16.11.1974:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr. 46 (vgl. 9.11.1974, 23.11.1974) heraus mit dem Leitartikel "Genosse Holger Meins zu Tode gefoltert!" zum RAF-Hungerstreik.
Weitere Artikel sind:
- "Grußadresse des ZK der KPD/ML: 33 Jahre Partei der Arbeit Albaniens";
- "Washington und Bonn wollen Verstärkung der US-Besatzertruppen";
- "Welternährungskonferenz: Das Problem des Hungers ist nur im Kampf gegen den Imperialismus zu lösen";
- "Sozialimperialisten wittern günstige Gelengeheit" zu Portugal;
- "US-Wahlen: Wahlbeteiligung um 16% zurückgegangen";
- "ÖTV-Tarif: Schlichtungsgerede soll den Kampf der Kollegen unterdrücken" zur ÖDTR;
- "Westberliner Arbeitsgericht: Arbeitsverbot für Landesvorsitzenden der KPD/ML", Thomas Scheffer, der bei AEG Brunnenstraße entlassen worden war;
- "Wir lassen uns nicht länger vertrösten" zu den Klimaanlagen bei Hella Recklinghausen (etwa 730 Beschäftigte), wo die Rote Garde ihre 'Rote Fanfare' herausgibt;
- "Kampf der Soldaten hat die Offizier ein Unruhe versetzt" zum Jägerbataillon 391 in Oldenburg/Holstein;
- "Auf Empfehlung von Heinemann" zur DKP;
- "Vier Jahre vollständige Elektrifizierung Albaniens";
- "Kinder Malen zum Jahrestag der Befreiung" in Albanien;
- "Anbau von Obst erheblich gesteigert" in Albanien;
- "Auszüge aus der Rede des Genossen Mehmet Shehu vor der Volksversammlung der VR Albanien";
- "München: Staatsanwalt bedroht Zeuge mit Gefängnis" in einem Prozeß wegen Hausfriedensbruch im RAKT-Prozeß gegen Klaus Kercher;
- "Kölner Antifaschistenprozeß: Terrorurteile weil Ansteckungsgefahr für die Bevölkerung besteht" wegen dem Protest gegen die NPD in Nippes;
- "Massenmörder soll straffrei bleiben" zu Dr. Struve, Stellvertreter des NS-Gesundheitssenators in Hamburg;
- "Gemeinsame Erklärung der KPD/ML und der MLPN" Niederlande;
- "Spanien: Hunderttausende im Streik";
- "Saigon: Massendemonstrationen gegen das Thieu-Regime" in Vietnam; sowie
- "Typhusepidemie: Schuld ist das kapitalistische Gesundheitssystem" zum giftigen Kartoffelsalat bei Grenz Neuhofen, der u.a. in Heidelberg und an Stuttgarter Schulen Verbreitung fand.
Aus Düsseldorf und Berlin wird berichtet von Spaniendemonstrationen (vgl. 9.11.1974), aus Hamburg von der Iranischen Studentenvereinigung (ISV - vgl. 2.11.1974).
Albanienveranstaltungen werden angekündigt für Ebingen/Tailfingen (vgl. 25.11.1974) und Nürnberg (vgl. 24.11.1974).
Aus Hessen wird berichtet vom Kreisjugendring Biedenkopf, der auch für Marburg zuständig ist. Albanienveranstaltungen werden angekündigt für Gießen (vgl. 24.11.1974) und Marburg (vgl. 16.11.1974), wo es auch noch einen freitäglichen Diskussionskreis (vgl. 22.11.1974) gibt.
Berichtet wird (vgl. 21.11.1974):"
Prozess gegen Ernst Aust und Gernot Schubert in Hamburg
Weil der Rote Morgen im Juni 1973, während des damaligen Höhepunktes der Steiner-Wiegand Affäre das bürgerliche Parlament als 'Schwatzbude' bezeichnet und erklärte, dass es nichts anderes verdient, als auseinandergejagt zu werden, soll jetzt am 21. und 22.11. dem damaligen verantwortlichen Redakteur des Roten Morgen und seinem Verleger, Genossen Ernst Aust und Gernot Schubert, in Hamburg der Prozess gemacht werden. Die Präsidentin des Bundestages, Frau Renger selbst, hat Anzeige erstattet wegen 'Beschimpfung der Bundesrepublik Deutschland oder ihrer verfassungsmäßigen Ordnung.'
