Kommunist - Zeitung der DKP-Hochschulgruppe Münster, Jg. 1, Nr. 3, Nov. 1970

November 1970:
Die DKP Hochschulgruppe Münster gibt ihren 'Kommunist' Nr. 3 (vgl. Okt. 1970, Dez. 1970) heraus. Im Leitartikel "Aufgaben studentischer Politik in diesem Semester" heißt es u.a.:"
Seit mehr als einem Jahr versucht der RCDS-AStA (RCDS der CDU, d.Vf.) den Anschein zu erwecken, er vertrete studentische Interessen. Seit mehr als einem Jahr kämpfen die fortschrittlichen Studenten nicht nur gegen eine den Monopolinteressen dienende Kultusbürokratie, gegen einen seinem Amt nicht gewachsenen Rektor und gegen rückschrittliche Professoren, welche die Universität wieder auf das Jahr 1900 programmieren wollen. Die Studenten mußten auch gegen ihre eigenen 'Interessenvertreter' Front beziehen, da es dem RCDS-AStA gelang, durch Mauschelpolitik und undurchsichtige Abmachungen eine Univerfassung 'mitzugestalten', die mit dem Plazet des Kultusministeriums (KuMi, d.Vf.) einen Meilenstein auf dem Weg in die Vergangenheit darstellt."

Mit der KPD/ML-ZB befaßt sich ein Leserbrief von Michael Duziak zum Artikel "Die UNI-ML und ihre 'ideologische Führung' die KPD/ML" im letzten 'Kommunist' (vgl. Okt. 1970):"
1. wenn Genosse Mies schon im Zusammenhang mit der 'antimonopolistischen Bündnispolitik' den Genossen Dimitroff erwähnt, so muß festgehalten werden, daß dieser unter Einheitsfront die 'breite Mobilisierung und Vereinigung der Massen VON UNTEN, in den Betrieben rings um die Einheitsfrontorgane, die von den Massen selbst geschaffen worden sind', verstand. Dimitroff warnte ausdrücklich davor, 'die prinzipiellen Unterschiede zwischen unserer und der sozialdemokratischen Ideologie zu verkleistern' (Ausgewählte Schriften II, Berlin 1958, S. 50f) und stellte den proletarischen Einheitsfrontcharakter sowie die Notwendigkeit des ideologischen Kampfes gegen die Sozialdemokratie klar heraus. Derartige 'Differenzierungen' treten bei R. Steigerwald schon gar nicht mehr auf, wenn er vor dem Essener Parteitag der DKP sagt: 'Wenn wir es nicht schaffen in diesem Lande das gemeinsame oder wenigstens parallele Handeln von Kommunisten und Sozialdemokraten zu erreichen, dann werden wir keine einzige wirklich grundsätzliche Veränderung hier schaffen.' (Protokoll S.130f).

2. Die Frage nach der 'wirklich grundsätzlichen' Veränderung ist, wenn nicht damit die Frage: bürgerlicher oder proletarischer Staat? gestellt wird, immer die Frage nach systemimmanenter Veränderung. Wer hier die antifaschistisch-demokratische Revolution in der DDR als Perspektive angibt und außer acht läßt, daß sie nur gelingen konnte unter den Bedingungen des faktisch sozialistischen Machtmonopols der Roten Armee, während der bürgerliche Staat der BRD mit seinem Beamten-, Justiz-, Polizei- und Militärapparat auch unter dem SPD-Regime Waffe der Bourgeoisie und Mittel zur Niederhaltung der Werktätigen ist und bleibt, der bleibt entweder inkonsequent und mißachtet die Erfahrungen in Griechenland, in Italien (SIFAR-Affäre), in Indonesien usw., oder er ist dem platten Kautskyanertum aufgesessen. Beide Haltungen schwächen die Schlagkraft der Arbeiterbewegung.

3. Innerhalb des 'antimonopolistischen Bündnisses' hat bei Mies nicht nur die SPD global Platz, die majoritär den Notstandsgesetzen zustimmte, sondern auch etwa die 'nichtmonopolistische Industrie', also kleinbürgerliche Betriebe, in denen, wie bereits Lenin bemerkte, die Ausbeutung besonders verschärft ist -, das Kleinbürgertum, das Handwerk. Daß diese Schichten zur Hauptstütze des Faschismus in seiner Aufstiegsphase wurden, ist für Mies lediglich eine Frage der Demagogie. Das erscheint mir beispielhaft für die ideologische Verworrenheit mit der die DKP strategische Fragen zu lösen versucht. Vom Standpunkt einer so weitgestreckten, nahezu klassenindifferenten und obendrein noch von gefährlichen Illusionen Bündnispolitik, die von möglichst allen Teilen des Volkes - von der Handvoll Monopolkapitalisten einmal abgesehen - akzeptiert werden soll, und die in ihrer minimalistischen Konsequenz die politischen Interessen der Werktätigen nicht einmal mehr über die gewerkschaftliche Tagespolitik hinaus formuliert und vertritt, muß natürlich eine marxistisch-leninistische Politik, die vom Proletariat her im Sinne Dimitroffs definiert wird, dogmatisch und linkssektiererisch erscheinen. Was wiederum nicht heißen soll, daß KPD/ML und UNI-ML frei von sektiererischen und voluntaristischen Zügen seien, was ihre praktische Arbeit betrifft - wer allerdings ihre Presse verfolgt, wird auch deren fortlaufende Korrektur nicht übersehen können."

