Es können hier nur wenige Dokumente und Hinweise vorgestellt werden. Wir bitten um Ergänzungen.
Der von 1972 bis 1977 als Bundeswirtschaftsminister Hans Friderichs (FDP) war eine der zentralen Personen der SPD/FDP-Bundesregierung. Durch die Linke wurde sowohl sein außenpolitisches Engagement im Osthandel mit der Sowjetunion (vgl. Feb. 1973) als auch mit dem Iran (vgl. 1.10.1973, 30.11.1973, 1.12.1973) kritisiert, aber auch seine wirtschaftspolitischen Interventionen in der Bundesrepublik, die im Frühjahr 1973 eine Teuerungswelle erlebte (vgl. 30.4.1973, 15.5.1973), wobei Friderichs sich offenbar wiederholt gegen Lohnerhöhungen aussprach (vgl. 4.6.1973, 11.6.1973, 25.8.1973, 19.11.1973, 10.12.1973, 17.12.1973), die dann aber mit Hilfe einer fast bundesweiten Welle wilder Streiks für Teuerungszulagen (TZL) doch erkämpft (vgl. Juli 1973, 27.8.1973), aber sogleich durch Steuererhöhungen wieder reduziert wurden (vgl. 1.7.1973).
Im Bergbau wird Friderichs Energiekonzept angegriffen und die Zielsetzung der angekündigten Sanierung des Steinkohlebergbaus hinterfragt (vgl. 12.9.1973, 14.9.1973, Dez. 1973), auch in der sogenannten Ölkrise ist Friderichs eines der zentralen Ziele der linksradikalen Kritik (vgl. 6.10.1973, 26.10.1973, 9.11.1973, 1.12.1973), kündigt er doch auch die Sonntagsfahrverbote an (vgl. 30.11.1973, 7.1.1974).
Gegen seinen Besuch in Bremen wird vom KBW der Protest organisiert (vgl. 30.1.1974, 6.2.1974, 8.2.1974), ebenso wie später in Köln durch die KPD (vgl. 9.7.1976).
Zum vorläufigen Abschluss dieser Darstellung wird dann sein Eintreten für die Atomenergie kritisiert (vgl. Apr. 1977).
Februar 1973:
Die KPD berichtet vom Aufenthalt einer westdeutschen Wirtschaftskommission unter Leitung von Bundeswirtschaftsminister Friderichs in der SU:"
WIRTSCHAFTLICHE ZUSAMMENARBEIT - VERSCHÄRFTE AUSBEUTUNG
Die Unterzeichnung der Moskauer Verträge und des Grundvertrags mit der DDR - so inhaltslos ihr Text auch scheinen mag - hat die politischen Bedingungen geschaffen, die jetzt wirtschaftliche Früchte tragen. Die westdeutsche Wirtschaftskommission unter Leitung von Bundeswirtschaftsminister Friderichs, die im Februar in Moskau war, konnte einige hervorragende Ergebnisse mit nach Hause nehmen, die der revisionistische Schreiberling Dr. Sokolnikow (APN) für die westdeutschen Kapitalisten preist:
''Die geschäftliche Zusammenarbeit zwischen der UdSSR und der BRD beschränkt sich keineswegs auf kommerzielle Transaktionen konventioneller Art. Es entstehen vielmehr neue Formen von Geschäftsverbindungen. So werden gegenwärtig die Grundsätze für die Entwicklung der Kooperation zwischen sowjetischen Organisationen und westdeutschen Firmen bei der Erschließung der Naturschätze der UdSSR… praktisch ausgearbeitet. Es wird intensiv an den Grundlagen einer wissenschaftlich-technischen Kooperation gearbeitet. Es bestehen günstige Voraussetzungen für eine langfristige Zusammenarbeit in der Energiewirtschaft, der Eisen und NE-Metallindustrie, Maschinenbau, Chemie, Radiotechnik und Elektronik usw.'"
Quelle: Rote Fahne Nr. 17, Dortmund 25.4.1973, S. 7
30.04.1973:
Die KPD (vgl. 9.5.1973) berichtet vermutlich u.a. aus dieser Woche:"
SPD-KONJUNKTURPOLITIK: SCHEINANGRIFF GEGEN DIE INFLATION
…
Daß es keine Reformpolitik, keine kostspieligen Unternehmen im Interesse der Massen während dieser Legislaturperiode geben wird, das haben die zuständigen Minister Schmidt und Friderichs und Brandt selbst vor und nach der Wahl schon klargemacht. Aber die gestiegenen Preise und die verteuerten Kredite machen darüberhinaus jeden Krankenhausbau, jede neue Schule, jegliche soziale Einrichtung noch kostspieliger.
…
Gerade die fast täglichen Beteuerungen von Schmidt und Friderichs, sie dächten nicht an eine neue Konjunkturzulage, sind ein Warnzeichen: Wenn sie wirklich nicht daran dächten, brauchten sie nicht ständig zu dementieren. …
Ihre Dementis spiegeln nur wider, daß sie fürchten, die Werktätigen werden sich schrankenlose zusätzliche Ausplünderung durch die Bundesregierung nicht gefallen lassen. Diese Furcht ist berechtigt. Die Unzufriedenheit über die im Verhältnis zu den Preissteigerungen verschwindend geringen Lohnerhöhungen der letzten Jahre wächst ständig."
Q: Rote Fahne Nr. 19, Dortmund 9.5.1973, S. 3
15.05.1973:
Die IGBE gibt ihre 'Einheit' Nr. 10 (vgl. 1.5.1973, 1.6.1973) heraus. Enthalten ist auch der folgende Artikel zur BETR:"
ADOLF SCHMIDT, MDB ZUR TARIFBEWEGUNG 1973
BESCHÄFTIGTE IM BERGBAU KÖNNEN UND WOLLEN NICHT AUF IHREN ANSCHLUSS AN DIE ALLGEMEINE SOZIALE ENTWICKLUNG VERZICHTEN
In Hannover hat Bundeswirtschaftsminister Friderichs bei der Eröffnung der größten Industrie-Messe der Welt die gegenwärtige Preisentwicklung als 'überaus ernst' bezeichnet. Diese Feststellung traf der Minister vor dem Hintergrund einer in den letzten zwölf Monaten erfolgten Steigerung der Lebenshaltungskosten um 6, 9 Prozent."
Q: Einheit Nr. 10, Bochum 15.5.1973, S. 3
04.06.1973:
Vermutlich erscheint zu Beginn dieser Woche erstmals eine Ausgabe von 'Die Rote Front aktuell' - Aktuelle Informationen für die Hoesch-Kollegen (vgl. 25.5.1973; 9.6.1973):"
NACHSCHLAG UND STRUKTURELLE LOHNVERBESSERUNG - BERUHIGUNGSPILLE FÜR KAMPFBEREITE STAHLARBEITER
…
Die IGM-Führung hat nun in Geheimgesprächen mit den Kapitalisten angeblich den Stein der Weisen gefunden. 70 DM werden zusätzlich in den nächsten 4 Monaten gezahlt. Doch Leute, die geheim tagen, haben meistens auch etwas zu verbergen und wenn man sich die 70 DM etwas genauer anschaut, dann kommt der Haken auch schon zum Vorschein. Zwar sind die 70 DM mehr Geld, aber die Preissteigerungen können sie auch nicht aufwiegen. Und was am wichtigsten ist: Diese Lohnerhöhung wird auf die Neufassung des Manteltarifvertrags angerechnet, der am 30. 6. abläuft. Das heißt, sie wird umgelegt auf die Neuregelung der Überstunden-, Nacht- und Feiertagszuschläge, deren Erhöhung (2) im Manteltarifvertrag die Kapitalisten sowieso schon eingeplant hatten. Daß damit die Verhandlungen über den Manteltarifvertrag in ihrer Höhe schon praktisch gelaufen und durch die 70 DM festgelegt sind, dürfte die Kapitalisten erst einmal beruhigt haben, denn so haben sie zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Von einer außerordentlichen 'Inflationszulage', einer echten Lohnerhöhung kann also kaum die Rede sein. Also wird's ein fauler Kompromiß, den uns die IGM-Führung als großen Erfolg verkaufen will. Das ganze soll uns dennoch schmackhaft gemacht werden durch den Theaterdonner von Bundeswirtschaftsminister Friderichs, der den Gewerkschaftern lautstark 'Verantwortungslosigkeit' gegenüber den Stabilitätsbemühungen der Bundesregierung vorgeworfen hat.
