KPD:
Gegen Monopoldiktatur für Volksdemokratie - Nur Volksfeinde stehen zur Wahl: ihnen keine Stimme! (1972)
Materialien zur Analyse von Opposition
Von Jürgen Schröder, Berlin, 28.10.2021
Mit dieser Broschüre der KPD zu den Bundestagswahlen 1972 versuchte diese, die sich gerade im Rahmen der Vietnamkampagne bundesweit ausgedehnt hatte, zentral zu agitieren, das Bildmaterial allerdings stammt fast ausschließlich aus Westberlin.
Auszug aus der Datenbank "Materialien zur Analyse von Opposition" (MAO)
02.10.1972:
Vermutlich in dieser Woche gibt die KPD ihre Broschüre zu den Bundestagswahlen (BTW - vgl. 19.11.1972) "Gegen Monopoldiktatur für Volksdemokratie - Nur Volksfeinde stehen zur Wahl ihnen keine Stimme!" im Verlag Rote Fahne heraus mit einer Einleitung und den Abschnitten:
- "Gegen Monopoldiktatur";
- "Nur die Volksrevolution kann die Monopoldiktatur stürzen!";
- "Warum kann das Proletariat diese historische Mission erfüllen?";
- "Die Volksrevolution wird die proletarische Diktatur in Form der Volksdemokratie aufrichten!";
- "Das Geschwätz von Stabilität und Fortschritt und die wirkliche Lage der werktätigen Massen";
- - "Monopolprofite. Hauptursache der Inflation" mit einem Bild von der Demonstration gegen die Fahrpreiserhöhungen der Berliner BVG;
- - "Die Lüge von der Lohn-Preis-Spirale";
- - "Mietwucher und Bodenspekulation";
- - "Der Soziale Wohnungsbau - Ein Riesenbetrug an den werktätigen Massen!";
- - "Werkwohnungen - zusätzlicher Profit für die industriellen Monopole";
- - Das 'Mieterschutz'-Gesetz ist in Wirklichkeit ein Vermieterschutz-Gesetz!";
- - "Die SPD-Regierung unterstützt das Geschäft mit der Krankheit!";
- - "Ständige Verschlechterung medizinischer Versorgung";
- - "Gesetzliche Krankenversicherung: Beitragssteigerung";
- - "Riesenprofite der Arzneimittel-Industrie";
- - "Das Elend der Rentner";
- - "Steuerpolitik: Staatlich verordnete Lohnkürzung!";
- - "Ausbildung zur Lohnsklaverei" mit einem Bild von einer Antifa-Kundgebung in Berlin;
- - "Die Politik der kapitalistischen Rationalisierung";
- - "Was ist das Stabilitätsgesetz? Gegen wen richtet es sich?";
- - "Das Beispiel Ruhrkohle-AG (RAG)";
- - "Stillegungen - Massenentlassungen";
- - "Rationalisierungsabkommen - eine Farce";
- - "Kapitalistische Rationalisierung - Steigerung der Arbeitshetze";
- - "Gegen den Lohnstopp!";
- "Der Schein der freiheitlich-demokratischen Grundordnung" zur FdGO;
- - "Die Bundesrepublik: Staat der Monopolbourgeoisie";
- - "Was ist das 'Sozialistische' am Bonner Staat?";
- - "Gegen Reformismus und Revisionismus - "Für die revolutionäre Einheit der Arbeiterklasse - KPD" zur DKP;
- "Der Vorstoß des BRD-Imperialismus";
- - "Ostpolitik der BRD-Regierungen - Imperialistische Expansion";
- - "Kapitalexport: Ausbeutung der Dritten Welt, Kurzarbeit und Entlassungen hier!";
- "EWG - Gemeinschaft der Ausplünderer";
- "Die NATO ist die Militärmaschine zur Niederhaltung der ausgebeuteten Völker";
- "Nur Volksfeinde stehen zur Wahl - sechsmal Massenbetrug";
- - "SPD";
- - - "Geschichte der Sozialdemokratie";
- - - - "1. Vorkriegsimperialismus und Sozialchauvinismus";
- - - - "3. Demagogen der Wirtschaftsdemokratie - Wegbereiter des Faschismus";
- - - - "Der Verrat der SPD am antifaschistischen Kampf";
- - - - "5. SPD nach 1945";
- - "FDP";
- - "DKP";
- - - "Kapitalismus oder Sozialismus?";
- - - "Programm, Strategie und Taktik der DKP: Abrücken vom revolutionären Ziel der Arbeiterklasse!";
- - - "Worin besteht die Politik der DKP-Führung? Welches sind ihre Ziele?";
- - - "Wie sieht das im einzelnen aus?";
- - - "Proletarischer Internationalismus oder Sozialimperialismus";
- - "CDU-CSU";
- - - "Die Wiederaufrichtung der Klassenherrschaft der Monopole durch die CDU-CSU-Regierung";
- - - "Knebelung der Arbeiterklasse";
- - - "Verbot der KPD";
- - - "Weiterer Abbau der demokratischen Rechte des Volkes";
- - "NPD" mit einem Bild von einer Antifa-Kundgebung in Berlin;
- "Kann es im Kapitalismus Freiheit für die Volksmassen geben?";
- - "Kann die Volksherrschaft im Rahmen des Grundgesetzes durchgesetzt werden?".
