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Otto Schily

Beiträge zur Biographie 1972 bis 1981

Von Jürgen Schröder, Berlin, 20.4.2005


Wie immer ganz ohne Anspruch auf Vollständigkeit werden hier einige Stationen des Leidensweges einer linken Legende der Bundesrepublik Deutschland beschrieben. Während die Zeiten des SDS und der SPD hier ausgespart bleiben, sehen wir Otto Schily als erstes als bei der Vertretung oppositioneller Betriebsgewerkschafter aktiven Rechtsanwalt in Berlin (vgl. 1.3.1972) wobei ihm bereits die Nähe zu führenden Vertretern der Roten Armee Fraktion (RAF) angelastet wird.

Eben die Unterstützung der RAF ist wenig später mutmaßlich Inhalt des Ermittlungsverfahrens gegen Otto Schily, wogegen u. a. die NGBK protestiert (vgl. 26.6.1972).

Mutmaßlich umgehend wird, u.a. mit Beteiligung der KPD bzw. Unterstützung ihres Rote Hilfe Komitees (RHK - vgl. 6.6.1973), ein Solidaritätskomitee für Otto Schily gegründet (vgl. 28.6.1972), welches in Berlin aktiv wird (vgl. 29.6.1972, 6.9.1972) und auch in Bonn (vgl. 28.6.1972) und Stuttgart (vgl.1.7.1972) wird für Otto Schily demonstriert.

Otto Schily ist einer der prominenten Aufrufer für die Vietnamdemonstration am 14.1.1973 in Bonn und verteidigt wenig später Horst Mahler im Berliner RAF-Prozess (vgl. 7.3.1973, 15.11.1974, 19.11.1974).

Otto Schily erscheint dann als mutmaßliches Mitglied des Aktionskomitees zur Verteidigung demokratischer Grundrechte (vgl. Juni 1976) und ist vermutlich weiterhin mit der Verteidigung Horst Mahlers befasst (vgl. 1.9.1976) sowie auch mit der von weiteren mutmaßlichen Angehörigen der RAF (vgl.- 8.1.1977) und wird in diesem Zusammenhang mutmaßlich von den Maßnahmen gegen verschiedene linke Rechtsanwälte (vgl.24.1.1977) betroffen.

Im Jahre 1980 sehen wir Otto Schily in einer - zumindest für die Berichterstattung des KB - wohl eher zwielichtigen Rolle bei der Genese der Grünen (vgl. 21.6.1980), zu deren führenden Aktivisten er mutmaßlich rechnet, was sich an seinen Stimmenergebnissen bei der Vorstandswahl zu zeigen scheint.

Gegen Ende 1980 gehört Otto Schily, nach den Berichten des KB - mutmaßlich bereits innerhalb der Berliner Grünen nicht mehr zu den Linken, sondern zu einer sog. Mittelgruppe, die den Linken aus der Alternativen Liste (AL) Widerstand leistet.

Nach der Vereinigung der AL mit den Grünen kandidiert Otto Schily dann mutmaßlich doch für die AL (vgl. 4.3.1981).


Auszug aus der Datenbank "Materialien zur Analyse von Opposition" (MAO)

18.03.1972:  Die KPD (vgl. 7.4.1972) berichtet u.a.:"
DELEGIERTEN-HAUPTVERSAMMLUNG DER IG-CHEMIE, PAPIER, KERAMIK, IN WESTBERLIN, 18.3.1972

MANIPULATION UND HETZE ...

Im Beisein von Schütz und Sickert, die sich gegenseitig gute Noten dafür erteilten, daß SPD-Senat und Gewerkschaftsführung statt der Interessen der Kollegen die des Monopolkapitals vertreten, gab Kolitsch (Geschäftsführer der IG-CPK) einen Geschäftsbericht. Darin versuchte er den verräterischen Abschluß der letzten Tarifrunde (CTR - vgl. S6.7.1971,d*Vf.) herunterzuspielen, indem er auf eine objektiv schwierige Situation hinwies, die bestanden habe. Eine Kritik an der Lohnpolitik sei völlig fehl am Platz - er meinte offenbar unzulässig, denn die Vertrauensleute von Schering-Müllerstraße, die Kritik geübt hatten, wurden kurzerhand suspendiert.

