,Bonn 28.8.1969

15.11.1969: 
In Bonn gibt die Betriebsprojektgruppe (BPG) des SDS Bonn erstmals ihr Info
'Arbeitermacht' (vgl. 16.12.1969) heraus, für das Hans Weingartz die
Verantwortung übernimmt. Dieses Info ist nicht identisch mit einer anderen
'Arbeitermacht' in Bonn, die als Betriebszeitung von der selben Gruppe
herausgegeben wird (vgl. März 1970). Eingegangen wird zunächst auf die
Septemberstreiks im Ruhrgebiet (Hoesch), im Saarland, Kiel und Bremen. Über den
bei Klöckner Bremen tätigen Betriebsrat Bonno Schütter wird behauptet, daß er
ein nichtorganisierter Maoist sei, obwohl andere Quellen ihn ja zumeist als
zumindest ehemals in der Gruppe Arbeiterpolitik aktiven Brandleristen
kennzeichnen. In einem eigenen Streikbericht wird bekanntgegeben, daß man
selbst Kontakt zu drei Betrieben in Neuwied und Umgebung gehabt habe, wobei es
sich um das Goodrich Reifenwerk, die Hilgerswerft und die Kalichemie in Bad
Hönningen handele. So doll kann der Kontakt allerdings nicht gewesen sein, da
nur aus einem Betrieb ein Arbeiter berichtete, während sich in den anderen
Betrieben die Arbeiter geweigert hätten.

Von Hilgers Neuwied (ein weiteres Werk ist in Rheinbrohl), wird berichtet, daß
die Arbeiter zu 98% organisiert seien und schon öfters gestreikt hätten.
Während ein Streik zu den Notstandsgesetzen noch gerade eben verhindert werden
konnte, sei man in einem Streik für ein Weihnachtsgeld nicht unter 120 DM
eingetreten.

Von der italienischen Unione wird ein Leitartikel von deren 'Servire il Popolo'
(vgl. 8.11.1969) übernommen. Berichtet wird auch über die Gründung der Unione
an der Uni Rom und das dortige Movimento Studentesco. Beide Artikel wurden von
Genossen des romanischen Seminars der Uni Bonn übersetzt.
Kritisiert wird der Aufruf der DKP bei den Kommunalwahlen die SPD zu wählen.
Ebenfalls nicht begeistert ist man von dem, im Sommer 1969 gegründeten,
Hans-Böckler-Kreis, der von SHB-Mitgliedern getragen werde und für die
Verbindung von Universität und Gewerkschaften eintrete. Dieser habe
mittlerweile die programmatische Erklärung des SHB (vgl. Okt. 1969) übernommen.
Vom AStA der Uni Heidelberg wird dessen Erklärung zum VDS und seinem Verlassen
dieser Organisation und deren a.o. MV abgedruckt. Zu den Fakultätswahlen an der
Uni Bonn wird festgestellt, daß man keine SDS Kandidaten aufstellen werde,
solange sich keine sozialistische Hochschulorganisation gebildet habe. Zu einem
Boykottaufruf kann man sich allerdings auch nicht durchringen.
Während sich die BPG bei Hans Weingartz zu Hause trifft, findet ein
Arbeitskreis Politökonomie im evangelischen Seminar der Uni statt.
=Arbeitermacht Nr.1,Bonn 15.11.1969

04.12.1969: 
Die Nr.58 von 'Akut' - Nachrichtenblatt der Bonner Studentenschaft berichtet
u.a. über einen Prozeß gegen Hannes Heer und über einen 'Maoisten' Heiner
Rosebrock, wobei für die Redaktion Gerd Langguth verantwortlich zeichnet.
=Akut Nr.58,Bonn 4.12.1969

13.12.1969: 
In Bonn ruft, laut BPG, das "von der DKP initierte und kontrollierte
Aktionskomitee Vietnam-Bonn" zu einer Vietnamdemonstration um 16 Uhr zum
Auswärtigen Amt auf, nachdem bereits um 10 Uhr ein Infostand auf dem
Münsterplatz und um 12 Uhr eine Kranzniederlegung am Ehrenmal für die Opfer des
Faschismus am Hofgarten stattgefunden hat.
=Arbeitermacht Nr.5/6,Bonn Juni/Juli 1970

16.12.1969: 
In Bonn gibt die BPG des SDS die Nr.2 ihrer 'Arbeitermacht' (vgl. 15.11.1969,
27.1.1970) heraus.

Anläßlich der Vietnamkampagne wird die DKP kritisiert. Das gleiche widerfährt
dem Hochschulprogramm der DKP.

Äußern tut man sich auch 'Zu einigen Problemen der Lehrlingsarbeit'.
Aus dem betrieblichen Sektor wird außer über die Nr.11 des Mitteilungsblattes
der IGM für die Beschäftigten der Lemmerzwerke auch über die von der
Betriebszelle Lemmerzwerke Königswinter herausgegebene 'Rote Felge' Nr.1
berichtet, für die Stefan Kappstein verantwortlich ist. Abgedruckt wird auch
ein Flugblatt der BPG Bonn 'An die Belegschaft von
Bonaval', welches sich außer mit dem Betrieb selbst auch mit den Lemmerzwerken
und, ebenso wie ein anderer Artikel der 'Arbeitermacht' auch mit den
Kautexwerken befaßt.

Abgedruckt wird auch das Programm der Roten Zelle Pädagogik, die u.a. gerne
einen Arbeitskreis sozialistischer Kinderläden gründen möchte. Zu Wort kommt
auch eine Gruppe: Für eine Rote Zelle Jura. Neben dem zweiten Teil des
Berichtes über das italienische Movimento Studentesco wird auch auf den am
Romanischen Seminar gegründeten Arbeitskreis Lotta Continua eingegangen.
Während sich die BPG jetzt bei Jürgen Holz versammelt, wurde der Arbeitskreis
Politökonomie aufgeteilt in einen Termin für Fortgeschrittene und zwei Termine
für alle, jeweils im Fachschaftszimmer der evangelischen Theologie Fakultät.
=Arbeitermacht Nr.2,Bonn 16.12.1969

27.01.1970: 
In Bonn erscheint die Nr.3 der 'Arbeitermacht' (vgl. 16.12.1969, 22.4.1970),
die nun nicht mehr allein durch die BPG des SDS herausgegeben wird, sondern von
den Gruppen BPG, Rote Zelle Pädagogik, Gruppe für eine Rote Zelle Jura, Rote
Zelle Germanistik, Lotta Continua und Kommune Waldorf im SDS Bonn.

Verantwortlich zeichnen Anne Bösel, Herbert Storn und Hans Weingartz.

Eingegangen wird zunächst auf die eigene Geschichte, worüber u.a. ausgeführt
wird, daß während der Bonner SDS im Sommersemester 1969, nach der Abgrenzung
von den Revisionisten, mit einer Vielzahl von Basis- und Projektgruppen im
universitären Bereich arbeitete, Anfang des Wintersemesters eine
Betriebsprojektgruppe gegründet wurde.

Stattgefunden habe mittlerweile die erste Brüngsberger Konferenz, auf der neben
der BPG u.a. auch die Rote Zelle Pädagogik, die Gruppe für eine Rote Zelle
Jura, Lotta Continua, die Arbeitskreise Politökonomie, die Lehrlingsgruppe Bonn
und Tricont Bonn anwesend gewesen seien. Zur zweiten Brüngsberger Konferenz
könne man sich in der Fachschaft Romanistik bei Udo Erdmann anmelden.
Vermutlich in Brüngsberg wurde das ebenfalls veröffentlichte Bonner
Diskussionsprotokoll zur Berliner RPK-Arbeitskonferenz mit den 3 Hauptlinien
ML, Horlemann und Harzer Papier verfaßt.

Die Gruppe für eine Rote Zelle Jura legt ein 'Bonner Papier zur Organisation
und Schulung' vor. Berichtet wird auch über eine Sdr.Nr. der 'Arbeitermacht'
mit dem Titel "Der Streik bei Pirelli", die uns leider bisher nicht zugänglich
war.

In einem Artikel "Zum Problem der Schulung" wird ausgeführt, daß natürlich die
Schulung im 'alten, revisionistischen Bonner SDS' nicht das Wahre gewesen sei.
Die BPG, die zusammenarbeite mit den Roten Zellen, Schülern und Tricont, habe
Untersuchungspapiere verfaßt zur Automobil- und Stahlbranche, wo einige
Genossen arbeiten, und, zusammen mit Genossen aus der Ökonomie und Mathematik
die Struktur des Bonner Wirtschaftsraumes untersucht. Bei den für die Schulung
vorgesehenen Texten finden sich u.a. auch Trotzkis "Thesen zur permanenten
Revolution".

Um den DKP-AStA zu bekämpfen wird u.a. die Einrichtung eines Plenums der Roten
Zellen vorgeschlagen. Ein Organisationsmodell sieht hierbei 1. ein Plenum der
Roten Zellen und der Sympathisanten aus Arbeitskreisen und Projektgruppen, 2.
eine Delegiertenkonferenz aller Roten Zellen, und u.a. der BPG und der Roten
Garde (auf die weder zuvor noch nachher eingegangen wird), 3. eine gemeinsame
Grundschulung und 4. die Durchführung von Arbeitskonferenzen vor. Diese
Arbeitskonferenzen sollen alle arbeitenden Gruppen umfassen, allerdings wird
dazu angemerkt, "die Konferenz soll der Stabilisierung der proletarischen Linie
dienen. Daher wurde beschlossen, die Bünnig-Gruppe zunächst nicht zu
beteiligen!"

Von einigen zur Konferenz zugelassenen Gruppen werden Berichte veröffentlicht.
Als erste Gruppe kommt die BPG zu Wort. Diese sei entstanden aus dem im letzten
Semester gegründeten Politökonomie Arbeitskreis. Die Basisgruppe
Volkswirtschaft habe dann eine Bonner Infrastrukturanalyse erstellt und es sei
die Zeitung 'Arbeitermacht', vorläufig nur für Intellektuelle, gegründet
worden. Nachdem man verschiedene Flugblattaktionen vor Bonner Betrieben
durchgeführt habe, sollen nun einige Trupps von Genossen in ausgewählte
Betriebe gehen und dort für mehrere Wochen arbeiten.

Die Lehrlingsgruppe habe sich über das Projekt der Lehrlingszeitung (vgl. März
1970) als Gruppe stabilisiert. Bei der BPG-Gründung habe man u.a. Kritik an der
Bünnig-Gruppe geübt, die ebenfalls außeruniversitär arbeite, nämlich mit
Schülern. Selbstkritisch wird auch eingegangen auf "die fehlerhafte Praxis des
letzten Semesters in der Auseinandersetzung mit der WUS-Fraktion", wobei wir
leider bisher nichts genaueres über die WUS in Erfahrung bringen konnten, außer
daß in der WUS eine Psychodebatte geführt wurde. Die BPG habe ursprünglich 4
Mitglieder gehabt, jetzt aber habe sie schon 12 bis 15.

Ein weiterer Bericht ist die Darstellung der Rotzpäd, die den Aufbau einer
revolutionären Kinder- und Jugendorganisation anstrebt. Im November 1969 hätten
sich SDAJ-Mitglieder mit der Bitte um Schulung an die Rotzpäd gewandt, später
seien noch Lehrlinge und Schüler dazugestoßen, das sei der Kern der neuen
Organisation. In einem Artikel "Versuch einer Bestimmung revolutionärer
Erziehung", wird u.a. bekanntgegeben, daß die Projektgruppe Kinderladen der
Rotzpäd im evangelischen Theologie Seminar der Uni ein Seminar mit dem
'Genossen Ernest Mandel' über die Rolle der Intelligenz im Klassenkampf
durchgeführt habe, welches demnächst auch als Broschüre im Verlag Arbeitermacht
erscheinen solle.

Trikont berichtet über sich, daß er aus ausländischen Kommilitonen und Genossen
bestehe, welche in keinem Zusammenhang mit den Deutschen in Uni und Betrieb
stünden. Angestrebt sei die Gründung eines Komitees 1.Mai - Tag des
internationalen Proletariats.

Die Kommune Waldorf berichtet über sich, daß sie Dienstags und Freitags in der
Mensa Nassestr. und Montags in der Mensa Poppelsdorf das Politbuch durchführe.
Ein Artikel "Nochmals zum VDS und wieder einmal zur DKP" ist von den Rote
Zelle Psychologie Mitgliedern Breuer, Ritzmann, Kleinert, Eichhorn und Weber
verfaßt und beschäftigt sich mit einem Artikel von Cristoph Strawe im Info der
Fachschaft Psychologie Bonn Nr.1, welches uns bisher nicht zugänglich war.
Neben Materialien zur Black Panther Party findet sich noch eine Ankündigung für
eine Konferenz der BPG (vgl. 15.2.1970).
=Arbeitermacht Nr.3,Bonn 27.1.1970

03.02.1970: 
In einem Plan der IKD-Leitung zur Maikampagne wird zu Bonn gesagt:"
Köln hätte sich eventuell auch um Bonn zu kümmern. Dort hat sich vom SDS ein
angeblich trotzkistischer Flügel abgespalten, der von Mandel bereits
kontaktiert wird (Thema: marxistische Wirtschaftstheorie!!). Die Leitung bemüht
sich um Kontakte."
=IKD-Leitung:An alle Gruppen,Berlin 3.2.1970

15.02.1970: 
Die Betriebsprojektgruppe Bonn möchte heute eine Konferenz zu Gewerkschaften
im Kapitalismus durchführen, zu der man sich bei Hans Weingartz im
Pädagogischen Seminar anmelden konnte.
=Arbeitermacht Nr.3,Bonn 27.1.1970

20.02.1970: 
Die 'Bonner Universitätsnachrichten" veröffentlichen folgendes Ergebnis der
Studentenparlamentswahl (vgl. 21.2.1969, 16.3.1971), welches zu einem Asta von
SHB und AMS Spartakus führte, wobei AMS den stellvertretenden Vorsitz und SHB
das Finanzreferat einnahmen:

Liste                                 Kandidaten (1969) Mandate (1969)
Arbeitskreis Demokratischer Studenten       -       5      -       5
Bonner Hochschul-Forum                     13       2      9       2
Bonner Studenten Union                      7      18      4       9
Spartakus/AMS (1969:DKP)                   11       1      8       1
HSU                                         -       2      -       -
LSD                                         1       4      -       2
RCDS                                       13      10      9       9
SHB                                         8      13      7       6
SDS                                         -       7      -       3
Studentengewerkschaft                       -       5      -       1
SPD-Betriebsgruppe                          2       -      1       -
Unabhängige                                 45     44     22      23
Laut DKP erhalten MSB und SHB zusammen 17 Sitze.
=Bonner Universitätsnachrichten Nr.43,Bonn 20.2.1970;
Unsere Zeit - Ausgabe NRW Nr.7,Essen 12.2.1970

März 1970: 
Eventuell im März (den weiteren Erscheinungsrhythmus zugrundegelegt)
erscheint in Bonn erstmals die 'Lehrlingszeitung' (vgl. Mai 1970), welche von
der Lehrlingsgruppe (LG) Bonn (und Umgebung) herausgegeben wird. Verantwortlich
zeichnen Gisela Thome und Inger Detlefsen in der Heerstraße 30.

In einem Artikel "Notstand der Lehrlingsausbildung" berichten Mitglieder der LG
von VAW, wo eine gute Ausbildung geboten werde und aus einem Metallbetrieb X
(Kautex) von den Werkzeugmachern und aus dem Maschinenbau, wo man immer eine
Viertelstunde kehren müsse, sowie von den 60 Lehrlingen, alles Metaller, der
Bundesbahn Troisdorf (GdED-Bereich - vgl. Feb. 1970), von Dynamit Nobel,
Klöckner-Möller und aus Kleinbetrieben. Ein Fragebogen soll an Gisela Thome
geschickt werden. Neben den Artikeln "Warum Vietnamdemonstrationen?" und "Omas
Gewerbeordnung im neuen Gewand", wird noch mitgeteilt, daß der LG-Treff jeweils
Samstags im CVJM-Haus sei.

Der KJVD der späteren KPD/ML-ZB (vgl. Juni 1970) berichtet davon, daß die LG
ihm diese Zeitung gegeben habe und er zitiert daraus aus dem Bericht von der
Bundesbahn in Troisdorf.
=Der Kampf der Arbeiterjugend Nr.2,Bochum o.J. (1970),S.20;
Lehrlingszeitung Nr.1,Bonn o.J. (1970)

März 1970: 
Vermutlich im März 1970 erscheint in Bonn erstmals die 'Arbeitermacht' -
Zeitung für Bonner Arbeiter (vgl. 23.4.1970), welche nicht identisch ist mit
der 'Arbeitermacht', die von der selben Gruppe für Intellektuelle herausgegeben
wird (vgl. 15.11.1969). Verantwortlich zeichnet Stefan Kappstein in der
Burgstraße 145. Über sich selbst schreiben die Herausgeber u.a.:"
Die Betriebsgruppe besteht aus Studenten und Lehrlingen. Sie entstand durch die
Initiative von Studenten, die an Vietnam- Notstands- und Springeraktionen
teilnahmen."

Außer einem Artikel "Lohn - Preise und Profite", geht man auch noch in "Was
können wir von den Fordarbeitern lernen?" auf den Kölner Fordstreik (vgl.
2.3.1970) ein.

Zum Streik der belgischen Bergarbeiter habe man Flugblätter bei VAW, Wiemann,
Kautex und Lemmerz verteilt.
=Arbeitermacht Nr.1,Bonn o.J. (1970)

20.03.1970: 
In Bonn wird das "Grundsatzpapier der Roten Zelle Germanistik Bonn"
verabschiedet, welches später in der 'Arbeitermacht' Nr.4 (vgl. 22.4.1970)
erscheint.
=Arbeitermacht Nr.4,Bonn 22.4.1970

23.03.1970: 
In Bonn-Nord kommt es, laut BPG, bei Wiemann in der Gießerei zu einem
siegreichen, mehrstündigen Streik gegen eine Erhöhung der Akkordvorgabezeiten
um 100%.
=Arbeitermacht Nr.2,Bonn o.J. (1970)

April 1970: 
In Bonn erscheint erstmals die 'Kritische Politik - Zeitschrift für kritische
Theoriebildung' (vgl. Juni 1970), die, nach eigenen Angaben, von einem
Redaktionskollektiv am politischen Seminar der Uni Bonn herausgegeben wird. Den
Druck übernimmt der Verlag Neue Linke Bonn, der dem LSD-Bundesvorstand
zugerechnet werden dürfte.

In einem Artikel "studentische Politik ... ... perspektivlos ? - Thesen zur
Möglichkeit einer studentischen Politik im Stadium der Formierung der
Hochschule" wird u.a. auf die einzelnen studentischen Gruppen in Bonn
eingegangen. RCDS, Bonner Studenten-Union (BSU) und Aktion Demokratische Mitte
(ADM) werden als 'Rechte' bezeichnet. Dann gäbe es noch:"
- die Linksliberalen, 'Unabhängigen' und Schwankenden ... . (zu dieser Gruppe
wären etwa auch die 'Anarchisten' Bonner Prägung zu zählen.);
- die konsequenten Marxisten-Leninisten (tendenziell: LSD, die Reste des
ehemaligen SDS, Arbeitskreise etc. gleich 'Antiautoritäre')".
Eingetreten wird gegen den Aufbau einer Front der Studenten gegen die
Professoren.

In einer Kritik des von der Fachschaft Jura entworfenen Fachschaftsmodells wird
u.a. daran kritisiert, es leugne "die Klassenstruktur in der Studentenschaft,
mithin die Unmöglichkeit einheitlicher studentischer Politik." Im weiteren
enthalten sind u.a. die Artikel "Konzeption des Arbeitskreises
'Parlamentarismuskritik'", "Friedliche Koexistenz" und "Nichtkonzipierte
Projektgruppen und ihre Folgen - Resümee zur Arbeit der Projekt Gruppe
'Sowjetische Außenpolitik' im WS 69/70".

In einem Artikel von Heiner Rosebrock "Diamat und Histomat heute I" wird u.a.
ausgeführt:"
Die Neue Linke am Seminar für Politische Wissenschaften der Universität Bonn
stellte - etwas verspätet gegenüber der mindestens sechs Monate früher
beginnenden Dominanz des SDS an den Hochschulen Westberlins und der BRD – ab
Ende WS 68/69 die funktionellen opinion leaders unter den studentischen
Seminarangehörigen."

In Anzeigen wird geworben für die vom Bundesvorstand des LSD herausgegebene
Schrift 'Zurechtgebogen, geknickt - der deutsche Schüler', für die von der
Basisgruppe Volkswirtschaft (BG VWL) Bonn herausgegebene 'Kritik der
bürgerlichen Nationalökonomie' und die vom SDS Bonn herausgegebene
'Bibliographie zur Wissenschaftstheorie'.

In einer späteren Ausgabe vom März 1971 heißt es über die Herausgabe der
'Kritischen Politik' (KRIPO) u.a.:"
Am politischen Seminar war über einen antiautoritären Parforce-Ritt der
Institutsgruppen die Fachschaftsarbeit gesprengt worden." Um diese wieder
aufzubauen, sei die 'Kritische Politik' herausgegeben worden.
=Kritische Politik Nr.1 und 4,Bonn Apr. 1970 bzw. März 1971

21.04.1970: 
In Bonn geben BPG und Rotzpäd ein Flugblatt "Akut/Asta Kollaboration gegen
Rotzpäd" heraus, welches die Ablehnung eines für die AStAzeitung 'Akut'
verfaßten Artikels der Rotzpäd anprangert.
=Arbeitermacht Nr.4,Bonn 22.4.1970

22.04.1970: 
Nach dem 21. und noch vor dem 28. erscheint in Bonn die auf Mai datierte Nr.4
(vgl. 27.1.1970, Juni 1970) der 'Arbeitermacht' als Zeitung
marxistisch-leninistischer Studenten in Bonn, herausgegeben von der
Betriebsprojektgruppe (BPG) und den Roten Zellen Germanistik (Rotzeg) und
Pädagogik (Rotzpäd). Verantwortlich zeichnet Hans Weingartz.

Neben einem Artikel von H.S. (BPG) zu "Lohn-Preise + Profite", äußert sich auch
H.H., was wohl Hannes Heer heißen soll, "Zur Einschätzung der belgischen
Streiks". Hierbei wendet er sich gegen die Trotzkisten, weshalb noch eine
Gegendarstellung der Roten Zelle Germanistik enthalten ist.

Im weiteren finden sich eine Reihe von Ankündigungen (vgl. 28.4.1970, 5.5.1970,
12.5.1970) und Abdrucke von Dokumenten (vgl. 20.3.1970, 21.4.1970).
Außer dem Treffen der Betriebsgruppe beim Gen. Holtz, werden auch noch die des
Arbeitskreises (AK) Proletarische Erziehung von der Rotzpäd im Pädagogischen
Institut und des AK Mairevolte 68 der Romanisten angesagt. Hans Weingartz
verfaßte einen Untersuchungsbericht aus einem Bonner Betrieb, der sich außer
mit den Frauen und Lehrlingen auch mit den dort arbeitenden Ausländern
(Italiener, Griechen, Jugoslawen, Spanier und Türken) befaßt.

Vom selben Autor, gemeinsam mit N.V., stammt ein Artikel zum AK Kinderladen
(AKL). Anfang des Wintersemesters 1969/70 sei die Gruppe für eine Rote Zelle
Pädagogik gegründet worden. Seit Ende des Semesters habe diese dann
Untersuchungstrupps in Bonner Kindergärten geschickt. Auch Kontakte zu
Kinderläden in Köln, Tübingen und München seien aufrechterhalten bzw. aufgebaut
worden.
=Arbeitermacht Nr.4,Bonn 22.4.1970

23.04.1970: 
Nach dem 22.April erscheint in Bonn die betriebliche 'Arbeitermacht' Nr.2
(vgl. März 1970, 15.6.1970), für die immer noch Stefan Kappstein verantwortlich
ist, der nun allerdings in der Königstraße 65 residiert. Das Konto läuft auf J.
Holtz. Die herausgebende Gruppe nennt sich Betriebsgruppe Bonn und nicht, wie
in der 'Arbeitermacht' für Intellektuelle Betriebsprojektgruppe.

Neben dem "Aufruf zum 1.Mai" wird in "Wer ist Schuld an Unfällen?" auf zwei
Betriebsunfälle bei Ringsdorff und im Trafowerk Bad Honnef (am 20.4.1970)
eingegangen.

In der Rubrik "Die Arbeiterklasse kämpft und wird siegen" berichtet man aus
Hamburg von Beiersdorf (vgl. Feb. 1970) und über die fristlose Entlassung des
Bauarbeiters Peter Thormählen, der in einem Fernsehinterview von 'Ausbeutung'
sprach, aus Essen über den Prozeß gegen Rolf Freitag, von einem Streik von 3
000 Arbeitern in süddeutschen Uhrenfabriken gegen einen Lohnabbau durch Wechsel
des Tarifbezirks von Südwürttemberg nach Südbaden, einem siegreichen Streik von
800 Werkzeugmachern bei Daimler Sindelfingen gegen die Kürzung von
Leistungszulagen, den Streik von 170 Kollegen der MF Bäuerle Böblingen gegen
eine Hallentemperatur von 6 Grad und siegreiche Protestaktionen und einen
Warnstreik bei Düwag Düsseldorf gegen die Werksschließung, über John Deere
Mannheim (vgl. März 1970) und Zweibrücken (vgl. 22.4.1970), die MF Hansa in
Hamburg (vgl. 1.5.1970) und aus dem Bonner Betrieb Wiemann (vgl. 23.3.1970).
=Arbeitermacht Nr.2,Bonn o.J. (1970)

28.04.1970: 
In Bonn möchte die Basisgruppe Volkswirtschaftslehre (BG VWL), im Rahmen
ihrer AKs Politische Ökonomie, heute im Hörsaal C des Juridicums eine
Veranstaltung "Wider die bürgerliche Nationalökonomie und ihre professoralen
Apologeten!" mit den Assistenten an TU und FU Berlin bzw. Rotzök Berlin
Mitgliedern B. Jansen, P. Joachim und Rolf Rosenbrock durchführen (vgl.
5.5.1970).
=Arbeitermacht Nr.4,Bonn 22.4.1970

Mai 1970: 
In Bonn erscheint die Nr.2 des 'Leer ling', der ehemals und auch zukünftig
'Lehrlingszeitung' (vgl. März 1970, Juli 1970) hieß und heißen wird, und auch
im Innern des Heftes diesen Namen trägt. Auch die bisherige Lehrlingsgruppe
(LG) Bonn (und Umgebung) nennt sich nun auf dem Deckblatt
Lehrlingsarbeitskreis, behält im Innern aber den alten Namen bei, und trifft
sich montags und donnerstags in der Königstraße 65.

Die formale Verantwortung, da kein Lehrling volljährig sei, wird von Stefan
Kappstein in der Königstraße 65 übernommen.

Im Artikel "Reaktion zur LZ Nr.1" wird bekanntgegeben, daß die Nummer 1 an der
gewerblichen Berufsschule Bonn, der kaufmännischen Berufsschule Bonn (wo es ein
Verteilverbot gab) und an den Berufsschulen Bad Godesberg, Siegburg und
Troisdorf verteilt wurde.

Die Nr.1 liege mittlerweile fotokopiert bei allen Industrie- und Handelskammern
der 'BRD'.

Mit der Nr.1 beschäftigt sich auch "Notstand in der Lehrlingsausbildung:
Kritik" und sehr negativer "Ein Leser Brief" mit 12 Unterschriften von Kautex,
wo der Lehrling Hinz wegen der Nr.1 entlassen wurde. In der Antwort der LG
darauf wird festgestellt, daß die erste Unterschrift vom Ausbilder gekommen sei
und sich zwei Drittel der Lehrlinge geweigert hätten zu unterschreiben.
Ein Artikel "Berufsschule" beschäftigt sich mit den Kaufmännischen
Bildungsanstalten Bonn, wo es wegen des Erscheinens der Schulzeitung
'Schülerreport' zu einem Polizeieinsatz und Verweisen gekommen sei.
=Lehrlingszeitung Nr.2,Bonn Mai 1970

05.05.1970: 
In Bonn möchte die Basisgruppe VWL heute, im Rahmen der von ihr organisierten
Arbeitskreise Politische Ökonomie, eine Veranstaltung "Einführung in die
marxistische Wirtschaftstheorie (Rotzök)" Berlin durchführen (vgl. 28.4.1970).
=Arbeitermacht Nr.4,Bonn 22.4.1970

12.05.1970: 
Im WDR III soll, nach eigenen Angaben, von 22 bis 22 Uhr 30 eine Sendung von
Genossen der Betriebsprojektgruppe Bonn mit dem Titel "Streik in Belgien"
verbreitet werden.
=Arbeitermacht Nr.4,Bonn 22.4.1970

12.05.1970: 
Zu der heutigen Bonner Kambodschademonstration ruft, laut BPG, ein von der
DKP kontrolliertes Bündnis auf.
=Arbeitermacht Nr.5/6,Bonn Juni/Juli 1970

24.05.1970: 
Auf der heutigen Leitungssitzung des Spartacus - Regionalausschuß (RA) NRW
wird auch über Bonn (vgl. Juni 1970) diskutiert:"
In BONN besteht Kontakt zur 'Roten Zelle Germanistik', die in der
Gewerkschaftsfrage wie zur Stellung gegenüber der 3.Welt (Kambodscha) mit uns
einer Meinung ist. Die Mehrheit steht auf dem Spartacus-Programm (insgesamt
etwa 10 Genossen). Die baldige Gründung einer Spartacus-Gruppe in Bonn ist also
nicht ausgeschlossen. Die Rotzeg hat außerdem enge Kontakte zu einer Gruppe in
Bottrop" (Junge Sozialistische Garde Bottrop,d.Vf.).
=Spartacus-RA-NRW:Protokoll der Leitungssitzung vom 24.5.70,o.O. o.J. (1970)

Juni 1970: 
In Bonn findet Ende Juni, laut Gruppe Roter Anfang Bonn, ein Teach In gegen
das Verbot des SDS Heidelberg statt. Einem selbst sei dieser Verein ja ganz
sympathisch, weil er gegen den Aufbau von Karnevalsparteien und für eine
betriebliche Praxis eintrete.

Auf dem Teach In sei man selbst zum ersten Male nach der Spaltung der
sogenannten antirevisonistischen Gruppen als konsolidierte Gruppe mit
trotzkistischer Tendenz an die Öffentlichkeit getreten, wobei man gleich die
Diskussionsleitung und vier Referate übernehmen konnte.
=Roter Anfang Nr.3/4,Bonn 1970

Juni 1970: 
In Bonn erscheint die Nr.2 der 'Kritischen Politik' (vgl. Apr. 1970, Okt.
1970), in der es u.a. in einem "Standort" betitelten Artikel heißt:"
... wir halten es ... für verfrüht und nicht vertretbar, wenn bis ins einzelne
eine Organisationsdebatte geführt wird, ohne zuvor eine hinreichende
KLASSENANALYSE ... geleistet zu haben".

Während man die KPD/ML für irrelevant hält, wird zur Vorsicht vor Joscha
Schmierer, der Berliner Ruhrkampagne und der Kieler Gruppe um die 'Rote Skizze'
geraten.

Über die Redaktion wird bekanntgegeben, daß diese sich noch im Stadium der
Konsolidierung befinde. Über den Arbeitskreis Parlamentarismuskritik, dessen
Konzeption in der letzten Ausgabe im April 1970 vorgestellt wurde, wird
berichtet, daß dieser nun in eine Arbeitsgruppe Politökonomie umgewandelt
worden sei.
=Kritische Politik Nr.2,Bonn Juni 1970

Juni 1970: 
In Bonn ist die Nr.5/6 der 'Arbeitermacht' (vgl. 22.4.1970, 27.10.1970) auf
Juni/Juli datiert, in der nächsten Nummer, der Nr.7 wird allerdings gar noch
eine Nr.8 für Juni angekündigt, die uns allerdings bisher nicht zu Gesicht kam,
weswegen man wohl davon ausgehen kann, daß sowohl die Nr.5/6 als auch die Nr.7
im Juni erschienen sind.

Die Nr.5/6 wird herausgegeben von der Betriebsprojektgruppe, unter
Verantwortung von G. Höcke in Waldorf Sandstr.17, wo vermutlich die Kommune
Waldorf residiert.

Die wohl wichtigste Nachricht enthält ein Artikel "Zum Übertritt einiger
Genossen aus der BPG zur KPD/ML", womit die KPD/ML-ZB gemeint ist. In der BPG
sei allerdings keine Diskussion über die KPD/ML geführt worden, die Mehrheit
der BPG habe die politische Existenzberechtigung der KPD/ML und den Eintritt in
diesen abgelehnt. Eine KPD/ML-ZB Zelle Bonn sei gegründet worden, weil ein
Arbeiter Mitglied habe werden wollen. Die BPG dagegen hält es für falsch, die
von ihr organisierten Jungarbeiter und Lehrlinge heute schon zu Betriebs- und
Stadtteilgruppen zu ernennen und favorisiert stattdessen eine überbetriebliche
Zentralgruppe.

Neben Artikeln zu Laos und den DKP-Indochinaaktionen (vgl. 13.12.1969,
12.5.1970) beschäftigen sich weitere Artikel mit den anderen Gruppen der Bonner
Linken.

In "Zur Internationalismusarbeit" von Hannes Heer wird u.a. ausgeführt:"
Die Gruppe um Jens Bünnig hat unter verschiedenen organisatorischen
Bezeichnungen ... je ein Info zu Lateinamerika, Palästina und Kambodscha
herausgegeben. Konkreter Anlaß war jedesmal eine Demonstration, meistens
verbunden mit einem Teach-In."

Im 'Roten Partisan' - Zeitung für Internationalismus Bonn, welcher von einer
Gruppe "Für eine sozialistische Jugendorganisation" herausgegeben worden sei,
habe man außer für Hugo Blanco, die Al Fatah und die israelische Matzpen auch
noch für die lateinamerikanische Focustheorie geworben. Dahinter stecke "der
Genosse Bünnig, Promoter zahlloser Komitees, Arbeitskreise, Korrespondenzen,
Infos und Jugendorganisationen in der Königstr. 65, (ehemals Sitz des
LSD-Bundesvorstandes,d.Vf.) ...: ..., der gegen die Betriebsarbeit ein Jahr
lang ankämpfte," diese aber nun auch befürworte. Die BPG betreibe diese
mittlerweile bei den Firmen Bonaval, Lemmerz,Ringsdorfff und VAW.
Trikont wird zum Eintritt in die BPG aufgefordert.

In "Eine kurze Lektion Stalin - für DKP + KPD/ML" wird Stalin so ziemlich mit
Breschnew gleichgesetzt und die Position der KP Chinas zu ihm für gut
befunden. In "Trotzkismus oder Leninismus" wird festgestellt: "die Rotzeg ist
zur Filiale des Trotzkismus in Bonn geworden."

Die Nr.7 der 'Arbeitermacht' wird von J. Holtz verantwortet und kändigt noch
für Juni eine Nr.8 an, die sich mit der bisherigen Betriebsarbeit der Gruppe
Arbeitermacht, der Berliner KPD/AO, der Sozialistischen Gruppe Bonn und einigen
Grundfragen der Betriebsarbeit befassen soll, uns aber bisher nicht vorliegt.
In der Nr.7 äußert man sich auch "Zu einigen Grundfragen", besonders das
Verhältnis von Proletariat und Intelligenz betreffend.

