Arbeiterkampf, Jg. 7, Nr. 113, 19.9.1977
19.09.1977:
Der KB gibt seinen 'Arbeiterkampf' (AK) Nr. 113 (vgl. 5.9.1977, 3.10.1977) heraus.
In "Rechts-Staat und Terrorismus. Erklärung des Leitenden Gremiums des Kommunistischen Bundes" wird zum Schleyer-Attentat (vgl. 5.9.1977) erklärt:"
Der KB ist nicht bereit, sich seinerseits an der von Strauß, Schmidt und Co. befohlenen Abgrenzungs-Hysterie innerhalb der Linken zu beteiligen. Wir warnen in diesem Zusammenhang vor der bereits deutlich gewordenen weiteren Spaltung innerhalb der Linken, die gewolltes Ergebnis dieser Kampagne ist. Eine solche weitere Spaltung, die nicht mehr an der Frage einer Zustimmung oder Ablehnung des 'bewaffneten Kampfes' (Terrorismus) zum jetzigen Zeitpunkt in der BRD laufen würde, sondern vielmehr an untergeordneten Fragen (z.B. unterschiedliche Schärfe bei der Abgrenzung etc.) müßte die Aktionskraft der westdeutschen Linken zusätzlich schwächen. Hierin läge ein nicht zu unterschätzender Sieg derjenigen, die in unserem Land für Ausbeutung und politische Unterdrückung verantwortlich sind. Der KB bedauert die Haltung einiger linker Persönlichkeiten und Organisationen (SB (SBü, d.Vf.)), sich mit unwürdigen Abgrenzungsbeiträgen beifallheischend in die Spalten der Regimepresse zu drängeln, um dort noch Öl ins Feuer der bürgerlichen Hetzkampagne zu gießen.
Der KB fordert die westdeutsche Linke - Organisationen wie Personen auf, die jetzt unmittelbar zu erwartende Kampagne der Bourgeoisie, die auf einen gewaltigen Ausbau des staatlichen Gewalt- und Repressions-Apparates und einen nicht minder gewaltigen Abbau demokratischer Rechte in diesem Staat zielt, in optimaler Einmütigkeit und Geschlossenheit zu beantworten und nach Möglichkeit zurückzuweisen …
Der Anschlag von Köln durch die RAF wird nicht der letzte dieser Art sein. Im Gegenteil, die terroristischen Aktivitäten in der BRD werden sich steigern. Die Bourgeoisie weiß das, und die Linke weiß das ebenfalls … Die relative Schwäche der westdeutschen Linken verschlimmert diese Lage, da sie gegenüber den zukünftigen 'Terroristen' kurzfristig keine glaubhafte Alternative für einen mittelfristigen Zeitraum anbieten kann … Es ist nicht unbekannt, daß derzeit nicht wenige Genossen Gedanken erwägen, in den politischen Untergrund zu gehen, sowohl auf 'eigene Faust', als auch mit dem Versuch, sich der RAF anzuschließen. Die absehbare Repressions-Kampagne der Bourgeoisie nach Beendigung der Schleyer-Entführung wird diese Tendenz zweifellos verstärken … Der Terrorismus in der BRD ist zwar eine Antwort auf die Unterdrückung durch dieses System, er ist ihm aber gleichzeitig hoffnungslos unterlegen … Wir haben uns seinerzeit (im Juli 1972) konkret mit dem Angebot einer terroristischen Alternative auseinandergesetzt und uns davon abgegrenzt; wir haben auch die Perspektive dieser Alternative real einzuschätzen versucht. Diese Einschätzung hat sich inzwischen in z.T. grausamer Weise bestätigt. Der vom KB eingeschlagene politische Weg mag mühevoll und lang sein, der Weg des Terrorismus dagegen ist absolut aussichtslos."
