Die Antikriegstagsprozesse 1972 - 1980

Der Prozess gegen Hans-Georg Schmidt

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Dietmar Kesten, Gelsenkirchen

1973

Nach seiner vermutlichen Anklage im Dezember 1972 wird Hans-Georg Schmidt im Juni 1973 in München wegen seiner Teilnahme am „Roten Antikriegstag 1972“ zu „18 Monaten Gefängnis ohne Bewährung“ verurteilt. Der „Rote Morgen“ führt ein Interview mit ihm, aus dem auch hervorgeht, dass die Staatsanwaltschaft noch „17 weitere Verfahren“ plant (vgl. 30. Juni 1973).

Der „Arbeitergesangverein Marburg“ veröffentlicht im „Roten Morgen“ eine „Solidaritätsadresse“ für Schmidt (vgl. 4. August 1973; 15. September 1973).

Die Fotos, die die Staatsanwaltschaft als „Beweis“ für die Teilnahme von Hans-Georg Schmidt am „Roten Antikriegstag“ heranzieht, betrachtet der „Rote Morgen“, wie schon bei Dieter Vogelmann, als „fadenscheinige Beweisführung“ der Staatsanwaltschaft (vgl. 3. November 1973).

1975

Die „Revision“ von Hans-Georg Schmidt gegen das Urteil des Landgerichts wird abgelehnt. Schmidt muss nun täglich mit seinem Strafantritt rechnen (vgl. 24. Mai 1975).

Wie schon bei anderen Prozessen, so nimmt es der „Rote Morgen“ mit der Berichterstattung über die Verurteilung der „Antikriegsteilnehmer 1972“ nicht so genau. Hier schwankt die Verurteilung ständig zwischen 12 Monaten, 18 Monaten, oder „2 Jahren“. Schmidt wurde zu 18 Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. In Frankfurt/M. veranstaltet die dortige OG der KPD/ML eine „Solidaritätsveranstaltung“ für Schmidt (vgl. 5. Juni 1975).

An den Jugendkongress der Roten Garde der KPD/ML in Offenbach richtet Schmidt eine „Grußadresse“ (vgl. September 1975).

Neben Hubert Lehmann, Peter Bayer und Bernd Reiser, die alle „Repressalien im Gefängnis ausgesetzt“ sind, so ist auch Hans-Georg Schmidt davon betroffen. Der „Rote Morgen“ fordert seine Leser dazu auf, ihm zu schreiben (JVA Schwalmstadt). Der Inhaftierte bedankt sich dafür mit einem Brief an den „Roten Morgen“ (vgl. 27. September 1975; 18. Oktober 1975).

Auch der Frau von Schmidt drohen nun Repressalien. Ihre Stelle als Referendarin scheint gefährdet zu sein (vgl. 15. November 1975).

Die Rote Hilfe berichtet von einer „Solidaritätsbekundung“ mit Schmidt, von der dortigen (?) RH Marburg zusammen mit der KPD/ML organisiert, „vor dem Gefängnis in Treysa“. Danach fand sie bereits am 30. August statt (vgl. Dezember 1975).

Schmidt sitzt bereits seit zwei Monaten im Gefängnis (vgl. 20. Dezember 1975).

1976

Laut Roter Hilfe wird „Schorsch“ Schmidt im Juni 1976 nach Verbüßung von 2/3 seiner „18-monatigen Gefängnisstrafe auf Bewährung entlassen“ (vgl. 11. Juni 1976).

Der „Rote Morgen“ führt ein „Interview“ mit Schmidt. Danach hat er „Sozialurlaub“ erhalten und war auf einer Veranstaltung der KPD/ML in Offenbach (vgl. 12. Juni 1976).

Der „Rote Morgen“ berichtet, dass Hans-Georg Schmidt am 19.6. aus der Haft entlassen wurde (vgl. 19. Juni 1976).

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

30.06.1973:
Im „Roten Morgen“, Nr. 25/1973, erscheint der Artikel: „Antikriegstagsprozess. Mutiger Kampf des Genossen Schmidt.“ Ausgeführt wird:

„Nach 6 Verhandlungstagen wurde am 20.6.73 vor der Großen Strafkammer des Landgerichts I in München der Prozess gegen den Genossen Schmidt beendet. Wegen seiner Teilnahme an der Demonstration zum Roten Antikriegstag wurde der Genosse zu 18 Monaten ohne Bewährung verurteilt. 6 Tage glich der Münchner Justizpalast einer Polizeikaserne: Hinter dem Gebäude standen mindestens 3 Mannschaftswagen der Bereitschaftspolizei - in allen Gängen bewaffnete Polizisten mit Walkie-Talkies- jeder Besucher wurde im Einzelgeleit zur körperlichen Durchsuchung geführt - Besucher mit Aktentaschen, Hand- oder Einkaufstaschen wurden wieder nach Hause geschickt- Gegenstände des täglichen Gebrauchs, wie Nagelschere, Taschenmesser usw. wurden eingesammelt.