Im Rahmen des Aufbaus des Sozialistischen Studiums werden Veranstaltungen der
Roten Zellen angekündigt am Montag von der Roten Zelle PH (Rotzeph) zur
Geschichte der Spaltung Deutschlands und von der Basisgruppe Romanistik (BG
Rom) zur Ideologiekritik, am Dienstag von der BG Rom eine zur
Wissenschaftspolitik und eine zum Strukturalismus und am Donnerstag eine von
der Roten Zelle Psychologie (Rotzeps) zur Gewerkschaftsfrage.
In einer "Selbstkritik der Hochschullinie" wird festgestellt, daß die Gruppe
Arbeitermacht (GAM), wie sich die BPG nun nennt, zwar die Gründung der Roten
Zellen initiierte, ihre Mitglieder in diesen aber nicht gerade die beste Arbeit
geleistet hätten.

In einer "Einschätzung der PL/PI" wird bekanntgegeben, "daß die Gruppe
Arbeitermacht in der Vergangenheit mit der PL sympathisierte", was sich u.a. in
den "Hochschulthesen der GAM", die uns leider nicht vorliegen, gezeigt habe.
Die PL/PI habe aber durch ihre ökonomistische Politik einen
Sektencharakter bekommen. Auch in "Zur Gewerkschaftsopposition der PL" kommt
diese nicht gerade gut weg, denn sie verbiete faktisch eine Mitarbeit in den
Gewerkschaften, worauf die GAM doch Wert legt.

Ab nächste Woche soll als 'Schulungsheft' Nr.1 ein Revisionismus Reader
erscheinen, der uns noch nicht zu Gesicht gekommen ist, was aber nicht viel
heißen will.
=Arbeitermacht Nr.5/6 und 7,Bonn Juni/Juli 1970 bzw. o.J. (Juni 1970)

Juni 1970: 
Vermutlich im Juni gibt die Rote Zelle Germanistik (Rotzeg) Bonn erstmals
ihre Zeitschrift 'Roter Anfang' - Veröffentlichungen der Rotzeg Bonn (vgl. Juli
1970) heraus.

Neben Artikeln zu Gewerkschaften und zu Kambodscha wird auch auf die
Betriebsprojektgruppe (BPG) Bonn eingegangen. Diese habe über sich selbst
gesagt:"
Die Situation in der BPG und den Roten Zellen ist dadurch gekennzeichnet, daß
sich im wesentlichen zwei politische Linien herausgebildet haben, jedoch der
größte Teil der Genossen irgendwo dazwischen steht".
Inzwischen habe sich die maoistische Fraktion der KPD/ML-ZB angeschlossen.
Diese sei auch in Berlin und Bottrop aktiv.

Man selber verfüge noch über eine Projektgruppe Gewerkschaft.
Die Rotzeg steht in Kontakt zum Spartacus - Regionalausschuß (RA) NRW (vgl.
24.5.1970).
=Roter Anfang Nr.1,Bonn 1970

15.06.1970: 
Vermutlich heute erscheint in Bonn die Nr.3 der 'Arbeitermacht' (vgl.
23.4.1970, 22.6.1970), die nun auch noch 'Potere Operaio - Podere Obrero'
heißt. Die Herausgeber nennen sich nun Betriebsgruppe Bonn (ML). Verantwortlich
zeichnet L. Kleinert in der Königstraße 65. Neben einem Artikel "Gastarbeiter -
Fremdarbeiter - Kollegen?" wendet sich je ein Artikel an die Spanier und
Italiener, wobei zum Besuch der Treffen einer Basisgruppe jeden Freitag bei
Henning von Wangerow in der Weberstr. 8 aufgerufen wird.

In "Was ist und wofür kämpft die BONNER BETRIEBSGRUPPE" wird u.a. ausgeführt:"
Von der Betriebsgruppe hat sich ein kleiner Teil abgespalten, um in die KPD/ML
zu gehen. In den Ringsdorff-Werken haben sie bereits eine Betriebszeitung (Der
rote Ringsdorff Arbeiter) verteilt, bei Lemmerz werden sie demnächst eine
herausgeben (Rote Felge)." Mit KPD/ML ist hierbei die KPD/ML-ZB gemeint.

Ein Artikel "Lohnfortzahlung" beschäftigt sich außer mit dem Frankfurter
Betrieb W.P. Schenk Elektrobau auch mit den örtlichen Betrieben Ringsdorff,
Klöckner-Möller und Wessel-Werke. In "Die Wessel-Werke und der Sozialismus"
wird berichtet, daß dort ca. 500 Arbeiter mit der Herstellung von Fliesen
befaßt sind. Vor einiger Zeit hätten sich Kollegen aus dem Betrieb an die
BG(ML) gewandt, woraufhin man eine Sdr.Nr. der 'Arbeitermacht' zur
Betriebsversammlung herausgebracht habe, die u.a. auf die Lage der Ausländer
einging. Diese Sdr.Nr. lag uns leider bisher nicht vor.

In der Rubrik "Die Arbeiterklasse kämpft und wird siegen" berichtet man über
die Kautschuktarifrunde in Hessen und Niedersachsen und von den Chemiestreiks
in Hamburg am 9.6.1970, wobei man entweder bei der KPD/ML-ZB oder,
wahrscheinlicher noch, aus der selben Quelle wie diese abschrieb. Die zweite
Version ist wahrscheinlicher, weil hier die Firmennamen richtig geschrieben
sind, während sie bei der KPD/ML-ZB sämtlich falsch sind.
=Arbeitermacht Nr.3,Bonn o.J. (1970)

22.06.1970: 
Vermutlich heute erscheint in Bonn die Nr.4 der betrieblichen 'Arbeitermacht'
(vgl. 15.6.1970, 22.7.1970), für die wieder L. Kleinert in der Königstraße 65
verantwortlich ist.

Neben einem Artikel "Lohnsteuervorauszahlung - doppelte Ausbeutung", wird in
"Herr Ülpenich macht Klassenkampf" darüber berichtet, daß es sich bei diesem
Herrn um den Vermieter von Henning von Wangerow handelt, der zu dem
freitäglichen Treffen der Betriebsgruppe (ML) einen Arbeiter in's Haus ließ,
drei andere aber wegschickte. Die Treffen sollen deshalb von nun an in der
Königstraße 65 stattfinden.

Neben einem griechischen Artikel, dessen Titel wir hier nicht wiedergeben
können und dessen Inhalt uns leider auch verschlossen blieb, sind enthalten
Artikel zu Cabora Bassa auf Deutsch und Portugiesisch, die sich u.a. mit dem
Hamburger U-Bootbau für Portugal befassen, ein italienischer Artikel "Reggio di
Calabria - una nova Battaglia", und zwei spanische Artikel, wovon sich der eine
mit den Verflechtungen von Lemmerz, Haribo und den Wesselwerken mit Spanien
befaßt (dieser erscheint auch auf Deutsch), während der andere auf die
Panzerlieferungen von Krauss-Maffei an das Francoregime eingeht. Ein
Deutschkurs für Spanier soll am 20.9.1970 beginnen, ein weiterer für Italiener
ist geplant.
=Arbeitermacht Nr.4,Bonn o.J. (1970)

23.06.1970: 
Die 'Bonner Universitätsnachrichten' geben bekannt, daß das
Verwaltungsgericht Köln eine Anordnung erlassen habe, die der Bonner Fachschaft
Romanistik die weitere Störung der Vorlesungen des Professors Harri Meier
verbiete (vgl. 27.6.1970).
=Bonner Universitätsnachrichten Nr.51,Bonn 23.6.1970

27.06.1970: 
Die 'Bonner Universitätsnachrichten' berichten, daß ein Student wegen der
Störungen der Vorlesungen des Romanistik-Professors Harri Meier (vgl.
23.6.1970) verurteilt worden sei.
=Bonner Universitätsnachrichten Nr.53,Bonn 27.6.1970

Juli 1970: 
In Bonn erscheint mit der Nr.3 die letzte uns bekanntgewordene Ausgabe der
'Lehrlingszeitung' (vgl. Mai 1970), für die wieder Stefan Kappstein in der
Königstraße 65 die Verantwortung trägt.

Vor den Artikeln "Ausbildungskurse am Beispiel der Magnetfabrik" (Bonn), "Wie
die USA in Kambodscha den Kapitalismus verteidigen" und dem politökomischem
Opus "Wie wird man Ausbeuter?" wird in "Wir stellen richtig" auf die Vorwürfe
von zwei Lehrern der Gewerblichen Berufsschule, der Lehrlingsarbeitskreis (LAK)
Bonn (für diesen Namen hat man sich nun scheinbar nach den Schwankungen in der
letzten Ausgabe entschieden,d.Vf.) sei von der DDR gesteuert etc. eingegangen
und dabei u.a. ausgeführt, "daß der LSD (...) uns nach der 1. Ausgabe seine
Druckmaschine zur Verfügung stellte."

In "Lehrlingsarbeitskreis Bonn - wie wir entstanden - was wir wollen – wie wir
arbeiten!" heißt es, daß ein paar in der SPD gewesen seien und zum Teil
Unorganisierte bzw. ehemalige SPD- und Gewerkschaftsmitglieder sich bei den
Demonstrationen gegen die Notstandsgesetze, NPD und Polizeiterror
zusammengefunden hätten. Einige hätten auch Erfahrungen mit der SDAJ, die man
deswegen meide. Weiter heißt es:"
Nach zeitweiser Mitarbeit einiger Lehrlinge im damaligen SCHÜLERARBEITSKREIS,
in dem dann aber Lehrlingsarbeit überhaupt nicht aufgenommen wurde und statt
dessen von einem nebensächlichen Konflikt (Hasch, Sexualität) auf den anderen
gesprungen wurde und eine systematische Arbeit überhaupt nicht erfolgt war,
GRÜNDETEN WIR VORLÄUFIG EINEN lEHRLINGSARBEITSKREIS. ... Konkret sieht unsere
Arbeit also so aus:
1. SCHULUNG
 a. Lohnarbeit und Kapital (Marx)
 b. Staat und revolution (Lenin)
2. LEHRLINGSZEITUNG
 a. Berufsausbildung
 b. gesamtgesellschaftliche Zusammenhänge
 c. Kampf der Arbeiterjugend
3. Analyse der Situation von Lehrlingen, Arbeitern und Betrieben
4. Organisationsfrage
... für den Aufbau ... einer revolutionären Partei kämpfen, das ist eine
weitere Aufgabe."
=Lehrlingszeitung Nr.3,Bonn Juli 1970

Juli 1970: 
Im Juli oder August erscheint in Bonn die zweite Nummer des 'Roten Anfangs'
(vgl. Juni 1970, Sept. 1970) der Roten Zelle Germanistik Bonn, die Materialien
zum Faschismus enthält.
=Roter Anfang Nr.2,Bonn 1970

22.07.1970: 
Frühestens heute erscheint in Bonn ein Extrablatt der 'Arbeitermacht' (vgl.
22.6.1970, Aug. 1970) zu den Arbeitermorden im spanischen Granada am Vortag,
welches außer auf die Waffenlieferungen von Krauss-Maffei München auch auf das
spanische Zweigwerk der Lemmerzwerke Königswinter und die Waffengeschäfte der
Munitionsfabrik Lubig in Bad Godesberg mit Spanien eingeht. Die Verteilung
dieses Extrablattes wird, auf Antrag von Lubig, gerichtlich untersagt und mit
einer Geldstrafe von 200 DM geahndet.
=Arbeitermacht Nr.5,Bonn o.J. (1970)

27.07.1970: 
Die KPD/ML-ZB berichtet vermutlich aus dieser Woche von Ringsdorff Bonn, daß
nachdem bei Krupp Essen bereits einer Betriebszeitung die Verwendung des
Firmennamens als Teil ihres Titels untersagt wurde (vgl. 6.7.1970), dasselbe
nun auch der Betriebsgruppe Ringsdorff der KPD/ML-ZB in Bonn mit ihrem 'Roten
Ringsdorff Arbeiter' passiert, was aber natürlich die Betriebsgruppe nicht zur
Aufgabe veranlassen kann.

Der KJVD der KPD/ML-ZB (vgl. Sept. 1970) berichtet:"
ERSTER SCHRITT:
VERBOT DER ZEITUNG...
Kürzlich erfolgte ein Angriff auf eine zweite Betriebszeitung der KPD/ML
(...):
Die Kapitalisten von Ringsdorff (Chemiebetrieb) in Bonn/Bad Godesberg
untersagten der dortigen Betriebsgruppe schriftlich, ihre Zeitung weiter 'Roter
Ringsdorff Arbeiter' zu nennen. Der 'Rote Ringsdorff Arbeiter' Nr.2 schreibt
dazu:
'Das ist ein erster Schritt. Der nächste wird heißen: Verbot der Zeitung; dann
Verbot der Partei...

Die Behauptung, der Name Ringsdorff sei ein 'Eigenname' und daher als
Zeitungsname nicht verwendbar, ist doch nur ein Vorwand. Werth und Konsorten
haben gesehen, daß diese Zeitung kein Blatt vor den Mund nimmt, daß sie alle
Tricks und Betrügereien der Kapitalisten anprangert, daß sie die Kollegen bei
der Sicherung ihrer Arbeitsplätze, ihrer Löhne und ihrer täglichen Forderungen
unterstützt. Deshalb versuchen sie mit allen Mitteln unsere Zeitung zu
behindern, damit nicht noch mehr Kollegen zu uns Vertrauen gewinnen können.'"
=Der Kampf der Arbeiterjugend Nr.4,Bochum Sept. 1970,S.5;
Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.21,Bochum 5.8.1970,S.*

August 1970: 
Vermutlich im August, eventuell aber auch Ende Juli oder Anfang September,
erscheint in Bonn die Nr.5 der 'Arbeitermacht' (vgl. 22.7.
1970, 21.9.1970).  Verantwortlich ist L. Kleinert, das Konto läuft auf Jürgen
Holtz.

Berichtet wird unter dem Titel "Ein schwerer Schlag gegen die Arbeitermacht?"
über ein Extrablatt dieser Schrift (vgl. 22.7.1970), wobei angegeben wird, daß
die Arbeitermacht alle zwei Wochen erscheinen soll. Bei dem Versuch, das
Erscheinungsdatum der durchweg undatierten aber fortlaufend nummerierten
Ausgaben dieser Zeitung herauszubekommen, sind wir allerdings zu keiner
Übereinstimmung mit einem derartigen oder anderweitigen Rhythmus gelangt. Irren
können wir uns dabei aber natürlich leicht, da unsere einzige Grundlage für die
Datierung in den enthaltenen Streikberichten und Aufrufen zu Aktionen liegt.
Berichtet wird noch, daß die Lemmerzwerke in Königswinter sich die Straße vor
dem Werk gekauft hätten, so daß dort nunmehr ein Verteilverbot bestehe.
Weitere Artikel tragen die Titel "Die NATO - Feuerwehr des Kapitals", "Die
Polizei - dein Freund und Helfer" und "VAW - Viel Ausbeutung der Werktätigen".
Mit Haribo beschäftigen sich ein spanischer Artikel "Contra la Haribo solamente
valen Huelgas" und ein griechischer Artikel, den wir mal wieder nicht
verstanden haben. Auf Deutsch heißt die Geschichte "Haribo macht Kinder froh
...... und Malocher ebenso?" und gelangte wenigstens örtlich zu einer gewissen
Berühmtheit (vgl. Sept. 1970). Berichtet wird dort über einen gescheiterten
Streik von 6 der 3 bis 500 Spanier des Werkes.

In "Welche Interessen vertritt die Betriebsgruppe Bonn?" wird berichtet, daß
diese seit einem Jahr bestehe und seit einem halben Jahr die 'Arbeitermacht' in
einer Auflage von 3 000 herausgebe. Eine Betriebsgruppe habe man bei
Ringsdorff, arbeiten tue man auch bei Lemmerz in Königswinter, Kautex in
Hangelar, VAW, Klöckner-Möller, den Wesselwerken und neuerdings auch bei
Haribo. Erwähnt werden auch "die Lehrlinge unserer Lehrlingsgruppe, die eine
eigene Lehrlingszeitung herausgeben" (vgl. Juli 1970). Zweimal habe man nach
Betriebsschluß Diskussionen mit Arbeitern der Wesselwerke durchgeführt, zu den
Treffen, zu denen in den Nummern 3 und 4 der 'Arbeitermacht' aufgerufen wurde,
seien insgesamt 5 Kollegen erschienen. Man arbeite auch mit Juristen zusammen
und die "Studenten der Betriebsgruppe sind verpflichtet, jedes Jahr eine
bestimmte Mindestzeit in einem Betrieb zu arbeiten."
=Arbeitermacht Nr.5,Bonn o.J. (1970)

September 1970: 
In Bonn gibt die Gruppe Roter Anfang Bonn (Bolschewiki-Leninisten/Trotzkisten)
(früher Rote Zelle Germanistik Bonn) ein Flugblatt "Konterrevolution in Jordanien"
heraus. Der Kontakt zu der Gruppe ist möglich über Büchertische am Dienstag und
Freitag in der Mensa und am Donnerstag in der neuen Mensa.
=Roter Anfang Nr.3/4,Bonn 1970

September 1970: 
Vermutlich im September erscheint in Bonn die Nr. 3/4 des 'Roten Anfangs',
der jetzt nicht mehr von der Roten Zelle Germanistik Bonn, sondern von der
Gruppe Roter Anfang (GRA) Bonn, die jetzt überdies noch Mitglied von
Spartacus/IKD (Trotzkisten) sei, herausgegeben wird.

Für Oktober wird angekündigt, daß die GRA zusammen mit Lehrlingsgruppen im
Ruhrgebiet eine große Plenumsdiskussion mit Spartacus und IKD führen werde.
In einer "Kurzkritik an Bonner Gruppen" wird zunächst auf die Jens- (Bünning,
d.Vf.) Gruppe 'Roter Partisan' eingegangen, die an der zweiten Brüngsberger
Konferenz teilgenommen habe. Zuerst habe diese eine
Schülermobilisierungsstrategie verfolgt, dann habe ein "'radikales' Umschwenken
auf besinnlich akademische Studien zusammen mit Politologen" stattgefunden,
womit wohl auf die Herausgabe der 'Kritischen Politik' im April 1970 angespielt
wird.

Die Betriebsprojektgruppe (BPG) Bonn um Hannes Heer betreibe eine
ökonomistische Handwerkelei. Nützlich in der Auseinandersetzung mit der BPG sei
die Broschüre der IKD-Gruppe Bochum "Leninismus gegen Trotzkismus? Antwort auf
den Bolschewik".

Hannes Heer habe gestern, was sich entweder auf das SDS Heidelberg Teach In
Ende Juni oder auf diese Nr. des 'Roten Anfangs' bezieht, "die Volksfront mit
der DKP eklektisch gerechtfertigt".

Gehässig wird weiter ausgeführt:"
'Weil keine Arbeiter aus anderen Betrieben Bescheid wussten' (Arbeitermacht
Nr.5, S.9), scheiterte der revolutionäre Volkskrieg der sechs Haribo-Arbeiter".
Nun habe sich diese 'Laienspielschar in Sachen Marxismus-Leninismus', die eine
'objektiv konterrevolutionäre Politik' betreibe, einen Hausjuristen
angeschafft.
=Roter Anfang Nr.3/4,Bonn 1970;
Spartacus Nr.25,Bonn Dez. 1971/Jan. 1972

04.09.1970: 
In Bonn findet, laut Gruppe Roter Anfang Bonn, ein Indonesien Teach In statt.
Die Gruppe Roter Partisan Bonn sei dabei für den Sieg im indonesischen
Volkskrieg eingetreten. Einem selbst sei es auf dem Teach In zum ersten Male
gelungen seinen trotzkistischen Standpunkt darzustellen, wobei einem allerdings
Genossen von Spartacus und IKD geholfen hätten.
=Roter Anfang Nr.3/4,Bonn 1970

05.09.1970: 
In Bonn findet, laut Gruppe Roter Anfang Bonn, eine Indonesien Demonstration
statt. Aufgrund der regionalen Zusammenarbeit der Trotzkisten in NRW habe man
einen eigenen Block mit Spartacus und IKD bilden können, dem sich die GIM
angeschlossen habe. Leider sei einem von den Stalinisten und den Pazifisten des
Asta das Rederecht verweigert worden. Ein Mobilisierungsflugblatt "Ob
Sukarno/Ob Suharto - Sieg der indonesischen Revolution!!!" ist unterzeichnet
vom Spartacus - Regionalausschuß NRW, IKD (Trotzkisten) und Gruppe Roter Anfang
Bonn.
=Roter Anfang Nr.3/4,Bonn 1970

21.09.1970: 
Vermutlich heute erscheint in Bonn die betriebliche 'Arbeitermacht' Nr.6
(vgl. Aug. 1970, 28.9.1970), für die Jürgen Holtz in der Königstr.65 die
Verantwortung übernimmt. Dort sollen auch die Treffen stattfinden, zu deren
Besuch eingeladen wird.

In "Tarifrunde '70 Hartnäckig unsere Interessen vertreten" geht man u.a. auf
die Bremer Betriebe Siemens und Klöckner und auf Krupp Bochum (vgl. 18.9.1970)
(alle IGM-Bereich) ein. Um die Metalltarifrunde (MTR) geht es auch in "Die
Entwicklung bis heute". Von 'Westberliner Genossen' stammt ein Teil der
Informationen für den Artikel "Richtlinien der Kapitalisten bei Streiks in
unserer Hand!" (vgl. Juli 1970), in dem u.a. noch festgestellt wird: "Hier im
Raum Bonn ist die IG Metall kaum in den Betrieben verankert - ebensowenig wie
die anderen Gewerkschaften auch."

Neben den Artikeln "Automobilarbeiterstreik in den USA" und "Gewerkschaften und
Staat gegen englische und holländische Arbeiter" und über VAW finden sich in
Spanisch, Italienisch und Deutsch ("Sturmvögel der KRISE) Artikel zu den
beabsichtigten Schließungen der Phrix-Werke (CPK-Bereich) in Krefeld, Okriftel
in Hessen und dem benachbarten Siegburg.
=Arbeitermacht Nr.6,Bonn o.J. (1970)

28.09.1970: 
Vermutlich heute erscheint in Bonn die Nr.7 der betrieblichen 'Arbeitermacht'
(vgl. 21.9. 1970, 27.10.1970), für die wieder Jürgen Holtz seinen Namen
hergibt.

In "METALL-TARIFRUNDE '70" geht man auf die MTR der IGM in Baden-Württemberg
und NRW ein.

In "Streik bei Ford in Köln" (vgl. 24./25.9.1970) berichtet man auch noch von
Streiks bei Daimler (25 000), KHD (8 000), in allen Opelwerken und in Bremen.
In diesem Zusammenhang steht auch der Artikel "Wie verhielt sich die IG
Metall-Spitze?", der nicht gerade ein Werbeartikel für diese ist. Ein Bericht
"Gewerkschaften an der Kette des Kapitals" beschäftigt sich mit den Phrixwerken
(CPK-Bereich) Siegburg, Okriftel in Hessen und Krefeld. Berichtet wird über ein
spanisches Extra der 'Arbeitermacht' unter dem Namen 'Poder Obrero' und dem
Titel "!Defendamos nuestros intereses sin tregua ni descanso!", welches sich
außer mit verschiedenen Kämpfen spanischer Arbeiter in der 'BRD' auch mit Ford
Köln, Phrix und VAW Bonn befaßt.
=Arbeitermacht Nr.7,Bonn o.J. (1970)

Oktober 1970: 
In Bonn erscheint die Nr.3 der 'Kritischen Politik' (vgl. Juni 1970, März
1971), die ihren bisherigen Untertitel 'Zeitschrift für kritische
Theoriebildung' nun mit dem Untertitel 'Zeitschrift für marxistische
Theoriebildung' vertauscht hat.

In einem einführenden Artikel "Zu dieser Ausgabe" heißt es u.a.:"
Die Sozialistisch Gruppe Bonn, deren theoretisches Organ die Kritische Politik
ist, entstand aus dem Zusammenschluß einiger kleinerer sozialistischer Gruppen,
die sich in der negativen Abgrenzung gegenüber solchen Gruppen einig waren, die
schon dezidierte Positionen zu strategischen und organisatorischen Fragen
einnahmen, bevor dieselben überhaupt theoretisch erarbeitet und geklärt sind."
Dieser Artikel stelle das erste Diskussionsergebnis der Sozialistischen Gruppe
Bonn (SGB) dar. Enthalten ist auch das Schulungsprogramm der SGB, worin sich
u.a. "zur Abschreckung" Stalin's Schrift "Über dialektischen und historischen
Materialismus" findet. Die Schulungen der SGB sollen vorerst in der, in Bonn
wohlbekannten, Königstraße 65 stattfinden, wo bereits der Bundesvorstand des
LSD und diverse andere Clubs ihren Sitz hatten.

In einem Artikel von Klaus Funken "Produktiver Kombinierter Gesamtarbeiter und
Leninsche Parteikonzeption" geht dieser u.a. darauf ein, daß in Bonn eine
'proletarische Organisation' beabsichtige, eine kleinbürgerliche Organisation
zu gründen, um mit dieser den Hochschul-Kampf wieder aufzunehmen. Wobei es sich
um eine Anspielung auf die Gruppe Arbeitermacht (GAM) Bonn, die sich zeitweise
von der Hochschule zurückgezogen hatte, und ihr Unikollektiv der Roten Zellen
handeln dürfte. Im weiteren wirft er dieser Gruppierung u.a. "das Aufwärmen der
Fraktionierungen des Klassenkampfes vor 40 oder 60 Jahren" vor.
=Kritische Politik Nr.3,Bonn Okt. 1970

02.10.1970: 
Die KPD/ML-ZB berichtet von der Aushebung der Deutsch-Sozialen Aktion in NRW
(DSA - vgl. 14.2.1971) und einem ihrer Mitglieder, Bernd Hengst aus Bonn, der
heute einen Anschlag auf das DKP-Büro in Bonn verübt und dafür zu einer
Geldstrafe von 2 000 DM verurteilt wird.
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.14,Bochum 20.2.1971,S.2

27.10.1970: 
In Bonn mobilisiert die Gruppe Arbeitermacht mit einem Uni-Extra ihrer
'Arbeitermacht' (vgl. Juni 1970) für heute zu einem Treffen vor dem Hörsaal 1,
auf dem ein Unikollektiv der Roten Zellen gebildet werden soll. Dies ist die
letzte uns bekanntgewordene Ausgabe der 'Arbeitermacht' Serie für die Linke
bzw. die Uni. Die Verantwortung übernimmt J. Holtz. Ausgeführt wird darin
u.a.:"
Die Gruppe Arbeitermacht leistet seit 1 Jahr durch ihre Agitation und
Propaganda in Bonner Betrieben (Betriebszeitungen und Arbeit im Betrieb)" ihren
Beitrag zur Verankerung des M.-L. im Proletariat "zusammen mit anderen
revolutionären Gruppen in der BRD (Arbeiterbasisgruppen München, PL-PI und
KPD-AO Westberlin) ... . ... Genossen der Gruppe Arbeitermacht, die an der Uni
studieren, werden durch Schaffung eines Uni-Kollektivs und die
schwerpunktmäßige Gründung von Roten Zellen (Psychologie + Volkswirtschaft) die
Durchsetzung einer PROLETARISCHEN Linie ... sichern. ... Die Mitglieder des
Uni-Kollektivs und der Roten Zellen arbeiten unter der politischen Anleitung
(organisatorisch selbständig!) der Gruppe Arbeitermacht. Sie verpflichten sich
(...) im BETRIEB zu arbeiten ... und im STADTTEIL".
=Arbeitermacht Uni-Extra,Bonn o.J. (1970)

27.10.1970: 
Nach dem 26.10.1970 erscheint in Bonn die zweiseitige Nr.8 der betrieblichen
'Arbeitermacht' (vgl. 28.9.1970, 15.1.1971) welche sich, unter Verantwortung
von Jürgen Holtz in einem Artikel "nein" mit der Metall-Urabstimmung befaßt.
Hierbei wird festgestellt, daß seit Mitte September über 300 000 Metaller u.a.
in Bochum, Essen, Gelsenkirchen und Siegen gestreikt hätten.

Die IGM Bonn habe bisher kein Flugblatt zur Urabstimmung herausgegeben. Die
Betriebsgruppe Ringsdorff berichtet in "Die Politik des Kapitals - LOHNRAUB"
u.a. von einem, uns bisher unbekannten, Extrablatt der 'Arbeitermacht' zu den
Lohnkürzungen und zu 40 bis 50 Entlassungen.
=Arbeitermacht Nr.8,Bonn o.J. (1970)

Dezember 1970: 
Die DKP Hochschulgruppe Bonn gibt die Nr.1 ihres 'Kommunist' (vgl. Jan. 1971)
heraus, bei der es sich vermutlich um die erste Ausgabe überhaupt handelt.
=Kommunist Nr.1,Bonn Dez. 1970

Dezember 1970: 
Vermutlich im Dezember wird innerhalb der RKJ der GIM über die
Studentenarbeit in Bonn berichtet:"
Spartacus (KJO Spartacus,d.Vf.) macht Schulung an der Uni, überläßt die
Basisgruppen den Maoisten. Unser Sympathisant arbeitet in der BG
Mathematik-Physik mit: Organisation der Studenten am Arbeitsplatz:
Übungssprecherräte in Mathematik in den Anfängervorlesungen.

Kriegsforschungskampagne: im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit über  Verwertung,
stützt sich auf VDS-Papiere, zentrale Uni-Kampagne darüber. AStA-Majorität von
SHB und AMS Spartakus (der DKP,d.Vf.). Schwelendes Problem: Institutsräte und
Mitbestimmung. An anderen Fakultäten Maoisten (KJVD (der KPD/ML-ZB,d.Vf.) und
Uni-Spontaneisten) und AMS Spartakus führend."
=RKJ-Info Nr.9,Mannheim Mitte Jan. 1971,S.13

05.12.1970: 
An der Uni Bonn geben die Anhänger der KPD/ML-ZB, laut KJO Spartacus,
vermutlich in dieser Woche ihre Zeitung 'Marxist-Leninist' Nr.2 heraus, die
u.a. zur Antifa-Demonstration am 12.12.1970 aufruft.
=Roter Anfang Nr.5,Bonn 15.2.1971

15.12.1970: 
Das Vorbereitende Komitee Dortmunder Hochschulen Kampf dem Ausländergesetz
und der politischen Unterdrückung (vgl. 4.9.1972) dokumentiert das folgende
heutige Schreiben des Einwohnermeldeamtes der Stadt Bonn mit einigen
Schwärzungen, die wir als Auslassungen gekennzeichnet haben:"
BETRIFFT:
Einschränkung der politischen Betätigung und räumliche Beschränkung der
Aufenthaltserlaubnis
Sehr ...
Nach meinen Informationen haben Sie sich in der Bundesrepublik Deutschland
politisch betätigt und dabei wiederholt an Demonstrationen beteiligt, die u.a.
bezweckten, die Jordanische Botschaft zu besetzen. Deshalb bin ich aus Anlaß
des Staatsbesuches Seiner Majestät des Königs Hussein von Jordanien gezwungen,
Ihnen aufzuerlegen, Ihre politische Tätigkeit in der Weise einzuschränken, daß
Sie alle Handlungen unterlassen, die geeignet sind, die deutschen Beziehungen
zu Jordanien zu belasten. Deswegen untersage ich Ihnen insbesondere, an
angemeldeten oder nicht angemeldeten Demonstrationen teilzunehmen, Seine
Majestät den König Hussein von Jordanien zu beleidigen oder Kritik an der von
ihm getragenen Politik zu üben, sowie Plakate und Transparente zu zeigen, die
eine solche Beleidigung oder Kritik beinhalten. Diese Maßnahme stützt sich auf
Paragraph 6 Abs.2 des Ausländergesetzes vom 26.4.1965.

Ich weise im übrigen darauf hin, daß Ihre Aufenthaltserlaubnis mit dem
1.12.1970 abgelaufen ist. Sollten Sie beabsichtigen, sich auch weiterhin in der
Bundesrepublik Deutschland aufzuhalten, bitte ich Sie, unverzüglich wegen der
Verlängerung dieser Erlaubnis beim Einwohnermeldeamt, Ausländerabteilung, Bonn,
Maergasse 24, Zimmer 111, vorzusprechen. Unabhängig davon beschränke ich Ihren
Aufenthalt für die Zeit vom 16.12.1970 bis 18.12.1970 auf das Gebiet der Stadt
Bonn. In Anlehnung an Paragraph 7 Abs.1 des Ausländergesetzes untersage ich
Ihnen jedoch, sich in dem in der beigefügten Karte gekennzeichneten Stadtgebiet
zwischen Rheinufer - Trasse der neuen Rheinbrücke zwischen Bonn und Bonn-Bad
Godesberg - Gleiskörper der Bundesbahn bis zum Kaiserplatz - Hauptbahnhof
-*Wesselstraße - Am Hof - Rathausgasse - und Rheingasse aufzuhalten.

Außerdem lege ich Ihnen auf, sich am Mittwoch, dem 16.12.1970, Donnerstag, dem
17.12.1970 und Freitag, dem 18.12.1970, jeweils um 9 Uhr, 12 Uhr und 17 Uhr,
beim Einwohnermeldeamt, Ausländerabteilung, Bonn, Maergasse 24, Zimmer 111 zu
melden.

Ich weise noch einmal darauf hin, daß Sie nach Paragraph 12 des
Ausländergesetzes verpflichtet sind, die Bundesrepublik unverzüglich zu
verlassen, falls Sie nicht wegen der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis
vorsprechen.

RECHTSMITTELBELEHRUNG:
Gegen diese Verfügung können Sie innerhalb eines Monats, vom Tage der
Zustellung an gerechnet, schriftlich oder zur Niederschrift beim
Oberstadtdirektor der Stadt Bonn, Einwohnermeldeamt, Bonn, Maergasse 24,
Widerspruch einlegen. Wird dieser schriftlich erhoben, bitte ich, ihn möglichst
in doppelter Ausfertigung einzureichen. Falls die Frist durch das Verschulden
eines von Ihnen Bevollmächtigten versäumt werden sollte, muß dessen Verschulden
Ihnen zugerechnet werden.

