SEX-POL Info

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Dietmar Kesten, Gelsenkirchen


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Das in Hamburg erscheinende SEX-POL-INFO verstand sich als "Organ der undogmatischen und antiautoritären neuen Linken zum Thema Sexualität und Herrschaft".

Es nahm Bezug auf den 1931 von Wilhelm Reich und der Weimarer KPD gegründeten "Deutschen Reichsverband für Proletarische Sexualpolitik", kurz: die Sexpol, die vor allem in der Arbeiterjugend wirken sollte und mit Kritik an der repressiven Sexualmoral der bürgerlichen Gesellschaft ein wesentliches Standbein hatte. Vorgänger der Bewegung in der Jugend- und Studentenbewegung war m. E. die West-Berliner "Kommune 2" (1967/68), die mit der Schrift "Versuch der Revolutionierung des bürgerlichen Individuums" den Reichismus und seine bürgerliche Konservierung auf die Spitze trieb. Einige sog. "Reichistische Initiativen" konstituierten sich ab 1977/78 in der BRD.

Die hier dokumentierten Ausgaben des SEX-POL-Infos (Wir bitten um Ergänzungen.) vermitteln einen Eindruck von den Themen, die für die Sexualtheorie- und Politik der Bewegung relevant erschienen.

Wir danken Herrn Dr. Stephan Krall für die freundliche Unterstützung.

Siehe auch: SEX-POL-Kollektiv, Hamburg: SEX-POL (1972)

Liste der als Scans vorhandenen Zeitungen

Auszug aus der Datenbank "Materialien zur Analyse von Opposition" (MAO)

November 1972:
Die Nr. 1 des "Sex-Pol-Infos" erscheint. Mit dem "Info" wolle man Gruppen erreichen, die sich mit "Sexual-Politik beschäftigen" oder dafür "interessieren". Berichtet werden soll über "Erfahrungen mit Sexualpolitik. Aufgefordert wird dazu, über die Arbeit einzelner Gruppen zu berichten, darüber, welche Aktivitäten geplant seien und welche Schwierigkeiten bei der Organisation von Aktivitäten auftreten.

Berichtet wird über das AUSS Osnabrück, wo sich "Anfang 1970 eine Sex-Pol-Gruppe aus Schülern, Lehrlingen und Studenten formierte", über Hamburg, wo zwei "Sex-Pol-Zeitschriften erschienen sind", über die antiautoritäre Bewegung in Münster, über Wetzlar und Köln, über die West-Berliner Frauengruppe "Brot & Rosen", über Sex-Pol-Aktivitäten in Neuwied, über die "Klara-Marx-Gruppe" in Mainz.
Quelle: Sex-Pol-Info, Jg. 1, Nr. 1, Hamburg, o. J. (November 1972).

Dezember 1972:
Die Nr. 2 des "Sex-Pol-Infos" erscheint. Neben Gruppenberichten (u. a. aus Wetzlar, Mainz und Osnabrück) enthält die Schrift einige programmatische Ausführungen zu "Sex-Pol". Danach geht man "von den allgemeinen Erkenntnissen des dialektischen Materialismus" aus. "Ergänzt werden diese durch neuere marxistische Theorien, die sich entwickelt haben aus den besonderen Verhältnissen des Spätkapitalismus". "Das Sex-Pol-Info soll ein Kommunikationsmittel aller Gruppen und Leute sein, die sich mit Sexualpolitik beschäftigen und auseinandersetzen".
Q: Sex-Pol Info, Jg. 1, Nr. 2, Hamburg, o. J. (Dezember 1972).

Januar 1973:
Die Nr. 3 des "Sex-Pol-Infos" (von dem uns leider nicht alle Seiten vorliegen) erscheint. Zum "Info" wird angemerkt, dass es als "Kommunikationsorgan derjenigen Gruppen/Einzelkämpfer gedacht war, die sich u. a. mit Sexualpolitik auseinandersetzen. Wir dachten, dass in dem Info permanent über Gruppenaktivitäten/Schwierigkeiten/Vorschläge-Misserfolge geschrieben werden könnte. Doch leider kommen von den einzelnen Gruppen in dieser Richtung (kaum!) Aktivitäten. Wenn dieser Trend so anhält wie bisher, werden wir in Zukunft versuchen, im Info allgemeine, grundsätzliche Themen behandeln".

Berichtet wird noch über eine Pädagogin, die in einer Klasse ein Aufklärungsbuch besprochen habe. Daraufhin reichte ein Vater einer Schülerin eine Klage ein.
Q: Sex-Pol-Info, Jg. 2, Nr. 3, Hamburg, o. J. (Januar 1973) [Fragment].

