Kleinbürgerei als Weltformel (1)

Rezension des Buches „Geschichte der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands, II. Teil, 1. Halbband: Parteiaufbau vom KABD zur MLPD“, hrsg. vom ZK der MLPD, Düsseldorf 1986

Von Dietmar Kesten, Gelsenkirchen, im November 2008

Wer sich durch knapp 650 Seiten nebst eines „Faltblatts über den Parteiaufbau als Bund“ der „Geschichte der MLPD“ in zwei Teilen und zwei Halbbänden (Düsseldorf 1986) durchgelesen hat, der hat nach einer Dauerberieselung über das „Kleinbürgertum“ zumindest die Erkenntnis gewonnen: Wer hier auf seine eigene Marxismusdeutung pocht, der hat schon verloren.

Geschichte der MLPD, II. Teil, 1. Halbband (Titelseite)
Inhaltsverzeichnis im Anhang

Seit der Herausbildung der KPD/ML schwebte das Damoklesschwert „Kleinbürgertum“ über jenen, die sich als Intellektuelle am Aufbau von marxistisch-leninistischen bzw. maoistischen Organisationen in der BRD beteiligen wollten. War die KPD/ML in ihrer Anfangsphase zunächst noch davon entfernt, dieser Frage eine wesentliche Bedeutung zuzumessen, so änderte sich das spätestens mit den sog. „Septemberbeschlüssen 1969“ des ZK der KPD/ML. Dort brachte Willi Dickhut seinen „Aufnahmestopp für Intellektuelle“ ein, der verhindern sollte, dass die „Organisation kleinbürgerlich überwuchert“ wird. Die praktische Konsequenz daraus folgte auf dem Fuße: Der „Kontakt mit Betriebsarbeitern“ und die „Arbeit im Proletariat“ seien nun für den Aufbau der proletarischen Partei unerlässlich. (1)

Seit dieser Zeit gehörten die Intellektuellen zu jenen, die sich gegen die „historischen Interessen der Arbeiterklasse“ wenden würden: Sie seien „objektive Agenten der Bourgeoisie im Lager der Arbeiterklasse geworden.“ (2)

War dieser Gedanke einmal vollführt, so bestand für diesen Kreis fortan keine Möglichkeit mehr, sich dem Einheitsbrei aus Verleumdungen, Unterstellungen und übler Nachrede zu entziehen. Spätestens mit der Aufhebung der „Septemberschlüsse“ durch das ZK der KPD/ML im Januar 1970 sollten fortan alle, die sich gegen den KABD/MLPD stellten, unter dem Fallbeil des „Kleinbürgertums“ ihr intellektuelles Leben aushauchen. In universalistischer Manier wurde die von Willi Dickhut geführte Organisation nicht müde, ihr Resultat zum Prinzip zu erklären. Dies betraf nicht nur die KPD/ML, sondern auch jene Gruppen, die sich in der Hochphase der maoistischen Bewegung ab 1970 gebildet hatten. Aber auch all diejenigen, die etwa das anarchistische, trotzkistische, rätesozialistische oder linksbürgerliche Lager (einschließlich der Grünen) bildeten. Sie alle waren vermeintlich von der „kleinbürgerlichen Denkweise“ bestimmt. (3) Und schlimmer noch, jene Veteranen der Arbeiterbewegung der MLPD beanspruchten den Marxismus-Leninismus für sich, der sich stets als eigene Deutung offenbarte: „Nur wer vollständig aufgeht in schöpferischer Anwendung der Lehren des Marxismus-Leninismus in der politischen Arbeit, der täglichen marxistischen Praxis und in den Kämpfen der Arbeiterklasse, hat das Wesen des Marxismus begriffen. Dazu befähigt aber nur eine proletarische Denk- und Arbeitsweise …“. (4)

Das ZK der MLPD hat 1986 zwei weitere (Halb-)Bände der „Geschichte der MLPD“ veröffentlicht. Grundlage dafür waren u. a. „50 Aktenordner zum Parteiaufbau“, die Willi Dickhut einst zur Verfügung gestellt haben soll. (5) Darin soll „alles wichtige Material des Parteiaufbaus und der marxistisch-leninistischen Bewegung“ enthalten gewesen sein. Das ZK der MLPD ergänzte einst diese Zuträgerarbeit, um „die wirkliche Geschichte“, wie sie sich „im Kampf gegen Revisionismus und kleinbürgerliche marxistisch-leninistische Strömungen“ zugetragen hat, aufzuschreiben. (6) Offen bleiben muss, ob diese „historische“ Mission einer Inventur entsprach oder ob sie zwecks Denunziation einer Personen-Gruppe zu einer „natürlichen“ Ergänzung wurde.

Nun setzen die beiden Halbbände die schlechte Tradition des „epochalen“ Werkes über die „Entstehung, Entwicklung und Ende der marxistisch-leninistischen Bewegung“ fort. Das Primäre und das Treibende dieser beiden Bände besteht darin, als „Wiedertäufer“ einer mittelalterliche Sektenbewegung, einen „Muff von tausend Jahren“ wiederzubeleben. Als symptomatisch für die merkwürdig kontaminierte Welt der MLPD können folgende Sätze gelten:

„Sie (die kleinbürgerlichen Schichten, d. Vf.) sind Träger der kleinbürgerlichen Denkweise, und es ist ihre Aufgabe, diese in die Arbeiterklasse zu tragen. Sie werden dafür mit einer kleinbürgerlichen Lebensweise belohnt, solange sie diese Funktion in der Gesellschaft ausüben …“ (7)

„Indem die Liquidatoren den Zusammenhang von Kampf der Arbeiterklasse und Parteiaufbau zerrissen, sabotieren sie den Aufbau der Partei. Indem sie in ihren Schriften den Parteiaufbau ohne die Arbeiterklasse und außerhalb der Arbeiterklasse propagierten, betonen sie ihren kleinbürgerlichen Führungsanspruch und leugnen die führende Rolle der Arbeiterklasse.“ (8)