In Wirklichkeit weiß er ganz genau: Stabilität für die Profite der Unternehmer, und da waren die Geheimgespräche sicher vorbildlich! Und mit der Schmierenkomödie sollen wir uns dann zufrieden geben! Scheibchenweise soll die Kampfbereitschaft der Arbeiter und Angestellten abgebaut werden, damit sie auf die entscheidende Forderung verzichten: Vorfristige Kündigung der Tarifverträge! Das ist beste Salamitaktik."
Q: Die Rote Front (aktuell): Nachschlag und strukturelle Lohnverbesserung - Beruhigungspille für kampfbereite Stahlarbeiter, Dortmund o. J. (1973), S. 1
11.06.1973:
Vermutlich erscheint zu Beginn dieser Woche die Nr. 11 der 'Roten Front' (vgl. 4.6.1973, 27.6.1973) - Zeitung der Kommunistischen Kollektive Hoesch, Zeche Hansa (Dortmund) und Gewerkschaft Viktor (Castrop-Rauxel) Mitglieder der Kommunistischen Fraktion im Ruhrgebiet für den Wiederaufbau der Kommunistischen Partei' (KFR). Der Artikel 'NUR WIR SELBST KÖNNEN DEN REAL-LOHNABBAU STOPPEN' führt aus:"
Die Lage der Lohnabhängigen verschlechtert sich weiter von Tag zu Tag. … Nach dem Motto 'alle machen mit beim Kampf gegen die Inflation' (Hamburger Morgenpost) forderte Wirtschaftsminister Friderichs 'alle am Wirtschaftsleben beteiligten', also Arbeiter und Kapitalisten, auf, 'den Gürtel enger zu schnallen'. Um in dem Bild zu bleiben: Die Arbeiter sollen sich also noch einiges mehr vom Munde absparen, während die Kapitalisten gebeten werden, auf ihre Figur zu achten. Um das Ansehen der Unternehmer ist die Regierung eben sehr besorgt. Deshalb tut sie jetzt so, als hätte das 'Schicksal' die Inflation über uns gebracht und ruft 'Angesichts der ernsten Lage' zum Klassenfrieden auf. Deshalb tut die Regierung so, als schwebe sie über den Dingen und beschwichtigte die Streithähne auf beiden Seiten."
Q: Die Rote Front Nr. 11, Dortmund/Castrop-Rauxel Juni 1973
Juli 1973:
Die Nr. 7 der 'Roten Fahne' des KABD (vgl. Juni 1973, Aug. 1973) erscheint mit folgenden Artikel:"
TROTZ KAPITALISTISCHEM TERROR: STREIKS FÜR TEUERUNGSZULAGEN. HEISSER SOMMER FÜR DIE BOSSE
…
Die Bonner Regierung fährt mit den schwersten Geschützen gegen die um ihre Lebensexistenz kämpfenden Arbeiter auf, Finanzminister Schmidt (SPD) und Wirtschaftsminister Friderichs (FDP) machen gegen 'Lohnnachschlag' und 'Spiel mit dem Feuer' Stimmung. Die Bonner Regierung steht voll hinter den Profit- und Machtinteressen des Großkapitals und hat keinen Pfifferling für die Arbeiter übrig."
Q: Rote Fahne Nr. 7, Tübingen Juli 1973, S. 1
01.07.1973:
Die Zelle Hoesch Westfalenhütte der KPD (vgl. 12.3.1973) kündigte an:"
STEUERERHÖHUNGEN: JETZT MÜSSEN WIR ZAHLEN!
Durch Erhöhung der Mineralölsteuer wird Benzin ab 1. Juli 72 Pfennig (Normal) und 80 Pfennig (Super) je Liter kosten. Außerdem wird ein zehnprozentiger Zuschlag auf die Körperschaftssteuer (Steuer auf das Einkommen von Kapitalgesellschaften) und auf persönliche Einkommenssteuer bei Einkommen über 100.000 DM (Ledige) bzw. 200. 000 (Verheiratete) im Jahr erhoben. Finanzminister Schmidt und Wirtschaftsminister Friderichs preisen die 'soziale Ausgewogenheit' der Steuererhöhungen, reden davon, daß die 'Spitzenverdiener' zur Kasse gebeten würden, die Belastung der breiten Arbeitnehmerschichten außerordentlich gering sei. Doch so arbeiterfreundlich sich die Brandt-Regierung gibt, so kapitalistenfreundlich handelt sie. Denn Monopole und Monopolkapitalisten werden den Einkommenssteuerzuschlag auf die Werktätigen abwälzen, sei es, indem sie die vielen Möglichkeiten der Gesetzgebung zum Frisieren der Bilanzen, zur Steuerflucht etc. ausnutzen, sei es durch weitere Preiserhöhungen. Wo die Kapitalisten manipulieren und die Preise erhöhen können, da bleibt aber den Arbeitern und Angestellten nur der tiefere Griff in den Geldbeutel.
Die 2. Maßnahme der BRD-Regierung: eine 'Stabilitätsanleihe' von 2, 4 Mrd. DM, d. h. der Staat gibt festverzinsliche Wertpapiere in dieser Höhe heraus, um Gelder stillzulegen. Schmidt und Friderichs behaupten, so die Inflationsrate für 1973 auf 5, 5-6% senken zu können. Das ist aber Lug und Trug: allein zur Stützung des US-Dollars hat die Bundesbank innerhalb von 4 Tagen über 6 Mrd. DM auf den Markt geworfen und trotz aller Redereien und trotz der Steuererhöhung wird der Bundeshaushalt 1973 ein Defizit von über 4 Mrd. DM haben, das muß ebenfalls durch neu von der Bundesbank herausgegebene Gelder gedeckt werden.
DIE GELDENTWERTUNG NIMMT ALSO NICHT AB, SONDERN ZU
Der ganze Stabilitätsschwindel dient nur dazu, uns allen Sand in die Augen zu streuen, Brandt, Schmidt, Friderichs und Co. haben Angst, daß weitere außertarifliche Streiks kommen. Sie hoffen, durch ihre schönen Reden das verhindern zu können. Aber sie täuschen sich. Die Streiks in Dortmund und Velbert waren nur der Anfang. Loderers klare Worte, die Tatsache, daß sich zum erstenmal in der Geschichte der BRD eine Gewerkschaftsführung BEDINGUNGSLOS gegen eine spontane Arbeitsniederlegung stellte und diese als gewerkschaftsfeindlich und illegal diffamierte, haben schon vielen Kollegen die Augen geöffnet. Die Einsicht in die Notwendigkeit von Streikkämpfen ohne und gegen die IGM-Führung steigt.
