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Vom Aktionszentrum Unabhängiger und Sozialistischer Schüler (AUSS), in den Jahren 1967 bis 1969 die zentrale Organisation der antiautoritären und sozialistischen Schülerbewegung Schülerbewegung können hier derzeit nur wenige Hinweise und Dokumente erschlossen werden. Die Gründung (vgl. Feb. 1967, 26.2.1967) geschieht auf der Basis der bereits zahlreich bestehenden örtlichen Schülergruppen und zunächst geht es darum, die politische Teilhabe der Schüler an sich durchzusetzen (vgl. 18.3.1967), hinzu kommen Fragen der Sexualität, des Kriegsdienstes bzw. seiner Verweigerung und nicht zuletzt die Vietnamsolidarität (vgl. 17.6.1967, 18.6.1967), die zusammen die Aufbruchstimmung an den Schulen kennzeichnen und zur schnellen Ausdehnung des AUSS führen (vgl. 14.10.1967), welches mit seinen bescheidenen Mitteln auch die Unterrichtskritik befördert (vgl. Juli 1967) und die SMV kritisiert (vgl. Dez. 1967).
Bald organisiert sich auch die Gegenseite (vgl. 30.9.1967). Eine zentrale bzw. überregionale Schülerzeitung wird zwar angestrebt, aber vermutlich nicht längerfristig erfolgreich umgesetzt (vgl. 16.10.1967), diese Lücke wird dann vom Verlag Bärmeier & Nikel mit seiner 'Underground' auszufüllen versucht (vg. Nov. 1968).
Im AUSS und der damaligen Schülerbewegung sind neben den bald austretenden moskautreuen Gruppen sowohl Rotgardisten wie Ezra Gerhardt (vgl. Nov. 1968) als auch Trotzkisten wie Peter Brandt maßgeblich mit aktiv, vor allem aber gibt es eine starke antiautoritäre Strömung, was auch auf der vierten Delegiertenkonferenz des AUSS wieder deutlich wird (vgl. 3.1.1969). Während die Auseinandersetzung mit den Freunden der DKP fortgeführt wird (vgl. März 1969) gelingt den Antiautoritären die Übernahme der Bundes-SMV nicht (vgl. Apr. 1969).
Das AUSS bleibt weiterhin zu denselben oben genannten Themen aktiv (vgl. 5.7.1969), aber auch die Anhänger der DKP agitieren weiter und versuchen ihren Einfluss in den örtlichen AUSS-Gruppen auszuweiten (vgl. 21.8.1969), sind vermutlich nicht unwesentlich an der Auflösung des AUSS als überregionalem Verband bzw. Koordinationszentrum beteiligt (vgl. Okt. 1969).
Februar 1967:
Auf Initiative des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) entstehen, laut Fichter/Lönnendonker, die Unabhängigen Schülergemeinschaften (USG) und das Aktionszentrum Unabhängiger und Sozialistischer Schüler (AUSS) (vgl. 26.2.1967) =Fichter,Tilman;Lönnendonker,Siegward: Kleine Geschichte des SDS,Berlin 1977,S.119
26.02.1967:
Im Frankfurter Walter-Kolp-Heim wird, laut Haug/Maessen, auf einem Treffen von 40 Schülern aus 15 Städten zunächst vorläufig das Aktionszentrum Unabhängiger Sozialistischer Schüler (AUSS) gebildet (vgl. Jan. 1967, 18.3.1967). In einem kommissarischen Vorstand, "der die Kommunikation unter den bereits bestehenden Gruppen und Hilfeleistung bei Neugründungen besorgen sollte", arbeiten die Schüler Michael Lukasik (Berlin), Reinhard Kahl (Göttingen), Karl-Heinz Leonhard (Frankfurt) und W. Otto (Hilden), der später durch Eberhard Haus (Darmstadt) ersetzt wurde, weil Otto politische Erklärungen ohne Berechtigung abgegeben und in der DDR KP-Thesen vertreten habe. Sitz des AUSS sind die Räume des Bundesvorstandes des SDS in Frankfurt, Wilhelm Hauff Str.5.
Laut 'Erziehung und Klassenkampf', nehmen auch Vertreter von USG Berlin (vgl. 2.2.1967) und USSB Göttingen (vgl. 17.2.1967) teil.
