NRW: 'SMV-Press'
Publikationsorgan der Schülermitverwaltung in Nordrhein-Westfalen / 'SMV-Ex-Press' (1971-1973)
Materialien zur Analyse von Opposition
Von Jürgen Schröder, Berlin, 18.10.2020
Es können hier nur wenige Ausgaben der 'SMV-Press', um deren Finanzierung es heftige Auseinandersetzungen gab, so daß diese dann als 'SMV-Ex-Press' erschien, vorgestellt oder erschlossen werden. Wir bitten um Ergänzungen.
Wir danken Dr. Bernd Rother und der Friedrich-Ebert-Stiftung Bonn für die Unterstützung.
Liste der als Scans vorhandenen Zeitungen
- SMV-Press - Publikationsorgan der Schülermitverwaltung in Nordrhein-Westfalen, Jg. 2, Nr. 4, Juni 1972
- SMV-Press - Publikationsorgan der Schülermitverwaltung in Nordrhein-Westfalen, Jg. 2, Nr. 5, Sept. 1972
Auszug aus der Datenbank "Materialien zur Analyse von Opposition" (MAO)
Dezember 1971:
In der Nr. 2 der nordrheinwestfälischen 'SMV-Press' wird u.a. berichtet über die Arbeit des Marxistischen Schülerbundes (MSB) Düsseldorf der DKP am dortigen Comeniusgymnasium und die Herausgabe der 'Solinger Schülerpresse' durch das Arbeitskollektiv Solinger Schüler (ASS).
Quelle: SMV-Press Nr. 2, Münster Dez. 1971
01.03.1972:
Die Landes-SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW (vgl. Juni 1972) berichtet unter der Überschrift "'Nicht nur schwarz, sondern tiefdunkelschwarz!' - Gefährdet das Bayerische Rundfunkgesetz die Pressefreiheit?" zunächst von den Wünschen Barzels nach Grundgesetzänderung, um DKP-Mitglieder mittels Berufsverbot aus dem öffentlichen Dienst entfernen zu können und fährt dann fort:"
In der gleichen Handlungsweise, wenn auch auf einem anderen Gebiet, verfuhr am 1.März die bayrische CSU, indem sie sich die am Aschermittwoch 1971 in Vilshofen ausgesprochenen Warnungen ihres Vorsitzenden Franz Josef Strauß 'vor einer roten Unterwanderung in Funk und Fernsehen' zu Herzen nahm, und in einem Schnellgesetzverfahren mit ihrer absoluten Mehrheit im bayrischen Landtag ein neues bayrisches Rundfunkgesetz verabschiedete. Dieses Gesetz eröffnet der CSU nach Ansicht des 'Bürgerkomitees Rundfunkfreiheit' endlich die Möglichkeit, 'den Bayerischen Rundfunk parteipolitischen Zwecken dienstbar zu machen' und auf diese Weise das damalige Versprechen ihres Chefs einzulösen, eine medienpolitische 'Wende' herbeizuführen. Laut 'Bayernkurier' war dies auch bereits höchste Zeit, denn das Propagandablatt von Strauß hatte schon, auf Grund der unkonventionellen Programme des Leiters der Hauptabteilung 'Bayern' BR, Josef Zöller, zuweilen den Eindruck gehabt, 'aus Versehen einen ostzonalen Sender eingestellt zu haben.'
Nach der Verabschiedung dieses Gesetzes werden die Herren des 'Bayernkurier' nun wieder ohne jedweilige Befürchtungen den BR einschalten können, der mit 2 500 Mitarbeitern übrigens den mächtigsten kulturellen und publizistischen Arbeitgeber im weißblauen Freistaat darstellt. Denn auch nach Ansicht des langjährigen BR-Kommentators Johannes Gaitinedes, der einst für Adenauers West-Integration eintrat und heute freilich genauso entschieden für Brandts Neuordnung mit dem Osten ist, läßt dieses Gesetz den von Strauß geforderten 'grundlegenden Wandel im publizistischen Klima Bayerns befürchten'. Den besten Beweis für diese Hypothese stellt das Gesetz selbst dar: - Im Rundfunkrat sollen neben den ständischen Vertretern statt bisher neun künftig 21 Parteipolitiker sitzen, von denen nach derzeitigem Parlamentsproporz 13 der CSU angehören werden; - Verträge mit leitenden Angestellten der Münchner Anstalt sollen auf 5 Jahre befristet und vom Rundfunkrat in geheimer Sitzung (bisher vom Intendanten) ausgehandelt werden; - erleichterte Gegendarstellungs- und Beschwerdemöglichkeiten sollen die Laienkritik am Funk- und TV-Programm ermuntern.
'…KEINE ENGEL, SONDERN STRAUSSENS OFFIZIERE UND FUSSVOLK'
Ernst Müller-Meiningen jun., stellvertretender Rundfunkratsvorsitzender, sieht in dem Gesetz, das den BR grundlegend umkrempelt, 'einen Anreiz für Opportunismus und Mittelmaß und eine massive Gefährdung der journalistischen Unabhängigkeit', da das neue Rundfunkgesetz der CSU die Möglichkeit bietet, ihr allzu kritisch gegenüber stehende Journalisten entweder einer politischen Seelenmassage zu unterziehen oder gleich aus dem BR hinauszukatapultieren, denn die neuen CSU-Räte im Rundfunkrat, die über die Verlängerung oder Kündigung der 5-Jahres-Verträge mitbestimmen, sind ja, so Gaitinedes, 'keine Engel, sondern Straußens Offiziere und Fußvolk'.
F.J. Strauß, an dessen 'Integrität in seinem Vorgehen' jedem Bundesbürger, laut einem kürzlichen Urteil des Amtsgerichts München, Zweifel zuzubilligen sind, hat bereits einmal 1962 als Verteidigungsminister in der sogenannten 'Spiegel'-Affäre den Versuch unternommen, die Pressefreiheit zu untergraben."
Es folgt eine Darstellung der Affäre (vgl. 10.10.1962, Mai 1965) und fortgefahren wird:"
In einem späteren, vom Bundesverfassungsgericht (BVG, d.Vf.) gefällten sogenannten 'Spiegel-Urteil' wurden einige Grundsätze zur Funktion der Presse formuliert: 'Eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte Presse ist ein Wesenselement des freiheitlichen Staates. …Der zur politischen Entscheidung berufene Bürger soll umfassend orientiert sein, die Meinungen anderer kennen und gegeneinander abwägen.'
LÖWENTHAL ALS RUNDFUNKCHEF
Es ist jedoch höchst zweifelhaft, ob diese 'Grundsätze' zukünftig beim BR gewährleistet sind, nachdem das Rundfunkgesetz der in Bayern herrschenden Schicht die Möglichkeit bietet, einen noch stärkeren Einfluß als bisher auf den BR auszuüben und somit den 'zur politischen Entscheidung berufenen Bürger' durch einseitige Berichterstattung und Kommentation auch politisch zu beeinflussen. Aus diesem Grund hat das 'Bürgerkomitee Rundfunkfreiheit', das in dem Gesetz außerdem 'den Versuch' sieht, 'die in den letzten beiden Jahrzehnten gefestigte Rundfunk- und Fernsehfreiheit anzutasten', rund 90 000 Unterschriften gegen das Gesetz gesammelt. Nach dem Text des Volksbegehrens soll in das Gesetz ein Paragraph 'Rundfunkfreiheit' eingefügt werden, der die Zahl der Staatsvertreter im Rundfunkrat auf höchstens ein Drittel begrenzt und private Rundfunk- und Fernsehanstalten in Bayern ausschließt. Damit würde ein Teil des neuen Rundfunkrechts verfassungswidrig werden. Wenn sich mindestens 10 Prozent der bayrischen Wähler dem Begehren anschließen, muß es als Volksentscheid der Öffentlichkeit vorgelegt werden. Dadurch könnten zugleich Pläne durchkreuzt werden, die in Bayern kommerziell zu betreibende Hörfunk- und TV-Sender vorsehen. So hat z.B. der Schweizer Kaufmann Willi Maurer, Eigentümer der Spirituosenfirma 'Mampe', der Kaufladenkette 'Kaiser's-Kaffee-Geschäft' und der Waschpulverfirma 'Rei', schon vor einem Jahr deswegen in München eine 'Private Bayrische Rundfunk- und Fernseh-AG' gründen lassen, die sich seither 'in Wartestellung' befindet. Maurer betrachtet sie 'als Apfel, der allmählich reift und dann vom Baum fällt', worauf er nun zuversichtlich hoffen kann, denn die CSU, von der Reaktion der öffentlichen Meinung nur wenig beeindruckt, hat inzwischen die nächsten Marschetappen für die Herbeiführung der totalen medienpolitischen 'Wende' in einem 20seitigen Geheimpapier festgelegt: Danach soll als nächster Streich die Abkapslung vom bundesweiten ARD-Fernsehprogramm und Herstellung eines alpenländischen Verbundes durchgeführt werden. Außerdem: Genehmigung eines bayerischen Privatfunks, dem laut Franz Handlos, Abgeordneter im bayerischen Landtag, schon jetzt politisch 'nichts im Wege steht'.
Die Krönung dieser 'nicht nur schwarzen, sonder sogar tiefdunkelschwarzen' (Gaitinedes) Gesetzespläne der CSU stellt ein Vorschlag dar, der in der 2. Märzwoche vom CDU/CSU-Freundeskreis beim ZDF erörtert wurde, und der vorsieht, den ZDF-Magaziner Gerhard Löwenthal als künftigen Chef eines bayrischen Privatfunks vorzumerken."
In einem Kasten heißt es:"
In einem Interview der SMV-Press mit dem Bayrischen Staatsministerium für Bundesangelegenheiten äußerte sich der CSU-Landtagsabgeordnete Franz Handlos, der in seiner Fraktion zu den Rundfunkexperten gezählt wird, zum Bayrischen Rundfunkgesetz unter anderem wie folgt:
SMV-PRESS: War es, aus Ihrer Sicht, nicht ein Fehler der CSU, die öffentliche Meinung zu diesem Gesetz durch ein derartiges 'Schnellverfahren' zu übergehen?
HANDLOS: Das bayrische Parlament beschäftigte sich schwerpunktmäßig in den vergangenen Monaten zuerst mit der Gebietsreform und anschließend mit den Ostverträgen. Aus diesem Grunde verblieb für die Novelleirung des Bayerischen Rundfunkgesetzes nur mehr kurze Zeit, sollte es noch rechtzeitig zum 29. Februar 1972 in Kraft treten. Allen Beteiligten wäre es selbstverständlich lieber gewesen, wenn für diese 'Schnelleverfahren' mehr Zeit vorhanden gewesen wäre - aus den oben dargelegten Gründen war dies jedoch nicht möglich.
SMV-PRESS: Ist dieses Gesetz nicht der Versuch, die 'in den letzten beiden Jahrzehnten gefestigte Rundfunk- und Fernsehfreiheit anzutasten und den Bayerischen Rundfunk parteipolitischen Zwecken dienstbar zu machen' (Bürgerkomitee für das Volksbegehren)?
HANDLOS: Die CSU wollte mit diesem Gesetz in erster Linie eine Demokratisierung des Bayerischen Rundfunks herbeiführen. Dies geschah u.a. durch die Verankerung eines gesetzlichen Beschwerderechtes für den Hörer und Fernsehzuschauer sowie durch ein modifiziertes Gegendarstellungsrecht. Außerdem wurden für leitende Mitarbeiter beim Bayerischen Rundfunk die lebenslangen Verträge zu Gunsten von Fünfjahresverträgen abgeschafft, wie dies z.B. auch längst beim Westdeutschen Rundfunk, beim Norddeutschen Rundfunk oder beim Südwestfunk der Fall ist.
SMV-PRESS: Was wird nach Ihrer Meinung ein mögliches Volksbegehren gegen das Gesetz erreichen?
HANDLOS: Ein mögliches Volksbegehren wird, wie bereits oben betont, gegen das Gesetz noch nichts bewirken, weil sich dann erst ein Volksentscheid anschließen müßte. Außerdem ist das Volksbegehren primär gegen den Privatfunk gerichtet."
Q: SMV-Press Nr. 4, Münster Juni 1972, S. 2
07.03.1972:
Die Landes-SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet:"
BILDUNGSPOLITISCHE VORSTELLUNGEN DES DGB
Am 7.März 1972 hat der Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes die 'Bildungspolitischen Vorstellungen' des Gewerkschaftsbundes verabschiedet. Diese bildungspolitischen Vorstellungen schließen an an frühere Stellungnahmen des DGB, vor allem an das Grundsatzprogramm von 1963. Der DGB will in fortschrittlicher Bildungspolitik vor allem die Grundsätze von Chancengleichheit, sozialer Gerechtigkeit und Demokratisierung verwirklicht sehen. Im folgenden veröffentlicht die SMV-Press die Präambel und die vier 'Bildungspolitischen Grundsätze' des DGB aus seiner Stellungnahme zur Bildungspolitik.
'Das Bildungswesen in der Bundesrepublik Deutschland gehört zu den gesellschaftlichen Bereichen, in denen die Kluft zwischen der demokratischen Verfassung und der Verfassungswirklichkeit besonders deutlich wird. Eine ebensolche Distanz besteht zwischen den Ausbildungsinhalten und -formen und den Ausbildungsanforderungen einer hochindustrialisierten Gesellschaft, die sich nach den Auffassungen des DGB nach freiheitlich-demokratischen und sozialen Grundsätzen entwickeln soll. Wenn auch Fortschritte in dieser Entwicklung unverkennbar sind, so machen sich doch auch Gegenströmungen bemerkbar.
Der DGB geht davon aus, daß mehr Demokratie zwar nicht allein durch Bildung, aber ebensowenig ohne Hebung des allgemeinen Bildungsstandes erreichbar ist.
Der DGB fordert ein Bildungswesen, das Einsichten in gesellschaftliche Interessenkonflikte vermittelt und dazu befähigt, diese Konflikte in demokratischen Formen auszutragen. Dazu gehört auch, Interessen in Solidarität mit anderen zu vertreten.
Der DGB lehnt eine Bildungsreform ab, die lediglich eine rationellere Vermittlung ökonomisch verwertbaren Sachwissens anstrebt.
Der bestehende Bildungsnotstand in der Bundesrepublik benachteiligt in erster Linie die Kinder von Arbeitnehmern, die nicht in der Lage sind, die Mängel des öffentlichen Schulwesens durch familiäre Erziehung zu kompensieren.
Obwohl die gegebene Entwicklung der Produktivität gesellschaftliche Gleichberechtigung durch Bildung wie nie zuvor in der Geschichte möglich machen würde, wird der Notstand in den Bildungsverhältnissen immer bedrückender. darin wird offenbar, daß zwischen den Interessen der Gemeinschaft und den auf private Gewinnmaximierung ausgerichteten Interessen ein Widerspruch besteht. Dieser Widerspruch rechtfertig in zunehmendem Maß die Forderung des DGB nach Ausweitung des gemeinwirtschaftlichen Sektors.
Er fordert Vorrang für Bildungsinvestitionen durch die öffentlichen Haushalte. Er erkennt die wachsenden Folgelasten, die den öffentlichen Haushalten durch private Investitionsentscheidungen entstehen (Verkehrsmisere, Umweltverschmutzung) und sieht dadurch eine Tendenz zum Zurückstellen von Bildungsinvestitionen begünstigt. Er warnt davor, die Folgen einer solchen Politik für die Zukunftsentwicklung der Gesellschaft zu unterschätzen.
Durch das Einbeziehen gesellschaftlicher Forderungen will der DGB ein 'Mehr an Demokratie' anstreben. Er fordert seine Mitglieder auf, sich für die Verwirklichung dieses Zieles im Bildungsbereich einzusetzen.'
Aus dieser Präambel leitet der DGB-Bundesvorstand folgende vier Grundsätze für die Reform unseres Bildungswesen ab:
'1. Die Begabungen und Interessen von Jugendlichen und Erwachsenen aller Bevölkerungsschichten sind in allen Phasen eines integrierten Bildungssystems optimal zu fördern. Die Chancengleichheit der Geschlechter ist herzustellen.
2. Das Bildungsangebot muß durch Erziehung zur Kritikfähigkeit und Verantwortungsbereitschaft den einzelnen zur Kontrolle und Mitbestimmung bei politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen befähigen. Es muß die individuelle Lebensgestaltung bereichern.
3. Der Gegensatz zwischen allgemeiner und beruflicher Bildung ist sowohl in der Organisation als auch in den Lehrplänen der einzelnen Stufen und Zweige des Bildungswesens aufzuheben. Diese Zusammenfassung wird u.a. die geistige Beweglichkeit sichern und die Anpassung an berufliche veränderungen ermöglichen.
4. Die Bildungsforschung ist auszubauen und zu fördern; ihre Ergebnisse sind für die Bildungsplanung besser zu nutzen und in eine gesellschaftspolitische Strukturplanung einzubeziehen.'"
Q: SMV-Press Nr. 4, Münster Juni 1972, S. 3
11.04.1972:
Die Landes-SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet von den SMV-Finanzen (vgl. 9.5.1972):"
Bisher gab es keine genau fixierten Richtlinien darüber, wie und für welchen Zweck diese Mittel verwandt werden sollen. Aus diesem Grunde wurde November 1971 ein Ausschuß von seiten des Kultusministeriums (KuMi, d.Vf.) eingesetzt, in dem vertreter der Landes-SMV-Verbände, des Kultusministeriums und der mittelbewirtschaftenden Behörden (im Bereich der allgemeinbildenden Schulen hat das Schulkollegium in Münster diese Aufgabe übernommen) versuchten, Richtlinien und Regelungen für die Mittelverteilung und Abrechnung zu finden.
Die Vertreter der SMV waren natürlich von Anfang an darum bemüht, ein möglichst großes Maß an SELBSTÄNDIGKEIT UND EIGENVERANTWORTLICHKEIT zu erreichen. Diese Bestrebungen versuchten allerdings die Vertreter des Kultusministeriums einzudämmen, indem sie zum Beispiel forderten, daß die Ausgaben für Publikationen 10% des Gesamtetats nicht überschreiten dürften. Das hätte in der Praxis unter anderem die Einstellung des Erscheinens der SMV-Press bedeutet. Nach zähen Auseinandersetzungen einigte man sich aber dann schließlich darauf, von dieser Regelung abzusehen.
Auf der abschließenden Sitzung vom 11. April in Berchum kam die Kommission zu einer gemeinsamen Vorlage, in der auch definitiv geregelt werden sollte, daß das Kultusministerium jährlich 10% DES SMV-ETATS FÜR EIGENVERANSTALTUNGEN zurückbehalten kann. Dieser Vorschlag war für die SMV nicht neu, denn auch im letzten Jahr wurden von diesem Geld z.B. die Seminare des Schulkollegiums Münster für Schülersprecher und Schülerzeitungsredakteure damit finanziert…
Dieser Kommissionsentwurf wurde dann dem Kultusministerium umgehend zur schriftlichen Fixierung weitergeleitet."
Q: SMV-Press Nr. 4, Münster Juni 1972, S. 1
30.04.1972:
Die Landes-SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet:"
NEUER LANDESVORSTAND
Auf der Landesversammlung der SMV der allgemeinbildenden Schulen vom 30. April bis 2. Mai 1972 in Düsseldorf fanden wegen des Ausscheidens einiger Mitglieder (Abitur) Nachwahlen zum Vorstand statt.
Zum Öffentlichkeitsreferenten wurde Achim Tobias (Bonn), zum Innenreferenten Michael Moritz (Münster) und zum Finanzreferenten wurde Klaus Seseke (Dortmund) gewählt. Als neue Rechtsmittelreferenten wurden Alfons Peperhove und Rainer Supan gewählt, die die Arbeit von Ralf Ahorn fortsetzen wollen. Außerdem schieden Rainer Priggen, Gert Wittfeld und Stephan Hoppmann aus dem Landesvorstand aus."
Q: SMV-Press Nr. 4, Münster Juni 1972, S. 4
Mai 1972:
Die Landes-SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet vermutlich aus dem Mai über DLV bzw. DBB:"
SCHULE KEIN KAMPFFELD
Die klare Absage von Kultusminister Girgensohn an die Adresse radikaler Schülerbasisgruppen an manchen Schulen in Nordrhein-Westfalen ist vom Deutschen Lehrerverband Nordrhein-Westfalen begrüßt worden. Der Verband unterstützt Girgensohn in seinem Appell an die politischen Parteien, warnte aber nachdrücklich davor, die Schulen zum erweiterten Kampffeld für parteipolitische Auseinandersetzungen zu machen. Der deutsche Lehrerverband will außerdem vom Kultusminister mit allem Nachdruck eine klare Stellungnahme darüber haben, wie sich die aus Steuermitteln finanzierte Arbeit der 'Landesjugendpresse' (LJP, d.Vf.) mit der einseitigen Information im Sinne radikaler Gruppierungen und der eindeutigen Werbung und Unterstützung der Sozialistischen deutschen Arbeiter-Jugend (SDAJ der DKP, d.Vf.), der Jugendvertreter der Kommunistischen Partei vertägt.
AUS: DER DEUTSCHE BEAMTENBUND."
Q: SMV-Press Nr. 4, Münster Juni 1972, S. 4
Mai 1972:
Die Landes-SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet vermutlich aus dem Mai über die Haltung zu den Berufsverboten (BV) in der SPD:"
EXTREMISTENBESCHLUSS
Mit 62: 3 Stimmen hat die Landesdelegiertenkonferenz der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristen (AsJ) den 'Extremisten-Beschluß' der Ministerpräsidentenkonferenz verurteilt. Der Beschluß, heißt es in einer Resolution, 'eröffnet die Möglichkeit, unter Umgehung einer klaren Entscheidung zur Verfassungswidrigkeit einer Organisation, deren Mitglieder zu diskriminieren und Zweifel auf dem Rücken der einzelnen Mitglieder auszutragen'. Aus der bloßen Mitgliedschaft zu einer nicht verbotenen Partei oder Organisation dürfe man 'keine Vermutung zu Ungunsten des Bewerbers' für den öffentlichen Dienst ableiten."
Q: SMV-Press Nr. 4, Münster Juni 1972, S. 4
09.05.1972:
Die Landes-SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet von den SMV-Finanzen (vgl. 11.4.1972, Juni 1972):"
Am 9. Mai ging dann allen beteiligten Gruppen der 'ENTWURF DER RICHTLINIEN FÜR DIE VERTEILUNG, BEWIRTSCHAFTUNG UND ABRECHUNG DER ÜBERÖRTLICHEN SMV-MITTEL' zu. Darin FEHLTE aber zu unserer großen Überraschung die ZEHN-PROZENT-KLAUSEL FÜR DIE KM-EIGENVERANSTALTUNGEN. Zunächst glaubten die Vertreter der SMV an einen Irrtum; auch der Vertreter des Schulkollegiums in Münster, Herr Dr. Rhode, fand für das Fehlen dieser Regeleung keine Erklärung. Zwei tage später aber erwies sich dieser Irrtum aber als nichtig, denn ein Gespräch im Kultusministerium stellt klar, daß das Fehlen der Zehn-Prozent-Klausel beabsichtigt war. Auch die Begründung wurde unter der Hand gleich mitgeliefert: dies sei eine Antwort auf die zunehmende Unterwanderung der Landes-SMV durch 'Marxisten und Maoisten'.
In weiteren Gesprächen wurde Vertretern der Landes-SMV angeboten, eventuell Formulierungen wie 'EIN ANGEMESSENER BETRAG' ALS ERSATZ für die Zehn-Prozent-Klausel in die Richtlinien hereinzunehmen."
