Zur Hauptübersicht der Datenbank MAO | Zur nächsten thematischen Zwischenübersicht | Zur nächsten geographischen Zwischenübersicht |
Juni 1978:
Von der „Hamburger Vorbereitungsgruppe für das 3. Internationale Russell-Tribunal (AG Zensur)” erscheint im Juni 1978 die Broschüre: „Zensur und Selbstzensur.“
Einleitend heißt es dazu: „Bei der Mehrzahl der in dieser Broschüre abgedruckten Texte handelt es sich um Redebeiträge, die am 24.6.1977 auf einer Veranstaltung ‚ZENSUR UND SELBSTZENSUR‘ in Hamburg im Rahmen der Vorbereitung des 3. Internationalen Russell-Tribunals in der Bundesrepublik gehalten wurden. Der zweite Text von Arno Münster ist ein Beitrag für die zweite Sitzungsperiode des Russell-Tribunals; der Text von Jürgen Knudsen entstammt einer Rede auf der Landeskonferenz gegen Berufsverbote am 2.10.1977 in Aarhus.
Die Veröffentlichung dieser Beiträge erscheint uns heute (ein Jahr nach der Veranstaltung) umso dringlicher, als zu den damals bekannten Zensurfällen eine Vielzahl direkter und indirekter Staatseingriffe hinzugekommen sind, die das in Artikel 5 des Grundgesetzes garantierte Grundrecht der freien Meinungsbildung und -äußerung immer bedrohlicher einschränken. Was heute unter dem Begriff ‚Staatliche Zensur‘ zu fassen ist, reicht von der Absetzung von Theaterstücken und Fernsehsendungen (Heinrich Bölls ‚Katharina Blum‘ in Würzburg, der ‚Wallraff- Film über Arbeitsweisen und -Techniken der Boulevardpresse, der im WDR nicht gesendet werden durfte) über administrative Verbote individueller politischer Meinungsartikulation (das Verbot der Hamburger Schulbehörde für Lehrer, Anti-Atomkraftplaketten zu tragen)bis zu Entlassungen von allzu kritischen Redakteuren in Presse, Rundfunk und Fernsehen (die Fälle ‚Brundis‘ beim WDR in Köln und ‚Bissinger‘ beim ‚Stern‘ in Hamburg).“
Und weiter: „Die hier vorgelegten Texte sollen über eine Darstellung der jeweiligen Fälle hinaus einen Beitrag dazu liefern, die psychologischen, juristischen und politischen Hintergründe des Komplexes von Zensur und Selbstzensur zu beleuchten und gegebenenfalls Anregungen für eine erfolgreiche Gegenwehr gegen die schleichende Resignation angesichts eines derart geballt auftretenden staatlichen Zensurdrucks zu geben. Denn es ist unübersehbar, dass die Zensurpraxis der herrschenden Kräfte in der BRD, die auf offizieller Ebene durch die geschickte Manipulation einer Nachrichtensperre während der Schleyer-Entführung gezeigt hat, über welche Themen wir auf welche Weise noch etwas erfahren dürfen, sich in immer verzweigteren Formen einer Beeinträchtigung der Meinungs- und Informationsfreiheit durchsetzt. Beispiele der jüngsten Zeit sind die Verhaftungen der Agit-Drucker in Westberlin, die mittlerweile schon fast als selbstverständlich angesehene Eliminierung angeblich terroristischen Gedankengutes (wie z.B. die Streichung von dokumentarischen Passagen in einem Programmheft des Hamburger Schauspielhauses, u a. eines Textes von P. P. Zahl) sowie der erneute massive erpresserische Versuch des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Stoltenberg, unmittelbaren Einfluss auf die journalistische Meinungsfreiheit im NDR zu nehmen, indem damit gedroht wird, den NDR-Staatsvertrag zu kündigen, wenn nicht eine von der CDU definierte ‚Ausgewogenheit‘ zum generellen Prinzip zukünftig auszustrahlender Sendungen gemacht wird.“
Inhalt der Ausgabe ist:
- Einleitungsreferat der Arbeitsgruppe ‚Zensur‘ auf der Zensurveranstaltung am 24.6.1977
- Soziale Angst und Gegenwehr (Redebeitrag von W. Gottschalch auf der Veranstaltung am 24.6.1977)
- Zensur und Selbstzensur (Redebeitrag von Sebastian Cobler auf der Veranstaltung am 24.6.1977)
- Die Gleichschaltung der Medien in der BRD und einige Vorschläge zur alternativen kritischen Medienarbeit (Redebeitrag von Arno Münster auf der Veranstaltung am 24.6.1977)
- Berufsverbotsähnliche Tendenzen im Dänischen Rundfunk (Redebeitrag von Jürgen Knudsen auf der Berufsverboteveranstaltung in Aarhus am 2.10.1977)
- Die Gleichschaltung der Massenmedien in der BRD (Beitrag von Arno Münster für die zweite Sitzungsperiode des 3. Internationalen Russell-Tribunals).
Quelle: Hamburger Vorbereitungsgruppe für das 3. Internationale Russell-Tribunal: Zensur und Selbstzensur, Hamburg, Juni 1978.
Letzte Änderung: 15.01.2024
[ Zum Seitenanfang ] [ geographische Zwischenübersicht ] [ thematische Zwischenübersicht ] [ Hauptübersicht ]