Quellen: Erziehung und Klassenkampf Nr.2,Frankfurt 1971,S.18; Langguth,Gerd:Schulkampf als Klassenkampf,Bonn 1975,S.31f;Haug,Hans-Jürgen,Maessen,Hubert:Was wollen die Schüler?,Frankfurt 1969,S.32
18.03.1967:
Beginn einer zweitägigen AUSS-Konferenz (vgl. 26.2.1967, 17.6.1967) in Frankfurt. Der Gründungsaufruf des AUSS wird verabschiedet. Er fordert u.a.:
1. Eine demokratische Schule in einer demokratischen Gesellschaft.
2. Einführung demokratischer Kontrollorgane an der Schule.
3. Verwirklichung des Rechtes auf politische Organisierung der Schüler an der Schule selbst.
Die USSG veröffentlichte im Vorfeld das "Grundsatzreferat des AUSS" von Reinhard Kahl sowie einen Text "Vorstellungen von Politik und gesellschaft bei Lehrern" als 'Arbeitsmaterial des Aktionszentrums Unabhängiger sozialistischer Schüler'.
Q: Erziehung und Klassenkampf Nr.2,Frankfurt 1971,S.19; USSG Frankfurt: Arbeitsmaterial des Aktionszentrums Unabhängiger sozialistischer Schüler,Frankfurt o. J. (1967)
17.06.1967:
Im Frankfurter Haus der Jugend findet, laut Haug/Maessen, die 1. DK des AUSS (vgl. 18.3.1967, 14.10.1967) statt, auf der Schüler aus 26 Städten 13 Stunden lang u.a. um Namen und Resolutionen diskutierten, wobei sich die Ruhrgebietsgruppen durch Geschäftsordnungsdebatten auszeichneten.
"Kurz vor 24 Uhr gründeten sie endgültig und offiziell das AUSS und bestätigten den vorläufigen Vorstand in seinem Amt."
Verabschiedet wurden:
- AUSS-Stellungnahme zur SMV,
- Resolution zum Verhältnis zu anderen politischen Gruppen
- Resolution zur Sexualerziehung,
- Resolution zur Notstandsgesetzgebung in der BRD,
- Resolution zur Kriegsdienstverweigerung (KDV) und
- Resolution zum Krieg in Vietnam.
Veröffentlicht wurden diese Beschlüsse durch die USSG Frankfurt als 'Arbeitsmaterial des Aktionszentrums Unabhängiger sozialistischer Schüler' zusammen mit dem "Grundsatzreferat des AUSS" von Reinhard Kahl.
Michael H. Spreng, Mitglied der späteren u.a. in Frankfurt tätigen Unabhängigen Schülervertretung (USV) (vgl. 18.6.1967) berichtet für die USV über die Konferenz, nach Haug/Maessen, so:"
An der Gründungskonferenz des AUSS … nahmen auch einige Redakteure der Schülerzeitung 'Bienenkorb - Gazette', die durch ihre Fragebogenaktion (vgl. 11.2.1967, d.Vf.) zu sexuellen Ansichten der Schüler bekannt wurde, als Gäste teil. In dem guten Glauben, daß sich dort eine Schülerorganisation gründe, die die wirklichen Interessen der Schüler vertritt, hofften auch wir, eine starke Basis zur mehr als notwendigen Schulreform zu finden. Leider wurden wir enttäuscht. Die anwesenden Delegierten beschlossen vorgefertigte Thesen des 'Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS)' als ihre eigenen und legten so ihre politische Richtung eindeutig fest. Politische Resolutionen schienen wichtiger als die eigentlichen Aufgaben einer Schülerorganisation, nämlich am Mißstand der Schule anzusetzen."
Nach Ansicht von Langguth tritt das AUSS heute erstmals an die Öffentlichkeit.
Ezra Gerhard (Berlin) wird führender Funktionär des AUSS, ebenso wie der Roten Garde MLJO Westberlin und später der KPD/ML (Bundesbeauftragter für die RG).
Dem AUSS gehören, laut Hüffel, u.a. folgende Schülergruppen an:
Unabhängige Schülergemeinschaft (USG) Berlin, Unabhängige und sozialistische Schülergemeinschaft (USSG) Frankfurt, Unabhängiger und sozialistischer Schülerbund (USSB) Göttingen, USG Karlsruhe, Arbeitskreis Schüler im Club Overcome in Hilden, AUSS Hamburg, USSB Stuttgart.
Über die entstehenden Schülergruppen ist die 'Erziehung und Klassenkampf' 1971 der Meinung, daß sie in den kleinen Städten zum Kern der APO werden, so z.B. in Bremen, was ja so klein gar nicht ist.
Q: Erziehung und Klassenkampf Nr.2,Frankfurt 1971; Langguth,Gerd:Schulkampf als Klassenkampf,Bonn 1975,S.31f;Hüffel,Angelika:Schülerbewegung 1967-77,Gießen 278,S.24ff;Haug,Hans-Jürgen,Maessen,Hubert:Was wollen die Schüler?,Frankfurt 1969,S.34ff und 67;Schulkampf Nr.3,Berlin Dez. 1972;USSG Frankfurt: Arbeitsmaterial des Aktionszentrums Unabhängiger sozialistischer Schüler,Frankfurt o. J. (1967)
18.06.1967:
In Frankfurt erklärt, laut Haug/Maessen, Karl-Heinz Leonhard, Mitglied des AUSS-Vorstandes und Frankfurter Schüler, auf einer Pressekonferenz:"
Wir werden unser undemokratisches Schulsystem nicht länger hinnehmen."