Für die DKP Hochschulgruppe antwortet Thomas Mies:"
Die linksradikalen Kritiker der DKP haben ein merkwürdiges Verhältnis zur theoretischen Tradition der Arbeiterbewegung. Dabei liegt ihnen der VII. Weltkongreß der Kommunistischen Internationale mit seinen weitreichenden Konsequenzen für die Strategie und Taktik der Arbeiterbewegung und seiner entschlossenen Frontstellung gegen jegliches Sektierertum besonders schwer im Magen. der Genosse Dudziak hat dies in seinem Leserbrief leider wieder unter Beweis gestellt. Meinen Hinweis auf die Rede von Dimitroff auf diesem Kongreß beantwortet er mit einem Zitat desselben Autors aus einem Prawda-Artikel von 1934. Bewiesen werden soll damit, daß Dimitroff ähnlich wie die Linksradikalen zwar für die Einheitsfront an der Basis plädiert, Abkommen auf höheren Leitungsebenen zwischen der Kommunistischen Partei und der Sozialdemokratischen Partei aber abgelehnt habe. Dagegen der Genosse Dimitroff in seiner Rede auf dem VII. Weltkongreß: 'Um jedoch die Arbeiter auf dem Weg zur Aktionseinheit zu führen, muß man gleichzeitig sowohl kurzfristige als auch langfristige Abkommen über gemeinsame Aktionen mit den sozialdemokratischen Parteien, reformistischen Gewerkschaften und anderen Organisationen der Werktätigen gegen die Klassenfeinde des Proletariats anstreben.' (Dimitroff, Ausgewählte Werke, Bd.II, S. 556). Vergleiche auch seine Ausführungen in der gleichen Rede über die Einheitsfronttaktik in Ländern mit sozialdemokratischen Regierungen. Ziel dieser Taktik muß selbstverständlich die breite Mobilisierung der organisierten und unorganisierten Arbeitermassen sein. Zur Einheitsfront führt nur das 'gemeinsame Handeln von Kommunisten und Sozialdemokraten' (Steigerwald). Um diese zu erreichen, ist sowohl die organisatorische und ideologische Eigenständigkeit der kommunistischen Partei als auch der Kampf gegen den Sozialdemokratismus als Ideologie der Arbeitsgemeinschaft mit dem Großkapital notwendig. Aktionseinheitspolitik ist nichts anderes als die beste Taktik im Kampf gegen den Rechtsopportunismus in der Arbeiterbewegung. Hätte der Genosse Dudziak doch das im Artikel angeführte Referat von Kurt Bachmann gelesen! Zur Frage des 'proletarischen Einheitsfrontcharakters' und der antimonopolistischen Bündnispolitik der DKP sei auf Dimitroff verwiesen:
'Man tut sich schwer eine größere politische Kurzsichtigkeit zu denken als die Prinzipien des Klassenkampfes der Politik der Volksfront gegenüberzustellen.' (Band III, S. 38) und 'Der Erfolg des gesamten Kampfes des Proletariats ist eng verbunden mit der Herstellung des Kampfbündnisses des Proletariats mit der werktätigen Bauernschaft und der Hauptmasse des städtischen Kleinbürgertums.' (Bd. II, S. 559) Was der Genosse Dudziak in Punkt 3 über die Affinität des städtischen Kleinbürgertums zum Faschismus ausführt, ist einigermaßen grotesk. Danach wäre der Faschismus der Ausdruck der objektiven Interessen diesr Schichten. In Wirklichkeit hat der Genosse Dudziak an dieser Stelle nur den historischen Materialismus als Methode der Klassenanalyse bravourös auf den Kopf gestellt. Aus der antifaschistisch-demokratischen Umwälzung in der DDR würde ich ganz andere Lehren ableiten, als mir der Genosse Dudziak unterschiebt. Wenn die SED unter den Bedingungen des 'faktisch sozialistischen Machtmonopols der Roten Armee' (Dudziak) es für notwendig hielt, BEVOR die sozialistische Revolution auf die Tagesordnung gesetzt werden konnte, eine antifaschistisch-demokratische Umwälzung durchzuführen, so ist das ein Hinweis auf die Notwendigkeit demokratischer Forderungen und der Herstellung eines möglichst breiten Bündnisses als Mittel, um die Massen an die sozialistische Revolution heranzuführen. Wer das nicht verstehen will, gesellt sich zu den Linksradikalen, die zwar prinzipienfest die Bedingungen einer erfolgreichen sozialistischen Revolution herzubeten wissen, sich aber für die 'Formen des Übergangs oder des Herankommens an die proletarische Revolution' (Lenin) nicht interessieren. 'Aber diese sektiererische 'Prinzipienfestigkeit' ist nichts anderes als politische Hilfslosigkeit gegenüber den Schwierigkeiten der unmittelbaren Leitung des Kampfes der Massen.' (Dimitroff, Bd.II, S. 615).

Aus den griechischen und indonesischen Erfahrungen lernen die kommunistischen Parteien übrigens nicht nur, daß der Klassenfeind grausam ist, sondern auch, wie verhängnisvoll Spaltertum und linksradikale Abenteuer sich auf das politische Kräfteverhältnis auswirken können. Von diesem allein hängt es ab, ob der Klassenfeind zum Mittel der Gewalt greifen kann oder nicht."

Im Artikel "Drei Abteilungen des internationalen Klassenkampfes" wird auf Theorien zur Dritten Welt, u.a. von Roger Garaudy, eingegangen. In "Organisation des Monopoleinflusses auf die Wissenschaft" befaßt man sich mit staatlichen Forschungsorganisation wie u.a. der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DGB), dem Wissenschaftsrat (WR) und der Fraunhofergesellschaft (FHG). Ein Artikel befaßt sich mit "Demokratische Reform und sozialistische Revolution unter den Bedingungen des staatsmonopolistischen Kapitalismus". Rezensiert wird Schöttler/Fahlre: Chinas Weg - Marxismus oder Maoismus.
Quelle: Kommunist Nr. 3, Münster Nov. 1970

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