„Im Kampf gegen das Jacob-Liquidatorentum der Zentralen Leitung wurde das wichtigste Fundament der Kontrolltätigkeit erkannt: Es geht um die Kontrolle über die kleinbürgerliche Denkweise. Von der kleinbürgerlichen Denkweise geht ständig Gefahr für die Einheit und die Geschlossenheit der Partei aus. Daher gehört es zu den grundlegenden und wichtigsten Aufgaben der Kontrollkommission, jede Erscheinung der kleinbürgerlichen Denkweise aufzudecken und zu bekämpfen …“ (9)

Um diesen „kleinbürgerlichen“ Horizont herum sind die beiden Halbbände aufgebaut. Der interessierte Leser erfährt hier, wie mit reformpädagogischen Impulsen aktive Menschen mit einem politischen Bannbegriff, dem „Kleinbürgertum“, abqualifiziert werden. Die vielfältigen Bemühungen der MLPD, einen „neuen Menschen“ zu konstruieren, der fern jeder Kleinbürgerei ist, ist ein Versuch, aus dem Individuum ein Zwangsjackenopfer zu machen, das bei allen seinen Taten mit der Gewissheit leben muss, dass es von der Partei stets kontrolliert und observiert wird und als Subjekt, wenn es denn keinen „Blaumann“ an hat, ihrem Vernichtungsfeldzug ausgesetzt ist.

Unter diesem Gütezeichen erfährt man aus „Teil II, 1. Halbband“ der „Geschichte der MLPD“, dass es, bevor es zum 1. Delegiertentag des KABD im August 1972 kam, einen „ideologischen-politischen Klärungsprozess“ gegeben hatte, mit dem eine  „qualitativ höhere Stufe des Parteiaufbaus erreicht“ worden wäre. Und: „Die Vereinheitlichung in ideologischen, politischen und organisatorischen Fragen war der Wegweiser für den Zusammenschluss beider Organisationen (gemeint waren der KAB/ML und die KPD/ML-RW (NRW), d. Vf.) als Vorstufe für eine marxistisch-leninistische Partei in Westdeutschland.“ (10)

Außer einem vorgefassten Urteil über jene „epochemachenden Ereignisse“ kann bereits die Einleitung dieser Geschichte keinerlei sinnvollen und logischen Zusammenhang erhellen. Mit baren und leeren Deklaration, die mit einigen unverwüstlichen Propagandatricks gemixt sind, rufen diese Sätze in Erinnerung, dass das fromme Lehrer-Schüler-Verhältnis jeden in Unmündigkeit hält, der bestrebt ist, mittels Kraft der Reflexion einen Ausweg aus diesem Labyrinth zu finden.

Die Voraussetzungen zum Parteiaufbau, die als „Bund“ vorbereitet werden sollten, waren schematisch aus der Leninschen „Iskra“-Periode entlehnt und übernommen worden. Lenin hatte in seinem Artikel: „Die Stellung des Bund in der Partei“ davon geredet, dass es ihm gelingen müsse, erst die „Grundlagen für den Bund“ zu schaffen (11), und mit ihm dem „Weg der Verschmelzung“ der Partei einzuschlagen. (12)

Vor allem war es aber die Schrift Lenins: „Brief an einen Genossen über unsere organisatorischen Aufgaben“, in der es um die „ideologisch, praktisch-politisch und organisatorische“ Bedeutung der zukünftigen russischen Sozialdemokratie ging (13), die ohne Skrupel kopiert worden war, um die Richtigkeit des Vorgehens der MLPD mittels eines „Klassikers“ zu beweisen.

Dass das nur der eigenen - und damit verfälschten - Geschichtsschreibung diente, liegt auf der Hand. Die MLPD hatte jene zeitbedingte Auffassung Lenins einfach auf ihre eigenen Verhältnisse übertragen und daraus einen Cocktail von Theoremen und Ideologemen zusammengerührt, die sich aus langen umwölkten Monologen nährten.

„Die Gründung der MLPD war ein Sieg des Vertrauens in die klassenbewussten Arbeiter, ein Beweis ihrer Bereitschaft und Fähigkeit, sich die Wissenschaft des Marxismus-Leninismus anzueignen und sie schöpferisch anzuwenden …“ (14)

Eine merkwürdige Retrospektive sticht hier ins Auge: Sollten es tatsächlich  „klassenbewusste Arbeiter“ gewesen sein, die aus der MLPD Geister mit Weltvisionen gemacht haben? Wenn eine solche Kommunikation stattgefunden hat, dann gibt diese Gruppe hier ein unverblümtes Geheimnis preis, das an die berühmte Froschkönigsaga erinnert, in der der Prinz die Kröte küsst und fortan mit einer lieblichen Königin durchs Land zieht.

Es ist ja nicht nur dieser krude Geist, der diese „Geschichte“ auf Schritt und Tritt verfolgt, es sind die leeren Satzhülsen, die die Vordenker der Revolte anpreisen, um ein für allemal, mit verquerten historischen Analogien, ihre Großraumphantasien zu begründen.

Nachdem der „Klärungsprozess“, der an Karl Jaspers „Weg der Reinigung als Lehre“ erinnert, in das Stadium der Zusammenarbeit überführt wurde, konnte die Gruppe auf ihr beliebtes Steckenpferd, die Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, setzen, das sogleich zusammen mit deren „Richtlinien“ und dem gemeinsamen (innerorganisatorischen) Organ „Lernen für den Kampf“ sowie den Agitationsbroschüren „Verteidigt den Marxismus-Leninismus“, „Arbeiter und Bauern im ganzen Land“ und der „Dialektischen Methode in der Arbeiterbewegung“ (15) dem Weltvolk als schöpferische Neuentwicklung verkauft wurde.

