September 1970:
Es erscheint die Nr. 8 des 'Roten Morgens' der KPD/ML-ZK (vgl. Aug. 1970, Okt. 1970), die sich ausgiebig mit Indonesien befaßt.
Zum Besuch des indonesischen Präsidenten Suharto habe die Ortsgruppe Frankfurt eine Demonstration organisiert, die Rote Garde Hamburg Stellung genommen und in Berlin sei ein gemeinsames Flugblatt von KPD/ML-ZK, der Thälmannzelle der PCI/ML, den Proletarischen Revolutionären der Türkei, der Organisation griechischer ML (OGML), den arabischen ML Westberlin und der KP Spaniens/ML verteilt worden. Dargestellt wird u.a. die Geschichte der KP Indonesiens (vgl. 1920).
Mit dem Artikel "Lohnfragen sind Machtfragen" befaßt sich später eine Kritik (vgl. Feb. 1971).
Es erscheint auch aus Baden-Württemberg eine Kritik der Freiburger Ortsgruppe "Den Inhalt des 'Roten Morgen' verbessern". U.a. wird ausgeführt:"
Die Entfaltung des ideologischen Kampfes ist die Vorbedingung für das organisatorische und politische Wachstum der Partei; ohne ideologische Klarheit und Einheit wird die KPD/ML ihre historische Aufgabe nie erfüllen können. Die ideologische Klarheit und Einheit ist aber nur zu erreichen durch den allseitigen und offenen ideologischen Kampf, nicht durch Totschweigen, Augenverschließen oder Versöhnlertum. Wenn die ideologische Reinheit, Stärke und Einheit der Partei aber erkämpft (und immer durch Kampf erneuert und vervollkommnet) werden muß, dann bedeutet das, daß wir die ideologische Stärke der Partei nie überschätzen und den ideologischen Kampf nie geringschätzen, aber auch nicht überheblich führen dürfen. Denn der ideologische Kampf muß nicht nur alle Spielarten und Einflüsse der bürgerlichen und kleinbürgerlichen Ideologie in der revolutionären Bewegung und in der Partei selbst entlarven, isolieren und zerschlagen, also den Klassengegner schwächen, sondern er muß gleichzeitig, die einheitlichen Kräfte vereinheitlichen und stärken. Und wenn der ideologische Kampf vom Boden des Marxismus-Leninismus aus und mit den richtigen Methoden geführt wird, dann wird er notwendig diesen dialektischen Charakter haben. Erfüllt er diese dialektische Funktion aber nicht, dann muß er zum Scheingefecht werden, zum Wortgeplänkel oder zum demagogischen Versuch, die eigenen Schwächen zu überspielen … Der RM als zentrales Organ der Partei, ist unser wichtigstes Instrument im ideologischen Kampf um die Plattform dieses Kampfes, was die innerparteilche Auseinandersetzung und Vereinheitlichung betrifft. Wenn wir aber den Inhalt des RM an den beiden Grundprinzipien des ideologischen Kampfes - 'Den ideologischen Kampf ständig, allseitig und offen führen' und 'Der ideologische Kampf muß den Gegner schwächen und die eigenen Kräfte stärken' - messen, dann müssen wir erkennen, daß der RM dieser Aufgabe als Instrument und Plattform des ideologischen Kampfes, als kollektiver Propagandist, kaum entspricht und ihr z.T. entgegenwirkt … Die Art, wie der RM z.B. den 'Gründungsopportunismus' an Hand der KPD/AO zu bekämpfen versucht, widerspricht vor allem dem Prinzip 'Der ideologische Kampf muß den Gegner schwächen und die eigenen Kräfte stärken'. Der Gründungsopportunismus ist der ideologische Ausdruck einer objektiven Entwicklung, der zu Recht zum Gegenstand eines Leitartikels gemacht wurde. Denn der Gründungsopportunismus erfaßt viele gutgläubige aber uninformierte und ideologisch uninformierte Menschen, denen durch eine Entlarvung dieses Spielart des Opportunismus geholfen wurde, die richtige politische Linie zu erkennen. Zugleich würde eine umfassende marxistisch-leninistische Analyse dieses Gründungsopportunismus die eigenen Genossen in ihrem ideologischen Kampf und in ihrer organisatorischen Arbeit sehr wirksam unterstützen. Leider erfüllt der RM-Artikel diese Ansprüche kaum. Das liegt daran, daß seiner Kritik an der KPD/AO teilweise unmaterialistische Anschauungen zugrunde liegen und daß sie großenteils undialektisch ist. Daß das Gründungsfieber ausgebrochen ist, ist zunächst nur eine polemische Feststellung, der unbedingt eine materialistische Erklärung folgen müßte. Statt dessen erschöpft sich die Charakterisierung des Gründungsopportunismus darin, daß 1. ihren (den sog. m-l Organisationen) kein aktiver ideologischer Kampf mit der KPD/ML