Q: SMV-Press Nr. 4, Münster Juni 1972, S. 1
Juni 1972:
In NRW gibt die Landes-SMV an allgemeinbildenden Schulen ihre 'SMV-Press' Nr. 4 (vgl. Dez. 1971, Sept. 1972) mit 4 Seiten DIN A 4 heraus. Herausgeber ist Martin Büse, neben dem verantwortlichen Redakteur Werner Pohlmann gehören auch Jörg Volmar und Achim Tobias der Redaktion an.
Zur Zusammensetzung der Redaktion heißt es:"
Redaktion intern:
Nach dem Ausscheiden von Gert Wittfeld trat Achim Tobias seine Nachfolge als Redakteur an. Achim Tobias - wohnhaft in Bonn - sieht sein Hauptbeobachtungsfeld in der Bildungspolitik auf Bundesebene. Er ist gleichzeitig auch Öffentlichkeitsreferrent des Landesvorstandes der SMV-NRW und wird somit auch versuchen, die Arbeit zwischen der Redaktion der SMV-Press und dem Landesvorstand zu koordinieren und abzustimmen.
Im Leitartikel heißt es:"
NACH VORLAGE DES RICHTLINIENENTWURFES DER SMV-FINANZEN:
NEUER RICHTLINIENENTWURF GEFÄHRDET UNABHÄNGIGE ARBEIT DER SMV IN NRW
ZEHN-PROZENT-KLAUSEL SOLL DURCH 'ANGEMESSENEN BETRAG' ERSETZT WERDEN
Der Schülermitverwaltung in Nordrhein-Westfalen stehen - laut Haushaltsplan des Landes NRW 1972 - 550 000 DM zur Verfügung. Diese Summe teilen sich der SMV-Verband der allgemeinbildenden Schulen und der berufsbildenden Schulen, so daß jeder Verband 275 000 DM zur Finanzierung der überörtlichen Arbeit verwenden kann. Zur überörtlichen Arbeit gehört sowohl die Arbeit in den SMV-Bezirken wie auch die der Landes-SMV; somit wird also auch die Herausgabe der SMV-Press im Wesentlichen durch diese öffentlichen Gelder ermöglicht. Wie diese Gelder verteilt, bewirtschaftet und abgerechnet werden sollen, das regeln verbindliche Richtlinien, die Anfang 1973 in Kraft treten."
Berichtet wird von der Erarbeitung des Entwurfes (vgl. 11.4.1972, 9.5.1972) und fortgefahren:"
Soweit also die Berichterstattung über diese wie wir meinen skandalösen Vorgänge im Kultusministerium. Denn es ist klar, daß durch das Fehlen der konkreten Zehn-Prozent-Klausel das Kultusministerium zu jeder Zeit die Finanzen 'für sich' beanspruchen kann und sie somit der SMV entzieht. Gründe gegenüber der Öffentlichkeit lassen sich sicherlich in dieser gerüchtefruchtbaren Atmosphäre schnell finden."
Mit dem selben Thema befaßt sich auch "Der aktuelle Kommentar" von Martin Büse:"
DIE HOFFNUNG WAR TRÜGERISCH
Nachdem man sich über sechs Monate mit den neuen Richtlinien in oft harten Verhandlungen auseinandergesetzt hatte, teilten alle an den Verhandlungen beteiligten Gruppen zum Schluß die - wie wir meinten - berechtigte Hoffnung, eine praktikable Lösung gefunden zu haben. Doch diese Hoffnung erwies sich in der letzten Woche als trügerisch. Denn nachdem die schriftliche Vorlage des Entwurfs seitens des Kultusministeriums allen Beteiligten zugegangen ist, mußte uns klar werden, daß alle Mühen umsonst gewesen sind.
Ein Entwurf, der durch das Fehlen der konkreten 10%-Klausel jederzeit die Sperrung oder Streichung der Gesamtmittel der Landes-SMV ermöglicht, ist für die SMV ebenso unannehmbar, wie der damit entstehende Verlust der Unabhängigkeit. Durch den Umweg über die Finanzen versucht man nun, nach progressiven Lehrern eine weitere progressive Gruppe, diesmal uns, die Schüler, politisch zu disziplinieren.
Es müßte jeden kritischen Beobachter beunruhigen, daß eine Landesregierung, die angibt, progressive Bildungspolitik betreiben zu wollen, dieses nur durch eine Entmündigung progressiver Gruppen erreichen kann.
Diese Entwicklung zeigt auch immer deutlicher, wie illusionär es ist, einerseits auf Mitbestimmung zu bauen und sie den Schülern als DEN großen Fortschritt bei der 'Demokratisierung der Schule' zu verkaufen, während andererseits die Kultusbürokratie darangeht, die Interessenvertretung der Schüler über die Hintertreppen der Finanzen politisch in den Griff zu bekommen.
Auch die Bemühung seitens des Kultusministeriums, die Publikation der Landes-SMV zu bremsen, paßt nicht recht in die offizielle politische Konzeption der SPD/FDP-Landesregierung. Ganz abgesehen von dem politischen 'Kuhhandel', den Vertreter des Kultusministeriums auf einer Kommissionssitzung in diesem Zusammenhang anboten (Anmerk. der Redaktion: Die Vertreter des KM schlugen vor, die Ausgaben des Publikationssektors der SMV gleichwertig mit den Mitteln für die KM-Eigenveranstaltungen anzuheben).
Es wird von Maßnahme zu Maßnahme schwerer, den politischen Konzeptionen der Parteien Glauben zu schenken, da die Praxis nur die Widersprüche und leider nur selten die Erfüllung der Pläne aufzeigt."
Ebenfalls zu diesem Thema erscheint folgende:"
LETZTE MELDUNG
MÜNSTER PLANT AKTIONEN
Wie wir kurz vor Drucklegung dieser Ausgabe noch erfahren haben, beabsichtigt der SMV-Bezirk Münster gegen den Richtlinienentwurf Maßnahmen zu ergreifen. Von einigen Schülersprechern war zu hören, daß ein befristeter Warnstreik noch vor den Sommerferien nicht ausgeschlossen werden kann. Zuvor fordern die Schülersprecher aber noch sachliche und umfassende Informationen über die Vorgänge in Düsseldorf seitens des Landesvorstandes.
Diese Maßnahmen laufen parallel zu Überlegungen, die auch in anderen Bezirken NRW's zur Zeit getroffen werden. Unter anderem werden aus dem Ruhrgebiet und aus Teilen des Rheinlandes 'Mißfallensäußerungen' zu dem Richtlinienentwurf registriert."
In einem weiteren Artikel, der vom bayrischen Rundfunkgesetz (vgl. 1.3.1972) berichtet, heißt es einleitend:"
'Billigt die Landesregierung eine Kampagne in der Nr. 2 der SMV-Press, mit dem Ziel, mehr linksradikale Lehrer in die Schulen zu bringen?' so lautete Punkt 3 der kleinen Anfrage 525 (vgl. S.2.*.1972, d.Vf.) dreier CDU-Abgeordnete im nordrhein-westfälischen Landtag. Die Herren störten sich an dem Artikel 'Einstellung nach Einstellung?' von Knut Hüller, in dem zwei Beispiele für die Diskriminierung angeblich 'linksradikaler' Lehramtsanwärter geschildert wurden, womit freilich zugleich indirekt die Ansicht des CDU/CSU-Kanzlerkandidaten und Fraktionsvorsitzenden Rainer Barzel kritisiert wurde, das Grundgesetz nach seinen Vorstellungen beliebig zu ändern: 'Wenn die bestehenden Rechtsgrundlagen nicht ausreichen sollten, die DKP-Mitglieder aus dem öffentlichen Dienst auszuschließen, ist die CDU/CSU bereit, gemeinsam mit anderen demokratischen Parteien diese Rechtsgrundlagen zu schaffen; hierbei muß auch eine Änderung des Grundgesetzes in Betracht gezogen werden.'"
Eingegangen wird bei diesem Themenkomplex auch auf die 'Spiegel-Affäre' (vgl. 10.10.1962, Mai 1965).
Abgedruckt werden Teile der Versetzungsordnung und der Richtlinien für die Prüfung von Nichtversetzten. Berichtet wird von den bildungspolitischen Vorstellungen des DGB (vgl. 7.3.1972), dem Deutschen Lehrerverband NRW (DLV - vgl. Mai 1972), dem Bildungsetat 1975 und der Haltung der ASJ NRW der SPD zu den Berufsverboten (BV - vgl. Mai 1972) sowie der eigenen Landesversammlung (vgl. 30.4.1972).
Es erscheint auch ein:"
BERICHT DER REDAKTION
Von 'Girgensohn-Exklusiv-Nummer' bis zu 'Girgensohnkult' reichten die Kommentare zur letzten Ausgabe der SMV-Press. Inoffizielle Stimmen des Schulkollegiums in Münster sprachen von einer harten Enttäuschung der wenigen progressiven Schüler im Lande, die diese Ausgabe hervorgerufen habe.
Nun, wie kam es zu dieser Ausgabe? Nachdem zur SMV-Press wiederholt in der letzten Zeit Anfragen im Landtag gestellt worden waren, sollte der Kultusminister dieses Landes nach unserer Meinung Gelegenheit bekommen, zu Artikeln der letzten Ausgaben Stellung zu nehmen.
Wie er aber nun diese Gelegenheit nutzte, das konnte und sollte keinem SMV-Press-Leser vorenthalten werden, so daß wir die Stellungnahmen ungekürzt veröffentlicht haben.
Wer aber dann erklärt, daß es ihm 'schwerfällt, die Verfasser in dieser Frage (Anm. d. Red: gemeint ist die Berichterstattung über den Beschluß der Ministerpräsidenten zur Frage der Beschäftigung verfassungsfeindlicher Kräfte im öffentlichen Dienst (BV, d.Vf.)) noch als ernstzunehmende Partner zu akzeptieren', d.h. also, wem es schwerfällt, Andersdenkende ernstzunehmen und zu akzeptieren, der disqualifiziert sich in Bezug auf sein Demokratieverständnis unserer Meinung nach selber. Auch andere Bemerkungen Girgensohns müssen als 'Schutzbehauptungen' angesehen werden. Vergleicht man sie mit der Kontroverse des Kultusministers mit dem Innenministerium, so stellt man fest, daß der Kultusminister dieses Landes sehr wohl die Gefahren sieht, die der Beschluß der Ministerpräsidenten vom 28.1.1972 zur Frage der Einstellung 'verfassungsfeindlicher Kräfte' in den öffentlichen Dienst mit sich bringt. Warum aber wird Girgensohn dann nicht auch in der Öffentlichkeit genauso deutlich, wie sein hessischer und niedersächsischer Kollege?
Wir haben die Gelegenheit zu klaren Stellungnahmen gegeben; daß diese Möglichkeiten nicht voll genutzt worden sind, bedauern wir sehr."
Es werden zwei Leserbriefe veröffentlicht. Im ersten, von dessen Autor(in) Name und Anschrift nur der Redaktion bekannt sind, heißt es:"
ANTWORT AN HERRN WILHELM MEIER
Zu der Empörung des Herrn Wilhelm Meier in der letzten Ausgabe der SMV-Press, daß 'in der Öffentlichkeit der Eindruck erweckt werde, als sei die ganze Schülerschaft' der Meinung der SMV-Press-Redaktion, meine ich, daß dieser 'Eindruck' gar nicht mal so schlecht ist, denn wessen Niveau und Gesprächstheme etwas über Bundesliga und über den üblichen Schulärger hinausgeht, der sich überdies auch nur kurz mit den herrschenden Kräften in der 'sozialen Marktwirtschaft' und somit auch den herrschenden Kräften in der 'freien Welt' beschäftigt hat, kommt zwangsläufig zur Meinung, daß diese herrschenden Kräfte eine herrschende KLASSE, nämlich die der Produktionsmittelbesitzer, sind und kommt also auch zur Meinung der SMV-Press-Redaktion. Daher ist auch Herrn Wilhelm Meiers Frage leicht zu beantworten: Die SMV-Press möchte gern die KRITISCHEN Schüler an unseren Pennen ansprechen und vertreten. Außerdem: der Grund dafür, daß die ganze Schülerschaft noch nicht dieser Meinung ist, liegt wohl an den Bildungsinhalten des heutigen Bildungssystems, das an fachlich gut ausgebildeten Schülern als Nachwuchs für die Industrie (nicht etwa, um jedem eine gute Allgemeinbildung zu gewähren) interessiert ist, nicht aber an solchen, die ihre Umwelt richtig erkennen, deuten und kritisieren können."
Der Leserbrief von Joachim Ibes aus Kerken lautet:"
EINE KLARE ANTWORT
Die Stellungnahme des Kultusministers Girgensohn beginnt wie mit einem Paukenschlag. Weil der Herr Kultusminister das Urteil der Kritiker des Ministerpräsidenten-Beschlusses nicht für richtig hält, sind sie für ihn keine 'ernst zu nehmenden Diskussionspartner'. Der Herr Kultusminister pocht auf den Wortlaut des Ministerpräsidenten-Beschlusses und meint damit wäre alles in Ordnung. Es geht nicht so sehr um den Wortlaut, sondern um seine Folgen. Den Schluß, daß dieser Beschluß faschistische Tendenzen enthalte, gewinnt man aus den Folgen, denn für wen diese Beschlüsse gemacht sind, erkennt man daran, daß der Anteil der Betroffenen, die unser System nicht verteidigen wollen, nämlich der Kommunisten und Sozialisten, sehr hoch ist.
Eine dem Kultusminister wohl unangenehme EINDEUTIGE Trennung zwischen Demokraten und Faschisten kann der Demokratie nur dienlich sein.
Auch unser so hoch geschätztes Wort 'radikal' darf nicht fehlen. Der Kultusminister soll froh sein, daß es überhaupt noch Leute gibt, die Probleme nicht durch Reformen verwaschen und verschleiern, sondern lösen wollen.
Ich hoffe, daß diese Antwort die Stellungnahme des Kultusministers verdeutlicht."
Ein letzter Artikel, der zu Auseinandersetzungen führen wird, befaßt sich mit der KDV:"
KRIEGSDIENSTVERWEIGERUNG
Die Zahl der Kriegsdienstverweigerer steigt in den letzten Jahren enorm an. Überall haben sich Gruppen gebildet, deren Ziel es ist, eine größtmögliche Anzahl von Jugendlichen zur Kriegsdienstverweigerung zu bewegen. Sie organisieren Diskussionsrunden, Anti-Kriegsfilmvorführungen, Kabarettveranstaltungen, Flugblattaktionen und bereiten Kriegsdienstverweigerer systematisch auf ihre Verfahren vor.
Sowohl die Aktivisten in diesen Gruppen als auch die Kriegsdienstverweigerer sind zum übergroßen Teil Gymnasiasten und Studenten.
Die Kriegsdienstverweigerer gehen davon aus, daß durch die Kriegsdienstverweigerung der Jugendliche 'bewußt' gemacht werden könne und so eine Massenbewegung von Kriegsdienstverweigerern entstehe, die auf friedlichem Wege gesellschaftliche veränderungen herbeiführen würden.
Die Kriegsdienstverweigerer sprechen sich gegen jede Art von Krieg und Gewalt aus. Ihr Hauptangriffspunkt ist der Militarismus, der in der BRD überall wieder aufkeimt (Einführung des Faches Wehrkunde (WKE, d.Vf.), Ausbau des Bundesgrenzschutzes (BGS, d.Vf.), Militarisierung der Polizei usw.).
Die Politik der Kriegsdienstverweigererorganisationen, an der Spitze der 'Verband der Kriegsdienstverweigerer' (VK, d.Vf.), hat auf der einen Seite Erfolg - die Zahl der Kriegsdienstverweigerer steigt - auf der anderen Seite ist ihre Politik eindeutig gescheitert, die Kriegsdienstverweigerer sind in ihrer großen Mehrheit in der Regel nur so lange bereit organisiert mitzuarbeiten, bis ihnen die Organisation geholfen hat, das Anerkennungsverfahren durchzustehen und den lästigen Wehrdienst zu umgehen.
Die meisten Kriegsdienstverweigerer haben den Kampf für eine Veränderung der Gesellschaft, gegen Militarismus, gegen Krieg und Gewalt auf ihre Fahnen geschrieben.
Diese Ziele sind sicher anerkennenswert; doch wie sollen gesellschaftliche Veränderungen herbeigeführt werden? Wie sollen diese Veränderungen aussehen? Wie ist der Krieg und die Gewalt endgültig zu beseitigen?
Die Kriegsdienstverweigerer sagen durch Kriegsdienstverweigerung, durch 'zivilen Ungehorsam', 'passiven Widerstand' und verweisen dabei auf Gandhi und Martin Luther King.
Doch was sagen sie zu Vietnam? Was raten sie dem vietnamesischen Volk? Sollen sie ihre Waffen wegwerfen? Sollen sie weiter das korrupte Thieu-Regime walten lassen? Soll den USA weiter ermöglicht werden, Vietnam und sein Volk auszubeuten?
Die Kriegsdienstverweigerer verfolgen eine Politik, die in höchstem Maße idealistisch ist und mit der Wirklichkeit nicht viel zu tun hat. Wer gesellschaftliche Veränderungen will, muß bemüht sein, sie ohne Gewalt und Opfer herbeizuführen, aber es ist in höchstem Maße borniert, von vornherein den Gebrauch von Gewalt auszuschließen.
Im Kampf gegen den Militarismus ist die Kriegsdienstverweigerung nur eine Flucht.
Ein konsequenter antimilitaristischer Kampf hat dort anzusetzen, wo der militärische Staatsapparat die Jugendlichen zusammenfaßt und sie militärisch erzieht und ausbildet.
Er muß beginnen mit dem Kampf gegen den Wehrkundeunterricht und muß IN der Bundeswehr weitergeführt werden, um in der Bundeswehr eine breite antimilitaristische Front zu organisieren. Spätestens dann, wenn die Pläne für eine Berufsarmee verwirklicht werden - und alles deutet darauf hin - werden die Kriegsdienstverweigerer den endgültigen Bankrott ihrer idealistischen Politik erleben.
In der Bundeswehr, im Bundesgrenzschutz, in der Polizei muß die Arbeit ansetzen, um 'die Zermürbung und Zersetzung des militärischen Geistes zur Beschleunigung der organischen Zersetzung des Militarismus' (Karl Liebknecht)
organisiert voranzutreiben."
Q: SMV-Press Nr. 4, Münster Juni 1972
September 1972:
In NRW gibt die Landes-SMV an allgemeinbildenden Schulen vermutlich Anfang September ihre 'SMV-Press' Nr. 5 (vgl. Juni 1972, Aug. 1973) heraus mit dem Leitartikel "Olympische Spiele in München - Friedensspiele?" mit einem Bild von der bundesweiten Olympia-Demonstration der KPD und ihres NVK am 26.8.1972.
Weitere Artikel sind:
- "Was sollen wir jetzt in der SPD?" von Reinhard Schultz;
- "Resolutionen gegen den reaktionären Finanzerlaß";
- "Kultusbürokratie";
- ein Leserbrief von Josef Rottmann vom Alex-Hegius-Gymnasium, Ahaus und aus dem SMV-Bezirksvorstand Borken-Bocholt zur Kriegsdienstverweigerung (KDV);
- "Aus anderen Bundesländern: Teil 1: Schleswig-Holstein - Jetzt geht es los mit der Landesschülerwoche" vom 5. bis 12.11.1972, von Th. Göbell;
- "Schüler brauchen Rechtskundeunterricht - Landesschülervertretung veranstaltete Seminar über Rechtskunde" der LSV Schleswig-Holstein, von Eckart Stengel, Eckernförde;
- "'Gegen revolutionäre Systemüberwindung und konservative Denkbewegungen' - Ziele der deutschen Beamtenbund-Jugend" (DBB-J) von Achim Tobias;
- "Inf-Akt" zu den Richtlinien über SMV-Mittel vom 9.5.1072;
- "Hilfen für Schulen - Aus der Praxis für die Praxis" zur Schriftenreihe "Schulreform NW, Sekundarstufe II" des KuMi;
- "Münster, Schlaun-Gymnasium: Verweis wegen politischer Betätigung an der Schule" für den Vietnamausschuss (VA) des NVK der KPD;
- "Reformpädagogen in der Klemme".
Laut den Freunden des KOV der KPD kommt es zu Behinderungen bei der Verteilung dieser Nummer, die erstmals so richtig gute Artikel enthalten habe (vgl. 26.9.1972).
Q: SMV-Press Nr. 4, Münster Sept. 1972; SMV allgemeinbildende Schulen NRW-Bezirksschülersprecher Dortmund, Münster, Warendorf, Düsseldorf, Mettmann, Planungsreferent, Innenreferent und Finanzreferent des Landesvorstandes NRW's: Resolution gegen die Behinderung der Arbeit fortschrittlicher Schülervertreter auf Schul-, Bezirks- und Landesebene, O. O. 17.10.1972
März 1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet:"
Skandalöse Vorfälle ereigneten sich im März in Erkelenz. Ein Lehrer und zwei Schüler bekamen Hausverbot von ihrem Schulleiter ausgesprochen, weil sie sich gegen die Prügelstrafe gewendet hatten. Die Schülerzeitung Info hatte darauf aufmerksam gemacht, daß an dieser Schule noch geschlagen würde."
Q: SMV-Ex-Press Nr. 1, Düsseldorf Aug. 1973, S. 4
27.03.1973:
Für den Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW erzählt Volker Franke (vgl. Aug. 1973) einen Artikel der 'Deutschen Volkszeitung' (DVZ) zu einer Wehrkundetagung (WKE) nach:"
'Der Regierungspräsident in Düsseldorf veranstaltete in Zusammenarbeit mit dem Verteidigungsbereichskommando 32 der Bundeswehr in Düsseldorf ein Informationsseminar für das Fach Politik vom 27. bis 29. März 1973. Thema: 'Schule und Bundeswehr'. Teilnehmer: 30 Lehrer an berufsbildenden Schulen. Diese sollten in drei Tagen, während derer sie in der Wehrakademie in der Waldkaserne in Hilden lebten, erfahren, was sie künftig ihren Schülern, vor allem also Lehrlingen über die Bundeswehr zu sagen hätten.'
Nach der Begrüßung ging man unter der Parole 'Wachsamkeit ist der Preis der Freiheit' zur Tagesordnung über. Der Wehrwille der Jugend war dabei erster Problempunkt. So übte man Selbstkritik: 'Bisher habe man Seminare dieser Art nur für die Offiziere zwischen 30 und 45 Jahren veranstaltet, aber nun wolle man dies auch für Lehrer tun um sich ihren Einfluß auf die Jugend zunutze zu machen. Deshalb dankte er noch einmal ausdrücklich dem Regierungspräsidenten in Düsseldorf, daß er Lehrer für diese wichtige Aufgabe vom Unterricht freistelle. Hartig bezog sich dabei auf den entsprechenden Erlaß des ehemaligen CDU-Kultusministers von NRW… Schütz aus dem Jahre 1962.'