SCHLIESSEN WIR UNS ZUSAMMEN IM KAMPF GEGEN LOHNRAUB, ARBEITSHETZE, STEUERERHÖHUNGEN UND PREISTREIBEREI, GEGEN DIE ARBEITERFEINDLICHE BRANDT-REGIERUNG!"
Berichtet wird auch durch den KB Bremen (vgl. 19.2.1973) und die SSG Hamburg (vgl. 29.5.1973).
Q: Kommunistische Arbeiterpresse - Westfalenhütte Nr. 22, Dortmund o. J. (1973), S. 4; Rote Presse Nr. 7, Hamburg 29.5.1973, S. 9;Wahrheit Nr. 2, Bremen Feb. 1973
25.08.1973:
Der KBW (vgl. 12.9.1973) berichtet von der MTR (vgl. 6.9.1973):"
WARNUNG VOR REGIERUNG, KAPITALISTEN UND IGM-FÜHRUNG
DER EINGRIFF DER BUNDESREGIERUNG
Bis zum Wochenende vom 25./26. August hatte sich die Bundesregierung darum bemüht, durch die Stellungnahmen einzelner Minister vor allem von Schmidt und Friderichs den geltenden Tarifvertrag zu stützen und die Gewerkschaften von hohen Forderungen für die bevorstehenden Tarifrunden zu warnen.
Dabei drohte Friderichs mehrmals damit, jede Kaufkrafterhöhung der Arbeiterhaushalte wegzusteuern. Nicht umsonst konnten die Kapitalisten sich bei verschiedenen Gelegenheiten als die konsequentesten Vorkämpfer der Stabilitätspolitik der Regierung bezeichnen.
Denn die Regierungspolitik war die konsequente Verwirklichung der Interessen der Unternehmer. Die Streikbewegung zwang die Regierung zu einem leichten Schwenk in der Taktik.
An die Stelle der bedingungslosen Verteidigung des Tarifvertrages, setzte sie die Verteidigung der Tarifautonomie mittels Zugeständnisse. Die Politik der Spitzengespräche wurde ergänzt durch den Appell an das Volk. Über das Fernsehen wandte sich Brandt an die Massen und forderte sie zur Loyalität auf, durch seine Reise nach Salzgitter versuchte er zu beweisen, daß die Arbeiter hinter seiner Politik stehen. Von den Polizeiknüppel, die die Staatsgewalt gegen die streikenden Arbeiter einsetzte, war weder hier noch dort die Rede. Die Politik Brandts gefiel der CDU/CSU so gut, daß CDU-Chef Kohl ihm nur noch seine Unterstützung versichern konnte. Aber die Rechnung Brandts ging nicht auf: die Verhandlungen zwischen Metallkapitalisten und Gewerkschaftsführung scheiterten. Nichts ist gelöst."
Q: Kommunistische Volkszeitung Nr. 2, Mannheim 12.9.1973
27.08.1973:
Die Kommunistische Gruppe (KG) Aachen des AB gibt vermutlich heute die Nr. 2/3 ihrer 'Kommunistischen Arbeiterzeitung' (KAZ - vgl. Aug. 1973, 28.8.1973) für Juli/August mit folgendem Leitartikel zum Kampf für TZL heraus:"
KOLLEGEN FORDERN ÜBERALL
TEUERUNGSZULAGE MUSS HER!
…
Machen wir uns doch keine Illusionen, innerhalb dieses volksfeindlichen kapitalistischen Wirtschaftssystems kann uns keine Regierung wirtschaftliche Stabilität bescheren. Wir sind gezwungen, um mehr Lohn zu kämpfen und solche räuberischen Sprüche des Wirtschaftsministers Friderichs (FDP, d.Vf.): 'Alle müssen den Gürtel enger schnallen' zurückzuweisen. Erinnern wir uns doch, der 'Wirtschaftswunderbote' Ludwig Erhard verlangte damals und auch heute wieder: 'Maßhalten, maßhalten!'"
Q: Kommunistische Arbeiterzeitung Nr. 2/3, Aachen Juli/Aug. 1973, S. 2
12.09.1973:
In Dortmund erscheint ein 'Roter Kumpel' (vgl. 27.8.1973, 3.10.1973) durch die KFR und das Kommunistische Kollektiv Zeche Hansa. Der Leitartikel lautet:"
ENERGIEPROGRAMM - KEINE HILFE FÜR DIE KUMPEL!
Bundeswirtschaftsminister Friderichs hat sein 'Energiekonzept' veröffentlicht. Von Kohlesanierung ist da die Rede. Der Bergbau soll gesunden und die 'schwierigen Energieprobleme' würden nun endlich gelöst. Natürlich soll die Sache etwas kosten.
Was steckt hinter diesem 'neuen Energiekonzept'? Muß der Kumpel nun weniger um seinen Arbeitsplatz bangen? Ganz im Gegenteil! Beschäftigt man sich etwas mit der Sache, sieht man ziemlich schnell, wohin der Hase läuft. Und es wundert einen dann nicht mehr, wenn man hört, daß im Rahmen dieses Energiekonzeptes wieder ein paar Zechen und Kokereien geschlossen werden sollen.
Die Regierung sagt, daß dies eben 'notwendige Opfer zur Gesundung des Steinkohlebergbaus' sind.
Doch solche Sprüche sind schlicht gelogen! In den Wirtschaftsteilen der Tageszeitungen kann man nachlesen, worum es geht! Bevor da von Kohle die Rede ist, wird erstmal über Pläne berichtet, die größten Energiekonzerne in Westdeutschland, RWE, Gelsenberg und Veba zu einem riesigen Erdöltrust zusammenzuschließen. Um den Bergbau zu sanieren geschieht das nicht! Es geht um 'mehr Konkurrenzfähigkeit auf dem Rohstoffmarkt'. Zu deutsch heißt das: Die Konzerne wollen einen größeren Teil der Erdölgewinnung in ihre Finger bekommen. Sie wollen nun in das internationale Geschäft mit den Rohstoffanteilen einsteigen. Das steigert mit Sicherheit den Gewinn der Konzerne. Auf Kosten der Kumpel und ihrer Arbeitsplätze."
Q: Roter Kumpel, Dortmund 12.9.1973
14.09.1973:
In der Duisburger Mercatorhalle soll der 7 .Gewerkschaftstag der IGBE, laut dieser (vgl. 1.9.1973), stattfinden und "im Zeichen der Energiepolitik stehen" (vgl. 3.9.1973). U.a. spricht auch Bundeswirtschaftsminister Friderichs (FDP).
In Dortmund berichtet die KFR des KBW bei Kokerei und Zeche Hansa (vgl. 3.10.1973):"
GEWERKSCHAFTSTAG DER IGBE: SANIERUNG FÜR WEN?
Der 7. Gewerkschaftstag der IG Bergbau und Energie hat den Energieplan der Bundesregierung angenommen. Der Hauptredner auf dem Gewerkschaftstag war nicht ein Gewerkschafter, sondern der Bundeswirtschaftsminister Friderichs.