Februar 1973:
Die Nr. 4 des "Sex-Pol-Infos" erscheint.
Artikel der Ausgabe sind:
- "Briefe: Kritik DDR
- "Vorfall in Paderborn"
- "Vorfälle"
- "Rezension: Dieter Duhm: 'Angst im Kapitalismus'"
- "Repression: Definition"
- "Rezension: Rosa von Praunheim: 'Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt'"

Berichtet wird von Jugendlichen in Osnabrück, die für das dortige Jugendzentrum eine Zeitschrift herausgeben.
Quelle: Sex-Pol-Info, Jg. 2, Nr. 4, Hamburg, Februar 1973.

März 1973:
Die Nr. 5 des "Sex-Pol-Infos" erscheint.
Artikel der Ausgabe sind:
- "Liberale Sexualreform oder revolutionäre Sexualpolitik"
- "Zustände im 'sozialistischen' Nordkorea"
- "Wie emanzipatorisch ist unsere Rechtssprechung?"
- "Neues aus Paderborn?"
- "Kritik am Sex-Pol-Info 4"
- "Rollenzuweisung im Kapitalismus"
- "Zur Praxis der Frauenbewegung"
- "Sexualität und Sprache"
- "Lexikon: Psychoanalytische Begriffe"
Q: Sex-Pol-Info, Jg. 2, Nr. 5, Hamburg, März 1973.

April 1973:
Die Nr. 6 des "Sex-Pol-Infos" erscheint.
Artikel der Ausgabe sind:
- "Beginnt die Revolution im Sexuellen?"
- "Infantile Sexualität"
- "Was ist Liebe?"
- "Lexikon"
- "Sexualpolitisches Treffen in Hamburg"

Im Artikel "Beginnt die Revolution im Sexuellen?" wird zu einer Schrift, die in der DDR erschienen ist, Stellung genommen und gefragt: "Beginnt die gesellschaftliche Revolution mit einer Revolutionierung der sexuellen Verhaltensweisen und Normen?" Dazu wird das Buch von Marcuse: "Triebstruktur und Gesellschaft" herangezogen: "Der Mensch werde auch in seinen Trieben, vor allem der Sexualität, im Kapitalismus unterdrückt … Das verankere seine Unterwerfung unter die bestehende Gesellschaft. Jeder, der sich befreien wolle, müsse zunächst gegen die sexuellen Verhaltensweisen und Normen aufbegehren".

Zu Treffen der Initiative wird eingeladen. Zur TO werden die Vorschläge gemacht:
"1. Einrichten einer Bundesgeschäftsstelle.
2. Regelmäßige Treffen …
3. Wie organisieren wir die Herausgabe des Sex-Pol-Infos?"

Im Artikel "Infantile Sexualität" wird das Buch: "Abenteuerspielplatz" rezensiert.
Q: Sex-Pol-Info, Jg. 2, Nr. 6, Hamburg, April 1973.

Mai 1973:
Die Nr. 7 des "Sex-Pol-Infos" erscheint.
Artikel der Ausgabe sind:
- "Editorial"
- "Sex in Illustrierten"
- "Filmbesprechungen"
- "Scheißsport"
- "Selbstkritik"
- "Fortschrittliche Sexualerziehung in der DDR?"

Zu einem Treffen der Gemeinde wird vom 18.-20. 5. in Hamburg eingeladen.
Geworben wird für die "Alternative", die "Zeitung für libertäre Sozialisten, Antiautoritäre und gewaltlose Anarchisten".
Q: Sex-Pol-Info, Jg. 2, Nr. 7, Hamburg, Mai 1973.

Juni 1973:
Vermutlich Ende Juni erscheint die Nr. 8 des "Sex-Pol-Infos".
Einziger Artikel der Ausgabe ist: "Versuch einer Rekonstruktion des Sex-Pol-Treffens in Hamburg am 18, 19 und 20. Mai 1973".
Berichtet wird über Homosexuelle Arbeitsgruppen in Zürich, die im Winter 72/73 eine Vortragsreihe zum Thema "Sexualität und Gesellschaft" durchführten. Geworben wird für Max Adler: "Sozialistische Erziehung und Politik". Berichtet wird noch von einer Demo in Bonn gegen den § 218.
Quelle: Sex-Pol-Info, Jg. 2, Nr. 8, Hamburg, o. J. (Ende Juni 1973).

Juli 1973:
Die Nr. 9 des "Sex-Pol-Infos" erscheint.
Artikel der Ausgabe sind:
- "Info über Sexualität im TV"
- "Zur psychischen Veränderung im modernen Kapitalismus"
- "Geschlechtsdifferenzen - Historisch-ökonomische Hintergründe"
Q: Sex-Pol-Info, Jg. 2, Nr. 9, Hamburg, Juli 1973.