Oberstleutnant Peters vom Wehrbereichskommando III erklärte den anwesenden Lehrern: 'Die USA hätten 1945 ihre historische Chance verpaßt, damals seien nur sie im Besitz der Atombombe gewesen, und mit diesem Druckmittel hätten sie die Sowjetunion (SU, d. Vf.) erpressen, Polen befreien und den Vormarsch des Sozialismus aufhalten können. Auf die ausdrückliche Frage eines kritischen Teilnehmers, ob der 2. Weltkrieg denn hätte weitergehen sollen, ob 50 Millionen Tote nicht gereicht hätten, Peters: 'Ja, aber in umgekehrter Richtung, gegen die Sowjetunion.' Und nun folgte ein Schlußappell des Oberstleutnants Peters an die Berufsschullehrer: 'Die Bundesrepublik und die Ostzone haben keinen politischen Spielraum, beide sind abhängig von ihrem System. Wir wollten als Deutsche ein Jahrhundert lang immer einen eigenen Weg gehen. Das scheiterte aus geopolitischen Gründen (Zweifrontenlage). Wir sind zweimal zerrieben worden, wir können uns auch noch ein drittes mal zerreiben lassen. Unsere einzige Chance liegt in der Europa-USA und der europäischen Integration. Nehmen sie nur Rußland, lassen sie alle anderen Hackebeißer heraus, auch das reicht für die Überlegenheit der Russen. Die Russifizierung ist schon soweit vorangeschritten, heute ist ein Abfall der Ukraine oder Sibiriens nicht mehr vorstellbar. Um Rußland herum gibt es heute ein ganzes Konglomerat, die pflügen noch wie vor dreißig Jahren. Jede europäische Gruppierung muß zwangsläufig zum Gegner Rußlands werden, das beweist Rußlands Geschichte und seine Entwicklung vom Großfürstentum Moskwa zum heutigen Riesenreich. Ob Zar Alexander, Stalin oder Breschnew: immer hatten die Russen den Drang nach Europa, das ist eben das Geheimnisvolle an der russischen Seele…' Nach diesen Ausführungen, die den Friedensverhandlungen mit den östlichen Nachbarn sicher entgegenstehen, kam dann die offizielle Version von 'Friedenskunde' (Kühn im Landtag) auf die Bildfläche. Es trat der Jugendoffizier Oberleutnant Bartels auf. Er ist gut gekleidet und erzählt über seine Ausbildung: '14 Tage an der Schule für innere Führung, 14 Tage Diskussionstechnik an der psychologischen Schule für Verteidigung in Euskirchen, zum Abschluß 8 Tage Argumentation des Kommunismus am Ost-Kolleg.' In der Diskussion beklagt sich ein Lehrer: 'Wir vermissen von oben herunter eine Handhabe, die uns den Rücken stärkt, um über die Bundeswehr zu informieren.' Und jetzt verteidigt der Jugendoffizier die NRW-Landesregierung: das Schulkollegium in Düsseldorf habe an alle Schulen ein Rundschreiben verschickt, in welchem die Schulen aufgefordert werden, Jugendoffiziere in die Schulen zu holen. Die Adressen aller Jugendoffiziere von NRW seien beigefügt gewesen. Gleichzeitig seien die Schulen gebeten worden, über ihre Erfahrungen zu berichten. Bartels: 'Es sind viele Berichte eingegangen, keiner war negativ.'
Ein anderer Lehrer beschwert sich 'über einen SPD-Bundestagsabgeordneten, der in einer Wahlkampfveranstaltung seiner Schule geäußert habe, daß die Bundeswehr wegen der Friedenspolitik 1980 überflüssig sei. Damit ist es uns Lehrern in den Rücken gefallen.'
Und weiter meinen die Lehrer ihre Kritik an dem Anerkennungsverfahren äußern zu müssen. 'Einem paßt es nicht, daß es so einfach ist, sich vor dem 'Wehrdienst zu drücken'. Das Gewissen könne man doch überhaupt nicht prüfen. Hier ist Bartels für eine Abschaffung des Prüfungsausschußverfahrens, man solle aber gleichzeitig das Ersatzdienstproblem lösen. Ein weiterer Lehrer: 'Und Arbeitsdienst für Mädchen!' Auf das folgende Gelächter: 'So schlecht war der Arbeitsdienst gar nicht!'"
Q: SMV-Ex-Press Nr. 1, Düsseldorf Aug. 1973, S. 4
16.04.1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet vermutlich aus dieser Woche:"
NOTENGEBUNG IN KEMPEN
Zu einem wohl einmaligen Novum in der Geschichte des Kempener Gymnasiums Thomaeum verhalf der Studiendirektor der Mathematik Heinrichs seiner Lehranstalt. Er 'kündigte' eine Woche vor den Osterferien, für die verbleibenden sechs Wochen vor den Sommerferien, in denen noch Arbeiten geschrieben werden können, in der neusprachlichen Unterprima n2, eine Mathematikarbeit über den gesamten Unterprima-Lehrstoff an. Sechs Tage später, am letzten Schultag vor den Osterferien, forderte er die Unterprimaner auf: 'Folgt mir, wir werden jetzt die angekündigte Mathematikarbeit schreiben.' Da sechs Tage Vorbereitungszeit für ein derartig umfangreiches Stoffgebiet der Klasse als zu kurz erschienen, die Arbeit terminlich nicht fixiert war, und weil fünf der neunzehn Unterprimaner fehlten, die eine ungerecht längere Vorbereitungszeit hätten in Anspruch nehmen können, weigerte sich die Klasse geschlossen, die Arbeit zu Papier zu bringen. Heinrichs schloß dann den Unterricht, für den er ja trotz nicht gegebener Stunde bezahlt wird. Die Konsequenz ihres verhaltens quittierte der Direktor der Klasse eine Stunde später folgendermaßen:
1. werden die Eltern schriftlich von dem Vorfall unterrichtet!
2. wird die Arbeit für jeden Schüler als ungenügend bewertet!
3. wird in dieser Klasse keine weitere Mathematikarbeit mehr im noch laufenden Schuljahr geschrieben werden."
Q: SMV-Ex-Press Nr. 1, Düsseldorf Aug. 1973, S. 2
Mai 1973:
Für den Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet Hans-Peter Müllers vermutlich aus dem Mai (vgl. NRW 12.6.1973):"
SPALTUNG SCHADET UNS!
In NRW gibt es zwei Schülermitverwaltungen: zum einen die SMV an berufsbildenden Schulen (bbs), zum anderen die SMV an allgemeinbildenden Schulen (abs). Die SMV-abs vertritt die Interessen aller Schüler an Realschulen und Gymnasien. So treten bei den SMV-Bezirksversammlungen die SMV-Vertreter von Realschulen und Gymnasien im jeweiligen SMV-Bezirk zusammen. Die Realschüler erscheinen jedoch in einigen Bezirken nicht regelmäßig zur Bezirksversammlung, zum Teil erhalten sie auch im Gegensatz zu den Gymnasiasten keine Beurlaubung für Zusammenkünfte mit anderen Schülersprechern.
Doch jetzt, anstatt die SMV durch den Wegfall der Behinderungen für Realschüler zu unterstützen, geht man daran, unsere SMV in SMV-Realschulen und SMV-Gymnasien zu spalten. Daß eine gespaltene SMV an Schlagkraft verliert, ist aber nicht nur den Schülern klar, sondern auch den Behörden und einigen Herren im Regierungs-Präsidium Arnsberg bekannt. Bemerkenswert ist vor allem, daß die Initiative für die Abspaltung der Realschulen von dem abs-Verband nicht von den Schülern ausging.
Durch den Finanzerlaß wird dem KuMi gestattet, von dem ohnehin gekürzten SMV-Etat nach eigenem Ermessen 'Geld im Bereich der SMV' auszugeben. So fanden einige 'SMV-Seminare' im Reg.-Bez. Arnsberg statt. Plötzlich schickte Realschuldirektor Kaul (Hagen) die Schülersprecher der Gymnasien hinaus und ließ von den verbliebenen Realschülern einen 'SMV-Bezirksausschuß' der Realschulen wählen. Vielen Realschülern war der Sinn dieses Unternehmens nicht ganz klar, da sie doch in ihren SMV-Bezirken schon aktiv mitarbeiten.
Nachdem dann mühsam die Kandidaten gewählt wurden, ging der wohlmeinende Direktor aus Hagen zum nächsten Husarenstück über. Er legte einen Satzungsvorschlag vor, nachdem dem 'SMV-Bezirksausschuß' acht Lehrer und acht Schüler angehören sollen. 'Was haben denn Lehrer in einem SMV-Gremium zu suchen?' werden jetzt viele Schüler fragen. Doch darin besteht gerade der Sinn dieser Spaltungsversuche. Die Realschüler sollen in eine Lehrer-(S)MV eingespannt werden. Nicht die Schüler sollen selbst über ihre Probleme entscheiden, sondern unter 'fachmännischer Beratung', besonders des Direktors Kaul eine richtige Einstellung zur Schule und zur SMV-Arbeit finden."
Q: SMV-Ex-Press Nr. 1, Düsseldorf Aug. 1973, S. 3
05.05.1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet:"
SCHULBÜCHER SIND BALD KEIN GESCHENK MEHR!
Am 5. Mai wurde im Landtag ein Lernmittelfreiheitsgesetz verabschiedet, das das bisherige Gesetz von 1970 aufhebt.
Das Gesetz geht davon aus, daß Schulbücher in drei Kategorien eingeteilt werden können: solche, die als Nachschlagewerke für fast die gesamte Schulzeit zu gebrauchen sind; solche, die durch Bemalen und ähnliches nach der Anschaffung unbrauchbar sind und solche, die temporären Charakters sind, d.h. sie können nach kurzer Verwendungsdauer zur Seite gelegt werden.
Als Grund für diese Gesetzesänderung wird neben der Finanzknappheit des Landes NRW die Tatsache, daß eine Vielzahl der Schulbücher, fast noch neu, in die Mülltonnen wandern, angegeben. Deshalb soll nun bei den temporären Schulbüchern eingespart werden. In dem verabschiedeten Gesetz ist nicht mehr von Schulbüchern, sondern von Lernmitteln die Rede, worin Lektüren und Arbeitshefte inbegriffen sind.
Im entscheidenden Paragraphen heißt es zum Inhalt der Lernmittelfreiheit:
'Jedem Schüler werden nach Maßgabe der Durchschnittsbeträge gemäß Paragraph 3 die für ihn erforderlichen, zum dauernden Gebrauch bestimmten Schulbücher unentgeltlich zum Gebrauch überlassen oder übereignet. Sonstige Lernmittel können dem Schüler unentgeltlich zum Gebrauch überlassen oder übereignet werden, wenn sie für ihn erforderlich sind.'
Entgegen bisherigen Bestimmungen läßt dieser Paragraph auch die Verleihung von Schulbüchern zu, wodurch eine mehrfache Nutzung ermöglicht wird. Aber genau darin liegt das Problem: Wer sich heute Schulbücher betrachtet, wird in den meisten Fällen feststellen müssen, daß sie inhaltlich hoffnungslos veraltet sind - und das, obwohl jedes Jahr neue Schulbücher auf den Markt kommen. Wie wird es sein, wenn die Bücher nach einjährigem Gebrauch nicht mehr in die Schränke der Schüler wandern, sondern dem nächsten überreicht werden? War man schon bisher kaum in der Lage, die Schulbücher auf den neuesten Stand zu bringen, so wird die in den meisten Fällen dringende Überarbeitung dann erst recht auf sich warten lassen. Die mehrfache Nutzungsmöglichkeit wird für die Überarbeitungen zum Hemmschuh werden.
Benachteiligt sind auch all jene Schüler, die sich die Schulbücher nach der Rückgabe selbst nicht kaufen können. Somit können nur noch jene, die das notwendige Geld aufbringen, den Stoff des vergangenen und vorletzten Schuljahres wiederholen."
Q: SMV-Ex-Press Nr. 1, Düsseldorf Aug. 1973, S. 3
07.05.1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet von seiner Teilnahme (vgl. 12.6.1973) an den Weltjugendfestspielen (vgl. 28.7.1973):"
KULTUSMINISTERIUM VERBIETET FESTIVALAKTIVITÄTEN
SMV-NRW NIMMT TROTZDEM TEIL
Einem Beschluß der Landesversammlung zufolge nahm die Landes-SMV an den Vorbereitungen zu den X. Weltjugendfestspielen teil. Diese Initiative wurde mit einem Erlaß des KuMi vom 7.5.1973 gestoppt. Die Begründung hierfür liegt zum einen in der ablehnenden Haltung, die das KuMi gegen das Festival überhaupt einnimmt, zum anderen aber darin, daß man die SMV politisch entmündigen will, und ihren Tätigkeitsbereich nur auf die einzelne Schule beschränken will.
Das Festival muß als das bedeutsamste jugendpolitische Ereignis dieses Jahres gewertet werden. Seit dem I. Festival 1947 in Prag, bei dem 17 000 Jugendliche aus aller Welt versprachen, in Zukunft alles gegen Krieg und Faschismus zu tun, bis hin zum X. Festival in Berlin/DDR, bei dem die Solidarität mit den indochinesischen Völkern im Mittelpunkt steht, hat sich die Festivalbewegung zu einer weltumspannenden Kraft für Frieden und internationale Solidarität entwickelt. Das beweist schon die Breite der teilnehmenden Verbände. In über 100 Ländern bestehen Vorbereitungskomitees, zu denen sich christliche, sozialistische, liberale Jugend- und Studentenverbände zusammengeschlossen haben. In der Bundesrepublik werden die Weltfestspiele durch einen Initiativausschuß X. Weltfestspiele gebildet, der einen Aufruf zum Festival verabschiedete. Darin heißt es:
'Wir gehen davon aus, daß die X. Weltfestspiele dazu beitragen, die Bestrebungen der Jugend- und Studentenorganisationen mit unterschiedlichen politischen, philosophischen und religiösen Anschauungen für Solidarität, Frieden und Freundschaft zur Entwicklung der Zusammenarbeit, des Verständnisses und der Freundschaft der Jugend der Welt zu stärken.'
WARUM NIMMT DIE SMV-NRW AM FESTIVAL TEIL?
In einem Brief an den KuMi Girgensohn schreibt Landesschülersprecherin Emilja Mitrovic:
'Am 7.Mai d.J. erklärten Sie, unsere Mitarbeit im Arbeitskreis Festival könne, 'weder aus der Sicht der SMV-Arbeit als begründet noch von der Sache her als vertretbar angesehen werden.' Aus der Sicht der SMV-Arbeit ergibt sich für uns folgendes: 'Der Wirkungsbereich der SMV ergibt sich aus dem pädagogischen Auftrag der Schule…' zu dem sie im SMV-Erlaß u.a. die Bildung eines kritischen Bewußtseins und die Erziehung zu eigenverantwortlich handelnden Mitgliedern einer demokratischen Gesellschaft zählen. Die SMV soll mitwirken, 'die Bereitschaft zur Diskussion, die Übernahme von Verantwortung, Offenheit für die Überzeugung anderer, sowie die Fähigkeit eigene Überzeugung in Frage zu stellen' zu entwickeln.'
Dies ist der eine Grund, weshalb wir an den Weltjugendfestspielen teilnehmen, nämlich dem oben dargestellten Auftrag der SMV gerecht zu werden.
Auf die Feststellung des KuMI, die Teilnahme am Festival sei von der Sache her nicht vertretbar, antwortet die Landesschülersprecherin in ihrem Brief: 'Von der Sache her erscheint uns die Mitarbeit ebenfalls als begründet. Ein Bestandteil des X. Festivals, an dem wir gemeinsam mit den Schülervertretungen anderer Bundesländer teilnehmen, wird die internationale Begegnung der Schüler sein. DAS OFFIZIELLE FESTIVALPROGRAMM UMFASST U.A. EINEN ERFAHRUNGSAUSTAUSCH VON OBERSCHÜLERN IM INTERNATIONALEN RAHMEN. AUS VIELEN ANDEREN STAATEN IST DIE TEILNAHME VON SCHÜLER- UND STUDENTENVERTRETUNGEN EBENFALLS ANGEKÜNDIGT.
DIE DELEGATION DER SMV-NORDRHEIN-WESTFALEN HAT KONKRETE AUFTRÄGE VON DER LANDESVERSAMMLUNG ERHALTEN. SO WIRD DIE INFORMATION ÜBER DAS SCHULWESEN DER DDR EINE WESENTLICHE AUFGABE UNSERER DELEGATION SEIN. Insbesondere wurde unsere Gruppe beauftragt, die Frage des Leistungssystems in der DDR-Schule, die Formen der Leistungsbemessung und die Beurteilungsmaßstäbe zu untersuchen. Wir sind der festen Überzeugung, daß unsere Begegnungen, unsere Informationsgespräche und die nachfolgende Berichterstattung vor unseren SMV-Gremien nicht nur dem in der Landesverfassung formulierten Auftrag der Schule, sondern auch der konkreten Entwicklung der SMV an der einzelnen Schule dienen werden.'
Auf das wiederholt vorgetragene Argument des KuMi, daß die SMV ihre Aktivitäten nur auf die einzelne Schule zu beschränken habe, antwortet die Landesschülersprecherin: 'EINE BESCHRÄNKUNG DER ÜBERSCHULISCHEN SMV AUF ANGELEGENHEITEN DER EINZELNEN SCHULE, die die Beteiligung an internationalen Begegnungen ausschließen würde, LÄSST SICH UNSERES ERACHTENS NICHT AUS DEM SMV-ERLASS ABLEITEN. Wir weisen darauf hin, daß eine solche Einschränkung auch in der Vergangenheit nicht praktiziert wurde. Erst in den letzten Osterferien wurde unser Landesverband vom Schulkollegium Düsseldorf aufgefordert, einen Teilnehmer an einer deutsch-französischen-englischen (britischen, d. Vf.) Schülerbegegnung zu benennen, zu der als Referent der US-Generalkonsul eingeladen war. (Für diese Tagung wurde wurden die SMV-Vertreter vom Unterricht freigestellt)…'"
Berichtet wird von der Solidarität der SMV-Verbindungslehrer (vgl. 12.6.1973) und festgestellt:"
DIE DELEGATION FÄHRT TROTZ ALLEM!
Es ist keine Seltenheit, daß junge Menschen, die am Festival teilnahmen oder -nehmen, in Schwierigkeiten gebracht werden. Antikommunismus und Ablehnung gegen die weltumspannende Solidarität sind dabei nicht unwesentlich. Das gibt uns den Auftrag, die Idee des Festivals noch viel stärker unter den Jugendlichen in den Schulen zu verbreiten. So werden wir noch viel über das Festival schreiben müssen, um die Ergebnisse der X. Weltfestspiele auszuwerten."
Q: SMV-Ex-Press Nr. 1, Düsseldorf Aug. 1973, S. 3
09.05.1973:
Für den Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet Uwe Koch vom Düsseldorfer Schülerprotest gegen die Berufsverbote (BV):"
Auf einer Diskussionsveranstaltung, die vorwiegend von Mitgliedern des Stadtschülerrates besucht war, berichtete Rütger Booß am 9. Mai 1973.
Zu den Diskussionen mit Henne (vgl. 11.11.1971, d. Vf.) und Booß waren jeweils Vertreter des Kultusministeriums und des Schulkollegiums eingeladen worden. In beiden Fällen zogen sie es vor, 'verhindert' zu sein. Daraus schloß die Versammlung am 9.Mai in einer Resolution, daß sich die Vertreter des Kultusministeriums der öffentlichen Diskussion entziehen: '…entspricht der argumentativen Schwäche der Verteidiger des Ministerpräsidentenerlasses'."
Q: SMV-Ex-Press Nr. 1, Düsseldorf Aug. 1973, S. 1
19.05.1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet:"
SCHULFREI IN BONN!
Besonders angenehme Seiten hatte der Besuch von Leonid Breschnew in der Bundesrepublik für viele Bonner Schüler. Am Samstag, dem 19.5., gab es an vielen Schulen in der Bonner Innenstadt schulfrei!
Doch nicht etwa damit die Bonner Schüler Gelegenheit haben sollten, sich an der Freundschaftskundgebung für Leonid Breschnew, die am gleichen Tag von der DKP, dem Verband Deutscher Studentenschaften (VDS, d. Vf.), dem SHB und dem Liberalen Hochschulverband (LHV, d. Vf.) durchgeführt wurde, zu beteiligen!
Im Gegenteil: In der Begründung des Bonner CDU-Schuldezernenten heißt es sinngemäß, die Schüler seien vom Unterricht zu befreien, da sie durch die Demonstration auf dem Weg nach Hause 'gefährdet' werden könnten.
Die Bonner Junge Union (JU, d. Vf.) reagierte auf die 'gefährliche' Demonstration wesentlich besser. An den Schulen, wo der Unterricht durchgeführt wurde, bot sie sich an, einen kostenlosen Autofahrerdienst einzurichten, der die Kinder von der Schule nach Hause fährt, um sie so der befürchteten 'kommunistischen Infiltration' zu entziehen."
Q: SMV-Ex-Press Nr. 1, Düsseldorf Aug. 1973, S. 4
29.05.1973:
Dem Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet Ulrich Kemmer u.a. von heute:"
BERICHT VOM JUNGENGYMNASIUM GERRESHEIM: SCHÜLERINITIATIVEN WERDEN ABGEBLOCKT
Aus dem allgemeinen Zustand einer Lethargie wollte ich anfangs durch Einzelaktionen (Flugblätter an das Schwarze Brett hängen, Aufrufe zur Solidarität gegen den Leistungsdruck) nicht nur die Stunden in der Schule absitzen um dann ohne jegliche Beziehung zu anderen Schülern wieder nach Hause zu laufen.
SCHÜLERRECHTS-AG
Nachdem das keine Wirkung zeigte, warb ich um Interessenten, um eine Schülerrechts-AG, die sich mit den Konflikten zwischen Schülern und Lehrern auseinandersetzen sollte (zu gründen, d. Vf.). Nur wenige kamen zu diesen Sitzungen. Wir trugen unsere Vorstellungen vor und merkten, daß wir aus sehr unterschiedlichen Motiven zu dieser Versammlung kamen. Gemeinsam sahen wir die Funktion der AG darin, den Vermittlungsausschuß, der aus der Intention eines Schlichtungsgremiums für Disziplinarfälle entstanden war, zu einer wirksamen Waffe umzugestalten und die ständigen Repressionen im Unterricht abzubauen, indem wir den Schülern die Möglichkeit zu Vertrauensgesprächen und Klagen gegen Lehrer boten.
Wir informierten die Schüler durch Aushang eines selbstverfaßten Flugblattes am Vertretungsplan, wo es jeder Schüler sehen mußte. Am nächsten Tag war das Flugblatt verschwunden. Wir wurden zum Direktor zitiert und mußten in Gegenwart des Schülersprechers und des Verbindungslehrers uns einem 'Gespräch' unterziehen, bei welchem der Direktor dominierte und wir nur einige Berichtigungen vorbringen konnten.
Uns wurde vorgeworfen, wir informierten unsachlich, wir diffamierten DIE Lehrer (wir hatten Einschüchterungsversuche an einem Exemplarfall geschildert) und wir irritierten die Schüler. Außerdem hätten wir eine falsche Vorstellung von Unterdrückung. Auf einige formale Fehler wurde hingewiesen (z.B. Falschsetzen von Anführungszeichen, die in diesem Fall unwesentlich waren und den Inhalt nicht änderten). Danach entließ uns der Direktor mit dem Hinweis, wenn die AG ähnliche aufwieglerische Schriften verbreite, sähe er sich veranlaßt, die Tagung der AG zu untersagen.
Bald darauf erfuhren wir, daß ein Schüler von einem Lehrer geschlagen worden war. Der Direktor benutzte sofort eine seiner 'kostbaren' Stunden, um den Vorfall im Beisein des Schülers, des betreffenden Lehrers und der Klasse zu besprechen. Es wurden Fragen gestellt, die nichts mit der Sache zu tun hatten, und die Schüler bekamen nicht die Möglichkeit, den Vorgang aus ihrer Sicht im Kontext darzustellen.
Zusätzlich hatte dieser Schüler als stellvertretender Klassensprecher und Mitarbeiter der AG eine Anfrage an den Minister für Arbeit und Soziales geschickt. Wir wurden zum Direktor gerufen und beide Themen wurden ausgiebig (vom Direktor) besprochen.
Dabei ging er nur nebenbei auf das ungeheuerliche Verhalten des Lehrers ein, der den Schüler geschlagen hatte, sondern erklärte umständlich, daß der Minister für Arbeit und Soziales der falsche Adressat für einen solchen Brief sei, daß die AG die Aufgabe habe, hierüber die Schüler zu informieren und die demokratischen Institutionen zu erläutern.