Die Staatsanwaltschaft hatte zur großen Strafkammer angeklagt, ‘weil eine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren zu erwarten ist‘ - laut Anklageschrift). Dem Genossen wurde vorgeworfen, bei der Demonstration am 2.9.72 in der ersten Reihe marschiert zu sein und sich gegen Übergriffe der Polizei gerüstet zu haben. Außerdem solle er am gleichen Tag 2 Polizisten an einer Straßenbahnhaltestelle, die sie gerade räumen wollten, mit einem Schlagwerkzeug angegriffen haben und geschlagen haben.

Gleich zu Beginn verwahrte sich der Genosse entschieden gegen den ihm aufgezwungenen Pflichtverteidiger, der offensichtlich helfen sollte, ihn weichzumachen.

Statt einer Einlassung zur Sache bekamen die Richter eine Anklage gegen die herrschende Klasse zu hören, die ihre Kriegs- und Notstandsvorbereitungen unter dem olympischen Mäntelchen verbergen wollte. Über eine Stunde lang zog Genosse Schmidt die Parallele von 1936 zu 1972, schilderte er die erstarkende antimilitaristische Bewegung, deckte er die Pläne der Bourgeoisie gegen sie auf und zeigte auf, wie allein unser Kampf gegen einen neuen imperialistischen Krieg erfolgreich sein kann: Nur unter den Losungen: ‘Krieg dem imperialistischen Krieg‘ und ‘Im Ernstfall dreht die Gewehre um!‘

Auf die Belehrung, er müsse dem Gericht zugewandt sprechen, entgegnete Genosse Schmidt: ‘Als angeklagter Kommunist fühle ich mich dem Volk gegenüber verantwortlich, Und das wird hier im Saal nun einmal nicht durch das Gericht, sondern durch die Öffentlichkeit vertreten, die alles, was sich hier abspielt, an die Arbeiterklasse weitertragen wird, die zur Zeit in den Fabriken schuftet, damit sie hier im Namen des Volkes ihr eigenes Recht sprechen können. Ich werde weiterhin so reden, dass mich die Öffentlichkeit versteht.’

Als der Genosse als Parallele zu den Nazi-KZs, die in den westdeutschen Gefängnissen ausgeübte Folter durch Isolationshaft nannte und auf den seit Wochen durchgeführten Hungerstreik der betroffenen Häftlinge verwies, wurde er vom Vorsitzenden aufgeregt zum Schweigen aufgefordert. Genosse Schmidt quittierte diese Unterbrechung dadurch, dass er die Unmenschlichkeit der Isolationsfolter nochmals bekräftigte.

Die ganze Verlogenheit der Anklage zeigte sich schon an dem Aufgebot an sogenannten Tatzeugen. Keiner von den angeblich 58 schwerverletzten Polizisten hatte ermittelt werden können. Statt dieser traten zivile Kripobeamte auf, die in der 3. Reihe unter den Zuschauern gestanden haben wollen. Den Angeklagten hatte allerdings keiner gesehen. Er wurde auf Grund von Fotografien verurteilt, auf denen die Staatsanwaltschaft sich einen herausgesucht hatte, den sie als Schmidt ausgab. Damit das Gericht nicht auf andere Gedanken komme, hatte sich die betreffende Person schon durch Pfeile gekennzeichnet.

Zu Komplex 2 der Anklage mussten die belastenden Polizeibeamten zugeben, das der ‘Täter‘ vom 2.9. Einen Oberlippenbart trug. Die Bestürzung des Gerichts war groß. Das ED - Photo, am selben Tag aufgenommen, zeigte nämlich einen Schmidt ohne jeden Bart. Nun ging die Rasiererei los: ‘War es denn ein richtiger Bart?‘, ‘Sah es vielleicht nur so aus, als wolle er sich einen Bart stehen lassen?‘, ‘Vielleicht halten Sie die mangelnde Rasur für einen Bart?‘, so wurde der Polizeizeuge vor Gericht bedrängt. Nach und nach machte er den Bart zwar kleiner, aber beide Polizisten blieben in Übereinstimmung dabei: Es war ein richtiger Oberlippenbart!

Hatte vor Wochen die Presse diesen Prozess noch als Hauptstück der Antikriegstagsprozesse angekündigt, jetzt schwieg sie peinlich berührt - dies war eine Propagandaveranstaltung der KPD/ML geworden. Während der Prozesstage konnte die Partei eine ganze Reihe neuer Sympathisanten und Interessenten gewinnen. Das mutige und entschlossene Auftreten des Genossen Schmidt hatte der Bourgeoisie die Schau genommen. Die Anwälte B. und C. hatten die wacklige Anklage juristisch völlig demoliert.