August 1973:
Die Nr. 10 des "Sex-Pol-Infos" erscheint mit dem Untertitel: "Organ der antiautoritären-sozialistischen Bewegung zur Sexualpolitik".
Artikel der Ausgabe sind:
- "Lieber im Freien (Loriot)"
- "Stellenwert der Sexualpolitik"
- "Buchbesprechung"
- "Erste Liebe"
- "Prostitution"
- "Sexualerziehung"
- "Satirische Einlage"
- "Nicht nur für Mädchen"
- "Wo bleibt dein Beitrag"
- "Fluchtversuche"
- "Zahlungen bitte möglichst auf das Konto"
- "Aufforderung"

Geworben wird für Arthur Janov: "Der Urschrei", für Jürgen Stössel: "Psychopharmaka" und die "Emotionelle Pest" von W. Reich.
Q: Sex-Pol-Info, Jg. 2, Nr. 10, Hamburg, August 1973.

September 1973:
Die Nr. 11 des "Sex-Pol-Infos" erscheint.
Artikel der Ausgabe sind:
- "Titelblatt-Ein anspruchsvolle Fahrzeug hebt die Bedeutung ihrer Persönlichkeit"
- "Gedanken zur Organisationsform einer revolutionären Bewegung
- "Rezension: Michael Schneider: Neurose und Klassenkampf"
- "Der Kampf ums neue Leben"
- "Verbot von angsterzeugender Literatur"
- "Mustererziehungsanstalten"
- "Gibt es eine nur sexuelle Revolution?"
- "Prostitution"
- "Leserbriefe / Stellungnahmen"
- "Darf ich heute Nacht"
- "Sexuelle Emanzipation als Teil des revolutionären Kampfes"
- "Zum Verhältnis von Ökonomie und Sexualität"
- "Bitte durchlesen
- "Sex-Pol Poster"

Berichtet wird über das Alternative Centrum Darmstadt, das die Broschüre "Warum geht es mir so dreckig" herausgegeben hat, über den Impulks-Laden in Wetzlar, der den Text "Darf ich heute Nacht auf Deiner Matte schlafen" herausgegeben hat, über den Pabel/Bauer-Verlag, der die Schrift "Wahre Geschichten" herausgegeben hat, über die "Frauenaktion 70" aus Frankfurt/M. Weiter wird über W. Reich berichtet, der die "Diskussion um eine emanzipierende Sexualerziehung beeinflusst habe" sowie über die "Aktion raus aus der Kirche".
Q: Sex-Pol-Info, Jg. 2, Nr. 11, Hamburg, September 1973.

Oktober 1973:
Die Nr. 12 des "Sex-Pol-Infos" erscheint mit dem Untertitel: "Organ der antiautoritären-sozialistischen Bewegung zur Sexualpolitik".
Artikel der Ausgabe sind:
- "Stellungnahme"
- "Die Frommen und die Freudenmädchen"
- "Warum Frauengruppen?"
- "Meldungen"
- "Volksverdummung"
- "Henryk M. Broder: Je länger, je lieber"
- "7 mal in einer Nacht"
- "Sex-Märchen für Männer"
- "Nach dem Likör aufs Liebesfell"
- "Lust ist kein Kraftakt"
- "Drei Bücher zum Thema"

Berichtet wird über die Schülerzeitung "Perspektive" aus Paderborn, über das "Congress Centrum" in Hamburg. Geworben wird für die "Sexfront" aus dem März Verlag, für die "Sexualinformationen" aus dem Verlag Neue Kritik, für die "Sexualerziehung" aus dem Rowohlt Verlag.
Q: Sex-Pol-Info, Jg. 2, Nr. 12, Hamburg, Oktober 1973.

November 1973:
Die Nr. 13 des "Sex-Pol-Infos" erscheint mit dem Untertitel: "Organ der antiautoritären-sozialistischen Bewegung zur Sexualpolitik". Der erste Artikel aus der Nr. 13 ist von Hendrik M. Broder.
Artikel der Ausgabe sind:
- "Sex als Druckmittel"
- "Der Unsinn mit dem Trieb"
- "Brief"
- "WOW - Eine Zeitung aus Nürnberg für Jugendliche"
- "Fragebogenauswertung"
- "2. Sex-Pol-Treffen"

Berichtet wird von einem Wilhelm-Reich-Fan-Club, den die Sex-Pol Leute gegründet haben und vom 2. Sex-Pol-Treffen, das vom 30.11.-2.12. in Ochtrup stattfinden soll.
Q: Sex-Pol-Info, Jg. 2, Nr. 13, Hamburg, November 1973.