In "Ausbildung zur Lohnsklaverei" heißt es u.a.:"
'Unsere Kinder sollen die besten Schulen haben!', hieß es in der Wahlpropaganda der SPD. Für die BRD und Westberlin insgesamt beträgt die Anzahl der Schüler pro Klasse in den Volksschulen 34, in einigen Bundesländern noch darüber (NRW 35, 5, Bayern 36, 9). In Bayern gab es im Schuljahr 1970/1971 noch 578 Klassen mit über 50 Schülern. Die Werktätigen auf dem Land müssen ihre Kinder oft in 'Zwergschulen' schicken, die nur ein oder zwei Klassen besitzen - in Baden-Württemberg z.B. sind mehr als ein Fünftel der Grundschulen noch nicht in Klassen gegliedert!
Die Bourgeoisie aber kann ihre Zöglinge auf Privatschulen - Elite-Schulen - schicken, an denen die Kinder im Geist der Verachtung der Werktätigen als zukünftige Elite erzogen werden. Diese Schulen werden auch noch vom Staat (das heißt aus den Steuergroschen der Werktätigen!) subventioniert. Aber auch wenn die bürgerlichen und kleinbürgerlichen Schüler keine Eliteschule besuchen, werden sie bevorzugt: Für einen Schüler der staatlichen Gymnasien gab die 'öffentliche Hand' 1967 2 003 DM jährlich aus, für einen Volks- oder Sonderschüler jedoch knapp über die Hälfte: 1 086 DM.
Offensichtlich betrachtet die SPD die Kinder der Werktätigen nicht als 'ihre'. Nicht einmal der Hauptschulabschluß wird allen proletarischen Jugendlichen gewährt: In den (SPD-) Ländern NRW und Westberlin mußten 1971 25% bzw. 40% der Hauptschüler die Schule schon nach der 7. oder 8. Klasse verlassen. Diesen jungen Proletariern ist jede Möglichkeit zur weiteren Qualifizierung genommen: Ihnen bleibt nur die 'Perspektive' des Hilfsarbeiters in der Industrie - bei niedrigstem Lohn und ständiger Gefahr des Verlustes des Arbeitsplatzes.
An den Berufsschulen schließlich ist die Lage vollends katastrophal. Fast die Hälfte der Arbeiterjugend der BRD und Westberlins hat weniger als acht Stunden Berufsschulunterricht auf Grund der fehlenden Räume, Lehrmittel und vor allem: Lehrer. In NRW fehlen 40% der benötigten Berufsschullehrer. Die Kultusminister der Länder ließen sich vorrechnen, daß ein nur halbwegs sinnvoller Unterricht erst bei einer Klassenstärke von höchstens 25 Kindern pro Klasse möglich sei. Zur Durchführung nur dieser einen - minimalen - Reform wären aber zusätzlich 200 000 Lehrer notwendig - von anderen von der SPD im Wahlkampf versprochenen Reformen wie 10. Pflichtschuljahr, Vorschule und Schaffung von genügend Kindergartenplätzen ganz zu schweigen.