In seinem Plädoyer versuchte der Staatsanwalt diese Entwicklung zu ignorieren. Er forderte 3 Jahre und 6 Monate Gefängnis mit der Begründung: ‘Die verlogene und verbrecherische Ideologie der KPD/ML, die auch die Ideologie des Angeklagten ist, ist verantwortlich für eine Eskalation der Gewalt, will uns in völliges Chaos stürzen.‘

In seinem Schlusswort gab Genosse Schmidt die richtige Antwort auf diese Unverschämtheiten: Er zeigte auf, dass Kapitalismus Chaos ist, wie die herrschende Klasse mit massiver konterrevolutionärer Gewalt die Erhaltung dieses Chaos verteidigt. Er sagte:

‘Wir Kommunisten, die KPD/ML ist angetreten, um die Volksmassen aus ihren täglichen Kämpfen gegen dieses kapitalistische Chaos heraus zur endgültigen Abschaffung zu führen.‘

Er berichtete an Beispielen, wie das Leben der Werktätigen in den sozialistischen Staaten aussieht - das genaue Gegenteil von Chaos. Unter dem Beifall der Öffentlichkeit führte er aus: ‘Sogar die alten Volksfeinde, Ausbeuter und Bonzen, Polizeispitzel und Klassenrichter werden im Sozialismus kein Chaos, sondern äußerst geordnete Verhältnisse, in denen sie unter körperlicher Arbeit ihre Bereitschaft, dem Volke zu dienen, unter Beweis stellen können, Verhältnisse, in denen sie unter Aufsicht umerzogen werden!‘

Anschließend verteidigte der Genosse nochmals die Notwendigkeit der revolutionären Gewalt, eine Notwendigkeit, die die Arbeiterklasse und ihre Bündnispartner in ihren Kämpfen immer klarer erkennen.“

‘Mit ihren Urteilen können sie vielleicht 100 oder 1.000 Genossen für eine Zeit vom Klassenkampf fernhalten. Aber für jeden Genossen im Knast werden, das hat die Mobilisierung in diesem Prozess gezeigt, 10 neue Kämpfer aufstehen. Die KPD/ML wird nicht davon abzuhalten sein, für den Sozialismus zu kämpfen bis zum Sieg, für Verhältnisse, wo das Volk die Macht hat, das sich eigene Gerichte schafft, vor denen dann die wahren Verbrecher von heute sich verantworten müssen.‘

Gemessen an den Plänen der Klassenjustiz ist das Urteil von 18 Monaten ein erfolg unserer richtigen Prozessführung. Einerseits die konsequente juristische Entlarvung der Anklage, wie sie die Rechtsanwälte Becker und Croissant auf der Grundlage ihrer politischen Praxis durchführen konnten. Andererseits die politische Offensive in und außerhalb des Gerichtssaals.“

Es erscheint auch ein „Interview mit dem Genossen Schmidt!“

RM: Genosse Schmidt, der Staatsanwalt hatte gegen dich 3 ½ Jahre Gefängnis ohne Bewährung beantragt. Du solltest hinter Schloss und Riegel, weil du als Kommunist gefährlich für die herrschende Klasse bist. Obwohl das von Anfang an klar war, hast du nicht versucht, an das ‘Verständnis‘ des Gerichts zu appellieren, sondern hast es als deine Feinde offen bekämpft.

Genosse Schmidt: Man muss diese politischen Prozesse so sehen. Die Bourgeoisie bekommt von uns Schläge versetzt. Die Demonstration in München hat sie an ihrem Nerv getroffen. Darauf antwortet sie natürlich mit einem Gegenschlag. Sollen wir ihr jetzt eine Atempause gönnen, den Boden, den wir gewonnen haben, wieder preisgeben? Nein, der Schlag muss abgefangen, in einen Gegenschlag verwandelt werden. Nicht weil ich mich ‘reuig‘ gezeigt habe, ist das Urteil niedriger ausgefallen, als erwartet, sondern weil ich, unterstützt durch meine Anwälte, die Klassenjustiz in die Enge gedrängt habe.

RM: Das konnte auch jeder im Gerichtssaal sehen. Der Prozess war am Ende eine Veranstaltung der Partei, zu der die Bourgeoisie die Räume und die Schurken zur Verfügung gestellt hat. Aber noch einmal zur Strafe. Die Bourgeoisie versucht die Genossen damit zur ‘Vernunft’ zu rufen, dass sie doch aufhören sollen leichtfertig die schönste Zeit ihres Lebens aufs Spiel zu setzen. Die Revisionisten erzählen, dass die Partei vor allem die Jugend ans Messer liefern würde, dass unsere Aktionen den Terror der Polizei und Justiz provozieren würden.

Schmidt: Sicher finde ich das nicht schön im Knast zu sitzen. Aber habe ich denn wirklich die Wahl zwischen einem behüteten friedlichen Leben und einem ständig bedrohten? Nein! Nehmen wir den schlimmsten Fall, den Krieg. Soll ich warten, bis ich, bis meine Frau, meine Freunde dort abgeschlachtet werden? Wegen der Profit- und Machtinteressen von denen, die heute scheinheilig von meinem Recht auf Glück reden? Da ist es doch richtig, sein Leben bewusst einzusetzen, um dieses mörderische System zu zerschlagen.