Die „Bedeutung des Revolutionären Wegs 6“ („Die dialektische Methode in der Arbeiterbewegung“, d. Vf.) soll darin bestanden haben, „dass er das Wesen des dialektischen und historischen Materialismus aufzeigt … Der Revolutionäre Weg 6 verbindet grundlegende theoretische Fragen mit den konkreten Aufgaben der damaligen Situation und ist eine scharfe Waffe im Kampf gegen den Opportunismus. Seine wichtigste Aufgabe bestand darin, mit der Anwendung der dialektischen Methode auf die entscheidenden Fragen des Klassenkampfes und Parteiaufbau wesentliche Voraussetzungen für die erfolgreiche Vereinigung der beiden Organisationen zu schaffen.“ (16)

Jene „dialektische Methode“ (17) war nach einem einfachen, vorkonzipierten Plan erstellt. Im Mittelpunkt der Betrachtungen stand die „richtige Strategie und Taktik im Klassenkampf“, die sich in unter „kleinbürgerlicher Führung stehenden Gruppen“ nicht entwickeln könne. Sie würden im täglichen Leben des Kampfes stets einen „falschen marxistisch-leninistischen Standpunkt“ einnehmen, „ihn verteidigen“ und in „die Parteiorganisationen hineintragen“. (18)

Jene Gegenüberstellungen, die ohne den „kleinbürgerlichen“ Stallgeruch nicht zu denken waren, offenbarten jene Geschichtslosigkeit, die Karl Marx einst mit „Vulgärmaterialismus“ bezeichnet hatte, jenen nämlich, der das kommunikative Handeln auf instrumentelles zurückführt. Das ist möglicherweise der Knotenpunkt dieser Darstellungen überhaupt: Denn dieser „II. Teil“ gipfelt in der Selbstbestätigung des absolut richtigen Denkens, dem sogleich eine Begründung für die „historische Mission des Proletariats“ nachgeschoben wird. Auf die verschärften Angriffe reagiere „die Arbeiterklasse mit vermehrten Kämpfen und wachsendem Klassenbewusstsein.“

„Die Kraft ihrer Klasse ist ungebrochen … Die Aktionseinheit wächst … In den zahlreichen Kämpfen um materielle und soziale Verbesserungen für die Schaffenden entwickelt sich das Klassenbewusstsein.“ (19)

Daher konnte der 1. Zentrale Delegiertentag des KABD, der u. a. unter dem Motto geführt wurde: „Vorwärts mit dem KABD gegen das Monopolkapital“, „Vorwärts zum Sozialismus. Aktionsprogramm gegen die Monopoloffensive“ (20), auch eine große Bedeutung erlangen; denn er schuf den auf Eis gelegten „Vereinigungsparteitag“ nach 2 Jahren „enger Zusammenarbeit“, wobei „eng“ nicht mehr als ein Füllsel war und mehr dem devastierten Zustand beider Organisationen entsprach.

Dass der Leser dieser „Geschichte“ hier hinters Licht geführt wird, kristallisiert sich allerdings erst nach dem Studium der Dokumente über den Werdegang des KABD/MLPD heraus. Denn Willi Dickhut propagierte nach mehrmaligem Scheitern „seine“ Organisation, die auf „seinen“ Gedanken basierte im Tübinger Ländl. Mit einer zentralistischen Organisation konnte er bekanntlich nichts anfangen. (21) Sie musste „überschaubar“ sein und unter seinem Einfluss stehen. Da der KAB/ML sich damals in seiner politischen Arbeit zurückhielt und auch über keinen nennenswerten Einfluss verfügte, beschränkte er sich zunehmend auf die reine regionale Festigung sowie Kontakte zur Solinger KPD/ML-RW. (22)

Von einer „allseitigen Vereinigung“ konnte somit nicht die Rede sein. Der 1. ZDT war auch nur eine Veranstaltung im eigenen Haus, wo Willi Dickhut, der die Eröffnungsrede hielt, „seine richtige Linie“ vorstellte, die „Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit“. (23)

Das Gründungsfieber der Gruppe, das mit der „Entlarvung des modernen Revisionismus“ verbunden war, führte nach der Vorstellung der Schrift „Einige Grundfragen des Parteiaufbaus“ auch wieder zu heftigen Schlägen gegen die „kleinbürgerliche Herkunft“. (24) Da Dickhut die damalige Kontrollkommission nahezu in Alleinregie führte, konnte er allen „kleinbürgerlichen Intellektuellen“ mit gestrickten Vermutungen und lancierten Verdächtigungen eine barsche Abfuhr erteilen.

Der „Parteiaufbau vom KABD zur MLPD“ entkleidet sich vor diesem Hintergrund als Formalismus. Denn die dort gemachten Behauptungen waren nach Schema F zusammengesetzt und mit selbstgestellten Maßstäben versehen: „Wie alle Kleinbürger fühlte er sich (N.N., d. Vf.) nur im Zirkel wohl … er war nicht fähig, sich von seiner kleinbürgerlichen Einstellung zu lösen und sich auf den neuen Kurs des KABD einzustellen … und hatte ein kleinbürgerliches Verständnis von Kritik und Selbstkritik …“ (25)

Diese Rhetorik bemühte sich auch immer wieder krampfhaft darum, auf die früheste Entpuppungsform der KPD/ML zurückzugreifen, wenn die Couleur aus Trotzkisten, Spaltern und Opportunisten ihre Stimme erhob. „Die Links’sektierer‘ um Aust und Genger haben dieses Organisationsprinzip (gemeint war der demokratische Zentralismus, d. Vf.) zerstört … Damit konnten sich die Widersprüche aufstauen und führten zum schnellen Zerfall der KPD/ML-ZB).“ (26)

Dass den „Kleinbürgern“ alles angedichtet wird, ist zwar Unfug, hat aber im System des KABD eine zentrale Bedeutung. In dem Maße nämlich, wie sich der Kampf zwischen „proletarischer und kleinbürgerlicher Ideologie“ verschärft und sich, im Sinne des Proletariats, hin zum „proletarischem Bewusstsein“ entwickelt, hat die „proletarische Linie“ gesiegt. Die sanktionierten Auffassungen des „Revolutionären Weges“ feiern dann hier einen selten erlebten Sieg.