Was tut also die SPD, die Partei der 'inneren Reform', um der unerträglichen Verschlechterung der Ausbildung der Kinder der Werktätigen entgegenzuwirken?
- Der SPD-Senat von Hamburg verweigert 100 Lehrer den Eintritt in den Schuldienst, wie wir oben sahen…
- Mehr noch, im nächsten Semester gilt der Numerus Clausus (NC, d.Vf.)
(Zulassungstop) für ALLE Fächer der Hamburger Universität…
- Der SPD-Senat in Westberlin ('Berlin soll die klügsten Kinder haben' - Wahlkampfparole März 1971) verfügt kurz nach der Wahl ein Zulassungsverbot an der Pädagogischen Hochschule (PH, d.Vf.) Westberlin, von dem 450 Studenten mit 'kleiner Matrikel' (ehemalige Berufstätige) und Studienwechsler betroffen werden.
- Genug Geld war allerdings da, um die Westberliner Polizei zu einer Bürgerkriegstruppe auszurüsten. Selbst einigen SPD-Politikern war das zuviel: Angesichts des Scheiterns seiner Reformpläne nahm Schulsenator Evers im März 1970 seinen Hut…
- Ihm folgte kaum ein Jahr später der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Leussink. Angesichts der Krise des BRD-Monopolkapitals mußte der Bildungsetat daran glauben.
Evers und Leussink mußten nicht deshalb gehen, weil sie es etwa versäumt hätten, bei ihren Reformplänen von den Wünschen der Bourgeoisie auszugehen, oder weil sie es an sozialer Demagogie hätten fehlen lassen: Sie mußten gehen als Vertreter von Plänen, die in einer veränderten wirtschaftlichen und politischen Lage den Monopolkapitalisten nicht mehr ;wirtschaftlich vertretbar', den Massen nicht mehr glaubwürdig erschienen.
Als Schmidt-Schnauze schließlich die Finanzen der bankrotten Brandt-Regierung übernahm, strich er eiligst weitere fünf Milliarden aus dem Bildungsetat. Sogar der Koalitionspartner FDP mußte feststellen, daß die versprochene Bildungsreform ('Herzstück der inneren Reform') 'auf Eis gelegt' worden ist.
Für die Verbesserung der Ausbildung werden keine Mittel bereitgestellt, dafür aber der Wehrkundeunterricht (WKE, d.Vf.) eingeführt, um den Jugendlichen militaristisch zu beeinflussen. seit dem berüchtigten Brief von 'Friedenskanzler' Brandt an die Ministerpräsidenten der Länder vom 19.11.1970, in dem er sie aufforderte, auf dem Dienstwege darauf hinzuweisen, 'daß die… Notwendigkeit… der Landesverteidigung in den Schulen allgemein mehr Beachtung finden muß', bemühten sich SPD- und CDU-Landesregierungen militaristisches Gedankengut in die Schulen zu tragen.
Überall, wo Jugendliche in und unmittelbar nach der Ausbildung gegen die Ausbildung im Dienste der Kapitalisten Widerstand leisten, werden sie bedroht und diszipliniert:
Fortschrittliche Schüler werden von der Schule verwiesen.
Fortschrittlichen Studenten droht der Verweis von der Universität.
Die Vertretung der Studenten an den Hochschulen wird in ihren Rechten eingeschränkt.
Fortschrittliche Lehrer werden nicht in den Schuldienst aufgenommen."
Die Zelle des KSV der KPD an der PH Dortmund (vgl. 27.11.1972) zitiert den Abschnitt "Ausbildung zur Lohnsklaverei" bis zum Satz "Fortschrittliche Lehrer werden nicht in den Schuldienst aufgenommen."
Quellen: Kommunistische Studentenpresse PH Dortmund Nr. 2, Dortmund Nov. 1972, S. 13f; Rote Fahne Nr. 63 und 64, Dortmund 4.10.1972 bzw. 11.10.1972, S. 8 bzw. S. 8
Letzte Änderung: 28.10.2021