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Landkreis Emsland

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 16.3.2008

In dieser unvollständigen Darstellung werden keine lokalen Materialien aus dem Landkreis Emsland vorgestellt, die von den Zellen Lingen, Meppen und Papenburg des KBW teilweise vorlagen.

Der heutige Landkreis Emsland ist nach dieser Quellenauswertung zunächst durch KZs wie das in Esterwegen-Bockhorst geprägt (vgl. 26.6.1969, 23.7.1969), sowie von Textilindustrie (vgl. 30.10.1969). Von der Meyerwerft Papenburg als wohl wichtigstem Industriebetrieb wird erst später berichtet. Zunächst versuchen sich regionale Spartacisten offenbar erfolglos an der Einflussnahme auch im heutigen Landkreis Emsland (vgl. 6.6.1970, 8.7.1970), während es junge Freunde der KPD/ML-ZB mit Gewalt dort hin zur Bundeswehr verschlägt (vgl. Jan. 1971), nicht umsonst unterhielt der KBW später in Lingen eine Vereinigung für revolutionäre Volksbildung (VRV) und auch die Rote Garde der KPD/ML agitierte bei der Lingener Bundeswehr.

Aus dem Bergbaubereich bzw. der Erdölförderung und Erdgasgewinnung berichtet hier derzeit nur die stolze IG Bergbau und Energie (vgl. 19.11.1972), während es in der JVA Lingen bzw. ihrer Außenstelle zum Unglück kommt (vgl. 27.2.1973). In der JVA Lingen sitzen offenbar auch mutmaßliche Angehörige der Roten Armee Fraktion ein (vgl. 6.11.1974).

1973 beteiligen sich Bürger des heutigen Landkreises Emsland an den oft militanten Auseinandersetzungen um verschiedene militärische Projekte in der Region (vgl. Mai 1973, 7.6.1973, 15.6.1973, 16.6.1973), die Schaffung des Landkreises bzw. die Kommunalreform bietet später erneut Anlass zur Agitation (vgl. Sept. 1974, 4.9.1974).

Die KPD erwähnt nicht nur als einzige Gruppe in dieser Dokumentenauswertung das Stahlwerk Lingen (vgl. 9.3.1976), sondern auch den Protest gegen das wenig später havarierte Atomkraftwerk Lingen (vgl. 30.6.1976), wobei auch die Wippinger Reisekämpfer mit der KPD befreundet scheinen (vgl. 9.8.1976), vor ort bzw. landesweit aber auch von der DKP unterstützt werden (vgl. 19.11.1976).


Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

26.06.1969:
Die DKP bringt die Nr.13 ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 19.6.1969, 3.7.1969). Aus Niedersachsen wird u.a. berichtet aus Esterwegen-Bockhorst und Papenburg.
=Unsere Zeit Nr.13,Essen 26.6.1969

23.07.1969:
Die DKP berichtet aus Dortmund:"
GEDENKFEIER FÜR EINEN WIDERSTANDSKÄMPFER

Am 23. Juli 1969 wurde in der Gaststätte Witteler in Klein-Barop eine würdige Gedenkfeier für den am 24.7.1944 hingerichteten Jungkommunisten HANS GRÜNING durchgeführt. Heinz Junge, ein Mitkämpfer Hans Grünings in der Illegalität unter Hitler, schilderte den Widerstandskampf dieses mutigen Patrioten gegen Krieg und Faschismus, der alle Massenverhaftungen von 1933 bis 1943 überstand, dann als Leiter einer internationalen Widerstandsgruppe verhaftet und hingerichtet wurde.

Diese Gruppe gab Aufrufe und Flugblätter heraus, bereitete sich durch Beschaffung von Waffen auf einen Aufstand gegen Hitler vor und leistete eine große Aufklärungsarbeit unter den ausländischen Zwangsarbeitern darüber, daß neben dem Nazi-Deutschland noch ein Deutschland der Demokraten existiere. Zwei mit Hans Grüning verhaftete Zwangsarbeiter aus der Sowjetunion (SU,d.Vf.) wurden nicht vor Gericht gestellt, sondern, wie dies damals üblich war, von der Gestapo heimlich erschossen.