In seiner Rede nannte Friderichs allerdings kaum Zahlen. Das wesentliche war: die Kohleförderung soll um 21% von 102 Millionen T. auf 83 Millionen T. gesenkt werden. Das allein bedeutet jedoch, daß in 5 Jahren mindestens ein Fünftel der Bergarbeiter auf die Straße fliegt. Man muß aber auch die Rationalisierung bei der RAG einrechnen: 1962 förderte ein Kumpel durchschnittlich 2, 4t. pro Schicht, jetzt 4, 1 t. - also eine Steigerung von 75% in 10 Jahren. In fünf Jahren wird die Schichtleistung, bei gleichem Rationalisierungstempo, demnach 5, 8t betragen; da sich das Tempo aber wahrscheinlich vergrößern wird, kann man wohl von einer Schichtleistung von 6-7 T. in fünf Jahren rechnen.
Das aber heißt, daß in den nächsten 5 Jahren 40-60% der Kumpel, 50-60 Tausend Mann abgebaut werden! Und über Tage wird auch rationalisiert, da sieht es ähnlich aus. Diese Zahlen nannte Friderichs nicht!"
Q: Einheit Nr. 17 und 19, Bochum 1.9.1973 bzw. 1.10.1973, S. 1 bzw. S.3; Roter Kumpel: Gewerkschaftstag der IGBE: Sanierung für wen? Dortmund, o. J. (1973), S. 1
01.10.1973:
Der KBW berichtet vermutlich u.a. aus dieser Woche:"
ÖLVERTRAG MIT IRAN
In den letzten Wochen wurde von der westdeutschen Presse der Abschluß eines Erdölvertrages mit dem Iran und Pläne der der BRD für große Kapitalinvestitionen im Iran gemeldet. Ein Vertreter der Bundesregierung sprach von einer Phase der 'engeren wirtschaftlichen Zusammenarbeit' der beiden Länder. Diese neue Phase der Zusammenarbeit zwischen der Bourgeoisie in Westdeutschland und dem reaktionären Schah-Regime wurde schon im April 1972 mit dem Besuch Willy Brandts im Iran eingeleitet und fand mit dem Abschluß einer Reihe von Verträgen über den Bau einer Erdölraffinerie und eines Stahlwerks durch westdeutsche Unternehmen im Iran und über den Verkauf des Erdöls an die BRD ihre vorläufigen Höhepunkt. Zu der Unterzeichnung dieser Verträge reiste Wirtschaftsminister Friderichs Anfang Oktober an der Spitze einer Delegation in den Iran.
Das westdeutsche Kapital drängt entschlossen auf den Weltmärkten vorwärts. Da es bis jetzt sehr gering am internationalen Ölgeschäft beteiligt war, sucht es nach Gelegenheiten, um mit Förderländern günstige Verträge abzuschließen."
Q: Kommunistische Volkszeitung Nr. 5, Mannheim 24.10.1973, S. 3
06.10.1973:
Der KBW fragt anläßlich des heute beginnenden Nahostkriegs:"
ÖLPREISE STEIGEN, WARUM?
Wer seit Ausbruch des neuen Nahostkrieges gezwungen war, Heizöl zu kaufen, der durfte für den Liter statt vorher 20 jetzt zwischen 30 und 40 Pfennig auf den Tisch legen. Das hat aber mit dem Krieg und damit, daß der Großteil des Öls für westdeutschen Gebrauch aus den arabischen Ländern kommt, nichts zu tun. Keines dieser Länder hatte die Rohölpreise erhöht. Weswegen dann? Konzernmanager, Öl-Einzelhändler und Wirtschaftsminister Friderichs wissen übereinstimmend die Antwort: Schuld sind die Verbraucher mit ihren unvernünftigen Hamsterkäufen; sie hätten die Nachfrage derartig angeheizt, daß Preiserhöhungen die zwangsläufige Folge waren."
Q: Kommunistische Volkszeitung Nr. 5, Mannheim 24.10.1973, S. 3
26.10.1973:
Der KBW (vgl. 22.11.1973) berichtet u.a. anläßlich eines heutigen Artikels in der 'Wirtschaftswoche':"
WEM NÜTZT DIE ARABERHETZE
In den letzten Tagen und Wochen hat die araberfeindliche Hetze in den westdeutschen Zeitungen, in Rundfunk und Fernsehen einen neuen Höhepunkt erreicht. Anlaß für diese Hetze sind die gleichzeitige Preiserhöhung und Einschränkung der Ölausfuhr durch die ölproduzierenden arabischen Staaten. …
Als Bundeswirtschaftsminister Friderichs vom Spiegel eine Woche später gefragt wurde: 'Nato-Offiziere spielen bereits mit dem Gedanken, die westlichen Länder sollen sich notfalls mit Gewalt in den Besitz der Ölquellen bringen. Ist das auch für die Bundesregierung das letzte Mittel, wenn in Europa die Lichter ausgehen und Millionen Menschen arbeitslos auf der Straße stehen?' antwortete er vielsagend: 'Tatsächlich ist die gegenwärtige Hetze gegen die Araber nichts anderes als der Versuch, das Volk psychologisch auf einen Krieg vorzubereiten.'"
Dieser Artikel wird u.a. zitiert in:
- NRW in Dortmund bei der Bergbau AG (vgl. 28.11.1973).
Q: Kommunistische Volkszeitung Nr. 7, Mannheim 22.11.1973, S. 1f; Roter Kumpel, Dortmund 28.11.1973, S. 4f
09.11.1973:
Die Zelle Hoesch der Ortsaufbaugruppe Dortmund des KBW (vgl. 14.11.1973) berichtet:"
NICHT DIE ARABER, SONDERN DIE ÖLMONOPOLE TREIBEN DIE ÖLPREISE
In noch nie dagewesener Geschwindigkeit wurde von der Bundesregierung das Energiesicherungsgesetz durch Bundestag und Bundesrat gepeitscht. Diese Hektik widerspricht der zur Schau getragenen Gelassenheit von z.B. Wirtschaftsminister Friderichs. Damit wird aber zugleich auch deutlich, daß die Bundesrepublik ernsthaft in die Konflikte im Nahen Osten verwickelt ist.
Ursache für die sich anbahnenden Ölversorgungsprobleme sind allerdings nicht die 'Erpressungen eines Ölscheichs', sondern das maßlose Profitstreben der großen Mineralölmonopole.
Sie haben mit Unterstützung der westlichen Regierungen, auch der Bonner, den arabischen Völkern jahrzehntelang das Rohöl für Pfennige abgezwungen, dann die verarbeiteten Produkte z.B. Benzin zu Höchstpreisen verkauft. Gegen diese tatsächliche wirtschaftliche Auspressung verbunden mit politischer Unterdrückung beginnen die erdölproduzierenden Staaten sich jetzt zu wehren. Die Ölmonopole, die ihre Superprofite unbedingt aufrechterhalten und erhöhen wollen, versuchen sich nun an uns schadlos zu halten.
Doch die Forderungen der OPEC-Länder nach angemessenem Gewinnanteil an Ölprodukten ist genauso berechtigt, wie unsere Forderungen nach ausreichender und billiger Energieversorgung. Das wird bei uns allein durch das Profitstreben der Ölmonopole und die kapitalistische Energiepolitik der Bundesregierung verhindert.
Deshalb sind die Monopole der gemeinsame Feind der arabischen Völker und uns, den Werktätigen in der BRD. Das vielstimmige Gezeter in Presse, Rundfunk und Fernsehen soll uns davon ablenken und unsere Unruhe und Empörung über steigende Benzin- und Heizölpreise an die Profitinteressen der Monopole koppeln."