Um nicht zu der Empörung der Schering-Kollegen gegen die Art der Aufstellung und 'Wahl' der neuen Kandidaten Stellung nehmen zu müssen, griff er das Vorgehen fortschrittlicher Gewerkschafter an, gegen diese Kandidatenliste eine gerichtliche Verfügung zu erreichen. Tatsache ist, daß die inzwischen von 200 Kollegen unterstützte Forderung nach Wiederholung der Kandidatenwahl von Arbeiterverräter Kolitsch ignoriert wird, der stattdessen die Jugendgruppe (JG,d.Vf.) beschimpft und ihr vorwirft, sie sie mit der KPD zu verwechseln - als Grund dafür nannte er Forderungen, z.B. zum 1.Mai, die bei vielen Kollegen auf Zustimmung gestoßen sind. Kolitschs letzte Weisheit lautet, die Vertrauensleuteversammlung sei 'souverän' gewesen und habe mit 43 zu 35 Stimmen entschieden (RF 39).

Einen Schlußpunkt wollte DGB-Landesvorsitzender Sickert unter diesen Fall von Wahlbetrug setzen, indem er - weil ihm Argumente gegen die Notwendigkeit eines gerichtlichen Vorgehens gegen diesen Schwindel fehlten - den beauftragten Rechtsanwalt Schily diffamierte, weil er öffentlich keine Aufträge bekäme, weil er mit RA Mahler (RAF,d.Vf.) zusammengearbeitet habe."
=Rote Fahne Nr.40,Dortmund 7.4.1972,S.3 und 6

26.06.1972:  Die KPD (vgl. 5.7.1972) zitiert vermutlich aus dieser Woche die NGBK:"
Aus der Presseerklärung von:

Präsidium und Koordinationsausschuß der Neuen Gesellschaft für bildende Kunst

Der Generalbundesanwalt Martin hat gegen den Rechtsanwalt Otto Schily wegen 'Mitgliedschaft und Unterstützung einer kriminellen Vereinigung' (Baader-Meinhof-Gruppe (RAF,d.Vf.)) ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Für diese Anschuldigungen sind keine Beweise vorgelegt worden und deshalb gibt es für dieses Vorgehen keine rechtsstaatliche Legitimation (...)

Die Maßnahmen gegen Otto Schily erklären sich im Zusammenhang mit den Äußerungen von Generalbundesanwalt Martin, dem sozialdemokratischen Innensenator in Hamburg, Ruhnau, und Bildzeitungskolumnist Boehnisch, daß es jetzt darauf ankomme, eine angebliche Zusammenarbeit linker Rechtsanwälte (RA,d.Vf.) mit der Baader-Meinhof-Gruppe aufzudecken. (...)

Dieser Versuch der Kriminalisierung gliedert sich nahtlos ein in die Rufmordkampagne gegen Intellektuelle, gegen Heinrich Böll in der Bundesrepublik und Helmut Gollwitzer in West-Berlin, die nichts anderes getan haben, als die gezielte Hysterie um die Baader-Meinhof-Gruppe (...) (zu) entlarven (...)

Wir als Mitglieder der Neuen Gesellschaft für bildende Kunst, deren Schriftführer Otto Schily ist, wenden uns mit aller Schärfe gegen die um sich greifende Hetze gegen Intellektuelle und gegen Gesetze, welche es ermöglichen, gegen mißliebige Personen und Organisationen jederzeit vorzugehen.

Wir rufen dazu auf, sich dem Solidaritätskomitee Otto Schily anzuschließen. Wir wehren uns gegen den Abbau demokratischer Rechte und fordern die unverzügliche Wiederherstellung der anwaltschaftlichen Rechte für Otto Schily."
=Rote Fahne Nr.50,Dortmund 5.7.1972,S.5

28.06.1972:  Die KPD gibt die Nr.49 ihrer 'Roten Fahne' (vgl. 21.6.1972, 5.7.1972) heraus, in der sie u.a. über die Gründung des Solidaritätskomitees für Rechtsanwalt Schily berichtet.
=Rote Fahne Nr.49,Dortmund 28.6.1972

28.06.1972:  KPD und KSV rufen zu einer Solidaritätsdemonstration in Bonn für Otto Schily (gegen den am 19.6. wegen der Verteidigung von Gudrun Ensslin (RAF) ein Ermittlungsverfahren wegen "Verdacht der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung" eingeleitet wurde) auf.