Q: Haug,Hans-Jürgen,Maessen,Hubert:Was wollen die Schüler?,Frankfurt 1969,S.36
18.06.1967:
In Frankfurt beginnt, laut Haug/Maessen, im Anschluß an die gestrige Gründung des AUSS (vgl. 19.6.1967, 14.10.1967) der erste überregionale Schülerkongreß ab 10 Uhr in der Universität, an dem 800 Schüler und Studenten, einige Lehrer und ein halbes Hundert Journalisten teilnahmen. Glückwunschtelegramme seien eingegangen von IG Metall, Internationale der Kriegsdienstgegner (IDK), KfA und Ernst Bloch.
Vorgelegt wird eine leicht überarbeitete Fassung des "Grundsatzreferat des AUSS" von Reinhard Kahl als 'Arbeitsmaterial des Aktionszentrums Unabhängiger sozialistischer Schüler'. Später erscheint dieser Text noch einmal als Nummer 5 des 'Arbeitsmaterials'.
Ariane Wollrab vom Sozialistischen Schülerbund (SSB) Bonn hält das 'Sex-Referat'.
Q: AUSS: Arbeitsmaterial 1. Schülerkongreß des AUSS, Frankfurt, 18. VII. 1967 und Nr.5, Frankfurt o. J.; Haug,Hans-Jürgen,Maessen,Hubert:Was wollen die Schüler?,Frankfurt 1969,S.40;Mobil Nr.2,Bad Harzburg Okt./Nov. 1967,S.12f
Juli 1967:
Vermutlich im Sommer 1967 verfasst Reinhard Kahl für den Bundesvorstand des AUSS einen Brief, in dem um Spenden gebeten wird. Erwähnt werden lokale AUSS-Gruppen wie USSB, USG, AMS, BDS und GUSW.
Q: Reinhard Kahl: Brief,Frankfurt o. J.
Juli 1967:
Vermutlich im Sommer erscheinen die Nummern 1 bis 3 des 'Arbeitsmaterial des Aktionszentrums Unabhängiger sozialistischer Schüler' (AUSS – vgl. 18.3.1967) mit den Texten:
- "Kann die SMV unsere Interessen vertreten?" von Hans-Jürgen Haug vom USSB Göttingen (Nr. 1);
- "Der Deutsch- und Geschichtsunterricht an unseren Schulen – Politik aus zweiter Hand?" von Joachim Vock vom USSB Göttingen (Nr. 2); und
- "Sexualtabus an der Schule – Zum Verhältnis von Sexualität und Politik" von Ariane Wollrab vom Sozialistischen Schülerbund (SSB) Bonn.
Q: Arbeitsmaterial des Aktionszentrums Unabhängiger sozialistischer Schüler Nr.1-3,Frankfurt o. J. (1967)
30.09.1967:
Die Vorsitzenden der Direktorenvereinigung der deutschen Gymnasien sprechen sich heute, laut 'mobil' (vgl. 16.10.1967), auf einer Fachtagung in Wiesbaden gegen die antidemokratischen Einflüsse des AUSS und SDS und deren Instrumentalisierung der SMV zum politischen Kampf aus.
Q: Mobil Nr.2,Bad Harzburg Okt./Nov. 1967,S.10
14.10.1967:
In Frankfurt beginnt, laut 'Mobil' (vgl. 16.10.1967), die 2. DK des AUSS (vgl. 18.6.1967, 3.6.1968), auf der laut Haug/Maessen, die die Tagung auf den 18.9.1967 datieren, 52 Schülerbünde mit über 2 000 Mitgliedern vertreten waren:"
Die Bedingungen beispielsweise, die ein Schülerbund in einer abgelegenen Kleinstadt wie Michelstadt im Odenwald (ODW) antraf waren weit ungünstiger als die in einer kleiner Großstadt mit Universität wie Göttingen. Für Michelstadt war allein schon die Existenz eines politischen Schülerbundes, der sich sozialistisch nannte, ein Skandal. Die Öffentlichkeitsarbeit wie die theoretische Arbeit waren mühsam. Im abgelegenen Michelstadt ist der Bücherbestand der Stadtbücherei unzureichend, im Buchhandel sind wichtige Bücher oft erst auf Bestellung zu haben, die Schüler können sich auch die notwendige Literatur nicht immer kaufen - dazu reicht ihr Taschengeld nicht aus. Für Referate sind kompetente Wissenschaftler selten zu gewinnen."