Q: Roter Hoesch Arbeiter Nr. 6, Dortmund 14.11.1973, S. 1f
19.11.1973:
Die Zelle Hoesch der Ortsaufbaugruppe Dortmund des KBW (IGM-Bereich - vgl. 28.11.1973) berichtet von der STR in NRW (vgl. 6.11.1973, 28.11.1973) vermutlich aus dieser Woche:"
GEHEIMDIPLOMATIE VERHINDERT KAMPF FÜR UNSERE INTERESSEN!
Nun ist das erste Angebot der Stahlkapitalisten heraus, und wir können versuchen daraus und aus dem bisherigen Verhandlungsverlauf Schlüsse zu ziehen für den weiteren Kampf.
…
Der Angriff der Kapitalisten gegen unseren Lebensstandard baut auf diesen Manövern auf. Zusammen mit ihrem Staat fahren sie noch schwerere Geschütze gegen uns auf: sie wollen uns erpressen mit der Drohung von noch höherer Preissteigerung und Arbeitslosigkeit, wie sie sowohl Schmidt als auch Friderichs In Interviews in den letzten Wochen brachten. Die Kommunistische Volkszeitung Nr. 6 (vgl. 7.11.1973, d.Vf.) schreibt zu diesen Erpressungsversuchen:
'Die Kapitalisten geben den Arbeitern zu verstehen, daß sie ohnehin am längeren Hebel sitzen und alles über die Preise wieder hereinholen werden, was die Arbeiter an höheren Löhnen erkämpfen.
Sie verlangen von den Arbeitern, auf Lohnerhöhungen zu verzichten, um - wie sie sagen - Preissteigerungen zu vermeiden. Aber die Arbeiter haben auf die Preissteigerungen keinerlei Einfluß, und wenn ihnen die Preise nicht völlig davonlaufen sollen, dann bleibt ihnen nur der Kampf um den Lohn. Deshalb fahren die Kapitalisten noch stärkere Geschütze auf, und drohen nicht nur mit weiteren Preiserhöhungen, sondern direkt mit Arbeitslosigkeit."
Q: Roter Hoesch Arbeiter Nr. 7, Dortmund 28.11.1973, S. 1f
30.11.1973:
In Dortmund soll eine Iranveranstaltung stattfinden (vgl. 29.11.1973,
1.12.1973), die bei der Bergbau AG (vgl. 28.11.1973) und im IGM-Bereich bei Hoesch (vgl. 28.11.1973) vom KBW so angekündigt wurde:"
SOLIDARITÄTSVERANSTALTUNG: FREIHEIT FÜR ALLE POLITISCHEN GEFANGENEN IM IRAN, FREITAG, 30.11. UM 19 UHR, GASTSTÄTTE ZUM ZEPPELIN (Malinckrodtstraße gegenüber Nordmarkt).
Es spricht ein Vertreter der FÖDERATION IRANISCHER STUDENTEN;
REFERAT, DIAS, VORTRAG, DISKUSSION -
FÖDERATION IRANISCHER STUDENTEN IN DER BRD UND WESTBERLIN (FIS), KOMMUNISTISCHER BUND WESTDEUTSCHLAND."
Bei der Bergbau AG Dortmund (vgl. 28.11.1973) wurde vom KBW aufgerufen:"
ERDÖL AUS IRAN
Im Rahmen des Energieplans der Bundesregierung wird aus den Unternehmen VEBA und Gelsenberg mit Hilfe staatlicher Subventionen ein westdeutscher Erdölkonzerne aufgebaut.
Die Ausbeutung ausländischer Erdölquellen, wie sie bisher vor allem von amerikanischen Konzernen betrieben worden ist, soll nun ein profitables Geschäft westdeutscher Konzerne werden.
Bei den amerikanischen Konzernen haben wir in den vergangenen Jahren erlebt, wie sie brutal Regierungen stürzten, reaktionäre Militärregimes errichteten oder unterstützten und den Widerstand der Völker blutig zu unterdrücken halfen, um ungestört Rohstoffe und Arbeitskräfte des Landes ausplündern zu können.
Solche imperialistischen Pläne verfolgt auch die Bundesregierung im Iran mit dem neuen Mineralölkonzernen. Das Schah-Regime unterdrückt blutig das persische Volk und die Bundesregierung liefert Waffen dazu. Mit fetten Wirtschaftskrediten wird das Regime hochgepäppelt. Minister Friderichs war im Oktober im Iran um den Bau einer Mineralölraffinerie zu vereinbaren, die Rohöl für den westdeutschen Markt verarbeiten soll.
Damit können dann die westdeutschen Imperialisten direkt die persischen Erdölquellen ausplündern. Erkauft wurde diese Möglichkeit mit Waffenlieferungen, mit denen das Schahregime den patriotischen Widerstand des Volkes unterdrückt, erkauft wurde sie mit der Zusicherung, in der Bundesrepublik die politischen Emigranten aus dem Iran der iranischen Geheimpolizei SAVAK auszuliefern und dieser Opposition den Mund zu stopfen.
Der Verfassungsschutz geht in unserem Land gemeinsam mit dem SAVAK gegen die CISNU und die Föderation iranischer Studenten vor. Bei einzelnen Mitgliedern wird schon mit Haussuchungen und Abschiebungen begonnen.
Billiges Erdöl also für die Konzerne auf Kosten der blutigen Unterdrückung des persischen Volkes! Dagegen muß sich jeder Arbeiter wenden; denn die Unterdrückung und Ausbeutung anderer Völker kann nicht im Interesse der Arbeiterklasse liegen!
Vielmehr müssen wir erkennen, daß der Widerstand von Patrioten, Arbeitern, Bauern und Studenten im Iran gegen den faschistischen Terror des Schahregimes vollkommen berechtigt ist.
Auch wir kämpfen gegen den Lohnabbau und die zunehmende politische Unterdrückung in der Bundesrepublik. Mit folgendem Aufruf werden wir zur Solidarität mit dem Freiheitskampf des iranischen Volkes aufgefordert (vgl. 1.12.1973, d.Vf.):
Am Freitag, den 30. November findet eine Veranstaltung über die Lage des persischen Volkes statt. Sie wird durchgeführt von der Föderation iranischer Studenten (FIS) und unterstützt von einer Reihe fortschrittlicher Organisationen, u. a. auch von der Ortsaufbaugruppe Dortmund des KBW.
Zuerst wird ein Mitglied der FIS sprechen. Der Vortrag wird dann durch eine Diavorführung ergänzt. Danach soll eine Diskussion stattfinden.
Eine solche Veranstaltung ist schon sehr wichtig, wenn man bedenkt, wieviel Informationen man tatsächlich über den Iran hat. Nämlich so gut wie gar keine. Außerdem hat man hier die Möglichkeit, sich breit über den Iran und die Kämpfe des persischen Volkes zu informieren und Fragen über die Demonstration am Samstag zu stellen."