Die KPD (vgl. 5.7.1972) berichtet als Bildunterschrift:"
Auf dem Bonner Münsterplatz veranstaltete die KPD am 28.Juni eine Kundgebung gegen die Angriffe der SPD/FDP-Regierung auf fortschrittliche Rechtsanwälte. Einige hundert Teilnehmer unterstützten einen Protestaufruf des Solidaritätskomitees für Schily. Ein Jugendvertreter der IG-Metall (IGM,d.Vf.) wies auf den Zusammenhang hin, der besteht zwischen den Polizeimanövern, den Anschlägen auf fortschrittliche Rechtsanwälte und der Ausschlußpolitik (UVB,d.Vf.) der Gewerkschaftsführungen. Auf dem belebten Platz kam es während und nach der Kundgebung immer wieder zu Diskussionsgruppen."

Solidarität wird geübt mit den Aktionen südvietnamesischer Studenten in Bonn (vgl. 28.6.1972).
=Rote Presse Korrespondenz Nr.174,Berlin **.*.1972,S.*;
Rote Fahne Nr.50,Dortmund 5.7.1972,S.1 und 3


29.06.1972:  In Berlin findet, laut und mit KPD/ML-ZB, eine Veranstaltung des Solidaritätskomitees für Rechtsanwalt Schily statt.
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.45,Bochum 12.7.1972

01.07.1972:  Die KPD (vgl. 5.7.1972) berichtet u.a.:"
STUTTGART:

Demonstration gegen den Polizeiterror

- Öffentliche Verurteilung des Polizeimordes - Bestrafung der Täter und ihrer Hintermänner!
- Sofortige Wiedereinsetzung der Rechtsanwälte (RA,d.Vf.) Croissant, Lang und Schily in ihre Rechte als Verteidiger!
- Einstellung der Ermittlungsverfahren gegen Verteidiger politischer Gefangener!
- Kampf dem Abbau der demokratischen Rechte des Volkes!

Unter diesen Parolen demonstrierten am vergangenen Samstag in Stuttgart 250 Menschen anläßlich der Ermordung des Engländers (Briten - vgl. 25.6.1972,d.Vf.) McLeod. Aufgerufen hatten zu dieser Demonstration die KPD und verschiedene andere politische Organisationen."
=Rote Fahne Nr.50 und 52,Dortmund 5.7.1972 bzw. 19.7.1972,S.5 bzw. S.*

06.09.1972:  Die Nr.59 der 'Roten Fahne' (vgl. 30.8.1972, 13.9.1972) der KPD erscheint. In Berlin beteiligten sich 300 an der Kundgebung gegen den Ausschluß Otto Schilys von der Verteidigung Gudrun Ensslins.
=Rote Fahne Nr.59,Dortmund 6.9.1972

09.01.1973:  Zur Vietnamdemonstration in Bonn am 14.1.1973 rufen, laut einer in Dortmund verbreiteten Liste neben vielen Organisationen auch folgende 83 Einzelpersonen auf: ...
47. Rechtsanwalt (RA) Schily"
=N.N.:Aufruf Vietnam-Demonstration am 14.1.1973 in Bonn,Dortmund o.J. (Jan. 1973),S.2

07.03.1973:  Die Nr.10 der 'Roten Fahne' der KPD (vgl. 28.2.1973, 14.3.1973) erscheint. Rechtsanwalt Otto Schily äußert sich zum Mahlerprozeß.
=Rote Fahne Nr.10,Dortmund 7.3.1973

06.06.1973:  Die KPD gibt ihre 'Rote Fahne' (RF) Nr.23 (vgl. 29.5.1973, 13.6.1973) heraus.
Das Rote Hilfe Komitee (RHK) habe sich für die RAF u.a. mit Hilfe des Hafthilfeausschusses, des Mahlerausschusses und des Schilykomitees eingesetzt.
=Rote Fahne Nr.23,Dortmund 6.6.1973