Ein evtl. Widerspruch hat nach Paragraph 8 des Gesetzes zur Ausführung der
Verwaltungsgerichtsordnung im Lande Nordrhein-Westfalen vom 26.3.1960 (GV.NW
S.47) keine aufschiebende Wirkung.
Hochachtungsvoll ..."
=Vorbereitendes Komitee Dortmunder Hochschulen Kampf dem Ausländergesetz und
der politischen Unterdrückung:Aufruf zum Kampf gegen das reaktionäre
Ausländergesetz,Dortmund o.J. (1972),S.4

23.12.1970: 
Bei Ringsdorff Bonn, einem KFZ-Zulieferbetrieb, müssen, laut KPD/ML-ZB, 200
 Arbeiter der größten Abteilung ab heute bis zum 4.1.1971 Kurzarbeit machen.
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.56,Bochum 5.12.1970,S.3

30.12.1970: 
Die KPD/ML-ZB berichtet von der Aushebung der Deutsch-Sozialen Aktion (DSA -
vgl. 14.2.1971):"
Am 30.12.1970 beobachtete der Verfassungsschutz (nach einer Meldung der
Westfälischen Rundschau (WR,d.Vf.) vom 16.2.) im NPD-Heim in Römlinghoven
(Bonn) eine Gruppe von NPD-Mitgliedern, die faschistische Lieder sang und mit
Pistolen auf Bilder von Brandt und Ulbricht zielte."
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.14,Bochum 20.2.1971,S.2

Januar 1971: 
Die DKP Hochschulgruppe Bonn gibt die Nr.1 ihres 'Kommunist' (vgl. Dez. 1970,
24.5.1971) heraus. Berichtet wird vom Kampf gegen NPD und Aktion Widerstand
(AW) in Bonn (vgl. 12.12.1970) und in Marburg in Hessen (vgl. Dez. 1970).
=Kommunist Nr.1,Bonn Jan. 1971

15.01.1971: 
In Bonn mobilisiert die Nr.9 der betrieblichen 'Arbeitermacht' (vgl.
27.10.1970, 18.1.1971) unter dem Titel "Kampf den alten und den neuen Nazis"
zur morgigen Kundgebung um 14 Uhr an der Hofgartenseite der Uni.
=Arbeitermacht Nr.9,Bonn o.J. (15.1.1971)

16.01.1971: 
Zur heutigen Bonner antifaschistischen Kundgebung kommen, laut der selbst
aufrufenden Gruppe Arbeitermacht, 3 000 Demonstranten, die sich 4 000
Polizisten und 1 000 Nazis gegenübersehen. Berichtet wird darüber unter dem
Titel "Niederlage der Faschisten in Bonn!" wobei festgestellt wird: "Wir waren
Jungarbeiter, Lehrlinge und Studenten".
=Arbeitermacht Nr.9 und 10,Bonn o.J. (15.1.1971) bzw. o.J. (1971)

16.01.1971: 
Die KPD/ML-ZB berichtet von der Aushebung der Deutsch-Sozialen Aktion in NRW
(DSA - vgl. 14.2.1971):"
Als am 16.1.1971 eine Gruppe der Aktion Widerstand (AW,d.Vf.) die Fenster bei
der sowjetischen Botschaft (der SU,d.Vf.) in Rolandseck einwarf und Polizei und
Bundesregierung die A.W. und die NPD verantwortlich nannten, hat der NPD-
Parteivorstand sofort ein an der Aktion beteiligtes Mitglied des
NPD-Landesvorstandes von NRW von seinen Aufgaben suspendiert und ein
Parteiausschlußverfahren eingeleitet."
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.14,Bochum 20.2.1971,S.2

18.01.1971: 
Vermutlich heute erscheint in Bonn die Nr.10 der betrieblichen
'Arbeitermacht' (vgl. 15.1.1971), welches die letzte uns bisher
bekanntgewordene Ausgabe ist. Berichtet wird über die antifaschistischen
Aktionen des Wochenendes (vgl. 16.1.1971), wobei auch ein Hintergrundartikel
"Droht der Faschismus?" enthalten ist.

In "Kacken Meister besser?" geht man auf die Lemmerzwerke in Königswinter ein.
In "El Fascismo al Diablo" beschäftigt man sich mit Ford Köln, in zwei Artikeln
"Der Kampf der spanischen Arbeiter" bzw. "La lotta rivoluzionaria del popolo
spagnolo" wird aufgerufen: "Bauen wir die italienische Sektion der Fabrikgruppe
Arbeitermacht auf!"
=Arbeitermacht Nr.10,Bonn o.J. (1971)

18.01.1971: 
In Bonn will der NPD-Bezirksverband heute, laut KPD/ML-ZB, eine
Reichsgründungsfeier abhalten.
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.4,Bochum 16.1.1971,S.5

30.01.1971: 
Die KPD/ML-ZB berichtete aus Essen (vgl. 30.1.1971) und:"
STRAUSS-GUTTENBERG-TRIBUNAL IN BONN
Ebenfalls am 30.1. fand in Bonn ein 'Strauß-Guttenberg Tribunal' statt, das von
SDAJ (der DKP,d.Vf.), Spartakus (MSB,d.Vf.) , SHB, den Jungsozialisten und den
Jungdemokraten (Judos der FDP,d.Vf.) einberufen worden war. Die Jusos zogen auf
Druck der SPD-Führung noch zurück. Der Bonner FDP-Vorsitzende distanzierte sich
öffentlich von den Jungdemokraten, 'gegen die sowieso schon ein
Parteiausschlußverfahren' laufe.

Strauß und Guttenberg wurden als gefährliche Feinde der Arbeiterklasse
entlarvt. Die einzige Schlußfolgerung hieraus blieb wieder einmal:
Ratifizierung der Verträge von Warschau und Moskau, als wenn die 'neue
Ostpolitik' Brandts eine neue Friedenspolitik eingeleitet  hätte, die es gegen
die reaktionären Kräfte um Strauß zu verteidigen gelte. Hier wurde wieder die
Rolle der Revisionisten deutlich als Agentur der sozialimperialistischen Führer
der UdSSR (SU,d.Vf.), die unbedingt an einer Ratifizierung der Verträge
interessiert sind. Sagte doch DIHT-Chef von Amerongen bei seinem Besuch in
Moskau (vgl. 25.1.1971,d.Vf.): 'Längerfristige Geschäfte benötigen einen
Vertrag als Basis.' Und eben an längerfristigen Geschäften sind die Herren im
Kreml interessiert.

Bei ihrer Propagierung des Moskauer Vertrags wurden die Jugendorganisationen
der D'K'P diesmal auch von sozialdemokratischen Jugendorganisationen
unterstützt:
Jung als Vertreter des SHB und Krüger vom VDS forderten die breite
antimonopolistische Front für die ratifizierung und kritisierten in diesem
Zusammenhang den Beschluß des SPD-Rats (vgl. **.*.197*,d.Vf.), daß
Sozialdemokraten nicht mit Kommunisten zusammenarbeiten dürfen.
Ein Bundeswehrpionier, der in Uniform an der Veranstaltung teilgenommen hatte,
wurde nach der Veranstaltung von Feldjägern erwartet, die mit Schutz der
Polizei ihn verhaften wollten. Dies konnte an diesem Abend noch verhindert
werden. Dies Beispiel zeigt, wie es um die angeblich 'neue Ostpoltik' und um
die 'Friedensbereitschaft' der Bundesregierung bestellt ist, wenn sie mit
solchen Maßnahmen demokratische Rechte in der Bundeswehr abbauen will."

Der KJVD der KPD/ML-ZB (vgl. März 1971) berichtet:"
FELDJÄGER GEGEN SOLDATEN
Bei einem CDU-Tribunal in Bonn hatte auch ein Bundeswehrsoldat in Uniform sich
gegen die kriegstreiberische Politik der CDU gewandt. Er mußte anschließend vor
vier Feldjägern das Weite suchen, die ihn festnehmen wollten, weil er in
Uniform aufgetreten war."

Zu Repressalien kommt es im Anschluß innerhalb der SPD in Bonn (vgl. 8.2.1971).
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.13 und 14,Bochum 17.2.1971 bzw.
20.2.1971,S.5f bzw. S.3;
Der Kampf der Arbeiterjugend Nr.3,Bochum März 1971,S.2

Februar 1971: 
Im Verlag Neue Linke, der in Bonn ansässig ist, erscheint von einem
Autorenkollektiv herausgegeben die Schrift "Lang lebe die Revolution.
Informationen über Indien."
=Autorenkollektiv:Lang lebe die Revolution in Indien,Bonn Feb. 1971

01.02.1971: 
Der AStA der Ruhr-Universität Bochum (RUB - vgl. 27.1.1971) berichtet vom
'BRD'-Besuch von Agostino Neto, Präsident der Volksbefreiungsorganisation von
Angola (MPLA - vgl. 31.1.1971), während der vermutlich in dieser Woche auch ein
Vortrag in Bonn gehalten wird.
=Bochumer Studentenzeitung Nr.72,Bochum 27.1.1971,S.3

08.02.1971: 
Die KPD/ML-ZB berichtet von der Aushebung der Deutsch-Sozialen Aktion in NRW
(DSA - vgl. 14.2.1971) und einem ihrer Mitglieder im
Verteidigungsministerium in Bonn (vgl. 16.2.1971):"
Zum Vergleich:
Eine Woche zuvor wurde der Assistent eines SPD-Bundestagsabgeordneten, der sich
am Strauß-Guttenberg-Tribunal der D'K'P (DKP - vgl. 30.1.1971,d.Vf.), Jusos und
SDAJ in Bonn beteiligt hatte, sofort gefeuert."
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.14,Bochum 20.2.1971,S.3

15.02.1971: 
In Bonn erscheint mit der Nr.5 des 'Roten Anfangs' (vgl. Sept. 1970) auch
gleichzeitig die letzte Nummer dieser Zeitschrift, die nun nicht mehr von der
Gruppe Roter Anfang Bonn, sondern von der Gruppe Bonn der KJO Spartacus
herausgegeben wird. Erklärt wird dazu u.a.:"
Die Bonner Spartacus-Gruppe stellt das Erscheinen des 'Roten Anfang' mit dieser
Nummer ein. Als Konsequenz ihres Beitritts zu SPARTACUS/IKD  veröffentlichen
ihre Mitglieder ihre Beiträge künftig in 'Spartacus' und 'Die Vierte
Internationale'."

Mitgeteilt wird auch, daß einige Mitglieder der Gruppe in andere Städte
versetzt werden sollen.

Neben der "Zweiten programmatischen Erklärung der Spartacus-Gruppe Bonn" finden
sich auch noch Bemerkungen zur "Wahlplattform der zum Unikollektiv gehörigen
Gruppe Arbeitermacht" und zur "Wahlplattform der zum Unikollektiv gehörigen
Sozialistischen Gruppe", wobei in letzterer ausgeführt wird, daß die Bildung
des Unikollektivs "Mangels an Potential für die vorgenommene Arbeit zum letzten
Anstoß für die Rückkehr an die Hochschule" geworden sei. Die KJO Spartacus
meint dazu, daß 'Jens' eine Politik des ein Schritt vor, zwei Schritte zurück
betreibe. Erst habe er gefordert: "Organisiert euch im Schüler-Zentralrat!",
jetzt sei er Motor der Sozialistischen Gruppe Bonn. Etwas holperig wird dazu
formuliert:
"Macht mit der Uni-Arbeit Schluß - organisiert euch in Spartacus!"

Zum KJVD der KPD/ML-ZB wird u.a. erklärt:"
Die Linksstalinisten (z.B. der KJVD) meinen dem Revisionismus zu entgehen, wenn
sie mit mehr Geschrei haargenau denselben rechtsstalinistischen Reformismus
durchsetzen wollen. Sie haben denselben Ziehvater wie DKP und SDAJ."
Abgedruckt wird noch eine Rede, die auf einer Veranstaltung von Exilgriechen in
Bonn gehalten und in der Griechenzeitung der OCI veröffentlicht worden sei und
ein Beitrag, der auf dem Vietnamhearing wegen DKP und AMS Spartakus nicht
gehalten werden konnte.

Berichtet wird u.a. von Antifa-Aktionen in Essen (vgl. 5.12.1970) und Bonn
(vgl. 12.12.1970) sowie dem eigenen landesweiten Eingreifen (vgl. 14.12.1970)
und vom Brüsseler Kongreß (vgl. 21.11.1970) des VS der Vierten Internationale.
=Roter Anfang Nr.5,Bonn 15.2.1971

16.02.1971: 
Die KPD/ML-ZB berichtet von der Aushebung der Deutsch-Sozialen Aktion in NRW
(DSA - vgl. 14.2.1971) und der Anti-RAF Kampagne (vgl. 16.2.1971) sowie u.a.
vermutlich von heute:"
Aber die SPD-Regierung deckt die Faschisten auch ganz direkt:
MITGLIED DER TERRORGRUPPE IM SPD-VERTEIDIGUNGSMINISTERIUM
Ein Mitglied der jetzt ausgehobenen Faschistengruppe, DER NPD-KREISVORSITZENDE
VOM KREIS RHEIN SIEG UND NPD-SPITZENKANDIDAT IM LANDTAGSWAHLKAMPF, WERNER WOLF,
IST TECHNISCHER ANGESTELLTER IM BUNDESVERTEIDIGUNGSMINISTERIUM.
Auch Wolf ist inzwischen wieder freigelassen und arbeitet weiter in Schmidts
Kriegsministerium. Im Verteidigungsministerium wurde dazu erklärt (WAZ 17.2.):
Falls sich Wolfs Zugehörigkeit zu der bewaffneten Gruppe 'einwandfrei erweise'
(für die NPD-Führung ist sie offensichtlich schon einwandfrei), dann 'sei mit
einer Suspendierung vom Dienst zu rechnen'. Da er in einer 'wichtigen
Abteilung' des Ministeriums arbeite, sei er zu einer 'besonderen
Verfassungsloyalität verpflichtet'.

Daß dieser Wolf aktives NPD-Mitglied ist, stört die SPD-Regierung wenig: so
zeigt die SPD-Regierung offen ihre Zusammenarbeit mit den Faschisten." Gegen
Linke gehe die SPD entschlossener vor (vgl. Bonn - 8.2.1971).
Der KJVD der KPD/ML-ZB (vgl. Apr. 1971) berichtet vom weiteren Verlauf (vgl.
März 1971).
=Der Kampf der Arbeiterjugend Nr.4,Bochum Apr. 1971,S.6;
Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.14,Bochum 20.2.1971,S.3

März 1971: 
In Bonn erscheint die Nr.4 der 'Kritischen Politik' (vgl. Okt. 1970) nun mit
dem Untertitel 'Zeitschrift für Theorie und Praxis des wissenschaftlichen
Sozialismus - Organ der Sozialistischen Gruppe Bonn' (SGB). Weitere Ausgaben
sind uns bisher nicht bekanntgeworden.

In einem Artikel "Zur Neukonzeption der Kripo" (Kritische Politik,d.Vf.) wird
über die im April 1970 erschiene Nr.1 berichtet und fortgefahren:"
Die Kripo zog mit der Zeit andere desorientierte Kerne der Bonner
Studentenbewegung an: Im Sommer 1970 begann sich daraus die Sozialistische
Gruppe Bonn zu konstituieren. Ihre Arbeit bestand zunächst in intensiver
Selbstschulung. ... Die (uns leider bisher nicht vorliegende,d.Vf.)
'Sondernummer zur Hochschulstrategie' leitete die systematische Wiederaufnahme
der Hochschulpolitik ... ein."

In einem weiteren Artikel "Die Auseinandersetzung zwischen Sozialistischer
Gruppe und Uni-Kollektiv" wird u.a. berichtet:"
Zu Beginn des Wintersemesters 70/71 wurde von der Gruppe Arbeitermacht
(GAM,d.Vf.) das 'Uni Kollektiv der Roten Zellen' ins Leben gerufen. Zu diesem
Zeitpunkt arbeiteten lediglich drei Gruppen an der Bonner Universität: die Rote
Zelle Pädagogik, die Basisgruppe Romanistik und die Basisgruppe
Volkswirtschaft. Letztere beteiligte sich von vornherein nicht ... . Die
Basisgruppe Romanistik; ... steht heute ohne Konzept für weitere
Hochschularbeit da. Die Rotzpäd plante ursprünglich, Stadtteilarbeit
aufzunehmen, degenerierte aber, nachdem trotzkistische und ML-Genossen die
Rotzpäd verlassen hatten, zu einem Debattierclub und fiel ... kurz vor
Jahreswende 70 auseinander."

Um das 'Unikollektiv der Roten Zellen' aufzubauen, "gründete der
Hochschulausschuß der Gruppe Arbeitermacht noch schnell hier und da eine Rote
Zelle, die in Bonn bisher nichts weiter darstellen, als einen Zusammenschluß
von je 10 - 15 Studenten, ..., ohne Konzept ... . Beeinflußt wurde die Arbeit
des Uni Kollektives im Anfang durch Udo Knapp und Reinhard Wolff (PL/PI). Sie
dirigierten die theoretisch rückgratlose Gruppe Arbeitermacht von einer nicht
ausformulierten KPD/AO-Linie auf eine nicht eingestandene PL/PI-Linie, die
allerdings nach dem Verschwinden der beiden PL-Genossen so vermixt wurde, daß
heute keine feste Position der Arbeitermacht zu erkennen ist."

Bei der Erarbeitung der Plattform des Unikollektives sei die SGB eingeschaltet
worden, habe aber den Aufbau einer Kaderorganisation an der Uni und nicht einer
Massenorganisation verlangt, woraufhin sie in einem Papier der Roten Zelle PH
angegriffen und von dieser Roten Zelle mit einem Antrag auf Ausschluß aus dem
Uni Kollektiv bedacht worden sei.

In diesem Papier, welches abgedruckt wird, und welches von zwei weiteren Roten
Zellen und auch von der Gruppe Arbeitermacht Bonn unterstützt wird, werden u.a.
für die Arbeit der Roten Zellen folgende Punkte festgelegt:"
a) Teilnahme an der proletarischen Praxis des bestehenden Kaderansatzes der
Gruppe Arbeitermacht" und Einleitung eines Prozesses der Theoriebildung und
Vereinheitlichung.

Im Antwortpapier der SGB dazu heißt es u.a.:"
Die KIO (Kommunistische Intellektuellen Organisation,d.Vf.) ist kein
Parteiersatz und keine Antizipation der proletarischen Partei", so daß man
geneigt sein dürfte festzustellen, daß sich der Streit an der Frage entzündet
ob die Bonner Gruppe Arbeitermacht nun eine 'Proletarier-' oder eine
Intellektuellen-Organisation sei.

Auch in einem Artikel "Thesen zum US-Imperialismus in Lateinamerika" wird noch
einmal auf die Geschichte der SGB Bezug genommen:"
Im Rahmen der Aufnahme der theoretischen Arbeit durch die Sozialistische Gruppe
im Sommer 1970 begann die Imperialismus-Arbeitsgruppe, die sich bei den
Cabora-Bassa- und Indonesien-Aktionen gebildet hatte, mit der Aufarbeitung der
Klassiker der Imperialismustheorie. ... In Zusammenarbeit mit anderen Genossen
wurde versucht, die Grundlage zukünftiger Projektgruppenarbeit zu schaffen. ...
Erstes Ergebnis: Gründung einer Imperialismus-Schulungsgruppe am Seminar für
politische Wissenschaften."
=Kritische Politik Nr.4,Bonn März 1971

März 1971: 
Der KJVD der KPD/ML-ZB (vgl. Apr. 1971) berichtet von der Deutsch-Sozialen
Aktion (DSA - vgl. Bonn 16.2.1971, NRW 14.2.1971) vermutlich aus dem März:"
Im Februar nahm die Polizei in der Umgebung von Bonn eine faschistische
Terrorgruppe hoch. Unter den festgenommenen Leuten befand sich ein Mann, der
einen Posten in einer wichtigen Abteilung des Verteidigungsministeriums
bekleidet. Dieser Mann ist bis heute noch nicht seines Amtes enthoben worden,
obwohl in seiner Wohnung schwere Waffen gefunden wurden. Das bedeutet: Die
SPD-Führer schützen einen Mann, der offensichtlich bereit ist, mit Gewalt für
seine faschistischen Ziele zu kämpfen. Zu diesen bekannten Zielen gehört u.a.
die Schaffung neuen 'Lebensraums' im Osten."
=Der Kampf der Arbeiterjugend Nr.4,Bochum Apr. 1971,S.6

16.03.1971: 
In den 'Bonner Universitätsnachrichten' wird das Ergebnis der
Studentenparlamentswahlen (vgl. 20.2.1970, 29.3.1972), aus denen ein
AMS/SHB-AStA hervorging, bekanntgegeben:
Liste                                 Kandidaten (1970) Mandate (1970)
Aktion Demokratische Mitte                 5        -      3       -
Bonner Studenten Union                     2        7      2       4
Bonner Hochschul-Forum                     -       13      -       9
Liberaler Hochschul Bund                   5        -      5       -
LSD                                        1        1      1       -
RCDS                                       9       13      8       9
SHB                                       15        8     12       7
Spartakus/AMS                             13       11      9       8
Unikollektiv der Roten Zellen              4        -      2       -
Unabhängige                               31       45     18      22

Hierbei schaffte der in der Philosophischen Fakultät für das Unikollektiv der
Roten Zellen kandidierende Hannes Heer mit 76 Stimmen den Einzug in das
Studentenparlament nicht.
=Bonner Universitätsnachrichten Nr.62,Bonn 16.3.1971

18.03.1971: 
Anläßlich des Austritts der ehemaligen Bonner Gruppe Roter Anfang (GRA) aus
der KJO Spartacus geben die IKD eine Erklärung heraus, in der es u.a. heißt:"
Spartacus - NRW ... hat sich ... recht lange und recht erfolgreich auch ohne
sie entwickelt und kann auf ihre Mitarbeit noch nicht allzulange zählen."
=KJO-Spartacus-BOLFRA:Antwort der BOLFRA auf die "Stellungnahme der ZL zur
Konstituierung der bisherigen 'Minderheit' als 'Bolschewistische Fraktion
(BOLFRA)'",o.O. 6.10.1971

02.04.1971: 
Laut KPD/ML-ZB soll im Rahmen der bundesweiten Aktionswoche der Kampagne für
Demokratie und Abrüstung (KfDA) auch in Bonn eine Veranstaltung stattfinden.
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.25,Bochum 31.3.1971,S.12

01.05.1971: 
In Bonn verbleiben von den 10 - 18 Aktivisten der KJO Spartacus nur 2 am Ort
um Flugblätter zu verteilen, der Rest begibt sich nach Essen.
=KJO Spartacus:Nationales Internes Bulletin Nr.7,o.O. Juni 1971

13.05.1971: 
Die Ortsgruppe Bonn der KJO Spartacus verfaßt einen Bericht, aus dem
hervorgeht, daß sie momentan aus 7 Mitgliedern und 3 Kandidaten besteht. Nach
einer Gruppenkonferenz habe man 6 Mitglieder versetzt, je zwei nach Hamburg und
Bochum, je eines nach Essen und Frankfurt.

Ein Sympathisantenarbeitskreis setze sich aus 6 Schülern, einem Studenten und
einem Arbeiter zusammen. Man wolle die Jugendgruppe St. Augustin wieder
aufbauen und arbeite seit einem Monat in der HBV-JG, wo aber auch die SDAJ
vertreten sei. In der IG Metall verfüge man über 2 Mitglieder.

In Düsseldorf seien 2 Genossen seit einigen Monaten in der Basisgruppe
Lehrlingsarbeit (BLA) tätig (vgl. 1.5.1971). In Siegen arbeite ein Bonner und
ein Lennestädter KJO-Mitglied in einer Lehrlings- und Schülergruppe mit 18
Mitgliedern mit. In Gelsenkirchen sei, von Bonn aus, eine Sympathisantengruppe
aufgebaut worden, die eventuell in einem Monat zur Kandidatengruppe werden
könne. Auch in der Kandidatengruppe Duisburg/Rheinhausen habe man seine Finger
drin. Kontakte habe man zu einem Lehrlingsarbeitskreis in Brand bei Aachen. An
Uni und PH betreibe man einen Bücherverkauf.
=KJO Spartacus:Nationales Internes Bulletin Nr.7,o.O. Juni 1971

24.05.1971: 
Die DKP Hochschulgruppe Bonn gibt vermutlich in dieser Woche die Nr.2 ihres
'Kommunist' (vgl. Jan. 1971, 28.6.1971) heraus.

Eingegangen wird u.a. auf den 24. Parteitag der KPdSU (vgl. 30.3.1971), die
Zusammenlegung von Finanz- und Wirtschaftsministerium (vgl. 13.5.1971) und den
Prof. Repgen, der schwarze Listen von Studenten anlegen will.
Zur Mietkampagne heißt es u.a.:"
Zum Frühjahr sollen nun die Mieten in den Wohnheimen erhöht werden. Das
Studentenwerk, der Träger der Wohnheime, ist nämlich verpflichtet,
kostendeckend zu arbeiten, und wie sich die Kosten in den letzten Jahren
entwickelt haben, brauchen wir wohl niemandem zu erzählen.
Die empörten Bewohner wandten sich an den AStA; sie erwarten, daß das Land
einen Teil der Kosten übernimmt, um so wenigstens ETWAS gegen den Preisverfall
zu tun. Was aber machen der RCDS (der CDU,d.Vf.) und sein Anhang? Sie schreien
'unsozial, unsozial'. Preiserhöhungen sind nach ihrem Verständnis sozial; in
ihren schlimmsten Träumen fürchten sie, die Unternehmer könnten eines Tages am
Hungertuch nagen. Aus der traurigen Tatsache, daß nur ein Bruchteil der
Studenten einen Wohnheimplatz besitzt, machen sie ein soziales Privileg. Die
Studenten in Privatwohnungen müssen mehr bezahlen, weshalb sollten die in
Wohnheimen nicht auch mehr bezahlen?

Es bedarf keiner Phantasie, sich vorzustellen, daß eine Mieterhöhung in den
Wohnheimen die Hauseigentümer dazu ermutigen wird, ihre Mieten erst recht zu
erhöhen; und das ist es wohl auch, was die 'Sozialpolitik' der 'gemäßigten'
Studentengruppen RCDS, BSU (Bonner Studentenunion,d.Vf.) und L.H.B. (Liberaler
Hochschulbund der FDP,d.Vf.) bezweckt. Zwar wird erst umgekehrt ein Schuh
daraus:
Ein ausreichendes Angebot an preiswerten Wohnheimplätzen würde 'stimulierend'
(nämlich nach unten) auf die Preise am Markt wirken, aber dann wäre die Welt
des RCDS und seiner Kumpane nicht mehr in Ordnung, dann wäre die Freiheit des
freien Unternehmertums gefährdet. Denn wie sollten sie über ihren eigenen
Schatten springen? Wessen Interessen sollten diese Jungmannen von CDU und
F.D.P. sonst vertreten, wenn nicht die der Unternehmer?"
=Kommunist Nr.2,Bonn 1971

28.06.1971: 
Die DKP Hochschulgruppe Bonn gibt frühestens in dieser Woche die Nr.3 ihres
'Kommunist' (vgl. 24.5.1971, Okt. 1971) heraus.
=Kommunist Nr.3,Bonn o.J. (1971)

21.08.1971: 
In Bonn erscheint von Südostasien Komitee Bonn, Rote Zellen Uni und PH Bonn,
AStA-Auslandsreferat Bonn und Komitee Kampf dem japanischen Militarismus
(KOKAJAMI) Bonn herausgegeben die Schrift "Kampf der Wiederbelebung des
Japanischen Militarismus".
=Südostasien Komitee Bonn, Rote Zellen UNI PH Bonn, AStA-Auslandsreferat Bonn
und Kokajami Bonn:Kampf der Wiederbelebung des Japanischen Militarismus,Bonn
21.8.1971

September 1971: 
Die DKP Bonn gibt ihren 'Metall Express' Nr.7 (vgl. Okt. 1970) heraus.
=Metall Express Nr.7,Bonn Sept. 1970

27.09.1971: 
Von einem Mitglied der KJO Spartacus wird ein Papier "Betrifft meine
Zugehörigkeit zur Bolfra" verfaßt, in dem u.a. ausgeführt wird, daß in Bonn,
dem Zentrum der Bolschewistischen Fraktion (BOLFRA) der KJO Spartacus, in
eineinhalb Jahren noch keine Basis geschaffen werden konnte, da die Genossen
fast nur Regional- und Leitungsarbeit gemacht hätten.

In Bonn beständen Arbeitsansätze nur in der DPG, dem DGB und einem BVG-Komitee.
Der Genosse erklärt seinen Austritt aus der, nach seinen Angaben, besonders in
Duisburg, Bottrop und Bonn aktiven, BOLFRA.
=KJO Spartacus:Internes Diskussions Bulletin Nr.8/9,o.O. Okt. 1971

29.09.1971: 
In Bonn lädt das Komitee Kampf dem japanischen Militarismus (Kokajami) mit
dem folgenden Schreiben von einer Seite DIN A 4 ein:"
Liebe Freunde und Genossen!
We Ihr sicher wißt, plant das 'KOMITEE KAMPF DEM JAPANISCHEN IMPERIALISMUS'
anläßlich des Besuchs des Kaiser Hirohito in Bonn vom 11.10. - 13.10.
verschiedene Protestmanifestationen in Bonn.

Wir meinen, daß die Anwesenheit eines der größten Kriegsverbrecher des II.
Weltkrieges eine Herausforderung an alle demokratischen und
antiimperialistischen Kräfte der BRD und Westberlins ist und seine USA- und
Europa-Reise einen erneuten Versuch der US- und japanischen Reaktionäre
darstellt, die Rolle des Tenno aufzuwerten, um sich seiner zu bedienen, zur
Wiederbelebung des japanischen Militarismus.

Um der ganzen Welt zu demonstrieren, daß wir von unserer Seite diesen
Bestrebungen, die sich in erster Linie gegen die asiatischen Völker richten,
mit aller Entschiedenheit entgegentreten, sollte die Kampagne möglichst breite
Teile, hauptsächlich der Inteligenz, erfassen. In diesem Sinn laden wir Euch zu
einer Besprechung am Samstag, 2.10.1971 um 14 Uhr in der ESG (Königstr.) ein.
Mit freundlichen Grüßen i.a. des Komitee Kampf dem japanischen Militarismus"
=Kokajami:Liebe Freunde und Genossen!,Bonn 29.9.1971

Oktober 1971: 
Die DKP Bonn gibt ihren 'Metall Express' (vgl. Sept. 1970, Nov. 1970) heraus.
=Metall Express,Bonn Okt. 1970

Oktober 1971: 
Die DKP Hochschulgruppe Bonn gibt vermutlich im Oktober die Nr.6 ihres
'Kommunist' (vgl. 28.6.1971, März 1972) heraus.
Angekündigt wird eine Vietnamausstellung (vgl. 23.10.1971).
=Kommunist Nr.6,Bonn o.J. (1971)

01.10.1971: 
In Bonn geben vermutlich Ende der Woche das Komitee Kampf dem japanischen
Militarimus (Kokajami), die dem KSV der KPD nahestehenden Roten Zellen sowie
die Basisgruppen (BG) Jura und Volkswirtschaft das folgende Flugblatt von zwei
Seiten DIN A 4 ohne Impressum heraus, das zu Aktionen der Japankampagne
zwischen dem 7. und dem 12.10.1971 aufruft:"
NIEDER MIT DEM JAPANISCHEN MILITARISMUS!
Die Demonstrationen in Japan und Europa während der Reise Kaiser Hirohitos
zeigen, daß die Gefährlichkeit des japanischen Militarismus in zunehmendem Maße
erkannt wird.

Das Komitee Kampf dem japanischen Militarismus hat über diese Gefahr, sowie die
Rolle des Tenno, an Schulen und der Uni in Bonn vor vierzehn Tagen zu
informieren begonnen. Die kommende Woche soll diese Kampagne mit einer
Ausstellung, einem Film und Teach-In sowie einer abschließenden Demonstration
enden. Wir rufen hiermit alle Bonner Studenten und Schüler auf, sich an diesen
Veranstaltungen zu beteiligen, um damit zu demonstrieren, daß sie den Kampf der
asiatischen Völker gegen den US-Imperialismus und japanischen Militarismus
unterstützen.

Der US-Imperialismus war es, der nach der Niederlage Japans im zweiten
Weltkrieg, sowie der Erstarkung des sozialistischen Lagers durch die
Revolutionen in China, Korea und Vietnam, Japan von vornherein wieder in seine
Expansionsbestrebungen gegen die unabhängigen asiatischen Länder und
sozialistischen Staaten einbezog.

Zu diesem Zweck verhinderten die US-Besatzer in Japan
- die zunächst in Angriff genommenen Enteignungen der durch den Krieg
fettgewordenen Monopole und die Bestrafung der Kriegsverbrecher
- trieben stattdessen mit Hilfe der Tennoideologie die Militarisierung der
Wirtschaft voran,
- untergruben die im Potsdamer Abkommen festgelegten demokratischen Rechte des
japanischen Volkes,
- und entfachten bereits 1950, auch mit direkter Unterstützung japanischer
Soldaten, den Koreakrieg.

Mit der damit wieder beginnenden Expansion japanischen Kapitals nach
Südostasien, vor allem Süd-Korea, versuchten die japanischen Militaristen
erneut ihren alten Traum von der 'Großostasiatischen Sphäre des gemeinsamen
Wohlstands' in die Wirklichkeit umzusetzen. Sie verstärkten die
wirtschaftliche, militärische und politische Abhängigkeit der Länder
Südostasiens im Laufe der sechziger Jahre und beginnen nun ernsthaft, die Rolle
des US-Imperialismus zu übernehmen, vorerst noch im Einklang mit dessen Plänen.
Wie jedoch die wirtschaftliche Macht des japanischen Imperialismus wächst, so
wächst auch der Kampf um die Einflußsphären und die Vorherrschaft in Asien, was
die japanischen Militaristen unweigerlich zu militärischen Abenteuern verleiten
wird, die schon heute die sozialistischen Länder und die nationalen
Befreiungsbewegungen in Gefahr bringen.

Diesen Aufgaben der japanischen Militarsietn dient die verstärkte Propagierung
des Tennoismus, die heute, wie in der Vergangenheit, das Ziel hat:
- militärische Aggression und Kriegsverbrechen vorzubereiten
- die wirtschaftliche und politische Expansion in asiatische Länder zu
legitimieren und deren Abhängigkeit zu forcieren.

Aus diesem Grund ist es nicht verwunderlich, daß die Militaristen in der
Regierungspartei und in hunderten faschistischen Organisationen fordern, dem
Tenno seine alte Funktion wiederzuzuerkennen. Diese Bestrebungen zur Aufwertung
des Tenno werden durch seine Europareise beschleunigt, die zudem zur
verstärkten Kontaktaufnahme mit alten und neuen Verbündeten beitragen. Der in
der BRD zu erwartende äußerst herzliche Empfang des Kriegsverbrechers und
Hitlerkomplizen Hirohito zeigt in diesem Zusammenhang den Charakter der SPD,
mit dem ehemaligen Antifaschisten Brandt an der Spitze, als der derzeitigen
Hauptstütze des aufstrebenden bundesrepubikanischen Imperialismus."
Es folgt die Ankündigung der "Protestmanifestationen gegen den japanischen
Imperialismus", sowie der Hinweis:" Weitere Informationen am Büchertisch der
Roten Zellen: Mensa, Hauptgebäude und PH."
=Kokajami, Rote Zellen, BGs Jura und Volkswirtschaft:Nieder mit dem japanischen
Militarismus!,o.O. (Bonn) o.J. (1971)

02.10.1971: 
In Bonn lud das Komitee Kampf dem japanischen Militarismus (Kokajami - vgl.
29.9.1971) für heute, 14 Uhr, in die ESG (Königstr.) zur
Aktionseinheitsbesprechung zur Japankampagne ein.
=Kokajami:Liebe Freunde und Genossen!,Bonn 29.9.1971,S.1

07.10.1971: 
In Bonn findet eine Großveranstaltung der LgdI der KPD gegen den Hirohito
Besuch aus Japan statt.