So sei es kein Wunder, daß der USSB Göttingen und nicht die Gruppe in Michelstadt die Resolution zur Schulreform erarbeitet habe, die beschlossen wurde.
Q: Haug,Hans-Jürgen,Maessen,Hubert:Was wollen die Schüler?,Frankfurt 1969,S.53; Erziehung und Klassenkampf Nr.2,Frankfurt 1971,S.20;Mobil Nr.2,Bad Harzburg Okt./Nov. 1967,S.10
16.10.1967:
Frühestens in dieser Woche erscheint die 'mobil – Pamphlet zur Mobilisierung der Schüler gegen Arschkriecherei und Duckmäusertum' Nr.2 für Oktober und November 1967. Die Geschäftsadresse ist in Bad Harzburg, das Redaktionskollektiv besteht aus Peter Brandt (Berlin), Wolf-Rüdiger Knoche (Berlin), Andreas-Christian Günther (Bad Harzburg), Reinhard Kahl (Göttingen), Karl-Heinz Leonhard (Frankfurt), Michael Lukasik (Frankfurt) und Richard Rathgeber (München). Lokalredaktionen gibt es für Augsburg: Elmar Macziola (Gersthofen), Berlin: Gunhild Brand und Ernst Geyer, Bonn: Katharina Hanstein, Bremen/Oldenburg: Wolfgang Storant (Oldenburg), Frankfurt: Klaus Bodendick (Ruppertshain), Hamburg: Peter Baer, Köln: Henryk Broder, München: Monica Handschuch und Berthold Schmitt (Neu-Esting) sowie Stuttgart: Peter Rauscher.
Vorgestellt wird sich in: "Weit mehr als 1 000 Schülerzeitungen gibt es in der Bundesrepublik." Dargestellt wird eine "Abiturrede, die nicht gehalten werden darf". Aus dem 29. 'Schmiere'-Programm von Rudolf Rolfs, Frankfurt, wird der Text "Sie nennen das Mädchen einfach 'Paul'" dokumentiert. Rudolf Rolfs verfasste auch den Beitrag: "Diverse Ansichten über den Schutz junger Pflanzen", von Hartmut Barth kommt das Gedicht: "Dreifaltigkeitsgleichung".
Im Artikel "Aus Pädagogenmund" werden Lehrerzitate vorgestellt aus München sowie von der Stuttgarter Merzschule, von der auch ein Schüler interviewt wird. Berichtet wird, vielfach mit Hilfe des Jugendinformationsdienstes 'Das Junge Wort', Wiesbaden, u.a. vom AUSS (vgl. 18.6.1967, 14.10.1967) bzw. seinen Gegnern (vgl. 30.9.1967), vom "Sing Out Deutschland", für das es ministerielle Schulbefreiung gibt, über die Unterdrückung der Kommunistischen Jugend Israels und aus Moers über eine elterliche Genehmigung zum Gammeln. Horst Brühmann vom 'Schulecho' berichtet aus einer ungenannten Kleinstadt über "Zensur auch in Hessen…" u.a. durch den Direktor Clément. Zum 2. Juni 1967, aber auch zur Ladenschluß-Aktion im HBV-Bereich Ende August äußert sich Peter Brandt in "Das Gebot der Stunde: Einheitsfront von Arbeitern und Studenten". Es gibt Vorschläge für Happenings und verkündet wird zu Che Guevara: "Che lebt". Vorgestellt werden die Oberbaumpresse (Berlin) und der Trikont-Verlag (München).
Anzeigen sind entweder überörtlich gehalten oder stammen aus München.
Q: Mobil Nr.2,Bad Harzburg Okt./Nov. 1967
Dezember 1967:
In der Dezemberausgabe der 'Blätter für deutsche und internationale Politik' erscheint der Beitrag von Hans-Jürgen Haug: "Demokratisierung der Schule durch politische Schülerorganisationen. Kritik, Praxis und Pläne des AUSS", der auch als Sonderdruck Argumente zur Zeit Nr. 44 für 1 DM vertrieben wird. Es handelt sich um das überarbeitete Referat "Kann die SMV unsere Interessen vertreten?" vom 18. Juni 1967. Berichtet wird durch die Redaktion im Vorspann von der Entstehung der Schülerbewegung aus Berlin und Göttingen.
Q: Blätter für deutsche und internationale Politik Sonderdruck Argumente zur Zeit Nr. 44,Köln 1967
03.06.1968:
Das AUSS beginnt, laut Haug/Maessen, seine 3. DK (vgl. 14.10.1967, 3.1.1969). "Das AUSS beschloß, seine Ablehnung der Leistungsgesellschaft mit einem symbolischen Akt auszudrücken: einer Zeugnisverbrennung."