Altbürgermeister Ewald Sprave erinnerte daran, daß unser Stadtbezirk viele Opfer des Nazi-Terrors zu beklagen hat. Da war z. Zt. die Verschleppung Wilhelm Hansmanns 1933, den die SA totgeprügelt glaubte und im Straßengraben liegenließ, da wurde der Bergarbeiterführer und SPD-Reichstagsabgeordnete Fritz Husemann im KZ Esterwegen mit Maschinenpistolen-Salven zusammengeschossen und starb am 18.4.1935 - da war der ehemalige Stadtverordnete Fritz Menze, der auf dem Hungermarsch vom KZ Sachsenhausen ins KZ Bergen-Belsen umkam und der Bergarbeiter Karl Schwartz aus Hombruch, der im Rombergpark 1945 ermordet wurde.

Pfarrer Lipper sprach über die Gefahren für Demokratie und Frieden heute und erinnerte daran, daß auch die jungen Menschen, die zu jung sind, um mit schuldig zu sein, von der 'Schuld der Väter' belastet sind und 'kein Gras darüber wachsen lassen dürften'. Sie müßten alles tun, damit eine Wiederholung unmöglich wird."
=DKP Nachrichten für den Verwaltungsbezirk Hombruch Nr.1,Dortmund Anfang Aug. 1969,S.3f

30.10.1969:
Die DKP bringt die Nr.31 ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 23.10.1969,
6.11.1969) und berichtet u.a. vom Textilbetrieb Emsland Papenburg.
=Unsere Zeit Nr.31,Essen 30.10.1969

06.06.1970:
In Oldenburg beginnt die zweitägige erste Tagung des Regionalkomitees Weser/Ems, an der sich die Sozialistische Basisgruppe (SBG) Aurich, der Arbeitskreis Lehrlinge (AKL) Leer und der Arbeitskreis (AK) Spartacus Oldenburg beteiligen. Auch in Aschendorf soll es eine linke Gruppe geben, über die aber nur bekannt ist, daß sie 40 Mitglieder haben soll.
=Sozialistische Basisgruppe Aurich:Bulletin Nr.2,Aurich Juni 1970

08.07.1970:
Innerhalb der Vorläufergruppen der KJO Spartacus erscheint erstmals ein Nationales Internes Bulletin. Die Spartacus-Gruppe Oldenburg in Niedersachsen berichtet, daß Kontakte bestünden u.a. nach Papenburg.
=Nationales Internes Bulletin,o.O. 8.7.1970

Januar 1971:
Der KJVD der KPD/ML-ZB (vgl. Feb. 1971) berichtet vermutlich aus dem Februar:"
Wer seinem Einberufungsbefehl nicht folgt, wird von der Polizei zum Bund geschleppt. Wie ein Genosse aus dem KJVD, der seinen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung (KDV,d.Vf.) zu spät eingereicht hatte. Er wurde nachts aus dem Bett heraus verhaftet und in eine Kaserne in Lingen geschleppt.

Wer in der Kaserne den Mund aufmacht, wird schikaniert, mit Bau und Urlaubssperre bestraft. Denn 'für die Dauer des Wehrdienstes ist die politische Freiheit eingeschränkt', wie ein Offizier unserem Genossen kalt erklärte."
=Der Kampf der Arbeiterjugend Nr.2,Bochum Feb. 1971,S.6

19.11.1972:
Die Bundestagswahlen (BTW) finden statt.
Laut einem Bericht der IGBE vom 15.12.1972 kommen 14 Abgeordnete des neuen Deutschen Bundestages von der IGBE, darunter Willi Wolf (Lingen).
=Einheit Nr.21, 23 und 24,Bochum 1.11.1972, 1.12.1972 bzw. 15.12.1972,S.1 und 3, S.1 bzw. S.2

27.02.1973:
In der Außenstelle Groß-Hesepe der JVA Lingen, deren 350 Gefangene für die Firma Ruhwinkel Spielzeug arbeiten, verbrennen heute, laut Roter Hilfe, 5 Gefangene.
=Wir wollen alles Nr.1,Gaiganz 12.3.1973