Dazu riefen die LgdI und KPD sowie in Bonn das Komitee Kampf dem japanischen
Militarimus (Kokajami), die dem KSV der KPD nahestehenden Roten Zellen sowie
die Basisgruppen (BG) Jura und Volkswirtschaft (vgl. 1.10.1971) zur
'Protestmanifestation gegen den japanischen Imperialismus' in Form einer
Filmveranstaltung "Bauern in Sanrizuka" um 16 Uhr im HS X auf.
Angekündigt wurde auch eine heute beginnende "Ausstellung über Japan" in der
Säulenhalle des Unihauptgebäudes.
=Kokajami, Rote Zellen, BGs Jura und Volkswirtschaft:Nieder mit dem japanischen
Militarismus!,o.O. (Bonn) o.J. (1971),S.2;
Rote Fahne Nr.27,Berlin 8.10.1971,S.1;
Internationale Solidarität Nr.1,Berlin 10.2.1972,S.4

11.10.1971: 
Am Tage des Eintreffens von Hirohito führen die Roten Zellen Bonn, laut KSV
der KPD, dagegen Aktionen durch. U.a. wird am Psychologischen Institut der Uni
ein Plakat aufgehängt. Daraufhin wird das Institut von der Polizei gestürmt und
das Plakat abgerissen.
=Dem Volke dienen Nr.1,Berlin Okt. 1971

11.10.1971: 
Das Komitee Kampf dem japanischen Militarismus (KOKAJAMI) und die dem KSV der
KPD nahestehenden Roten Zellen Bonn geben vermutlich heute das folgende
Flugblatt mit zwei Seiten DIN A 4 ohne Impressum heraus:"
DEMONSTRATIONEN GEGEN DEN TENNO IN TOKIO UND KOPENHAGEN
SOLIDARITÄT MIT DEM ANTIIMPERIALISTISCHEN KAMPF DER ARBEITER, BAUERN UND
STUDENTEN JAPANS!
SOLIDARITÄT MIT DEN KÄMPFENDEN VÖLKERN ASIENS!
Der Besuch des japanischen Kaisers Hriohito in den USA und in Europa hat
bereits eine Reihe von Demonstrationen ausgelöst. Sie richten sich gegen die
Versuche, durch die politische Aufwertung des Tenno den japanischen
Militarismus wiederzubeleben. Das japanische Volk wird die Absichten der
Reaktionäre jedoch niemals zulassen, was die machtvollen Demonstrationen von 40
000 Menschen am Samstag/Sonntag (vgl. 2.10.1971,d.Vf.) vor dem Kaiserpalast und
auf der Straße zum Tokioter Flughafen beweisen. Auch die Demonstrationen in
Kopenhagen (vgl. 4.10.1971,d.Vf.) nach Ankunft des Tenno in Dänemark zeigen,
daß es den westlichen Propagandisten nicht gelungen ist, den Kaiser als alten
harmlosen Greis hinzustellen. Seit Wochen bemühen sich 'Welt', 'Süddeutsche
Zeitung' (SZ,d.Vf.) usw. zu verschweigen, daß auch heute mit Hirohito
untrennbar verbunden ist: Faschismus und erneute Kriegsvorbereitungen, für
deren Realisierung sich hunderte von faschistischen Organisationen in Japan
vorbereiten.

Diese Bedeutung des Tenno leitet sich aus den historischen Wurzeln des
japanischen Imperialismus und der Rolle des Tenno ab. Die Eigenschaften des
Tenno-Systems wurden verfassungsrechtlich in der Meji-Verfassung festgehalten.
In dieser Verfassung, die vom Großvater Hirohitos festgesetzt wurde (vgl.
S1.**.1***,d.Vf.), heißt es:
- 'Das Kaiserreich Großjapan wird beherrscht und regiert von dem Kaiser...'
- 'Der Kaiser ist heilig und unverletzlich.'
- 'Der Kaiser ist das Staatsoberhaupt des Reiches; er vereinigt in sich die
Herrschaftsgewalt...'
- 'Der Kaiser führt den Oberbefehl über das Heer und die Marine.'

Der japanische Faschismus zwischen 1930 und 1945 ist schwer mit den politischen
Formen des Nazi-Faschismus zu vergleichen. Gegebenenfalls kann es mit einem
faschistischen deutschen Kaisertum verglichen werden (Kaiser Wilhelm II. und
Hitler in einer Person).

Dem Tenno-System zufolge wurden alle Kriegsmaßnahmen nicht nur im Namen des
Kaisers beschlossen, sondern auch in der Anwesenheit und unter dem Vorsitz des
Tennos vorbereitet. Es wäre infolgedessen eine bewußte Verharmlosung der
Verbrechen des Tenno, wenn man behauptet, der Kaiser sei bloß passiv an den
Kriegsverbrechen des japanischen Imperialismus beteiligt gewesen. Der Tenno
hatte sogar dafür gebetet, daß der von Hitler, Mussolini (Italien,d.Vf.) und
ihm unterzeichnete 'Antikomintern'-Vertrag Erfolg erzielen möge.

Für den Tenno und im Namen des Tennos sollten die Länder Südostasiens 'befreit'
und in diesen Ländern ein 'Paradies' errichtet werden. Wie dieses Paradies
aussah, zeigen deutlich die japanischen Kriegsverbrechen gegen die Völker
Asiens.

Während des zweiten pazifischen Krieges wurden in Südostasien schätzungsweise
- 50 Millionen Menschen von japanischen Besatzungsarmeen umgebracht.
- 346 000 Koraner in die japanische Armee gezwungen, von denen 3 000 umkamen.
- Nach der Eroberung Nankings 1937 (vgl. S2.**.1937,d.Vf.) weigerte sich die
Bevölkerung, sich den Japanern kampflos zu ergeben. woraufhin japanische
Truppen innerhalb von drei Tagen 200 000 Bewohner der Stadt umbrachten.

Die japanischen Monopole standen alledem nichts nach:
- Mitsubishi, Mitsui und andere schlugen Höchstprofite aus dem System der
Zwangsarbeit, das sie über die Völker Südostsiens verhängten.
- Das Land der Bauern wurde beschlagnahmt und an die Monopole weitergegeben.
- In Japan starben von 1939-1945 60 000 koreanische Zwangsarbeiter infolge der
unmenschlichen Arbeitsbedingungen.
- 40 000 Nordchinesen mußten in Japan Bergbauarbeiten leisten, die Hälfte von
ihnen kam um.

In den besetzten Gebieten waren auch Kriegsverbrechen, die fatal an Hitlers KZs
erinnern an der Tagesordnung. Unter dem Vorwand verbrecherischer Handlungen
wurden Chinesen festgenommen. In Quarantäne-Stationen gab man ihnen Infektionen
von Cholera, Ruhr und Typhus. Auch Sezierungen von noch lebenden Chinesen
wurden vorgenommen.

In der historischen Rede, in der Hirohito die japanische Kapitulation
bekanntgab (vgl. S2.*+.194*,d.Vf.), fand er kein Wort des Bekenntnisses dafür,
was in seinem Namen in Südostasien geschah. Im Gegenteil, er rief die
japanische Bevölkerung auf, Geduld aufzubringen in der gegenwärtigen Lage (zur
Zeit der Niederlage), die 'eigentlich unterträglich' sei. Er sagte wörtlich:
'Ein Tag wird kommen, an dem Japan wiederauferstehen wird.'
In der Tat wurden die Eigenschaften des Tenno-Systems planmäßig in die
Wiederherstellung der japanischen Wirtschaft (das heißt: unbeschränkte
Herrschaft der Mitsubishi, Mitsui, Sumitomo und anderen über die werktätige
Bevölkerung Japans) nach dem zweiten Weltkrieg eingebaut in der Vorbereitung
einer erneuten Expansion. Angesichts dieser Tatsache ist der Aufstieg der
japanischen Wirtschaft vom Tenno-System untrennbar.

Mit dem Tenno wollen nun die Monopole Japans nicht nur die alte Wirtschaft
wiederaufbauen, sondern auch die alten Träume des japanischen Reiches
verwirklichen. Die ideologischen Vorbereitungen für die Verwirklichung der
alten Träume haben die Reaktionäre in Japan schon lange getroffen:
- anläßlich eines Tenno-Besuchs in der Kyoto-Universität (vgl.
S2.**.19**,d.Vf.) wurden die Studenten von der japanischen Kasernierten Polizei
niedergehalten, als sie vom Tenno Rechenschaft über seine Verantwortung bei den
Kriegsverbrechen verlangten.
- ein Schulbuch von Prof. Yienaga, das sich wissenschaftlich mit dem Tennoismus
beschäftigt, wurde auf Betreiben staatlicher Stellen gerichtlich verboten (vgl.
S2.*+.19**,d.Vf.).
- als zweihundert Studenten gegen den Besuch des Tennos in Hiroshima (vgl.
S2.**.19**,d.Vf.) protestierten, gingen über 1 000 Bereitschaftspolizisten
gegen sie vor.
- diejenigen, die es wagen, öffentliche Kritik am Tenno zu üben, sind der
unmittelbaren Bedrohung durch rechte und offen faschistische Organisationen
ausgesetzt.

Demgegenüber werden Tenno-Ausstellungen überall durchgeführt, die
Persönlichkeit des Tenno in den Massenmedien hochgespielt und in den
Schulbüchern erneut die alte Kaisermythologie propagiert. Die stärkste Fraktion
der regierenden liberaldemokratischen Partei (LDP,d.Vf*), die SOSINKAI AISA
KENKYUKAI, angeführt von den größten lebenden Kriegsverbrechern Japan Kishi und
Kaja, gedenkt die jetzige Verfassung Japans so zu ändern, daß der Kaiser
künftig nicht mehr als Symbol (wie ihn die Nachkriegsverfassung versteht),
sondern wieder als Staatsoberhaupt mit seiner alten Vormachtstellung gelten
soll.

Nieder mit dem japanischen Militarismus und seinen Expansionsbestrebungen"
=Kokajami, Rote Zellen Bonn: Demonstrationen gegen den Tenno in Tokio und
Kopenhagen,o.O. (Bonn) o.J. (Okt. 1971)

11.10.1971: 
In Bonn riefen für heute das Komitee Kampf dem japanischen Militarimus
(Kokajami), die dem KSV der KPD nahestehenden Roten Zellen sowie die
Basisgruppen (BG) Jura und Volkswirtschaft (vgl. 1.10.1971) zur
'Protestmanifestation gegen den japanischen Imperialismus' in Form eines
Teach-In "Der Kampf des japanischen Volkes" um 20 Uhr im HS I auf.
=Kokajami, Rote Zellen, BGs Jura und Volkswirtschaft:Nieder mit dem japanischen
Militarismus!,o.O. (Bonn) o.J. (1971),S.2

12.10.1971: 
In Bonn beteiligen sich, nach eigenen Angaben, mehrere hundert an einer
Demonstration der LgdI der KPD gegen den Besuch des japanischen Tenno Hirohito.
Laut KSV Berlin waren es zunächst 700, die Polizei habe aber provoziert,
wodurch sich dann an der Kundgebung mehr als 1 000 beteiligten, nicht aber der
MSB Spartakus der DKP, dieser führte abends eine Veranstaltung zu Reformen
durch.

Die Demonstration führt im Gegensatz zur MSB-Veranstaltung zu langjährigen
Prozessen gegen die Teilnehmer (vgl. 14.12.1973, 3.6.1975).
Gegen den Polizeieinsatz protestiert auch der Referenarverand Bonn (vgl.
5.11.1971).

Die KPD (vgl. 22.10.1971) berichtet:"
In Bonn demonstrierten mehrere hundert Kommunisten und fortschrittliche
Menschen gegen den Besuch des Kriegsverbrechers Hirohito. Unter dem Vorwand,
die Transparente trügen beleidigende Äußerungen, ging die Bonner Polizei mit
Gummiknüppeln gegen die Demonstration vor.
Es gelang der Polizei nicht, den Demonstrationszug aufzulösen, wie es ihr auch
nicht gelang, mit ihren Sirenen die Sprechchöre 'Hirohito ist ein Faschist' und
'Hirohitler' zu übertönen."

Die LgdI (vgl. 10.2.1972) berichtet:"
Am kläglichsten führten sich die Revisionisten in Bonn auf, als sie sich
weigerten, eine Veranstaltung der revisionistischen Studentengruppe Spartakus
kurzfristig abzusetzen und dafür über die brutalen Polizeiüberfälle während der
Bonner Demonstration und die Komplizenschaft von BRD- und japanischem
Imperialismus zu diskutieren. Satt dessen zerbrechen sie sich die Köpfe
darüber, ob an den Universitäten 'die Reform noch zu retten?' sei, so der Titel
der Spartakus-Veranstaltung, und betätigten sich abermals als Arzt am
Krankenbett des Imperialismus."

Bei Hoesch Dortmund (IGM-Bereich - vgl. 11.10.1971) berichtet die KPD, noch
nicht ganz sicher über das Datum:"
IMPERIALIST HIROHITO BESUCHT DIE BRD
Anfang Oktober wird der japanische Kaiser Hirohito die Bundesrepublik und
Westberlin besuchen. Dieser Mann ist keineswegs der harmlose Repräsentant des
neuen, friedliebenden Japan, als den ihn die bürgerliche Presse hinstellen
möchte. Er war eine treibende Kraft des japanischen Imperialismus, ist heute
eng mit der Clique des Ministerpräsidenten Sato, Agenten des japanischen
Monopolkapitals verbunden, ist Mittelpunkt des reaktionären Shinto-Kultes, der
die absolute Unterwerfung unter die 'nationalen' Interessen Japans fordert und
hat sich schließlich auf Kosten der werktätigen Masse eine Kleinigkeit
zurückgelegt.

Der japanische Imperialismus bewaffnet sich gegenwärtig bis an die Zähne, um
seine militärische Vormachtstellung in Ostasien zurückzuerobern, und die
Kapitalinteressen seiner Riesenkonzerne zu sichern.
Der Besuch Hirohitos in der BRD dient der politischen und ökonomischen
Absprache mit dem westdeutschen Imperialismus zu Erreichung dieses Ziels. Die
Liga gegen den Imperialismus hat anläßlich dieses Besuchs zu
Protestdemonstrationen in der Bundesrepublik und Westberlin aufgerufen. Wir
schließen uns vollständig diesem Aufruf an und werden in der nächsten Ausgabe
der ROTEN FAHNE der Liga Gelegenheit geben, die für den 10.Oktober geplante
Demonstration zu propagieren."

Gemeinsam aus Bonn und Köln wird auch berichtet durch den morgigen 'Express'
(vgl. 12.10.1971).

In Bonn riefen für heute das Komitee Kampf dem japanischen Militarismus
(Kokajami), die dem KSV der KPD nahestehenden Roten Zellen sowie die
Basisgruppen (BG) Jura und Volkswirtschaft (vgl. 1.10.1971) zur
'Protestmanifestation gegen den japanischen Imperialismus' in Form der Demo um
15 Uhr ab Hofgarten auf, mit der die Japankampagne abgeschlossen werden sollte.
Das Bonner Komitee "Schluß mit den Polizeiübergriffen" (vgl. 16.9.1974)
berichtet:"
EIN KAISER, EIN POLIZEIBOSS, UND VIELE KNÜPPEL...
Im Oktober des Jahres 1971 führte das japanische Kaiserpaar eine Europareise
durch, wobei es zu zahlreichen Protesten in verschiedenen Ländern (Dänemark,
Holland (Niederlande,d.Vf.), BRD, Japan) kam. Unter anderem wurde am 12.10.1971
in Bonn eine Protestdemonstration durchgeführt, in deren Verlauf es zu heftigen
Auseinandersetzungen mit der Polizei kam. Sieben Werktätige, Studenten, Schüler
sollen jetzt deswegen vor Gericht gestellt werden.

Der japanische Kaiser Hirohito ('der Tenno') war für alle Kriegsverbrechen der
japanischen Armee vor und während des 2.Weltkrieges an erster Stelle
verantwortlich, die als Verbündete des Hitler-Faschismus vor allem in Asien
begangen wurden (s. dazu 'Spiegel' Artikel (vgl. 4.10.1971,d.Vf.)). Zahlreiche
Organisationen beschlossen, die Provokation, die der Besuch des Tenno für alle
Antifaschisten und Antimilitaristen darstellte, mit einer Protestdemonstration
zu beantworten. Doch die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit wurden von der
Bndesregierung und der Polizei mit Füßen getreten: die Losungen der
Demonstration ('Hirohito ist ein Faschist', 'Hitler 6 Millionen Juden -
Hirohito 50 Millionen Asiaten') wurden zu Anlaß genommen, die Demonstration mit
Polizeiknüppeln und Wasserwerfern zu versuchen aufzulösen, obwohl sie
vollkommen friedlich verlaufen war. Die Passanten und selbst die Presse
reagierten empört, der Referendarverband am Bonner Landgericht erstattete
Anzeige (vgl. 5.11.1971,d.Vf.) gegen den Vertreter des Bonner
Polizeipräsidenten, G. Steckhan, der den brutalen Polizeieinsatz geleitete
hatte; die Anzeige wegen 'Körperverletzung im Amt und Nötigung' wurde kurze
Zeit später ohne Begründung (!) verworfen."

Der KSV der KPD berichtet zentral (vgl. 22.11.1972), daß auch Hannes Heer an
den Aktionen beteiligt gewesen sei (vgl. 17.11.1972).
Berichtet wird auch in:
- NRW durch das KPD-RK NRW und die RH e.V.-LV NRW (vgl. 6.10.1975).
=KPD-RK NRW, RH e.V.-LV NRW:Freiheit für Horst Mahler!,Dortmund o.J.
(1975),S.2;
Komitee Schluß mit den Polizeiübergriffen:Dokumentation Schluß mit den
Polizeiübergriffen!,Bonn o.J. (Sept. 1974),S.12;
Kokajami, Rote Zellen, BGs Jura und Volkswirtschaft:Nieder mit dem japanischen
Militarismus!,o.O. (Bonn) o.J. (1971),S.2;
Kommunistische Arbeiterpresse Hoesch Nr.4,Dortmund Okt. 1971,S.3;
Internationale Solidarität Nr.1,Berlin 10.2.1972,S.4;
Initiative für eine Kommunistische Gruppe Bonn, Institutsgruppe Germanistik
Bonn, Kommunistische Studentengruppe Bonn, Sozialistisches Plenum Bonn, Rote
Zelle Fremdsprachen Bonn:Hirohito-Prozeß:Sonderrecht gegen Meinungs- und
Demonstrationsfreiheit,Bonn o.J. (1975);
Rote Fahne Nr.27 und 28,Berlin 8.10.1971 bzw. 22.10.1971,S.1 bzw. S.7;
Dem Volke dienen Nr.1 und 3,Berlin bzw. Dortmund Okt. 1971 bzw. 22.11.1972,S.*
bzw. S.2;
Vorbereitungskomitee für den Japan-Prozeß:Dokumentation zum anstehenden
Japan-Prozeß,Bonn o.J. (1974),S.1ff

12.10.1971: 
In einem Zeitungsbericht heißt es vermutlich über heute vom Psychologischen
Institut der Uni Bonn:"
Zu einem Zwischenfall kam es in Bonn, als Polizisten gegen ein 'beleidigendes
Transparent' vorgingen, das Studenten aus einem Fenster hängen ließen (...)"
Auf dem dazugehörigen Bild ist anläßlich des Besuches des japanischen Tenno mit
dem Kommentar "Enfernt: Protestplakat" zu lesen "Raus mit dem Kriegsverbrecher
..." wobei der Rest des Textes (vermutlich: Hirohito) aufgrund zu großer
Schwärzung unleserlich bleibt.
=Bach, Peter u.a., KSV, KoKaJaMi, IKG, KSG:Einstellung des Verfahrens. Nieder
mit dem Kriegsverbrecher Hirohito!,Bonn o.J. (Okt. 1974),S.2

12.10.1971: 
An Bonner Hochschulen erscheint heute das folgende Flugblatt mit einer Seite
DIN A 4 ohne presserechtlich Verantwortlichen, das vermutlich von den dem KSV
der KPD nahestehenden Roten Zellen herausgegeben wurde:"
BRUTALER POLIZEIEINSATZ BEI DER DEMONSTRATION GEGEN DEN TENNO
Heute nachmittag fand in Bonn eine Demonstration anläßlich des Besuchs des
Kriegsverbrechers und Faschisten Hirohito statt, die von der Liga gegen den
Imperialismus (LgdI,d.Vf.), dem Kokajami (Komitee Kampf dem japanischen
Militarismus,d.Vf.) und den Roten Zellen Bonn durchgeführt wurde. Diese
Demonstration war ordnungsgemäß angemeldet - trotzdem schreckte die Polizei
nicht davor zurück, in brutalster Weise mit Gummiknüppeln und Wasserwerfern
vorzugehen. Immer wieder wurden einzelne Genossen aus den Reihen gezerrt und in
grausamer Art zusammengeschlagen. Selbst vor Mädchen machte die Polizei nicht
halt. Zwei Genossinnen wurden gewürgt und mit Gummiknüppeln bis zur
Bewußtlosigkeit bearbeitet. Insgesamt wurden fünf Genossen verhaftet. Trotz
dieser faschistischen Handlangerdienste gelang es uns, die Demonstration
erfolgreich und geschlossen zu Ende zu führen.

Kommilitonen und Genossen! An diesem Vorfall heute nachmittag hat sich wieder
einmal gezeigt, daß die Polizei die Faschisten schützt, damit der BRD- und
japanischer Imperialismus ungestört ihre verbrecherischen, militaristischen
Anschläge auf die Völker gegenwärtig vor allem Asiens planen können. In ganz
Europa demonstrierten Kommunisten, Sozialisten und Demokraten gegen den Besuch
eines der größten Kriegsverbrecher des 2. imperialistischen Weltkrieges, des
Faschisten und Massenmörders Hirohito.

Kommilitonen und Genossen! Wo waren die Revisionisten vom Schlage VDS und
Spartakus (MSB der DKP,d.Vf*) heute nachmittag? In Bonn wie auch in anderen
Städten der BRD weigerten sie sich, am antiimperialistischen Kampf
teilzunehmen. Damit wird wieder einmal deutlich, daß die Revisionisten die
Kämpfe der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten in jeder Weise sabotieren,
verraten und spalten.

Kommilitonen und Genossen! Angesichts der Vorfälle heute nachmittag kann kein
Kommunist, Sozialist und Demokrat es zulassen, daß heute abend die
Revisionisten ihre Spalterpolitik fortsetzen, indem sie mit der
Mitbestimmungsillusion ihre Scheinkämpfe um die Erweiterung der bürgerlichen
Rechte weiterführen wollen.

Kommilitonen und Genossen! Wir fordern euch alle auf, heute abend die Vorfälle
auf der Demonstration, die Bedeutung des antiimperialistischen Kampfes und den
Besuch des Tenno zu diskutieren und die Resolution zu beschließen, die wir
heute abend verlesen werden.
SOLIDARITÄT MIT DER JAPANISCHEN ARBEEITERKLASSE!
DEN IMPERIALISMUS KANN NUR BESIEGEN, WER DEN REVISIONISMUS BEKÄMPFT!
HOCH DIE INTERNATIONALE SOLIDARITÄT!"
=N.N.:Brutaler Polizeieinsatz bei der Demonstration gegen den Tenno,o.O. (Bonn)
o.J. (12.10.1971)

14.10.1971: 
Im heutigen Köln/Bonner 'Express' erscheint zur Demonstration gegen den
Besuch des japanischen Kaisers Hirohito das folgende Interview:"
ZUR SACHE
EXPRESS: 'War es unbedingt nötig, daß bei der Demonstration in Bonn die Knüppel
gezogen wurden?'
STECKHAN: 'Jawohl. Die zuständigen Leute, die das veranlaßten, haben meine
volle Deckung.'
EXPRESS: 'Und wie sieht es bei Ihnen als amtierender Polizeipräsident aus?
Wurden auch Sie von höherer Stelle gedeckt?'
STECKHAN: 'Natürlich. Das Ministerium hat meine Maßnahme mündlich akzeptiert.'
EXPRESS: 'Warum gab es denn überhaupt Prügel?'
STECKHAN: 'Die Demonstranten unterließen es auf unsere mehrfachen
Aufforderungen hin nicht, Beleidigungen auszustoßen.'
EXPRESS: 'Hätte man die Beleidigungen nicht, wie früher auch öfters geschehen,
einfach überhören können?'
STECKHAN: 'Wo denken Sie hin. Einige unserer Beamten wurden doch auch tätlich
angegriffen. Da gabs es nur eine Parole: 'Knüppel frei'.'
EXPRESS: 'Als die Wasserwerfer im Hauptgeschäftstrubel eingesetzt wurden,
hätten auch leicht Unbeteiligte verletzt werden können?'
STECKHAN: 'Wir haben mit Lautsprechern auf die Maßnahmen aufmerksam gemacht. Im
übrigen haben unsere Beamten schon aufgepaßt.'
EXPRESS: 'Zahlreiche Bürger haben sich über den Einsatz der Polizei beschwert.
Wie sehen Sie das?'
STECKHAN: 'Das war ein einmaliger Einsatz. So etwas wird nicht wieder
vorkommen, zumal jede Demonstration anders verläuft.'
EXPRESS: 'Wie viele Verletzte gab es?'
STECKHAN: 'Sechs Beamte haben etwas abbekommen!'
EXPRESS: '...und wie viele Demonstranten?'
STECKHAN: 'Das weiß ich nicht.'
EXPRESS: 'Warum nicht?'
STECKHAN: 'Der Trubel war zu groß. Ich könnte mich aber noch danach
erkundigen.'
EXPRESS: 'Wie viele Demonstranten wurden festgenommen?'
STECKHAN: 'Sechs.'
EXPRESS: Gehörte dazu auch Hannes Heer, um den es lange Zeit in Bonn ruhig
geworden war?'
STECKHAN: 'Soviel mir bekannt ist, eghört er dazu.'
EXPRESS: 'Ist der Kaiser über die Vorfälle unterrichtet worden?'
STECKHAN: 'Jawohl.'
EXPRESS: 'Welche Reaktion zeigte er?'
STECKHAN: 'Keine.'
EXPRESS: 'Würden Sie sich auch künftig wieder so verhalten, wie zuletzt in
Bonn?'
STECKHAN: 'Mit Sicherheit. Ich billige alles voll und ganz.'"

In einem Kasten heißt es:"
ZUR PERSON
Günter Steckhan (39), geboren in Verden an der Aller, kam als Volljurist zum
Regierungspräsidenten in Wiesbaden, wo er in verschiedenen Dezernaten tätig
war. Danach übernahm er eine Aufgabe beim Bundesamt für Verfassungsschutz
(VS,d.Vf.). Am 9.September 1970 kam er als Regierungsdirektor ans Bonner
Polizeipräsidium, wo er seitdem als ständiger Vertreter des Polizeipräsidenten
im Amt ist."

Nachgedruckt wird dieser Artikel u.a. durch die später angeklagten
Demonstranten (vgl. 15.10.1974).
=Peter Bach u.a., KSV, KoKaJaMi, IKG, KSG:Einstellung des Verfahrens. Nieder
mit dem Kriegsverbrecher Hirohito!,Bonn o.J. (Okt. 1974),S.2

21.10.1971: 
Die Ortsgruppe Bonn der KJO Spartacus verabschiedet eine "Stellungnahme der
Bonner OG zu der Ernennung des NRW-RK durch die ZL" am 17.10.1971, in der u.a.
ausgeführt wird, daß die eigene Fraktion auf dem NRW-Plenum mit 19 zu 18
Stimmen die Mehrheit gestellt habe. Die ZL allerdings habe ein Vetorecht bei
den Wahlen der Regionalkomitees (RK). Die Wahl des RK habe 4 Sitze für die
BOLFRA, 2 für die IKD und einen Neutralen ergeben. Das von der ZL eingesetzte
RK bestünde nun aus 4 IKD und 3 BOLFRA-Anhängern. Dies sei nicht gerecht,
besonders, da die, der BOLFRA zuzurechnenden, Gruppen in Rheinhausen und
Duisburg bereits seit einem dreiviertel Jahr kandidieren würden, aber immer
noch kein Stimmrecht bekommen hätten.
=KJO Spartacus-OG Bonn:Stellungnahme der Bonner OG zu der Ernennung des NRW-RK
durch die ZL,Bonn 27.10.1971

23.10.1971: 
An der Uni Bonn soll, laut und mit DKP, eine Vietnamausstellung bis zum
26.10.1971 beginnen.
=Kommunist Nr.6,Bonn o.J. (1971)

November 1971: 
Die DKP Bonn gibt vermutlich im November ihren 'Metall Express' (vgl. Okt.
1970) zur Metalltarifrunde (MTR) heraus.
=Metall Express,Bonn o.J. (1970)

05.11.1971: 
Das Bonner Vorbereitungskomitee für den Japan-Prozeß (vgl. 1.7.1974)
dokumentiert:"
Referendarverband Bonn 53 Bonn Wilhelmstraße / Landgericht
5. November 1971
An den leitenden Oberstaatsanwalt beim Landgericht Bonn
53 BONN Wilhelmstraße

Hiermit erstatten wir STRAFANZEIGE gegen den ständigen Vertreter des
Polizeipräsidenten in Bonn, Regierungsdirektor GÜNTER STECKHAN, wegen
Körperverletzung im Amt, Freiheitsberaubung im Amt und Nötigung, Paragraphen
340, 341, 240 StGB.

I. Am 12.Oktober 1971 fand in Bonn eine Demonstration anläßlich des
Staatsbesuches des japanischen Kaiserpaares statt. Die Demonstranten wollten
auf das Wiedererstarken der militaristischen und imperialistischen Kräfte
Japans aufmerksam machen und vor ihrer Verbindung mit der Bundesrepublik,
manifestiert in eben diesem Staatsbesuch, warnen.

Diesem erklärten und jedermann erkennbaren Zweck entsprechend, befaßten sich
die mitgeführten Plakate, die verteilten Flugblätter und die Sprechchöre der
Demonstranten auch mit der Person des Kaisers als dem Repräsentanten seines
Staates in Vergangenheit und Gegenwart. Unter Hinweis auf seine persönliche
Verantwortung für die japanischen Aggressionen und Kriegsverbrechen wurde
Hirohito darin u.a. als Faschist, Mörder und Kriegsverbrecher bezeichnet und
damit mit Hitler verglichen.

Der Beschuldigte wertete dies als Beleidigung eines ausländischen
Staatsoberhaupts nach Paragraph 103 StGB und ordnete die gewaltsame Auflösung
der Demonstration unter Einsatz von Schlagstöcken und Wasserwerfern an.
Dabei kam es unter anderem zu folgenden strafbaren Handlungen:
1. Mehrere Studentinnen und Studenten wurden von Polizisten mit Gummiknüppeln
geschlagen und von Wasserwerfern durchnäßt - Paragraph 340 StGB.
2. Ein Mädchen erhielt von einem Polizisten einen Faustschlag ins Gesicht
-Paragraph 340 StGB.
3. Ein Student aus Köln wurde von einem Polizsiten mit einer zu einem
Transparent gehörenden Holzlatte auf den Kopf geschlagen; er erlitt eine
Platzwunde, die im Krankenhaus genäht werden mußte - Paragraph 340 StGB.
4. Mehrere Demonstranten wurden festgenommen und verhört - Paragraph 341
StGB.
5. Die rechtswidrige Auflösung der Demonstration stellt insgesamt eine Nötigung
nach Paragraph 240 StGB.

II. Die von dem Beschuldigten zu verantwortende Auflösungsverfügung,
insbesondere unter Einsatz unmittelbaren Zwanges, war rechtswidrig.

1. Die Verfügung konnte nicht auf Paragraph 14 OBG gestützt werden. Zwar
 können auch Ehrverletzungn die öffentliche Sicherheit stören; ein
polizeiliches Eingreifen erscheint aber nur dann gerechtfertigt, wenn der
Betroffene auf den staatlichen Schutz Wert legt, also ggf. auch bereit ist,
gegen die Beleidiger gerichtlich vorzugehen. Damit war hier aber nicht zu
rechnen, da der japanischen Regierung angesichts der historischen Fakten an
einer forensischen Wertung der Person Hirohitos nicht gelegen sein konnte.
(Tatsächlich liegen bisher ein Strafantrag der japanischen Regierung und eine
Verfolgungsermächtigung der Bundesregierung nicht vor). Das öffentliche
Interesse an einer Verhinderung von Ehrverletzungen kann aber nicht größer sein
als das des Verletzten. Besonders war es im konkreten Fall nicht Aufgabe des
Beschuldigten, etwaige protokollarische oder außenpolitische Mißhelligkeiten
durch massiven Polizeieinsatz zu verhindern. Der Umfang des rechtlichen
Schutzes unserer auswärtigen Beziehungen wird vom Gesetzgeber, nicht von der
Polizei bestimmt.

2. Der Tatbestand des Paragraphen 103 StGB wurde durch die öffentlichen
Äußerungen der Demonstranten nicht erfüllt.

Da Paragraph 103 die Tatmodalitäten der Paragraphen 185 ff StGB in sich
begreift, hätten - da Paragraph 187 StGB ohnehin ausscheidet - üble Nachrede
(Paragraph 186 StGB) oder Beleidigung (Paragraph 185 StGB) gegeben sein müssen.
Keiner der beiden Tatbestände wurde bei der Demonstration erfüllt, so daß eine
Straftat nach Paragraph 103 nicht gegeben war.

a) Der aus den Formulierungen der Demonstranten entnehmbare Kern an
Tatsachenbehauptungen - Verantwortlichkeit Hirohitos für Aggressionen,
Kriegsverbrechen und vieltausendfache Tötungen - ist erweislich wahr.
Hirohito war bis zur Kapitulation Japans staats- und völkerrechtlich für die
japanische Politik voll verantwortlich. Gegenüber General McArthur übernahm er
1945 ausdrücklich 'die alleinige Verantwortung... für alle politischen
Entscheidungen und militärischen Aktionen meines Volkes' (vgl. 'Stern' Nr.42 v.
10.10.1971, S.76; zur persönlichen Verantwortung Hirohitos: Bergamini, Japans
Imperial Conspiracy, 1971, auszugsweise zitiert in 'Spiegel' Nr.41 vom
4.10.1971, S.162).

Von diesen politischen und militärischen Aktionen seit seinem Regierungsantritt
1926 (vgl. 1926,d.Vf.) seien hier nur erwähnt:
1931 - Besetzung der Mandschurei (vgl. 18.9.1931,d.Vf.);
1933 vom Völkerbund als Aggression verurteilt (vgl. 1933,d.Vf.).
1937 (vgl. 7.7.1937,d.Vf.) - ff Krieg gegen China; 1937 (vgl. 1937,d.Vf.) vom
Völkerbund als Aggression verurteilt;
1937 (vgl. 1937,d.Vf.) - Massaker von 100 000 Chinesen in Nanking;
1942 - Kriegsverbrechen (Folterung von Kriegsgefangenen, KZ's etc.) in Burma
und Niederländisch-Indien ((Indonesien,d.Vf.) vgl. 'Spiegel' a.a.o.,S.148ff).
Im Tokioter Kriegsverbrecherprozeß (vgl. S12.**.194*,d.Vf.) - analog dem
Nürnberger Prozeß (vgl. S12.**.194*,d.Vf.) - wurde praktisch die gesamte obere
Führung Japans wegen Kriegsverbrechen verurteilt. In Verbindung mit dem
persönlichen Schuldbekenntnis Hirohitos ist damit der Wahrheitsbeweis nahezu in
der Form des Paragraphen 190 StGB erbracht: daß Hirohito, nicht - wie die
Sowjetunion (SU,d.Vf.) verlangt hatte - bestraft wurde, beruhte auf rein
politischen Erwägungen der damaligen amerikanischen Regierung.

Die genannten historischen Fakten hätte der Beschuldigte jedem Geschichtsbuch
entnehmen können. Sie wurden außerdem vor der Demonstration in der Presse zum
Teil ausführlich erörtert (vgl. 'Spiegel' und 'Stern' a.a.O.).
b) Demnach konnte nur der Vorwurf der Formalbeleidigung verbleiben. Auch er war
indes unbegründet: Es ist anerkannten Rechts, daß politische Wertungen - und um
solche handelte es sich hier - auch dann vom Recht der freien Meinungsäußerung
in Art.5 Abs.1 des Grundgesetzes (GG,d.Vf.) gedeckt sind, wenn sie in betont
scharfer Form geäußert werden.