Die Auflistung, die nun in der „Geschichte“ folgt, setzt sich fort mit dem „Kampf um den proletarischen Arbeitsstil“ (27), der KABD-Vorschriften zur „Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit“ (28), um dann in die „Arbeiteroffensive gegen Monopoloffensive“ (29) einzumünden.

Das gewonnene Bild bestätigt sich: Der KABD/MLPD suchte sich zwecks Parteibildungsprozess einen Popanz aus, der, und das ist das Interessante, ständig wechselte, aber immer einen nicht zu übersehenden Makel mit sich herumschleppte, seine „Kleinbürgerlichkeit“. Selbst die „Arbeiteroffensive gegen Monopoloffensive“, jene Klassenkampfstrategie ohne Arbeiter, musste sich gegen eine „kleinbürgerliche Linie“ bei der Aufstellung der Losungen zum 1. Mai 1973 wehren. (30)

Doch auch hier wies Willi Dickhut in „Lernen und Kämpfen“ nach, dass der „1. Mai als internationaler Kampftag des Proletariats ganz besonders geeignet ist, das Ziel des Befreiungskampfes der Arbeiterklasse, den Sozialismus … zu propagieren.“ (31)

Besonders fragwürdig wird dieses Kapitel, wenn der KABD/MLPD die „35-Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich“ als seine eigene Forderung bezeichnet: „… wurde diese Losung vom KABD … zur wichtigsten Kampflosung gegen die Auswirkungen der kapitalistischen Rationalisierung und der Massenarbeitslosigkeit“. (32)

Dass dem nicht so war, konnte man ab der zweiten Hälfte der 1980er Jahre feststellen. Die sich stets verselbständigenden Losungen wirkten wie eine Generalermächtigung, die die Gründerfigur Willi Dickhut in seiner unnachgiebigen proletarischen Art und Weise der Organisation ins Gebetbuch schrieb. Dem konnte selbst die eigentliche Zersplitterung der Organisation ab 1977 nichts anhaben; denn die Arbeiterklasse habe ja bewiesen, dass sie die „Notwendigkeit des Kampfes gegen die Monopolbourgeoisie erkannt habe …“. (33)

Möglich war, dass aus dieser Fiktion heraus der „Revolutionäre Weg“ 13/14 („Wirtschaftsentwicklung und Klassenkampf“) entstand, der „die objektiven Ursachen (einer Wirtschaftskrise, d. Vf.) … mit Hilfe dieser Analyse benannte“. (34) Die erhoffte Zuspitzung des Klassenkampfes blieb selbst unter Zuhilfenahme „dieser Analyse“ aus. Hier wollte man nach bekannter Art mitmischen und Zeichen setzen. Jedoch waren die objektive wirtschaftliche und politische Lage und der KABD/MLPD grundverschiedene Dinge. Die propagierte „Arbeiteroffensive“ war somit rein vordergründig und von außen auch gar nicht zu beeinflussen.

Die Sammlung von Daten und Fakten für diese beiden Bände, die vollmundig beschrieben wurden, dienten nur der Kampagnenpolitik, den Augenblickserfolgen und den Werbekampagnen, die wie Produkte aus der Kosmetikindustrie angepriesen worden waren. Dass dementsprechend die beschriebene „politische Lage“ in Westdeutschland 1973/74 (35) in die bekannte „Arbeiteroffensive“ einmünden musste, verwundert vor diesem Hintergrund nicht. Sie war wie die spätere „AEG-Kampagne“ oder die „Große Initiative“ vom gleichen Muster, der Runderneuerung, von der allerdings nicht viel zu sehen war. Das hier und da Kontakte geknüpft worden waren, wie die „Geschichte“ zum Ausdruck bringen will, besagt gar nichts.

Jene Zentrale Leitung, die beständig von der „kleinbürgerlicher Zersetzung“ bedroht war, ständig ausgetauscht und später sogar komplett abgelöst wurde, bestach nur durch Misserfolge. Und trotz der Anspannung „aller Kräfte“ gelang ihr der „entscheidende Sprung“ nicht. Man könnte hier auch eher mutmaßen, dass der KABD/MLPD seine einst gewonnenen „Erkenntnisse“ aus der Gründerzeit der KPD/ML stets mitschleppte und sich an den Praktikern des Zentralbüros orientierte; denn auch dort war jene Kampagnenpolitik zur Erlebnisgröße geworden, die das Gerüst der Organisation erst auf die Beine stellte.

Mit der Krise der KPD/ML im Frühjahr 1970, die mit der Spaltung der Organisation endete, konstituiere sich auch eine weitere Gruppe der KPD/ML, die KPD/ML-RW und der KJVD-RW. Beide Gruppen, die ausschließlich in NRW arbeiteten, verfügten nur über eine Handvoll Mitstreiter, wobei der KJVD-RW nun gar nicht als „Gruppe“ bezeichnet werden konnte, da er faktisch, außer einem Namenstausch, gar nicht existierte. Es war eigentlich nur die Bezeichnung, die die KPD/ML-RW vom KJVD der KPD/ML-Zentralbüro übernommen hatte, um auch somit den eigenständigen Weg der Jugendorganisation ohne „Kleinbürger“ zu dokumentieren.

Zur Vereinigung der Organisation KAB/ML und KPD/ML-RW gehörte dann konsequenterweise auch die Vereinigung beider Jugendorganisationen, die auch sogleich alle Differenzen ausräumten. (36) Darüber und über ein weiteres Überbleibsel dieser Spaltung, die KPD/ML-Neue Einheit und KJVD (West)-Berlin, fällt dem KABD/MLPD nichts anderes ein, als sich in der Behauptung zu verlieren, dass die Gruppe nach begonnener Zusammenarbeit „ihren sektiererischen Weg alleine fortsetzte“. (37)

Auf der Web-Seite der KPD/ML-Neue Einheit kann mehr über diese Differenzen anhand der damaligen Briefwechsel zwischen W. Dickhut und der Gruppe nachgelesen werden. (38) Danach waren die taktischen Winkelzüge Dickhuts, die mit einem unverblümten Parteianspruch verbunden waren, ein „Salto rückwärts aus der gesamten revolutionären Bewegung …“ (39)

Dass der KABD/MLPD sich trotzdem in die Behauptung verstrickte, dass der RJVD „nach zähem Kampf um die ideologisch politischen Grundlagen (eine) erfolgte Vereinigung führte … sollte zu großer Begeisterung und zu neuem Schwung führen …“ (40), kann nur als Unkenntnis über die eigenen organisatorischen Strukturen bezeichnet werden.