22.01.1974:  Die Initiative Braunschweig für freie politische Betätigung gibt die Nr.1 ihrer 'Diskussionspapiere' heraus:"
Aufgabe der Initiative ist es, breite Bevölkerungsteile über diese Entwicklungen zu informieren, aufzuklären und ihnen eine organisatorische Form anzubieten, die es gestattet, den Falschdarstellungen und auch Verleumdungen entgegenzutreten, denen nicht nur der KSV ausgesetzt ist, wie die Diffamierung der Conföderation Iranischer Studenten – Nationalunion (CISNU (Nationale Union,d.Vf.)) als 'terroristische Organisation' beweist, oder, wie die absurden Angriffe auf den aufrechten Demokraten Professor Dr. Gerhard Bauer zeigen. Prof. Bauer ist Inhaber des Lehrstuhls für Neuere Deutsche Philologie an der Freien Universität Berlin (FUB,d.Vf.) und Preisträger der Göttinger Akademie der Wissenschaften. Er hat sich aktiv eingesetzt für die Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung der türkischen Mitglieds der Streikleitung bei Ford in Köln (IGM-Bereich,d.Vf.), für die Wiedereinsetzung Otto Schilys in seine Rechte als Verteidiger, gegen den Abbau der demokratischen Rechte, wie sie in den neuen Hochschulgesetzen und -plänen zum Ausdruck kommen (so hat sich Prof. Bauer gegen den Löffler-Plan in West-Berlin ausgesprochen). Gezielt versucht nun die 'Notgemeinschaft für eine freie Universität' (NoFU) - das Westberliner Gegenstück zum 'Bund Freiheit der Wissenschaft' (BFdW) - die Entfernung von Prof. Bauer von der Freie Universität mithilfe von Diffamierungskampagnen durchzusetzen."
=Initiative Braunschweig für freie politische Betätigung:Diskussionspapiere Nr.1,Braunschweig 22.1.1974

15.11.1974:  Der Landesverband Westberlin der RH der KPD/ML (vgl. 22.11.1974) berichtet vom Bäcker-, Mahler- und Meinhof- bzw. RAF-Prozeß (vgl. 12.11.1974, 18.11.1974):"
PROZESSBERICHT VOM 15.11.: ...

An diesem Tag sollten die Zeugen Büsgen und der Verhörspezialist der Sicherungsgruppe Bonn Zimniak aussagen.

Büsgen verweigerte die Aussage, dafür bekam er 500 DM Ordnungsstrafe - im weiteren Verlauf des Prozesses sagte er dann doch aus und bestätigte die Aussagen der anderen Entlastungszeugen. Aber das Gericht nahm die Ordnungsstrafe nicht zurück. Daraufhin brach Büsgen die Vernehmung ab und beschimpfte das Gericht als 'Arschlöcher, alter Misthaufen' u.ä.

Dafür bekam er nochmals 500 DM und drei Tage Ordnungsstrafe. Danach kam Zimniak, der die Vernehmungen von Ruhland geleitet hatte, an die Reihe.

Er machte vor allem zu den Vernehmungszeremonien der Sicherungsgruppe Bonn Angaben. Er führte u.a. aus, daß Ruhland keinerlei Zuwendungen über den üblichen Rahmen hinaus erhalten hat. Er sagte konkret, daß er höchstens mal eine Tasse Kaffee oder eine Zigarette erhalten hätte.

Auf Vorhalt des RA Schily, daß Ruhland und andere Zeugen doch ausgesagt hätten, daß Ruhland stangenweise Zigaretten, Kaffee und Geld mit in das Gefängnis gebracht hat, schritt sofort StA Priestoph ein und konnte sich mal wieder an solche Zeugenaussagen nicht erinnern. Nach kurzer Gerichtspause und Akteneinsicht war dann klar erwiesen, daß Zimniak lügt. Doch nicht etwa, daß jetzt eine weitere Vernehmung des Zeugen erfolgte, im Gegenteil, Priestoph und das Gericht versuchten dem Zeugen einzureden, daß er sich doch mal geirrt haben könnte.

Es läßt sich also immer wieder feststellen, daß die Zeugen der Staatsanwaltschaft lügen und sich widersprechen können, wie sie Lust haben, nach dem Motto - errare humanum est - und wenn auf Grund solcher 'Irrtümer' Menschen für Jahrzehnte hinter Gitter gebracht werden.