Daß es zulässig war und ist, Hirohito einen Kriegsverbrecher zu nennen, liegt
nach dem oben Gesagten auf der Hand. Auch der Vorwurf des Mordes ist bei
Tötungen im Rahmen von völkerrechtswidrigen Angriffskriegen etc. zulässig. Im
übrigen trägt die von Hirohito zu verantwortende Politik Japans zwischen 1930
und 1945 in ihrer Zielsetzung und ihren Mitteln – imperialistische
Großraumplitik, Versuch der Unterwerfung ganz Asiens, Mißachtung des Völker-
und Kriegsrechts, Bündnis mit den faschistischen Mächten – eindeutig
wesentliche Züge des Faschismus. (Zu der damals wie heute vorhandenen
rassistischen Komponente vgl. 'Spiegel' a.a.o.). Insofern ist auch die
Parallele zu Hitler als politische Wertung durchaus gerechtfertigt.
c) Im übrigen bitten wir zu prüfen, ob bezüglich Paragraph 103 StGB im
Verhältnis zu Japan die Gegenseitigkeit verbürgt ist.

III. In jedem Fall verstießen die von dem Beschuldigten angeordneten und zu
verantwortenden Maßnahmen zur Auflösung der Demonstration gegen den im
Grundgesetz verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Die Straftat, die der Beschuldigte verhindern wollte,
- lag nach dem bereits vorher Gesagten gar nicht vor;
- konnte ohne Ersuchen der Bundesregierung und der diplomatischen Vertretung
Japans nicht verfolgt werden; keines der Ersuchen war zu erwarten;
- war begrenzt verfolgbar, nicht so, daß alle Demonstrationsteilnehmer
angegriffen werden mußten.

Den Eingriff in das grundgesetzlich geschützt Demonstrationsrecht und das Recht
der freien Meinungsäußerung konnte eine solche Straftat in keinem Fall
rechtfertigen. Die Anordung körperlicher Gewalt gegen die Demonstranten stand
in keinem Verhältnis zu der von dem Beschuldigten behaupteten Straftat und
stellt eindeutig einen Ermessensmißbrauch dar.

Wir bitten um Bekanntgabe des Aktenzeichens des Ermittlungsverfahrens. Weitere
Ausführungen, insbesondere die Benennung weiterer Zeugen, bleiben vorbehalten.
Diethard Best, Rüdiger Böhm, Franzl Drey, Norbert Gatzweiler, Dietrich
Honsberg, Feeke Meents, Albrecht Oßwald, Hans Rosendahl und Henner Wolter."
Dokumentiert wird diese Anzeige auch durch das Bonner Komitee "Schluß mit den
Polizeiübergriffen" (vgl. 16.9.1974).
=Komitee Schluß mit den Polizeiübergriffen:Dokumentation Schluß mit den
Polizeiübergriffen!,Bonn o.J. (Sept. 1974),S.13ff;
Vorbereitungskomitee für den Japan-Prozeß:Dokumentation zum anstehenden
Japan-Prozeß,Bonn o.J. (1974),S.10ff;
Peter Bach u.a., KSV, KoKaJaMi, IKG, KSG:Einstellung des Verfahrens. Nieder mit
dem Kriegsverbrecher Hirohito!,Bonn o.J. (Okt. 1974),S.1;
KPD, KSV, KOV, KJV, LgdI:Der Prozeß gegen die sieben Antifaschisten und
Kommunisten darf nicht stattfinden!,Bonn o.J. (18.10.1974),S.1;
KPD, KSV, LgdI, RH e.V.:Erklärung zum Bonner Japan-Prozeß,Bonn 14.10.1974,S.1
SpB-OG Bonn:Schluß mit der politischen Unterdrückung! Schluß mit dem
Hirohito-Prozeß!,Bonn o.J. (22.10.1974),S.1

15.11.1971: 
An der Uni Bonn ist, laut den 'Bonner Universitätsnachrichten', das
Unikollektiv der Roten Zellen heute ganz besonders aktiv. Während deren
Abgeordnete Karl Weiland und Fritsche die Sitzung des Satzungskonvents stören,
wird noch am selben Tage ein Teach-In von RCDS der CDU und Aktion Demokratische
Mitte (ADM) durch die Roten Zellen gesprengt (vgl. 16.11.1971, 17.11.1971).
=Bonner Universitätsnachrichten Nr.73,Bonn 30.11.1971

16.11.1971: 
An der Uni Bonn wird der Satzungskonvent (SK), laut 'Bonner
Universitätsnachrichten', durch die Roten Zellen gesprengt (vgl. 15.11.1971,
17.11.1971).

Der Kommunistische Studentenverband (KSV) der KPD berichtet zentral (vgl.
22.11.1972) von der Uni Bonn über die Denunzierungen des DKPlers Ingo Thiee
(vgl. 13.11.1972) und dessen erzwungener Beteiligung an den SK-Sprengungen.
=Bonner Universitätsnachrichten Nr.73,Bonn 30.11.1971;
Dem Volke dienen Nr.3,Dortmund 22.11.1972,S.1

17.11.1971: 
An der Uni Bonn tagt der Satzungskonvent, ohne daß es, laut den
Universitätsnachrichten, zu Störungen oder Sprengungen seitens der Roten Zellen
kommt (vgl. 15.11.1971, 16.11.1971).

Der Kommunistische Studentenverband (KSV - vgl. 25.10.1972) der KPD
berichtet vom Prozeß gegen Weiland und Fritsche (vgl. 25.10.1972):"
Als am letzten Buß- und Bettag, dem 17.11.1971, in nicht öffentlicher und nicht
ordentlich einberufener Sitzung des Bonner Satzungskonvents die Zerschlagung
der verfaßten Studentenschaft (VS,d.Vf.) beschlossen werden sollte (was in
vorherigen Sitzungen verhindert werden konnte, da zahlreiche Studenten die
Öffentlichkeit herstellten), wurden die gewählten SK-Mitglieder Fritsche und
Weiland mit Gewalt daran gehindert, über das Sitzungsmikrofon Aufklärung zu
verlangen und die 'Sitzung' anzufechten, außerdem wurde ihnen die
Anwesenheitsberechtigung abgesprochen. Was sie also in dieser Sitzung taten,
war, wie sonst auch, das politische Mandat der fortschrittlichen Studenten
wahrzunehmen und gegen die Zerschlagung der verfaßten Studentenschaft
anzugehen. Genau deshalb, weil sie diesen Kampf für die Erhaltung der verfaßten
Studentenschaft konsequent führten, und weil die Liquidierung der politischen
Rechte der Studenten durch den Abwehrkampf der politischen Studenten gestört
wurde."
=Dem Volke dienen Nr.1,Dortmund 25.10.1972,S.8;
Bonner Universitätsnachrichten Nr.73,Bonn 30.11.1971

Januar 1972: 
Die LgdI der KPD führt in Bonn im Rahmen ihrer Vietnam-Aktivität vermutlich
im Januar eine Veranstaltung durch.
=Internationale Solidarität Nr.1,Berlin 10.2.1972,S.5

Februar 1972: 
Die GEW Bonn führt, laut IGM Dortmund nach Dortmunder Initiativkreis gegen
Berufsverbote (BV), vermutlich im Februar ihre Jahreshauptversammlung durch,
auf der sie u.a. gegen die Berufsverbote (BV) protestiert.
=Initiativkreis gegen Berufsverbote:Skandal Hexenjagd auf Lehrer
beginnt,Dortmund o.J. (1972),S.2

Februar 1972: 
In Bonn kommt es, laut KPD/ML-ZK, anläßlich der Fahrpreiserhöhungen zu
Demonstrationen und Straßenkämpfen.
=Roter Morgen Nr.6,Hamburg 13.3.1972

Februar 1972: 
Vermutlich im Februar erscheint, vermutlich in Bonn, eine anonyme
Dokumentation "Der Fall Rutger Booß" zu einem Berufsverbot (BV), die uns als
Fotokopie von acht Seiten DIN A 4 vorlag.

Enthalten sind Dokumente zu dessen Lehramtsausbildung am Bezirksseminar Aachen
(vgl. 31.1.1972) und seinem Berufsverbot (vgl. 26.1.1972).
Zum Hintergrund des Berufsverbotes heißt es:"
RUTGER BOOSS - DATEN EINES POLITISCH ENGAGIERTEN
1966/1967 Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins 'STUDENT AUFS LAND' e.V.
Bonn. Zweck dieses Vereins war Bildungswerbung bei sog. unterprivilegierten
Bevölkerungsschichten.

1967, 1968, 1970 Mitglied des Bonner Studentenparlaments (StP der Uni,d.Vf.)
SS 1969 WS 1969/1970 1.Sprecher der Fachschaft Germanistik
1969/1970 Mitglied der Engeren Fakultät
1970 / 1971 Delegierter der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW,d.Vf.)
im Kreisjugendausschuß (KJA,d.Vf.) des DGB Bonn
1971 1.Sprecher der Referendare des Bezirksseminares für das Lehramt am
Gymnasium in Aachen
Rutger Booß ist seit drei Jahren Mitglied der GEW und der DKP"
Ein weiterer Abschnitt befaßt sich mit dem Ministerpräsidentenerlaß (vgl.
27.1.1972) und dessen Vorgängern (vgl. 7.4.1933). Dokumentiert wird eine
Presseerklärung des DKP-Gebietsvorstandes Bonn/Rhein-Sieg/Oberberg (vgl.
29.1.1972), eine Erklärung von Studienassessoren in Aachen (vgl. 28.1.1972)
sowie eine Resolution eines Bonner Teach-Ins (vgl. 1.2.1972).
=N.N.:Dokumentation Der Fall Rutger Booß,o.O. o.J. (1972)

01.02.1972: 
In einer anonymer Dokumentation "Der Fall Rutger Booß" (vgl. Feb. 1972) zum
in Aachen erfolgten Berufsverbot (BV - vgl. 31.1.1972) ist u.a. das folgende
Dokument enthalten:"
RESOLUTION
verabschiedet auf einem vom AStA Uni Bonn mitveranstaltetem Teach-In am
1.2.1972

Unter dem Druck der erstarkenden demokratischen Bewegung in der BRD, wie sie
sich zeigt in Lohnkämpfen, Aktionen gegen Mietwucher, Preissenkung (?, schwer
leserlich,d.Vf.) der öffentlichen Nahverkehrsmittel, für Mitbestimmung, für
mehr Schulen, Hochschulen und Krankenhäuser auf Kosten der Hochrüstung und für
demokratische Reformen in Ausbildung und Wissenschaft - unter diesem Druck hat
sich die SPD/FDP-Regierung, statt ihr Versprechen, 'mehr Demokratie zu wagen'
einzulösen, auf den berüchtigten sog. Adenauererlaß besonnen, der 1950 (vgl.
19.9.1950,d.Vf.) eine Ära der Verfolgung von zigtausenden Kommunisten,
Sozialisten und Demokraten einleitete.

Vorbereitet durch eine immer stärkere antidemokratische, antigewerschaftliche
und antikommunistische Hetze bedeutet der Beschluß der
Ministerpräsidentenkonferenz vom 28.1.1972 den Neubeginn einer organisierten
Säuberungswelle.

Mit dem Beschluß der Ministerpräsidentenkonferenz vom 28.1.1972 werden die
Möglichkeiten für Berufsverbote erheblich erweitert und auf alle Bundesländer
ausgedehnt.

Unter dem Vorwand, die Verfassung schützen zu müssen, einigten die
Ministerpräsidenten sich auf Maßnahmen, die im Widerspruch zum Grundgesetz
(GG,d.Vf.) stehen.

Elementare Rechte wie der Gleichheitsgrundsatz (Art.3) und das Rech auf freie
Berufswahl werden zur Makulatur. Unter Bruch der Verfassung ist die
Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit einer Organisation und die
politische Betätigung einzelner nicht mehr dem Bundesverfassungsgericht
(BVG,d.Vf.) vorbehalten, sondern staatlichen Behörden, insbesondere dem
Verfassungsschutz (VS,d.Vf.), übertragen.

Mit diesem beschluß soll nicht nur die Hexenjagd auf Kommunisten im
öffentlichen Dienst (ÖD,d.Vf.) eröffnet werden, vielmehr wird eine graue Zone
für jeden mißliebigen Staatsbürger geschaffen, seine grundgesetzliche
Gleichstellung untergraben und der denunziation und Gesinnungsschnüffelei Tür
und Tor geöffnet.

Von diesen Berufsverboten werden vor allem diejenigen betroffen, die die
Demokratie entschieden und konsequent gegen Angriffe von reaktionärer Seite
verteidigen. Sie sollen als Feinde der Demokratie hingestellt werden.
Diese Entwicklung ist nicht nur für Lehrer und andere im Öffentlichen Dienst
Beschäftigten gefährlich, sondern trifft die elementaren Interessen aller
Demokraten in der BRD.

Die am 1.2.1972 vor der Aula versammelten Studenten unterstützen den Kampf
gegen die Berufsverbote und fordern alle Studenten, Assistenten, Professoren
und nichtwissenschaftlichen Mitarbeiter auf, gegen die undemokratischen und
verfassungswidrigen Berufsverbote in den sich konstituierenden Komitees
mitzuarbeiten.

Wir fordern den Kultusminister (KuMi,d.Vf.) von Nordrheinwestfalen auf, den
Kollegen Rutger Booß unverzüglich in den Höheren Schuldienst einzustellen. Die
Zurückweisung des Kollegen Booß ist eine eindeutige Verletzung von Art.3 und 33
Grundgesetz, denen zufolge niemand wegen seiner religiösen, politischen und
weltanschaulichen Überzeugung beruflich benachteiligt werden darf.
Die Mitgliedschaft in der DKP, d.h. einer verfassungsmäßigen Partei, zu der
sich der Kollege Booß bekennt, rechtfertigt in keiner Weise die Verweigerung
der Einstellung.

Wir fordern:
Sofortige Einstellung von Rutger Booß in den Schuldienst!
Weg mit den Berufsverboten!
Schluß mit der Kriminalisierung und Disziplinierung von Demokraten, Sozialisten
und Kommunisten!
Für freie politische und gewerkschaftliche Betätigung in Ausbildung und Beruf!"
=N.N.:Dokumentation Der Fall Rutger Booß,o.O. o.J. (1972),S.8

09.02.1972: 
Im Historischen Seminar der Uni Bonn verkaufen vormittags Anhänger der Roten
Zellen die 'Rote Fahne' der KPD im Rahmen einer 'Roten Fahne' Werbewoche an Uni
und PH.

Als Rektor Hatto H. Schmidt ihnen dafür einen Verweis verpassen will, beginnen
sie, nach Darstellung des Rektors, auf ihn einzuprügeln, woraufhin er die
Polizei ruft. Als er am Nachmittag fünf Journalisten seine Version der
Ereignisse vortragen will, wird er dabei von 40 Studenten gestört. Leider
scheint er sie nicht alle persönlich gekannt zu haben, da diese Störung nur für
Ordnungsverfahren gegen die Studenten Thiee, Karl Weiland, Hannes Heer und ein
'Fräulein' von Magnis hinreicht. Diese Verfahren führen zu Relegationen (vgl.
10.4.1972).

Die KPD (vgl. 25.2.1972) berichtet u.a. von heute:"
MUTIGER WIDERSTAND DER STUDENTEN GEGEN VERKAUFSVERBOT DER RF
In der Februarwoche veranstaltete der Kommunistische Studentenverband zusammen
mit den Roten Zellen an der Pädagogischen Hochschule (PH,d.Vf.) und der
Universität Bonn eine Werbekampagne für das Zentralorgan der KPD. Gleich am
ersten Tag der Kampagne kam es im historischen Seminar der Universität zu
Auseinandersetzungen mit dem reaktionären Institutsdirektor. Als die Genossen
und Sympathisanten des KSV sich nicht einschüchtern ließen, wurde der Rektor
der Universität gerufen, dessen Drohungen und Aufforderungen, den Verkauf der
Roten Fahne einzustellen, aber nichts fruchteten.

Am nächsten Morgen erschien der Rektor mit einigen anderen Reaktionären als
Verstärkung. Mutig wegen einer schon bereitstehenden Hundertschaft der Polizei
wollte er die kommunistischen Studenten mit ihrem Informationsstand eigenhändig
vertreiben. Fortschrittliche Studenten hinderten ihn daran. Er rief daher die
Polizei zur Hilfe, die mit brutaler Gewalt einen Genossen verhaftete und die
übrigen auseinandertrieb, so daß, obwohl die Genossen sich tapfer wehrten, an
diesem Tag keine Rote Fahne an der Universität Bonn verkauft werden konnte.
Die Genossen vom KSV und den Roten Zellen mobilisierten jedoch genügend
Studenten, so daß die Werbekampagne für die Rote Fahne während der nächsten
zwei Tage ungehindert am historischen Seminar wie auch im übrigen
Universitätsbereich durchgeführt wurde.

Die Verwaltung der Universität Bonn versucht seit geraumer Zeit, die politische
Arbeit von kommunistischen Studenten zu verhindern. Mit Erlassen gegen
parteipolitische Tätigkeit in der Universität und ähnlichen Vorstößen soll das
Verbot kommunistischer Organisationen vorbereitet werden. In Bonn werden diese
Bemühungen 'unterstützt' durch lauthalse Berichterstattung der regionalen
Presse.

Die Studenten der Universität Bonn haben gezeigt, daß sie den Kampf gegen den
Abbau demokratischer Rechte führen, sie haben sich nicht, wie die Studenten der
DKP beim Verbot ihrer Zeitung, auf das Anrufen bürgerlicher Gerichte
beschränkt.

Mit einer Veranstaltung beendeten die Roten Zellen ihre Kampagne erfolgreich.
Die Universitätsverwaltung hatte nicht mehr gewagt, diese Veranstaltung zu
verbieten."

Der Kommunistische Studentenverband (KSV) der KPD berichtet zentral (vgl.
22.11.1972) von der Uni Bonn über die Denunzierungen des DKPlers Ingo Thiee
(vgl. 13.11.1972) und seinen 'Scheinkampf' zum Protest gegen diese
Repressionen.
=Dem Volke dienen Nr.3,Dortmund 22.11.1972,S.1;
Schmidt,Hatto H.:An die Studierenden der Uni Bonn,o.O.(Bonn), o.J.(1972);
Rote Fahne Nr.37 und 41,Berlin bzw. Dortmund 25.2.1972 bzw. 19.4.1972,S.2 bzw.
S.*

20.02.1972: 
Bei Hoesch Westfalenhütte Dortmund (IGM-Bereich - vgl. 8.3.1972) berichtet
die KPD:"
KAMPF DEN REAKTIONÄREN UND FASCHISTISCHEN ORGANISATIONEN!
Am 20.2.1972 versammelten sich verschiedene faschistische Organisationen,
darunter die Aktion Widerstand, die Deutsche Jugend des Ostens und die Aktion
Oder-Neiße (AW, DJO bzw. AKON,d.Vf.), in der Beethovenahalle in Bonn. Sie
nahmen die Moskauer Verträge zum Anlaß, um antikommunistische Hetztiraden zu
halten und offene Propaganda für ihre reaktionären Ziele zu betreiben. Aufgabe
dieser Vorreiter der reaktionärsten Teile des Monopolkapitals ist es,  die
Zerschlagung der Organisationen der Arbeiterklasse und die offen terroristische
Variante der Diktatur der Bourgeoisie - den Faschismus – zu propagieren.
Zur antifaschistischen Kundgebung, zu der die KPD und Sympathisanten des
Kommunistischen Studentenverbandes in Bonn aufgerufen hatten, erschienen über
100 Sympathisanten des KPD und des KSV, Antifaschisten und Demokraten. Sie
demonstrierten ihre Entschlossenheit, denen, die wie der in Deutschland
Rassenwahn und Kriegshetze verbreiten wollen, den entschiedendsten Widerstand
entgegenzusetzen, durch Sprechchöre: 'Tod dem Faschismus, Nieder mit der
braunen Pest!', 'Kampf den reaktionären und faschistischen Organisationen!' und
forderten das Verbot aller faschistischen Organisationen. Kommunisten sind sich
natürlich im klaren darüber, daß die Errichtung des Faschismus heute nicht
unmittelbar auf der Tagesordnung steht, daß der Faschismus heute nicht die
Herrschaftsform ist, die sich für die Monopolbourgeoisie zur Niederhaltung der
Arbeiterklasse am besten eignet. Deshalb muß sich heute unser Kampf
hauptsächlich gegen die Monopolbourgeoisie und ihre derzeitige politische
Vertretung, die Sozialdemokratie richten. In diesem Kampf schließt die
Kommunistische Partei gleichzeitig die Arbeiterklasse und alle
fortschrittlichen Menschen fest zusammen. Nur so wird es uns gelingen,
erfolgreich den Kampf gegen jegliche faschistischen Umtriebe zu führen und den
offen auftretenden Faschismus im Keim zu ersticken. Das kam auch in den
Sprechchören zum Ausdruck: 'Vorwärts mit der KPD gegen Kapitalismus und
Faschismus!' und 'Weg mit dem KPD-Verbot!'. Daß die SPD-Regierung die
Interessen der Monopolbourgeoisie vertritt wurde auch hier wieder deutlich:
Sie duldet die Organisierung von Faschisten. Die DKP, die ständig den Kampf
'gegen die Wiederbelebung des Faschismus in der BRD' und gegen die
'Rechtskartelle' auf den Lippen führt, blieb wie immer, wenn es darauf ankommt
zu zeigen, wie ernst sie es damit meint - zu Hause."
=Kommunistische Arbeiterpresse Hoesch Westfalenhütte Nr.11,Dortmund
8.3.1972,S.6

März 1972: 
Die DKP Hochschulgruppe Bonn gibt vermutlich im März die Nr.2 ihres
'Kommunist' (vgl. Okt. 1971) heraus, in der sie sich u.a. mit dem Besuch von
USA-Präsident Nixon in der VR China (vgl. 24.2.1972) befaßt.
=Kommunist Nr.2,Bonn 1972

März 1972: 
Die DKP Bonn gibt vermutlich im März ihre 'Bonner Tatsachen' Nr.1 -
Informationen der DKP für die Bonner Bevölkerung heraus.
=Bonner Tatsachen Nr.1,Bonn 1972

29.03.1972: 
Die 'Bonner Universitätsnachrichten' geben folgendes Ergebnis der
Studentenparlamentswahlen (vgl. 16.3.1971) bekannt:
Liste                                 Kandidaten (1971) Mandate (1971)
Liberale Aktion (1971:ADM, BSU)           20        7     14       5
Liberaler Hochschulbund                    3        5      7       5
MSB                                       10        9     12      13
RCDS                                       8        8     12       9
Rote Zellen (und Nahestehende)             4        3      9       8
SHB                                       14       12     15      15
Unabhängige                                7       18     16      31

Hierbei teilen sich die vier Mandate der Roten Zellen auf in 2 für die Roten
Zellen, eines für die Basisgruppe Jura und eine unabhängige Person. Die sieben
Unabhängigen bestehen aus 5 linken und 2 rechten Personen, so daß die
Pressestelle der Uni für die AStA-Wahl von folgendem Stimmenverhältnis ausgeht:
MSB/SHB 29, Rote Zellen 4, LHB 3, und 24 für LA, RCDS und Sympathisanten.
=Bonner Universitätsnachrichten Nr.77,Bonn 29.3.1972

April 1972: 
Der Kommunistische Studentenverband (KSV - vgl. 25.10.1972) der KPD berichtet
aus dem Frühjahr von der Uni Bonn über die dauerhafte Relegation von Karl
Weiland (vgl. 17.11.1971, 3.5.1972).
=Dem Volke dienen Nr.1,Dortmund 25.10.1972,S.8

10.04.1972: 
Der Kommunistische Studentenverband (KSV) der KPD berichtet zentral (vgl.
2.11.1972) von der Uni Bonn über die Denunzierungen des DKPlers Ingo Thiee
(vgl. 27.5.1972, 13.11.1972) und die Rücknahme von dessen vermutlich in dieser
Woche erfolgenden Relegation wegen dem Protest gegen das Verbot des Verkaufs
der Roten Fahne (RF) der KPD am Historischen Seminar (vgl.
9.2.1972).

Die KPD (vgl. 19.4.1972) berichtet:"
FORTSCHRITTLICHE STUDENTEN AN DER UNI BONN WEGEN VERKAUF DER ROTEN FAHNE
RELEGIERT
Mitte Februar führten der KSV und die Roten Zellen an der Uni und PH Bonn
erfolgreich die Rote Fahne Werbekampagne durch. Mutig hatten sich Mitglieder
und Sympathisanten des KSV gegen die Polizei gewehrt, die der reaktionäre
Institutsdirektor im historischen Seminar gerufen hatte, um den Verkauf der
ROTEN FAHNE zu verhindern.

Anfang der Woche versuchten jetzt die Handlanger des Staatsapparates in der
Unibürokratie die fortschrittlichen Studenten erneut einzuschüchtern und
politisch zu disziplinieren. So sprach der Rektor der Bonner Uni, Hatto
Schmidt, Mitglied des reaktionären 'Bundes Freiheit der Wissenschaft
(BFdW,d.Vf.)' einem Genossen der Roten Zellen Hausverbot an der Uni aus und
relegierte ihn lebenslänglich vom Studium in Bonn.

Der AStA-Vorsitzende, ein Vertreter der DKP-Politik an der Hochschule, war nach
dem brutalen Polizeieinsatz für die ROTE FAHNE eingetreten. Er wurde für zwei
Semester relegiert.

Mit diesem Angriff auf die demokratischen Rechte des Volkes an der Hochschule
ist die Kampfbereitschaft der fortschrittlichen Studenten sprunghaft gestiegen.
Kurz nachdem die Relegationen bekannt wurden, verdoppelte sich die Anzahl der
Studenten, die sich in den Kampfaktivs des KSV und der Roten Zellen
organisierten, um für die sofortige Zurücknahme der Ordnungs- und
Strafverfahren zu kämpfen.

Unter Anleitung der kommunistischen Studenten werden die Kampfaktivs in allen
Vorlesungen und Seminaren die Studenten auffordern, sich in die Kampffront
gegen Abbau der demokratischen Rechte einzureihen, um durch einen massenhaften
Streik die Reaktionäre zur Zurücknahme ihrer Maßnahmen zu zwingen."
=Dem Volke dienen Nr.3,Dortmund 22.11.1972,S.1f;
Rote Fahne Nr.41,Dortmund 19.4.1972,S.5

17.04.1972: 
An der Uni Bonn führen MSB/SHB, KSV und Rote Zellen ein gemeinsames Teach-In
gegen die Ordnungsverfahren durch.
=Materialien zum Kampf gegen Imperialismus und Revisionismus Nr.3,Bonn 1972

19.04.1972: 
Die KPD (vgl. 19.4.1972) berichtet heute über ihren KSV:"
Dem Maiaufruf der Partei folgend hat der Kommunistische Studentenverband an der
Uni Bonn ... seine ganzen Aktivitäten auf die Mobilisierung der
fortschrittlichen Studenten zu den Maidemonstrationen der KPD in Westberlin,
Hamburg und Dortmund ausgerichtet."
=Rote Fahne Nr.41,Dortmund 19.4.1972,S.5

21.04.1972: 
In Bonn veranstaltet der AStA der Uni eine zentrale Demonstration gegen die
Ordnungsverfahren, wobei der KSV eine eigene Kundgebung abhält. Laut der Roten
Zelle PH / Initiative für eine Kommunistische Gruppe Bonn (IKG) hatte der KSV
die Anerkennung seiner KPD zur Vorbedingung für die Schließung einer
Aktionseinheit gemacht.
=Materialien zum Kampf gegen Imperialismus und Revisionismus Nr.3,Bonn 1972

03.05.1972: 
Der Kommunistische Studentenverband (KSV - vgl. 25.10.1972) der KPD berichtet
vom Prozeß gegen die beiden (ex-) Studenten der Uni Bonn, Karl Fritsche und
Karl Weiland (vgl. Apr. 1972, 25.10.1972):"
KLASSENJUSTIZ - EINMAL GANZ OFFEN GELEGT
In den vom Rektor, dessen juristischem Beistand sowie den Verwaltungsgerichten
(VG/OVG) abgefaßten Schriftsätzen zu den Relegations- und Strafverfahren werden
in dankenswerter Weise die ideologische Funktion des bürgerlichen Rechts und
vor allem die Vorgehensweise seiner Agenten bei der Fabrikation der gewünschten
'Rechtsgrundlagen' offenbar.

Weil für die Bourgeoisie das Verhältnis zu ihrem Recht keine politische Frage
sein darf, machen die juristischen Vertreter der Unibürokratie das Verhalten
des Studenten Weiland zu einer Charakterfrage.

(Alle nachfolgenden Zitate sind dem Schriftsatz der Rechtsanwälte des Rektors
vom 3.5.1972 an das Verwaltungsgericht Köln 'In der Verwaltungsrechtssache
Weiland ./. Rektor der Universität, - 10 L 245/72 -' entnommen.)

Empört es sie schon, daß es sich um einen Studenten handelt, 'der auch
Vorlesungen des von ihm selbst belegten Studienfaches nicht von seinen
Aktivitäten ausnimmt', so kommt es noch schlimmer: 'Die Gesinnung des
Antragstellers (i.e. Karl Weiland) wird vollends deutlich, wenn man
berücksichtigt, daß er zum Forum seiner Agitation und Gewalttätigkeiten auch
die Beteiligung an Vorlesungsstörungen an fremden Universitäten wählt.'
Resümee: 'Die Form seiner Aktivität zeigt seine Neigung zur Gewalt.' Bei
Charakterfragen sind natürlich in erster Linie 'erzieherische Maßnahmen',
Ermahnungen, Warnungen etc. angebracht. So konnte denn auch 'vorübergehend die
Hoffnung aufkommen, daß eine Besserung in seinem Verhalten eingetreten sei, er
sich in Zukunft der Hochschulordnung unterwerfen würde.' Leider stellte sich
aber heraus, daß Weiland 'jede Warnung ignoriert', daß seine 'störerische
Energie ganz außerordentliches Ausmaß angenommen hat', was 'von einer
Uneinsichtigkeit, die ihresgleichen sucht' zeugt. Schlußfolgerung: Der
Antragsteller hat sich 'offenbar der Gewalt verschrieben'. Deshalb war der
Rektor schließlich geradezu gezwungen, die Relegation auf Dauer auszusprechen:
'In Anbetracht ihrer offensichtlichen Neigung zur Gewalttätigkeit und ihrer
Unbelehrbarkeit ist allein diese Maßnahme angemessen.'

Bei dieser Lage der Dinge muß nun auch die Bourgeoisie zugeben, daß ihr nicht
der Charakter des Studenten Karl Weiland am Herzen liegt, sondern das
reibungslose Funktionieren der kapitalistischen Ausbildung: Das
Verwaltungsgericht stellt fest: 'Die sofortige Vollziehung der
Ordnungsmaßnahmen ist unbedingt erforderlich, um die im besonderen öffentlichen
Interesse liegende Lehr- und Forschungsfunktion der Universität Bonn zu
sichern.'

ZWEIFEL AM WERT EINER LEHRVERANSTALTUNG: ZEICHEN DER GEWALTTÄTIGKEIT
GEFÄHRDUNG DES REIBUNGSLOSEN ABLAUFS DER KAPITALISTISCHEN AUSBILDUNG – DAS
FÜRCHTET DIE UNIBÜROKRATIE WIE DIE PEST.

So führt die Begründung der Rechtsanwälte als ersten Punkt an:
'Die letzte nachgewiesene Seminarleistung des Antragstellers datiert aus dem
Wintersemester 1969/1970. Für die Meldung zum Staatsexamen wäre mindestens der
Nachweis eines weiteren Hauptseminars erforderlich. Diesen Nachweis hat der
Antragsteller nicht erbracht. Die Professoren Lange und Leube versichern es.'
Aber nicht nur, daß Karl Weiland keine Scheine mehr machte, nein, er forderte
gar Professor Harri Meier vom Romanischen Seminar dazu auf, zurückzutreten:
'Seine Aktivität begann der Antragsteller damit, daß er an Herrn Professor
Harri Meier, Direktor des Romanischen Seminars, am 5.4.1970 ein von ihm selbst
unterzeichnetes Schreiben richtete, in dem er Prof. Meier zum Rücktritt von
seinem Lehrstuhl aufforderte.' Dann verstieg er sich zu der Aufforderung, 'die
Öffentlichkeit in der Vorlesung von Herrn Prof. Meier herzustellen' und ging
sogar zu 'Sprengungen' über: 'Er unterbrach Herrn Prof. Schmitt und hinderte
ihn durch provokatorische Rufe, seine Vorlesung zu Ende zu bringen.'
Romanistik-Prof. Lange entdeckte gerade noch rechtzeitig zum Beginn der
Ermittlungen (und das zum ersten Mal!), daß eine sieben Monate zuvor gegen
seinen Willen angezettelte Diskussion über den Lehrplan im Rahmen einer
Lehrplankonferenz eine Störung gewesen sei:
'...gelang es dem Antragsteller, aus der von dem Dozenten geplanten Vorstellung
des Lehrprogramms ...gegen den Willen des Dozenten – ein plebiszitäres
Verfahren über den Wert und Unwert einzelner Lehrveranstaltungen zu machen.' -
Überschrift über diese Passage im Schriftsatz:
'Weitere die Gewalttätigkeit des Antragstellers kennzeichnende Vorgänge'."
=Dem Volke dienen Nr.1,Dortmund 25.10.1972,S.8

13.05.1972: 
Eine Vietnamdemonstration der KPD und ihrer Freunde findet heute statt in
Bonn. Zum selben Anlaß gibt es dort heute auch noch eine Veranstaltung.
=Rote Presse Korrespondenz Nr.168,Berlin 1972

27.05.1972: 
Der Kommunistische Studentenverband (KSV) der KPD berichtet zentral (vgl.
22.11.1972) von der Uni Bonn über die Denunzierungen des DKPlers Ingo Thiee
(vgl. 10.4.1972, 13.11.1972):"
Welch erniedrigenden Verrätereien mußte Thiee im Einzelnen begehen, um sich
freizukaufen?

Vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster kämpfte Thiee um die Rücknahme
seiner Relegation zunächst mit der Rücknahme aller seiner 'fortschrittlichen'
Äußerungen, die er im Kampf gegen die Zerschlagung der verfaßten
Studentenschaft gemacht hatte.

(Alle folgenden Zitate stammen aus dem Schriftsatz Thiee's und seines
Rechtsanwaltes vom 27.5.1972 im Verwaltungsrechtsstreit V B 282/72 an das OVG
Münster)

Im Schriftsatz zur Verteidigung vor dem OVG in Münster tritt Thiee als
begeisterter Reformer auf, als 'ein loyaler Bürger der Universität... dem es in
hochschulpolitischen Konflikten als Vertreter der Studentenschaft stets auf
sachgerecht-vernünftige Lösungen angekommen ist, der stets die Bereitschaft
zeigt, sich in abwägend kritischer Weise der sachlichen Problematik zu stellen
und auch seine eigene Auffassung durchaus in Frage stellen zu lassen, um nach
Möglichkeit zu einer Lösung zu gelangen, die nicht von Emotionen und
Ideologien, sondern von Vernunft und Sachverstand bestimmt war'. (S.80) - der -
'in seiner jahrelangen Tätigkeit als Studentenvertreter in den verschiedenen
Universitäts- und Fakultätsorganen, so auch in Satzungskommission und
Satzungskonvent ungeachtet zum Teil gegensätzlicher politischer Auffassungen
immer gute und konstruktive Zusammenarbeit geleistet hat.' (S.80/81)
Gute und konstruktive Zusammenarbeit mit der Bourgeoisie, 'ungeachtet der z. T.
gegensätzlichen politischen Auffassungen' - und das sagt Thiee, der sich als
Kommunist bezeichnen läßt.

Daraus, daß Thiee nur noch zum Teil grundsätzlich anderer Meinung ist als die
herrschende Klasse, leitet er richtig ab, daß er stellvertretend für die
herrschende Klasse auftreten muß:
Zuerst als Ermahner der 'radikalen Studenten (Rote Zellen)' (S.81), als über
die 'permanenten inneruniversitären Provokationen von links' (S.82) und die
'Gewaltmaßnahmen der extremen Linken' (S.90) - gemeint ist der KSV -
erschütterter und entsetzter Bourgeois.