Mai 1973:
Die 'WWA' (vgl. 25.6.1973) berichtet vom Bombenabwurfplatz Nordhorn-Range (vgl. 12.6.1973), dass sich im Mai bis zu 50 000 an den Demonstrationen gegen den Bombenabwurfplatz in der Engdener Wüste beteiligen, u.a. Vertreter der 6 000 Werftarbeiter aus Emden, Leer und Papenburg.
=Wir wollen alles Nr.5,Gaiganz Juni 1973

07.06.1973:
Die KPD/ML (vgl. 7.7.1973) berichtet aus Papenburg von einer heutigen Demonstration gegen den Bombenabwurfplatz im Westermoor, an der sich u.a. Bauern, Schüler und Schiffer beteiligten.
=Roter Morgen Nr.26,Dortmund 7.7.1973

15.06.1973:
Die 'WWA' (vgl. 25.6.1973) berichtet vom Bombenabwurfplatz Nordhorn-Range (vgl. 14.6.1973, 16.6.1973), dass die Polizei heute durch Molotow-Cocktails und Steine angegriffen worden sei, woran sich auch Jungarbeiter aus Nordhorn und Lingen beteiligten. "Zwischen der Bevölkerung und den zugereisten Maos hat es zunächst keinerlei Differenzen gegeben".
=Wir wollen alles Nr.5,Gaiganz Juni 1973

16.06.1973:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr.23 (vgl. 9.6.1973, 23.6.1973) heraus. Aus Niedersachsen wird berichtet aus dem Westermoor bei Ramsloh im Kreis Cloppenburg über den Widerstand gegen das Bombenabwurfgebiet, der u.a. unterstützt werde von Menschen aus Papenburg, u.a. von der Werft.
=Roter Morgen Nr.23,Dortmund 16.6.1973

30.06.1973:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr.25 (vgl. 23.6.1973, 7.7.1973) heraus. Aus Niedersachsen wird u.a. berichtet aus Dörpen.
=Roter Morgen Nr.25,Dortmund 30.6.1973

27.07.1973:
Es erscheint die 'Wir wollen alles' (WWA – vgl. 25.6.1973, 12.9.1973) Nr.6 und berichtet u.a. aus Lingen über das AKW und die Elektroindustrie.
=Wir wollen alles Nr.6,Gaiganz 27.7.1973

September 1974:
Der Bezirksvorstand Niedersachsen der DKP gibt auf September datiert die 'DKP Informationen' Nr.1 zu Problemen der Landes- und Kommunalpolitik heraus, in der u.a. aus Herzlake im Kreis Meppen (mittlerweile Kreis Emsland) berichtet wird.
=DKP Informationen Nr.1 Zu Problemen der Landes- und Kommunalpolitik,Hannover Sept. 1974

04.09.1974:
Der KBW gibt seine 'KVZ' Nr.18 (vgl. 21.8.1974, 18.9.1974) heraus. Die Ortsgruppe Wolfsburg/Gifhorn berichtet aus Herzlake im Kreis Meppen. =Kommunistische Volkszeitung Nr.18,Mannheim 4.9.1974

06.11.1974:
In der Nr.45 ihrer 'Roten Fahne' (vgl. 30.10.1974, 13.11.1974) berichtet die KPD u.a. aus der JVA Lingen bzw. dem dortigen Haftkrankenhaus von RAF-Anhängern.
=Rote Fahne Nr.45,Dortmund 6.11.1974

09.03.1976:
Die KPD gibt die Nr.10 ihres 'Rote Fahne Pressedienstes' (RFPD - vgl. 2.3.1976, 16.3.1976) heraus. Aus Niedersachsen wird u.a. berichtet vom Niederrheinstahlwerk Lingen (IGM-Bereich).
=Rote Fahne Pressedienst Nr.10,Köln 9.3.1976