Im Artikel "Russell-Tribunal - SB: Mittler oder Spalter?" heißt es über das Sozialistische Büro (SBü) u.a.:"
Anfangs schien es so, als würde das SB von einer gemeinsamen und gleichberechtigten Zusammenarbeit zwischen kommunistischen, sozialdemokratischen, liberalen und sozialdemokratischen Kräften zur Vorbereitung und Unterstützung des Russell-Tribunals ausgehen … Die maßgeblichen Kräfte im SB haben ein solches Vorgehen jedoch von Anfang an abgelehnt und es vorgezogen, durch raffinierte Schachzüge, taktische Zugeständnisse etc. (z.B. Ausklammerung strittiger Fragen wie der Unvereinbarkeitsbeschlüsse, Verschweigen der Mitarbeit von Kommunisten usw.)" das Tribunal vorzubereiten. "Unabhängig von den konkreten Erfolgsaussichten dieser Taktik wurde dadurch jedoch eines der möglichen Ziele der Initiative von vornherein aufgegeben: die Verankerung der Politik der Aktionseinheit gegen die staaliche Repression. 'Überall dort, wo der KB auf der lokalen Ebene das praktiziert, was er zentral propagiert, wird eine solidarische Zusammenarbeit nicht möglich sein', ist das Fazit, das in dem erwähnten Rundbrief vom SB-Sekretär Vack gezogen wird … Wie dies umgesetzt wird, zeigen folgende Beispiele:
- in Kiel wurde die Vorbereitungsgruppe gespalten, weil mit Hilfe des SB bestimmte Bereiche der Repression definitiv von einer Untersuchung ausgeschlosssen wurden,
- in München scherte das SZ (dortiges SB) aus der Vorbereitungsgruppe aus und gründete einen neuen Kreis, weil es die Blanko-Anerkennung des vorläufigen Sekretariats nicht hatte durchsetzen können,
- in Oldenburg versuchte das SB, eine schon beschlossene und angekündigte Veranstaltung zu verhindern, da diese die 'Liberalen' verschreckte. Weiterhin forderte das SB, daß im Unterstützungskomitee keine Organisationsvertreter mehr zugelassen werden sollten,
- in Osnabrück machten sie die Herausgabe eines Flugblattes davon abhängig, daß die teilnehmenden Gruppen nicht genannt würden,
- in Bielefeld, wo das SB als Beobachter teilnimmt, traf man sich separat mit DKP, MSB, Jusos (der SPD, d.Vf.) usw., wobei der bisherige Unterstützungskreis nicht informiert wurde …
In einigen weiteren Städten lud das SB zu Treffen ein, wobei zufällig der KB vergessen wurde. Der krasseste Fall der Spaltung ereignete sich jetzt hier in Westberlin … hier jedoch unter der direkten Regie des AK/FU und des provisorischen Sekretariats … Stets argumentiert das SB mit dem 'linken Ghetto', in dem sich die Unterstützungsgruppen angeblich befänden. Allein dies ist schon ein äußerst fragliches Argument, da es in verschiedenen Städten durchaus gelungen ist, ein breites, repräsentatives Spektrum an der Vorbereitung zu beteiligen (Hannover, Hamburg, Nürnberg, Westberlin). Das Demagogische an diesem Argument besteht freilich darin, so zu tun, als sei dieses Ghetto zu einem Gutteil selbst verschuldet … und nicht Folge der SPD/DKP-Unvereinbarkeitspolitik, die praktisch nicht bekämpft wird … Darüberhinaus stellen wir mit Erstaunen fest, daß das SB, das ansonsten keine Gelegenheit ausläßt, dem KB zu unterstellen, er würde die Unabhängigkeit des Tribunals nicht respektieren, es unterläßt … diesen Versuch der Jusos, massiven Einfluß zu nehmen und das Tribunal zum Objekt politischen Schachers zu machen, öffentlich bekanntzumachen und zu kritisieren. Wer gefährdet hier wohl die Integrität der Untersuchungen, die das Tribunal anstellen soll … Bei alledem ist das SB auf dem besten Weg, seinen eigenen Anspruch, Mittler zwischen den revolutionären und radikaldemokratischen Kräften zu sein, aufzugeben. Stattdessen hat das SB (in der Mehrheit) mit dem Schreckgespenst des 'linken Ghettos' vor Augen, an vielen Orten dazu beigetragen, die Berührungsangst der Radikaldemokraten zu verstärken bzw. sie ganz von einer Zusammenarbeit abzuhalten und damit die vorhandenen Gräben eher vertieft."
Eingegangen wird auch auf das geplante K-Gruppen-Verbot (vgl. 26.9.1977).
Aufgerufen wird "Trotz Verbotsdrohungen: Am 24.9. in Kalkar!" in NRW (vgl. 18.9.1977).
Aus Baden-Württemberg wird berichtet von der Chilekampagne in Stuttgart (vgl. 10.9.1977).
Aus Hamburg wird berichtet von Chile-Aktionen (vgl. 2.9.1977, 10.9.1977).
Aus Niedersachsen wird berichtet von der Anti-AKW Bewegung (vgl. 14.9.1977).
Aus Schleswig-Holstein wird berichtet von der Kieler 'Herausforderung' (vgl. Aug. 1977).
Quelle: Arbeiterkampf, Jg. 7, Nr. 113, Hamburg, 19.9.1977