RM: Genosse Schmidt, wie du hat die Mehrzahl der Demonstranten am 2.9. Gedacht. Zwei von ihnen, Genosse Baron und Genosse Bayer haben das bereits wie du vor Gericht bewiesen. Aber es sollen noch mehr vor Gericht gezerrt werden.

Schmidt: Damals sind 11 Personen festgenommen worden. Nicht gegen alle läuft ein Verfahren. Einen Italiener zum Beispiel meint die Bourgeoisie auch mit ständiger Abschiebdrohung unter Druck setzen zu können. Dafür sind andere auf Grund von Fotos angeklagt. Insgesamt hat die Staatsanwaltschaft noch 17 Verfahren angekündigt. Am schwersten ist der Genosse Haschemi betroffen. Haschemi ist persischer Staatsbürger. Wohnt aber seit seiner Geburt in Westdeutschland, spricht auch kein Wort persisch. Er ist wegen Teilnahme an Demonstrationen bereits aus seiner Lehrstelle geflogen. Die Behörden haben jetzt sein laufendes Einbürgerungsverfahren gestoppt, um ihn bei einer Verurteilung gleich abschieben zu können.

Seine Aufenthaltsgenehmigung ist abgelaufen. Er besitzt im Moment nur einen Fremdpass für drei Monate, in dem ausdrücklich vermerkt ist, dass er damit keine Arbeit bekommen kann. Was nun geplant wird, ist vorsätzlicher Mord. Denn was den Genossen in Persien erwartet, kann man sich ausrechnen. Die Partei, die Rote Hilfe, jeder muss dafür kämpfen, dass dieses Verbrechen verhindert wird.

RM: Wie steht die Bevölkerung in München heute zur Olympiade? Wie sieht es mit der Solidarität für die angeklagten Demonstranten des 2.9 aus?

Schmidt: Die Wut der Münchener auf den Olympia-Rummel ist größer als je zuvor. Was wurde ihnen damals nicht alles versprochen. Und heute? Das Millionenzeltdach zerfällt. Die Olympiahalle steht leer. Erst sollten es Sozialwohnungen werden. Jetzt sollen sie als Eigentumswohnungen verkauft werden, sind aber so teuer, dass sie keiner will. Diese Wohnungen stehen direkt gegenüber von großen Fabriken. Die Arbeiter aber müssen nach wie vor zig Kilometer anfahren. Doch der Kampf hat bereits begonnen.

Diese Wut der Münchener zeigte sich auch bei dem Prozess. Unter den Zuschauern waren viele, die auf Grund der Flugblätter gekommen waren. Einige haben uns ihre Adresse gegeben, wollen mit uns Kontakt aufnehmen.

RM: Genosse Schmidt, wir danken dir für das Interview. Vor allem aber dafür, dass du durch dein Beispiel gezeigt hast, wie Kommunisten kämpfen, auf der Straße und vor Gericht.”
Quelle: Roter Morgen Nr. 25/1973, Hamburg, S. 7.

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04.08.1973:
Im „Roten Morgen“, Nr. 30/1973, erscheint auch eine „Solidaritätsadresse für den Genossen Schmidt“ vom „Arbeitergesangverein Marburg“. Es heißt:

„Der Arbeiter-Gesang-Verein Marburg sendet dem Genossen Schmidt seine solidarischen Grüße. Die Klassenjustiz hat Dich zu 1½ Jahren Knast verurteilt, ohne einen Funken eines Beweises. Was hast Du verbrochen? Du wurdest angeklagt, Kommunist zu sein. Es ging nicht darum, Dir eine ‘strafbare‘ Handlung nachzuweisen, sondern der ganze Prozess zeigte, dass es, notfalls auch mit Gewalt, darum geht, zu verhindern, dass Du Dich für Deine Klasse einsetzt. Doch Deine Verurteilung wird die Kollegen nicht davon abhalten, in immer größerer Zahl Deinen Kampf fortzusetzen und siegreich zu Ende zu führen.

Wir sitzen heute wie jeden Freitag hier zusammen, um die alten und neunen Kampflieder der Arbeiterklasse zu singen und darüber zu diskutieren, um auch auf diesem Gebiet den Klassenkampf voranzutreiben. Und so unterstützen wir auch Dich in Deinem Kampf vor Gericht. Wir rufen Dir die Zeilen aus dem Lied ‘Resolution der Kommunarden‘ zu:

‘In Erwägung unserer Schwäche machtet
Ihr Gesetze, die uns knechten solln,
Die Gesetze seien künftig nicht beachtet,
In Erwägung, dass wir nicht mehr Knecht sein wolln.

In Erwägung, Ihr hört auf Kanonen-
andere Sprache könnt ihr nicht versteh-
müssen wir dann eben, ja das wird sich lohnen,
die Kanonen auf Euch drehn.“
Q: Roter Morgen Nr. 30/1973, Hamburg, S. 7.