Es ist nicht weiter verwunderlich, dass sich die Bourgeoisie durch diese Charakterisierung des Parlaments, die die Partei seit ihrer Gründung vertritt, so getroffen fühlt. Denn das bürgerliche Parlament ist sozusagen die heilige Kuh der Kapitalisten, das Aushängeschild der bürgerlichen Demokratie. Indem die Bourgeoisie den Massen das Parlament als "Organ des Volkswillens" anpreist, an dessen Bildung jeder über den Stimmzettel beteiligt ist, versucht sie, ihre Klassendiktatur über die Werktätigen als Demokratie für das Volk zu verkaufen. So sollen die Massen, die nach einem Ausweg aus Ausbeutung und Unterdrückung suchen, an den imperialistischen Staat gekettet und von der proletarischen Revolution abgehalten werden. Direkte Agenten der Bourgeoisie sind dabei die modernen Revisionisten, die den Geist der Klassenversöhnung in der Arbeiterbewegung säen, Illusionen über den kapitalistischen Staat verbreiten und die Arbeiterklasse ideologisch, politisch, organisatorisch und militärisch entwaffnen.
So sind es vor allem auch die modernen Revisionisten, die den Parlamentarismus zu einer unschätzbaren Einrichtung für die Kapitalistenklasse machen. Denn sie versprechen der Arbeiterklasse nicht nur, wie die anderen bürgerlichen Parteien auch, diese oder jene Verbesserung der Lage der Werktätigen über das Parlament. Sie behaupten, über das Parlament könne man sogar zum Sozialismus kommen, die Herrschaft der Kapitalistenklasse durch die Herrschaft der Arbeiterklasse ersetzen.
Die modernen Revisionisten argumentieren ungefähr so: Die Feinde der Arbeiterklasse seien vor allem die großen Monopole. Realistisch betrachtet seien sie aber trotz ihres großen Einflusses nur eine kleine Minderheit. Die Arbeiterklasse und die anderen Werktätigen dagegen die überwältigende Mehrheit. Im Moment würde diese Minderheit das Schicksal der Arbeiterklasse bestimmen, weil im Parlament eben ausschließlich ihre Fürsprecher sitzen würden. Aber wenn erst einmal die Mehrheit des Volkes auch die Mehrheit im Parlament hätte, dann müsste es ja mit dem Teufel zugehen, wenn nicht auch die Gesetze, der Beamtenapparat, Polizei und Bundeswehr ihr Gesicht grundlegend ändern.
Dieser Versuch, den Massen vorzumachen, das Problem in der bürgerlichen Demokratie sei vor allem die Ungerechtigkeit der Verteilung von Reichtum und Macht zwischen einer kleinen Minderheit und einer großen Mehrheit, ist nicht neu. Alle Revisionisten und Opportunisten haben auf diese Weise versucht, den grundlegenden Widerspruch de kapitalistischen Gesellschaft, den Widerspruch zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten zu verwischen. Lenin sagt dazu: 'Argumentiert man (in dieser Frage - RM) als Marxist, so muss man sagen: Die Ausbeuter verwandeln den Staat (und die Rede ist von de Demokratie, das heißt von einer Staatsform) unweigerlich in ein Werkzeug der Herrschaft ihrer Klasse der Ausbeuter über die Ausgebeuteten. Darum wird auch der demokratischen Staat, solange es Ausbeuter gibt, die über die ausgebeutete Mehrheit herrschen, unvermeidlich eine Demokratie für die Ausbeuter sein.' Und eine Diktatur über die Arbeiterklasse und die anderen Werktätigen muss man ergänzen. Den Staat gibt es erst, seit es Klassen gibt, die sich unversöhnlich gegenüberstehen und es wird ihn geben, solange es Klassen gibt. 'Der Staat ist das Produkt und die Äußerung der Unversöhnlichkeit der Klassengegensätze. Der Staat entsteht dort, dann und insofern, wo, wann und inwiefern die Klassengegensätze objektiv nicht versöhnt werden können.' (Lenin) Und in allen Geschichtsepochen, dem Feudalismus oder dem Kapitalismus, war der Staat das Mittel der herrschenden Klasse, die anderen Klassen zu unterdrücken und ihre Macht über sie zu behaupten. Die entscheidenden Organe waren und sind deshalb die Polizei und die Armee, die zu allen Zeiten eingesetzt wurden, um revolutionäre Erhebungen der Massen im Blut zu ersticken.
Was in diesem Zusammenhang die bürgerlichen Parlamente angeht, so sagt Lenin dazu: 'Man sehe sich ein beliebiges parlamentarisch regiertes Land an, von Amerika bis hin zur Schweiz, von Frankreich bis England, Norwegen u. a.: die eigentlichen 'Staats'geschäfte (im Auftrag des Kapitals) werden hinter den Kulissen abgewickelt und von den Departements, Kanzleien und Stäben verrichtet. In den Parlamenten wird nur geschwatzt, speziell zu dem Zweck das 'niedere Volk' hinters Licht zu führen.'