vorausgegangen ist, 2. die beiden Seiten ihres Gründungsopportunismus sich einerseits in Ökonomismus, andererseits in verbal radikalem Gebaren und putschistischen Tendenzen offenbaren. Wären diese sog. marxistisch-leninistischen Organisationen denn weniger opportunistisch, wenn sie den ideologischen Kampf mit der KPD/ML geführt hätten? Ist es nicht vielmehr so, daß sie diesen ideologischen Kampf nicht bzw. höchstens oberflächlich, formalistisch und demagogisch führen konnten? Und ist es denn der aktive ideologische Kampf etwa, was jeder leisten kann? Man kann ihn nur führen vom proletarischen Standpunkt aus und nicht von einem opportunistischen oder einem anderen kleinbürgerlichen Standpunkt aus. Also muß man den Klassencharakter dieser Ideologie, dieser Organisationen und ihrer Politik entlarven; und man muß die historische Situation, die sozialen und politischen Faktoren aufzeigen und analysieren, um zu erklären, warum dieser Gründungsopportunismus sich ausbreiten und organisieren mußte … So wird der Opportunismus mehrmals als bloß subjektive Verirrung einiger ehemaliger SDS-Häuptlinge hingestellt … Auf der anderen Seite wird die Beschäftigung mit der KPD/AO zur personalistischen Abrechnung. Wenn es eine ganze Palette opportunistischer Organisationen gibt, dann muß man doch vor allem das Gemeinsame, das prinzipiell Opportunistische an ihnen zeigen und nicht der Reihe nach … auf etwas einzugehen, ohne materialistisch zu begründen, worin Nutzen und Notwendigkeit bestehen. Den ideologischen Kampf gegen den Opportunismus muß man prinzipiell führen, auf einzelne Gruppen muß man nur hinweisen, um besonders prägnante Züge des Opportunismus zu beleuchten und um am konkreten Beispiel nachzuweisen, wie die jeweiligen Gruppen objektiv dem Klassengegner dienen. So aber, wie der RM sich mit der KPD/AO beschäftigt, wird diese Gruppe nur unnütz aufgewertet und mit der Partei auf eine Stufe gestellt … Ebensowenig wie der Gründungsopportunismus als Produkt der kleinbürgerlichen Kräfte der Studentenbewegung in der Verschärfung des Grundwiderspruchs und in der Auseinandersetzung mit der proletarischen Partei entlarvt wird, ebensowenig wird diesem Opportunismus … eine positive Orientierung in den Fragen der Partei und des Parteiaufbaus entgegengestellt … Man kann wirklich nicht sagen, daß dieser Artikel den Prinzipien des aktiven ideologischen Kampfes entspricht, was inhaltlich fehlt, kann auch nicht durch einen herablassenden und polemischen Stil ersetzt werden. Zudem ist die Sprache durchweg viel zu unverständlich … Es geht uns vor allem um die prinzipielle Form und Funktion des ideologischen Kampfes, die der RM nicht erfüllt … Die derzeitigen Schwächen des RM müssen unbedingt überwunden werden."
Der Artikel "Über die Aufgaben des Roten Morgen. Dem Klassengegner die Faust ins Gesicht" stellt u.a. fest:"
Neben zustimmenden Zuschriften an die Redaktion - vorwiegend aus intellektuellen Kreisen - gab es auch ernsthafte Kritik, vor allem von seiten der Arbeiterklasse … Ein Genosse schrieb uns: 'Ist nicht unsere Hauptaufgabe der Parteiaufbau und damit verbunden die Gewinnung der Besten der Arbeiterklasse? Sicherlich ist die ideologische Auseinandersetzung mit anderen marxistisch-leninistischen Gruppen eine wichtige Sache, doch wichtiger ist: dem Klassengegner die Faust ins Gesicht! Wäre diese Kritik von jener Gruppe gekommen, die sich im April von der Partei trennte (KPD/ML-ZB, d.Vf.), die es als ihre Hauptaufgabe ansieht, eine wilde 'Praxis' zu entfalten, indem sie ohne die konkrete Lage im Betrieb zu untersuchen, zu Streiks aufruft, in der vagen Hoffnung, irgendwann wird es schon klappen; die die politische Aktivität von Marxisten-Leninisten daran mißt, wieviel Kilo gedruckten Papiers sie produzieren, ohne den Nutzen des Inhalts für die Entfaltung des Klassenkampfes zu prüfen; die den Ökonomismus predigen und jede ernsthafte Arbeit an der Erstellung einer Klassenanalyse und Ausarbeitung eines marxistisch-leninistischen Programms für unnützen Zeitvertreib halten, wir hätten kein Wort daüber verloren. Die Kritik kam jedoch von Arbeitergenossen unserer Partei, die auf dem Boden der Plattform des Zentralkomitees stehen. Die der