15.09.1973:
Laut „Roter Morgen“, Nr. 36/1973, richtet der „Marburger-Arbeiter-Gesangsverein“ eine „Solidaritätsadresse an den Genossen Uli Kranzusch“. Dort heißt es:

„Im Kampf gegen den Besuch des Faschisten Thieu hast Du in vorderster Front gestanden und gezeigt, auf welcher Seite das westdeutsche Volk steht, nämlich auf der Seite des um seine Freiheit kämpfenden vietnamesischen Volkes.

Der rote Antikriegstag in München, die Rathausbesetzung in Bonn zeigen ganz klar: Nicht die Bourgeoisie, sondern die Arbeiterklasse ist in der Offensive. So sind auch die Terrorurteile gegen die Genossen Schmidt und Baron vom roten Antikriegstag und Deine Einkerkerung ein Zeichen der Schwäche des westdeutschen Imperialismus.

Der Marburger-Arbeiter-Gesangsverein schickt Dir solidarische Grüße. Eines unserer revolutionären Lieder, das wir immer wieder singen, zeigt den einzig richtigen Weg im antiimperialistischen Kampf … ‘Ho-Chi-mins Worte zeigen den Weg - Vietnam - Deutschland Hand in Hand, Klassenkampf im eigenen Land!“
Q: Roter Morgen Nr. 36/1973, Hamburg, S. 8.

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03.11.1973:
Laut „Roter Morgen“, Nr. 43/1973, hat die „Klassenjustiz Dieter V. angeklagt. Sie schrecke „vor keiner noch so fadenscheinigen ‘Beweisführung‘ zurück, wenn es gilt, aufrechte Kommunisten hinter Gitter zu bringen“.

Dieter V. hat sie angeklagt, „wegen ‘Landfriedensbruch‘ und ‘Teilnahme an einer verbotenen Demonstration‘. Gemeint ist der Rote Antikriegstag 1972 in München. Einziger ‘Beweis‘: Ein Foto, das sie angeblich vor dem Genossen haben will. Was von solchen Fotos zu halten ist, hat schon der Prozess gegen den Genossen Schmidt gezeigt. Damals karrte der Staatsanwalt zig Fotos an- auf keinem war der Genosse Schmidt nicht zu identifizieren. Trotzdem galten sie als ‘Beweismaterial‘.“
Q: Roter Morgen Nr. 43/1973, Hamburg, S. 7.

24.05.1975:
Im „Roten Morgen“, Nr. 21/1975, heißt es in „Kampf der bürgerlichen Klassenjustiz“ unter Karlsruhe:

„Die Revision des Genossen Georg Schmidt gegen das Urteil des Landgerichts, das ihn zu 12 Monaten Gefängnis ohne Bewährung (Verschreiber des „Roten Morgen“, muss heißen: 18 Monate Gefängnis, d. Vf.) wegen seiner Teilnahme an der Roten Antikriegstagsdemonstration 1972 verurteilt hatte, ist abgelehnt worden. Auch Genosse Schorsch muss deshalb jetzt mit seiner Aufforderung zum Strafantritt rechnen.“
Q: Roter Morgen Nr. 21/1975, Dortmund, S. 6.

05.06.1975:
In Frankfurt beteiligen sich, nach eigenen Angaben, rund 120 Personen an einer Veranstaltung der OG der KPD/ML gegen den Prozess gegen Georg Schmidt (Programmierer bei Hoechst), der wegen dem Roten Antikriegstag (RAKT) 1972 in München zu 2 Jahren Haft verurteilt wurde.
Q: Roter Morgen Nr. 26, Dortmund 28.6.1975.

05.06.1975:
Bei Cassella Frankfurt gibt die KPD/ML ein Extrablatt ihres 'Roten Kessel' (vgl. Juni 1975, 26.8.1975) heraus unter der Schlagzeile "18 Monate Gefängnis weil er Kommunist ist. Erklärung des Genossen Georg Schmidt", der wegen dem RAKT 1972 verurteilt wurde. Aufgerufen wird zur Abschiedsveranstaltung am 5.6.1975 im Bürgerhaus Sindlingen.
Q: Der rote Kessel Extrablatt 18 Monate Gefängnis weil er Kommunist ist. Erklärung des Genossen Georg Schmidt, Frankfurt Juni 1975

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Juli 1975:
Die KPD/ML gibt bei Hoechst Frankfurt ein Extrablatt "Freiheit für Schorsch Schmidt. Freiheit für alle politischen Gefangenen!" ihrer 'Rot Front!' (vgl. März 1975, 1.4.1976) heraus zu der Verurteilung von Schmidt, "der über ein Jahr als Programmierer in der ADV bei Hoechst gearbeitet hatte", zu 18 Monaten Haft wegen dem Roten Antikriegstag (RAKT) 1972 in München. Der Haftantritt war am 2.6.1975, bei Hoechst wurde Schmidt entlassen. Eine Solidaritätsveranstaltung besuchten rund 130 Mensche. Gesammelt wurden weit über 1 000 DM an Spenden.
Q: Rot Front! Extrablatt Freiheit für Schorsch Schmidt. Freiheit für alle politischen Gefangenen!, Frankfurt Juli 1975

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September 1975:
In „Die Rote Garde“, Zeitung der Roten Garde, Jugendorganisation der KPD/ML, Sondernummer, wird auch eine „Grußadresse des Genossen Schorsch“ (Hans-Georg Schmidt, d. Vf.) zum „Jugendkongresses der Roten Garde am 30. und 31. August in der Stadthalle Offenbach“ veröffentlicht:

„Von den Genossen, die wegen ihres mutigen Kampfes am Roten Antikriegstag 72 im Gefängnis sitzen, die revolutionären Kampfesgrüße an den RG - Kongress. Ihr besonderer Gruß gilt dem Genossen Sascha, sie haben für ihn per Fleurop einen Strauß roter Nelken bestellt.