Die Revisionisten vertuschen diesen Klassencharakter der bürgerlichen Demokratie, um die Arbeiterklasse vom revolutionären Klassenkampf abzuhalten, von der Schlussfolgerung, die Karl Marx zog: 'daß die Befreiung der unterdrückten Klasse unmöglich ist, nicht nur ohne gewaltsame Revolution, sondern auch ohne die Vernichtung des von der herrschenden Klasse geschaffenen Apparates der Staatsgewalt …'
Obwohl die D'K'P sich nicht genug auf Marx, Engels und Lenin berufen kann, hat sie ihre Lehren verraten und ist in Wirklichkeit eine konterrevolutionäre Kraft. Man kann die Stimme ihres Herrn nicht überhören, wenn man als Ergebnis der Gründungsgespräche in Heinemanns Büro in ihren Thesen liest, dass man bei uns heute den Sozialismus auf friedlichem Wege erreichen könne, ausdrücklich bekräftigt mit der Versicherung, ein Bürgerkrieg zu diesem Zweck sei absolut unnötig. Solche Behauptungen aber stehen nicht nur im Widerspruch zum Marxismus-Leninismus, sie sprechen nicht nur den Erfahrungen der internationalen Arbeiterbewegung der jüngsten Zeit, zum Beispiel in Chile, Hohn, sondern zeigen auch, wie der 'Sozialismus' aussehen wird, den die D'K'P über die Parlamentssitze erreichen will: Es wird ein 'Sozialismus' sein mit der alten, der kapitalistischen Armee, der alten, der kapitalistischen Polizei und dem alten Beamtenapparat. Auf einen solchen "Sozialismus" mit dem Revisionismus an der Macht, wie ihn die deutsche Arbeiterklasse bereits zu Zeiten Noskes zu spüren bekam, wie ihn heute unsere Klassenbrüder in der DDR erleben, können wir allerdings verzichten.
Ein wirklicher Sozialismus aber, wie er in China und Albanien erkämpft worden ist, lässt sich nur auf dem Weg der bewaffneten, sozialistischen Revolution erreichen, auf dem die KPD/ML seit ihrer Gründung kämpft. 'Die KPD/ML weiß, dass die herrschende Klasse ihre Machtpositionen nicht widerstandslos räumt. Sie zu zerbrechen, kann nicht über das bürgerliche Parlament geschehen, sondern nur durch den revolutionären Akt der Zerschlagung des bürgerlichen Staatsapparates und die Errichtung der proletarischen Diktatur, der Herrschaft der großen Mehrheit des Volkes.'
Wenn in Hamburg jetzt dem Vorsitzenden der KPD/ML und dem Verleger des Roten Morgen der Prozess gemacht werden soll, dann nicht, weil die Bourgeoisie "beschimpft" oder "böswillig verächtlich gemacht" wurde. Der Rote Morgen hat das Parlament nicht schlechter gemacht, als es eben ist. Es kommt für die Kapitalistenklasse vielleicht darauf an, ihre heilige Kuh, den Parlamentarismus, gegen die Wahrheit, die Wahrheit des Marxismus-Leninismus zu verteidigen und so auch ihr Schoßkind, die modernen Revisionisten, zu beschützen.
Für die Partei ist es deshalb keine Frage, dass sie diesen Prozess als Tribüne benutzen wird, um den parlamentarischen Schwindel, den revisionistischen Verrat an der proletarischen Revolution zu entlarven und die Notwendigkeit der sozialistischen Revolution zu propagieren.
Freispruch für die Genossen Ernst Aust und Gernot Schubert!
Freiheit für die kommunistische Agitation und Propaganda!
Es lebe die proletarische Revolution!
Für ein vereintes, unabhängiges, sozialistisches Deutschland!"
Berichtet wird von der DKP:"
Mitbestimmung, damit die Stadt bestimmen kann
Auf einer Podiumsdiskussion zur Kommunalwahl, die vom Kreisjugendring von Biedenkopf veranstaltet wurde, nahm auch die D'K'P teil. Während eine Gruppe von Jugendlichen sich gegen die Bevormundung und Repressionen durch die Stadt auflehnte, empfahl ihnen der D'K'P-Spitzenkandidat für den Marburger Kreistag, Gerhard Pfaff, doch für die Mitbestimmung einzutreten. Denn, so Pfaff, die Jugendarbeit sei ein Verfassungsauftrag der Gemeinden und die Gemeinden würden natürlich nur dann Geld rausrücken, wenn sie auch Einfluß auf die Jugendarbeit hätten - - und deshalb fordere die D'K'P eben Mitbestimmung."
Q: Roter Morgen Nr. 46, Dortmund 16.11.1974