Dass der KSG und der MLSG nur kurze Abschnitte gewidmet sind (41), ist bezeichnend. Was sollte man auch mit „kleinbürgerlichen“ Gruppen anfangen? Dass er sie später fallen lässt und aus ihr, ähnlich wie es das Zentralbüro der KPD/ML mit studentischen Kräften tat, „Unterstützungsgruppen“ machte, war nur zwangsläufig; denn eine proletarische Organisation kann ihren „Klassenverrat“ nicht akzeptieren. Dabei waren sie es gerade, die die Gruppe, aus der einst der KAB/ML kroch, das „Zentrale Aktionskomitee“, bildete, zu dem es in der Zwischenzeit reichhaltig Informationen gibt. (42)

So gestählt und von den Rest-Überbleibseln jedweder „Kleinbürgerlichkeit“ entkleidet, wurde mit dem 2. ZDT des KABD (1974) trotz einer „bedrohlichen Entwicklung in allen drei Organisationen“ (43) der „agitatorische Sturm“ entfacht. Der Krise der „kleinbürgerlichen Elemente“ wurden die Erfolge der „proletarischen Linie“ und das „Arbeiterkampfprogramm“ entgegengehalten (44). Da über allem stets die Kontrollkommission wachte, „erzieherisch“ wirkte, sich erklärte, Verlautbarungen und Stellungnahmen in die bedrohten Organisationen schickte, und stets ihr Ohr an den „Massen“ hatte, konnte die “ proletarische Denkweise siegen“. (45)

Die Gruppe hat trotz der Offenlegung einiger Dokumente, die die Krise der Organisation bereits zu dieser Zeit deutlich belegen, darauf verzichtet, die Dokumente der innerorganisatorischen Kritiker zu veröffentlichen. Aus dieser Geschichte erfährt der Leser nur das, was dazu beiträgt, die temporäre Platzhalterrolle des KABD/MLPD in der Geschichte der Bewegung einzunehmen und zu verteidigen. Die damaligen chaotischen Fraktionskämpfe waren vor dem späteren Hintergrund des Kampfes gegen die „Kleinbürger“ Gerd Flatow oder G. Jacob, dem sogar ein eigener „Revolutionärer Weg“ gewidmet wurde (46), hier nachgeschoben und aufwendig begründet.

Das verwundert nicht; denn das System musste praktisch in jedem Satz durchgehalten werden: Es geht um die Verteidigung des Attributs „proletarisch“ und der Ausstattung des Proletariats mit dieser Denkweise. Dass die Arbeiterklasse zunächst von einer bürgerlichen Ideologie geprägt ist und dass der wissenschaftliche Sozialismus außerhalb der Arbeiterklasse und unabhängig von ihr entstanden ist, interessiert nicht. Die lyrisch-revolutionäre Hausapotheke muss mit dem Deckenanstrich „Gegen das Liquidatorentum“, dem beflügelten Jugendsturm, und der sich stets erneuerten Bewegung, dem Fetisch der universellen Organisation beseelt werden.

Der Text des Konzepts der „Geschichte“ verläuft auf einer eigenartigen Linie. Nachdem sich das ZK mit dem 2. Delegiertentag der KSG (1975), dem 2. Verbandsdelegiertentag des RJVD (1975) beschäftigt hat (47), widmet es der „Klausurtagung“ der ZL (Ende 1975) nun fast 1/3 ihres „II. Teil, 1. Halbband“.

Diese „Klausurtagung“ soll nach eigenem Bekunden der „gefährlichste Angriff auf die proletarische Organisation“ gewesen sein. (48) Der Buhmann für eine „bürgerliche Linie“ der Organisation war schnell gefunden. Sie hing sich praktisch an einer einzigen Person auf, Günther Jacob. Was ihm in dieser „Geschichte“ vorgeworfen wurde, kann nicht wiedergegeben werden. Dokumente dazu sind u. a. auf im Mao-Projekt nachzulesen. Auch wenn man es nicht tun will, so bleiben die unverhohlenen Provokationstechniken über, die der KABD/MLPD immer dann anwandte, wenn die Sprengung der Organisation drohte und wenn sich Intellektuelle (obwohl G. Jacob keiner war!) anmaßten, die Charakterpanzerung abzulegen.

„Günther Jacobs Neuorientierung war aber nichts anderes als ein Angriff auf die ideologisch-politische Linie des KABD und der Versuch, eine linksopportunistische Linie mit rechten Fehlern durchzusetzen.“ (49) Und: „Die Methode der Kritik-Selbstkritik-Bewegung führte die Mitglieder zum Kampf gegen die eigentliche Wurzel der Angriffe: Die kleinbürgerliche Denkweise. Unverbesserliche Elemente wie Jacob und seine Gefolgschaft hatten bei diesem Vorgehen keine Chance mehr, die Führung des KABD an sich zu reißen und der Organisation eine antimarxistische Linie aufzupropfen. Sie wurden entlarvt und vollständig isoliert …“ (50)

Dass Dickhut im „Aufruf der ZKK zur Kritik-Selbstkritik-Bewegung im KABD: Der Kampf zweier Linien in der Zentralen Leitung des KABD“ (51) auf die gleichen Argumente zurückgriff, die er schon im Kampf gegen die „kleinbürgerlichen Elemente“ des Zentralbüros zum Besten gegeben hatte, konnte nicht verwundern; denn auch hier fand ein Personenaustausch statt, der in der KPD/ML bereits ständiges Thema war, wenn es darum ging, einen generationellen Kern in der Traditionslinie der Arbeiterbewegung herauszuschälen.