Grüße aus dem Gefängnis an unseren Genossen Sascha. Auch wenn Dich die Bourgeoisie in den Untergrund gezwungen hat, so bist Du doch stets mitten unter uns. Ob in München, ob in Kiel, ob in Köln oder Berlin: Mehr als 20. 000 haben sich für die Aushändigung Deines deutschen Passes eingesetzt und sie werden sie erkämpfen. Im Herzen Deiner Mitverurteilten hast Du einen festen Platz und wir denken oft an Dich - auch im Gefängnis.

Für die Gefangenen des Roten Antikriegstages, Schorsch (z. Zt. Im Gefängnis in Schwalmstadt).“
Q: Die Rote Garde Nr. 6/1975 (Sondernummer), Dortmund, S. 20.

27.09.1975:
Im „Roten Morgen“, Nr. 39/1975, heißt es in der Rubrik „Kampf der bürgerlichen Klassenjustiz“: „Weitere Repressalien gegen die gefangenen Kämpfer des Roten Antikriegstags.“ Ausgeführt wird:

„Wie ihm bereits angedroht wurde, ist Genosse Hubert Lehmann aus der Haftanstalt Niederschönfeld verlegt worden. Er befindet sich momentan auf dem Schub nach Aichach bei Augsburg.

Genosse Bernd Reiser wird - wie schon Genosse Hubert - in der Haftanstalt Ebrach weitgehend isoliert. Er bekam weder die Karten vom Roten Antikriegstag, er bekommt keinerlei Post aus Dortmund keinerlei Post, die keinen Absender enthält. Genossen, die ihn besuchen, durften ihm keine Bücher mitbringen. Der Besuch fand auch nicht im normalen Besuchsraum statt, sondern in einem Extraraum. Ein Aufseher mit Papier und stift saß während der gesamten Besuchszeit dabei.

Die Bedingungen in dem Gefängnis, in dem Bernd jetzt ist, sind sehr schlecht. Erst kürzlich ist ein Gefangener von anderen Gefangenen aufgehängt worden! Genosse Bernd ist momentan in einer Einzelzelle.“

Unter „Wichtig“ heißt es:

„Da uns im letzten Roten Morgen bei der Angabe der Adresse der gefangenen Genossen leider Fehler unterlaufen sind, drucken wir die Adressen hier noch einmal ab:

-Hubert Lehmann, z. Zt. Auf dem Schub nach Aichach
-Bernd Reiser, 8602 Ebrach, Justizvollzugsanstalt
-Peter Bayer, Darmstadt, Justizvollzugsanstalt
-Hans-Georg Schmidt, 3578 Schwalmstadt, Justizvollzugsanstalt, Paradeplatz 5.“
Q: Roter Morgen Nr. 39/1975, Dortmund, S. 8.

18.10.1975:
Laut „Roter Morgen“, Nr. 42/1975, schreibt Genosse Schmidt aus dem Gefängnis: „Der Kampf geht weiter.“

‘… Die meiste Post habe ich kurz nach dem Roten Antikriegstag bekommen und aus jeder Zeile sprach die große Begeisterung, über diese kraftvolle Veranstaltung unserer Partei. Durch diese lebendige Berichterstattung konnte ich mir aus der Zelle heraus ein Bild von der Demonstration und dem Rote-Garde-Kongress machen. Ich möchte allen, die auf diese Weise geholfen haben, die Isolierungsversuche der Justiz zu durchbrechen, nochmals recht herzlich danken. Besonders gefreut habe ich mich über die Kundgebung der Ortsgruppe Marburg der RHD vor dem Schwalmstädter Gefängnis …‘

Abschließend heißt es in seinem Brief: „‘… Der Kampf geht weiter, mögen sich die Bedingungen ändern wie sie wollen. Und Euer unablässiger Einsatz an den Hauptfronten des Klassenkampfes erinnert mich täglich daran, auch an der Nebenfront im Gefängnis nicht nachzulassen. In gleicher Weise bestätigt mich die Tatsache, dass die albanischen Genossen des Jugendverbandes an der Mittelschule von Elbasan eine Partnerschaft für mich übernommen haben. Bei allem habe ich ein leuchtendes Vorbild vor Augen, dem ich mit allen Kräften nacheifern will …‘

Schreibt an die politischen Gefangenen: Johannes Schmid, 611 Dieburg, Altstadt 25; Hubert Lehmann, 889 Aichach, Jugendvollzugsanstalt; Bernd Reiser, 8602 Ebrach, Justizvollzugsanstalt, Peter Bayer, Darmstadt, Jugendvollzugsanstalt.“
Q: Roter Morgen Nr. 42/1975, Dortmund, S. 8.