Laut 'Erziehung und Klassenkampf' beginnt die Strategie- und Organisationsdebatte.
Q: Erziehung und Klassenkampf Nr.2,Frankfurt 1971,S.24; Haug,Hans-Jürgen,Maessen,Hubert:Was wollen die Schüler?,Frankfurt 1969,S.71
Juli 1968:
Laut Haug/Maessen erscheint die Nr.7 von 'Der evangelische Erzieher' - Zeitschrift für Pädagogik und Theologie, in der sich auch die u.a. in Frankfurt und Heilbronn tätige Unabhängige Schüler Vertretung (USV) (vgl. Jan. 1968) zum Leistungsprinzip äußert.
Q: Haug,Hans-Jürgen,Maessen,Hubert:Was wollen die Schüler?,Frankfurt 1969,S.70
30.09.1968:
Auf dem Jugendhof des Landes Hessen in Dörnberg soll eine Arbeitstagung "Demokratisierung von Betrieb und Schule" für Redakteure von Schülerzeitungen und Mitgliedern politischer Schülergruppen beginnen, die bis zum 4. Oktober dauern soll.
Q: N. N.: Demokratisierung von Betrieb und Schule,O. o. o. J.
November 1968:
Laut MLPD (2) ist Ezra Gerhard von der Roten Garde (RG) MLJO Berlin Mitautor des von Günter Amendt herausgegebenen Buches "Kinderkreuzzug oder beginnt die Revolution in den Schulen?", ro, ro, ro, November 1968.
Q: MLPD-ZK:Geschichte der MLPD,I.Teil,Stuttgart 1985,S.91
November 1968:
Im Verlag Bärmeier & Nickel erscheint erstmals 'Underground – Das deutsche Schülermagazin' (vgl. Aug. 1969). Berichtet wird u.a. aus dem AUSS-Zentrum in Frankfurt, wo mit Michael Lukasik und Helmut Barth gesprochen wurde und in "Zadeks Schulfilm: Protest gegen den Protest" über 'Ich bin ein Elefant, Madame'.
Q: Underground Nr.1,Frankfurt Nov. 1968
03.01.1969:
In Köln beginnt die dreitägige 4. DK des AUSS (vgl. 3.6.1968) in der Mensa der Universität. Geführt werden, laut 'Erziehung und Klassenkampf', Organisations- und Strategiedebatten. Der Kongreß übernimmt von der Studentenbewegung die Konzeption der Basisgruppenbildung.
Im Vorfeld wurden vom AUSS "Materialien zur Organisations- & Kommunikationsfrage" verbreitet mit den Beiträgen:
- USSG Stuttgart: "Zur Emanzipationsfrage";
- Regionalseminar USSG Stuttgart / AUSS Mannheim: "Arbeitspapier zu Problemen der Strategie und Organisation";
- Regionalkonferenz Norddeutschland, 12.10.1968: "Zum Organisations- und Autoritätenproblem im AUSS", wobei die Hamburger Gruppe für Liquidierung der Praxis und gemeinsame theoretische Schulung eintrat;
- USSB Pirmasens: "Stellungnahme zur DK", in dem für antiautoritäre und anarchistische Organisationsmodelle eingetreten wird;
USSB Erlangen: "Regionalseminar in Erlangen vom 28.-30.12.68", wobei es sich um eine Ankündigung handelt.
Delegierte kamen, laut 'apo press' München, von Gruppen aus Kiel, Frankfurt, Stuttgart, Erlangen und München. Diskutiert wurde u.a.
- Die Bildung von Arbeitsgruppen in den Schulen,
- Bundeswehrkampagne mit dem Aufruf der Kriegsdienstverweigerung,
- Abschaffung des Bundesvorstands des AUSS (Funktionsübernahme durch die Gruppe Frankfurt),
- Ablehnung einer Umgestaltung und Zusammenarbeit mit dem Schülermagazin 'Underground' (hrsg. Bärmeier & Nickel).
Laut Haug/Maessen war es so:"
Die 300 Delegierten, …, waren sich darüber einig, daß die bisherige Praxis der Schülerbewegung die Politisierung der Schüler nicht rasch genug und auch nicht kontinuierlich vorangetrieben hatte. Aber Lösungen hatten sie nicht zur Hand; Ratlosigkeit und Frustration - diese beiden Stichworte kennzeichnen die Stimmung am Anfang der Konferenz. Doch schon am zweiten Tag änderte sich die Situation. Den AUSS-Schülern gelang es, aus der Analyse Konsequenzen zu ziehen. Sie einigten sich auf ein neues Organisationsmodell: der Bundesvorstand wird abgelöst von einer Gruppe - der Frankfurter -, die ausschließlich Koordinationsaufgaben hat, beispielsweise Informationen sammeln, Materialien verschicken, Post beantworten. Auf diese Weise soll die Heranbildung neuer Autoritäten verhindert werden. Wichtiger freilich ist, was das AUSS als 'Arbeitskollektive' bezeichnete: jeweils drei oder vier Schüler einer Klasse schließen sich zu einer Gruppe zusammen. Sie bereiten sich gemeinsam auf den Unterricht vor, analysieren aber gleichzeitig die Bildungsinhalte und tragen ihre Kritik in den Unterricht hinein."