Q: Roter Hoesch Arbeiter Nr. 7, Dortmund 28.11.1973, S. 4; Roter Kumpel, Dortmund 28.11.1973, S. 6ff
30.11.1973:
Die Zelle Hoesch Westfalenhütte Dortmund der KPD gibt eine 'Kommunistische Arbeiterpresse' (KAP - vgl. 28.11.1973, 6.12.1973) heraus:"
65 PFENNIG SIND EIN HOHN, NUR DER LOHNSTREIK GIBT UNS EINEN MENSCHENWÜRDIGEN LOHN!
…
Jetzt entfesseln sie eine erneute Hetze gegen die Araber, um der Bevölkerung einen Schuldigen zu präsentieren. Der Ölboykott wird zum Vorwand für weitere Preiserhöhungen genommen, bürgerkriegsähnliche Notstandsmaßnahmen werden vorbereitet. In Holland das Autofahrverbot an Sonntagen, in England wurde der Notstand ausgerufen, zugleich ein Druckmittel gegen die streikenden Arbeiter. Wirtschaftsminister Friderichs kündigte für die BRD ebenfalls Sonntagsfahrverbote an. Wäre das Öl so knapp wie behauptet, gäbe es trotzdem keinen Grund, die Bevölkerung die Folgen der imperialistischen Politik ausbaden zu lassen. Ein Flugverbot für Starfighter ist z.B. bis jetzt noch nicht angekündigt worden!"
Q: Kommunistische Arbeiterpresse Hoesch 65 Pfennig Sind Ein Hohn, nur der Lohnstreik gibt uns einen menschenwürdigen Lohn!, Dortmund 30.11.1973
Dezember 1973:
Die DKP Betriebsgruppe Hansa Dortmund gibt ihre 'Informationen' (vgl. 1.11.1972, Jan. 1974) mit 4 Seiten DIN A 4 und folgendem Leitartikel heraus:"
STILLEGUNGSBESCHLUSS ZURÜCKNEHMEN!
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Deshalb muß nach unsere Meinung der Bergbau, die Energiewirtschaft - entsprechend der Satzung der IGBE - in Gemeineigentum überführt werden. Eine Forderung übrigens, die - was den Bergbau angeht - sogar in Artikel 27 der Verfassung von NRW verankert ist und mit dem Grundgesetz Art. 14 und 15 übereinstimmt. Und bei der Erfüllung der Verfassung von NRW und dem Grundgesetz wird doch auch der Koalitionspartner FDP mithelfen - denn sonst wären doch z.B. deren Minister Friderichs, Riemer und Weyer Verfassungsfeinde."
Q: DKP Betriebsgruppe Hansa: Informationen Stillegungsbeschluß zurücknehmen!, Dortmund Dez. 1973
01.12.1973:
Zur bundesweiten Irandemonstration für Freiheit für alle politischen Gefangenen in Köln um 14 Uhr ab Offenbachplatz riefen, laut KPD, zunächst die FIS (CISNU) Iran, die ATÖF Türkei, der KBW, die KPD und die LgdI mit einem gemeinsamen Aufruf auf (vgl. 13.11.1973). Dies geschieht u.a. in der 'KVZ' des KBW (vgl. 22.11.1973).
Nach dem Verbot durch den Polizeipräsidenten in Köln (vgl. 29.11.1973) habe sich der KBW insgesamt nicht mehr beteiligt, einige Ortsgruppen aber doch. Für heute wurde zumindest in Dortmund vom KBW und der Föderation Iranischer Studenten (FIS) in der BRD und Westberlin aufgerufen. So hieß es seitens des KBW im IGBE-Bereich bei der Bergbau AG Dortmund (vgl. 28.11.1973) und im IGM-Bereich bei Hoesch (vgl. 28.11.1973) und unterzeichnet von FIS und KBW:"
AUFRUF ZUR ZENTRALEN DEMONSTRATION AM 1.12.1973 IN KÖLN, 14 UHR NEUMARKT: FREIHEIT FÜR ALLE POLITISCHEN GEFANGENEN IM IRAN! WEG MIT DEN DROHENDEN TODESURTEILEN!
In den letzten Wochen ging die Meldung über den Abschluß von Verträgen zwischen dem Iran und der Bundesrepublik durch die Presse. Wirtschaftsminister Friderichs reiste extra zur Unterzeichnung im September nach Teheran. Der wichtigste dieser Verträge ist der Erdölvertrag, der erstmals dem BRD-Imperialismus einen direkten Zugang zu ausländischen Erdölquellen verschafft.
Weiter wurde der Bau einer Raffinerie im Iran mit westdeutschem Kapital und die Lieferung von Erdgas vereinbart. Das Öl aus dem Iran, für das schon jetzt ein auf unbestimmte Zeit festgelegter Preis vereinbart wurde, soll die Versorgung des größten Teils des westdeutschen Marktes decken.
Die gesamte bürgerliche Presse jubelte über diese Verträge als 'ein Erfolg für die Industrie' und freute sich über die 'gute Zusammenarbeit in allen Fragen' mit dem reaktionären Schah-Regime. Wie sieht diese gute Zusammenarbeit aus? Mit diesem Geschäft, aus dem die Ölgesellschaften enorme Profite ziehen, ist zugleich verbunden, daß die Bundesregierung noch entschiedener das verbrecherische Schah-Regime unterstützt.
Der BRD-Imperialismus tritt damit verstärkt in Konkurrenz zum US-Imperialismus und zur Sowjetunion, die in diesem Gebiet, wie überall in der Welt, mit ihrer reaktionären und völkerfeindlichen Politik auf die Erweiterung ihres politischen, wirtschaftlichen und militärischen Einflusses abzielen."
Q: Roter Kumpel Nr. 7 und Vorgezogene Tarifverhandlungen, Dortmund 28.11.1973 bzw. o.J. (1973), S. 7f bzw. S. 3f; Roter Hoesch Arbeiter Nr. 7, Dortmund 28.11.1973, S. 3f;Rote Fahne Nr. 48, 49 und 10, Dortmund 28.11.1973, 5.12.1973 bzw. 6.3.1974
01.12.1973:
Die DKP berichtet aus Dortmund:"
HOESCH-WOHNUNGEN TEURER!
WAS BLEIBT VON DER LOHNERHÖHUNG?
Die Hoesch-Wohnungsgesellschaft hat die Heizkostenvorauszahlung für die Wohnungen in der Lüner- und Wambeler Straße ab 1. Dez. 1973 glatt um 100% erhöht. Schönes Weihnachtsgeschenk. Dabei wurde auch gleich an ein Ostergeschenk gedacht, denn für den 1. April 1974 wurde eine erneute Mieterhöhung angekündigt. Als Grund für die Verdoppelung der Heizkostenvorauszahlung wurde Preiserhöhung für Heizöl genannt. Den Hoesch-Mietern werden gute Ratschläge erteilt, wie Heizöl eingespart werden kann, und die Mineralölkonzerne erhöhen lustig weiter die Preise. Und logischerweise teilt die Hoesch-Wohnungsgesellschaft den Mietern in der Lüner- und Wambeler Straße mit, 'ein Ende dieser Entwicklung ist noch nicht abzusehen'. Dabei war in den Zeitungen zu lesen, daß Bundesminister Friderichs am 22.11.1973 erklärte, bisher sei noch kein Tropfen weniger Rohöl in die Bundesrepublik geflossen.
Es geht offensichtlich darum, Energie künstlich zu verknappen, damit die Mineralölkonzerne ungestört ihre Monopolstellung ausnutzen können, um zu 'nehmen, was der Markt' - unter ihrer Preisdiktatur - hergibt. Die Bundesregierung spielt mit Fahrverboten für den kleinen Mann und anderen Maßnahmen dieses dreckige Spiel mit."