15.11.1975:
Laut „Roter Morgen“ Nr. 46/1975, droht Marianne Schmidt, die Frau von Schorsch Schmidt, Referendarin an einer Schule für lernbehinderte Kinder in Bad Vilbel, der bei der Demonstration zum „Roten Antikriegstag 1972“ verhaftet worden war, und „im Prozess zu 18 Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt“ worden war, die Entlassung. Der Darmstädter Regierungspräsident soll ihr mitgeteilt haben, „dass das Kultusministerium nicht beabsichtigt, sie nach bestandener zweiter Prüfung als Lehrerin einzustellen“.
Q: Roter Morgen Nr. 46/1975, Dortmund, S. 4.

Dezember 1975:
In der „Roten Hilfe - Zeitung der Roten Hilfe Deutschlands“, Nr. 9/1975, erscheint der Artikel: „Kundgebung vor dem Gefängnis.“ Danach fand am 30. August 1975, von der Ortsgruppe Marburg der RH zusammen mit der KPD/ML organisiert, „vor dem Gefängnis in Treysa für Schorsch Schmidt eine Kundgebung“ statt.

„Diese Kundgebung hat dazu beigetragen, dass die Genossen hinter den Gefängnismauern, die am Roten Antikriegstag 1972 in München revolutionär gekämpft haben, nicht von den Massen und den Klassenkämpfern außerhalb isoliert werden, wie es die Bourgeoisie mit ihren Terrorurteilen durch die bürgerliche Klassenjustiz erreichen will.

Dies kam auch in einer kurzen Rede zum Ausdruck, in der alle Umstehenden darüber informiert wurden, dass sich die Gefängniszellen wieder mit politischen Gefangenen füllen, die aufgrund ihrer revolutionären Gesinnung verurteilt werden, so auch Genosse Schorsch, der wegen der Teilnahme an der Demonstration in München 1972 zu 1 ½ Jahren Gefängnis verurteilt worden ist. Über diese Tatsache empörte sich auch ein Schüler, der die Kundgebung verfolgte und ein Flugblatt, das verteilt wurde, entgegennahm. Er sagt, dass er in der Schule darüber berichten und in seiner Klasse das Flugblatt diskutieren wolle. Viele Gefangen kamen an die Gitterfenster, hörten die Kundgebung und ballten ihre Fäuste zum Gruß.“
Q: Rote Hilfe Nr. 9/1975, Dortmund.

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20.12.1975:
Im „Roten Morgen“, Nr. 51/1975, heißt es in der Rubrik „Kampf der bürgerlichen Klassenjustiz“ unter Dieburg:

„Aus Dieburg erreichte uns vor kurzem ein Brief des Genossen Schorsch (vermutlich Schorsch Schmidt, der wegen seiner Teilnahme am „Roten Antikriegstag 1972“ verhaftet worden war, d. V f.). Danach sitzt er schon „seit zwei Monaten“ ein. Seine „Strafvollzugsaussetzung“ sei „endgültig auf den St. Nimmerleinstag verschoben worden“.

Eine „Protestresolution“ aus dem Butzbacher Gefängnis, die von „zehn Gefangenen unterzeichnet“ war, soll Marianne, die Frau von Hans-Georg Schmidt, erhalten haben.
Q: Roter Morgen Nr. 51/1975, Dortmund, S. 7

11.06.1976:
Nach der „Roten Hilfe - Zeitung der Roten Hilfe Deutschlands“, Nr. 7/1976, ist Schorsch Schmidt, der am Roten Antikriegstag 1972 in München verhaftet worden war, am 11.6. „nach Verbüßung von 2/3 der 18-monatigen Gefängnisstrafe auf Bewährung entlassen worden“.

Die Bewährungszeit für 6 Monate beträgt 3 Jahre.
Q: Rote Hilfe Nr. 7/1976, Dortmund, S. 6.

12.06.1976:
Im „Roten Morgen“ Nr. 24/1976, erscheint ein Interview mit dem Genossen Schmidt. Darin heißt es:

„Weil der Genosse Schorsch Schmidt am Roten Antikriegstag 1972in München gegen den imperialistischen Krieg demonstrierte, wurde ihm im Juni 1973 der Prozess gemacht. Erst ein Jahr später erging das Urteil: 18 Monate Gefängnis ohne Bewährung. Gegen dieses Terrorurteil legte Schorsch damals Revision ein. Sie wurde abgelehnt. Juli 1975 wurde Schorsch von der Polizei geholt und ins Gefängnis geworfen. Fast ein Jahr später, im Mai 1976, bekam Schorsch nach mehrmaligen Anträgen eine Woche ‘Sozialurlaub‘. Während dieses Urlaubs sprachen wir mit dem Genossen Schorsch.