02.06.1976:
Die KPD gibt ihre 'Rote Fahne' (RF) Nr.22 (vgl. 26.5.1976, 9.6.1976) heraus. Spenden gingen u.a. ein von Erdarbeitern im Kreis Meppen (heute Kreis Emsland).
=Rote Fahne Nr.22,Köln 2.6.1976

30.06.1976:
Die KPD gibt ihre 'Rote Fahne' (RF) Nr.26 (vgl. 23.6.1976, 7.7.1976) heraus. Aus Niedersachsen wird berichtet vom Anti-AKW Kampf in Lingen.
=Rote Fahne Nr.26,Köln 30.6.1976

09.08.1976:
Im Kampf gegen die Atommüllfabrik Lichtenmoor, der, laut KPD, von Bauern bzw. Jungbauern, u.a. aus Wippingen, Schülern, Frauen, Arbeitslosen, von Studenten aus Bremen und Hannover sowie der KPD Bremen und ihrem KJVD Hannover getragen wird, gehen vermutlich in dieser Woche Jusos der SPD und die DKP gegen den KPD-Professor Jens Scheer von der Uni Bremen vor.
=Rote Fahne Nr.33,Köln 18.8.1976

19.11.1976:
Der Bezirksvorstand Niedersachsen der DKP gibt seine 'DKP Informationen' Nr.11 (vgl. 20.7.1976) heraus, welches die letzte uns derzeit vorliegende Ausgabe ist. Berichtet wird u.a. von der eigenen Sitzung (vgl. 13.10.1976). Vom Mitglied des Bezirksvorstandes und Vorsitzendem des Kreises Celle der DKP erscheint folgender Kommentar zur AKW-Problematik:"
LIEBER HEUTE AKTIV - ALS MORGEN RADIOAKTIV!

Der Widerstand der Bürger gegen die atomare Bedrohung geht nicht nur in Brokdorf (in Schleswig-Holstein,d.Vf.) weiter. Gegen den Plan der Energie- und Kernenergiekonzerne und ihrer politischen Willensvollstrecker in Bonn und Hannover, Niedersachsen zum Atommülleimer der BRD zu machen, sind die Bürger der bedrohten Gebiete auf die Barrikaden gegangen. Ursprünglich war auch in Niedersachsen geplant, die Atommüll- und Wiederaufbereitungsanlage lautlos durchzusetzen. Das wurde durch die demokratische Wachsamkeit der Öffentlichkeit verhindert. Die durch Brokdorf vorgewarnten Bürger machten den Atomstrategen einen Strich durch die Rechnung.

In den Dörfern des Naturschutzparks Südheide, um das Bohrloch bei Lutterloh, im Lichtenmoor bei Nienburg und auch über dem Salzstock bei Wittingen in Ostfriesland (gemeint ist Wippingen,d.Vf.) schlossen sich die alarmierten Menschen zu Bürgerinitiativen zusammen. Sie fielen nicht auf die Verharmlosungen, Versprechungen und Drohungen des atomindustriellen Komplexes herein. Sie griffen zur Selbsthilfe unter der Losung: 'Lieber heute aktiv - als morgen radioaktiv. Profitinteressen weniger oder die Lebensinteressen der Mehrheit der Bevölkerung', das ist die Frage.

Im Widerstand gegen die vereinte Macht von Konzernen und Regierungen fanden zusammen, die sonst nur schwer unter einen Hut finden: Arbeiter und Bauern, Studenten und Schüler, Lehrer und Jäger, Apotheker und Pastoren, Gastwirte und Gäste, Liberale, Sozialdemokraten und Kommunisten, Christen und Atheisten. Die Breite dieses Volksbündnisses und seine Einheit erwies sich als die Kraft, die bereits erste Erfolge erzwang."
=DKP Informationen Nr.11,Hannover 19.11.1976

20.02.1977:
Der AB gibt seine 'Kommunistische Arbeiterzeitung' Nr.106 (vgl. 6.2.1977, 6.3.1977) heraus. Aus Niedersachsen wird berichtet vom Schulkampf u.a. in Papenburg.
=Kommunistische Arbeiterzeitung Nr.106,München 20.2.1977

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