Q: Heisse Eisen Zwangsurlaub bei Hoesch?, Dortmund Dez. 1973, S. 2f
10.12.1973:
Die DKP berichtet vermutlich aus dieser Woche:"
Antwort der Großen Tarifkommission Hamburg im Namen von 100 000 Metall-Arbeitern auf die unverschämten Maßhalteparolen von Wirtschaftsminister Friderichs sowie Schleyers Angriffe, ebenso auf die Profit-Preistreiberei der Ölkonzerne: 18% MEHR LOHN und eine Reihe sozialer Verbesserungen."
Q: Heisse Eisen Vorsicht: Lohnraub auf Umweg geplant?, Dortmund Dez. 1973, S. 4
17.12.1973:
Der KBW kommentiert eine Zeitungsmeldung:"
DIE REGIERUNG LEITET DEN ABSCHLUSS EINES 'STABILITÄTSPAKTES' EIN
Der Spiegel berichtet (31.12.1973):
'Nach langen Jahren fruchtlosen Geredes in der sogenannten Konzertierten Aktion will Willy Brandt unter dem Druck der Ölkrise erstmals einen einigermaßen stabilen Wohlverhaltenspakt zwischen Staat, Unternehmern und Gewerkschaften zustandebringen.
Bei Sekt und Whisky im Schaumburg-Bungalow hatten sich Brandt und Vetter am 17.Dezember, dem Vorabend des Kanzler-Geburtstages auf den Neujahrsgipfel verständigt. Er folgt der zur reinen Informationstagung heruntergekommenen Konzertierten Aktion (10. Januar) des Wirtschaftsminister Hans Friderichs.'"
Q: Kommunistische Volkszeitung Nr. 1, Mannheim 9.1.1974, S. 5
17.12.1973:
Bei Hoesch Dortmund gibt die DKP vermutlich in dieser Woche ihre 'Heisse Eisen' (vgl. 10.12.1973, 14.1.1974) mit folgendem Artikel heraus:"
SCHLEYERS 'MOBILMACHUNG'
Kaum ist er Boß des BDA, der Hans-Martin, da macht er sich auf, (wie einst Jung-Siegfried) seine armen Unternehmer-Leidensgenossen vor den bösen, gefräßigen Arbeitern zu schützen. Wie das gemacht wird hat er in Baden-Württemberg bereits vorgeführt - als Spezialist im Aussperren Hunderttausender Arbeiter. Um die 'Front' der Unternehmer zu stärken, 'um auch im Kriegsfall' (laut BDA-Vertreter) gerüstet zu sein, werden jetzt die 'armen' Unternehmer aufgefordert, dem 'Unterstützungsfond' größere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Das heißt im Unternehmerdeutsch: Die 'Kriegskasse' zu füllen. Mit Genschers 'Spezialtruppe' im Rücken fühlen sich die Herren stark. Als ersten Akt möchte Schleyer jetzt in (Schillers) Friderichs-Konzert-Aktion die Gewerkschaften zur Ordnung rufen. Da spricht ein CDU-Boß Kohl, Verzeihung, der CDU-Boß Kohl auf dem CDU-Parteitag davon, es gäbe keinen Klassenkampf mehr. Was Schleyer macht, ist Klassenkampf von oben. In dem BDA-Memorandum wird der verfassungswidrige Anspruch der Unternehmer auf Aussperrung bekräftigt. Der Bundesregierung wird gedroht, 'wilde Streiks' nicht zu legalisieren. In der wachsenden Kampfbereitschaft der Arbeiter und Angestellten sieht die Unternehmervereinigung dann auch 'Gefahren für die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts der in Staat und Gesellschaft miteinander konkurrierenden Gruppen'. Die Bosse werden in dem Papier aufgefordert, sich politisch zu engagieren, um ihr in der Öffentlichkeit arg ramponiertes Ansehen aufzupolieren. Kollegen, seien wir wachsam, laßt uns solidarisch zusammenstehen. Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil. Darum: Weitere Verstärkung der Kampfkraft unserer Gewerkschaft durch größere Aktivität. Erfüllung der Satzungen unserer IG Metall. Millionen Arbeiter sind stärker als Millionäre."
Q: Heisse Eisen Vorsicht: Lohnraub auf Umweg geplant?, Dortmund Dez. 1973
07.01.1974:
Die Zelle Hoesch der Ortsaufbaugruppe Dortmund des KBW (IGM-Bereich - vgl. 18.1.1974) berichtet vermutlich aus dieser Woche:"
AUFHEBUNG DES FAHRVERBOTS: KEIN GESCHENK DER BUNDESREGIERUNG
Die Bundesregierung hat das Fahrverbot am Wochenende vorläufig aufgehoben. Es ist allerdings nur ausgesetzt, nicht generell aufgehoben, kann also ohne größeren Aufwand wieder in Kraft gesetzt werden. Die Regierung stellt das Ganze so dar, als wenn sie nur unter äußerster Belastung zu einer Notverordnung gegriffen hat. Die neuen Beschlüsse sollen zeigen, daß sie - wenn nur irgend möglich - diese Belastung wieder vom Rücken des Volkes nehmen will.
Sicherlich ist es besser für uns, wenn es das Fahrverbot nicht mehr gibt.
…
Die Regierung ist gezwungen einen neuen Angriff gegen die Arbeiter und das Volk zu führen, der schon viel offener aussieht. Die Löhne sollen mit allen Mitteln gedrückt werden, der Lohnkampf verhindert werden. Obwohl deutlich wird, daß die kapitalistische Krisenwirtschaft die Arbeitsplätze gefährdet, sagt Wirtschaftsminister Friderichs, Löhne über 10% mehr stellen die wahre Gefahr dar. Stabilitätspakt und Konzertierte Aktion trommeln Unternehmer, Gewerkschaftsführung und Regierung an einen Tisch, um den Angriff der Arbeiter zu verhindern, die gezwungen sind, für den Erhalt ihres Lebensunterhalts einzutreten.
So sieht es aus und nicht anders, die Aufhebung des Fahrverbots hat die Fronten nur klarer gemacht. Für die Arbeiterklasse gibt es jetzt nur einen Weg: Entschieden für alle berechtigten Lohnforderungen eintreten, auch außerhalb der Tarifrunde! Krisen- und Notstandsmaßnahmen als das sehen, was sie sind: Zwangsmaßnahmen gegen die Arbeiter und das Volk!
Schluß mit allen Stillhalteparolen!
Weg mit der konzertierten Aktion und jedem Stabilitätspakt!"
Q: Roter Hoesch Arbeiter Nr. 10, Dortmund 18.1.1974, S. 1f
30.01.1974:
Bei BWM Bremen geben die Betriebszellen des KBW und des KAJB ihre Zeitung 'Der Rote Blinker' Nr. 2 (vgl. Jan. 1974, 13.2.1974) heraus. Aufgerufen wird zur Protestdemonstration am 8.2.1974 beim Schaffermahl, an dem auch Wirtschaftsminister Friderichs (FDP) teilnimmt.
Q: Der Rote Blinker Nr. 2, Bremen 30.1.1974
06.02.1974:
Der KSB Bremen des KBW gibt vermutlich Mitte dieser Woche das Flugblatt "Unterstützen wir den gerechten Kampf gegen Lohnraub und Notstandspolitik" heraus, das die Teilnahme von Wirtschaftsminister Friderichs am Schaffermahl ankündigt und zur Demonstration am 8.2.1974 aufruft.