RM: Genosse Schorsch, wie kam es zu diesem ‘Sozialurlaub‘?

Gen. Schorsch: Auf diesen ‘Sozialurlaub‘ hat man keinen Rechtsanspruch, er ist nur auf dem ‘Gnadenweg‘ möglich. Er kann sich im Jahr auf bis zu 18 Tage erstrecken, alle drei Monate kann man ihn beantragen. Bei mir selbst wäre es das erste Mall im September letzten Jahres möglich gewesen. Dieser Antrag wurde ohne Begründung abgelehnt. Die dachten: ‘… den lassen wir schmoren …‘

Dann hatte ich einen neuerlichen Antrag für April gestellt. Dieser Antrag wurde von der Gefängnisleitung in Dieburg verschlampt. Sofort legte ich natürlich Beschwerde ein, worauf diesmal der ‘Sozialurlaub‘ genehmigt wurde. Man muss hier noch hinzufügen, dass dieser Sozialurlaub keineswegs eine ‘menschliche‘ Seite der Gefängnisleitung darstellt, sondern vielmehr ein äußerst starkes Druckmittel. Mit diesem Köder wird eine ungeheure Spaltung unter den Gefangenen betrieben. Jeder soll sich nach diesem Urlaub reißen, jeder soll kuschen vor der Gefängnisleitung, nu um den Urlaub zu kriegen. Auf diese Weise stellt der ‘Sozialurlaub‘ Zuckerbrot und Peitsche dar.

RM: Wie war das, Schorsch, der erste Tag außerhalb des Gefängnisses?

Gen. Schorsch: Eine gute Sache. Ich konnte so richtig wieder neue Energie schöpfen. Jeder Leser des RM kann sich natürlich vorstellen, dass ich einen sehr großen ‘politischen Nachholbedarf‘ hatte. Gleich am ersten Abend war ich mit meiner Frau zu Besuch auf einer Veranstaltung der KPD/ML in Offenbach. Überhaupt war der Empfang durch die Genossen überall äußerst herzlich. Was mich selbst mit großer Freude erfüllte, waren die zählbaren Erfolge der Ortsgruppe Frankfurt/Main. Sehr viele Genossinnen und Genosse kannte ich nicht.

RM: Gen. Schorsch, was machst Du im Gefängnis?

Gen. Schorsch: Zuerst einmal, bevor ich auf diese Frage eingehe, möchte ich mich herzlich bei all denjenigen bedanken, die mir geschrieben haben. Es ist kaum zu glauben, aber ich habe in dieser Zeit 2. 000 Briefe und Karten erhalten, allein 300 vom Roten Antikriegstagskongress aus Offenbach. Um auf diese Frage zurückzukommen: Ich nutze die Zeit, um neue Kenntnisse zu bekommen. So habe ich mittlerweile einigermaßen Französisch gelernt, jetzt habe ich mit Spanisch angefangen. Aber auch beruflich versuche ich, mich fit zu halten. Außerdem habe ich Übersetzungen aus dem Englischen gemacht, auch versuche ich, Artikel für den Roten Morgen zu schreiben. Die politische Arbeit im Knast selbst ist ein zweischneidiges Schwert. Da gibt es die größten Ganoven, aber auch einige ganz gute Leute. Ich selbst genieße einiges Vertrauen unter den Gefangenen und halte einen guten politischen Kontakt zu ihnen. Auf diese Weise besteht ein reges Interesse am Roten Morgen, für die ‘Revolution jedoch kann man im Gefängnis niemanden gewinnen. Öfters gebe ich den anderen Gefangenen auch Rat, wenn es rechtliche Schwierigkeiten gibt o. ä.

RM: Wie geht‘s jetzt weiter?

Gen. Schorsch: Spätestens am 12. Dezember 1976 ist meine Entlassung. Natürlich stelle ich den Antrag, vorzeitig herauszukommen. Dies kann man, wenn 2/3 der Zeit um sind. Sollte mein Antrag Erfolg haben, dann wäre ich am 13. Juni wieder draußen. Der Bescheid ist in den nächsten 14 Tagen zu erwarten. Sollte er abgelehnt werden, werde ich natürlich sofort von meinem Beschwerderecht Gebrauch machen. Dies müsste dann durch politische Schritte unterstützt werden.

RM: Wir hoffen, dass Dein Kampf um vorzeitige Entlassung erfolgreich wird, und wir werden Dich in diesem Kampf weiter unterstützen.“
Q: Roter Morgen Nr. 24/1976, Dortmund, S. 6.

19.06.1976:
Laut „Roter Morgen“, Nr. 25/1976, ist „Genosse Georg Schmidt, der seit dem 15. Juli 1975 wegen seiner Teilnahme am Roten Antikriegstag 1972 im Gefängnis sitzt, aus der Haft entlassen worden. Die Reststrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt“.
Q: Roter Morgen Nr. 25/1976, Dortmund, S. 7.



Letzte Änderungen: 16.10.2018

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