ANTRÄGE AN DIE GESAMTKONFERENZ
Zu einer allgemeinen Konferenz brachte ich drei Anträge ein. In einem Gespräch wurde mir vom Direktor mitgeteilt, ich brauche nicht zur Konferenz zu erscheinen, da nur persönliche Angelegenheiten eines Lehrers behandelt würden, bei denen ich sowieso den Raum verlassen müsse. Um Schwierigkeiten auszuweichen, verschob ich meine Anträge auf die nächste Konferenz. Durch irgendein Mißverständnis erhielt ich jedoch zur nächsten Konferenz keine Einladung.
Am 29.5. konnte ich endlich meine drei Anträge vortragen: Stimmrecht für Elternvertreter bei allgemeinen Konferenzen und rechtzeitige Einladung, Teilnahme- und Stimmberechtigung für die Schüler bei allen Fachkonferenzen, Genehmigung eines informativen Seminars von drei Tagen über politische und ethische Fragen.
Alle drei Anträge wurden durch Abstimmung abgelehnt. Danach berichtete ich von unserer AG und ließ u.a. vernehmendaß politische Meinungen in den Unterricht flössen, die von der Schülerschaft unkritisch übernommen würden. Dies löste einen Tumult aus und einen cholerischen Ausbruch eines Lehrers, der mich aufforderte, das zu belegen. Ich willigte ein, und damit war dieser Punkt beendet.
Nach den Ferien ließ mich der Direktor zu sich kommen und forderte mich auf, endlich die Fakten vorzulegen, um meine harten Vorwürfe zu bestätigen. Wenn ich nicht dazu in der Lage sei, werde man in der nächsten Sitzung darüber beschließen, ob man mich weiter als Konferenzteilnehmer akzeptiere.
Da die Kritik jedoch nur allgemeiner Art war und ich darauf hingewiesen hatte, die Lehrer sollten ihren Unterricht daraufhin prüfen, und wir keine Einzelfälle aufweisen können, bei denen die Tatsachen grob verfälscht dargestellt wurden, bin ich damit als unliebsamer Konferenzteilnehmer mit ziemlicher Sicherheit ausgeschieden.
SCHÜLER NUTZEN IHRE RECHTE NICHT
Neben den harten Auseinandersetzungen mit den Lehrern müssen wir auch bei den Schülern Kritik ansetzen. Ihre passive, desinteressierte Haltung gibt den Lehrern immer wieder den Vorwand, wir würden die Schüler 'gegen die Lehrer aufhetzen'. Unser Verbindungslehrer meint dazu, die Zusammenarbeit mit der SMV sei bis auf die letzten drei Monate, seit die AG existiert, als positiv zu bezeichnen.
Vorher hatte der BDS-Schülersprecher (Bund Demokratischer Schüler, der Jungen Union (JU der CDU, d. Vf.) nahestehender lokale Schülerorganisation) auch keinen Finger gekrümmt und jetzt war er damit beschäftigt, eine Gegenmobilisierung zu erzeugen und die Schüler gegen jegliche Änderung der Satzung voreinzunehmen (z.B. daß vier Schülersprecher sich zur Kandidatur stellen, daß drei Delegierte in den Stadtschülerrat und nicht wie bisher nur einer und die beiden Schülersprecher gewählt würden). Außerdem blockte er bei der letzten Schülerratssitzung drei Anträge ab. Ich hatte 150 DM (die Hälfte des Ertrags des letzten Schulfestes) für die Vietnamhilfe beantragt, eine Zusammenarbeit mit dem Mädchengymnasium und eine Schülerversammlung mit politischen Diskussionen vorgeschlagen. Das BDS-Mitglied meinte, die Bundesregierung würde schon genug für Vietnam tun, und wir bräuchten uns als Bürger dieses Staates nicht mehr darum zu kümmern.
Die Situation an unserer Schule ist damit so verheerend, daß selbst diejenigen, die sich für eine weitere Demokratisierung (z.B. Satzungsänderung in den beiden Punkten) und für politisches Engagement einsetzten, bei dem Zweifrontenkrieg gegen Lehrer und BDS-Mitglieder bald resignieren müssen. Dies kann sich nur ändern, wenn die Schüler begreifen, daß sie ihre wenigen Rechte nutzen müssen."
Der Landesvorstand formuliert dazu folgende:"
NACHBEMERKUNGEN
Immer wieder versuchen Schulleitungen, der SMV das Recht auf Tagungsräume in der Schule streitig zu machen. Der SMV-Erlaß jedoch schreibt eindeutig vor: Der Schulleiter muß eine Zusammenkunft von Schülern auch dann als Schulveranstaltung genehmigen, wenn es sich dabei nicht um die Sitzung eines SMV-Organs, sondern lediglich um das Zusammentreffen einer Arbeitsgemeinschaft, einer politischen Schülergruppe oder einer Hausaufgabenbetreuung handelt (SMVE 8.2 und 8.3).
Auch wenn Schüler anderer Schulen an diesen Veranstaltungen teilnehmen, handelt es sich dabei noch um eine Veranstaltung der SMV (Erläuterungen zum SMVE zu 8: 1.1). Eine solche Veranstaltung muß nicht vom Schülerrat oder vom Schülersprecher beantragt werden; jeder Schüler hat dazu das Recht.
Wenn ein Schulleiter einer AG mit dem Verbot droht oder ihre Sitzungen nicht mehr genehmigen will, kann er das in keinem Fall damit begründen, daß diese AG ein Flugblatt herausgegeben hat, in dem ein Lehrer oder die Schule angegriffen wurde.
Ebenso kann eine Gesamtkonferenz einen Schülervertreter nicht ausschließen, weil sie mit seinen Äußerungen nicht einverstanden ist.
Wenn Schulleiter in dieser Weise gegen den SMV-Erlaß und andere Bestimmungen verstoßen, sollten sich die Schüler unbedingt an die Landes-SMV wenden oder direkt an die Schulaufsichtsbehörden:
Für Gymnasien in Nordrhein: Schulkollegium Düsseldorf.
Für Gymnasien in Westfalen: Schulkollegium Münster.
Für Realschulen: Regierungspräsidium des jeweiligen Regierungsbezirks."
Q: SMV-Ex-Press Nr. 2, Düsseldorf Okt./Nov. 1973, S. 3
30.05.1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet:"
VON DEN KOLLEGEN GEWÄHLT, VON DEN BOSSEN GEFEUERT!
Seit 1972 sind in der Bundesrepublik ca. 600 Jugendvertreter, Betriebsräte und aktive Gewerkschaftler nach Beendigung der Lehrzeit nicht in ein Arbeitsverhältnis übernommen worden. Bei Bayer Leverkusen wurden jetzt am 30. Mai 12 Kollegen auf diese Weise gefeuert. Unter ihnen Jugendvertreter und Jugendvertrauensleute. Die so vielbesungene 'Partnerschaft' wurde von Bayer ad absurdum geführt.
Schon in der Vergangenheit wurden bei Bayer-Leverkusen junge Gewerkschafter nicht in ein Arbeitsverhältnis übernommen, weil sie sich aktiv für die Interessen der Kollegen eingesetzt haben (z.B. bei den Streikkämpfen 1971).
Das ist praktiziertes Berufsverbot (BV, d. Vf.) für Jugendvertreter, gewerkschaftliche Vertrauensleute und Betriebsräte! Mit diesen Rausschmissen wird die demokratische Wahlentscheidung der Kolleginnen und Kollegen mit Füßen getreten. (Aus einer Resolution des Solidaritätskomitees für die gemaßregelten Bayer-Lehrlinge, die auf der letzten Landesversammlung der SMV von NRW angenommen wurde.)
'Gemäß Paragraph 8 des mit Ihnen abgeschlossenen Ausbildungsvertrages teilen wir Ihnen mit, daß wir Sie nicht in ein Anstellungsverhältnis übernehmen werden.' Am 30. Mai erhielten zwölf Lehrlinge von Bayer-Leverkusen dieses lakonishe Schreiben 'mit freundlichem Gruß'.
Unter den Zwölfen, denen die Bayer-Bosse den Anstellungsvertrag verweigern, sind aktive Gewerkschafter, Vertrauensleute und Jugendvertreter. Die Herren der Personalabteilung, Dr. Neumann und Wollenberg, erklärten bei der Aushändigung der Entlassungsbriefe der Lehrlinge, der Jugendvertreter Norbert Boeker habe sich 'durch seine Öffentlichkeitsarbeit unmöglich gemacht'. Dem Jugendvertrauensmann Georg Allroggen wurde erklärt, er habe sich 'den Aktionen von Boeker angeschlossen und zum Beispiel bei einer Abteilungsverdsammlung auch polemisiert.'
Erst im März hatte Norbert Boeker auf einer Jugendverssammlung die Machenschaften des Bayer-Konzerns angeklagt. 1970 war es ein kritischer Lehrling, der flog. 1971 schon 14. Und 1972 wurden zehn Mann gefeuert, die im Jahr zuvor in der Lohnbewegung aktiv ihren Mann standen. Norbert auf dieser
Jugendversammlung: 'Ich habe eine Frage an den Vertreter der Werksleitung. Herr Behnisch, haben Sie sich eigentlich schon Gedanken gemacht, wen von uns Sie dieses Jahr nach der Tarifrunde rausschmeißen wollen?'
Sofort nach Bekanntwerden des neuen Bayer-Willkürakts lief die Solidarität an. Innerhalb weniger Stunden erhielt die Jugendvertretung über dreißig Solidaritätsschreiben. Jusos (der SPD, d. Vf.), Naturfreundejugend (NFJ, d. Vf.), SDAJ, VK, SMV und junge Gewerkschafter gründeten ein Solidaritäts-Komitee, das Informationsstände und weitere Aktionen durchführen wird.
Immer lauter werden die Forderungen: Die gemaßregelten Lehrlinge müssen eingestellt werden, die gewählten Sprecher und Vertrauensleute müssen ihr demokratisches Mandat ausüben können. Ein wirksames Mittel ist das NEIN des Betriebsrates zu jeder weiteren Neueinstellung, solange bis alle gefeuerten Kollegen einen Anstellungsvertrag haben. Klaus-Jürgen Eichhorst, Vorsitzender der Bayer-Gesamtjugendvertretung zum elan (Zeitschrift der SDAJ der DKP, d. Vf.): 'Durch Betriebsvereinbarungen sowie durch eine klare gesetzliche Regelung müssen wirklicher Kündigungsschutz und Wehrdienstbefreiung für Jugendvertreter und darüber hinaus Weiterbeschäftigungsgarantie für alle Lehrlinge verankert werden.'"
Q: SMV-Ex-Press Nr. 1, Düsseldorf Aug. 1973, S. 4
Juni 1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet vermutlich aus dem Juni vom NC:"
Numerus Clausus jetzt auch an den Schulen:
In München ist der Numerus Clausus an der Schule Wirklichkeit geworden!
Zwei Münchner Gymnasien werden wegen totaler Überfüllung einen Numerus Clausus einführen. Es sind das Gisela-Gymnasium und das Thomas-Mann-Gymnasium. Die Möglichkeiten des Schichtunterrichts sind bereits bis zur Neige ausgeschöpft."
Q: SMV-Ex-Press Nr. 1, Düsseldorf Aug. 1973, S. 4
Juni 1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet vermutlich aus dem Juni:"
FAHRKOSTENERSTATTUNG FÜR ALLE SCHÜLER
Anläßlich der vielerorts vor sich gehenden Umwandlung der von den Schulträgern gestellten Schülermonatsmarken in Jahresmarken wandte sich die Landes-SMV an den nordrhein-westfälischen Städtebund, Schul- und Kulturausschuß. In einem Schreiben erklärte der Landesvorstand, die Fahrtkostenrückerstattung dürfe nicht länger nur denjenigen Schülern zugute kommen, die einen weiteren Schulweg als 3, 5 km hätten, sondern müsse auf alle Schüler ausgedehnt werden.
Der Landesvorstand begründete seine Forderung unter anderem so: 'Auch ein Schulweg von weniger als 3, 5 km ist vielerorts besonders im Winter oder bei sonstiger ungünstiger Witterung als Fußweg unzumutbar. Viele Schüler sind z.Z. gezwungen, eine Schülerkarte auf eigene Kosten zu halten.
Auch diejenigen Schüler, die näher als 3, 5 km an der Schule wohnen, müssen außerhalb der Schulzeit oft öffentliche Verkehrsmittel benutzen, aus Gründen, die durchaus in direktem Zusammenhang zu ihrem Schulbesuch stehen, sei es auf dem Weg zum Nachhilfeunterricht oder, um Schulveranstaltungen zu besuchen.'
Da eine große Zahl der Unfallopfer Schüler sei und auch ein Schulweg von weniger als 3, 5 km gefährlich sein könne, sei es zugleich ein Beitrag zur Sicherung des Schulwegs, wenn allen Schülern die Möglichkeit zur kostenfreien Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel gegeben würde."
Q: SMV-Ex-Press Nr. 1, Düsseldorf Aug. 1973, S. 4
Juni 1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet vermutlich aus dem Juni:
SMV-ARBEIT IST POLITIK
In der letzten Zeit häufen sich die Fälle, daß Schülervertreter in ihrer Arbeit behindert werden. Wichtigstes Argument hierbei ist, daß die SMV nicht berechtigt wäre, zu allgemeinpolitischen Fragen Stellung zu nehmen. So wurden Vollversammlungen nicht genehmigt, die sich mit der Frage der 'Verfassungsfeindlichen Kräfte im öffentlichen Dienst' (BV, d. Vf.) beschäftigten. der Landes-SMV wurde untersagt, im Arbeitskreis Festival, der die X. Weltfestspiele der Jugend und Studenten in Berlin vorbereitete, mitzuarbeiten (vgl. 7.5.1973, d. Vf.).
So mancher Direktor mag jetzt aufatmen. Schwierigkeiten wird er von den Schulaufsichtsbehörden nicht mehr zu erwarten haben, wenn er der SMV an seiner Schule eine Vollversammlung nicht gestattet, eine Zeitung mit Vertriebsverbot belegt oder sogar Schüler auf Grund ihrer politischen Tätigkeit im Rahmen der SMV von der Schule verweist. Denn er hat immer die Möglichkeit, sich gerade auf dieselben Schulaufsichtsbehörden zu beziehen, mit denen er sich in voller Übereinstimmung befindet. Worum es genau geht, läßt sich kurz in der Fragestellung, ob die SMV ein politisches Mandat hat oder nicht, zusammenfassen.
Das Kultusministerium und das Schulkollegium Münster wollen der SMV nur noch die einzelne Schule als Betätigungsbereich zuweisen, die überörtlichen SMVen sind nur noch Koordinator und Berichterstatter über einzelne Schulangelegenheiten.
In einem Brief an den Kultusminister schriebt Emilja Mitrovic, Landesschülersprecherin der allgemeinbildenden Schulen: 'In Verfügungen des Schulkollegiums Münster wird der SMV ein politisches Mandat abgesprochen und ihre Aussage auf einen engen bildungspolitischen Rahmen beschränkt. Eine solche Eingrenzung erscheint uns unmöglich, wenn zur gleichen Zeit bildungspolitische Fragen allgemein als gesamtgesellschaftliche Fragen akzeptiert werden (s.a. ökonomisch-politischer Orientierungsrahmen).
Die Wahrnehmung der Interessen an den Gymnasien und Realschulen muß von uns überall dort verfolgt werden, wo die allgemeine Interessenlage der von uns vertretenen Schüler dies verlangt. In diesem Sinn sind vielseitige Aufgaben der SMV denkbar: die Freizeitsituation der Schüler einer oder mehrerer Schulen könnte Gegenstand der SMV dieser Schulen sein. Die Beteiligung der SMVen z.B. an einer Jugendzentrums-Initiative (JZI, d. Vf.) wäre somit denkbar und durchaus im Rahmen des in Art. 1 des SMV-Erlasses beschriebenen Aufgabenfelds der SMV.
In einer Verfügung des Schulkollegiums Münster vom 3.3.1972 wird der SMV zwar ein bildungspolitisches Mandat zugestanden, die Behandlung des Ministerpräsidentenerlasses vom 28.1.1972 ('Radikale im öffentlichen Dienst') wird ihr verwehrt. Aus der Tatsache, daß der Erlaß auch auf andere Beamte als Lehrer angewandt werden kann, läßt sich aber nicht herleiten, daß eine Stellungnahme hierzu der SMV nicht zustehe bzw. das Thema nicht Gegenstand einer Schülerversammlung sein kann.
Das Verbot einer Schülerversammlung mit dieser Tehmatik läuft dem Auftrag der SMV gerade zuwider.
Wir sind der Auffassung, daß ein erweitertes jugend- und bildungspolitisches Mandat für die SMV festgeschrieben werden muß.'"
Q: SMV-Ex-Press Nr. 1, Düsseldorf Aug. 1973, S. 3
Juni 1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet vermutlich aus dem Juni*:"
LANDESVORSTAND: SMV-ERLASS AUCH FÜR PRIVATSCHULEN
'Die volle Gültigkeit des SMV-Erlasses auch für Privatschulen' forderte der Landesvorstand der SMV-BNRW's in einem Brief an den Kultusminister und die Fraktionen des Landtags. In diesem Brief heißt es unter anderem: 'Der Kultusminister hat zwar in seinem Erlaß vom 7.7.1969 erklärt, daß die SMV an allen Schulen entwickelt und gefördert werden soll, und daß der SMV-Erlaß auch für private Ersatzschulen verbindlich sei, aber immer noch erklärten Schulleiter, die Priorität hierfür läge in der eigenen Schulsatzung. Die Folge dessen ist, daß die Schüler der privaten Ersatzschulen zur Passivität verurteilt sind und so den weltanschaulichen Manipulationen durch den jeweiligen Schulträger kein Stein in den Weg gelegt wird. Eine solche Situation dürfte wohl auch nicht mit Artikel 7, 4 GG zu vereinbaren sein.'
Schon einmal wandte sich die Landes-SMV in einer Resolution an die Fraktionen des Landtages und den Kultusminister, in der sie die volle Gültigkeit des SMV-Erlasses an den Privatschulen forderte. Anlaß dafür war ein besonders extremer Fall von politischer Disziplinierung und versuchter weltanschaulicher Manipulation von seiten des Schulträgers gewesen. was war geschehen?
Ein Schüler war durch Beschluß der Gesamtkonferenz vom bischöflichen Gymnasium 'am Stoppenberg' in Essen entlassen worden. Das Bistum, das Träger dieser Schule ist, hatte der Schule eine Grundsatzerklärung für eine neue Hausordnung vorgelegt, in der es unter anderem hieß: 'Der Schüler wird von seinen Eltern für das Gymnasium am Stoppenberg angemeldet, ehe er die Entscheidung treffen kann, ob er eine Bildung und Erziehung aus katholischer Glaubensüberzeugung für sich bejaht. Unter Umständen muß das Gymnasium eines Tages die Frage an ihn richten, ob er den Bildungsvorgang mitvollziehen will. Es ist nicht auszuschließen, daß die Schule ihm erklären muß, er sei in einer anderen Gemeinschaft besser aufgehoben als hier.' Gegen diese de facto Hinauswurfdrohung für nicht römisch-katholische Schüler, wandte sich die unabhängige Schülerbasisgruppe des Gymnasiums in einem Flugblatt. Erfolg dieser Aktion: die sieben Schüler, die das Flugblatt unterschrieben, wurden vor die Gesamtkonferenz gestellt. Einer dieser Schüler verließ schon vorher die Schule, fünf anderen wurde die Entlassung angedroht und einer, rein zufällig der Schülersprecher, wurde von der Schule entlassen.
Gegen diesen Akt der politischen Disziplinierung wandte sich der AES (Arbeitskreis Essener Schüler) und führte eine Protestversammlung mit anschließender Demonstration durch, in der er das Bistum und die Gesamtkonferenz des Gymnasiums aufforderte, die Konferenzbeschlüsse zurückzunehmen. Mit den disziplinierten Schülern solidarisierten sich viele fortschrittliche Gruppen, so der AStA der GH (GHS, d. Vf.) Essen, die Landes-SMV, die Essener Initiative gegen die Berufsverbote (BV, d. Vf.), die GEW, die Jusos, die Falken (SJD der SPD, d. Vf.), die Jungdemokraten (Judos der FDP, d. Vf.), die SDAJ und die DKP.
Dieser Akt der politischen Disziplinierung zeigt besonders deutlich auf, wie es um bundesdeutsche Privatschulen bestellt ist. Diese Schulen - sie werden bis zu 98 Prozent aus Steuermitteln finanziert - werden zu Agitationszentren bestimmter Institutionen, wie z.B. der Kirchen, in denen diese dann schalten und walten können, wie sie wollen.
DESHALB IST IMMER WIEDER DIE FORDERUNG ZU ERHEBEN:
FÜR EINE ÖFFENTLICHE KONTROLLE DER PRIVATSCHULEN!"
Neben einem Bild, daß DemonstrantInnen und ein Transparent 'Für freie Meinungsäußerung in Schule, Uni und Betrieb' erkennen läßt, heißt es noch:"
1 000 Schüler, Studenten und Essener Bürger demonstrierten gegen diesen Akt von politischer Disziplinierung."
Q: SMV-Ex-Press Nr. 1, Düsseldorf Aug. 1973, S. 2
Juni 1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet vermutlich aus dem Juni:"
Vor den Sommerferien erlebten 30 Schüler des Schlaungymnasiums in Münster einen heißen Tag. Sie waren in die Schule eingedrungen, um die Öffentlichkeit bei einer Entlassungskonferenz herzustellen, und forderten: diskutieren, nicht disziplinieren! Ergebnis war, daß die Polizei gerufen wurde, und die Schüler aus der Schule trieb."
Q: SMV-Ex-Press Nr. 1, Düsseldorf Aug. 1973, S. 4
12.06.1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtete vom Verbot seiner Teilnahme (vgl. 7.5.1973) an den Weltjugendfestspielen (vgl. 28.7.1973):"
BEZIRKSVERBINDUNGSLEHRER SOLIDARISIEREN SICH!
Auf der Tagung der Bezirksverbindungslehrer in Gummersbach am 12./13.6.1973 unterstützten die Bezirksverbindungslehrer unsere Teilnahme an den X. Weltfestspielen. Vorausgegangen war dem eine Diskussion mit Herrn Mens vom KuMi, dessen Argumente jedoch nicht akzeptiert wurden. So schreiben die in Gummersbach versammelten Verbindungslehrer an den KM: 'Die Landes-SMV könnte an dieser Stelle einen wichtigen Beitrag leisten, den Informationsfluß über bildungspolitische Fragen von Ost nach west zu verstärken.
DIE BVL SIND DER AUFFASSUNG, DASS DIE INTENSIVE BESCHÄFTIGUNG MIT FRAGEN DER BILDUNGSPOLITIK EINE WESENTLICHE AUFGABE DER SMV IST. SIE SIND WEITERHIN DER ÜBERZEUGUNG, DASS DIE UNMITTELBARE AUSEINANDERSETZUNG MIT ANDEREN BILDUNGSSYSTEMEN UND DEREN ZIELSETZUNGEN VON GROSSER BEDEUTUNG FÜR DIE EIGENE STANDORTBESTIMMUNG IST.'"
