Im März 1977 geben die Ortsgruppe Köln der Roten Hilfe und die Ortsleitung Köln der KPD die Broschüre "Gesinnungsjustiz am Appellhofplatz. Prozessberichte, schriftliche Urteilsbegründungen, Zeugenaussagen, Tagespresse, Anklageschriftenauszüge" heraus. Sie wendet sich gegen die sog. "Gesinnungsjustiz", deren Resultate "in immer mehr Fällen nicht nur Verlust des Arbeitsplatzes und der Möglichkeit der Ausübung des Berufes, sondern Entzug jeder Bewegungsfreiheit durch langjährige Gefängnisstrafen" seien.
In Köln gehe es jetzt um "vier türkische Revolutionäre", die "fast zwei Jahre im Gefängnis sitzen, weil sie marxistisch-leninistische Literatur studiert" hätten". Hingewiesen wird auf den "Kommunistenprozess zu Köln", in dem vor 125 Jahren Mitglieder des "Bundes der Kommunisten" verurteilt worden waren.
16.03.1977:
Es erscheint, von der OG Köln der Roten Hilfe und der Ortsleitung Köln der KPD herausgegeben, die Broschüre: "Gesinnungsjustiz am Appellhofplatz. Prozessberichte, schriftliche Urteilsbegründungen, Zeugenaussagen, Tagespresse, Anklageschriftenauszüge". Sie trägt zudem die Parole: "Gegen politische Unterdrückung in beiden deutschen Staaten! Aktionseinheit von Demokraten und Kommunisten!"
In der Broschüre geht es um vier in Köln einsitzende "türkische Revolutionäre". Dazu zieht man den Vergleich zu dem sog. "Kommunistenprozess zu Köln" (1852), in dem Mitglieder des "Bundes der Kommunisten" verurteilt worden waren. In der Vorbemerkung heißt es u. a.: "Die hier vorliegende Broschüre hat die Aufgabe, einen Teil des ganzen Ausmaßes Kölner Gesinnungsjustiz an einigen Prozessen, Auszügen aus schriftlichen Urteilen zu erhellen und die Nachrichtensperre, wie sie durch die bürgerliche Presse, wie Stadtanzeiger und Express praktiziert wird, zu durchbrechen und die demokratisch denkenden Menschen aufzurütteln und zu veranlassen, gemeinsam gegen die praktizierte Gesinnungsjustiz und Pressezensur vorzugehen.
Gleichzeitig dokumentieren wir in dieser Dokumentation Fälle politischer Gesinnungsjustiz im anderen Teil Deutschlands, in der DDR. Damit verfolgen wir das Ziel, darauf hinzuweisen, dass die politische Entrechtung der Volksmassen in der DDR Wirklichkeit ist, sogar noch die Verhältnisse in der BRD übertrifft. Wir wollen mit der Dokumentation solcher Fälle unsere Ansicht unterstreichen, dass Demokraten in Deutschland das Wort des Protests erheben müssen gegen die politische Unterdrückung in beiden deutschen Staaten! Wir rufen alle demokratisch denkenden Menschen und Organisationen auf, sich an der Vorbereitung eines Tribunals gegen die Gesinnungsjustiz in Köln aus Anlass der 125jährigen Wiederkehr der Verurteilung im Kommunistenprozeß zu Köln zu beteiligen.
Das Tribunal und seine Vorbereitung können und müssen ein Beitrag sein, die vorhandene Bewegung gegen die politische Unterdrückung, gegen Berufsverbote, politische Entlassungen und Gewerkschaftsausschlüsse zu verbreitern und besonders dem Terror der Gesinnungsjustiz, der Aburteilung und Inhaftierung von Demokraten und Kommunisten entgegenzutreten.
Mit der Herausgabe dieser Dokumentation verfolgen wir damit gleichzeitig das Ziel, sowohl die Notwendigkeit des Zusammenschlusses von Demokraten und Kommunisten gegen die politische Entrechtung in Deutschland zu unterstreichen, als auch direkt einen Beitrag zu diesem Zusammenschluß zu leisten. Rote Hilfe Ortsgruppe Köln, KPD Ortsleitung Köln".
Inhalt der Broschüre:
- "Vorwort"
- "Der Kölner 'Antifaschistenprozess' 1973; Richter: Somoskoey, Urteil: Gefängnis"
- "Prozess gegen Faschisten der 'Aktion Widerstand' 1976; Richter: Solbach, Urteil: Freispruch bezw. Bewährung"
- "Prozess gegen 4 türkische Patrioten 1975/76; Richter: Somoskoey; Urteil: Gefängnis"
- "Freispruch für Mörder an zwei türkischen Arbeitern 1976; Richter: Somoskoey"
- "Hohe-Straße-Prozess gegen Betriebsrat und KPD-Mitglied Uwe Carstensen und andere. 1976; Richter: Feuerherd, Urteil: Gefängnis"
- "7 Monate Gefängnis wegen Durchführung einer Kundgebung. Verurteilter: Werner Heuler, Mitglied des Ständigen Ausschuß des ZK der KPD 1976; Richter: Kaumanns"
- "Richter Panzer in Aktion. 1976; Urteil: 18 Monate Gefängnis"
- "Presseprozess gegen Willi Jasper, Chefredakteur der ROTEN FAHNE, Zentralorgan der KPD"
- "Beispiele politischer Gesinnungsjustiz in der DDR"
- "Verurteilung wegen Protests gegen den Einmarsch in die CSSR"
- "Günther Lipsius"
- "Siegmar Faust, Schriftsteller"
- "Opposition als Geisteskrankheit"
- "Für die Aktionseinheit von Demokraten und Kommunisten; Stellungnahme der KPD/Ortsleitung Köln"
- "Ist die Gesinnungsjustiz in Köln etwa eine besondere lokale Erscheinung? Sind CDU-Reaktionäre, sind Leute wie Richter Somoskeoy oder Statsanwalt Bellinghausen die Drahtzieher politischer Entrechtung im Gegensatz zur SPD?"
- "Worin liegt die Ursache der rapiden politischen Entrechtung in der BRD?"
- "Kann man sich im demokratischen Kampf nicht doch erst einmal auf die BRD beschränken?"
- "Kann man mit Aussicht auf Erfolg gegen die politische Unterdrückung in Deutschland kämpfen?"
- "Kann man sich auch mit der DKP zusammenschließen, wenn es um die Verteidigung demokratischer Grundrechte geht?"
- "Aber ist die Einheitsfrontpolitik nicht doch nur ein Manöver der Kommunisten?"
- "Lohnt es sich überhaupt mit den Kommunisten zusammenzugehen? Sie sind doch eine unbedeutende Kraft"
- "Für die Aktionseinheit von Demokraten und Kommunisten!"
Aufgerufen wird dazu, für den "Rechtshilfefonds" zu spenden. Anzeigen werden geschaltet für die "Rote Fahne" und die "Rote Hilfe".
Quelle: Rote Hilfe OG Köln/KPD OL Köln: Gesinnungsjustiz am Appellhofplatz. Prozessberichte, schriftliche Urteilsbegründungen, Zeugenaussagen, Tagespresse, Anklageschriftenauszüge, Köln, 16. März 1977.
Letzte Änderung: 04.11.2019