Die moskautreue Fraktion um die spätere SDAJ war nicht mehr anwesend.
Q: AUSS: Materialien zur Organisations- & Kommunikationsfrage, O. O. o. J.; AUSS-Info Nr.3,Frankfurt 1969,S.11;apo press Nr.1,München 14.1.1969,S.3;Erziehung und Klassenkampf Nr.2,Frankfurt 1971,S.24;Haug,Hans-Jürgen,Maessen,Hubert:Was wollen die Schüler?,Frankfurt 1969,S.77
März 1969:
Eventuell im März erscheint das 'AUSS-Info' Nr.3 (vgl. 5.7.1969).
Dokumentiert wird ein Schreiben des Bundesverbandes für Selbstschutz (BVS) an die Schüler der Gymnasien und Realschulen in Trier, das AUSS-Bürokollektiv Frankfurt äußert sich in "Pressefreiheit und autoritäre Schule" zu den Rechten der Schülerzeitungen sowie in "Zum Reformismus in der Schülerbewegung" über Mitbestimmungskonzepte, wie sie auch DKP und SDAJ propagieren, die bereits auf der 4. DK des AUSS in Köln nicht mehr teilnahmen (vgl. 3.1.1969). Vom Club Avantgarde Ludwigshafen, laut dem Frankfurter Bürokollektiv "einer Miniatur einer Einheitsfront, nunmehr geschlossen in die SDAJ eingetreten" wird dazu dokumentiert ein "Entwurf zur Schülermitbestimmung".
Vom USSB Bensheim erfolgt ein Nachtrag zur 'Underground'-Broschüre.
Q: AUSS-Info Nr.3,Frankfurt 1969
April 1969:
Auf der 17. Bundestagung für Schülermitverantwortung wird ein Arbeitspapier von 18 Landesschulsprechern und Vertretern, darunter aus Schleswig-Holstein der ex-Landesschulsprecher Klaus Günter Schönewald und sein Vertreter Michael Beseler, vorgelegt, welches sich die Veränderung der Schule zum Ziel setzt. Eine Diskussion darüber aber wird abgelehnt.
Q: Digest,Kiel o. J.,S.10f
05.07.1969:
Frühestens heute erscheint das 'AUSS-Info' Nr.5/6 (vgl. März 1969), von dem uns die Seiten 50 und 51 fehlten, mit einem Vorwort von Manfred Mohl und Horst-Dieter Zahn vom AUSS-Bundesvorstand. Diese stellen auch vor ihre "Thesen zur Sexualkampagne" sowie Thesen zur technokratischen Schulreform.
Geworben wird für die 'Underground'-Broschüre, angekündigt werden 'Materialien zur Bundeswehrkampagne' sowie Bernfeld: Die Schulgemeinde und ihre Funktion im Klassenkampf (1928), die am 15.7.1969 sowie 'Materialien zur technokratischen Schulreform' die nach den Sommerferien erscheinen sollen.
Der AUSS-BV und Horst-Dieter Zahn äußern sich "Zu einer Broschüre des RC Berlin", wobei "Über das Herstellen von Untertanen" von E. A. Rauter gemeint ist. Dieses "Scheißding" werde von einigen Gruppen vertrieben.
Veröffentlicht werden:
- von Ernst Lukas: "Eintopf-Ideologie" zur Darstellung des von zu Hause Abhauens in der 'Underground';
- aus dem Landschulheim am Solling in Holzminden eine Suchanfrage nach einem abgängigen Schüler;
- von Elmar Altvater: "Perspektiven jenseits des Wirtschaftswunders: 'Stabilisierte Wirtschaft', 'Formierte Gesellschaft'";
Dokumentiert werden aus Karlsruhe von AUSS, Roter Turm und SDS der "Aufruf zur Gründung des antiautoritären Jugendheims ROTER TURM" sowie vom 23.1.1969 von Ansgar Häfner: "Über die Notwendigkeit einer Turmbesetzung" und von Thomas Sattelberger, Dieter Schädel und Dietrich Lohff (vermutlich alle von der USSG Stuttgart): "Aus der Räumung des Roten Turms die richtigen Konsequenzen ziehen!". Kritisiert wird eine Passage aus den 'Turmgesprächen' Nr.15 zur Jugend.