Für den Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtete auch Hans-Peter Müllers von der versuchten Abspaltung der Realschüler im Regierungsbezirk Arnsberg (vgl. Mai 1973) durch den Hagener Realschuldirektor Kaul:"
Am 12./13.6.1973 fand eine Tagung der Bezirksverbindungslehrer in Gummersbach statt. Einer der Tagesordnungspunkte war: 'SMV in der Sekundarstufe I'. Als Gäste waren erschienen: Mitglieder des SMV-Landesvorstands einerseits und Realschuldirektor Kaul andererseits. Beide Seiten hatten ausreichend Gelegenheit, ihre Standpunkte vor den Verbindungslehrern darzulegen. Herr Kaul betrachtete die Spaltung als bereits vollzogen und legte einige Gründe für sein Vorhaben auf den Tisch. Die SMV war ihm zu politisch geworden. Außerdem würden die Interessen der Realschüler nicht genügend beachtet. Und nicht zuletzt befürchtete er, daß Realschüler von Gymnasiasten 'untergebuttert' werden.
Mit Belegen für seine Argumente ging er allerdings sehr sparsam um. Sein Pech war allerdings, daß ein Bezirksverbindungslehrer an einigen Seminaren teilgenommen hatte, und ein anderer sich bei Schülersprechern seines Bezirks über den sogenannten SMV-Bezirksausschuß und die Seminare informiert hatte.
Fragen zur Bildungsreform blockte Herr Kaul mit dem Hinweis ab: 'Das ist Politik!' So werden also die Interessen der Realschüler bei Herrn Kaul berücksichtigt. Außerdem kam bei vielen Versammlungsteilnehmern der Verdacht auf, die Realschüler würden nicht vom SMV-Landesvorstand, sondern vielmehr von dem nicht gewählten Realschuldirektor 'untergebuttert'. Als Beweis dafür ist folgendes zu bewerten: Als ein Landesvorstandsmitglied der SMV zur Diskussion sprach, unterbrach ihn Herr Kaul und wollte den Diskussionsbeitrag mit Nachdruck entstellen. Erst auf Einschreiten des Diskussionsleiters hin wurden diese Störungen unterlassen.
Als Ergebnis dieser Tagung bleibt festzuhalten: Die in Gummersbach versammelten Bezirksverbindungslehrer waren einstimmig gegen die Spaltung unseres SMV-Verbandes. Jedoch ist es für uns nicht an der Zeit, zu sagen, daß unsere Bemühungen um die Realschulprobleme immer ausreichend waren. In einigen Bezirken war dies sogar sehr mangelhaft.
Die Konsequenz daraus kann aber nicht sein, die SMV zu spalten, sondern vielmehr stärker als bisher die Interessen der Realschüler in den Bezirken anzusprechen. Schritte dazu sind auch schon eingeleitet worden.
Außerdem gibt es auf Landesebene einen Realschularbeitskreis, an dem jeder Realschüler teilnehmen kann (Informationen darüber erteilt unser Landesbüro).
Jetzt ist es an der Zeit, daß die Realschüler entschieden diesen Spaltungsversuchen entgegentreten und sich nicht durch Direktoren bevormunden lassen.
DESHALB FORDERN WIR EUCH AUF:
- ARBEITET AKTIV IN EUREN SMV-BEZIRKEN MIT!
- FASST AUF EUREN BEZIRKS-VERSAMMLUNGEN BESCHLÜSSE, DIE DIE EINIGKEIT DER SMV UNTERSTREICHEN UND SICH GEGEN DIE SPALTUNGSVERSUCHE WEDEN!
- DISKUTIERT AN EUREN SCHULEN IN SCHÜLERRATSSITZUNGEN UND VOLLVERSAMMLUNGEN DIE PROBLEME EURES SMV-BEZIRKS ODER DER LANDES-SMV! (REFERENTEN DAZU KÖNNTE IHR EUCH VON DER LANDES-SMV EINLADEN)
- TRETET EIN GEGEN DIE SPALTUNG DER SMV IN REALSCHULEN UND GYMNASIEN!"
Q: SMV-Ex-Press Nr. 1, Düsseldorf Aug. 1973, S. 3
12.06.1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet:"
DÜSSELDORF: Knapp 500 Schüler demonstrierten gegen politische Disziplinierung und materielle Bildungsmisere. In vielen Schulen waren vorher die Forderungen der Stadt-SMV (ADS) diskutiert worden. Geschlossen forderten Schülerräte ihre Schulen auf, am Schüleraktionstag, dem 12. Juni 1973, teilzunehmen. Nach der Demonstration fand eine Kundgebung auf dem Schadowplatz statt, auf der Klaus Stein von der Düsseldorfer GEW über den Ministerpräsidentenerlaß (BV, d. Vf.) sprach. Dabei forderte er die vollständige Aufhebung des 'Radikalen'-Erlasses. Volker Franke vom SMV-Landesvorstand sprach über die Bildungsreform. Mit den einleitenden Worten, 'die Bildungsreform findet nicht statt', charakterisierte er bereits den Haupttenor seiner Rede. Mit allen Tricks, von Fälschungen der Statistiken bis hin zu Märchen wie das von der Lehrerschwemme, versuche man den Bildungsnotstand in seiner ganzen Ausdehnung zu leugnen. Statt dessen plane man, die Bildungsmisere durch gerechte Verteilung des Numerus Clausus (NC, d. Vf.), der zu wenigen Lehrer und des Lehrmaterials zu beheben. Es gehe also nicht darum, das Bildungssystem zu verbessern, sondern seine verheerenden Mängel auf alle gleich zu verteilen."
Auf einem beigefügten Foto sind Transparente für kleine Klasse und 'Für Senkung der Rüstungsausgaben!' zu erkennen.
Q: SMV-Ex-Press Nr. 1, Düsseldorf Aug. 1973, S. 2
Juli 1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet vermutlich aus dem Juli (vgl. Sept. 1973):"
Die Landesjugendpresse NRW (LJP) steht unter harten Attacken des KuMi. Gelder werden gestrichen! Verlieh der Ministerpräsident noch bis vor 1-2 Jahren jährlich den Preis 'um die beste Schülerzeitung des Landes', so fiel auch dies nach den ersten kritischen Stimmen gegen Wehrkunde (WKE, d. Vf.) und Militarisierung in der Schule, gegen Berufsverbot (BV, d. Vf.) für linke Lehrer etc. schnell flach."
Q: SMV-Ex-Press Nr. 1, Düsseldorf Aug. 1973, S. 4
Juli 1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet vermutlich spätestens aus dem Juli:"
SMV-LAVO GEGEN UNGERECHTE LEISTUNGSBEMESSUNG
Um kurzfristig eine objektive Leistungsbemessung zu erreichen, setzte sich der Landesvorstand mit der Versetzungspraxis und der Notengebung auseinander. So wurde festgestellt, daß bei Klassenarbeiten ständig gegen die 'Drittelklausel' verstoßen wird. Bei Versetzungen werden oftmals nur die Noten, jedoch nicht das gesamte Leistungsbild des Schülers beurteilt. Außerdem mußten Noten in vielen Fällen als 'pädagogisches Zwangsmittel' gewertet werden.
KLASSENARBEITEN UND MÜNDLICHE PRÜFUNGEN
Die Klassenarbeiten 'bieten dem Schüler, besonders demjenigen, dem die schriftliche Äußerung leichter gelingt als die mündliche, Gelegenheit, seine Kenntnisse und Fähigkeiten an der selbständigen Lösung einer Aufgabe zu erproben. Sie sind - neben der mündlichen Mitarbeit - auch eine wichtige Grundlage zur Bewertung des Unterrichtsergebnisses in einer Klasse und bei dem einzelnen Schüler. Darum werden sie vom Lehrer korrigiert und zensiert. Sie als pädagogische Zwangsmittel zu handhaben, widerspricht ihrem Sinn und ist verboten.' (Rd. Erlaß des KuMi 27.9.1958)
Es ist leicht zu sehen, daß der Anspruch dieses Erlasses mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmt. Wenn zum Beispiel am Tage einer Schülerdemonstration auf einmal Klassenarbeiten geschrieben werden sollen, kann man sicher, daß sie als 'pädagogisches Zwangsmittel' benutzt werden. Dem SMV-Landesvorstand erscheint es deshalb wichtig, daß Klassenarbeiten nicht gegen den Willen einer Klasse geschrieben werden dürfen, und außerdem vierzehn Tage vorher festgesetzt werden.
Denn nicht selten ist die Methode, Klassenarbeiten willkürlich festzusetzen, um dann den Schülern mit schlechten Noten zu drohen, wenn sie bis zu dem Zeitpunkt der Arbeit den Stoff nicht beherrschen sollten. Aus diesem Grunde ist die 'Drittelklausel' von großer Bedeutung. 'Die Anforderungen (einer Klassenarbeit) sollen die Kräfte eines Schülers von mittlerer Leistungsfähigkeit nicht übersteigen. Erzielt ein Drittel der Schüler kein ausreichendes Ergebnis, so entscheidet der Leiter der Schule nach Anhören des Fachlehrers, ob die Arbeit gewertet wird oder ob eine neue Arbeit zu schreiben ist.' (Ebd.)
Auch hier kann leicht festgestellt werden, daß die Absicht des Erlasses mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmt. Das wirkt sich natürlich nur auf dem Rücken der Schüler aus. Oft wollen unfähige Lehrer, die ihre Unterrichtsziele nicht erreichen können, den Lerneifer mit Fünfen antreiben. Andere Lehrer setzen den Klassendurchschnitt bei dem Drittel nicht ausreichenden Noten an. Die restlichen Noten werden dann verschachert.
DER SMV-LANDESVORSTAND ERHEBT AUFGRUND DIESER MACHTPOSITION, DIE DER EINZELNE FACHLEHRER MOMENTAN HAT, DIE FORDERUNG NACH STRIKTER EINHALTUNG DER 'DRITTELKLAUSEL'.
AUSSERDEM FORDERT DER LANDESVORSTAND STIMMRECHT FÜR DIE KLASSENSPRECHER BEI DER ENTSCHEIDUNG, OB EINE ARBEIT GÜLTIG SEIN SOLL ODER WIEDERHOLT WERDEN SOLL.
UM DIESE FORDERUNGEN NOCH ABZUSICHERN, MUSS BEI MÜNDLICHEN PRÜFUNGEN UND ZEUGNISNOTEN (VERSETZUNGEN) EINE 'DRITTELKLAUSEL' EINGEFÜHRT WERDEN. So kann es gelingen, Mißbrauch mit Noten und mündlichen Prüfungen einzudämmen. Unterbinden können wir es kurzfristig nicht. Um völlig zu unterbinden, daß mit Noten politisch diszipliniert wird, Leistungsterror ausgeübt wird oder reaktionäre Lehrinhalte durchgedrückt werden, muß ein breiter demokratischer Kampf geführt werden, der sich sowohl gegen Leistungsdruck als auch gegen reaktionäre Lehrinhalte richtet. Dafür muß zum Beispiel Stimmrecht in Noten- und Versetzungskonferenzen gefordert werden.
Ebenso ist die Forderung nach demokratischen und fortschrittlichen Lehrinhalten in diese Kampagne zu stellen, die man kurz mit der FORDERUNG NACH EINEM DEMOKRATISCHEN BILDUNGSWESEN zusammenfassen kann.
NOTENAUSKUNFT:
Wiederholt kommt es vor, daß ganze Klassen nicht die Möglichkeit bekommen, gemeinsam mit dem Lehrer die Zeugnisnoten zu diskutieren. So sagen Lehrer, man solle nach dem Unterricht zu ihm kommen. DER LANDESVORSTAND HÄLT DESHALB DIE FORDERUNG FÜR NOTWENDIG, DASS NOTENAUSKÜNFTE JEDERZEIT UND AUF WUNSCH VOR DER KLASSE ERTEILT WERDEN MÜSSEN.
Ebenso ist es nicht möglich, bei Nachprüfungen das Ergebnis der schriftlichen und mündlichen Ergebnisse zu verheimlichen. Ein Schüler, der in die mündliche Prüfung muß, soll das Recht haben, das Ergebnis seiner schriftlichen Arbeit vorher zu erfahren.
AUSLAUFENDE FÄCHER:
Nach den allgemeinen Versetzungsbestimmungen soll versetzt werden, wer die Gewähr bietet, daß er das folgende Jahr erfolgreich absolvieren kann. Hierbei ergibt sich immer wieder das Problem, daß Schüler nicht versetzt werden, weil sie in einem auslaufenden Fach keine ausreichende Leistung erzielen konnten, und in einem anderen Fach ebenso eine mangelhafte Leistung erbracht haben. Diese Versetzungspraxis ist völlig ungerechtfertigt. DESHALB FORDERT DER LANDESVORSTAND DER SMV VON NORDRHEIN-WESTFALEN, DASS BEI AUSLAUFENDEN FÄCHERN DIE VERSETZUNG NICHT IN FRAGE GESTELLT WERDEN DARF.
DISKUSSIONEN:
Der Landesvorstand ist sich im klaren darüber, daß er noch keine feststehenden Ergebnisse vorzuschlagen hat. In einem Brief an den Kultusminister Girgensohn wird jedoch auf die gesamte Noten- und Versetzungsproblematik aufmerksam gemacht. Für Kritikpunkte, die dazu dienen, kurzfristige Verbesserungen zu erreichen, das heißt, den Mißbrauch mit Noten u.a. einzuschränken, ist der Landesvorstand immer dankbar."
Q: SMV-Ex-Press Nr. 1, Düsseldorf Aug. 1973, S. 2
August 1973:
In NRW gibt der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen erstmals sein Info 'SMV-Ex-Press' (vgl. Sept. 1972, Okt. 1973) mit vier Seiten DIN A 3 in einer Auflage von 80 000 unter Verantwortung von Volker Franke in Düsseldorf mit folgendem Leitartikel von Uwe Koch heraus:"
UNSERE AUFGABEN IM NEUEN SCHULJAHR:
DIE RECHTE DER SCHÜLERVERTRETUNG ERWEITERN - DIE UNABHÄNGIGKEIT DER SMV-ZEITUNG SICHERN
SMV FORDERT: 'SCHLUSS MIT DER POLITISCHEN DISZIPLINIERUNG!'
Es hat eine lange Pause gegeben zwischen der letzten Ausgabe der SMV-Press und dem Erscheinen dieses Informationsblattes des SMV-Landesverbands. Wie Ihr wißt, war nicht unsere Untätigkeit der Grund: DAS SCHWEIGEN WAR ERZWUNGEN, DER KULTUSMINISTER HATTE DER SMV IM VERGANGENEN SEPTEMBER UNTERSAGT, WEITERHIN GELD FÜR EINE ZEITUNG AUSZUGEBEN, DEREN INHALT NICHT SEINEN WÜNSCHEN ENTSPRACH.
BEHINDERTE SMV
Es blieb nicht der einzige Schlag gegen die Landesschülervertretung. Ich erwähne nur noch kurz, was (durch unsere Schulrundsendungen, durch andere Schülerzeitungen) vielen wohl schon bekannt ist:
EINE LANDESVERSAMMLUNG, DIE EINEN NEUEN LANDESVORSTAND DER SMV WÄHLEN SOLLTE, WURDE VIER WOCHEN LANG VERHINDERT. Das Schulkollegium machte seine Zustimmung von Bedingungen abhängig: ein die SMV-Press betreffender Tagesordnungspunkt sollte abgesetzt, das Wahlverfahren des Landesvorstands geändert werden.
Bereits seit Anfang 1972 sieht die Satzung der Landes-SMV vor, daß für Ämter des Landesverbands 'jeder Schüler einer allgemeinbildenden Schule NRWs' kandidieren kann. Das wußten Kultusministerium und Schulkollegium Münster.
Und im SMV-Erlaß heißt es: 'Über die Form örtlicher und überörtlicher Zusammenschlüsse entscheiden die Schülersprecher selbst. Die Konstituierung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen.' (Art. 9.2)
Auf einmal sah das Münsteraner Schulkollegium einen Widerspruch zwischen der Landessatzung und dem Erlaß. FÜR DEMOKRATISCHER WURDE ERKLÄRT, WENN DIE ÄMTER IM LANDESVORSTAND NUR DEN FUNKTIONÄREN VORBEHALTEN BLIEBEN, DIE ZUVOR SCHON IN HÖHERE SMV-ÄMTER GEWÄHLT WORDEN SIND. ALLE ANDEREN SCHÜLER SOLLTEN VOM PASSIVEN WAHLRECHT (WÄHLBARKEIT) AUSGESCHLOSSEN SEIN.
Die Landes-SMV hält das für alles andere als einen 'demokratischen Grundsatz' (s.o.) und wählte gemäß ihrer Satzung. Prompt verweigerte das Schulkollegium in Münster lange Zeit die Anerkennung des Landesvorstands.
Und schließlich: ein Finanzerlaß für die SMV wurde entworfen. Er sah vor, daß ein Beamter des Schulkollegiums Münster jede Finanzausgabe des Landesverbands (also auch: Veranstaltungen, Publikationen) hätte verbieten können.
Es hat Solidarität mit der Landes-SMV gegeben. Viele SMVen fragten in der Zwischenzeit an, wann endlich die nächste SMV-Press erscheine. Vollversammlungen nahmen das Thema 'Politische Disziplinierung' auf und luden Mitglieder des Lanesvorstands dazu ein. Jugendverbände und Schülerorganisationen setzten sich für die SMV-Zeitung ein.
Gegen die SMV-Press standen: die Landeselterschaft und die CDU-Landtagsfraktion. Aber spricht das gegen uns?
Es hat auch Schüler gegen die SMV-Press gegeben. Mitglieder der Jungen Union sammelten in Düsseldorf bereits Unterschriften für ein Verbot, als Girgensohn sich noch nicht dazu entschlossen hatte. Dazu einige Sätze:
Von den Mitarbeitern dieser Zeitung kann niemand sagen, mit dem Inhalt der SMV-Press stets einverstanden gewesen zu sein. Die Zeitung verstand sich bis zuletzt als Forum und gab unterschiedliche Meinungen wieder. Die Redaktion der Zeitung war demokratisch gewählt und demzufolge auch demokratisch abwählbar. WER NACH DEM VERBOT DER SMV-ZEITUNG RUFT, DER KANN DEMNÄCHST AUCH DAS VERBOT EINES SCHÜLERRATS ODER AUFLÖSUNG EINER SMV FORDERN, WEIL IHM DIE DARIN VERTRETENEN MEINUNGEN NICHT MEHR GEFALLEN.
Die Sammler der JU haben allerdings durch ihre Unterschriftenaktion ihrer Organisation noch mehr geschadet als der SMV-Press; zum weitaus größeren Teil setzten sich die Schüler für die Zeitung ein.
Erfolge sind zu verbuchen:
- Dem jetzt gewählten Landesvorstand wird nicht weiter die Anerkennung verweigert.
- Neben einer gemeinsamen Zeitung mit der SMV der Berufsbildenden Schulen, die erstmals nach den Sommerferien erscheinen wird, stehen unserem Landesverband wieder (im Vergleich zu früher allerdings geringere) Mittel für eigene Publikationen zur Verfügung. Ob die in Pressegesetz und Schülerzeitungserlaß versprochene Meinungsfreiheit allerdings auch für sie gilt, muß sich erst noch zeigen.
'SCHULRECHT IN NRW'
GRUND ZUR EUPHORIE GIBT ES JEDENFALLS NICHT, AUFGABEN FÜR EINE FORTSCHRITTLICHE SCHÜLERVERTRETUNG ABER GENUG; FOLGENDES IST IM SPD-REGIERTEN NORDRHEIN-WESTFALEN MÖGLICH:
- Schüler werden von der Schule verwiesen, weil sie sich in einem Klassenkollektiv kritisch auf den Geschichts- und Deutschunterricht vorbereiten. Die Schulleitung nennt es 'Behinderung der Lernwilligen' (Wuppertal).
- Ein Erlaß aus dem Jahre 1932 fordert von den Schülern, sich 'jeder herausfordernden Betonung eines Parteistandpunktes zu enthalten' (Preuß. Musterschulordnung Paragraph 7).
- Referendare, die sich gegen die verbotene, aber immer noch praktizierte Prügelstrafe wenden, werden aus der Schule entfernt (Erkelenz).
- Während bereits vor einem Jahr das Kultusministerium bekannt gab, an etwa der Hälfte aller Gymnasien seien drei oder mehr Schüler stimmberechtigt in Konferenzen, werden die minimalen Rechte des SMV-Erlasses ständig verletzt: Schüler bleiben von Konferenzen ausgeschlossen, Schüler werden von der
behandlung von Disziplinarfällen ausgeschlossen, eine Gesamtkonferenz erklärt sich für beendet und tagt, nachdem die Schüler den Raum verlassen haben, weiter, um das Schwarze Brett zu zensieren (Düsseldorf).
- Die Bezirksdirektorenkonferenz empfiehlt: 'Man vermeide aufgestautes Unbehagen', denn 'Die Solidarisierung der Schüler mit radikalen Elementen tritt auf, wenn Unbehagen herrscht'. 'Man sollte die Möglichkeit geben, als Schulleiter gegen verfassungsfeindliche außerschulische Kontakte der SMV vorgehen zu können.' 'Die Behörde muß eingreifen, wenn SMV-Landesvertreter Mitteilungen verschicken, die gegen das Gesetz verstoßen.'
'Aufgrund der Bindungen an die Verfassung sollte der Schulleiter ermächtigt werden, verlangen zu dürfen, daß ihm Flugblätter, die zur Verteilung auf dem Schulgelände bestimmt sind, vor der Verteilung zur Genehmigung vorgelegt werden.'
'Schulleiter sollten das Recht haben, SMV-Post zurückzuhalten, wenn sie wissen, daß ihr Inhalt verfassungswidrig ist.' (Aus einem internen Protokoll der Bezirksdirektorenkonferenz Westfalens)
MINISTERPRÄSIDENTEN KONTRA FORTSCHRITTLICHEN UNTERRICHT
UND AUCH DAS IST NOCH MÖGLICH: LEHRER, DIE SICH ALS KONSEQUENTE KRITIKER DIESES BILDUNGSNOTSTANDSSYSTEMS ERWIESEN HABEN, WERDEN NICHT EINGESTELLT.
Der verfassungswidrige Beschluß der Ministerpräsidenten der Länder führt dazu, daß Lehrer mit fortschrittlichen Unterrichtszielen aus der Schule entfernt werden, während die erzreaktionären (sie brauchen nicht einmal Mitglied der NPD zu sein) weiter unterrichten.
Wir als Schüler müssen für die Einstellung der linken Lehrer sein, denn:
- sie werden zu den Lehrern gehören, die nicht schlagen und ihren Unterricht durch autoritäre Methoden, durch Bestrafungen und Disziplinierungsmaßnahmen absichern;
- sie werden die überkommenen Unterrichtsmethoden (Frontalunterricht usw.) abschaffen und eine fortschrittlichere Gestaltung der Unterrichtsstunden unter Schülerbeteiligung einführen;
- sie werden, wo andere Lehrer noch von ihren Rußlandfeldzügen schwärmen, mit uns die geschichtlichen Ursachen des Faschismus untersuchen.
BERUFSVERBOT FÜR LINKE LEHRER - GEGEN UNSERE INTERESSEN
AUS DEN KONKRETEN INTERESSEN UNSERES UNTERRICHTS IST DAHER UNSER EINTRETEN FÜR DIE VOM BERUFSVERBOT (BV, d. Vf.) BETROFFENEN ODER BEDROHTEN LEHRER NÖTIG.
Die Kultusbehörden versuchen, uns dieses Recht streitig zu machen. denn, so argumentiert das Schulkollegium Münster: 'Zum Zuständigkeitsbereich der Schule - und damit auch der SMV - gehören Schul- und Bildungsangelegenheiten, nicht aber allgemeine beamtenrechtliche Fragen, wie etwa diejenigen der Nichteinstellung Radikaler in den Staatsdienst und der Entlassung radikaler Beamter aus dem Staatsdienst'.
