Spartacus - Zentralorgan von Spartacus (Bolschewiki Leninisten), Jg. 4, Sondernummer Bergbau, 1972

Juli 1972:
Spartacus Bolschewiki/Leninisten gibt vermutlich im Juli eine Sondernummer Bergbau seines 'Spartacus' (vgl. Juni 1972, Aug. 1972) heraus mit dem Leitartikel "IGBE-Tarifrunde 72. Durch Absetzung der Urabstimmung zum Lohnverrat".

Weitere Artikel sind:
- "Unternehmerprofit Ruin des Bergbaus!! Zur Nachkriegssituation in der Steinkohle";
- "Was bleibt von der 7% Tariferhöhung in der Lohntüte übrig? IGBE-Führung hat 180 000 Kumpels belogen und betrogen!" zur BETR;
- ""Kampf den Zechenstillegungen: 4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich!" wobei eingegangen wird auf den Bergbau in Essen und Gelsenkirchen sowie die Zechen Alstaden Oberhausen und Prosper Bottrop;
- "Entschädigungslose Enteignung der Energiemonopole. Gegen die Sanierung der Profite durch Verstaatlichung";
- "Ruhrkohle und Imperialismus" u.a. zur RAG;
- "Lehren aus dem englischen Bergarbeiterstreik";
- "Der Bankrott der Mitbestimmung"; sowie
- "Unsere Forderungen für den Bergbau:".

Vor den Zechen Thyssen 2/5 in Duisburg und Unser Fritz und Mathias Stinnes in Essen konnten, nach internen Angaben (vgl. 20.6.1972), über 200 Bergbau-Sondernummern verkauft werden. Weiter heißt es:"
Innerhalb von Spartacus BL wird anonym von dieser Sondernummer und der eigenen Intervention in die Bergbautarifrunde (BETR) im Ruhrbergbau (vgl. 20.6.1972) berichtet:"
RAG-Sondernummer

Die Vorbereitungen für die RAG-Sondernummer überschnitten sich dummerweise mit der TR. Dies wäre nicht ganz so tragisch gewesen, wenn nicht die alte Redaktion ausgeflippt wäre. Bis zu einem gewissen Datum sollten alle Artikel für die Zeitung fertig geschrieben sein. An diesem bestimmten tage traf sich die alte red. mit den Mitarbeitern. Da stellte sich dann heraus, daß 2 Artikel (von X. und Y.). Grund: pausenloser Einsatz, um uns das Feld nicht von Maos ganz abgrasen zu lassen. Dem 'großen' Theoretiker Z. fiel nichts besseres ein, als sich in einer derart beschmierten Weise aufzublähen, so daß nach einer in schnodderiger Manier geführten Auseinandersetzung zwischen X. und Z. die alte Red. jegliche Verantwortung für die Zeitung ablehnte und den gesamten Krempel hinschmiß. Begründung: In der verfahrenen Situation sei es wichtiger gewesen, den Kumpels unsere Position zur Bergbaukrise unter die Weste zu jubeln und somit zu versuchen, gegenüber den Maos Boden zu gewinnen, anstatt eine Kampffront gegen den anstehenden Tarifbetrug aufzubauen und damit Vertrauen bei den Kumpels zu bekommen. Diese Einschätzung war völlig unrichtig, doch zeigt sie uns sehr deutlich, wie arrogant wir den Arbeitern gegenüberstehen. Unsere Politik hat nämlich nicht an den konkreten Bedürfnissen der Arbeiter anzuknüpfen, sondern die Kumpels haben das zu fressen, was wir 'Bolschewiki' ihnen servieren. Und nachdem wir zum tausendstenmal damit Schiffbruch erlitten haben, können wir doch wohl nicht immer noch so arrogant sein und den subjektiven Faktor dafür allein verantwortlich machen.