KOMMT ZUR DEMONSTRATION GEGEN DIE GEPLANTEN GESINNUNGSURTEILE

MONTAG 17 UHR TURMSTR."
=Rote Hilfe Prozessinformationen zum Bäcker-, Mahler- und Meinhof-Prozeß Nr.4,Berlin o.J. (Nov. 1974),S.7

19.11.1974:  Der Landesverband Westberlin der RH der KPD/ML (vgl. 22.11.1974) berichtet vom RAF-Prozeß gegen Bäcker, Mahler und Meinhof (vgl. 15.11.1974, 24.11.1974) u.a.:"
PLÄDOYER VON SCHILY

RA Schily sprach jetzt als Verteidiger für den Genossen Mahler. Er sagte, die Staatsanwaltschaft ist in diesen Prozeß mit einem ganz klaren Auftrag gegangen, der durch unbedingten Verurteilungswillen bestimmt ist. Der 'Rechtsstaat' werde sich selbst von innen heraus vernichten, wenn er sich dem totalen Verurteilungs- und Vernichtungswillen der Strafverfolgungsbehörden um jeden Preis und ohne irgendwelche Beweise unterwerfen würde. Er sagte weiterhin, daß es sich die Anklagevertretung mit der 'Beweis'führung: Mahler kenne doch Baader - Vorgänge nach der Befreiung sprächen gegen Mahler - er sei also schuldig - viel zu einfach gemacht hat.

In der Tat gibt es aber überhaupt keinen einzigen schlüssigen Beweis für die Kenntnis Mahlers von der Baader-Befreiung. Selbst der Zeuge Homann hat in einem früheren Prozeß ausgesagt, daß H. Mahler von der Baader-Befreiung nichts gewußt hat bzw. diese Aktion in späteren Gesprächen als falsch kritisiert hat.

Schily wies nach, daß die Staatsanwaltschaft ihre Anklage hauptsächlich auf rein subjektive Tatseiten konstruierte, weil sie hiermit ihren Beweismangel vertuschen wollte.

Das dürfte vor einem Gericht, was sich noch einen Rest von Unvoreingenommenheit bewahrt hat, niemals zu einer Verurteilung führen.

RA Schily ging in diesem Zusammenhang auf einige Verfahren gegen NS-Gewaltverbrecher vor deutschen Gerichten, die an dem Tode Abertausender Menschen schuldig sind, ein. Am Beispiel des ehemaligen Staatssekretärs Vialon, der freigesprochen wurde mit der Begründung, er hätte kein 'amtliches' höchstens ein 'privates Wissen' von der Vernichtung tausender Juden im Dritten Reich gehabt. In diesen Prozessen gegen NS-Verbrecher wird also durchaus eine Trennung von 'amtlichem und subjektivem Wissen' gemacht, um diese Nazimörder freisprechen zu können.

Schily stellte auch klar, daß die Staatsanwaltschaft nach Belieben Zeugen verschwinden und auftauchen läßt, wie z.B. daran ersichtlich ist, daß drei wesentliche Belastungszeugen des ersten Prozesses bei der jetzigen Verhandlung gar nicht mehr geladen waren. Offensichtlich paßten sie diesmal nicht mehr ins Konzept der Anklage.

Abschließend sagte RA Schily, das Urteil in diesem Prozeß wird Auskunft geben über den gegenwärtigen Zustand des 'Rechts'staates und dürfe nur auf Freispruch für Horst Mahler lauten."
=Rote Hilfe Prozessinformationen zum Bäcker-, Mahler- und Meinhof-Prozeß Nr.4,Berlin o.J. (Nov. 1974),S.1ff

Juni 1976:  Der KB berichtet über den Protest in Berlin gegen das Kissinger/Vorster-Treffen:"
In Westberlin gelang es, eine breite Aktionseinheit politisch sehr unterschiedlicher Gruppen herzustellen: KB, SB (SBü,d.Vf.), AK Berufsverbote, Anti-Apartheid-Bewegung (AAB,d.Vf.), VIK, ESG, Chile-Komitee, AK zur Verteidigung demokratischer Grundrechte (Schily, Gollwitzer etc.) sowie eine Reihe ausländischer Gruppen."
Die Demonstration umfaßt ca. 1 500 - 1 800 Personen.
=Arbeiterkampf Nr.83,Hamburg 28.6.1976,Beilage