Meinung sind, daß im Widerspruch zwischen Theorie und Praxis die Theorie derzeitig die Hauptseite ist, daß die unbedingte Notwendigkeit der Ausarbeitung einer programmatischen Erklärung der KPD/ML besteht. Die sich aber - und das mit vollem Recht - dagegen wehren, den ROTEN MORGEN in ein Blatt nur für Intellektuelle umzuwandeln. Wie muß in der jetzigen Phase des Parteiaufbaus der ROTE MORGEN, das Zentralorgan unserer Partei aussehen? Sicher ist, daß in ihm die Programmdiskussion in Artikeln und Beiträgen der Kommissionen einen gebührenden Platz einnehmen, daß in ihm die politische Linie der Partei ihren konkreten Ausdruck finden soll. Doch ist das alles? Erinnern wir uns, welche Forderungen Lenin an das Zentralorgan einer bolschewistischen Partei stellte: Die Zeitung soll kollektiver Propagandist, Agitator und Organisator sein … Für uns ist entsprechend der Hauptaufgabe der Partei gegenwärtig die Propaganda die hauptsächliche Seite … Kollektiver Propagandist? Das heißt, die Zeitung muß in ideologischen Artikeln: 1. den schonungslosen Kampf gegen den Imperialismus und Sozialimperialismus besonders gegen die westdeutsche Monopolbourgeoisie führen, 2. den Revisionismus in all seinen Erscheinungsformen ständig entlarven, 3. der Arbeiterklasse die Notwendigkeit der marxistisch-leninistischen Partei erklären, 4. das Wesen des Kapitalismus in all seinen Erscheinungsformen erklären und enthüllen, 5. in sachlicher Diskussion und Polemik mit anderen marxistisch-leninistischen Gruppen die korrekte Linie des Aufbaus und der Polemik der marxistisch-leninistischen Partei bestimmen, 6. die Erfahrungen und Erfolge der marxistisch-leninistischen Bruderparteien aufzeigen und auswerten. Kollektiver Agitator? Das heißt, die Zeitung muß 1. zu konkreten Aufgaben der Arbeiterklasse, zum Beispiel Streiks, Kampf gegen Preissteigerungen usw. anleitend Stellung nehme, 2. an konkreten Beispielen die Bourgeoisie demaskieren und die Taktik der Revisionisten entlarven, 3. zu aktuellen politischen Fragen vom Klassenstandpunkt aus Stellung nehmen, 4. Erfahrungen über verschiedene Aktionen des Klassenkampfs vermitteln, 5. Diskussionen über die konkreten Formen des Kampfes mit anderen marxistisch-leninistischen Gruppen führen. Kollektiver Organisator? Das heißt, die Zeitung muß 1. sich ein enges Netz von Korrespondenten aus möglichst vielen Orten schaffen, um in der Lage zu sein, direkt von der Basis aus zu berichten, 2. über Abonnenten und Leser den Kreis der Sympathisanten an die Partei heranführen, 3. politische Kampagnen organisierend vorantreiben, 4. über Erfahrungen der Organisation der Partei berichten. Das alles sind vielfältige, umfangreiche Aufgaben, die vom Zentralorgan unserer Partei, dem ROTEN MORGEN, wahrgenommen werden müssen … Die Gefahr, daß sich der ROTE MORGEN in eine theoretisierende Zeitschrift für Intellektuelle verwandeln könnte, ist spätestens ab dieser Ausgabe gebannt … An welchen Leserkreis soll sich der ROTE MORGEN wenden? Er wendet sich in der Hauptsache an die fortschrittlichen, klassenbewußten Arbeiter, aus deren Reihen sich die Avantgarde des Proletariats rekrutiert. Er wendet sich weiter an die revolutionäre Intelligenz, deren Aufgabe es ist, sich unter Führung der Arbeiterklasse mit dieser sich eng im Kampf zum Sturz der herrschenden Klasse zu verbünden. Er wendet sich an alle, die erkannt haben, daß dieser Kampf nur unter Führung einer korrekten, marxistisch-leninistischen, einer bolschewistischen Partei zu gewinnen ist."
Kritisiert wird diese Ausgabe u.a. von den Marxisten-Leninisten (ML) Bochum (vgl. März 1973).
Der LV Süd-West (Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland) der KPD/ML-ZK berichtet (vgl. 11.10.1971):"
Im Roten Morgen hatte sich die bürgerliche Linie des Verzichts auf aktiven ideologischen Kampf und des Ökonomismus und Tradeunionismus schon ab der Nr. 8/70 durchgesetzt."
Q: KPD/ML-ZK-LV Südwest: Analysen und Anträge des LV Süd-West, o.O. Okt. 1971; ML Bochum: Schlag zu und schon geht es los. Die KPD/ML und der Klassenkampf in der BRD, Bochum o.J. (1973), S. 30;Roter Morgen Nr. 8, Hamburg Sept. 1970;N.N.(KPD/ML-ZK-ZBGK): Für eine revolutionäre Betriebs- und Gewerkschaftspolitik, o.O. o.J. (1971), S. 3f