Ich meine, es ist an der Zeit, uns darauf zu besinnen, eine Politik zu betreiben, die an den konkreten Bedürfnissen der Arbeiter anknüpft, um nicht noch länger im eigenen Saft zu schmoren, bis letztendlich die Organisation kaputt ist. Das Ausflippen der alten Red. ist meiner Meinung nach auf folgendes zurückzuführen: durch die 'gesunde' Arbeitsteilung, wie sie in unserer Organisation herrscht, malochen sich einige gen. kaputt, um unsere Org. vorwärts zu bringen. Manche lassen dafür sogar ihr Studium sausen. Wenn diese Gen. dann tagtäglich aufs Neue eine Stagnation der org. feststellen müssen, ist natürlich eines Tages ihre Frustrationstoleranz erschöpft. So ist es nicht weiter verwunderlich, wenn es dann irgendwann einmal zu einer, nennen wir es mal Entgleisung, kommt. Solange wir nicht darangehen, diesen politischen Mißstand aufzuheben, ist es lächerlich, in derartigen Situationen eine Rüge oder sonstiges auszusprechen. Mit solchen Rügen würde man sich Scheuklappen anlegen und wäre blind für die Realitäten. Somit nehme ich natürlich Abstand von meinem damaligen Entschluß, eine Rüge für die alte Red. zu beantragen."

Etwas anders wird die Sache in dem von zwei Mitgliedern unterzeichneten folgenden Papier betrachtet, welches ebenfalls im 'Internen Bulletin' von Spartacus BL (vgl. 23.1.1973) erscheint:"
Antwort auf den bericht von Unbekannt zur Bergbautarifrunde

Die Unvollständigkeit und Falschheit des Bergbau-Berichts zwingt uns, ehemalige gen. der Redaktion und jetzt ZK-Mitglieder, zu einer kurzen Richtigstellung und Kritik.

Erstmal verlangen wir Klärung darüber, wer für den Bericht VERANTWORTLICH ist. (Der Gen., der ihn verfaßt hat, sagt, das RK (Regionalkomitee, d.Vf.) habe ihn vor langer Zeit nach mündlichem Vortrag akzeptiert; ein RK-Gen., A., sagt, das RK sei noch nicht dazu gekommen, das Papier zu billigen.)

Zum Verlauf unserer Bergbau-Intervention:
Der Genosse schreibt: 'Unsere Intervention im Bergbau (wurde wesentlich) von Bottrop getragen.' (S. 2) Es ist richtig, daß die damaligen BOT-Genossen etliche Papiere zum Bergbau vorgelegt hatten. Aber der Genosse vergißt, daß die entscheidende Stoßrichtung unserer Intervention von den Genossen nicht bzw. falsch angegeben wurde und die Klärung erst von Seiten der Bundesleitung (Aufrechterhaltung der Produktion, keine Sozialpläne) und der alten red. (Aufrechterhaltung der Arbeitsplätze, konkretisiert in 4-Tage-Woche, entschädigungslose Enteignung, Offenlegung der Bücher) am.

Es ist richtig, daß sich der BOT-Genosse Y. sehr stark für den Bergbau eingesetzt hat. In Bottrop selbst aber wurde die Intervention so gut wie nicht geführt, das verschweigt er.

Der Genosse beklagt sich über die nur 'individuelle Einsatzbereitschaft', die 'nur gering zur Verfügung stehenden Genossen', 'die fehlende oder nur geringe Initiative der betroffenen GEs' und 'daß nur X., Y. und Z. bei dieser Intervention voll im Einsatz waren' (S. 2). Er unterschlägt aber den GRUND FÜR DIESE SITUATION, weil er dann nämlich harte Selbstkritik üben müßte und die Berechtigung des Verhaltens der alten Red. zugeben müßte. Die Bergbau-Intervention war nämlich in keinster Weise in den OGs (Ortsgruppen, d.Vf.) durchdiskutiert worden, so daß sie überhaupt Initiative hätten entfalten können. Das lag z.T. daran, daß die endgültigen Positionen zur Bergbau-Krise nicht zusammengefaßt vorlagen. Das war der erste Grund, weshalb wir die Fertigstellung der Zeitung für vorrangig hielten, um nach innen eine gemeinsame Grundlage der Intervention zu schaffen. Nur das hätte überhaupt die Führung der Kampagne in ALLEN OGs möglich gemacht. Einsatzbereitschaft ist keine Sache der Moral, sondern der politischen Einsicht!