01.09.1976:  Die KPD gibt ihre 'Rote Fahne' (RF) Nr.35 (vgl. 25.8.1976, 8.9.1976) heraus.
Aus Berlin wird u.a. berichtet vom Komitee Freiheit für Horst Mahler und Rechtsanwalt (RA) Schily.
=Rote Fahne Nr.35,Köln 1.9.1976

08.01.1977:  Die KPD (vgl. 12.1.1977) berichtet vom RAF-Prozeß in Stuttgart-Stammheim über die am Wochenende erfolgte Informierung der Presse durch RA Schily über einen Brief des Bundesrichters Albrecht Mayer.
=Rote Fahne Nr.2,Köln 12.1.1977

24.01.1977:  Die OG Dortmund der Roten Hilfe (RH) e.V. der KPD gibt vermutlich Anfang dieser Woche das folgende Flugblatt mit zwei Seiten DIN A 4 unter Verantwortung von Hartmut Schmidt, Köln 1, Rothehausstr.1, mit einem Aufruf zum Besuch des Prozesses am 28.1.1977 in Hamm heraus:"
SCHLUSS MIT DER VERFOLGUNG FORTSCHRITTLICHER RECHTSANWäLTE!

KEINE VERURTEILUNG DER RECHTSANWÄLTE BRENTZEL UND SCHMID WEGEN BELEIDIGUNG!

Nach zwei Freisprüchen der Rechtsanwälte Hugo Brentzel und Wolfgang Schmid von dem Vorwurf der Beleidigung (vgl. 17.3.1976, S1.**.197*,d.Vf.) ist die Justiz in die dritte Instanz gegangen. Sie will auf Biegen und Brechen zwei für sie unbequeme Rechtsanwälte kriminalisieren. Der Anlaß dieser Prozesse ist eine Presseerklärung (vgl. 29.6.1974,d.Vf.), in der die beiden Rechtsanwälte gegen das Vorgehen der Duisburger Polizei gegen Teilnehmer eines Trauerzuges (vgl. 24.6.1974,d.Vf.), gegen Kundgebungsteilnehmer und Flugblattverteiler nach dem Tode von Günther Routhier (vgl. 18.6.1974,d.Vf.) protestierten. Im Zusammenhang dieser Maßnahmen waren auch Rechtsanwalt Schmid und ein Gerichtsreferendar während ihrer Berufsausübung vor dem Polizeipräsidium festgenommen und fünf Stunden festgehalten worden.

Die Festnahme und die widerrechtliche Inhaftierung sind inzwischen durch einen Verwaltungsgerichtsbeschluß (vgl. S1.**.197*,d.Vf.) für rechtswidrig erklärt worden.

Die Staatsanwaltschaft Dortmund nahm folgenden Satz der Presseerklärung zum Anlaß der Strafverfolgung. Dort heißt es völlig zu Recht:

'Die Maßnahmen gegen den sich in der beruflichen Ausübung befindlichen Rechtsanwalt und Gerichtsreferendar sind eine Ungeheuerlichkeit, wie sie bisher nur aus faschistischen Staaten bekannt sind.'

In den beiden ersten Gerichtsverfahren ist es der Justiz nicht gelungen, sie zu verurteilen. Demokratisch gesinnte Anwälte und viele fortschrittliche Menschen erklärten ihre Solidarität mit den verfolgten Rechtsanwälten. Im Auftrag der Dortmunder Anwaltskammer hatten die Anwälte Teuber und Koch die Verteidigung übernommen, sie sagten in ihren Ausführungen, daß 'mutige und keine duckmäuserischen Anwälte gebraucht' würden.

Hugo Brentzel und Wolfgang Schmid sind vielen Dortmundern als Anwälte bekannt, die vor Gericht entschieden die Interessen ihrer Mandanten vertreten. In zahlreichen Prozessen gegen Kommunisten und fortschrittliche Menschen haben sie ihre Kenntnisse in den Dienst des Volkes gestellt.

Hugo Brentzel hat zum Beispiel den Vater des von der Polizei erschossenen 17-jährigen Erich Dobhardt (vgl. 21.8.1973,d.Vf.) vertreten.