'Die Vertreter der 'Roten Zellen' haben sich allerdings - wie üblich – nicht an
die Ratschläge des von ihnen als politischen Gegner angesehenen
AStA-Vorsitzenden gehalten.' (S.73)

Dann als einer, der die Politik der offenen Reaktionäre vom RCDS (der
CDU,d.Vf.) mit der sozialistischen Politik der Roten Zellen gleichsetzt: 'Zu
dieser an der sachlichen Vernunft orientierten Grundeinstellung gehört es auch,
daß sich der Beschwerdeführer als AStA-Chef trotz verschiedentlicher z.T.
massiver Provokationen anderer Gruppen (RCDS oder 'Rote Zellen' z.B.) nicht zu
'Aktionen' hinreißen ließ.' (S.82)

Thiee steigert sich in seinem Schriftsatz weiter zum aktiven Denunzianten und
Spitzel der Klassenjustiz! Um seine Immatrikulation zurückzuerlangen,
dementiert er nicht nur Vorwürfe gegen sich, sondern weiß, wer es statt seiner
war: der KSV, die Roten Zellen!

So liefert Thiee die 'eigentlichen Täter' der gerichtlichen Verfolgung aus:
'Der Beschwerdegegner (Hatto Schmitt) verkennt auch hier, daß der
Beschwerdenführer (Thiee) schon aus Gründen der politischen Unvereinbarkeit mit
den Roten Zellen nicht gemeinsame Sache machen, geschweige denn sie etwa zum
Sturm auf das Rektorat anführen würde. Die Roten Zellen aber waren es, die -
weil sie von den Ereignissen am Historischen Seminar betroffen waren, sich als
etwa 40-köpfige Gruppe am Nachmittag des 9.2.1972 gewaltsam Einlaß ins Rektorat
verschafften.' (S.64)

'Diese Klarstellung vor allem deshalb nochmals, weil der Beschwerdegegner
(Hatto Schmit) verschiedentlich, obwohl ihm dies bekannt ist, Aktionen der
Roten Zellen - und die Störung der Pressekonferenz vom 9.2. war eine Aktion
dieser Gruppe - unterschiedslos dem Beschwerdeführer (Thiee) zurechnet, der
damit nichts zu tun hat.' (S.83)

Der DKP-Funktionär Thiee stützt seine Beschuldigungen mit Zitaten aus den Akten
der politischen Polizei (PoPo,d.Vf.) und der Staatsanwaltschaft, beschwört
Aussagen des Führers des 'Rechtskartells' an der Bonner Universität und
CDU-Wahlwerbers Hatto Schmitt, der die friedliche MSB/DKP-AStA-Politik in Bonn
begrüßt: 'Auf der Pressekonferenz des AStA wurde jede Gewaltanwendung...
schärfstens abgelehnt. Dies hatte Thiee bereits am Montag getan, als die Roten
Zellen zum Marsch auf das Rektorat aufforderten. Rektor Schmitt: 'Ich honoriere
dieses Verhalten des Bonnr AStA.' (Bonner Rundschau vom 19.4.1972)'
(S.82)

Aus den Akten der Staatsanwaltschaft: Aussagen des von der Unibürokratie
finanziell ausgehaltenen Redakteurs der amtlichen 'Uninachrichten' Tiesel,
einer Kreatur, von der sich jeder fortschrittliche Bonner Student mit Ekel
abwendet: 'Es ist dort immer nur von Störungen durch Vertreter der 'Roten
Zellen' die Rede - Vgl. in Beiakte 4 Erklärung Tiesel (Fritsche, Müller,
Weiland').' (S.71)

Den Höhepunkt der Verteufelung von Sozialisten und Kommunisten bildet jedoch
Thiees Auftritt in der Robe des Staatsanwalts, wenn er eine höhere Bestrafung
anderer Kommilitonen fordert. Dies mittels des Ordnungsrechts, das er – wird es
auf ihn angewendet - noch ein wenig kritisiert:
'Das Ordnungsrecht der Universität wird aber zweckentfremdet und mißbraucht,
wenn mit seiner Hilfe aus Gründen politischer Feindschaft durch drastische
'Exempel' am Einzelfall universitätsweite 'Abschreckung' propagiert
wird.'(S.97)

Thiee fordert aber ein Exempel, fordert eine höhere Bestrafung des Studenten
Hannes Heer.
Worauf berief sich Thiee, als er die Unibürokratie und die Gerichte animieren
wollte, auch wirklich gegen Heer vorzugehen?

Auf ein Fernschreiben der Kriminalpolizei Bonn aus den Ermittlungsakten der
Bonner Staatsanwaltschaft:
'...es wird u.a. dadurch nachgewiesen, daß der Beschwerdegegner (Hatto Schmitt)
den eigentlichen 'Störer' bei den Vorfällen am 9.2.1972 bei weitem nicht so
stark bestraft hat wie gerade den AStA-Vorsitzenden.
Dieser war anwesend, um die Rechte der Studentenschaft wahrzunehmen, an
unmittelbaren Störungen beteiligte er sich nicht und er übte vor allem
keinerlei Gewalt aus, wie im Einzelnen nachgewiesen.
Daher muß es eigenartig berühren, wenn der Beschwerdegegner (Hatto Schmitt)
gerade ihn mit schwerster Strafe belegt, dagegen z.B. den tatsächlichen
Anführer der Eindringlinge, den Studenten Heer als Führer der Roten Zellen, dem
er doch sogar anlastet, er habe seinen Assistenten Arenz niedergeschlagen, nur
milde - nämlich mit Androhung eines Ordnungsmittels - bestraft...
Dis obwohl gerade auch schon Heer verschiedentlich 'führend' in Erscheinung
getreten war und der Beschwerdegegner gegen Heer Strafanzeige wegen
Körperverletzung erstattet hat.

Glaubhaftmachung:
- Kripo-Fernschreiben aus der Ermittlungsakte 8 Js 86/72 STA Bonn vom 10.2.1972
- Anlage - in dem es wörtlich heißt:
'Der hier hinreichend bekannte Angehörige der Roten Zellen... kann als
Rädelsführer angesehen werden.'' (S.104)"
Eingegangen wird vermutlich auf diesen Schriftsatz vom KSV (vgl. 25.10.1972)
auch im Zusammenhang mit dem Prozeß gegen Karl Fritsche und Karl Weiland (vgl.
25.10.1972).
=Dem Volke dienen Nr.1 und 3,Dortmund 25.10.1972 bzw. 22.11.1972,S.8 bzw. S.1f

29.05.1972: 
Eine Demonstration der LgdI der KPD war angekündigt in Bonn gegen die heutige
Konferenz der Außenminister der NATO in Bonn. Laut der 'Roten Fahne' (RF - vgl.
24.5.1972) soll die Aktion um 17 Uhr beginnen, hat aber vermutlich erst morgen
(vgl. dort) stattgefunden.
=Rote Fahne Nr.44,Dortmund 24.5.1972,S.1;
Rote Presse Korrespondenz Nr.169,Berlin **.*.1972,S.11f

30.05.1972: 
In Bonn findet ein Teach-In gegen den Besuch des USA-Außenministers Rogers
auf der NATO-Außenministerkonferenz statt. In einem dazu aufrufenden Flugblatt
von Rote Zelle PH - Initiative für eine Kommunistische Gruppe Bonn,
Spartacus/Bolschewiki-Leninisten (SBL), AStA- Auslandsreferat, Komitee Kampf
dem japanischen Militarismus (KOKAJAMI) und dem Palästinakomitee Bonn wird u.a.
ausgeführt, daß sich an der Aktionseinheit zum Rogersbesuch MSB, SHB und DKP
nicht beteiligen. Der KSV der KPD habe die Aktionseinheitsverhandlungen dadurch
gesprengt, daß er die Namensänderung einer Organisation für die Zeit der
Aktionseinheit verlangte, wobei leider nicht angegeben wird, um welche
Organisation es sich dabei handelte.
=Materialien zum Kampf gegen Imperialismus und Revisionismus Nr.3,Bonn 1972

30.05.1972: 
Die KPD (vgl. 31.5.1972) berichtet:"
DEMONSTRATION IN BONN:
KAMPF DER IMPERIALISTISCHEN NATO-KRIEGSMASCHINE!
Am 30.Mai folgten in Bonn ca. 300 Menschen dem Aufruf der KPD, des
Kommunistischen Studentenverbandes (KSV,d.Vf.) und der Liga gegen den
Imperialismus (LgdI,d.Vf.), gegen die Anwesenheit des USA-Außenministers Rogers
zu protestieren. Dieser war anläßlich der imperialistischen
NATO-Außenministerkonferenz in Bonn erschienen.

Die Transparente und Sprechchöre nannten Rogers einen Kriegsverbrecher,
forderten seine sofortige Abreise aus der BRD und verurteilten die NATO als
eine imperialistische Kriegsmaschine.

Der kämpferische Demonstrationszug verlief durch die Innenstadt, durch
angrenzende Wohngebiete und wurde mit einer Abschlußkundgebung auf dem
Marktplatz in der Innenstadt beendet.

Immer wieder riefen die Demonstranten: 'Nieder mit dem USA-Imperialismus, dem
Hauptfeind der Menschheit' und 'Raus mit dem Kriegsverbrecher Rogers aus der
BRD'.

Die Polizei wollte das Rufen dieser Parolen verbieten, andernfalls die
Demonstration auflösen. Die Demonstranten ließen sich aber nicht einschüchtern,
auch nicht, als die Polizei versuchte, unter Knüppeleinsatz den
Lautsprecherwagen der KPD zu stürmen: Es scheiterte dies am mutigen Einsatz der
Demonstranten, die feste Ketten um ihren Lautsprecherwagen
bildeten.

Auf der Schlußkundgebung führte ein Redner der KPD aus: 'Seit Jahren sehen die
fortschrittlichsten Teile der Arbeiterklasse, der Intelligenz und anderer Teile
des Volkes in W. Rogers nur eines: den Hauptkriegstreiber der
Nixon-Regierung, der mitverantwortlich ist für die mörderische Eskalation des
Vietnamkrieges seit Anfang 1969, für die totale Verminung und Seeblockade der
DRV und für die verbrecherischen Bombenangriffe auf zivile Einrichtungen in der
DRV.

Der Redner entlarvte die NATO-Konferenz als Teil des Paktsystems der
imperialistischen Bourgeoisien, die neue Maßnahmen zur Niederhaltung der
Volksmassen in Griechenland, der Türkei und Spanien treffen, und die stärkere
Unterstützung des portugiesischen Kolonialismus (in Angola, Mocambique und
Guinea-Bissao) organisieren.

BRD RAUS AUS DER NATO!"
Angekündigt wurde die Demonstration für gestern (vgl. dort).
=Rote Fahne Nr.45,Dortmund 31.5.1972,S.1 und 6

Juni 1972: 
Vermutlich im Juni erscheint in Bonn die Nr.3 der 'Materialien zum Kampf
gegen Imperialismus und Revisionismus', die von der Roten Zelle PH / Initiative
für eine Kommunistische Gruppe Bonn herausgegeben wird. Neben Berichten über
die Bonner Geschehnisse am 17.4., 21.4. und 30.5.1972 findet sich eine Anzeige
für die 'Theorie und Praxis' der KG Köln und ein Aufruf zum Lesen des 'Neuen
Roten Forums' der KG(NRF) Mannheim-Heidelberg.
=Materialien zum Kampf gegen Imperialismus und Revisionismus Nr.3,Bonn 1972

26.06.1972: 
Die KPD (vgl. 5.7.1972) berichtet vermutlich u.a. aus dieser Woche:"
KLASSENJUSTIZ:
Bonner Staatsanwaltschaft deckt den Mord eines Millionärs an einem Bauarbeiter!
Als im Februar dieses Jahres (vgl. Feb. 1972,d.Vf.) der Schlosser Franz Brogl
in Wetzlar während eines Streites seinen Chef erschoß - wurde die Frage der
Notwehr überhaupt nicht erörtert. Für die Bourgeoisie und ihre Justiz stand
fest: Der Arbeiter muß als Mörder verurteilt werden.

Als vor kurzem der Supermarktbesitzer und Millionär Herfried Ahrendt nachts auf
einer Landstraße bei Bonn den 27jährigen Bauarbeiter Dieter Schink mit 7
Schüssen tötete - wurde ohne Zaudern von der Bonner Staatsanwaltschaft der Fall
als Notwehrsituation erklärt. Der schießwütige Bourgeois wurde umgehend
freigelassen und das Ermittlungsverfahren eingestellt. Nicht einmal zu einem
Prozeß kam es.

WAS WAR WIRKLICH GESCHEHEN?

Nach den Aussagen des Millionärs hat dieser den Bauarbeiter auf der Landstraße
61 zwischen den Orten Billig und Mechernich nach Betätigung der Lichthupe
überholt. Dieter Schink schaltete daraufhin Fernlicht ein und fuhr in gleichem
Tempo hinter dem Millionär her. Zweimal soll es zu einem Halt beider Wagen
gekommen sein - beim zweiten Mal fühlte der Millionär 'sich bedroht' -, er
erschoß den Arbeiter und fuhr davon. Erst später in Euskichen stellte er sich
der Polizei.

In seiner ersten Aussage hieß es: 'Die völlige Dunkelheit, die Einsamkeit auf
der Straße und meine wehrlose Frau haben mich dazu bewogen'.
Als die Staatsanwaltschaft schließlich die letzten Ermittlungen einstellte mit
der Begründung: 'Eine Notwehrsituation ist nicht ausgeschlossen', wurde
folgende Version des Tatmotivs wiedergegeben: 'Der Kaufhausmillionär fühlte
sich bedroht - hatte Angst vor einer Entführung'.

Ungeklärt blieb vor allem. aus welcher Entfernung die Schüsse wirklich
abgegeben wurden. Der Millionär behauptet, daß der Bauarbeiter ihn 'an der
Leitplanke gewürgt' habe. Unverständlich bleibt, wie er dann noch 7 Schüsse
abfeuern konnte. Der Vater des Opfers, ein Bergmann, sowie alle befragten
Bekannten sagen aus, daß Dieter Schink 'kein Schläger' war, 'Gewalttaten
verabscheute' und 'sehr umgänglich war'. Um ihre fadenscheinigen Manöver zu
retten, behaupten die Vertreter der Klassenjustiz, 'der Alkohol habe den
Arbeiter enthemmt'.

Dieses Argument kennen wir - immer dann, wenn durch die Gewalt der Bourgeoisie
und ihres Staatsapparates Menschen ums Leben kommen, sind die Opfer selbst
schuld daran. Bei allen Opfern der schießwütigen Genscher- Polizei hörten wir
dasselbe. Das Leben eines Arbeiters gilt nichts. Das neu verabschiedete
Waffengesetz beweist, daß es nur darum geht, das Waffen- und Gewaltmonopol der
herrschenden Klasse abzusichern. Der Bourgeois Arendt darf auch nach seinem
Mord seine geladene Walther PPK (7,65) weiter griffbereit in der Seitentasche
der Wagentür seines Opel 'Commodore' haben.

Die Polizei kann jetzt schon, wie das Beispiel Niedersachsen zeigt, ohne
Warnung auf jeden Menschen das Feuer eröffnen. Wir dürfen diese Übergriffe
nicht tatenlos hinnehmen.

Der Mord an dem Bauarbeiter Dieter Schink darf nicht weiter totgeschwiegen
werden. Sein Mörder, der Millionär Arendt muß verurteilt werden.
Das Vorgehen der Bonner Staatsanwaltschaft muß als brutaler und zynischer Akt
der Klassenjustiz gebrandmarkt werden."
=Rote Fahne Nr.50,Dortmund 5.7.1972,S.5

28.06.1972: 
Die KPD (vgl. 5.7.1972) berichtet:"
SOLIDARITÄT MIT DEN VIETNAMESISCHEN STUDENTEN
Südvietnamesische Studenten protestieren vor der Botschaft des
Marionettenregimes

Am Mittwochnachmittag (28.Juni) traten in Bonn/Bad Godesberg 28
südvietnamesische Studenten der TH Aachen vor der Botschaft der
südvietnamesischen Marionettenregierung in einen Sitzstreik. Sie protestierten
damit gegen die Repressionsmaßnahmen, die die Botschaft der Saigoner
Thieu-Regierung in der BRD eingeleitet hatte, nachdem die Studenten nach der
neuerlichen Eskalation des Vietnam-Krieges durch die USA-Aggressoren am 10.5.
in einer Resolution folgende Erklärung abgegeben hatten:

1. Als Vietnamesen lehnen wir entschieden alle Maßnahmen ab, die gegen die
berechtigten Interessen unseres Volkes zielen.

2. Wir fordern die Nixon-Regierung auf, sofort die Kriegseskalation rückgängig
zu machen und endlich ernsthaft darüber zu verhandeln.

3. Das Selbstbestimmungsrecht des vietnamesischen Volkes muß respektiert
werden.

Die Botschaft forderte die Studenten daraufhin ultimativ auf, ihre
Unterschriften unter die Erklärung zurückzuziehen, andernfalls würde sie
geeignete Maßnahmen treffen. Was es mit den 'geeigneten Maßnahmen' auf sich
hatte, zeigte sich schnell:
- den Eltern der Studenten wurde die Erlaubnis entzogen, Geld zu überweisen
- die in Südvietnam lebenden Familienangehörigen wurden von der Polizei täglich
verhört und unter Druck gesetzt.

Mit dem Sitzstreik fordert die vietnamesische Studentengruppe die Zurücknahme
der Repressionsmaßnahmen, die Aufhebung des Devisenverbots, die Respektierung
ihrer antiimperialistischen Gesinnung sowie die Einstellung der Polizeiverhöre
ihrer Eltern in Südvietnam.

Nachdem der Botschafter am Mittwoch diese Forderungen zunächst abgelehnt hatte,
beschlossen die Studenten, auf einer Kundgebung gegen die Repressionsmaßnahmen
der Botschaft und gegen die USA-Aggression zu protestieren. Weiter führten sie
ein Teach-In durch, das glänzend die Verkommenheit und Verlogenheit der
Vertreter des Saigoner Marionettenregimes entlarvte. (aus einer Flugschrift des
Vietnam-Komitees (NVK,d.Vf.))

Auf der Kundgebung der KPD am 28.6. in Bonn, über die wir in dieser Zeitung
berichten, legte unsere Partei den versammelten Menschen eine Resolution vor,
in der zur Unterstützung des Kampfs der fortschrittlichen vietnamesischen
Studenten gegen die Botschaft der Saigoner Marionettenclique aufgerufen wird.
Sie wurde mit großer Mehrheit verabschiedet."
Die KPD berichtet auch von den Folgen in Aachen (vgl. 29.6.1972).
=Rote Fahne Nr.50,Dortmund 5.7.1972,S.3;
NVK:Alles für den Sieg des kämpfenden vietnamesischen Volkes!,Bonn 1972

28.06.1972: 
KPD und KSV rufen zu einer Solidaritätsdemonstration in Bonn für Otto Schily
(gegen den am 19.6. wegen der Verteidigung von Gudrun Ensslin (RAF) ein
Ermittlungsverfahren wegen "Verdacht der Beteiligung an einer kriminellen
Vereinigung" eingeleitet wurde) auf.

Die KPD (vgl. 5.7.1972) berichtet als Bildunterschrift:"
Auf dem Bonner Münsterplatz veranstaltete die KPD am 28.Juni eine Kundgebung
gegen die Angriffe der SPD/FDP-Regierung auf fortschrittliche Rechtsanwälte.
Einige hundert Teilnehmer unterstützten einen Protestaufruf des
Solidaritätskomitees für Schily. Ein Jugendvertreter der IG-Metall (IGM,d.Vf.)
wies auf den Zusammenhang hin, der besteht zwischen den Polizeimanövern, den
Anschlägen auf fortschrittliche Rechtsanwälte und der Ausschlußpolitik
(UVB,d.Vf.) der Gewerkschaftsführungen. Auf dem belebten Platz kam es während
und nach der Kundgebung immer wieder zu Diskussionsgruppen."

Solidarität wird geübt mit den Aktionen südvietnamesischer Studenten in Bonn
(vgl. 28.6.1972).
=Rote Presse Korrespondenz Nr.174,Berlin **.*.1972,S.*;
Rote Fahne Nr.50,Dortmund 5.7.1972,S.1 und 3

07.07.1972: 
In den 'Bonner Universitätsnachrichten' werden die Ergebnisse der Wahlen zum
Satzungskonvent veröffentlicht. In der Gruppe der Studenten erzielten dabei der
Liberale Hochschul Bund (LHB) einen Sitz, SHB/MSB, Fachschaften und
Basisgruppen 2 Sitze, RCDS 4 Sitze und die Aktion Demokratische Mitte (ADM) und
Unabhängige 3 Sitze.
=Bonner Universitätsnachrichten Nr.81,Bonn 7.7.1972

16.09.1972: 
In Bonn beteiligen sich, nach eigenen Schätzungen, über 300 an einer
kurzfristig angesetzten Demonstration gegen die Abschiebung von Palästinensern,
zu der das Nationale Komitee 'Kampf den reaktionären Ausländergesetzen' der KPD
von Münster bis Aachen mobilisiert hatte.
=Rote Fahne Nr.60 und 61,Dortmund 13.9.1972 bzw. 20.9.1972

16.09.1972: 
In Bonn demonstrieren, laut KJVD der KPD/ML-ZB, 400 Zivildienstleistende aus
der 'BRD' "gegen die Verabschiedung des neuen Zivildienstgesetzes". Während der
Demonstration verteilt der KJVD Flugblätter mit den Parolen:
- Kampf gegen die Einführung der allgemeinen Dienstpflicht,
- Hände weg vom Recht auf Kriegsdienstverweigerung,
- Keine Einführung des militärischen Arbeitsdienstes,
- Freie politische und gewerkschaftliche Betätigung der Soldaten und
Ersatzdienstleistenden.
=Der Kampf der Arbeiterjugend Nr.9,Bochum Okt. 1972

Oktober 1972: 
Die DKP Betriebsgruppe Gesundheitswesen Bonn gibt vermutlich im Oktober ihre
'Spritze' zu den Bundestagswahlen (BTW) (vgl. 19.11.1972) heraus.
=Die Spritze,Bonn o.J. (1972)

04.10.1972: 
Das Vorbereitende Komitee Dortmund Kampf dem Ausländergesetz und der
politischen Unterdrückung (vgl. 5.10.1972) berichtet aus der Nacht von heute
auf morgen vom GUPS/GUPA Palästina-Verbot (vgl. 3.10.1972):"
In Bonn wurde der Überfall auf ein Studentenwohnheim durch die politische
Polizei (PoPo,d.Vf.) abgewehrt. Die Hausbewohner verbarrikadierten das Haus und
wehrten die Durchsuchung ab. Es kam zu spontanen Demonstrationen."
=Vorbereitendes Komitee Dortmund Kampf dem Ausländergesetz und der politischen
Unterdrückung:Unerhörte Terrorwelle gegen ausländische Arbeiter und
Studenten!,Dortmund o.J. (Okt. 1972),S.1

05.10.1972: 
In Bonn werden heute, laut KPD, aus Protest gegen das GUPS/GUPA Palästina
Verbot zwei Straßen in der Innenstadt blockiert. KPD, KSV, LgdI und u.a. das
Nationale Komitee gegen die Ausländergesetze organisieren außerdem noch eine
Kundgebung vor dem Büro der Arabischen Liga in Bad Godesberg.
Das Vorbereitende Komitee Dortmund Kampf dem Ausländergesetz und der
politischen Unterdrückung (vgl. 5.10.1972) berichtet vom Protest gegen das
GUPS/GUPA Palästina-Verbot (vgl. 3.10.1972) aus Köln, unter Angabe einer Bonner
Adresse:"
Zu Demonstrationen wurde heute in Köln aufgerufen: 17 Uhr Hofgarten."

Der KSV (vgl. 25.10.1972) der KPD berichtet u.a. von heute:
BONN: JUNGSOZIALIST FORDERT BFDW-REKTOR AUF, EL FATAH-MITGLIEDER ZU EXEN!
BFdW-Rektor Schmitt folgte dem Ratschlag des SPD-Freundes und tat was er
konnte. Der Kommilitone Allabadi wurde bei seiner Rückkehr vom Ferienaufenthalt
bei seiner Mutter in Jordanien auf dem Flugplatz in Berlin (DDR) festgehalten
und kann seither nicht in die BRD einreisen.

Auf der Suche nach fortschrittlichen Ausländern ging die Polizei in Bonn mit
beispiellosem Terror in zwei Wohnheimen vor.

Im Wohnheim der ESG brach man im Stile einer Razzia ohne jeden
Durchsuchungsbefehl die Tür des ehemaligen Zimmers von Mahmud Allabadi auf.
Der KSV und die Bonner Roten Zellen mobilisierten daher noch am selben Abend
ihre Mitglieder und Sympathisanten. Diese zogen truppweise in die Wohnheime, in
denen ausländische Kommilitonen wohnen, gingen von Zimmer zu Zimmer,
informierten die Kommilitonen und aktivierten sie, zu einr Hausversammlung
zusammenzukommen.

Die Mehrzahl der Studenten diskutierte rege über die Vorfälle des Tages; in
mehreren Wohnheimen wurden von den anwesenden Hausbewohnern Resolutionen gegen
das Verbot von GUPS und GUPA verabschiedet. Mehrere ausländische Kommilitonen
aus dem Bonhoefferhaus kamen gleich mit zur spätabendlichen
Protestmanifestation vor dem Bonner Bundeskanzleramt.

Der Bonner MSB/SHB-AStA, der nicht zur Kundgebung aufgerufen hatte, schickte
zwei seiner Spitzenvertreter, um die fortschrittlichen Menschen gegen den KSV
und die Liga den Imperialismus aufzuhetzen. AStA-Chef Wagner vom SHB konnte
gerade noch den ersten Satz seiner spalterischen Rede: 'Ich möchte hier einmal
das Schauspiel des KSV kommentieren' beenden, als ihm die fortschrittlichen
Menschen zeigten, auf wessen Seite sie standen und mit Sprechchören, die die
Solidarität mit dem im Hungerstreik befindlichen Kommilitonen aufzeigten, dem
Gerede des Verräters ein schnelles Ende bereiteten. Am nächsten Tag besaß der
MSB Spartakus die Frechheit, den Studenten die erfolgreiche Aktion des KSV, der
Roten Zellen und der Liga gegen den Imperialismus als die eigene auszugeben:
So hieß es im Flugblatt des MSB vom 6.10.: 'Die Anwesenheit einer größeren
Gruppe von Studenten und der Presse machte ihnen (den Polizeieinheiten,d.V.)
einen Strich durch die Rechnung.'

MSB-SPARTAKUS FÄLLT DER CISNU IN DEN RÜCKEN!

Um ihre Solidarität mit den verfolgten palästinensischen und arabischen
Kommilitonen zu demonstrieren, rief die CISNU (Iran,d.Vf.) alle
fortschrittlichen Organisationen in Bonn auf, ihre Demonstration zum Büro der
arabischen Liga zu unterstützen. Der MSB/SHB lehnte es jedoch ab, die Parole
der CISNU: 'Nieder mit dem ZIONISMUS' zu unterstützen und drohte gleichzeitig
den inzwischen in einen Solidaritätshungerstreik getretenen persischen und
anderen Kommilitonen mit der Entziehung der Räume, wo sie den Hungerstreik
durchführten.

Die über zweistündige von 250 Studenten unterstützte Demonstration zum Gebäude
der arabischen Liga, angeführt von der CISNU und unterstützt von dem lokalen
Bonner und Kölner Zirkel, dem KSV, der Liga gegen den Imperialismus und dem
'Nationalen Komitee Kampf den reaktionären Ausländergesetzen', war ein
vorläufiger Höhepunkt des Kampfes in Bonn. Micht nicht enden wollenden
Sprechchören 'Hoch die internationale Solidarität' begrüßten uns die
palästinensischen Genossen und sprachen ihre große Freude über diese
Solidarität aus.

Währenddessen standen starke Polizeikräfte vor dem Haus der SPD, um die
Volksverräter vor der gerechten Wut der fortschrittlichen Menschen zu
schützen."

An anderer Stelle berichtet der KSV über die CISNU Iran (vgl. Aug. 1972) und
deren Boykottierung durch den MSB Spartakus der DKP. So "weigerte sich
Spartakus in Bonn, eine von der CISNU durchgeführte Demonstration gegen die
reaktionären Ausländergesetze und zur Unterstützung des Hungerstreiks der
palästinensischen Genossen zu unterstützen, weil die CISNU auf der Parole
beharrte 'Nieder mit dem Zionismus'. Lobend hebt dann auch die bürgerliche
Presse hervor, der sich im Gegensatz zu den die Demonstration unterstützenden
Organisationen 'an die Spielregeln des Rechtsstaates (halte) und Rektor,
Rechtsanwälte und Gerichte' (Bonner Generalanzeiger 11.10.) mobilisiere."
=Dem Volke dienen Nr.1,Dortmund 25.10.1972,S.5 und 7;
Rote Fahne Nr.64,Dortmund 11.10.1972,S.*;
Vorbereitendes Komitee Dortmund Kampf dem Ausländergesetz und der politischen
Unterdrückung:Unerhörte Terrorwelle gegen ausländische Arbeiter und
Studenten!,Dortmund o.J. (Okt. 1972),S.2

25.10.1972: 
Der Kommunistische Studentenverband (KSV - vgl. 25.10.1972) der KPD
berichtet:"
PROZESS GEGEN WEILAND UND FRITSCHE IN BONN

Am 25.Oktober wollen Statsapparat und Unibürokratie mit Hilfe des Amtsgerichtes
Bonn den Studenten Fritsche und Weiland wegen 'gemeinschaftlicher Nötigung in
Tateinheit mit gemeinschaftlichem Hausfriedensbruch' den Prozeß machen.
Was war dem vorausgegangen?"

Berichtet wird vom Satzungskonvent (vgl. 17.11.1971) bzw. dem Eintreten der
beiden für das politische Mandat der Verfaßten Studentenschaft (VS) und
fortgefahren:"
- deshalb wird Karl Weiland und Klaus Fritsche heute der Prozeß gemacht,
- deshalb sprach auch im Frühjahr 1972 (vgl. Apr. 1972,d.Vf.) BFdW-Rektor Hatto
Schmitt gegen den Studenten Karl Weiland die Relegation von der Bonner Uni auf
Dauer aus."

Zitiert wird im Folgenden aus einem Schriftsatz (vgl. 3.5.1972) und
fortgefahren:"
BESPITZELUNGEN, DENUNZIATIONEN

Aber nicht nur diese Selbstentlarvungen sind den Verfahrensunterlagen zu
entnehmen, sondern insbesondere Aufschlüsse darüber, mit welcher Frechheit
reaktionäre Unibürokratie  und Justiz die 'materiellen Grundlagen' ihrer
Rechtsfindung legen. Die angebotenen 'Beweismittel' bzw. Zeugenaussagen gründen
sich auf Bespitzelungen, Denunziationen, Lügen und Diffamierungen.

So schickt der Rektor den Universitätsfotografen in 'gefährdete' Vorlesungen,
um im Falle einer Störung 'Beweismaterial zu sichern.' So versichern Mitglieder
des reaktionären RCDS (der CDU,d.Vf.)/ADM-Fachschaftsvorstandes in
eidesstattlichen Erklärungen 'zur Vorlage bei Gericht', daß sie den Studenten
Weiland auf einem Zeitungsfoto, das eine Vorlesungsstörung darstellen soll,
entdeckt haben wollen oder daß dieser trotz Hausverbots an einem Teach-in über
gerade dieses Hausverbot teilgenommen habe.

So greifen nachfolgende Instanzen unbeirrt Behauptungen von Störungen auf, die
bereits in der ersten Instanz wegen Unwahrheit zurückgezogen worden waren.
Denunziationen, Spitzeläußerungen, Lügen und Diffamierungen - das sind Mittel,
mit denen die reaktionäre Unibürokratie und die Klassenjustiz gegen die
fortschrittlichen Studenten vorgehen.

Immer wertvoller werden ihnen dabei auch die Bütteldienste der Revisionisten an
der Hochschule, die ihr Scherflein zum Gewalttäter Bild beitragen, so daß der
Rechtsvertreter des Rektors aktenkundig machen kann, in dem Verfahren, das der
ehemalige AStA-Chef Thiee, Spartakus-Mitglied (MSB,d.Vf.) und Kandidat auf der
DKP-Landesliste von NRW, gegen BFdW-Rektor führte, sei 'inzwischen unstreitig
geworden, daß die Roten Zellen sich gewaltsam Einlaß in das Rektorat verschafft
haben. Der Antragsteller (i.e. Ingo Thiee) jenes Verfahrens hat dies
ausdrücklich in seinem Schriftsatz (vgl. 3.5.1972,d.Vf.) vortragen lassen.'
Vom Bund Freiheit der Wissenschaft bis zum MSB Spartakus: es herrscht Einigkeit
darin, daß die Studenten der Roten Zellen Bonn Kriminelle und Gewalttäter sind.

SOLIDARITÄT MIT DEN KRIMINALISIERTEN KOMMILITONEN!

So wie die Unisatzung Instrument der politischen Disziplinierung ist, so soll
nun auch der Prozeß gegen die Studenten, die aktiv und kämpferisch dagegen
Widerstand geleistet haben, selbst der politischen Disziplinierung dienen. Und
nicht allein der politischen Disziplinierung der Studenten Weiland und
Fritsche, sondern der Einschüchterung aller Studenten, die schon gegen die
Zerschlagung der verfaßten Studentenschaft gekämpft haben. So heißt es auch im
Schreiben der Rechtsanwälte: 'Zu Recht beruft sich der Antragsgegner (i.e. das
Rektorat) auch insoweit auf ein besonderes öffentliches Interesse an der
sofortigen Vollziehung des Ordungsbescheides, als er auf den Gesichtspunkt der
Warnung bzw. Abschreckung anderer Hochschulangehöriger hinweist.' Das heißt für
uns: SOLCHE DROHUNGEN NICHT HINNEHMEN! Den Kampf gegen diese Prozesse in
gleicher Weise wie den gegen die Zerschlagung der eigenständig
verfaßten Studentenschaft zu führen, weil diese ein Nachspiel des
Widerstandes gegen die Zerschlagung der Fachschaften sind."
Berichtet wird auch später (vgl. 22.11.1972) durch den KSV.
=Dem Volke dienen Nr.1 und 3,Dortmund 25.10.1972 bzw. 22.11.1972,S.8 bzw. S.9

28.10.1972: 
Der Kommunistische Studentenverband (KSV - vgl. 22.11.1972) der KPD
berichtet:"
'...AUS GUTEM GRUND'

Am 28.10. entschied NRW-Wissenschaftsminister (WiMi,d.Vf.) Rau (SPD), daß eine
Genossin der RZ Fremdsprachen an der Uni Bonn das 'Recht verwirkt' habe, als
gewählte Studentenvertreterin an den Sitzungen der Engeren Fakultät
teilzunehmen, da sie u.a. deshalb gewählt worden war, weil die RZ Fremdsprachen
in ihrem Flugblatt zur Kandidatur erklärt hatte: 'Ebenso wird die jetzige
Kandidatin nicht darüber schweigen, was in der Engeren Fakultät über die
Umsetzung der reaktionär-bürokratischen Hochschulreform geplant wird. Sie wird
diese Informationen nutzen, um die Studenten in den Kampf dagegen zu führen.'
Rau läßt dazu ausführen, daß das Recht der Studenten, ihren gewählten Vertreter
in der Engeren Fakultät vertreten zu wissen, dann abgebaut wird, wenn der
Vertreter 'seine ernstzunehmende Absicht zu erkennen gegeben hat, sich in jedem
Fall über die ihm obliegenden Rechtspflichten zu widersetzen.' D.h. konkret,
daß in ganz NRW in den Gremien, für die die Schweigepflicht gilt, keine
entschiedenen demokratischen Vertreter mehr geduldet werden.