Das spontan entstandene und sich selbst legitimierende Dreierkomitee hat nichts dafür getan, die Genossen zu einer Beteiligung zu befähigen, sondern sie zu ERSETZEN versucht und sich dabei ständig über die Passivität der anderen Genossen beklagt. (X.: 'Wir würden uns freuen, wenn sich mehr Genossen beteiligen würden.') Ihr Aktivismus fand im Nichterstellen ihrer Artikel seinen Ausdruck. Sie hatten FÜR SICH (ohne Rücksprache mit Bundesleitung, RK oder Redaktion) entschlossen, daß sie die Bergbau-Tarifrunde ohne diese inhaltliche Grundlage besser führen könnten. Sie verstanden also gerade nicht, daß es uns NICHT NUR auf die TARIFRUNDE ALS ISOLIERTE KAMPAGNE ankam, sondern gerade die Einordnung in die Krisensituation der Branche und in umfassendere Forderungen (die ja unser Trumpf waren) wichtig gewesen wäre, auch gerade, um über vereinzelte Kraftakte hinauszukommen.
Wir wollten nicht die Tarifrunde nicht führen, wie der Bericht unterstellt, sondern waren der Auffassung, daß wir in der Tarifrunde nur gewinnen können, auch gerade gegenüber den Maos, wenn wir sie in den Rahmen unserer Bergbau-Forderungen stellen. Gerade die Profilierung gegenüber den Maos, die zur Bergbau-Krise nichts sagen konnten, im Rahmen der Tarifrunde erforderte die Fertigstellung unserer Zeitung. Das war der zweite Grund. (Übrigens fehlten drei Artikel, und wir haben nicht gleich alles hingeschmissen, sondern einen an dem Abend noch selbst geschrieben.)

Das schlimmste an dem Bericht des Gen. ist, daß er NICHT OFFEN ist. Er verschweigt z.B. die politischen Fehler des Dreierkomitees und die Kritik, die an ihm geübt wurde.

1. sie steuerten eine Aktionseinheit mit den Maos (nach deren Unterschriftenaktion) an, ohne überhaupt das Aktionsziel angeben zu können, was also auf eine Einheit der Propaganda hinauslief. Sie konnten sich also nur an die Maos anhängen (s. Verzicht auf Zeitung).
2. Die Flugblätter suggerierten eine gewerkschaftsfeindliche Einstellung.

Der Genosse ergeht sich seitenlang in hochmütigen Diffamierungen, verschweigt die tatsächlichen Hintergründe und Fehler und ist noch nicht einmal in der Lage, eine DETAILLIERTE AUSWERTUNG UNSERER INTERVENTION zu leisten, die uns allein weiterbringen kann. Rechenschaft ablegen, heißt ja auch gerade, Fehler festzustellen und daraus zu lernen. Mit diesem Wisch können wir wenig anfangen. Wichtig wäre gerade: Art und Umfang der Intervention in einzelnen OGs, Echo, Kontakte (was wurde daraus); Untersuchung der Gründe, weshalb wir (RK/Region) zur systematischen Weiterführung der Kampagne nicht fähig waren, obwohl wir wie in keiner anderen Branche umfassende Forderungen besaßen; wie wir die Sache in der Wahlkampagne wieder aufgegriffen haben (konkretisierte Flugblätter vor und nach den Wahlen) usw.

Nach Prüfung der Verantwortlichkeiten beantragen wir eine Rüge für den den Bericht erstattenden Genossen und das RK NRW."
Q: Spartacus Sdr.Nr. Bergbau, Mainz 1972; Spartacus BL-Internes Bulletin Nr. 4, o.O. 23.1.1973

Spartacus_ZO2_195

Spartacus_ZO2_196

Spartacus_ZO2_197

Spartacus_ZO2_198

Spartacus_ZO2_199

Spartacus_ZO2_200

Spartacus_ZO2_201

Spartacus_ZO2_202

Spartacus_ZO2_203

Spartacus_ZO2_204

Spartacus_ZO2_205

Spartacus_ZO2_206

Spartacus_ZO2_207

Spartacus_ZO2_208

Spartacus_ZO2_209

Spartacus_ZO2_210

Spartacus_ZO2_211

Spartacus_ZO2_212

Spartacus_ZO2_213

Spartacus_ZO2_214