Vollversammlungen, bei denen der Berufsverboterlaß diskutiert werden oder ein Betroffener gar selbst zu Wort kommen soll, werden teilweise untersagt.
Die Landes-SMV hat schon seit langem gegen den Beschluß Front gemacht. In unserer Ablehnung wissen wir uns einig mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), mit dem Verband Deutscher Studentenschaften (VDS) und fast allen großen Jugendverbänden der BRD.
SMV IN DER AKTION: FÜR GRUNDRECHTE UND POLITISCHE FREIHEITEN
Aktionen gegen diesen Erlaß standen deshalb immer im Mittelpunkt unserer Arbeit. In vielen Städten beteiligte sich die Bezirks-SMV an Initiativgruppen gegen die Berufsverbote (u.a. in Münster und Essen). In Iserlohn, Düsseldorf, Solingen und Essen fanden Veranstaltungen von oder mit der SMV statt, bei denen die betroffenen Lehrer selbst zu Wort kamen."
Berichtet wird von Veranstaltungen in Düsseldorf (vgl. 3.12.1972), u.a. gegen die Berufsverbote (vgl. 11.11.1971, 9.5.1973) und bundesweit (vgl. 14.4.1973) und so geendet:"
Wo in Schule und Universität fortschrittliche Lehrer und Dozenten entlassen werden, weil sie Kritik an unhaltbaren Zuständen äußerten und in Betrieben Jugendvertreter und Betriebsräte aus demselben Grund gefeuert werden, da ergibt sich unser gemeinsames Handeln ganz von selbst.
Die Kultusbürokratie will uns dieses Recht streitig machen (s.o.). Die Beschränkung auf ein bildungspolitisches Mandat der SMV soll unsere Arbeit dort begrenzen, wo wir unsere Interessen gemeinsam mit den Jugendlichen in Universität und Betrieb wahrnehmen müssen.
UNTERSTÜTZEN WIR SMV-EX-PRESS!
MATERIELLE HILFE FÜR UNSERE EIGENE SACHE!
Die vorliegende SMV-Information ist in ihrem Inhalt weiterhin beschränkt und unterliegt einer Kontrolle durch die Kultusbehörden.
Nachdem der Kultusminister am 19. März die Finanzierung von Publikationen unserer SMV zusagte, erfuhr der SMV-Landesvorstand bald, daß an eine Aufhebung des SMV-Press-Verbots nicht gedacht ist. Statt dessen steht uns die Herausgabe eine 'Infos' zu; was dabei jedoch 'Informationsarbeit' und was ein Presseorgan ist, das zu entscheiden behält sich das Kultusministerium vor.
Eine erneute Sperrung der Mittel für dieses Info ist also jederzeit möglich. Für eine Erhaltung unserer Publikationen müssen wir daher selber sorgen. Direkte materielle Unterstützung ist notwendig, wenn wir unser Informationsorgan erhalten wollen.
DAMIT WIR DIE FORDERUNG NACH POLITISCHEN RECHTEN DURCHSETZEN UND DIE DISZIPLINIERUNGSVERSUCHE ABWEHREN KÖNNEN, BRAUCHT DIE SCHÜLERVERTRETUNG POLITISCHE SELBSTÄNDIGKEIT UND BÜNDNISFREIHEIT. DIE FORDERUNG DER SMV 'SCHKUSS MIT DER POLITISCHEN DISZIPLINIERUNG!' STEHT AUCH IM NEUEN SCHULJAHR UNVERÄNDERT DRINGEND AUF DER TAGESORDNUNG."
Noch auf der Titelseite erscheint die folgende Bitte von Volker Franke:"
LIEBE MITSCHÜLER
Wir bitten um Euer Verständnis, wenn wir mit der Bitte an Euch herantreten, unser Info mit Geld zu unterstützen. Bei meinem letzten Gespräch im Schulkollegium Münster wurde mir nicht versichert, ob dieses Info aus öffentlichen Mitteln finanziert werde. Grund: Das Kultusministerium will sich die Entscheidung noch vorbehalten, ob das, was wir hier gemacht haben ein Info ist. (Wäre es ein Presseorgan, würde es nicht finanziert.)
SPENDET FÜR SMV-EX-PRESS!
Wir müssen versuchen, eine eigenständige Zeitung zu erreichen. Das bedeutet Startkapital. Nur so können wir den dauernden Angriffen der Behörden entgehen. Diese Zeitung erscheint, ohne daß deren Finanzierung sichergestellt wäre.
Wenn jeder Schüler 10 Pfennig spendet, ist uns sicher geholfen!"
Ebenfalls auf der Titelseite erscheint der folgende:"
AUFRUF ZUR MITARBEIT
Dieses Info der Schüler der nordrhein-westfälischen Gymnasien und Realschulen ist nicht nur ein Mittel zum gegenseitigen Informationsaustausch; es ist zugleich eine politische Waffe, ein wirksames Mittel zur Verteidigung und Erweiterung unserer Rechte.
Nicht nur die Berichte dieser Ausgabe belegen, daß selbst die minimalen Rechte der Schüler häufig gebrochen werden: die meisten von uns werden es aus eigener Erfahrung bestätigen können. In anderen Fällen wird sogar - durch Erlasse und Verfügungen juristisch abgesichert - Schülern das genommen, was die Verfassung als Grundrecht zu garantieren scheint. Das 'besondere Gewaltenverhältnis', so heißt es, rechtfertige selbst die Beschneidung der Meinungsfreiheit.
Der Protest der Schüler dagegen ist vielerorts nicht nur erfolglos, sondern auch gefährlich. Schüler und Lehrer, die gegen die Prügelstrafe angehen, riskieren empfindliche Repressionen.
Dieses Info kann schützen. Die Öffentlichkeit, die es herstellt, bricht die Isolation, in der der Einzelne 'untergebuttert' wird.
DESHALB SCHREIBT FÜR SMV-EX-PRESS!
WERDET KORRESPONDENTEN DES SMV-INFOS
SCHICKT UNS BERICHTE ÜBER EURE SCHULE UND EUREN SMV-BEZIRK!
Schreibt alles, was auch für andere interessant sein könnte! Was als 'Einzelfall' erscheint, stellt sich häufig als vielerorts geübte Praxis heraus! Wir werden uns bemühen, jeden bericht, jede Fallstudie, aber auch jeden Leserbrief, der unsere Arbeit kritisch einschätzt, abzudrucken. Wo das - vielleicht aus Platzgründen - nicht möglich ist, war die Mühe nicht umsonst: jede Information, die uns erreicht, ist uns eine wichtige Unterlage und kann oft noch in anderem Zusammenhang verwendet werden."
Berichtet wird von den eigenen Bemühungen um gerechte Leistungsbeurteilung (vgl. Juli 1973), Fahrkostenerstattung (vgl. Juni 1973), das politische Mandat (vgl. Juni 1973), von den SMV-Bezirksverbindungslehrern (vgl. 12.6.1973), der Teilnahme an den Weltfestspielen der Jugend (vgl. 7.5.1973), der Landesjugendpresse (LJP - vgl. Juli 1973), den Schulbüchern (vgl. 7.5.1973), der SMV-Spaltung im Regierungsbezirk Arnsberg (vgl. Mai 1973), aus Düsseldorf (vgl. 12.6.1973), Essen (vgl. Juni 1973), Kempen (vgl. 16.4.1973), Bonn (vgl. 19.5.1973), München (vgl. Juni 1973), Erkelenz (vgl. März 1973) und Münster (vgl. Juni 1973) sowie von Bayer Leverkusen (CPK-Bereich - vgl. 30.5.1973). Unter wichtigen Adressen werden neben der eigenen Landesgeschäftsstelle in Düsseldorf der Konventsvorsitzende Karl-Heinz Müller in Burgsteinfurt sowie die Rechtsmittelreferenten Karl-Heinz Dewenter in Bochum und Rolf Hengesbach in Bonn-Bad Godesberg genannt.
Von Volker Franke stammt der folgende Artikel:"
MILITARISIERUNG DURCH DIE HINTERTÜR
Der starke Protest vieler Schüler, Lehrer und Politiker gegen die geplante Einführung eines Unterrichtsfaches 'Wehrkunde' (WKE, d. Vf.) zwang die Kreise, die an diesem Fach interessiert waren, dazu, eine neue Strategie zu entwickeln. So versucht man mit schönen Worten über die neue Kampagne hinwegzutäuschen.
'Ich habe nachdrücklich gesagt, daß die Schule nicht zur Stätte der Propaganda gemacht werden sollte. Wenn Jugendoffiziere der Bundeswehr in die Schulen kommen sollten, um Propaganda für die Bundeswehr, für Wehrbegeisterung und Wehrkunde zu betreiben, dann würde ich dies für ebenso unvertretbar halten, als wenn Wehrdienstverweigerer (KDV, d. Vf.) Propaganda für Wehrunwilligkeit in der Schule betreiben würden. Die Schule ist kein Rekrutierungsinstitut der Bundeswehr und sie ist kein Propaganda-Institut der Wehrdienstverweigerung!' (Ministerpräsident von NRW JHeinz Kühn am 15.11.1972 im Landtag)
Neben diesen Ausführungen versucht man nun Lehrer für diese Dienste zu schulen. Über den Inhalt der Schulung berichtete die Deutsche Volkszeitung (DVZ, d. Vf.) vom 17.5.1973."
Es folgt eine längere Nacherzählung des DVZ-Berichts über eine Tagung in Düsseldorf (vgl. 27.3.1973) mit kurzem Kommentar:"
In Anbetracht dieser friedensfeindlichen Äußerungen halten wir es deshalb für gefährlich, was Ministerpräsident Kühn beabsichtigt. Das Unterlaufen der weiten Proteste gegen die geplante Einführung des Faches Wehrkunde.
'Die Schule muß in ihrem Gesamtunterricht das Verständnis der Bedingungen unserer Epoche, der gesellschaftlichen nach innen und der weltpolitischen nach außen, vermitteln. Und hier liegt Ihr Fehler, meine Damen und Herren der CDU: Das kann man nicht durch Erlasse des Kultusministers, weder durch irreführende 'Wehrkundeerlasse', noch durch noch so richtungsweisende kultusministerielle Erlasse…
Dieses Problem des staatsbürgerlichen Bewußtseins müssen wir durch Gestaltung des Gesamtunterrichts unserer Schulen bewältigen.' (Kühn im Landtag am 15.11.1972)
Hier wird klar, was beabsichtigt ist. Da man gesehen hat, daß es zur Zeit noch nicht möglich ist, ohne den Protest vieler Eltern, Schüler, Lehrer und Politiker, die Bundeswehr direkt mit ihren Jugendoffizieren an die Schulen zu bringen, beginnt man eine andere Strategie. Die Lehrer werden zu Informationsträgern von Bundeswehrwerbung gemacht. Mit dem Vorteil, daß die Einflußnahme immer gewährleistet ist, außerdem nicht personalisiert ist, läßt sich ie ganze Kampagne fruchtbarer und sicherer durchführen.
Neben solchen, wie oben beschriebenen Tagungen, gibt es noch Informationsschriften, die den Lehrern helfen sollen. So berichtet die Deutsche Volkszeitung vom 22.3.1973 (12/1973) von einem Buch des Majors der Reserve Günther Wapulski, das beim Bundesamt für Presse und Information erschienen ist. Titel der Broschüre, die an Sozial-, Staatsbürgerkunde- und Geschichtslehrer verschickt wird: 'Verteidigung und Entspannung gleich Sicherheit'. Kritische Wissenschaftler kommen in der Schrift nicht zu Wort, wahrscheinlich bürgt der Dienstgrad von Günther Wapulski für die objektive Darstellung.
1971 meinte der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände Dr. Otto A. Friedrich, in einem Aufruf an Bundeswehr, Bildungswesen und die 'Gesamtheit der Gesellschaft': Es muß jetzt nach Mitteln und Wegen gesucht werden, 'jungen Menschen überzeugend Sinn, Zweck und Notwendigkeit der Verteidigung und der Erhaltung von Streitkräften deutlich zu machen'. Die Unterrichtsstunden sollen mit militärischem
'Pflichtbewußtsein' angereichert werden. (Kern 5/1973)"
Q: SMV-Ex-Press Nr. 1, Düsseldorf Aug. 1973
August 1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet vermutlich aus dem August:"
EIN GUTER DEUTSCHER?
Das Gebot der Stunde erkannte das Mitglied der Jungen Aktion (JA, d. Vf.) (die Jugendorganisation der Zoglmannschen Deutschen Union (DU, d. Vf.)) und 'Schülersprecher' der Albert-Einstein-Realschule in Essen, Kelm, als er das INFO des Landesvorstandes der SMV abS NRW SMV-Ex-Press zu Gesicht bekam. Seine Schüler mußten vor dem 'linken Gedankengut' um jeden Preis geschützt werden. So verhinderte er in offensichtlicher Übereinstimmung mit der Schulleitung die Weitergabe der SMV-Ex-Press an seine Mitschüler. Begründung: er müsse erst feststellen, wer der Herausgeber dieses Blattes sei: ein Blick aufs Titelblatt oder ins Impressum allerdings hätte ihm genügen müssen."
Q: SMV-Ex-Press Nr. 2, Düsseldorf Okt./Nov. 1973, S. 4
20.08.1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet:"
GIRGENSOHN FINANZIERT SMV-EX-PRESS
Die Finanzierung des Infos SMV-Ex-Press wurde dem Landesvorstand auf einer Besprechung im Kultusministerium am 20.8. von Kultusminister Girgensohn garantiert.
Kultusminister Girgensohn wies allerdings darauf hin, daß er nicht in die gleiche Situation wie bei der 'SMV-Press' kommen wolle. Darunter versteht Girgensohn eine Eingrenzung der Thematik auf direkt bildungspolitische und SMV-interne Informationen.
Zwar hat die SMV damit noch kein eigenes Organ im Sinne der SMV-Press. (Ihr wurde durch eine völlige Mittelstreichung auf Grund von politischen Aussagen das Leben genommen). Aber wir werden die Möglichkeit eines Informationsblattes zu nutzen wissen.
Verstärkt werden in der SMV-Ex-Press Berichte aus den einzelnen Schulen und Bezirken veröffentlichen. Damit soll erreicht werden, daß das Organ der SMV inhaltlich nicht nur für den Schüler sondern vom Schüler gemacht wird.
Der Erfolg. die zugestandene Finanzierung, ist nicht zuletzt auch zurückzuführen auf die Solidarität und Rückendeckung, die wir in Form von täglichen Briefen und Spenden erhalten haben.
Unterstützt uns auch weiterhin durch die Zusendung von Berichten über interessante Vorfälle und Erfahrungen an Euren Schulen!"
Q: SMV-Ex-Press Nr. 2, Düsseldorf Okt./Nov. 1973, S. 4
22.08.1973:
Dem Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet Martin Dietzsch, Klassensprecher der OIIIb am Adolfinum in Moers:"
'DU BIST WOHL EIN LINKER?'
In Eurer letzten Nummer schreibt Ihr, daß wir Euch Zwischenfälle in der Schule mitteilen sollen. Hier nun, was mir am Mittwoch, dem 22.8.1973, um 9 Uhr 35 passiert ist.
Die Schüler, die den Gottesdienst besucht haben, dürfen in die Klassen. Die anderen müssen draußen warten, weil Herr Hillebrandt (Lehrer) den Eingang versperrt.
H.: Wenn ihr rechtzeitig gekommen wäret, würdet ihr reinkommen.
R. K. (ein Schüler): Aber wir sind doch rechtzeitig gekommen.
H.: Die anderen müssen dafür belohnt werden, daß sie die Messe besucht haben.
M. D. (ich): Das ist doch eigentlich gegen die Prinzipien des Grundgesetzes.
H.: DU BIST WOHL EIN LINKER? (Zitat)
M. D.: Sind Sie ein rechter?
H.: Du hast gar kein Recht, das zu fragen - Gleich geb' ich dir eine Ohrfeige, dann ist der Fall erledigt!
M. D.: Schlagen Sie ruhig, das gibt dann eine Anzeige.
H.: Das macht nichts (er schlägt nicht).
Herr Pieper (Lehrer), der übrigens am Freitag, dem 24.8., um 10 Uhr 40 einen Schüler an den Haaren gezogen und geschlagen hat, kommt vorbei und verurteilt mein schändliches Verhalten.
Inzwischen hat sich ein großer Schülerstau vor dem Eingang gebildet.
H. sagt in die Menge: 'Geht mal weg hier'.
Niemand weiß, wen er meint. - Sofort knallt er den nicht geöffneten Türflügel M. D. entgegen und klemmt ihn und drei andere Schüler ein. Dann packt H. M. D. an seiner Jacke und schleppt ihn zum Direktor. Dort angelangt meint H.: 'Hier habe ich ein renitentes Kerlchen für Sie'. Darauf schildert er den Fall so, als ob M. D. die Tür gewaltsam zugehalten hätte, die Vorgeschichte wird selbstverständlich weggelassen. 'Natürlich' glaubte der Direktor der Darstellung M. D.'s nicht.
Noch was zur SMV-Ex-Press: Diese Zeitung ist unbedingt notwendig. Wir Schüler müssen gegen die versuche, sie mundtot zu machen, wehren. Folgerichtig habe ich sie mit einer Spende von 10 DM unterstützt. Ich fordere alle Schüler NRW's auf, sich mit der SMV-Ex-Press zu solidarisieren!
Und noch was, in unsere Klasse sind nur drei Exemplare gelangt. Wäre es nicht möglich, die Auflage zu steigern?"
Q: SMV-Ex-Press Nr. 2, Düsseldorf Okt./Nov. 1973, S. 2
September 1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet vermutlich aus dem September (vgl. Juli 1973):"
Die seit zwanzig Jahren erfolgte Bezuschussung der Landesjugendpresse, dem Vertretungsorgan von 200 (!) Schüler- und Lehrlingszeitungen stellte das Kultusministerium ein. Als Hauptgrund gilt das politische Engagement gegen Berufsverbote (BV, d. Vf.) und für den Ausbau der demokratischen Rechte der arbeitenden und lernenden Jugend.
'Was nicht sein darf, darf nicht sein' (Zitat).
Die LJP erhebt die Forderung auf sofortige Revision des Finanzstopps."
Q: SMV-Ex-Press Nr. 2, Düsseldorf Okt./Nov. 1973, S. 4
September 1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet vermutlich aus dem September von der Schülerunion der CDU (S)U:"
Mit großem finanziellen Aufwand versuchte die Landesschülerunion (CDU/CSU) durch ein 'Schüler-Journal' verlorenen Boden an den Schulen zurückzugewinnen. So mancher Schüler überlegte, was man doch mit dem vielen Geld hätte Anständiges machen können…"
Q: SMV-Ex-Press Nr. 2, Düsseldorf Okt./Nov. 1973, S. 4
September 1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet vermutlich aus dem September:"
Die Landes-SMV brachte jetzt zusammen mit der Schülervertretung der berufsbildenden Schulen die erste Nummer der gemeinsamen Zeitung 'Tatsachen' heraus. Schon in den ersten 14 Tagen nach Erscheinen erreichten viele Leserbriefe das Düsseldorfer Büro."
Q: SMV-Ex-Press Nr. 2, Düsseldorf Okt./Nov. 1973, S. 4
September 1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet vermutlich aus dem September:"
Auch im Bezirk Ennepetal trafen sich einige Realschülersprecher zu einem Gedankenaustausch. Da Ennepetal zum Regierungsbezirk Arnsberg gehört und dort ja die Abspaltung der Realschüler vollzogen ist, ergaben sich hier einige Schwierigkeiten für die Schülersprecher auf Bezirks- oder Landesebene mitzuarbeiten. So wurden zum Beispiel zwei Schülersprecher aus Ennepetal nicht beurlaubt, als sie vom Realschularbeitskreis als Beobachter zur Landesdelegiertenkonferenz (vgl. 24.9.1973, d. Vf.) eingeladen wurden."
Q: SMV-Ex-Press Nr. 2, Düsseldorf Okt./Nov. 1973, S. 2
September 1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet vermutlich aus dem September:"
AUSBILDUNGSVERBOT FÜR EMILIJA
Emilija Mitrovic, bis zum 26. September dieses Jahres noch Landesschülersprecherin der SMV abS, bewarb sich nach dem Abgang vom Gymnasium zur Fortsetzung ihrer Ausbildung an einer Fachoberschule (FOS, d. Vf.). Der Besuch dieser Schule setzt in der 11. Klasse die Ableistung eines Praktikums an vier Tagen in der Woche voraus. Die seit 15 Jahren in der BRD lebende Jugoslawin, der die deutsche Staatsbürgerschaft immer noch verweigert wird, erhielt ihren Platz an der überfüllten Schule als Ersatz für ein nach wenigen Tagen wieder ausgeschiedenes Mädchen. Es erschien als selbstverständlich, daß sie ebenfalls deren Praktikantenstelle übernehmen könne.
Doch bevor Emilija ihre Arbeit aufnehmen konnte, erhielt der Heimleiter Jupp Jonen andere Weisung. Der Iserlohner Oberstadtdirektor, CDU-Rechtsaußen Wach, verweigerte seine Unterschrift unter den Anstellungsvertrag. Gründe waren weder im Jugendamt noch bei der Stadtverwaltung zu erfahren. Erst als die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ der DKP, d. Vf.), deren Iserlohner Vorsitzende Emilija ist, in einer Pressekonferenz aufzeigte, wie hier Berufsverbot (BV, d. Vf.) zum Ausbildungsverbot erweitert wird, zimmerte der Stadtdirektor eine Begründung: Schon vor Monaten habe der Rat der Stadt Personaleinsparungen beschlossen. Das Jugendamt, in dem Emilija arbeiten wollte, sei personell ausreichend besetzt. Emilija antwortete auf diese offensichtlichen Ausflüchte mit einem Brief, den auch die örtliche Presse zur Berichterstattung aufgriff. Sie stellte u.a. folgende Fragen an den Oberstadtdirektor: Wie konnte es passieren, daß meine Bewerbung vom Heimleiter bis zum Jugendamt positiv beantwortet wurde und einzig und allein ohne Wissen eines Ihrer Kollegen durch Sie abgelehnt wurde? Warum konnte mir unmittelbar nach Erhalt Ihres Schreibens auf meine Anfrage hin niemand der zuständigen Herrn in der Verwaltung Gründe für diese Entscheidung nennen? Warum war die Stadtverwaltung ein halbes Jahr nach Bekanntgabe der Etatkürzung nicht über die Streichung gerade dieser Praktikantenstelle informiert?
IN EINER REIHE MIT DEM VERFASSUNGSWIDIRGEN BERUFSVERBOT…
Man muß diesen Fall schon im Zusammenhang mit den anderen Berufsverboten sehen, die in der BRD ausgesprochen werden. Keine 'Modifizierung' des Verfassungsbruchs wird daran etwas ändern, daß demokratische Lehrer nicht in die Schulen, wo sie fehlen, gelassen, daß Jugendvertreter reihenweise gefeuert werden und daß man nun schon politisch Andersdenkenden die Ausbildung verwehren will.
Viele Schüler haben uns immer wieder gefragt, was Schüler mit Berufsverboten zu tun hätten. Jetzt hat es einen von uns getroffen, eine engagierte Schülervertreterin."
Q: SMV-Ex-Press Nr. 2, Düsseldorf Okt./Nov. 1973, S. 4
September 1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet vermutlich aus dem September:"
In Kempen-Krefeld wurde ein Realschularbeitskreis auf Bezirksebene eingerichtet. Dies sollte auch von anderen Bezirken übernommen werden, da sich ein solcher Arbeitskreis intensiv mit den spezifischen Problemen und Interessen der Realschüler auseinandersetzen kann."