Den Angriff auf die Rechtsanwälte Brentzel und Schmid kann man nicht isoliert betrachten, in jeder Hinsicht wird versucht, fortschrittliche Anwälte, d.h. solche, die nicht mit der Justiz kunkeln, mundtot zu machen. Nicht umsonst hat die herrschenden Klasse das Verteidigerausschlußgesetz (vgl. S2.**.197*,d.Vf.) und zahlreiche andere Vorschriften geschaffen, um Anwälte, die politisch Verfolgte entschieden verteidigen, von vornherein zu behindern.

Im Berufsverbotsverfahren (BV - vgl. 29.12.1976,d.Vf.) gegen den Rechtsanwalt Fritz Gildemeier aus Augsburg - gegen ihn wurde ein Ehrengerichtsverfahren eingeleitet wegen Mitgliedschaft in der KPD - konnte auf Grund der großen Solidarität, sowohl aus den Kreisen demokratisch gesinnter Anwälte, als auch aus den Reihen der breiten Öffentlichkeit ein Erfolg erzielt werden. Das Berufsverbot wurde vorläufig zurückgeschlagen. Sowohl der Fall Gildemeier als auch der bisherige Verlauf der Prozesse gegen Hugo Brentzel und Wolfgang Schmid beweisen, daß, wenn Demokraten und Kommunisten gemeinsam und entschlossen gegen die politische Unterdrückung kämpfen, Erfolge erzielt werden können.

Die Arbeiterklasse und die fortschrittlichen Menschen brauchen Anwälte wie Hugo Brentzel und Wolfgang Schmid.

HÄNDE WEG VON DEN ANWÄLTEN BRENTZEL UND SCHMID!

FÜR DIE AKTIONSEINHEIT VON DEMOKRATEN UND KOMMUNISTEN IM KAMPF GEGEN POLITISCHE UNTERDRÜCKUNG UND ABBAU DER DEMOKRATISCHEN RECHTE DES VOLKES!

SOLIDARITÄT HILFT SIEGEN! SCHAFFT ROTE HILFE!

Da der Verteidiger von Hugo Brentzel verhindert ist, hat sich Rechtsanwalt Schily bereit erklärt, die Verteidigung zu übernehmen."

Aufgefordert wird zum Besuch des Prozesses vor dem OLG Hamm am 28.1.1977 und an das Oberlandesgericht Hamm, 1. Strafsenat, Heßlerstr.53, ist auch ein Unterschriftenabschnitt mit Platz für Name und Adresse zu richten:"
Ich protestiere gegen den Versuch der Einschränkung der Meinungsfreiheit und fordere die Verwerfung der staatsanwaltlichen Revision gegen Hugo Brentzel und Wolfgang Schmid."

Berichtet wird auch durch die KPD (vgl. 26.1.1977).
=Rote Fahne Nr.4,Köln 26.1.1977;
RH e.V.-OG Dortmund:Schluß mit der Verfolgung fortschrittlicher Rechtsanwälte!,Dortmund o.J. (Jan. 1977)


21.06.1980:  Es beginnt der zweitägige Dortmunder Parteitag der Grünen (vgl. 22.3.1980).

Der KB berichtet u.a.:"
Am 2. Tag stellte der linke Rechtsanwalt Otto Schily (Westberlin) mit einer gewaltigen Agitationsrede eine schon vom Bundeshauptausschuß gebilligte Resolution vor, in der vor der Gefahr eines neuen Faschismus gewarnt und die Grüne Partei in eine antifaschistische Tradition gestellt wurde. Diese Resolution wurde mit großer Mehrheit verabschiedet; mit nicht ganz so großer Mehrheit wurde beschlossen, sie als eine Aussage mit dem 'Status einer besonderen politischen Erklärung' als Anhang zur Wahlplattform herauszugeben. Kaum war das geschehen, da meldete sich Georg Otto mit dem (lt. Tagesordnungspunkt unzulässigen) Antrag, nunmehr auch eine Erklärung gegen den Kommunismus zu beschließen. Gruhl erklärte, daß er eine Wahlplattform, in deren Anhang nur eine Erklärung gegen den Faschismus abgegeben würde, nicht mittragen könne. Daraufhin erging an Schily und an Otto die Aufforderung 'etwas Konsensfähiges' vorzulegen ... Nachdem die ... neu formulierte 'konsensfähige' Erklärung (Abgrenzung vom Faschismus und vom real existierenden Sozialismus) von Schily vorgetragen worden war, verplapperte sich Georg Otto; er habe diese Erklärung schon am Freitag vorgelegt bekommen ... Doch damit nicht genug: die Abstimmung, ob die Erklärung in den Anhang der Wahlplattform aufgenommen werden sollte, wurde wiederholt - und revidiert: mit knapper Mehrheit wurde der Erklärung ihr 'besonderer politischer' Status wieder aberkannt."