Zur Bundeswehr erscheint aus den 'Informationen für die Truppe' Nr.9/1968 von Thomas H. Frank: "Ein Abiturient über das Einsetzen von Abiturienten" sowie aus 'Junge Stimme' erstes Juniheft 1968 von Fähnrich Klaus Wittmann: "'Es kommt auf uns selbst an!'" sowie der Wunsch des Verteidigungsministers Schröder nach mehr Berücksichtigung der Bundeswehr im Unterricht bzw. nach Wehrkunde. Angekündigt wird ein Bundeswehrseminar zusammen mit der Projektgruppe Schule des Verbandes der Kriegsdienstverweigerer, die über Thomas Sattelberger, Stuttgart, erreichbar ist und deren erstes 'Info' beiliegen soll, was bei unserem Exemplar nicht mehr der Fall war. Hans Mohrmann äußert sich in "Über die Notwendigkeit einer neuen Bundeswehrkampagne" über die Einschränkung der Kriegsdienstverweigerung (KDV) sowie die geplante Wehrkunde, berichtet dabei von der Selbstschutzgrundausbildung (vgl. 14.3.1968, 9.9.1968) und vom Wehrkundeerlass (WKE) in Niedersachsen (vgl. 5.12.1968) sowie aus Trier vom Friedrich-Wilhelm-Gymnasium und aus Hessen aus dem Schuldorf Bergstraße.
Aus einer nicht genannten Schrift wird ein Artikel "Bundeswehr-Gruppe: Antimilitarismusarbeit" übernommen, aus Hamburg wird gekürzt nachgedruckt "Hermann Hanser: Der Konflikt zwischen HSP – Schulbehörde oder die autoritäre Politik der Schulbehörde" (vgl. Feb. 1968, 19.4.1969). Dokumentiert werden der Aufruf zur Kritischen Schule (KS) Hamburg (vgl. 30.4.1969) sowie ein Papier des AUSS-Hamburg: "HSP-Konflikt, KS-Hamburg, Schulung".
Als Anhang erscheinen "Materialien zum Revisionismus". Darin enthalten sind der Artikel "Gruss Euch, Genossen der Nachhut" aus der 'Was tun' Nr. 4/1968 sowie Reimut Reiche: "5 Thesen und eine Schlußfolgerung zur DKP".
Q: AUSS-Info Nr.5/6,Frankfurt 1969
August 1969:
Es erscheint 'Underground – Das deutsche Schülermagazin' Nr. 8 (vgl. Nov. 1968). Berichtet wird von der Gründung des Deutschen Lehrerverbandes (DLV – vgl. 3.7.1969). Der Artikel "Marx im Mark" stellt die SDAJ vor. Vorgestellt wird auch der Film "If….".
Q: Underground Nr.8,Frankfurt Aug. 1969
21.08.1969:
Die DKP bringt die Nr.21 ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 14.8.1969, 28.8.1969).
Auf Seite 13 meint Andreas Breitenbach:"
SCHÜLER MÜSSEN NEU BEGINNEN - EIN DISKUSSIONSBEITRAG
Als vor nunmehr fast zwei Jahren in Frankfurt/Main das 'Aktionszentrum unabhängiger und sozialistischer Schüler' (AUSS) gegründet wurde, stand der Kampf großer Teile der Studentenschaft gegen die Herrschaftsverhältnisse und die Mißstände in Bildungswesen und Gesellschaft noch am Anfang. Es war klar, daß dieser Kampf früher oder später auch auf die Schülerschaft übergreifen würde. Schließlich waren und sind die Mißstände an unseren Schulen denen an den Universitäten mindestens ebenbürtig:
Raum- und Lehrkräftemangel, ein aus dem 19. Jahrhundert stammendes Erziehungssystem sowie ein erschreckend niedriges Bildungsniveau. Hinzu kam noch die totale Abhängigkeit von den schulischen Autoritäten. Kaum ein Schüler kann es sich z.B. leisten, öffentlich eine andere politische Auffassung zu vertreten als die des Klassenlehrers oder Schulleiters.
All diese Mißstände hatten zu einer generellen Unzufriedenheit unter den Schülern geführt, zudem die offizielle Schülervertretung SMV (Schülermitverantwortung) kaum etwas tat, um hier abzuhelfen. Der AUSS fand also geradezu ideale Grundlagen für seine Arbeit vor. Dennoch kann man heute, zwei Jahre später, von einer Stagnation und Resignation, ja sogar von einem Versagen der sozialistischen Schülerbewegung sprechen. Dafür gibt es mehrere Gründe.
Der erste und vielleicht wichtigste ist die Abhängigkeit des Schülers vom Elternhaus. Von allen Jugendlichen sind die Schüler am ehesten auf die Eltern angewiesen, vor allem finanziell. Daß Eltern aus dem Bürgertum mit Ideen sozialistischer Schüler nicht gerade liebäugelten, liegt wohl klar auf der hand.