Die sich entwickelnde Kampagne gegen das „Liquidatorentum“ (52) kann nur als alptraumhaftes Drogenszenario bezeichnet werden. Stellvertretend für die schlimmsten Blüten, die diese Bewegung produzierte, sei zitiert: „Wie gemein und hinterhältig war dieses Vorgehen, wie niedrig und verachtungswürdig eine solche Haltung angesichts Tausender proletarischer Kämpfer, die in der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung selbstlos ihr Leben für die große Sache des Proletariats eingesetzt hatte.“ (53)

„Liquidatoren“ im KABD/MLPD waren stets jene, die sich anmaßten, Kritik zu üben, oder das zumindest versuchten. Man könnte es auch so formulieren: Ein „Liquidator“ war jemand, der, ganz gleich aus welchen Gründen auch immer, Dickhut Schwierigkeiten bereitete. Und weil das so war, stellten seit Anbeginn der „Geschichte der MLPD“ diese Anwürfe angeblich eine „marxistische“ Bereicherung dar – sie waren jedoch nur der „ideologischen“ Denunziation und dem überbauten globalen Feindbild dienlich.

Dass der „Revolutionäre Weg“ 15/1976 den bezeichnenden Titel „Kampf dem Liquidatorentum“ trug, kann nicht beeindrucken. Am einfachsten ist es, dieser transzendenten Schrift mit Ablehnung zu begegnen, da hier eine imaginäre Hauptkampflinie gestrickt wurde, die sich nach Möglichkeit in der Welt verankern sollte. Diese wurde gestutzt, verfälscht und auf die reinen Bedürfnisse des KABD/MLPD zurechtgeschnitten. (54)

Den eigentlichen Beginn des „Liquidatorenkampfes“ führte jedoch die sog. „Blaue Beilage“ der „Roten Fahne“ des KABD. Neben dem „Revolutionären Weg“ war sie es, die als damaliges Steckenpferd Willi Dickhuts bezeichnet werden kann, die alle Hauptaufgaben, Kampagnen, Ziele, Taktiken, Kampfprogramme usw. begründete und vorgab. Der Inhalt dieser Beilagen beschränkte sich zu dieser Zeit auf die Propagierung der Notwendigkeit des Kampfes gegen die „Liquidatoren“. Kritiker des KABD sollten ihr später entgegen halten: „Die Blaue Beilage entlarvt sich als Machwerk, das im Grunde diejenigen treffen und als Liquidatoren verunglimpfen soll, die sich nach Kräften um einen Ausweg aus Krise und Niedergang der westdeutschen ml-Bewegung bemühen … Die KABD-Führung führt also nur scheinbar die Auseinandersetzung und trägt nicht dazu bei, die Fehler der ML-Bewegung zu überwinden und eine neue Etappe zum Aufbau der marxistisch-leninistischen Partei einzuleiten …“ (55)

Der „3. Zentrale Delegiertentag“ 1976/77, der Mitte Dezember 1976 begann und wegen Formfehler im März 1977 fortgesetzt werden musste, brachte in der Summe die Erkenntnis hervor, dass die Aufgaben, die sich der KABD/MLPD gestellt hatte, nicht erfüllt worden waren. Doch anstatt eine Abrechnung mit der eigenen Vergangenheit vorzunehmen, meinte die Geschichte: „Die Einheit von Theorie und Praxis, von Parteiaufbau und Klassenkampf war empfindlich gestört. Erst hatten sich - bedingt durch die Schwäche der Zentralen Leitung, die den agitatorischen Sturm nicht anleitete - ökonomistische Fehler eingeschlichen, dann hatte die Zentrale Leitung - unter Einfluss des Liquidators Günther Jacob - den agitatorischen Sturm eine Zeitlang ganz gestrichen. Wo aber Ortsgruppen an der Umsetzung des agitatorischen Sturms festhielten, da zeigte sich die Richtigkeit dieser Politik.“ (56)

Im März 1977, also gut 3 Monate später, schienen alle Fehler ausgeräumt zu sein. Ohne den „agitatorischen Sturm“ überhaupt noch zu erwähnen, meinte die Geschichte selbstgerecht: „Nach zähem Ringen war es schließlich gelungen, alle Mitglieder der Zentralen Leitung … zu bewegen, sich von der falschen Linie der Klausurtagung loszusagen … Die Delegierten folgten der Empfehlung der Zentralen Kontrollkommission und wählten eine neue Zentrale Leitung …“ (57)

Seinen Erkenntnissen blieb der KABD seit der Gründung der KPD/ML allerdings treu. Von einem Linienschwenk konnte nicht geredet werden. Er baute sie aus und versuchte stets, mit dem Austausch von Leitungen seine praktizistische Organisation vor Krisen zu schützen. Dass ihm das nicht gelingen sollte, zeigte sich später an einer seiner Vorzeigeortsgruppen, der Ortsgruppe Ulm, die es doch auf dem 4. Zentralen Delegiertentag des KABD (Anfang 1979) tatsächlich wagte, den ganzen Organisationsklüngel in Frage zu stellen. (58)

Selbst mit dem Ausscheiden Dickhuts aus der Kontrollkommission auf dem 3. ZDT war an keine Stabilisation der Organisation zu denken. Ganz im Gegenteil. Der KABD bereitete sich selbst auf seine nächsten Niederlagen vor: Drei-Welten-Theorie, Abkehr von China, von Albanien und von all denjenigen, die ihm einst treue Dienste leisteten, etwa Gerd Flatow, der zu den Mitbegründern der Organisation gehörte und dem Dickhut einst vorwarf, nicht nur „Parteifeind“ zu sein, sondern: „In der Sprache eines wildgewordenen Kleinbürgers, der sich gegen Disziplin und Zentralismus der proletarischen Organisation auflehnt, weil er sich in seinem kleinbürgerlichen Unabhängigkeitsstreben getroffen sieht, griff Gerd das Statut und die Zentrale Leitung des KABD an … Die kleinbürgerliche Denkweise wurde vorherrschend und setzte seinem früheren aktiven und langjährigen Einsatz für die Organisation ein Ende … Bei der Untersuchung der Ortsgruppe Düsseldorf stellte sich heraus, dass Gerd keine praktische Verbindung zu Arbeitern hatte, während er zahlreiche Kontakte zu kleinbürgerlichen Intellektuellen pflegte.“ (59)