Q: KSB: Unterstützen wir den gerechten Kampf gegen Lohnraub und Notstandspolitik, Bremen o. J. (1974)
08.02.1974:
In Bremen will der KBW gegen die Krisen- und Notstandsmaßnahmen um 17 Uhr ab Hauptbahnhof demonstrieren, wozu u.a. auch der Besuch von Friderichs bei der Schaffermahlzeit Anlaß bietet.
An der Demonstration beteiligen sich, nach eigenen Angaben vom 20.2.1974, 1 000 Personen. Aufgerufen wurde vom KBW am 25.1.1974 mit dem Flugblatt "An die Bremer Werktätigen: Kampf den Notstands- und Krisenmaßnahmen der Kapitalisten und ihres Staates", das in einer Auflage von 16 000 Stück erschien, und am 7.2.1974 mit dem Flugblatt "Wirtschaftsminister Friderichs in Bremen: Demonstrieren wir gegen Lohnraub, Krisenmassnahmen und Notstandspolitik", das in einer Auflage von 30 000 Stück erschien, aber auch von KSB (vgl. 30.1.1974) und KOB (vgl. 4.2.1974) sowie bei der AG Weser (vgl. 4.2.1974) und bei BWM.
Q: Der Brenner Nr. 1, Bremen 4.2.1974, S. 6; Der Scheinwerfer Nr. 1, Bremen 28.1.1974, S. 7;Unter dem Roten Banner Nr. 17, Bremen 30.1.1974, S. 1;KBW-OG Bremen: An die Bremer Werktätigen: Kampf den Notstands- und Krisenmaßnahmen der Kapitalisten und ihres Staates, Bremen 25.1.1974;KBW-OG Bremen: Wirtschaftsminister Friderichs in Bremen: Demonstrieren wir gegen Lohnraub, Krisenmassnahmen und Notstandspolitik, Bremen 7.2.1974;Kommunistische Volkszeitung Nr. 4, Mannheim 20.2.1974;Pick an Nr. 7, Bremen 31.1.1974, S. 3;Der Rote Blinker Nr. 2, Bremen 30.1.1974, S. 3f;Schulkampf Nr. 1, Bremen 1974, S. 4
09.07.1976:
In Bochum tritt, laut KPD, Wirtschaftsminister Friderichs (FDP) auf dem Husemannplatz auf und u.a. die eigene Ortsleitung (OL) ihm entgegen.
Q: Rote Fahne Nr. 28, Köln 14.7.1976, S. 4
09.09.1976:
Die Ortsgruppe Köln des KBW gibt zur heutigen 'Kommunistischen Volkszeitung' Nr. 36 eine Ortsbeilage heraus mit dem Artikel "Friderichs - ein offener Vertreter des westdeutschen Imperialismus" zu dessen Auftritt auf der Bundestagswahlveranstaltung der FDP am 1.9.1976.
Q: Kommunistische Volkszeitung - Ortsbeilage Köln Nr. 36, Köln 9.9.1976, S. 4
15.03.1977:
In Aachen gibt der KBW die Nr. 1 seiner 'Betriebszeitung für die Arbeiter und Angestellten bei Talbot' heraus mit dem Leitartikel "Kurzarbeit, Entlassungen, weiterer Lohnraub. Kapitalisten und Sozialdemokraten sind dabei enge Verbündete" zur Fernsehansprache von Minister Friderichs.
Q: Betriebszeitung für die Arbeiter und Angestellten bei Talbot Nr. 1, Aachen 15.3.1977, S. 1
April 1977:
Am Kieler Institut für Meereskunde gibt der MSB Spartakus der DKP vermutlich im April die Nr. 5 seiner 'Antenne' heraus. Im Leitartikel äußert man sich so:"
AUF EIN WORT…
Nach den Ereignissen von Grohnde (in Niedersachsen am 19.3.1977, d.Vf.) glauben die Befürworter der Kernenergie wieder aufatmen zu können: Der Gerichtsentscheid von Schleswig und Freiburg hatte sie in arge Bedrängnis gebracht. Die als wenig fortschrittlich bekannten Gerichte konnten sich dem Protest der Bevölkerung nicht mehr entziehen und bestätigten offenkundige Mängel an der Konstruktion der AKWs. So müssen Bundes- und Landesregierung ebenso wie die Atomkonzerne - zumindest vorläufig - die Hoffnung auf juristischen Segen für den Ausbau des AKW-Netzes aufgeben.
In dieser Lage konnte ihnen gar nichts willkommener sein, als durch die 'Schlacht um Grohnde' von der Sicherheitsproblematik auf die 'Gewaltfrage' abzulenken.
Vieles deutet auf eine Provokation der Polizei hin, wobei sie bei maoistischen Gruppen bereitwillige Unterstützung fand. Vor allem die Freiburger Entscheidung zu Wyhl hat den Befürwortern die Argumentation vermiest. Wurde den Bürgerinitiativen vordem von Politikern der juristische Weg gepriesen, hat jetzt das Aufsichtsratsmitglied des Badenwerks, Filbinger, nichts eiliger zu tun als den Richtern mangelnden Sachverstand nachzusagen. Und das, obwohl die Medien berichteten, kaum je hätte ein Gericht so viel Material als Entscheidungshilfe zur Verfügung gehabt. Nachdem die Atom-Lobby gemerkt hat, daß sie mit der 'weichen Welle' nicht durchkommt, hat sie auch an anderen Stellen die harten Bandagen angelegt. Wieder war es Filbinger, der dazu den Auftakt gab. Er erklärte, die Bevölkerung Baden-Württembergs müsse jetzt mit massiven Sparmaßnahmen in der Energieversorgung rechnen. Dazu sei bereits ein Sparplan in Arbeit. Das ist umso erstaunlicher als das Badenwerk Stromüberkapazitäten verzeichnet und im vergangenen Geschäftsbericht über einen um 6% gesunkenen Stromverkauf klagte. Wirtschaftsminister Friderichs wartete gar mit der Drohung auf, ohne AKWs gäbe es bald 2, 5 Mio. Arbeitslose. Das ist das infamste der 'Argumente'! Der Bau von Kohlekraftwerken (KKW) erfordert fast ebenso viele Arbeitskräfte wie der von AKWs. Der Bau von KKWs ist aber etwa um die Hälfte billiger. Diese jeweils ca. 1/2 Mrd. könnte zur Schaffung weiterer Arbeitsplätze eingesetzt werden. Rechnet man die ca. 300 000 Arbeitsplätze hinzu, die durch verstärkte Förderung im Kohlebergbau gesichert werden könnten, wird klar, was hinter solchen 'Argumenten' steckt. Und Kohle haben wir nach Aussage der Zechen so reichlich, daß sie bei der berechneten Steigerung des Energieverbrauchs noch einige hundert Jahre ausreichen würde. Bis dahin steht aber mit Sicherheit die Kernfusion als Energielieferant zur Verfügung.
Die Sicherheit von Arbeitsplätzen hängt eben nicht ursächlich mit der Frage Atom- oder Kohlekraftwerke zusammen. Sie werden gefährdet, weil die kapitalistische Produktion ohne Rücksicht auf die Bevölkerung Kosten zu senken und den Profit zu erhöhen (gezwungen ist, d.Vf.). Dazu gehört auch die Vernichtung von Arbeitsplätzen durch Rationalisierung.
Es verwundert deshalb nicht, daß keine der Wirtschaftskrisen der Vergangenheit durch Energiemangel verursacht wurde. Die Gründe liegen in der kapitalistischen Mißwirtschaft."
Q: Antenne Nr. 5, Kiel 1977
Letzte Änderung: 04.11.2019