Durch den übergroßen Einfluß der Eltern sind die Schüler nicht in der Lage, so frei politisch zu agieren, wie es lieb wäre. Dadurch litt die organisatorische Arbeit des AUSS in starkem Maße.
Mehr und mehr war man nun auf die Hilfe des SDS angewiesen, womit wir auch gleich beim zweiten Grund für das Versagen des AUSS wären.
Ohne Rücksicht auf das anders geartete politische Bewußtsein der Schülerschaft wurde die sozialistische Schülerbewegung in für alle politischen Aktionen des SDS mit eingespannt. Dadurch verlor der AUSS viele anfängliche Sympathisanten. Hatten die Forderungen nach einer allumfassenden Schul- und Bildungsreform noch ein breites Echo innerhalb der Schülerschaft gefunden, so riefen die jetzt durchgeführten 'kulturrevolutionären' Aktionen nach chinesischem Vorbild nur allgemeine Ablehnung hervor.
Eine weitere Gruppe von Sympathisanten, nämlich die fortschrittlichen Lehrkräfte, verlor der AUSS durch seine einseitige Frontstellung gegen die Lehrerschaft. Den Feind sah man nicht in der Ministerialbürokratie und der sie benutzenden herrschenden Klasse, die die eigentliche Schuld an der Misere tragen, sondern im Lehrer. Dies nahm ausgesprochen kindische Formen an. Man denke z.B. nur an die von der Schülerzeitschrift 'Underground' initiierte 'Zentralkartei für Lehrerverbrechen'. Der schlimmste und wohl auch vernichtendste Fehler, den die mittlerweile eher anarchistische als sozialistische Schülerbewegung machen konnte, war wohl die Weigerung oder das Unvermögen, sich mit der werktätigen Jugend zusammenzutun. Dies liegt begründet in einer gewissen elitären Arroganz der Schüler und Studenten, denen die Beschäftigung mit den ökonomischen Problemen der Werktätigen zu profan war und die auch politisches Bewußtsein bei der Arbeiterschaft in Abrede stellten. Man war einfach nicht bereit, aus dem Elfenbeinturm der Theorie herauszugehen und zumindest für eine Weile die bisher betrieben 'politische Onanie' zu lassen. Symptomatisch hierfür ist wohl die Schlagzeile der Frankfurter Studentenzeitschrift 'Diskus' (vgl. **.*.1969,d.Vf.): Wände beschmieren macht Spaß und befreit!
Für ernsthafte politische Arbeit konnten diese pseudorevolutionären Bürgersöhnchen kein Interesse aufbringen. Aber das liegt wohl zum größten Teil an der Klassenstruktur der westdeutschen Oberschulen: 5,6 Prozent aller Oberschüler sind Arbeiterkinder; auch die Söhne und Töchter von Bauern, kleinen Angestellten und kleinen Beamten sind unterrepräsentiert. Unsere Gymnasien sind im Grund genommen Schongehege für die Kinder der Oberschichten. Die Tatsache z.B., daß der Durchschnittsnettolohn in der Bundesrepublik um die 600 Mark liegt, ruft in ihnen immer wieder ungläubiges Erstaunen hervor.
Wenn der AUSS sich nicht in der hoffnungslosen Isolation, in der er sich zur Zeit befindet, verlieren will, dann muß er endlich erkennen, daß der Weg zu einer Änderung von Bildungssystem und Gesellschaft an den Massen der Werktätigen nicht vorbei gehen kann. Nur im Bündnis mit der werktätigen Jugend kann der Arbeit und den Hoffnungen der sozialistischen Schülerbewegung jemals ein Erfolg beschieden sein."
Auf diesen Artikel wird auch später in der 'UZ' noch Bezug genommen (vgl.
11.9.1969).
Q: Unsere Zeit Nr.21,Essen 21.8.1969
Oktober 1969:
Das AUSS löst sich, laut 'Erziehung und Klassenkampf', im Herbst auf. U.a. stellt eine Gruppe marxistisch-leninistischer Schüler im AUSS fest:"
Die Schüler können sich nur emanzipieren durch die Emanzipation des Proletariats." Die Gruppe weist darauf hin, "daß ein das Schulsystem insgesamt angreifender Schulkampf nur von der Theorie des Marxismus-Leninismus angeleitet werden kann". Die Führung im Schulkampf wurde fortan der sozialistischen Avantgarde aller Schichten der Gesellschaft - als diese Avantgarde galt damals die Stadtteilbasisgruppenbewegung - übertragen.
Q: Erziehung und Klassenkampf Nr.2,Frankfurt 1971,S.28
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