Wenn die Dinge nicht so ernst gewesen wären, dann hätte man hinsichtlich dieser Anwürfe nur den Kopf schütteln können, doch das Problem saß und sitzt tiefer. Es war und ist die Selbstsicherheit dieser Partei, die den Eindruck macht, dass nur ein Zurück zu „den Quellen“ der Arbeiterbewegung, zu den authentischen Anfängen der Zeiten des Friedrich Engelsschen „Manchesterkapitalismus“ mit einer Arbeiterklasse, die sich ohne Studienausgaben und Büchertischen auf den Barrikaden befand, also zu den zentralen Orten jener Bewegung, die proletarische Atmosphäre atmete und in der konzentriertesten Ausprägung den „reinen“ Proletarier gebar, alle Probleme aus der Welt schaffen würde.

Letztlich greift die Organisation nur auf ein illuminiertes Laboratorium zurück, das stets die Segmente der Arbeiterbewegtheit in sich brodeln lässt. Hier fühlt man sich wohl. Und kann jeden moralisierenden Relativismus anwenden, wenn es darum geht, den Verfremdungen des alten Funktionärsapparates der KPD Einhalt zu gebieten.

Ein schmaler Beitrag des „II. Teil, 1. Halbband“ ist der DKP-Führung und der Entwicklung der Nebenorganisationen des KABD gewidmet. Der Umschlag von der totalen Vergötzung Maos (60) bis hin zur „rechtsopportunistischen Drei-Welten-Theorie Deng Xiaopings“ (61) kann als enorm bezeichnet werden. Die Linie des KABD trug hier insgesamt das Signum der Künstlichkeit und des rein Ausgedachten. Der Angriff auf die „Diktatur des Proletariats“ und die Zerstörung dieser durch „Deng“ und „Hua“ (62) wurde als „Spaltung und Liquidatorentum“ bezeichnet (63), als „kleinbürgerliche Linie“. (64) Auch damit blieb der KABD seinen importierten Zauberworten über die „Verteidigung der Diktatur des Proletariats“ und der kopflos gewordenen Identifikation mit zusammengezimmerten Führern der Arbeiterbewegung treu. Überall, so lernt man hier, wirkt also das „Kleinbürger- und Liquidatorentum“, das sich wie eine Weltformel rund um den Globus spannt.

Vor der eigenen Haustür indes weiß der KABD/MLPD, wie er sich nach dem Tod des Parteiführers Willi Dickhut bei den „Massen“ beliebt machen kann. Durch die Inthronisierung des jetzigen Parteivorsitzenden Stefan Engel ist die Kontinuität der Reinheit der „proletarischen Denkweise“ und des „proletarischen Bewusstseins“ gewahrt, frei nach einem überlieferten Mao Spruch: „Wenn Du (zu Hua Guofeng, d. Vf.) die Sache in den Händen hältst, dann ist es mir wohler ums Herz.“

„Am Ende stand ein neues Sekretariat, und zum politischen Leiter des RJVD (später rückte Engel in das ZK der MLPD auf und wurde deren 1. Sekretär, d. Vf.) wurde Stefan Engel gewählt. Eine Wende in der Leitungstätigkeit wurde eingeleitet.“ (65)


Anmerkungen:

(1) Vgl. Dietmar Kesten: Rezension des Buches „Geschichte der MLPD. I. Teil: Entstehung, Entwicklung und Ende der „marxistisch-leninistischen Bewegung“, Stuttgart 1985; in: Materialien zur Analyse von Opposition (MAO), Datenbankprojekt.

(2) Vgl. ZK der MLPD (Hrsg.): Geschichte der MLPD, I. Teil, Stuttgart 1985, S. 414.

(3) Ebd., S. 412.

(4) Ebd., S. 405.

(5) Vgl. u. a.: Autorenkollektiv Maoismus in der BRD, Berlin (West), o. O., o. J., S. 1.

1986 trafen sich in Westberlin Mitarbeiter der MAO-Chronik, um „Über die Geschichte der MLPD“ zu diskutieren. Unveröffentlichtes Ergebnis dieser Gespräche war ein Papier mit dem Titel: „Geschichte der MLPD …“, hrsg. Vom „Autorenkollektiv Maoismus in der BRD“. Für die dort gemachten Angaben verbürgt sich der Autor.

(6) Ebd., Brief des ZK der MLPD an N. N., 15. November 1985.

(7) Vgl. ZK der MLPD (Hrsg.): Geschichte der MLPD, II. Teil, 1. Halbband: Parteiaufbau vom KABD zur MLPD, Düsseldorf 1986, S. 238.

(8) Vgl. ZK der MLPD (Hrsg.): Geschichte der MLPD, II. Teil, 2. Halbband: Parteiaufbau vom KABD zur MLPD, Düsseldorf 1986, S. 500.

(9) Ebd., S. 634.

(10) Vgl. ZK der MLPD (Hrsg.): Geschichte der MLPD, II. Teil, 1. Halbband: Parteiaufbau vom KABD zur MLPD, Düsseldorf 1986, S. 19f.

(11) Vgl. W. I. Lenin: Werke, Bd. 7, (Ost-)Berlin 1968, S. 82.

(12) Ebd., S. 93.

(13). Vgl. W. I. Lenin: Über den Parteiaufbau, (Ost-)Berlin 1959, S. 110ff.