Q: SMV-Ex-Press Nr. 2, Düsseldorf Okt./Nov. 1973, S. 2
September 1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet vermutlich aus dem September:"
In Wuppertal ergriffen einige Realschüler die Initiative und veranstalteten ein Treffen aller Wuppertaler Realschülersprecher. Da bisher nur zwei Realschulen an den Bezirkssitzungen teilnahmen, war es erfreulich, daß zu diesem Treffen bis auf eine alle Realschulen anwesend waren. Es wurde darüber diskutiert, wie man die katastrophale Lage der SMV an den Realschulen ändern könne. Seit diesem Treffen arbeiten in Wuppertal fast alle Realschulen der SMV in der Bezirksvertretung der SMV mit."
Q: SMV-Ex-Press Nr. 2, Düsseldorf Okt./Nov. 1973, S. 2
10.09.1973:
Der Unterbezirksschülersprecher Heinz Vennemeier aus Beckum berichtet vermutlich aus dieser Woche:"
ARBEITSVERBOT FÜR REALSCHÜLER
Mitte September fand in Gütersloh eine zweitägige Versammlung des Bezirks Warendorf statt. Dazu wurden alle Mitglieder - Realschüler und Gymnasiasten - eingeladen. Später kam uns zu Ohren, daß einem Realschüler verboten wurde, den Schülerrat und seine Mitschüler darüber zu informieren. Damit wurde vom Direktor der Realschule Beckum dem Schülersprecher das Informationsrecht entzogen. Dieses grundsätzliche SMV-Recht ist sogar oberste Pflicht jedes SMV'lers. Begründung für dieses Arbeitsverbot: 'der Bezirk der allgemeinbildenden Schulen Warendorfs sei nicht zuständig für die Realschüler des Regierungsbezirks Münster, da die Realschüler im Regierungsbezirk Münster einen eigenen Verband hätten.' Hier wird also krampfhaft versucht, die Realschüler aus unserem Verband heraus - und in den anderen Verband hineinzuzwingen."
Q: SMV-Ex-Press Nr. 2, Düsseldorf Okt./Nov. 1973, S. 2
24.09.1973:
Für den Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet Jutta Hüffelmann:"
GEWERKSCHAFTLICHE ORIENTIERUNG (GO, d. Vf.) WURDE FÜR RICHTIG BEFUNDEN DIE SMV-LANDESDELEGIERTENKONFERENZ UNTERSTÜTZTE DAS KONZEPT DER GEWERKSCHAFTLICH ORIENTIERTEN SMV-ARBEIT
Am 24.-26.9.1973 fand in Düsseldorf eine Landesdelegiertenkonferenz statt, auf der die Arbeit des letzten Vorstandes akzeptiert und inhaltlich weitergeführt wurde.
GEGEN SPALTUNGSVERSUCHE
Der Landesvorstand hatte zur Unterstützung seiner Arbeit zwei Arbeitskreise gegründet, deren Aufgabe darin besteht, sich mit der Situation der Realschulen bzw. der SMV in der reformierten Oberstufe auseinanderzusetzen. In seinem Bericht betonte Uwe Dietz, Sprecher des Realschul-Arbeitskreises, daß neben der Anleitung der Realschulen zur sinnvollen SMV-Arbeit (z.B. durch eine Broschüre) eine weitere Aufgabe darin bestehe, 'mit allen Kräften gegen eine Spaltung der SMV in zwei Verbände zu arbeiten'. In drei Regierungsbezirken sei eine solche Trennung bereits vollzogen. Die Hälfte der Mitglieder dieser 'SMV'-Gremien bestehe aus Lehrern. All dies zeige deutlich, fuhr Dietz fort, 'wie man die Realschüler für eine von Lehrern gesteuerte SMV mißbraucht'. Deshalb fordert der Realschularbeitskreis auf: 'Setzt Euch mit den Realschülern in Verbindung, fordert sie auf, regelmäßig an den Bezirkssitzungen teilzunehmen, veranstaltet Schülersprecherseminare…, beschäftigt Euch intensiv mit dem Realschulproblem!'
SMV-ARBEIT DURCH DIFFERENZIERUNG ERSCHWERT
'Die organisatorische Reform des Gymnasiums ist so gut wie abgeschlossen. Die inhaltlichen Veränderungen können wir noch mitgestalten.' So drückte es Rainer Wannicke, Sprecher des Arbeitskreises 'SMV in der reformierten Oberstufe', aus. Der AK beschäftigte sich zunächst mit den organisatorischen Schwierigkeiten einer SMV in der differenzierten Oberstufe. Modelle für wirksame Mitbestimmung der Schüler wurden entwickelt.
Diese Vorstellungen sollen - wenn die Arbeit des AK's auch inhaltlichen Charakter, sprich Untersuchung von Lehrinhalten etc. annimmt - ebenfalls in einer Broschüre zusammengefaßt werden. Der AK will mit dieser Arbeit Hilfestellung für die SMV in reformierten Klassen und Schulen geben. Daher ist es äußerst wichtig, von den SMV-Bezirken und einzelnen Schul-SMV'en ihre Erfahrungen zu dieser Arbeit kennenzulernen.
LETZTER VORSTAND ENTLASTET
In ihrer Rücktrittserklärung sprach die Landesschülersprecherin Emilja Mitrovic für alle Mitglieder des Landesvorstandes und erklärte, daß es dem größten Teil des Vorstandes aus verschiedenen Gründen nicht möglich sei, weiter in der SMV zu arbeiten. In dem anschließend vorgetragenen Rechenschaftsbericht und in der Diskussion wurde deutlich, unter welch erschwerten Bedingungen der letzte Vorstand für die Mitbestimmung der Schüler zu kämpfen hatte. Trotzdem konnten in vielen gewerkschaftlichen Forderungen Erfolge erzielt werden. Die Reaktion vieler Schulen und Bezirke zeige, 'daß bereits ein großer Teil der Schüler unseres Landes erkannt hat, daß die Schüler nur dann in der Lage sind, ihre Interessen im Kampf gegen politische Disziplinierung und für freie politische Betätigung in Schule, Uni und Betrieb durchzusetzen, wenn sie das breite Bündnis mit den demokratischen Verbänden unseres Landes herstellen'. Auch andere Verbände haben der SMV ihre Solidarität gezeigt, nicht zuletzt durch Spenden für die SMV-Ex-Press. Die Aufnahme von neuen Kontakten ist durch die Teilnahme an den X. Weltfestspielen der Jugend und Studenten (vgl. 28.7.1973, d. Vf.) in Berlin, Hauptstadt der DDR, möglich geworden. Mit anderen Schülervertretungen - auch ausländischer Staaten - werden jetzt Gespräche über gemeinsame Probleme und gemeinsame Möglichkeiten bei der Durchsetzung unserer Interessen geführt.
Weitere Schwerpunkte der Arbeit waren die Publikationsorgane SMV-Ex-Press und Tatsachen. Für die Entlastung des Vorstandes sprachen sich 34 Delegierte aus bei 6 Enthaltungen und keiner Gegenstimme.
GEMEINSAMES KANDIDATENPROGRAMM
Die einzigen Kandidaten zur Wahl des Landesvorstandes - Jungdemokraten (DJD - Judos der FDP, d. Vf.), Jungsozialisten (Jusos der SPD, d. Vf.) und Mitglieder der SDAJ (der DKP, d. Vf.) - hatten zusammen ein Programm ausgearbeitet, das sie den Delegierten bei ihrer Kandidatur vorlegten.
Darin heißt es: 'Eine konsequente Vertretung von Schülerinteressen muß gewerkschaftlich orientiert sein. Sie muß flexibel genug sein, und Tages- und andere direkte Interessen der Schüler aufzunehmen und zu verarbeiten… Die BRD-Schule wird nur dem Anspruch der herrschenden Klasse gerecht, denn meist bleiben demokratische Strukturen vor der Schultür.'
Eine wichtige Aufgabe in der Verbesserung dieser Situation sehen die Kandidaten in der Durchsetzung der Forderung nach qualifizierter Mitbestimmung in allen entscheidenden Gremien. 'Sie muß ein Anfang sein, die Entscheidungsgewalt aus den Händen weniger in die Hände aller zu geben…' Es liegt an der SMV, die Diskussion um das Schulmitwirkungsgesetz (SMWG, d. Vf.) anzuheizen, denn der Entwurf des Kultusministers wanderte in den 'Abfallkorb des parlamentarischen Alltags'. 'Durch garantierte Mitbestimmungsrechte kann in vielen Fällen ein Hebel vor die anhaltenden politischen Disziplinierungen von Demokraten im Ausbildungswesen gesetzt werden.'
Doch allein wird man diese Forderung natürlich nicht durchsetzen können. Daher waren die Kandidaten sich einig darin, daß im Kampf für Mitbestimmung das Bündnis mit allen demokratischen Organisationen zu suchen ist.
Das Programm blieb nicht bei der Analyse der Situation der SMV, sondern versprach rasch die Durchsetzung der kurzfristigen Interessen der Schüler, so gegen die ungerechte Versetzungsordnung oder für die generelle Erstattung aller Fahrkosten für alle Schüler zu kämpfen.
Klar ist, daß Erfolge nur dann erzielt werden können, wenn das Programm auch in den Bezirken diskutiert und solidarisch unterstützt wird. Denn nur gemeinsam sind wir stark.
MICHAEL KÄMPER NEUER LANDESSCHÜLERSPRECHER
Alle fünf Kandidaten wurden mit überwiegender Mehrheit gewählt. Landesschülersprecher wurde Michael Kämper aus Essen, Finanzreferent Wolfgang Nafroth (Krefeld), Innenreferent Uwe Franken (Düsseldorf) und Planungsreferent Rainer Wannicke (Minden). Die Öffentlichkeitsarbeit macht weiterhin Volker Franke aus Düsseldorf.
Unterstützt werden sie dabei von zwei neuen Geschäftsführern: Klaus Jürgen Beese und Rainer Hesels. Zusätzlich wurden Udo Stähler (Wuppertal) und Antje Kampa (Bochum) als Referenten beim Landesvorstand benannt. Erstmalig wurde auch ein Realschulreferat beim LaVo eingerichtet. Ingo Zander (Köln) übernimmt diese Aufgabe.
Die Konferenz ist wohl von den meisten als ein Erfolg in der SMV-Arbeit gewertet worden. Es wurde sachlich argumentiert, so kam keine Langeweile auf. Auch in den Pausen und an den Abenden wurde sehr viel über die Schülerarbeit in den Bezirken diskutiert, wenn man im kleineren Kreise war. Fazit:
DIE GEWERKSCHAFTLICHE ORIENTIERUNG UND DIE BÜNDNISPOLITIK HABEN ERFOLG UND WERDEN ERFOLG HABEN."
Der Landesvorstand der SMV abs verbreitet auch folgenden Bericht zu den BV:"
LDK: 'BERUFSVERBOTE ABSCHAFFEN'
Im Rahmen eines engagierten Kampfes gegen die Berufsverbote verabschiedet die Landesdelegiertenkonferenz der SMV abS am 26.9. folgende Resolution: 'In der jetzigen Diskussion um den Beschluß der Ministerpräsidenten zur Nichteinstellung sogenannter 'Radikaler' in den öffentlichen Dienst und um eine Präzisierung dieses Beschlusses auf der Ministerpräsidentenkonferenz erklärt die Landesschülervertretung der allgemeinbildenden Schulen des Landes NRW erneut, daß ein demokratischer Staat die völlige Beseitigung solcher Berufsverbote und Gesinnungsschnüffeleien verlangt.
Dieser nach Artikel 33 Abs. 2 GG und nach Artikel 3 Abs. 3 GG verfassungswidrige Beschluß läßt erschreckende Parallelen zur Demokratenhetze in früheren deutschen Staaten erkennen. Der bemerkenswerte Unterschied zwischen Verfassungsinhalt und gesellschaftlicher Realität zeigt sich in dieser Frage auch im Schulsektor. Die Schule kann dem selbstgegebenen Anspruch einer Erziehung zur kritischen Mündigkeit nicht mehr gerecht werden, wenn Lehrern, deren gesellschaftliche Vorstellungen von der BRD-Wirklichkeit abweichen, die Lehrberechtigung verweigert wird.
Die angestrebte Änderung des Beamtenrechts beinhaltet nichts anderes, als dass das im Grundgesetz garantierte Parteienprivileg hinter einer nebulösen Pflicht zur Staatsräson zurücktreten soll.
Zusammen mit vielen demokratischen Jugend- und Studentenorganisationen sagen auch wir: Eine verfassungswidrige Praxis kann man nicht modifizieren, man muß sie abschaffen!"
Q: SMV-Ex-Press Nr. 2, Düsseldorf Okt./Nov. 1973, S. 1 und 4
Oktober 1973:
In NRW gibt der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen vermutlich im Oktober die Nr. 2 seines Infos 'SMV-Ex-Press' (vgl. Aug. 1973) für Okt./Nov. mit vier Seiten DIN A 3 in einer Auflage von 80 000 unter Verantwortung von Volker Franke in Düsseldorf mit folgendem Leitartikel zum SMWG heraus:"
WAS IST EIGENTLICH MIT DEM MITBESTIMMUNGSGESETZ LOS?
1971 präsentierte sich der sozialdemokratische Kultusminister Jürgen Girgensohn mit einem Entwurf für ein Schulmitwirkungsgesetz. Dieser Entwurf - von Schülern, Eltern und Lehrern schon früh gefordert - blieb jedoch schon bei seinem ersten Erscheinen weit hinter den Forderungen der demokratischen Schülerbewegung zurück. Die ohnehin durch mäßige Paritäten beschränkten Mitbestimmungsmöglichkeiten blieben beschränkt auf Gremien, deren Entscheidungsbereich fast nur von organisatorischem Belang ist.
ANFANG VON MITBESTIMMUNGSMÖGLICHKEITEN
Dieser Gesetzentwurf außerordentlich intensiv im damaligen Organ der Landesschülermitverwaltung 'SMV-Press' vorgestellt, erläutert, kommentiert und kritisiert.
Zur gleichen Zeit wurde in den Organen der Schulen und Bezirke diskutiert über die grundsätzliche Notwendigkeit einer garantierten Mitbestimmung.
Die Gegner von 'Mitbestimmung' führten dabei zwei Dinge an.
Von der äußersten Linken. von den Anhängern des Kommunistischen Oberschüler-Verbandes (KOV der KPD, d. Vf.) wurde Mitbestimmung als 'verschleierndes Element im Unterdrückungsapparat Schule' bezeichnet. An dieser Schule mitzubestimmen hieße die 'eigene Repression zu bestimmen'. Die Rechtskräfte, Junge Union (JU der CDU, d. Vf.), VKS, RCDS und BDS waren innerhalb der Diskussion von einer für sie einmaligen Bescheidenheit. Sie sahen plötzlich die Schüler nicht mehr in der Lage, Schülerpositionen zu vertreten. Schüler waren für die JU auf einmal in Schülerfragen inkompetent.
Welche Möglichkeiten kann Mitbestimmung wirklich bieten?
Die Funktion der Mitbestimmung in der Schule ist, daß der Auszubildende in die Lage versetzt wird, Ziel und Weg seiner Ausbildung zu untersuchen und sie gegebenenfalls korrigieren zu können. Gerade in der neuen 'differenzierten Oberstufe' wird das deutlich. Dem Schüler werden einfach ein Fachangebot und Fachinhalte vorgesetzt. Soll Schule wirklich dem Interesse des Schülers entsprechen, so ist es erforderlich, daß der Schüler entschieden mitbeteiligt wird bei der Festsetzung seines Lehrziels. Zudem zeigt auch die bisherige Praxis der SMV-Vertretung in der Gesamtkonferenz die Notwendigkeit, Schüler und Eltern an den Entscheidungen mitzubeteiligen. Wenn wir die immer zahlreicher werdenden willkürlichen Disziplinierungen kritischer Schüler betrachten, so muß man feststellen, daß manches bei einer Mitbeteiligung von demokratischen Schülervertretern anders gelaufen wäre.
WAS IST MIT DEM GESETZENTWURF GESCHEHEN?
In großzügiger Manier wurden Schüler, Eltern, Lehrer und Verbände um Stellungnahmen gebeten, damit eine intensive Diskussion über den Entwurf geführt werden könne. Doch wer glaubte, ein solche Diskussion würde jetzt öffentlich und demokratisch geführt, sah sich in den liberal klingenden Behördenworten getäuscht. Bis auf die Wiedergabe verschiedener Stellungnahmen in einem zusammenfassenden Bericht in 'Prospect 15' (Informationsbrief des Kultusministeriums vom April 1973) wurde von der Behördenseite die Diskussion ebenso eingefroren wie der Entwurf scheinbar selbst. Wer kann sich des Verdachtes erwehren, daß dieser Entwurf mehr auf tagespolitischen Erfolg als auf eine grundsätzliche Verbesserung der Schulsituation ausgerichtet war?
FÜR EINEN NEUENENTWURF
Es muß jetzt an uns Schülern sein, zu verhindern, daß der 'überarbeitete Entwurf' erst zur nÄchsten Landtagswahl wieder ausgepackt wird. Wer einen Unterricht fordert, der 'die Entwicklung des politisch mündigen Bürgers, der seine Freiheitschancen wahrnehmen, Steuerungstendenzen durchschauen und sie entweder bewußt annehmen oder ablehnen kann, eines Bürgers, wie ihn das Grundgesetz zu seiner Verwirklichung braucht' zum Ziele hat (J. Girgensohn, Einleitungen für die Richtlinien für den politischen Unterricht), und zugleich den Schülern faktisch Mitbestimmungsrechte verweigert, der macht sich unglaubwürdig.
Die Landes-SMV wird die Diskussion mit ihrer Forderung nach einem erweiterten Mitbestimmungsgesetz wieder anrühren, denn:
SCHÜLER BRAUCHEN MITBESTIMMUNG!"
Berichtet wird von der eigenen Landesdelegiertenkonferenz (vgl. 24.9.1973), die Finanzierung des Infos (vgl. 20.8.1973), von der Schülerunion (SU) NRW (vgl. Sept. 1973), der Landesjugendpresse (LJP - vgl. Sept. 1973), der gemeinsam mit den berufsbildenden Schulen NRW herausgegebenen Zeitung (vgl. Sept. 1973), aus Essen (vgl. Aug. 1973, 1.10.1973), Iserlohn (vgl. Sept. 1973), Düsseldorf (vgl. 29.5.1973), Warendorf (vgl. 10.9.1973) und Moers (vgl. 22.8.1973).
Von Realschulen wird berichtet aus Wuppertal (vgl. Sept. 1973), Ennepetal (vgl. Sept. 1973) und Kempen-Krefeld (vgl. Sept. 1973).
Berichtet wird auch über die:"
SMV AN DER REALSCHULE
Die Arbeit der Schülervertretung an Realschulen ist seit Bestehen der SMV mit großen Schwierigkeiten belastet. Das hat verschiedene Gründe: Da es die Klassen 11 bis 13 an der Realschule nicht gibt, stellen sich nur wenige Schüler oder Schülerinnen für die SMV-Arbeit zur Verfügung. Auf diejenigen, die sich aktiv einsetzen, wird nicht selten ein starker Druck ausgeübt - oft ist eine SMV an der Schule gänzlich unerwünscht. Diesem Druck standzuhalten, dazu gehört Mut, insbesondere wenn die Klasse 10 bereits mit dem entscheidenden Abschlußzeugnis endet. Zudem wird die SMV-Arbeit an vielen Schulen durch eine totale Rechtsunkunde der Klassen- und Schülersprecher erschwert. Diese Unkenntnis wird durch die Schulleitung keinesfalls abgebaut
- im Gegenteil sind uns Fälle bekannt, wo die Unsicherheit der Schüler direkt ausgenutzt wurde. Neuerdings versuchen sogar einige Lehrer, die SMV an den Realschulen total unter ihren Einfluß zu bringen. So wurden in den westfälischen Regierungsbezirken 'Bezirksausschüsse' gebildet, bei denen die Lehrer eine ziemlich wichtige Rolle spielen. So haben in diesen bezirksausschüssen neben 8 Schülern auch 8 Lehrer Stimmrecht. Daß solche 'wohlgemeinten' Hilfestellungen von Seiten der Lehrer bedenklich stimmen, dürfte jedem einleuchten. Sinn dieser Aktion ist eindeutig die Zersplitterung unseres Verbandes in mehrere kleine Verbände. Dies dürfen wir nicht zulassen, denn nur EINE Schülervertretung kann die Interessen ALLER Schüler konsequent und erfolgreich vertreten."
Vorgestellt wird der:"
REALSCHULARBEITSKREIS
Wie vielleicht schon vielen bekannt ist, hat die Landes-SMV einen Realschularbeitskreis eingerichtet. Dieser Arbeitskreis beschäftigt sich mit den speziellen Problemen der Realschüler, denn wie es ja die Vergangenheit zeigte, waren es gerade die Realschüler, die erhebliche Schwierigkeiten bei der Organisation einer gut funktionierenden SMV hatten. Um den Realschülersprechern nun eine konkrete Hilfe zu geben, wird zur Zeit in dem AK eine Broschüre erarbeitet, die Ratschläge und Anleitungen zur SMV-Arbeit gibt. So beschäftigt sich ein Teil der Broschüre mit dem SMV-Erlaß und erklärt anhand von praktischen Beispielen, wie man den SMV-Erlaß anwenden kann. Ein weiterer Teil der Broschüre gibt Ratschläge zur Gestaltung eines SMV-Infos. Dieser Punkt ist äußerst wichtig, da SMV-Informationen nicht nur für einige Schüler zugänglich sein sollen, sondern an die breite Basis weitergegeben werden müssen. Dies läßt sich nur durch ein Informationsorgan bewältigen. Die Broschüre wird in nächster Zukunft fertiggestellt und geht dann an alle Realschulen.
Ein zweiter Schwerpunkt in der Arbeit des Realschularbeitskreises ist, mit allen Kräften eine Spaltung des Verbandes der SMV der allgemeinbildenden Schulen zu verhindern. Wir sind der Meinung, daß eine Abspaltung der Realschulen eine schlechte Lösung für uns Realschüler ist. Schauen wir uns zum Beispiel das Modell im Regierungsbezirk Arnsberg an, wo ein 'eigenständiger' Bezirksausschuß für Realschulen existiert, so stellt sich doch unweigerlich die Frage, wieso sich dieses Gebilde überhaupt noch 'Schüler'mitverwaltung nennt. Wir wollen nicht, wie in Arnsberg, eine von Lehrern gelenkte und beeinflußte SMV, sondern eine volle Integration in den Verband der SMV der allgemeinbildenden Schulen.
Da bisher nur einige Bezirke in dem Realschularbeitskreis vertreten sind, wäre es zu begrüßen, wenn in Zukunft aus jedem Bezirk ein Realschüler zu den Sitzungen käme. Termine werden in der nächsten Bezirksrundsendung bekanntgegeben."
Im Faksimile erscheint ein Schreiben der "Bezirksschülersprecher des SMV-Regierungsbezirks Münster":"
Wir, die Schülersprecher im SMV-Bezirksausschuß der Realschulen im Regierungsbezirk Münster, nehmen hiermit zu dem Artikel 'Spaltung schadet uns' von Hans-Peter Müllers aus SMV-Ex-Press Nr. 1 (Aug. 1973 Seite 3) Stellung.
Unserer Meinung nach sind in dem besagten Artikel falsche Behauptungen aufgestellt worden.
In Absatz 2 des besagten Artikels wird unter anderem behauptet, daß die SMV der Realschulen und die der Gymnasien gespaltet werden würde. Von einer Spaltung zu sprechen halten wir für absurd, weil nach unserer Erfahrung eine Kooperation der SMV der Gymnasien und Realschulen nie stattgefunden hat. Die SMV der Realschulen ist der Meinung, daß in den BV's der gesamten SMV durch die einseitige Politisierung und Theoretisierung die Probleme der Realschulen nicht berücksichtigt worden sind. Außerdem wurden auf diesen BV's hauptsächlich nur Probleme der gymnasialen Oberstufen (Sekundarstufe II) angesprochen.