Dezember 1973:
Es erscheint die Nr. 14 des "Sex-Pol-Infos".
Artikel der Ausgabe sind:
- "Sex-Pol Treffen in Ochtrup"
- "Gedichte"
- "Kommt nach Ochtrup"
- "Wilhelm Reich und die Orgonomie"
- "Vor kurzem starb A. S. Neill"
- "Bibliografie der wichtigsten Schriften von Wilhelm Reich"
- "Jugendschutz"
- "Konterrevolutionärer Bund"
- "Inhaltsverzeichnis Sex-Pol Info 1-12"

Agitiert wird u. a. gegen den KB, der als "Konterrevolutionärer Bund" bezeichnet wird.
Quelle: Sex-Pol-Info, Jg. 2, Nr. 14, Hamburg, Dezember 1973

20.12.1973:
Ende Dezember erscheint die Nr. 15 des "Sex-Pol-Infos".
Artikel der Ausgabe sind:
- "Bundesweites Sex-Pol Treffen in Ochtrup"
- "Ergebnisse des Sex-Pol Treffens in Ochtrup"
- "Was uns noch so aufgefallen ist beim Sex-Pol Treffen"
- "Sex-Pol Sonder-Info: Spinfo-Ausverkauf"

Berichtet wird vom bundesweiten Treffen in Ochtrup vom 31.-11.-2.12.1973 mit Teilnehmern aus Hildesheim, Wetzlar, Osnabrück, Bremen, Hamburg, Berlin, Paderborn Gießen, Marburg, Bielefeld und Düsseldorf. Berichtet wird weiter über die Sex-Pol-Arbeit und weitere Perspektiven. Man wolle "politische Arbeit leisten, in der persönliche Belange mit politischen Themen verbunden werden". Dabei werden zwei Ebenen ins Auge gefasst: "Einmal für uns selber politische Arbeit und persönliche Emanzipation miteinander zu verbinden, und zum anderen in der Agitation nicht nur ökonomisch zu argumentieren, sondern neben der ökonomischen Ausbeutung die psychische Verelendung deutlich zu machen".

Geworben wird u. a. für "Wir wollen alles", "links", Dieter Duhm: "Angst im Kapitalismus", Mao: "Mit taktischem Geschick den Tigerberg erobern" und Reich-Schriften.
Q: Sex-Pol-Info, Jg. 2, Nr. 15, Hamburg, Ende Dezember 1973

Juni 1974:
Die Nr. 21 des "Sex-Pol-Infos" erscheint. SEX-POL stehe für die Abkürzung der Sexualpolitik. Das Info erscheint monatlich. "Wir verstehen das SPINFO als Organ der undogmatischen und antiautoritären neuen Linken zum Thema Sexualität und Herrschaft."
Artikel der Ausgabe sind:
- "3. Sex-Pol-Treffen in Bremen (7.-9. Juni)"
- "Die Deutschen und das Buch"
- "Buchbesprechung- Charles Rycroft"
- "In eigener Sache"
- "Mitarbeit"
- "Buchtipps"
- "Was ist eigentlich Karezza"
- "Orgonomie"
- "Abwehr durch Überempfindlichkeit oder Unempfindlichkeit"
- "SPINFO Shop"

Aufgerufen wird zum "SEX-POL"-Treffen in Bremen vom 7.-9. Juni. Geworben wird neben Reich-Schriften auch für Emma Goldmanns: "Freie Liebe", E. Pape: "Die westdeutsche psychiatrische Anstalt als totale Institution".
Q: SEX-POL-Info, Jg. 3, Nr. 21, Hamburg, o. J. (Juni 1974).

Juli 1974:
Die Nr. 22 des "Sex-Pol-Infos" erscheint mit einer Beilage. Die Herausgeber beklagen unter "Intern" den Rückgang der Abozahlen von 152 (Nr. 21) auf 138. Die Auflage wird mit 290 Exemplaren angegeben.
Artikel der Ausgabe sind:
- "Leserbriefe"
- "Homosexuelle"
- "Kindererziehung - Theorie"
- "Wir, die fantastischen Vier"
- "Genscher ist lieb"
- "Hammer des Monats"
- "Leider ernste Satire"
- "Buch Hinweis (Massenpsychologie des Faschismus, Reich)"
- "Spinfo Intern"
- "Wir sind kein Phantom"
- "Berührungsangst"
- "Kindererziehung"
- "Kindererziehung in der K2"
- "Spinfo Shop"
- Beilage: "Wie man gegen Polizei und Justiz die Nerven behält"

Geworben wird für "Thing - Zeitschrift für Praxis und Theorie fortschrittlicher Jugendarbeit" und u. a. für Schriften von Wilhelm Reich.
Q: SEX-POL-Info, Jg. 3, Nr. 22, Hamburg, Juli 1974.

Letzte Änderung: 14.03.2023