Kommunisten und Demokraten, die sich in ihrem Kampf in den Gremien auf die
Massen stützen, werden nun überhaupt nicht mehr zugelassen (allein auf die
bloße Ankündigung hin!), die Gremienarbeit fortschrittlicher Studenten und
Organisationen damit illegalisiert.

Dieser dreiste Angriff der Unibürokratie auf die demokratischen Rechte der
Studenten erhält in Bonn noch seine besondere Bedeutung dadurch, daß in
derselben Engeren Fakultät z. Zt. über die Habilation des CDU-Kriegsexperten
Ernst von Majonica im Fach Wehrsoziologie beraten wird.

Von daher wird verständlich, daß Rau schreibt, daß der Kampf gegen die
Schweigepflicht gegen die Interessen derer verstoßen würde, 'deren
Angelegenheiten aus gutem Grunde der Verschwiegenheit unterworfen sind.'
Nicht zufällig kommen diese Anschläge auf die demokratischen Rechte der
Studenten nach dem Prozeß gegen Weiland und Fritsche (vgl. 25.10.1972,d.Vf.)
und vor den noch anstehenden Prozessen. Aber die Hochschulbürokratie und ihre
Vertreter von BFdW bis SPD haben sich getäuscht, wenn sie glauben, daß diese
Prozesse die Studenten vom entschiedenen Kampf gegen die politische
Disziplinierung abhalten werden. Im Gegenteil, jeder neue Anschlag wird die
Entschlossenheit und Kampfbereitschaft der fortschrittlichen Studenten
steigern.

KAMPF DER POLIISCHEN DISZIPLINIERUNG FORTSCHRITTLICHER STUDENTEN UND
DOZENTEN!
KAMPF DER SCHWEIGEPFLICHT!
WEG MIT DEM RAU-ERLASS!"
=Dem Volke dienen Nr.3,Dortmund 22.11.1972,S.9

30.10.1972: 
Der Kommunistische Studentenverband (KSV) der KPD (vgl. 22.11.1972) berichtet
zentral aus Bonn vom Berufsverbot (BV) gegen Hannes Heer (vgl. 17.11.1972)
sowie vermutlich aus dieser Woche von den Repressalien gegen Heer an der Uni
Bonn:"
Vor zwei Wochen wurde eine allerletzte Verwarnung ausgesprochen. Grund: Hannes
Heer hatte an einem Teach-In teilgenommen, das gegen die Prozesse der Genossen
Fritsche und Weiland protestierte. Der Rektor verweigerte den Hörsaal, das
Teach-In fand deshalb davor statt. Der Rektor nannte die Teilnahme von Hannes
Heer 'Besuch einer vom Rektor verbotenen Veranstaltung'."
=Dem Volke dienen Nr.3,Dortmund 22.11.1972,S.2

31.10.1972: 
Vor der südvietnamesischen Botschaft in Bad Godesberg protestieren, laut KPD,
über 100 Anhänger der VAs Köln und Bonn.
=Rote Fahne Nr.68,Dortmund 8.11.1972

06.11.1972: 
Der Kommunistische Studentenverband (KSV) der KPD (vgl. 22.11.1972) berichtet
zentral aus Bonn vom Berufsverbot (BV) gegen Hannes Heer (vgl. 17.11.1972)
sowie vermutlich aus dieser Woche von den Repressalien gegen Heer an der Uni
Bonn:"
In der letzten Woche soll er den Oberdenunzianten des Rektor von einem Teach-In
mit Gewalt entfernt haben. Widerstandslos habe sich dieser abführen lassen,
denn 'Ich wollte doch nicht kaputtgeschlagen werden'. Der Genosse Hannes Heer
war zu dieser Zeit gar nicht mehr auf dem Teach-In!"
=Dem Volke dienen Nr.3,Dortmund 22.11.1972,S.2

06.11.1972: 
Der Kommunistische Studentenverband (KSV - vgl. 22.11.1972) der KPD berichtet
u.a. aus dieser Woche (vgl. 13.11.1972):"
VERBOTSSERIE GEGEN AGITPROPARBEIT DES KSV AN DEN UNIS IN NRW

Es ist zur Zeit besonders die Unibürokratie in Bonn, die sich im Kampf gegen
die fortschrittlichen Studenten und vor allem gegen den KSV durch ihr
pausenloses Bombardement von Verbots- und Unterdrückungsversuchen auszeichnet.
So ließ die Unibürokratie vor zwei Wochen eine Wandzeitung der IG Germanistik
abreißen, da die Parole 'Nur Volksfeinde stehen zur Wahl' 'beleidigenden'
Inhalts sei. Mit derselben Begründung: 'Verunglimpfung der Mitglieder der
demokratischen Parteien' ließ INstitusdoirektor Lange auf Anweisung des Rektors
zwei Flugblätter der Roten Zelle Fremdsprachen, die zu einem Meeting und zu
einer Schulung aufriefen, verbieten und beschlagnahmen und verbot alle 'in
diesem Zusammenhang vorgesehenen Sitzungen im Universitätsbereich'.
(Bezeichnenderweise fühlten sich die bürgerlichen Parteien durch die Parole der
DKP 'Gemeinsam gegen die Reaktion' nicht beleidigt - deren Plakate blieben
hängen.)"
=Dem Volke dienen Nr.3,Dortmund 22.11.1972,S.9

06.11.1972: 
Der Kommunistische Studentenverband (KSV - vgl. 22.11.1972) der KPD
berichtet zentral:"
DKP UND NPD
IN TRAUTER EINTRACHT GEGEN FORTSCHRITTLICHE STUDENTEN

Am 6.11. fand in der Universität Bonn eine Podiumsveranstaltung mit allen
bürgerlichen Parteien statt, wobei der CDU-Fachschaftsvorstand Jura auch einen
Vertreter der NPD eingeladen hatte. Die Forderung des KSV und der Roten Zellen,
diesem Faschisten das Rederecht zu verweigern, wurde hauptsächlich von den
reaktionären Studenten abgelehnt; - die anwesenden DKP-Vertreter enthielten
sich der Stimme (!). Auch hatte man es abgelehnt, einen Vertreter der KPD reden
zu lassen.

Es gelang auf dieser Veranstaltung den fortschrittlichen Studenten durch
Sprechchöre (Redeverbot für NPD! Tod dem Faschismus!) den Faschisten, der die
Anwesenden mit dem Hitlergruß 'begrüßte', an seiner Propaganda zu hindern.
Dabei saßen die Führer des Spartakus (MSB,d.Vf.) und der DKP-Hochschulgruppe
ruhig im Saal und himmelten den DKP-Kandidaten Deumlich an, der sich weigerte,
Stellung dazu zu nehmen, daß er sich hier mit einem Faschisten an einen Tisch
setzte, wo die DKP doch sonst das CDU/NPD-Rechtskartell zu bekämpfen vorgibt.
DKP-Deumlich meinte, daß das Redeverbot für den Faschisten verhindern würde,
daß die Gleichheit zwischen NPD und CDU erkannt würde.

Durch Zwischenrufe und Sprechchöre gelang es, an den Beiträgen der
Monopolvertreter von SPD/FDP und CDU aufzuzeigen, daß ihre soziale Demagogie
nicht über ihre Politik des Lohnraubs, der Preistreiberei und des staatlichen
Terrors hinwegtäuschen kann: (SPD: 'Die SPD wird weiterhin, wie in der
Vergangenheit...' Zwischenruf: ...Das Volk unterdrücken!' SPD: 'Die SPD hat den
Frieden sicherer gemacht...' '...in Vietnam, Griechenland, Portugal, Persien
(Iran,d.Vf.)!')

Das Aufzeigen der volksfeindlichen Maßnahmen der Parlamentsparteien und deren
Unterstützung durch die DKP wurde von dem DKP-Kandidaten mit dem Vorwurf des
scheinlinken Antikommunismus beantwortet - tosender Beifall beim RCDS.
Auch ging er mit keinem Wort darauf ein, daß im Verlaufe der Veranstaltung den
Roten Zellen vom Versammlungsleiter eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch
angedroht wurde, man dem KSV das Rederecht entzog und immer mehr Studenten
Rederecht für die anwesenden Vertreter der KPD forderten.

Allmählich merkten auch die Studenten, die anfänglich unsere Zwischenrufe für
falsch gehalten hatten, daß die Podiumsredner nur ihre Standardreden
runterleierten und auf Zwischenfragen entweder gar nicht oder nur mit
vorgefertigtem Konzept antworteten. Deshalb begannen immer mehr mit uns über
unsere Stellung zu den Wahlen und über die Politik der KPD zu diskutieren, so
daß gegen Ende nur noch die parteieigenen Hausjubler den Podiumsschwätzern
zuhörten.

Nach der Veranstaltung war weiteren Studenten klar, daß uns die bürgerlichen
Parteien einen Schaukampf vorgeführt hatten, daß keine prinzipiellen
Unterschiede zwischen den Parteien bestanden, daß auch die DKP - im Vorgefühl
auf ihre Parlamentstätigkeit - brav und bescheiden zu den anstehenden Fragen
der Studenten, nur das sagte, was ähnlich von der SPD-Vertreterin schon gesagt
worden war, kurz, daß nur Volksfeinde zur Wahl stehen."
=Dem Volke dienen Nr.3,Dortmund 22.11.1972,S.3

11.11.1972: 
Der Kommunistische Studentenverband (KSV - vgl. 22.11.1972) der KPD
berichtet zentral aus Bonn:"
KRIMSEKT UND WODKA - UZ-PRESSEFEST IN BONN.

Statt Henkell-Trocken - russischer Krimsekt, die Flasche für 20 DM. Statt
Steinhäger - russischer Wodka, 2 cl für 0,50 DM. Und statt Max Greger mit
seinem Tanzorchester - die Horst Baumann-Combo aus Magdeburg. Das unterschied
das UZ-Pressefest am Samstag, dem 11.11. in der Bonner Mensa von einer
bürgerlichen Wahlveranstaltung, vom Tanz in den Wahlkampf von CDU und SPD.
Ein Hohn auf die kommunistischen Pressefeste der ROTEN FAHNE in der Weimarer
Zeit, ein Hohn darauf, eine Partei der Arbeiterklasse zu sein.
Aber eine gute und offene Darstellung, was die DKP ist: Ein Agent für den
russischen Krimsekt- und Wodkahandel, ein Agent für die Export Schlager und
Slow Fox-spielenden DDR-Combos. Fehlte nur noch, daß die Horst Baumann-Combo
mit 'Midnight in Moscow' anfing...
(Unser Bild zeigt den DKP-Direktkandidaten von Bonn, Gerd Deumlich, vor der
Import-Werbetafel (für Krimsekt und Wodka,d.Vf.))"
=Dem Volke dienen Nr.3,Dortmund 22.11.1972,S.3

13.11.1972: 
Der Kommunistische Studentenverband (KSV - vgl. 22.11.1972) der KPD erhält
vermutlich spätestens diese Woche vom Fachbereich VWL der Uni Bonn den
folgenden Bericht des Agitkolls aus dem 'Einführungskurs in die
volkswirtschaftliche Gesamtrechnung', der u.a. im Zentralorgan des KSV
veröffentlicht wird:"
DIE BOURGEOISIE PRÄSENTIERT DEM VOLK IHRE RECHNUNG

Man wird es nicht glauben wollen, aber es ist wahr: im ersten Semester
Volkswirtschaftslehre muß sich jeder Bonner Ökonomiestudent mit einem Buch
beschäftigen, dessen Entstehungsdatum einen schon aufhorchen läßt - 1933. Das
Buch kommt von dem Ökonomen Ferdinand Grünig und heißt 'Der
Wirtschaftskreislauf'.

Welches Interesse haben die Professoren daran, daß dieses Werk noch heute zur
Standardliteratur eines jeden VWL-Studenten gehört, obwohl die Grünigschen
Theorien scheinbar längst alle überholt sind?

DIE VOLKSWIRTSCHAFTLICHE GESAMTRECHNUNG

In Deutschland muß Ferdinand Grünig als eine der maßgeblichen Persönlichkeiten
angesehen werden, die die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung entwickelten.
Genauso wie dem Engländer Keynes die Weltwirtschaftskrise die Erkenntnis
nahebrachte, daß die kapitalistische Ordnung sich nicht harmonisch
weiterentwickelt, wie es bis dahin allgemeine Lehre unter den bürgerlichen
Professoren war, die blind über die zyklisch auftretenden Krisen
hinwegschauten, genauso war für ihn das Heilmittel der staatliche Eingriff in
die Wirtschaft, der sog. Interventionismus.

Grünig, den wir hier exemplarisch untersuchen wollen, hat seine Erkenntnisse in
dem Buch 'Der Wirtschaftskreislauf' niedergelegt. Anlaß dazu war ihm die bis
dahin bereits seit vier Jahren andauernde Weltwirtschaftskrise, die in
Deutschland im Jahre 1932 6,2 Millionen Arbeiter zu Arbeitslosen machte, die
das Volkseinkommen von 1929 gleich 76 Mrd. RM auf 40 Mrd. RM absinken ließ.
Um nun zu erkennen, worin die Ursachen der Krise liegen, erfaßt er die
wirtschaftlichen Daten, verkleinert sie der besseren Überschaubarkeit wegen zu
einem Modell, um die Zusammenhänge zwischen den Zahlen besser erkennen zu
können. Das Ergebnis ist das sog. 'Wirtschaftsmodell' , wo er in 24 Tabellen
den Wirtschaftskreislauf erfaßt hat.

DAS PROGRAMM: ANREIZ FÜR DIE MONOPOLE UND ...

Daraus zieht er nun gewisse Schlußfolgerungen, nämlich, daß der Staat 'ordnend
und lenkend' - natürlich im Interesse der Erhaltung der kapitalistischen
Ordnung - eingreifen muß. Diese Erkenntnisse hat er aber nicht allein in der
Studierstube am grünen Tisch erworben, nein,
'die so gewonnene Erkenntnis vertiefte sich in Jahren selbständiger
Unternehmertätigkeit, die mich am eigenen Leibe verspüren ließen, wie sehr der
Einzelne vom Wohl und Wehe der Gemeinschaft abhängt.' (Vorwort, S.V)
Diese Erkenntnis, die er wieder an seinem Modell durchspielt, legte er in einem
Programm nieder. Der wohl wichtigste Punkt, ähnlich wie das in den USA unter
dem Namen 'New Deal' entwickelte Programm, ist ein Investitionsprogramm von
jährlich 12,5 Mrd. RM mit dem Ziel, die Wirtschaftstätigkeit der
Investitionsgüterindustrie anzukurbeln. 'Der (dadurch entstehende, d.V.)
jährliche volkswirtschaftliche Vermögenszuwachs soll Wohnungen und
Produktionsstätten schaffen für eine recht kräftige Vermehrung der Bevölkerung
und für deren Gesundung; die Zeiten, in denen Not und Elend sogar das Wachstum
gefährdeten müssen endgültig der Vergangenheit angehören. Darüberhinaus kann
der Wunsch jedes einzelnen Wirtschaftsgliedes nach einem gesunden Eigenheim,
womöglich abseits vom städtischen Getriebe, nach kräftiger Nahrung und nach
einem gewissen, den heutigen Möglichkeiten der Technik entsprechenden Wohlstand
im Laufe der Jahre Erfüllung finden, ebenso der Wunsch der Allgemeinheit nach
Ausgestaltung ihrer öffentlichen Anlagen, ihrer Verkehrsverhältnisse, sowie
aller Einrichtungen, die der Wehrfähigkeit der Nation, der Ertüchtigung der
Jugend, dem Schutz der Gemeinschaft, der Gesundheitspflege, der Bildung, der
Kunst und auch der Forschung dienen, wie dies dem großen und in Zukunft auch
reichen deutschen Volk ansteht.' (S.207/208)

Schon hier erkennt man an dem Sprachgebrauch die Verwandtschaft Grünigs zu den
Faschisten, die ähnlich die Ideologie des 'deutschen Grund und Bodens', des
'Deutschtums' usw. verbreiteten, um die Expansionsgelüste des Monopolkapitals
den Massen unter dem Schlagwort 'das deutsche Volk braucht Lebensraum'
schmackhaft zu machen und die Aggression gegen die Sowjetunion (SU,d.Vf.)
vorzubereiten. Diese Verwandtschaft besteht jedoch nicht allein im
Sprachgebrauch. Denn: größter Posten ist die Schaffung von Eigenheimen mit
dazugehörigen Anlagen in Höhe von 4,5 Mrd. RM. Der dadurch benötigte Mehrbedarf
an Grund und Boden soll natürlich nicht durch die Enteignung der ostelbischen
Junker, der größten Grundbesitzer, gedeckt werden, sondern durch die
Einverleibung der Gebiete des kommunistischen Ostens.

Damit hat Grünig direkt zur Rechtfertigung der chauvinistischen Politik des
Großdeutschen Reiches beigetragen.

... BEFRIEDUNG DER MASSEN

Aber Grünig weiß auch noch eine Antwort darauf, warum Eigenheime den schneller
und billiger zu errichtenden Mietshäusern, die näher am Arbeitsplatz liegen,
vorzuziehen sind.

'...eine zweckentsprechend ausgestattete Stadtrand- oder Nebenerwerbssiedlung
(er kalkuliert ca. 25 km von der Stadt entfernt, d.V.) (stellt) die Ideallösung
der Aufgabe dar, unserem industriell und gewerblich arbeitendem Volke die
verlorengegangene Bodenverbundenheit wiederzugeben. Zudem dürfte die in
derartigen Siedlungen untergebrachte Bevölkerung auch schweren Zeiten wie der
gegenwärtigen mit Erfolg Trotz bieten können, da sie neben der gesicherten
Wohnung ein bescheidenes Existenzminimum an Nahrung auf eigener Scholl gewinnen
kann.'

Die Frage, daß durch die verlängerte Anfahrtszeit zum Arbeitsplatz die
wöchentliche Arbeitszeit von damals 49 Wochenstunden noch weiter
hinaufgeschraubt worden wäre, beschäftigt Grünig erst gar nicht. Wichtig ist
für ihn nicht allein der Zweck, daß die Arbeiter, wenn sie arbeitslos sind, in
ihrem eigenen Garten für ihren Unterhalt sorgen (was die staatliche
Sozialfürsorge und Arbeitslosenunterstützung entlastet und damit mehr Mittel
zur Ankurbelung der Wirtschaft freisetzt), sondern: 'Auch für die
innerpolitische Befriedung gibt es kaum ein besseres Mittel, als die Massen
durch eigenen Besitz an die Gemeinschaft zu binden. Dies mag genügen zur
Begründung dafür, daß wir als größtes und langfristigstes Ziel unseres
Investitionsprogramms die allmähliche Umsiedlung Deutschlands aus der
Mietwohnung in das Eigenheim ins Auge fassen wollen.' (S.212)

Was unter 'innerpolitischer Befriedung' zu verstehen ist, kann man S.197
entnehmen: '...erbitterte Kämpfe um einen gerechten Anteil an Lebensraum, an
Grund und Boden, an den Produktionsstätten. In der innerpolitischen Zerklüftung
der vergangenen Jahre traten diese Spannungen deutlich mit zutage.'

STAATSINTERVENTIONISMUS - KONZENTRIERTER ANGRIFF DER BOURGEOISIE AUF DIE
LEBENSBEDINGUNGEN DES WERKTÄTIGEN VOLKES.

Um der Monopolbourgeoisie einen Ausweg aus der Krise zu zeigen, hat Grünig das
wirtschaftspolitische Instrumentarium zum Eingriff des Staates im Interesse des
Monopolkapitals systematisiert und weiterentwickelt. In wessen
 Interesse er seine Wissenschaft betrieb, gibt er auch freimütig zu:
'Ich freue mich, es (das Buch mit der Zusammenfassung der Ergebnisse) einer
Zeit und Männern übergeben zu dürfen, die die Tatkraft haben, als richtig
Erkanntes auch in die Wirklichkeit umzusetzen.' (Aus dem Vorwort des Buches)
'So notwendig (die sozialen Spannungen) auch dem Zwang der damaligen
Verhältnisse entspringen mußten, so selbstverständlich begannen sie sogleich
zurückzuweichen, als mit dem Sieg der nationalsozialistischen Staats- und
Wirtschaftsauffassung sich das deutsche Volk auf seine Gemeinschaftspflichten
besann.' (S.197/198)

Wir wissen inzwischen aus der Geschichte, zu welchen Zielen die verstärkten
staatsinterventionistischen Maßnahmen geführt haben und welchen Interessen sie
immer dienen müssen.

Nur durch die Brechung des Widerstandes der Arbeiterklasse und der mit ihr
verbündeten Schichten des Volkes ließ sich das Programm des Herrn Grünig
durchsetzen. Die weitere Ausplünderung der Arbeiterklasse, damit die
Investitionen durchgeführt werden konnten, die Abpressung ungeheurer Profite
zur Steigerung der Monopolprofite, die Befriedigung des Expansionsdranges der
deutschen Monopole und die Vorbereitung des Krieges - das waren die wirklichen
Ziele der Bourgeoisie.

Die Überführung der Fabriken unter die Obhut des Staates, die steigenden
Eingriffe des Staates in das wirtschaftliche Geschehen bedeuten keine
Verbesserung der Lage des werktätigen Volkes, wie es uns heute Reformisten und
Revisionisten mit dem Schlagwort von der Verstaatlichung der Industrie
weiszumachen versuchen. Die Notwendigkeit, bestimmte Industriezweige und
Verkehrs- und Transportmittel zu verstaatlichen und die staatlichen Eingriffe
in die Prozesse der Wirtschaft beweisen, daß die Bourgeoisie immer mehr durch
die objektive Entwicklung der Widersprüche in der kapitalistischen
Produktionsweise gezwungen wird, die gesellschaftliche Natur der
Produktionskräfte anzuerkennen.

Die Krisen haben die Unfähigkeit der Bourgeoisie zur weiteren Verwaltung der
modernen Produktivkräfte aufgedeckt, und
'die Verwandlung der großen Produktions- und Verkehrsanstalten in
Aktiengesellschaften, Trusts und Staatseigentum zeigt die Entbehrlichkeit der
Bourgeoisie für jenen Zweck. ...Aber weder die Verwandlung in
Aktiengesellschaften und Trusts, noch die in Staatseigentum hebt die
Kapitaleigenschaft der Produktionskräfte auf. Bei den Aktiengesellschaften und
Trusts liegt dies auf der Hand. Und der moderne Staat ist wieder nur die
Organisation, welche sich die bürgerliche Gesellschaft gibt, um die allgemeinen
äußeren Bedingungen der kapitalistischen Produktionsweise aufrechtzuerhalten
gegen Übergriffe sowohl der Arbeiter wie der einzelnen Kapitalisten.' (Engels:
'...von der Utopie zur Wissenschaft' (vgl. 1800,d.Vf.) - Kleine Bücherei des
marxismus-Leninismus S.93f)

Verstaatlichung und staatsinterventionistische Maßnahmen vermindern nicht die
Krisenhaftigkeit des Kapitalismus, sondern
'der monopolistische Kapitalismus (verschärft) die Widersprüche des
Kapitalismus. Es genügt auf die Teuerung und auf den Druck der Kartelle
hinzuweisen. Diese Verschärfung der Gegensätze ist die mächtigste Triebkraft
der geschichtlichen Übergangsperiode, die mit dem endgültigen Sieg des
internationalen Finanzkapitals ihren Anfang genommen hat. Monopole, Oligarchie,
das Streben nach Herrschaft statt nach Freiheit, die Ausbeutung einer immer
größeren Anzahl kleiner oder schwacher Nationen durch ganz wenige reiche oder
mächtige Nationen - all das erzeugte jene Merkmale des Imperialismus, die uns
veranlassen, ihn als parasitären oder in Fäulnis begriffenen Kapitalismus zu
kennzeichnen.' (Lenin, 'Der Imperialismus...' (vgl. 26.4.1917,d.Vf.), Kleine
Ausgabe S.133)

Die wertvollen Erfahrungen, die das wirtschaftspolitische Instrumentarium der
Bourgeoisie zur Ausplünderung weiter entwickelten und dem Stand der
Produktivkräfte anpaßten, veranlaßten die Kapitalisten nach dem II.
imperialistischen Weltkrieg, die Theorie des Herrn Grünig in die Standardwerke
der VWL mit aufzunehmen und Grünig zu beauftragen, das 'Deutsche Institut für
Wirtschaftsforschung' (DIW,d.Vf.) aufzubauen und zu einem der Bourgeoisie stets
verfügbaren Apparat zu gestalten. Bombach, ein bürgerlicher
Wirtschaftswissenschaftler, schreibt völlig zurecht: 'Es wäre aber völlig
verfehlt, deshalb die Nationale Buchführung (er meint die volkswirtschaftliche
Gesamtrechnung, d.V.) nur als ein Instrument für Kriegszeiten und der
Rüstungswirtschaft anzusprechen...

Die Praxis hat längst erwiesen, daß sie für die Friedenswirtschaft ein in
gleicher Weise nützliches Werkzeug ist.' Bombach, Volkswirtschaftliche
Gesamtrechnung - eine Weltanschauung?, Weltwirtschaftliches Archiv Bd.75, 1955
(vgl. 1955,d.Vf.))

DIE STUDENTEN ZU HANDLANGERN DER MONOPOLBOURGEOISIE ERZEIHEN!

Durch die Vermittlung der Theorie Grünigs erhält der VWL-Student sehr früh das
gesellschaftliche Leitbild vermittelt, der Staat und der Unternehmer seien die
für das Wohl des Volkes verantwortlichen Kräfte. Die ideologische
Indoktrination geschieht gleichzeitig mit der Übermittlung des notwendigen
Instrumentariums, das die späteren Volkswirtschafter befähigen soll, diese wohl
erprobten Methoden auch in ihren Arbeitsbereichen anzuwenden. Durch die
Aussparung der gesellschaftlichen Praxis, in der die VG bisher sich so
ausgezeichnet bewährt hat, wird dem Studenten das Bild einer streng objektiven
Wissenschaft vorgegaukelt, die in der Lage ist, auch komplizierte
gesellschaftliche Zusammenhänge zu erklären und dabei gleichzeitig unparteiisch
ist. Deshalb werden in diesem Kurs jegliche Zusammenhänge zur Berufspraxis und
der gesellschaftlichen Bedeutung der Wissenschaft ausgespart. Die Aneignung
lebloser Erkenntnisse, die notwendig formalisierte Betrachtungsweise zwingen
den Studenten, den Unterrichtsstoff gedankenlos zu büffeln.

'Der Sinn dieser Form der Ausbildung, die einer subtilen Form des Drillens
gleichkommt, liegt nicht in der Disziplinierung und Einschüchterung an sich. In
der Grund- und Hauptschule gehören Disziplinierung, Verhöhnung und
Einschüchterung zum System der kapitalistischen Ausbildung und Erziehung, denn
die Bourgeoisie hofft ihren Todfeind, die Arbeiterklasse, umso eher
niederhalten zu können, wenn sie schon die proletarischen Kinder niederduckt
und entwürdigt. Die werktätige Intelligenz dagegen muß zwar auch
Arbeitsdisziplin zeigen, sie muß aber auch 'aufrecht gehen' können, um im
Dienste der Bourgeoisie der Arbeiterklasse gegenübertreten zu können. Der Sinn
des Drills im Grundstudium vor allem kann also nicht entwürdigende
Disziplinierung und Einschüchterung sein. Vielmehr besteht er darin, die jungen
Studenten auf das bornierte Bild ihrer Wissenschaft festzulegen, wie es ihnen
in formalisierten, unanschaulichen und ot auch nutzlosen Lehrveranstaltungen
vorgestellt wird. das gilt nicht weniger für die 'reformierten'
Ausbildungsgänge, Projektstudium etc. denn die
bürgerlich-sozialwissenschaftliche Orientierung z.B. wird meist so vorgenommen,
daß die formalistischen Praktika etc. bestehen bleiben und
gesellschaftsbezogene Lehrveranstaltungen nur zugefügt werden.' ('Auszüge aus
dem Rechenschaftsbericht der ZL des KSV...' (vgl. 6.10.1972,d.Vf.) RPK
186/187/188)"
=Dem Volke dienen Nr.3,Dortmund 22.11.1972,S.6

13.11.1972: 
Der Kommunistische Studentenverband (KSV - vgl. 22.11.1972) der KPD
berichtete von verschiedenen Verboten an der Uni Bonn (vgl. 6.11.1972):"
Am juristischen Seminar sah die Sache nicht viel anders aus. Nachdem der
reaktionäre Dekan Ossenbühl schon mehrmals der Roten Zelle Jura und der
KSV-Zelle Ökonomie die Räume zu verweigern versucht hatte, vergeblich die
Agit-Prop-Stände beschränken wollte, verbot er letzte Woche ein Transparent
'Gegen Monopoldiktatur - Für Volksdemokratie - KPD'. Mit der Begründung, 'in
der ersten Etage haben ab sofort keine Wandzeitungen mher zu hängen'.

Nachdem die Genossen erfolgreich die Angriffe der vom Dekanat bestellten Bullen
zurückgeschlagen hatten, wurden auf Anordnung des Dekans in der folgenden Nacht
sämtliche Wandzeitungen außer denen des reaktionären CDU-FSV abgerissen.
Mit diesem totalen Wandzeitungsverbot erreichte der Dekan jedoch vor allem
eines, nämlich daß sich immer mehr Studenten über diese Beschneidung ihrer
demokratischen Rechte empörten und eine Resolution des KSV gegen das
Wandzeitungsverbot untrstützten.

Denn den meisten Studenten wurde immer klarer, daß es den Reaktionären nicht
darum ging, den ungehinderten Blick auf die Grünflächen zu ermöglichen oder die
Beschmutzung des Bodens durch Flugblätter, sondern die Agitation der
Kommunisten zu verhindern.

Letzte Woche wurden der Rote Zelle Jura Räume am Juridicum für Teach Ins mit
der Begründung verweigert, daß sie gefälligst ihre Veranstaltung an der Phil.
Fakultät durchführen solle, da dort dem AStA ein Hörsaal für Veranstaltungen
zur Verfügung steht.

Zum anderen ließ die Unibürokratie durchblicken, daß sie bald den Verkauf von
Agitpropmaterial in der Uni nicht mehr dulden werde.
Daß die Bonner Unibürokratie z.Zt. sicher am blindwütigsten und am häufigsten
die verschiedensten Disziplinierungsknüppel gegen die fortschrittlichen
Studenten einzusetzen versucht, heißt jedoch beileibe nicht, daß diese Versuche
allein auf die Bonner Uni beschränkt bleiben."
Berichtet wird deshalb auch von der Uni Köln (vgl. 13.11.1972).
=Dem Volke dienen Nr.3,Dortmund 22.11.1972,S.9

13.11.1972: 
Der Kommunistische Studentenverband (KSV - vgl. 22.11.1972) der KPD berichtet
zentral vermutlich aus dieser Woche von der Uni Bonn über die Denunzierungen
des DKPlers Ingo Thiee (vgl. 27.5.1972):"

DIE THIEE-AKTE:
KANDIDAT DER DKP-LANDESLISTE NRW ALS DENUNZIANT ENTLARVT

Der BRD-Verfassungsschutz (VS,d.VF.) und die politischen Kommissariate (K14,
d.Vf.) benutzen seit jeher skrupellose Elemente, die sie als Spitzel geworben
haben für ihre Dienste, Leute, die aus der politischen Unterdrückung ihre
Vorteil ziehen.

Neuerdings arbeiten auch Bundestagskandidaten der DKP als Denunzianten für die
staatlichen Unterdrückungsorgane. Die Güte dieser neuartigen Mitarbeiter im
Terrorapparat der SPD/FDP-Regierung besteht darin, daß sie nicht erst
angeworben werden müssen, sondern sich selbst anbiedern.

Jurastudent Ingo Thiee - DKP-Landesliste von NRW, langjähriger Bonner AStA-Chef
- erhielt obendrein noch einen Judaslohn für die Denunziation von
kommunistischen und sozialistischen Studenten der Bonner Universität vor
Gericht: Die Zurücknahme seiner Relegation (vgl. 10.4.1972,d.Vf.)!

Im Wintersemester 1971/1972 zerschlug der Satzungskonvent der Bonner
Universität AStA und Fachschaften in der bisherigen Form, raubte ihnen das
politische Mandat, beschnitt aufgrund der Kettung an die Finanzhoheit der
Universitätsgremien ihre Möglichkeiten der ungehinderten politischen Arbeit.
Der DKP/MSB-AStachef der Bonner Universität, Ingo Thiee, konnte damals
- nicht umhin, einen Scheinkampf zu führen gegen das Verbot des Verkaufs der
Roten Fahne (RF,d.VF.) - des Zentralorgans der KPD - an der Bonner Uni. Er
mußte mit protestieren gegen die Festnahme von neun Genossen, die die Rote
Fahne auf dem Unigelände verkauft hatten (vgl. 9.2.1972,d.Vf.).
- nicht umhin, getrieben von fortschrittlichen Bonner Studenten, an den
Sprengungen der SK (vgl. 16.11.1971,d.Vf.) teilzunehmen.

Für seinen unfreiwilligen Einsatz wurde er ein Semester relegiert.
Wie ernst es Thiee mit dem Kampf gegen die Zerschlagung der verfaßten
Studentenschaft (VS,d.Vf.) gemeint hat, wie ernst sein Einsatz zum Schutz des
ungehinderten Verkaufs der Roten Fahne war, zeigte spätestens sein Verhalten
vor den Berufungsinstanzen der bürgerlichen Gerichte; dort versuchte er, die
Zurücknahme seiner Relegation zu erschleichen.

Thiee entpuppt sich vor den staatlichen Behörden als Denunziant von
kommunistischen, sozialistischen und fortschrittlichen Studenten, Kollaborateur
und Einpeitscher bei der Verfolgung von Studenten, die entschieden den Kampf
gegen die Zerschlagung der verfaßten Studentenschaft geführt haben."

Zitiert wird aus einem Schriftsatz Thiee's (vgl. 27.5.1972) und abschließend
festgestellt:"
Kommilitionen, Genossen: einzelne Verräter lassen sich in fast jeder
Organisation finden. Aber Thiee ist kein Einzelfall.
Der Kandidat der DKP-Landesliste NRW steht stellvertretend für den Verrat
seiner Partei an den Interessen der Arbeiter und des Volkes.

Wer die Einheit im Kampf gegen die politische Disziplinierung wirklich anstrebt
- der muß sie gegen Thiee und seinesgleichen herstellen!"
=Dem Volke dienen Nr.3,Dortmund 22.11.1972,S.11

14.11.1972: 
Der Kommunistische Studentenverband (KSV - vgl. 22.11.1972) der KPD berichtet
zentral aus Bonn vom Beginn der Pressekampagne der 'Bonner Rundschau' für ein
Berufsverbot (BV) gegen Hannes Heer.
=Dem Volke dienen Nr.3,Dortmund 22.11.1972,S.1

16.11.1972: 
Das RK NRW des KSV der KPD veröffentlicht von der Pressekampagne für das
Berufsverbot (BV) gegen Hannes Heer in Bonn (vgl. 14.11.1972, 17.11.1972) u. a.
folgenden Text:"

BONNER RUNDSCHAU
Donnerstag, 16.November 1972
DER FALL HANNES HEER
('Meiner Meinung nach' von F. Grütering)

1) Der Dauergast in Universitäts-Seminaren und Gerichtssälen, übrigens ein
höchst intelligenter Student mit besten Examinaabschlüssen, ist der wohl größte
politische Wirrkopf aller Bonner Zeiten.