Wir unterstellen dem Konvent, daß er die Realschulen im Regierungsbezirk Münster nicht über seine Arbeit informiert hat, und wir sehen uns daher gezwungen, eine eigene, überörtliche SMV zu bilden.
Wir sind weder über einen Realschularbeitskreis unterrichtet, noch haben wir an diesem teilgenommen.
Wenn Ihr in Eurem Artikel schon zugebt, daß die Zusammenarbeit mit der SMV der Realschulen in einigen Bereichen 'sogar mangelhaft' gewesen sei, so können wir Euch aus unserer Sicht bescheinigen, daß die Arbeit in den übrigen Bezirken (90%) ungenügend gewesen ist.
Leider merkt Ihr erst jetzt, nachdem sich aus dem Notstand heraus in allen westfälischen Regierungsbezirken die SMV-Bezirksausschüsse gebildet haben, daß es auch noch etwa 300 000 Realschüler gibt.
Wir hoffen, daß Ihr Euer Versprechen bezüglich der vollständigen Abdruckung von kritischen Leserbriefen einhalten werdet und daß Eure Bemühungen in dieser Richtung erfolgreich sein werden."
Vom Landesvorstand heißt es dazu:"
Dieser nebenstehende anonym gehaltene Brief erreichte uns nach Erscheinen der ersten SMV-Ex-Press-Ausgabe. Wir finde es trautig, aber in gewisser Hinsicht auch bezeichnend, wenn man solche Aussagen anonym zu treffen nötig hat.
Zu den Vorwürfen:
In der Tat können wir von SMV-Spaltungsversuchen sprechen. Es ist schlicht unrichtig, zu sagen, daß eine Zusammenarbeit zwischen den SMV'en der Realschulen und der Gymnasien nie stattgefunden habe. Richtig ist hingegen, daß in vielen Bezirken Realschulen und Gymnasien in gemeinsamen Bezirksversammlungen sitzen und Entscheidungen zusammen als Schüler treffen.
Wenn sich dann Realschüler von der SMV der allgemeinbildenden Schulen abtrennen, ist das dann keine faktische Spaltung?
Es mag richtig sein, daß das sprachliche 'Niveau' so manchen jüngeren Realschüler aus den Bezirksversammlungen vergrault hat. Doch wäre es nicht auch möglich gewesen, kraft seiner Stimme in der Versammlung diesen objektiven Mißstand zu ändern?
Daß eine 'Politisierung' den Realschüler abschrecken muß, entspricht nicht unseren Erfahrungen. Wie bei jeder politischen Arbeit muß man sich natürlich verständlich zu machen verstehen. Daß Probleme der Sekundarstufe II in den SMV-Versammlungen behandelt werden, sollte auch für Realschulvertreter nicht uninteressant sein, da ein Teil der Realschüler ja auch in diese Stufe gelangen wird.
Eure Bescheinigung, daß in 90 Prozent der Bezirke die gemeinsame Arbeit 'ungenügend' sei, können wir mit ruhigen Gewissen zurückweisen.
Es haben noch nie so viele Realschul-SMV'en gearbeitet und in unseren gemeinsamen Bezirken mitgearbeitet wie heute.
Wir glauben, daß es nicht zutrifft, wenn die Situation in Münster auf NRW verallgemeinert wird."
Eingegangen wird auch auf die Frage:"
RAUCHERECKE AN DER REALSCHULE?
Der Klassensprecher der 9. Klasse einer Realschule fragt: 'Wir wollen in unserer Schule eine Raucherecke anschaffen. Es versteht sich, nur für Schüler, die 16 Jahre alt sind, also der Klasse 10. Was meinst Du…, ist es uns erlaubt?'
Antwort: Die Chancen für Euern Vorschlag, eine Raucherecke einzurichten, stehen nicht gut. In einem Erlaß des Kultusministers aus dem Jahre 1950 werden alle Schulleiter angewiesen, Rauchen im Schulgebäude zu verbieten.
1969 hat der Minister für die Oberstufe der Gymnasien allerdings Ausnahmen gestattet, wenn die SMV einen Antrag stellt und Eltern und Lehrer einverstanden sind. Auch für die Berufsschulen wurde 1970 eine neue Regelung bestimmt: danach dürfen im allgemeinen alle Berufsschüler, die 16 Jahre oder älter sind, in der Schule rauchen - nicht überall, aber zumindest in einer Raucherecke.
Für die Realschulen hat das Kultusministerium allerdings erst 1971 sein Rauchverbot erneuert. In dem Erlaß vom 2. Juli 1971 heißt es: 'Die Einrichtung sogenannter 'Raucherecken' ist an den Realschulen nicht zulässig!'
Allerdings könnte Ihr ja überlegen, ob Ihr nicht einen Brief an das Kultusministerium schreibt. In seinen Erlassen sagt der Minister ja selbst, daß ein Verbot sowieso keinen Schüler vom Rauchen abhält."
Cirka eineinhalb Seiten werden von Leserbriefen eingenommen, wozu es heißt:"
LIEBE MITSCHÜLER!
Die Redaktion der SMV-Express ist bemüht, viele Zuschriften abzudrucken. Allerdings erreichten uns nach der ersten Ausgabe so viele Leserbriefe, dass ein vollständiger Abdruck nicht möglich ist. Soweit Kürzungen vorgenommen werden mußten, verändern sie nicht die Aussage des Schreibers. Wegen der Fülle der Einsendungen konnten nicht alle Briefe aufgenommen werden; das hier wiedergegebene Verhältnis zustimmender und ablehnender Schreiben entspricht jedoch dem Verhältnis aller eingegangenen Leserbriefe."
H. Radtke aus Recklinghausen fordert für die Klasse 7 b:"
VERSTÄNDLICHER SCHREIBEN!
Könnt Ihr in Eurem Info nicht auch einmal leichter verständliche Beiträge für die Unterstufe bringen? Zwar ist es natürlich wichtig die Ober- und Mittelstufe zu informieren, doch auch die Unterstufe darf unserer Meinung nach nicht übergangen werden. Schließlich haben wir auch ein Recht auf Informationen. Sogar Mittel- und Oberstufe 'steigen' durch die SMV-Ex-Press Beiträge oft nicht 'durch'. Wenn Ihr Interesse für die SMV wecken wollte, dann macht Euch verständlich!"
Dirk Pepenal aus Soest fordert:"
SMV SOLLTE SICH SELBSTÄNDIG MACHEN
Als Neumitglied der JU kann ich es mir nicht verkneifen, Ihnen meine Meinung zu schreiben. Ich befürworte die SMV, weil sie bemüht ist, zwischen Lehrern und Schülern eine Brücke der Zusammenarbeit zu bauen. Sie hat aber auch große Mängel, so z.B. die Abhängigkeit vom Land und damit ein Vorschreiben der politischen Ziele bzw. Wege durch die Landesregierung. Wenn die politische Meinung der SMV ganz allgemein gesehen dem Kultusminister nicht paßt, so streicht er, wie im September 1972, die Gelder, die der SMV zur Verfügung standen. Schon allein deshalb sollte sich die SMV selbständig machen. Das ist ein schon oft diskutiertes Thema, aber man muß es immer wieder aufbügeln. Ich würde vorschlagen, daß pro Monat von jedem Schüler in NRW 10 Pfg. in die Kasse der SMV fließt. Somit wäre auch die SMV-Ex-Press frei und ungefährdet.
Was ich allerdings an der SMV ablehne, ist, daß sie gegen das Berufsverbot (BV, d. Vf.) linker Lehrer ist. Linke Lehrer werden erst dann vom Staat 'gesperrt', wenn sie unangenehm aufgefallen sind. Sollte das nicht der Fall sein, so verurteile ich das Verhalten des Ministerpräsidenten Heinz Kühn allerschärfstens, denn die Freiheit auf die eigene politische Meinung ist selbst im Grundgesetz verankert."
Ursula Bunnager aus Xanten erhebt:"
PROTEST
Sehr geehrter Herr Franke!
Halten Sie uns Schüler eigentlich für blöd? Müssen wir uns denn alles gefallen lassen? Herr Koch schrieb unter anderem Unsinn auch: 'Die linken Lehrer werden nicht zu denen gehören, die nicht schlagen (!, d. Vf.) und ihren Unterricht usw…' Es gibt bei den Linken genauso Lehrer, die auf diese Art versuchen werden ihren Unterricht zu gestalten. Sie wollen doch nur, dass Kinder und Jugendliche gezielt links erzogen werden. Sie sind doch nur auf Manipulationsmöglichkeiten aus. Gneauso versuchen sie mit der SMV-Ex-Press die Schüler auf die 'Vorteile' linker Lehrer aufmerksam zu machen. Sie vertreten in keiner Weise die Interessen der Schüler. Ich halte sehr wenig von der SMV-Ex-Press und ich glaube auch, daß viele andere Schüler meine Meinung teilen."
Schönfeld möchte ein:"
ABONNEMENT
Bedauerlicherweise wurde an unserer Schule die SMV-Press abbestellt. Ich bin aber trotzdem weiterhin an ihr interessiert, zumal sie uns Anregungen für unsere Schülerzeitung gibt. Somit möchte ich 3 Exemplare abonnieren."
Die Redaktion merkt dazu an:"
Da uns leider Deine Adresse nicht bekannt ist, können wir Deiner Bitte noch nicht nachkommen. Bitte teile sie uns doch mit."
Wolfgang Frenzel von der evangelischen Realschule Burscheid sagt:"
DANKE
Ich möchte mich im Namen unserer Schule für Ihre SMV Informationsschrift bedanken. Sie war für uns sehr interessant, weil der Text über die Privatschulen uns betraf."
Barbara Rieken aus Gladbeck äußert sich über die:"
BERUFSVERBOTE
Es ist zu begrüßen, daß wir eine so engagierte SMV-Landesvertretung haben, die sich zum Glück erfolgreich für eine Neuerscheinung einer SMV-Zeitung einsetzte. Doch geben mir schon einige Zeilen des Leitartikels der im August erschienen SMV-Ex-Press Anlaß zur Kritik, die ja, laut Aufruf zur Mitarbeit, bestimmt nicht unerwünscht ist.
Unter der Überschrift 'Ministerpräsidenten kontra fortschrittlichen Unterricht' spielt Ihr auf den im Januar vorigen Jahres erlassen und bis heute viel diskutierten Radikalenerlaß an. So schreibt Ihr, daß es sich hierbei um einen verfassungswidrigen Beschluß handelt. Diese Meinung stützt sich wahrscheinlich auf Artikel 3 GG, der besagt, daß niemand wegen seiner politischen Anschauungen benachteiligt werden darf, und darauf, daß eine bloße Mitgliedschaft in einer vom Bundesverfassungsgericht nicht verbotenen, von der Exekutive aber als verfassungsfeindlich eingestuften Partei nicht genügt, den Bewerber vom öffentlichen Dienst auszuschalten. So gesprochen, wird das meiner Ansicht nach zu einseitig gesehen. Man sollte auch Artikel 18 des GG's sehen, der lautet, daß jemand, der bestimmte Grundrechte zum Kampf gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung (FDGO, d. Vf.) mißbraucht, diese Grundrechte verwirkt. Und bestimmt liegen die Ziele einiger 'fortschrittlicher' Elemente unserer Gesellschaft (mögen sie von rechts oder links kommen, wobei die Linken nicht einmal unbedingt Mitglieder der DKP zu sein brauchen) nicht auf dem Boden der Verfassung, obwohl sie ihre Ziele bestimmt mit Hilfe der Verfassung verwirklichen können. Außerdem habt Ihr vergessen zu erwähnen, daß ebenfalls Lehrer, die Mitglieder der NPD waren und es zum Teil noch sind, ausgewiesen wurden. So erschien die ganze Sache zu einseitig und tendenziös.
Ich richte mich dagegen, daß ohne weiteres behauptet wird, daß nur linke Lehrer zu den Fortschrittlichen gehören, daß nur sie es sind (Zitat) 'die nicht schlagen und ihren Unterricht durch autoritäre Methoden, durch Bestrafungen und Disziplinierungsmaßnahmen abdecken, die die überkommenen Methoden des Unterrichts (Frontalunterricht) abschaffen…' etc.
Jedenfalls hat es sich in der Praxis ganz anders erwiesen."
Von Uwe Koch erscheint dazu:"
AUS DER ANTWORT DER REDAKTION
Vielen Dank für deine Zuschrift. Allerdings kann ich Deinen Einwänden nicht zustimmen. Wenn der Hinweis auf das Grundgesetz einseitig ist, dann bekenne ich mich zur Einseitigkeit.. Denn die im Grundgesetz garantierten Rechte geben uns einen unzweideutigen (einseitigen?) Auftrag, sie in allen Bereichen der Gesellschaft durchzusetzen. Gerade der von Dir erwähnte Artikel 18 der Verfassung legt übrigens fest, daß über die Aberkennung von Grundrechten einzig und allein das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden hat!
Den Sozialismus anzustreben, ist durchaus im Rahmen der Verfassung möglich. Welche Ziele meinst DU, die zwar mit der Verfassung erreichbar, aber dann doch wieder nicht auf dem Boden der Verfassung sind? Du richtest Dich dagegen, 'daß nur linke Lehrer zu den Fortschrittlichen gehören, daß nur sie es sind, die nicht schlagen und ihren Unterricht durch autoritäre Methoden, durch Bestrafungen und Disziplinarmaßnahmen abdecken…'
Schön, aber ich kann die unterstellte Behauptung nirgendwo in unserem Info finden. Wenn ein solcher Anspruch allein für die vom Berufsverbot betroffenen Lehrer gefordert würde, dann würde ich mich Deiner Kritik anschließen. Die in unserem Artikel vertretene Auffassung, daß die vom Berufsverbot betroffenen Lehrer MIT ZU DENEN GEHÖREN, die ihren Unterricht nicht durch autoritäre Maßnahmen etc absichern, möchte ich - auch aus persönlicher Kenntnis der meisten in NRW vom Berufsverbot Betroffenen, aufrecht erhalten.
Ein Letztes: Fälle von Mitgliedern der NPD o.ä., die in NRW Berufsverbot erhalten haben, waren uns bisher nicht bekannt. Wir sind nur über eine Anzahl aktiver Neonazis unterrichtet, die ihren Beruf unbeschadet ausüben. Wir wären aber sehr an Fällen, die Du erwähnst, interessiert und bitten Dich um Zusendung."
Mit demselben Thema befaßt sich auch Marietta Peterlein, ebenfalls aus Gladbeck:"
BERUFSVERBOTE
Dem Untertitel 'Ministerpräsidenten kontra fortschrittlichen Unterricht' des Beitrages von Uwe Koch 'Schluß mit der politischen Disziplinierung' habe ich entnehmen müssen, daß der Landesvorstand der SMV die politische Einstellung eines Lehrers mit seiner beruflichen Qualifikation gleichsetzt. Sinngemäßes Zitat: linke Lehrer wenden keine autoritären Maßnahmen an und sie achten auf die Beteiligung der Schüler.
Da diese Hypothese nicht aufrecht erhalten werden kann, und diese Zeitung ein Sprachrohr für die ganze Schülerschaft ist, muß ich hier von gegenteiliger Erfahrung sprechen. Dieser Lehrer (seine politische Haltung wird im Unterricht deutlich sichtbar) entspricht in keiner Weise Euren Erwartungen und Vermutungen über die 'Progressivität' linker Lehrer. Links bedeutet in diesem Fall Intoleranz und Unverständnis anderen Meinungen gegenüber. Dem entspricht die autoritäre Unterrichtsform. Man kann argumentieren, dies sei ein Einzelfall, jedoch Ihr selbst betont (siehe: 'Werdet Korrespondenten des SMV-Infos'), daß Einzelfälle sich oft als vielerorts geübte Praxis erweisen."
Die Redaktion der antifaschistischen Wochenzeitung 'Die Tat' übt:"
SOLIDARITÄT
Liebe Freunde, die Pressemitteilung vom 9.8.1973 haben wir erhalten. Wir sind nicht sehr begütert, und darum haben die Redakteur der 'Tat' unter sich gesammelt und anschließend den Verlag gebeten, noch ein paar Mark dazuzulegen und das Geld auf das Konto in Essen zu überweisen.
Mit den besten Wünschen für Eure weitere Arbeit".
Michael Joksch aus Dortmund fragt:"
WAS HEISST EIGENTLICH 'FORTSCHRITTLICH'?
Ich finde es sehr gut, daß Ihr auch ohne die finanzielle Unterstützung des 'Kumi' weiterhin eine Zeitung herausbringt. Ebenso ist es sehr positiv, daß Ihr über Ziele und Vorhaben des Landesvorstandes der SMV berichtet. Trotzdem muß ich auch Kritik üben: Einige Artikel scheinen sehr übertrieben (z.B. bezweifele ich Prügelstrafen) oder auf Ausnahmen und Einzelfällen beruhend. Aber am wichtigsten ist mir die Frage, was Ihr eigentlich unter 'fortschrittlich' versteht. Es werden fortschrittliche Unterrichtsziele, fortschrittliche Lehrer u.a. genannt. Hier scheint mir eine ausreichende Definition von Nöten."
Die Redaktion schreibt dazu:"
In einem ausführlichen Antwortschreiben versuchte die Redaktion eine Definition zu geben. Daraus einen Auszug, der die Diskussion um den Fortschrittsbegriff in der SMV-Ex-Press keinesfalls beenden soll.
Spätestens die philosophischen Vertreter der bürgerlichen Revolution haben erkannt, daß die Geschichte einer zielgerichteten Entwicklung unterliegt, d.h., daß sie gesellschaftlichen Fortschritt mit sich bringt. Ziel der geschichtlichen Entwicklung ist die Erlangung eines immer größer werdenden Maßes an gesellschaftlicher Freiheit. Freiheit ist hierbei das Verhältnis des Menschen zu den Notwendigkeiten und Gesetzmäßigkeiten der Natur und der Gesellschaft, die nicht dem Willen des Einzelmenschen unterliegen. Das Maß der Freiheit bestimmt sich insbesondere nach dem Grad der Erkenntnis dieser Gesetzmäßigkeiten und ihrer praktischen Beherrschung. Der Fortschritt in der Geschichte ist somit derjenige Prozeß, in dem sich immer mehr Menschen immer mehr Erkenntnisse über die Gesetze der Natur und der Gesellschaft aneignen und lernen, diese so anzuwenden, daß ein Höchstmaß an Freiheit erreicht werden kann. Dieser Prozeß stellt eine Emanzipation dar im Sinne eines Sich-aus-der-Abhängigkeit-lösen.
Ein Lehrer, der diesen Emanzipationsprozeß fördert, indem er seine Schüler bei der Erkenntnis der Natur und der Gesellschaft unterstützt und sie so befähigt, die eigenen Interessen wahrzunehmen, indem sie solidarisch auf die gesellschaftliche Entwicklung Einfluß nehmen, ist in unseren Augen ein fortschrittlicher Lehrer. Das Unterrichtsziel des politischen Unterrichts in NRW, die Fähigkeit und Bereitschaft zu erzeugen, die Chancen zur Einflussnahme auf gesellschaftliche Vorgänge und Herrschaftsverhältnisse zu erkennen, zu nutzen und zu erweitern (Richtlinien für Politik, zu beziehen beim Kultusminister) kann die Grundlage für einen fortschrittlichen Unterricht sein."
Q: SMV-Ex-Press Nr. 2, Düsseldorf Okt./Nov. 1973
01.10.1973:
Der Landesvorstand der SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW berichtet:"
AKTIONSWOCHE IN ESSEN
ESSEN. Der Bezirks-SMV in Essen, dem Arbeitskreis Essener Schüler, waren die Schwierigkeiten bei der überschulischen Schülervertretung wohlbekannt. Häufig können nur wenige Schüler angesprochen werden. Viele Veranstaltungen finden bei den Schülern keinen Anklang. Versammlungsräume bleiben leer, weil zu viele Schüler keinen Bezug zwischen der Thematik der Veranstaltung und ihrer eigenen Situation sehen können.
Diese Probleme sollten durch die Durchführung einer Schüleraktionswoche weitgehend überwunden werden. Die Schüler sollten angesprochen werden in einem unmittelbaren, von ihnen bestimmbaren Interesse. Der frischgewählte Bezirksvorstand legte den Schuldelegierten ein Programm für diese Woche zur Diskussion und Beschlußfassung vor, das in seinen wesentlichen Zügen akzeptiert wurde.
Die Woche sollte am 1.Oktober eingeleitet werden mit einer Versammlung aller Essener Klassensprecher. Hier sollte über die konkreten Schwierigkeiten bei der SMV-Arbeit diskutiert, Erfahrungen ausgetauscht werden. Zudem sollten gerade die Klassensprecher weitere Informationen über den Verlauf der Aktionswoche an ihre Schulen tragen. Die Bitte um Beurlaubung der betreffenden Schüler wurde bei der Direktorenkonferenz eingereicht.
Wenige Tage vor dem 1.Oktober kam der Schlag. Die scheinbar ängstlich gewordenen Direktoren erkannten den Bezirksvorstand nicht an. Begründung: Eine Minderheit rechtsgerichteter Schülersprecher wandte sich in einer Pressekampagne gegen den neuen Bezirksvorstand.
Folge: Nichtbeurlaubung, Verbot von AES-Plakaten und Flugblättern an den Schulen.
Trotz dieser schülerfeindlichen Bemühungen fanden die Klassensprecherversammlung sowie die anderen Aktionsveranstaltungen statt.
Fast 100 Klassensprecher kamen, diskutierten und arbeiteten engagiert in mehreren Arbeitsgruppen. Viele Kontakte wurden geknüpft.
Einig wurde man sich in wesentlichen Fragen: Die SMV darf nicht für den Schüler arbeiten - sie muß mit dem Schüler arbeiten. Möglichst viele Schüler - auch aus der Unterstufe - müssen in Arbeitskreise, Fachschaften und Aktionsgremien einbezogen werden. SMV-Informationen müssen in der Sprache des Schülers weitergegeben werden. Es muß Aufgabe der SMV sein, die Interessen der Schüler den Schülern deutlich zu machen. Die materielle und soziale Bildungsmisere muß dem Schüler als Behinderung seiner Interessen aufgezeigt werden. Er muß verstärkt mobilisiert werden für den Kampf für seine Rechte.
Aufgelöst wurde diese hitzige Diskussion durch die heiße Musik zweier Schülerbands auf der anschließenden Fete.
Viele weitere Anregungen wurden den Schülern auf folgenden Podiumsdiskussionen über die Perspektive des Schulsports, seiner politischen Funktion, über den Numerus Clausus (NC, d. Vf.) als festen Bestandteil des Bildungsnotstands gegeben. Tägliche Flugblätter mit Beispielen aus der Schulpraxis reicherten die Informationen an.
Wer sich zum Schluß immer noch nicht mit Broschüren und Infos versorgt hatte, der hatte dazu auf der abschließenden Musik- und Informationsveranstaltung Gelegenheit.
700 Schüler hörten Musik, durchstöberten die Büchertische, versorgten sich mit Informationen und sahen jugendpolitische Filme.
Fazit: Die SCHÜLERAKTIONSWOCHE kann nur ein Anfang gewesen sein. Die Bereitschaft zum Handeln ist bei vielen Schülern gewachsen, Hauptgrund für das Scheitern der Boykottierungsversuche von Schulleitern und Rechtskräften."
Q: SMV-Ex-Press Nr. 2, Düsseldorf Okt./Nov. 1973, S. 4
Letzte Änderung: 18.10.2020