Zu den Vorstandswahlen heißt es weiter:"
Nach dem Rücktritt von August Haußleiter und der Abwahl von Grete Thomas als Bundesschatzmeisterin ... mußte zunächst Haußleiters freigewordener Sessel im geschäftsführenden Bundesvorstand neu vergeben werden. Es kandidierten Gruhl, Schily und Dieter Burgmann (Bayern). Bettina Hoeltje (von der abgespaltenen Minderheit der BuLi Hamburg) zog in letzter Minute zugunsten von Schily und Burgmann zurück. Der erste Wahlgang ergab 371 Stimmen für Gruhl, 249 für Burgmann und 198 für Schily. Da lt. Satzung im ersten Wahlgang eine absolute Mehrheit vorgeschrieben ist, mußte ein zweiter Wahlgang durchgeführt werden, bei dem Schily dann zugunsten von Burgmann verzichtete. Ergebnis: 432 Stimmen für Burgmann, 371 für Gruhl. Jubel bei den Linken, eisige Miene bei Gruhl".
=Arbeiterkampf Nr.180,Hamburg 30.6.1980,S.27

November 1980:  Laut KB kommt es in Westberlin derzeit "zu klammheimlichen Massenaustritten der AL-Mitglieder/innen aus den Grünen ... Formaler Grund ist, daß 83% aller AL-Grünen seit ihrem Eintritt in die Grüne Partei keinen Beitrag gezahlt hatten - so jedenfalls beklagt das der grüne Landesvorstand ... Wie zu hören ist, tragen auch prominente AL-Grüne den neuen Trend mit. So Johanna Mayr (ehemals KPD), die aus dem Westberliner Landesvorstand der Grünen zurücktrat, und auch Ernst Hoplitschek (Mitglied der Programmkommission der Grünen), der für den Geschäftsführenden Ausschuß der AL kandidieren wird ... Im letzten Mitgliederrundbrief der AL gaben vier bisherige 'AL-Grüne' ihren Austritt aus der Grünen Partei bekannt. Die Austrittswelle aus den Grünen dürfte nicht ohne politische Folgen bleiben. Bekanntlich setzte sich der Westberliner grüne Landesverband aus rund 650 AL-Grünen und nur rund 100 anderen Grünen zusammen. Mit dieser AL-Dominanz wurde aber nicht das Ziel erreicht, daß die Grünen nicht offen mit der AL in Konkurrenz treten sollten. Unter fadenscheinigen Begründungen lehnten Teile der 'rechten Grünen' und auch der sogenannten 'Mittelgruppe' um RA Otto Schily die Anerkennung der AL als der kommunalpolitischen Kraft in Westberlin ab. Im Gegenteil: die rechten 'Grünen' betrieben eine regelrechte Powerpolitik beispielsweise bei der Gründung eines Kreisverbandes in Steglitz, wo sie die AL-Grünen majorisierten. Diese Kontroversen durchzogen und bestimmten die gesamten Aktivitäten des grünen Landesverbandes."
=Arbeiterkampf Nr.189,Hamburg 17.11.1980,S.9

04.03.1981:  Laut KB führt die Westberliner Alternative Liste (AL) vom 4. bis 8.März insgesamt fünf Mitgliedervollversammlungen (MV's) hintereinander durch, "um über ein neues Programm, eine Wahlplattform und eine Präambel zu beschließen".
Im Bezirk Zehlendorf kandidiert viel Prominenz: RA Otto Schily auf Platz 1".
=Arbeiterkampf Nr.197,Hamburg 16.3.1981,S.15f

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