2) Vor sieben Jahren noch gemäßigter Vorsitzender des Sozialistischen Deutschen
Studentenbundes (SDS), wanderte er stets weiter nach links, ließ sogar die
Kommunisten hinter sich, die Maoisten-Leninisten und steht heute so etwa links
von sich selbst.

3) Hannes Heer fand schon seit Jahren außer bei den Erstsemestern und
fanatischen Maoisten für die selbst die kommunistischen Spartakisten (MSB
Spartakus der DKP,d.Vf.) noch rechts stehen, kein Echo mehr. Die sich
aufsplitternde Linke an der Bonner Uni nimmt ihn nicht mehr ernst.
Hannes Heer ist ein politisch toter Mann ohne westdeutsche Zukunft geworden.
Hoffentlich zeigt ihm seine Intelligenz einen Weg, der nicht in der Anarchie
endet.

AUSZÜGE AUS DER GEGENDARSTELLUNG VON HANNES HEER

1) Diese Behauptung ist unwahr. Tatsache ist, daß ich keine Vorstrafen habe.
Die Anklagebank des Bonner Landgerichts kenne ich nur aus einem einzigen
Prozeß, aus dem ich straffrei hervorgegangen bin. Richtig ist, daß ich mehrfach
vom Staatsapparat und seiner Justiz zu Unrecht und unter Vorwand verfolgt
wurde.

2) Die Behauptung ist unwahr, daß ich die Kommunisten hinter mir gelassen
hätte. Richtig ist vielmehr, daß ich fest an der Seite der KPD und ihres
Studentenverbandes KSV stehe. Ich bin 1969 aus der DKP und ihrer
Studentenorganisation ausgetreten, weil diese Organisationen sich nicht von den
Interessen der Arbeiterklasse, sondern von den Interessen der sowjetischen
Sozialimperialisten leiten lassen.

3) Die Behauptung ist falsch. Richtig ist vielmehr, daß die Politik des KSV,
die ich unterstütze, unter den Bonner Studenten immer größere Sympathie findet.
So hat der KSV bei den letzten Wahlen zum Bonner Studentenparlament 670 Stimmen
und hierdurch 4 Sitze im Studentenparlament erhalten. Außerdem stellen
Sympathisanten des KSV seit Jahren den Vorstand der Fachschaft Romanistik in
der Philosophischen Fakultät der Uni Bonn. Ein Mitglied dieser Studentengruppe
ist sogar mit der zweithöchsten Stimmenzahl aller in der Phil. Fak. abgegebenen
Stimmen in die Engere Fakultät gewählt worden!"
=KSV-RK NRW:Androhung des Berufsverbots für Hannes Heer,o.O. o.J. (Nov.
1972),S.2

17.11.1972: 
In Bonn wird, laut KSV der KPD, Hannes Heer vom Dienst an den Gewerblichen
Bildungsanstalten nach einer Pressekampagne (vgl. 16.11.1972) suspendiert,
womit sein Berufsverbot (BV) vorbereitet wird.

Der KOV NRW der KPD berichtet:"
SOLIDARITÄT MIT HANNES HEER

Hannes Heer, der seit dem 1.September 1972 an den Gewerblichen
Bildungsanstalten in Bonn Deutsch und Geschichte unterrichtete, wurde fristlos
gekündigt. Warum?

In seinem Unterricht wurde keiner totgeprügelt, er hat keine politischen
Flugblätter in die Schule geschmuggelt, keiner seiner Schüler wird sich
erinnern können, daß er gegen den Direktor oder die Kollegen gehetzt hat.
Seine Schüler erinnern sich an ganz andere Sachen. Sie schrieben in
Leserbriefen an Bonner Zeitungen und in Flugblättern, mit denen sie gegen die
Entlassung protestierten: 'Die Schüler, die von Hannes Heer unterrichtet
werden, sind der Meinung, daß sie nicht vor ihm geschützt werden müssen.
Während viele Schüler z.B. den Deutschunterricht vorher als langweilig
empfunden haben, wurden sie durch Hannes Heers Unterricht mehr angesprochen,
indem durch Interpretationen von Lesestücken ihr Interesse geweckt wurde. Auch
der Geschichtsunterricht beschränkte sich nicht mehr auf das sture
Auswendiglernen von Daten und Fakten, sondern stellte die Lage der Menschen und
die Gründe ihrer Taten heraus.'

Das ist ein gutes Zeugnis, das ihm ausgestellt wird! Aber der
Regierungspräsident von Köln, Herr Heidecke (SPD), ist da anderer Ansicht
gewesen. Er hat Hannes Heer fristlos gekündigt - weil er so gefährlich ist. Die
Munition hat ihm die Bonner Rundschau, eine der CDU nahestehende Zeitung,
geliefert. Die Verleumdungen und Lügen (er sei 'Dauergast in Gerichtssälen' und
er würde 'aus politischen Gründen seine Eltern liquidieren') mußten von der
Zeitung inzwischen widerrufen werden (23.11.).

Trotzdem ist er entlassen worden. Warum? Die Schüler von seiner 12 f treffen
den Nagel auf den Kopf, wenn sie schreiben: 'Lieber beurlaubt man trotz
katastrophalen Lehrermangels Lehrer, DIE EINE ANDERE POLITISCHE RICHTUNG
VERTRETEN, aber trotzdem einen objektiven Unterricht geführt haben. Lieber läßt
man den Schülern keine zeitgerechte Ausbildung zukommen, als Meinungen anderer
zu tolerieren.'

Das ist es, was die CDU-Zeitung und der SPD-Regierungspräsident nicht ausstehen
können: Daß er eine andere Meinung als sie hat. Wir sagen: Jawohl, ihrer
Politik ist falsch, und wir unterstützen Hannes Heer, wenn er sagt: 'Ich sage
offen, von welchem Punkt ich sie kritisiere. Ich bin Kommunist! Zur
Klarstellung: Ich gehöre nicht zur DKP oder zur SDAJ, die die DDR und die
Sowjetunion (SU,d.Vf.) verherrlichen, ein System, in dem das Volk genauso
ausgebeutet und unterdrückt wird wie bei uns. Ich kämpfe für einen Sozialismus,
in dem die Massen bestimmen.'

Zeigt es nicht die Unsicherheit und Schwäche der herrschenden Parteien, wenn
sie gegen einen einzigen Kommunisten einen solchen Feldzug starten? Zeigt es
nicht ihre Rücksichtslosigkeit, aus Angst vor einem Kommunisten den Schülern
lieber 12 Fehlstunden zu verpassen, einen neuen Lehrer, der die Klassen nicht
kennt, der einen neuen Lehrplan aufstellt, der ein anderes Bewertungssystem hat
- und dies alles zwei Monate vor dem Zeugnis? Nicht um die Schüler kümmern sie
sich, sondern darum, daß sie ihre Politik ungestört fortsetzen können.
Wer von beiden hat recht, Hannes Heer oder diejenigen, die ihn gefeuert haben?
Auf welcher Seite ist die wahre Demokratie? Ist er ein Kämpfer für die
Demokratie oder ihr Zerstörer?

Diese Fragen sind nur zu beantworten, wenn man fragt: Wem nützt das, was in den
Schulbüchern steht? Wem nützt der Schulunterricht so, wie er jetzt läuft? Wem
nützt das Berufsverbot, mit dem man zu verhindern sucht, daß sich etwas ändern
an den Schulstunden von morgens 8 bis mittags 1?
Lassen wir Hannes Heer selbst antworten, der in einer Rede vor Studenten sagte:
'Machen wir uns den Beweisgang nicht zu leicht, schlagen wir nach in den
Büchern, die an meiner Schule obligatorisch waren.

AUS DER LITERATURGESCHICHTE:
ZU BÜCHNER:
'Dantons Tod behandelt eine Episode aus der Geschichte der großen französischen
Revolution. Nachdem die Königsherrschaft gestürzt, der König enthauptet war,
hatte die Demokratie tragischerweise wieder zur Errichtung einer Diktatur, der
Schreckensherrschaft des fanatischen Robespierre geführt. Dieser vernichtete
durch Bluturteile jetzt seine demokratischen Gegner. Dazu gehörte vornehmlich
Danton.'

AUS DEM LEHRBUCH FÜR DEN POLITIK-UNTERRICHT:
'Alle wirtschaftlichen, sozial- und gesellschaftspolitischen Maßnahmen tragen
dazu bei, die freiheitliche politische Ordnung zu sichern. Auf diesem Gebiet
gibt es nicht Regelungen, die wie eine Verfassung bestimmte Bedingungen auf
Dauer festlegen. Hier wirkt die Dynamik der Politik, die in immer neuen
Auseinandersetzungen zwischen Gruppen, Ideen und in der Spannung zwischen
Frieden und sozialer Sicherung zu immer neuer Gestaltung führt. Die
Wirtschafts- und Sozialordnung ist neben den Verteidigungsmaßnahmen der
wichtigste Faktor der Sicherung der freiheitlichen und gerechten Ordnung.
Die Wirtschaftspolitik in den freiheitlichen Demokratien verfügt heute
theoretisch wie praktisch über ein Instrumentarium, das die kommunistischen
Hoffnungen auf einen Zusammenbruch hinfällig macht.'

Wem nützt es, wenn die Kinder erfahren, daß es den Arbeitern in der BRD so gut
geht wie nirgends, wo die Wirklichkeit ist, daß die Lohnsteuern seit 1969 um
18,4% zugenommen haben, daß die Werktätigen mittlerweile 2/3 des
Steueraufkommens tragen, daß die Mieten seit 1962 um 60% gestiegen sind, daß
die Preise allein im letzten Jahr um 5,8% über dem Stand des Vorjahres liegen,
daß das Weihnachtsgeld bei vielen Betrieben in NRW gekürzt wird. Wem nützt es
Kommilitonen, wenn die Kinder erfahren, daß Krisen ein für allemal vorbei sind,
wenn es die letzte gerade vor fünf Jahren gegeben hat mit Massenentlassungen,
wenn in der RAG bis 1973 50 000 Kumpel entlassen werden sollen?

Wem nützt es, wenn die armen Bauern Frankreichs, die Handwerker von Paris und
Lyon, die kleinbürgerlichen Intellektuellen, die den Feudalismus gestürzt und
dem König das Haupt abgeschlagen haben, als blutiger Mob bezeichnet werden, als
Feinde der Demokratie, wo sie doch gerade die Demokratie erkämpfen wollten, die
Gesellschaft der Gleichen? Wem nützt diese Verleumdung, wenn nicht denen, die
die Massen in dem Augenblick verraten haben, als sie selber an die Macht
gekommen waren, also der Bourgeoisie?

Wem nützt all das? Es nützt der Bourgeoisie, den Krauses und den Raus und
Girgensohn, den Brandt und Barzel, den Monopolen, denen nützt es zur Erhaltung
ihrer Diktatur über das Volk, ihrer FdGO gegen das Volk.

Sie werfen uns vor, Kommilitonen, wir würden die Politik in die Schulen
bringen, wir würden die Neutralität stören, wir würden mit unserer einseitigen
Polemik Unfrieden säen. Aber Kommilitonen, die Politik ist schon in der Schule
- die der Bourgeoisie nämlich, die Neutralität gibt es nicht in der Schule denn
die Bourgeoisie bezieht Stellung, sie trichtert ihren Geist den heranwachsenden
Menschen ein, es sind nicht wir Kommunisten, die den Unfrieden in die Welt und
in die Schulen gebracht haben, er ist schon drin, denn die Bourgeoisie hetzt
und zerstört, unterdrückt und beutet aus, treibt die Menschen gegeneinander,
zerreißt alle Bindungen, die Bourgeoisie, das kapitalistische System, das ist
der Unfrieden.

Lenin hat, nach den Problem der Schule im Kapitalismus befragt, folgendes
gesagt: 'Die alte Schule erklärte, daß sie die Schaffung eines allseitig
gebildeten Menschen bezwecke, daß sie die Wissenschaften im Allgemeinen lehre.
Wir wissen, daß dies durch und durch verlogen war, denn die ganze Gesellschaft
beruhte auf der Einteilung der Menschen in Klassen, in Ausbeuter und
Unterdrückte. es ist ganz natürlich, daß die ganze alte Schule, da sie
vollständig von Klassengeist durchsetzt war, nur den Kindern der Bourgeoisie
Kenntnisse verlieh. Jedes ihrer Worte war im Interesse der Bourgeoisie
gefälscht. Manche werfen uns vor, wir machten die Schule zu einer
Klassenschule, aber die Schule war seit ihrem Bestehen eine solche. Wir sagen,
auch unsere Schule muß eine Klassenschule sein, die jedoch ausschließlich das
Interesse der werktätigen Bevölkerung befolgen wird.'

Ich bin ein kommunistischer Lehrer. Ich kämpfe für die neue Schule, und d.h.
gegen die alte, gegen die der Krauses, Girgensohns und Raus. Ich kämpfe für die
Schule, in der die wirkliche Demokratie verwirklicht wird, die Demokratie der
Massen, für die Masse und durch die Masse.

Diese Demokratie ist der von Brandt und Barzel diametral entgegengesetzt.
Deshalb kämpfen sie gegen mich, gegen andere fortschrittliche Lehrer mit
Berufsverboten. Die vielgepriesene bürgerliche Freiheit hört da auf, wo sie für
die Bourgeoisie gefährlich wird. Die Gleichheit wird denen abgesprochen, die
sie als Ungleichheit entlarven, die wirkliche Gleichheit - und d.h. Sturz der
herrschenden Klasse als Hindernis jeder Gleichheit - fordern.

In ihren Maßnahmen wird die Schwäche der Bourgeoisie selbst deutlich, ihre
Ideologie verfängt bei Vielen nicht mehr. Deshalb: Berufsverbot. Deshalb:
Schweigepflicht. Deshalb: Anwendung von Ordnungs- und Strafrecht gleichzeitig!
Deshalb: Rauswurf aus Betrieben und Gewerkschaften, deshalb: Schwarze Listen!
Doch langfristig gesehen wird die Bourgeoisie unterliegen. Wo Kommunisten
arbeiten, werden sie die reaktionären Maßnahmen entlarven. Werden sie mittels
der Schweigepflicht aus den Gremien geworfen, wird daran der Charakter solcher
Organe deutlich gemacht, überzeugen sie mehr Menschen von der
Volksfeindlichkeit des Kapitalismus und reihen sie ein in die Kampffront.
Arbeiten Kommunisten als Lehrer, werden sie die Klassenwirklichkeit in die
Schulen tragen, werden sie aus dem Schuldienst entlassen, werden die Schüler
und Kollegen in die Abwehrkämpfe gegen diese Einschränkung der beruflichen
Rechte einbezogen, schließen sich die fortschrittlichen Menschen und
Kommunisten zusammen. Die Bourgeoisie mag sich drehen und wenden wie sie will:
DER STEIN, DEN SIE ERHEBEN, WIRD AUF IHRE EIGENEN FÜSSE FALLEN!'"

Der KSV berichtet zentral (vgl. 22.11.1972):"
SOLIDARITÄT MIT HANNES HEER!

Am 17.November, noch rechtzeitig vor der Wahl (BTW - vgl. 19.11.1972,d.Vf.),
suspendierte der Kölner Regierungspräsident Heydecke (SPD) den Genossen Hannes
Heer vom Schuldienst.

Der Gen. unterrichtete seit dem 1.Sept. dieses Jahres in der Gewerbeschule und
Fachoberschule (GS/FOS,d.VF.) der gewerblichen Bildungsanstalt Bonn in den
Fächern Deutsch und Geschichte. Ausgelöst wurde die Suspendierung durch eine
Pressekampagne, die die erzreaktionäre 'Bonner Rundschau' am 14.Nov. nach
Absprache mit den örtlichen CDU-Führern und BFdW-Bundessprecher  Scheuch
gestartet hatte. Die Bezirksregierung begründete die Suspendierung so: Ein
Mann, der wegen Körperverletzung, Landfriedensbruch und Nötigung angeklagt ist,
kann für die heranwachsenden jungen Menschen kein Vorbild sein. Richtig, Hannes
Heer ist als Aushängeschild der reaktionären Schulpolitik der
NRW-Bildungsminister Rau und Girgensohn untauglich, er ist kein Propagandist
des Reformismus, der Hetze gegen Kommunisten und andere fortschrittliche
Menschen, der militaristischen Erziehung und der weltweiten Ausbeutung und
Unterdrückung der Völker. Er infiziert die jungen Menschen nicht mit diesem
Gift, er ist kein Lakai der Bourgeoisie, sondern ihr entschiedener Gegner.

Hannes Heer stand schon zu Zeiten des SDS und der antiimperialistischen und
antifaschistischen Kämpfe der Studentenbewegung an der vordersten Front und war
Mitglied im Bundesvorstand des VDS. Wie viele andere fortschrittliche Studenten
hat er zunächst die Illusionen der Studentenbewegung geteilt, dann jedoch aus
den Rückschlägen und Entäuschungen gelernt.

Heute unterstützt er den Kampf der Arbeiterklasse, die Kommunistische Partei
Deutschlands und ihren Kommunistischen Studentenverband.

Wie bei vielen anderen Genossen aus der Studentenbewegung hat die Solidarität
breiter Teile der Studenten es verschiedene Male verhindert, daß Unibürokratie
oder Klassenjustiz den Genossen Hannes Heer kriminalisieren konnten."

Berichtet wird von Repressalien gegen Heer (vgl. 1967, 1968) und u.a. über die
Amnestie vom S2.*.1970 fortgefahren:"
Durch die 1970 ausgesprochene Amnestie versuchte die SPD/FDP-Regierung den -
wie sie meint - 'einsichtigen' Teilen der Studentenbewegung eine Brücke zurück
ins bürgerliche Leben zu bauen. Zwölf Verfahren gegen Hannes Heer wurden
eingestellt, aber die Rechnung ging wie bei vielen anderen fortschrittlichen
Studenten nicht auf. Nach der Auflösung des SDS trat der Genosse der DKP bei
(vgl. S2.**.196*,d.Vf.). Er glaubte damit, den notwendigen Bruch mit der
Studentenbewegung und ihren kleinbürgerlichen Vorstellungen ziehen zu können,
denn er sah - wie viele andere fortschrittliche Menschen auch - die DKP
zunächst als Partei der Arbeiterklasse an. Seine Erfahrungen als Mitglied
dieser Partei, besonders die Erfahrung, daß die DKP es mit dem
antifaschistischen und antiimperialistischen Kampf nicht ernst meint, belehrte
den Genossen eines Besseren.

Er trat 1969 (vgl. S2.**.1969,d.Vf.) aus der DKP wieder aus, weil diese Partei
nicht die Interessen der Arbeiterklasse vertritt, sondern schon damals - das
können wir heute klar benennen - die Interessen des sowjetischen
Sozialimperialismus über den revolutionären Kampf stellte.

Seitdem der KSV in Bonn seine Arbeit aufgenommen hat, kämpfte der Genosse Heer
an seiner Seite. So beim Besuch des japanischen Kriegsverbrecher Hirohito (vgl.
12.10.1971,d.Vf.), gegen die Versuche des reaktionären Satzungskonvents, die
Organe der verfaßten Studentenschaft zu liquidieren, gegen das Verbot, die ROTE
FAHNE (RF der KPD,d.Vf.) an der Uni zu verkaufen.

Die Bourgeoisie nahm die Entwicklung vom entschiedenen Antifaschisten zum
Kommunisten nicht leicht. Sie bombardierte Hannes Heer mit einer Fülle von
Angriffen und Anklagen, um ihn durch die exemplarische Bestrafung von den
fortschrittlichen Studenten, die wie Hannes Heer, vom Standpunkt des
entschiedenen Demokraten und Antifaschisten zum Standpunkt der Kommunisten
fortschreiten, einzuschüchtern und zur Umkehr zu zwingen. Der Rektor leitete
ein Ordnungsverfahren ein, mit der heuchlerischen Versicherung, bisher sei er
'von der Respektierung der freiheitlich demokratischen Grundordnung
(FdGO,d.Vf.) durch Hannes Heer' ausgegangen und sprach eine letztmalige
Verwarnung aus. Im gleichen Zug sorgte er dafür, daß dem Genossen ein
Graduierten-Stipendium entzogen wurde. Vor zwei Wochen (vgl. 30.10.1972,d.Vf.)
wurde eine allerletzte Verwarnung ausgesprochen. Grund: Hannes Heer hatte an
einem Teach-In teilgenommen, das gegen die Prozesse der Genossen Fritsche und
Weiland protestierte. Der Rektor verweigerte den Hörsaal, das Teach-In fand
deshalb davor statt. Der Rektor nannte die Teilnahme von Hannes Heer 'Besuch
einer vom Rektor verbotenen Veranstaltung'.

Parallel mit diesen recht behutsam und still in Szene gesetzten Angriffen läuft
seit einiger Zeit eine Kampagne in der 'Bonner Rundschau' und anderen Organen
der Bonner Presse, die lautere Töne anschlägt und das Gesamtkonzept endgültig
verrät. Der Genosse wird als gemeingefährlicher Schläger bezeichnet. So soll er
den Assistenten des Rektors bei einer Pressekonferenz aus Anlaß des Verbots des
ROTE-FAHNE-Verkaufs verletzt haben (vgl. S2.**.197*,d.Vf.). Hannes Heer befand
sich jedoch zur Zeit des Vorfalls in einem anderen Raum. In der letzten Woche
(vgl. 6.11.1972,d.Vf.) soll er den Oberdenunzianten des Rektor von einem
Teach-In mit Gewalt entfernt haben. Widerstandslos habe sich dieser abführen
lassen, denn 'Ich wollte doch nicht kaputtgeschlagen werden'. Der Genosse
Hannes Heer war zu dieser Zeit gar nicht mehr auf dem Teach-In!
Einmal zum Schläger abgestempelt, wird das Schreckensbild mit einigen kräftigen
Zügen vollendet: 'Hannes Heer findet schon seit Jahren kein Echo mehr... Die
sich aufsplitternde Linke an der Bonner Uni nimmt ihn nicht mehr ernst.'

Die Absicht ist klar: Die Reaktionäre aus Unibürokratie und Regierung und
Klassenjustiz haben die großen Solidaritätsaktionen der Bonner Studenten von
1967/1968 noch gut in Erinnerung. Ähnliche breite Solidarität und Unterstützung
für Hannes Heer wollen sie dieses Mal auf jeden Fall verhindern. Hierzu
versuchen sie, die Studenten mit dem Bild eines einzelgängerischen Chaoten,
eines isolierten Phantasten und Radaubruders zu demoralisieren. Sie
verschweigen bewußt den Zusammenhang zum KSV, ohne den der Kampf von Hannes
Heer im letzten Jahr nicht denkbar gewesen wäre, und der die Solidarität aller
fortschrittlichen Menschen gegen diesen neuerlichen Anschlag organisieren wird.
Hannes Heer ist nicht die einzige Zielscheibe für einen Feldzug der
Unibürokratie, Regierungen und der Klassenjustiz, der in den letzten Wochen und
Monaten immer breiteren Umfang und immer größere Schärfe annimmt.

In Bonn sind es die Prozesse gegen die Genossen Weiland und Fritsche (vgl.
S2.1*.1972, S2.1*.1972,d.Vf.), sowie teilweise über zehn Verfahren gegen
weitere fünf Genossen. In Lüneburg (vgl. Nov. 1972,d.Vf.) und München (vgl.
Nov. 1972,d.Vf.) laufen Prozesse wegen Hausfriedensbruch und Nötigung. In
Westberlin (vgl. Nov. 1972,d.Vf.) sind jetzt weitere Prozesse gegen Teilnehmer
von Agitationskollektiven eingeleitet worden. Aber auch in Frankfurt (vgl.
19.10.1972,d.Vf.), Heidelberg (vgl. 16.11.1972,d.Vf.), Göttingen (vgl.
15.11.1972) und anderen Hochschulorten sind Prozesse gegen fortschrittliche
Studenten eingeleitet, Polizeitruppen auf den Campus gejagt und politische
Disziplinierungsmaßnahmen verfügt worden.

Die Konterrevolution greift sich die aktivsten, breiten Teilen der Studenten
bekannten kommunistischen und fortschrittlichen Studenten heraus, sie erhebt
Anklagen gegen sie, die sich auf Denunziationen von reaktionären Professoren,
meist Mitgliedern oder Parteigängern des BFdW, auf Lügen und Meineide von
Acht-Groschen-Jungs offen reaktionärer Studentenorganisationen, aber, wie das
Beispiel des MSB- und DKP-Mitgliedes Ingo Thiee (vgl. 13.11.1972,d.Vf.)
beweist, auch revisionistischer Organisationen stützen. Die Genossen sollen als
Kriminelle überführt und abgestempelt werden. Auf diese Weise sollen dann die
Organisationen, denen sie angehören oder die sie unterstützen, als kriminelle
Vereinigungen abgestempelt, von den Studentenmassen isoliert und schließlich
verboten werden. Aber es geht der Konterrevolution nicht nur um die
Illegalisierung und Verleumdung der kommunistischen und sozialistischen
Organisationen: Gleichzeitig sollen alle Aktionen wie z.B. die Kämpfe der
Studenten in NRW und Baden-Württemberg gegen die Zerschlagung der Verfaßten
Studentenschaft (VS,d.Vf.) als Massenbewegungen verleumdet werden, die von
Kriminellen ange- (führt werden.,d.Vf.)

Das ist die konterrevolutionäre und zutiefst undemokratische Logik dieser Welle
von Prozessen gegen einzelne Genossen wie Hannes Heer.

Bisher hat die Klassenjustiz meist Genossen vor ihre Schranken gezerrt, die an
ihrem Institut, an ihrer Hochschule den Studenten bekannt waren und mit deren
Unterstützung rechnen konnten. Hierdurch ist es ihr bisher meist noch gelungen,
die Auseinandersetzung mit den widerstandswilligen Studenten auf die
verschiedenen Hochschulen zu beschränken, die Wogen der Empörung nicht allzu
hoch schlagen zu lassen. Damit die Rechnung der Gerichte und der Regierungen
nicht aufgeht, damit sich die einzelnen, mehr oder minder schweren Anklagen
nicht nach und nach zu einem Mosaik zusammenfügen, das die fortschrittliche
Studentenbewegung und ihre Organisationen als kriminell und illegal darstellt,
ist es aber auch notwendig, die Wellen der Empörung und des Widerstandes gegen
die Kriminalisierungs-Taktik der Bourgeoisie hoch schlagen zu lassen!

Hannes Heer ist vielen Studenten, Assistenten, Professoren und Wissenschaftlern
in Bonn und in allen Hochschulstädten der BRD und Westberlins als ein
entschiedener Kämpfer und Verfechter der demokratischen Rechte des Volkes sowie
durch seine schriftstellerische Tätigkeit bekannt. Viele Studenten und
Intellektuelle haben gemeinsam mit ihm 1967/1968 wie heute gegen die
imperialistische Politik der SPD-Regierung und gegen einzelne reaktionäre
Maßnahmen wie den Hamburger Erlaß (Berufsverbote, BV - vgl. 23.11.1971,d.Vf.)
oder das Verbot des politischen Mandats der Asten gekämpft.

Ihrem gemeinsamen Kampf wird der Prozeß gemacht, indem Hannes Heer mit Berufung
gerade auf diesen Kampf von seinem Schuldienst suspendiert wird! Die breite
Solidarität und Unterstützung hat 1967/1968 die Rechnung der Unibürokratie und
Klassenjustiz durchkreuzt. Heute darf es nicht anders sein!

SOFORTIGE WIEDEREINSTELLUNG VON HANNES HEER IN DEN SCHULDIENST!
SCHLUSS MIT DER KRIMINALISIERUNG VON FORTSCHRITTLICHEN STUDENTEN!
KAMPF DER ILLAGALISIERUNG SOZIALISTISCHER UND KOMMUNISTISCHER ORGANISATIONEN!
WEG MIT DEM HAMBURGER ERLASS!
SOLIDARITÄT MIT HANNES HEER!"

Neben anderen Resolutionstexten (vgl. NRW 27.11.1972) wird bundesweit vom KSV
(vgl. 22.11.1972) und in NRW vom KOV auch der folgende verbreitet:"
SOFORTIGE WIEDEREINSTELLUNG VON HANNES HEER
SOLIDARITÄTSERKLÄRUNG

Ich verurteile die undemokratische und verleumderische Hetze gegen Hannes Heer,
wie sie von der bürgerlichen Presse, dem Bund Freiheit der Wissenschaft
(BFdW,d.Vf.), der Universitätsbürokratie, von Regierungsstellen und Gerichten
betrieben wird.

Ich verurteile die Versuche der Universitätsbürokratie und der Justiz, Anklagen
gegen fortschrittliche Studenten und Intellektuelle aus den Verleumdungen,
Lügen und Meineiden reaktionärer Universitätsangehöriger und Spitzel zu
konstruieren.

Ich verurteile die Kriminalisierungsversuche gegenüber fortschrittlichen
Studenten und Intellektuellen und fordere deshalb:
- die sofortige Wiedereinstellung von Hannes Heer in den Schuldienst,
- die Beendigung der Kriminalisierung gegen fortschrittlichen Studenten und
Intellektuellen
- und die Aufhebung des Hamburger Erlasses und der gegen fortschrittliche
Lehrer gerichteten Innenminister-Beschlüsse."

Diesen Text verbreitet auch die Zelle des KSV der KPD an der PH Dortmund (vgl.
27.11.1972), die aufruft:"
SOLIDARITÄT MIT HANNES HEER!

Am 17.November, gerade noch rechtzeitig vor der Wahl, suspendierte der Kölner
Regierungspräsident Heydecke (SPD) den Genossen Hannes Heer vom Schuldienst.
Hannes Heer unterrichtete seit dem 1.9.1972 in der Gewerbe- und Fachoberschule
der gewerblichen Bildungsanstalt Bonn in den Fächern Deutsch und Geschichte.
Ausgelöst wurde die Suspendierung durch eine Pressekampagne, die die
erzreaktionäre 'Bonner Rundschsau' nach Absprache mit den örtlichen CDU-Führern
und BFdW-Bundessprecher Scheuch gestartet hatte.

Die Bezirksregierung begründet die Suspendierung so: ein Mann, der wegen
Körperverletzung, Landesfriedensbruch und Nötigung angeklagt ist, kann für die
heranwachsenden jungen Menschen kein Vorbild sein. Richtig, Hannes Heer ist als
Aushängeschild der NRW-Bildungsminister Rau und Girgensohn untauglich, er ist
kein Propagandist des Reformismus, der Hetze gegen Kommunisten und andere
fortschrittliche Menschen, der militaristischen Erziehung und der weltweiten
Ausbeutung und Unterdrückung der Völker. Er infiziert die Schüler nicht mit
diesem Gift, er ist kein Lakai der Bourgeoisie, sondern ihr entschiedener
Gegner. Er ist vielmehr vielen Studenten, Professoren und Wissenschaftlern in
Bonn und in allen Hochschulstädten der BRD und Westberlin als ein entschiedener
Kämpfer und Verfechter der demokratischen Rechte des Volkes sowie durch seine
schriftstellerische Tätigkeit bekannt. Viele Studenten und Intellektuelle haben
gemeinsam mit ihm 1967/1968 wie heute gegen die imperialistische Politik der
SPD/FDP Regierung und gegen einzelne reaktionäre Maßnahmen wie gegen den
Hamburger Erlaß oder das Verbot des politischen Mandats der Asten gekämpft.
Ihrem gemeinsamen Kampf wird der Prozeß gemacht, indem Hannes Heer mit Berufung
gerade auf diesen Kampf vom Schuldienst suspendiert wird! Die breite
Solidarität und Unterstützung hat 1967/1968 die ersten Versuche von
Unibürokratie und Klassenjustiz, den Genossen zu kriminalisieren, durchkreuzt.
Heute darf es nicht anders sein!

SOFORTIGE WIEDEREINSTELLUNG VON HANNES HEER IN DEN SCHULDIENST!
SCHLUSS MIT DER KRIMINALISIERUNG VON FORTSCHRITTLICHEN STUDENTEN!
KAMPF DER ILLEGALISIERUNG SOZIALISTISCHER UND KOMMUNISTISCHER ORGANISATIONEN!
WEG MIT DEM HAMBURGER ERLASS!
SOLIDARITÄT MIT HANNES HEER!"
=Kommunistische Studentenpresse PH Dortmund Nr.2,Dortmund Nov. 1972,S.16;
Schulkampf-NRW Einlage Nr.3,o.O. o.J. (Dez. 1972),S.1f und 7;
KSV-RK NRW:Kommt zu den Tribunalen gegen die politische Disziplinierung,o.O.
o.J. (Nov. 1972);
KSV-RK NRW:Androhung des Berufsverbots für Hannes Heer,o.O. o.J. (Nov. 1972);
Dem Volke dienen Nr.3,Dortmund 22.11.1972,S.1f

23.11.1972: 
An der Uni Bonn will der KSV der KPD um 14 Uhr im Hörsaal 17 eine
Protestveranstaltung gegen das Berufsverbot (BV) gegen Hannes Heer in Bonn
(vgl. 17.11.1972) durchführen.
=KSV-RK NRW:Androhung des Berufsverbots für Hannes Heer,o.O. o.J. (Nov. 1972)

28.11.1972: 
An der Uni Bonn will der KSV der KPD um 20 Uhr ein Tribunal gegen die
politischen Disziplinierungen anläßlich des Berufsverbotes (BV) gegen Hannes
Heer in Bonn (vgl. 17.11.1972) durchführen, auf dem Heer selbst, die in Bonn
"vom Ausschluß aus der Inneren Fakultät bedrohte Genossin" Doris Hommer und ein
oppositioneller Gewerkschafter sprechen sollen.
=KSV-RK NRW:Kommt zu den Tribunalen gegen die politische Disziplinierung,o.O.
o.J. (Nov. 1972);
KSV-RK NRW:Androhung des Berufsverbots für Hannes Heer,o.O. o.J. (Nov. 1972)

29.11.1972: 
An der PH Bonn will der KSV der KPD um 14 Uhr ein Tribunal gegen die
politischen Disziplinierungen anläßlich des Berufsverbotes (BV) gegen Hannes
Heer in Bonn (vgl. 17.11.1972) durchführen, auf dem Heer selbst, die in Bonn
"vom Ausschluß aus der Inneren Fakultät bedrohte Genossin" Doris Hommer und ein
oppositioneller Gewerkschafter sprechen sollen.
=KSV-RK NRW:Kommt zu den Tribunalen gegen die politische Disziplinierung,o.O.
o.J. (Nov. 1972);
KSV-RK NRW:Androhung des Berufsverbots für Hannes Heer,o.O. o.J. (Nov. 1972)

16.12.1972: 
In Bonn demonstrieren, laut und mit KPD, fast 200 gegen das Einreiseverbot
für die FNL Vietnam.
=Rote Fahne Nr.74/75,Dortmund 20.12.1972

19.12.1972: 
In Bonn wird, laut KPD, aus einer Vietnamveranstaltung der VAs des NVK der
KPD in der Uni heraus eine spontane Demonstration gebildet, die u.a. in die
Innenstadt zu IBM führt.
Von den Polizeiangriffen berichten auch die Vietnamausschüsse (VA) Dortmund.
=VAs Dortmund:Sofortige Unterzeichnung des 9-Punkteabkommens durch die
USA-Regierung,Dortmund o.J. (Jan. 1973),S.2;
Rote Fahne Nr.74/75 und 1,Dortmund 20.12.1972 bzw. 3.1.1973

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