(14) Vgl. ZK der MLPD (Hrsg.): Geschichte der MLPD, II. Teil, 1. Halbband: Parteiaufbau vom KABD zur MLPD, Düsseldorf 1986, S.17.

(15) Ebd., S. 24ff.

(16) Ebd., S. 35.

(17) Vgl. Dietmar Kesten: Zur Geschichte der KPD/ML (Zentralkomitee), Teil 3: Das Jahr 1969 (erstes Halbjahr).

(18) Vgl. ZK der MLPD (Hrsg.): Geschichte der MLPD, II. Teil, 1. Halbband: Parteiaufbau vom KABD zur MLPD, Düsseldorf 1986, S.38.

(19) Ebd., S. 53.

(20) Ebd., S. 53ff.

(21) Vgl. Dietmar Kesten: Zur Geschichte der KPD/ML (Zentralkomitee), Teil 5.

(22) Vgl. Jürgen Schröder: Regierungsbezirk Stuttgart; Regierungsbezirk Tübingen; Ideologischer Kampf vs. Regionale Hegemonie. Ein Beitrag zur Untersuchung der K-Gruppen, Abschnitt 1.3.4.

(23) Vgl. Helmut Modau: KABD vor dem Untergang? Einige Bemerkungen zur aktuellen Entwicklung, in: Aufsätze zur Diskussion 9/10, Frankfurt/M. 1980, S. 60ff.

(24) Vgl. ZK der MLPD (Hrsg.): Geschichte der MLPD, II. Teil, 1. Halbband: Parteiaufbau vom KABD zur MLPD, Düsseldorf 1986, S. 60ff.

(25) Vgl. ZK der MLPD (Hrsg.): Geschichte der MLPD, II. Teil, 1. Halbband: Parteiaufbau vom KABD zur MLPD, Düsseldorf 1986, S. 62ff.

(26) Ebd., S. 70.

(27) Ebd., S. 70ff.

(28) Ebd., S. 80ff.

(29) Ebd., S. 98ff.

(30) Ebd., S. 98ff.

(31) Ebd., S. 100.

(32) Ebd., S. 101.

(33) Ebd., S. 115.

(34) Ebd., S. 105ff.

(35) Ebd., S. 112ff.

(36) Ebd., S. 125ff.

(37) Ebd., S. 130.

(38) Homepage der Gruppe Neue Einheit, früher KPD/ML (Neue Einheit): http://www.neue-einheit.com

(39) Ebd.

(40) Ebd., S. 139.

(41) Ebd., S. 139ff.

(42) Vgl. Jürgen Schröder: Ostalbkreis; Jürgen Schröder: Ludwigsburg; Jürgen Schröder: Mainz und Kreis Mainz-Bingen; Dietmar Kesten: Zur Geschichte der KPD/ML (Zentralkomitee); Dietmar Kesten: Zur Geschichte der KPD/ML (Zentralbüro); Dietmar Kesten: Rezension der Geschichte der MLPD, I. Teil; Helmut Modau: Zur Geschichte der KPD/ML und des KABD, o. O., 1979; Aufsätze zur Diskussion, Februar 1980.

(43) ZK der MLPD (Hrsg.): Geschichte der MLPD, II. Teil, 1. Halbband: Parteiaufbau vom KABD zur MLPD, Düsseldorf 1986, S. 144ff.

(44) Ebd., S. 143ff.

(45) Ebd., S. 155.

(46) Vgl. Revolutionärer Weg 15/1976 („Kampf dem Liquidatorentum“).

(47) Vgl. ZK der MLPD (Hrsg.): Geschichte der MLPD, II. Teil, 1. Halbband: Parteiaufbau vom KABD zur MLPD, Düsseldorf 1986, S. 167ff.

(48) Ebd., S. 200ff.

(49) Ebd., S. 201.

(50) Ebd., S. 215.

(51) ZKK des KABD: Aufruf der ZKK zur Kritik-Selbstkritik-Bewegung im KABD: Der Kampf zweier Linien in der Zentralen Leitung des KABD, o. O., o. J. (1976)

(52) Vgl. ZK der MLPD (Hrsg.): Geschichte der MLPD, II. Teil, 1. Halbband: Parteiaufbau vom KABD zur MLPD, Düsseldorf 1986, S. 222ff.

(53) Ebd., S. 222.

(54) Ebd., S. 235ff.

(55) Zitiert nach: Aufsätze zur Diskussion, Nr. 9/10, 1980, S. 68.

(56) Vgl. ZK der MLPD (Hrsg.): Geschichte der MLPD, II. Teil, 1. Halbband: Parteiaufbau vom KABD zur MLPD, Düsseldorf 1986, S. 244.

(57) Ebd., S. 249.

(58) Vgl. Vgl. ZK der MLPD (Hrsg.): Geschichte der MLPD, II. Teil, 2. Halbband: Parteiaufbau vom KABD zur MLPD, Düsseldorf 1986, S. 440ff.

Im Berliner Archiv „APO und soziale Bewegung“ ist das wichtigste Material dieser Auseinandersetzung einzusehen. Hier die „Bestandsübersicht“: KABD mit sämtlichen Abspaltungen, Ulm (1969 bis 1988 komplett), Frankfurt (komplett), Mannheim, Schweinfurt, Erlangen, Würzburg, Abspaltungen und kleinere Gruppen, Ulm komplett.

(59) Vgl. ZK der MLPD (Hrsg.): Geschichte der MLPD, II. Teil, 2. Halbband: Parteiaufbau vom KABD zur MLPD, Düsseldorf 1986, S. 400f.

(60) Vgl. ZK der MLPD (Hrsg.): Geschichte der MLPD, II. Teil, 1. Halbband: Parteiaufbau vom KABD zur MLPD, Düsseldorf 1986, S. 299ff.

(61) Ebd.

(62) Ebd., S. 305ff.

(63) Ebd., S. 305.

(64) Ebd., S. 301.

(65) Ebd., S. 288.

Eine Rezension des „II. Teil, 2. Halbband“ folgt demnächst.


Anhang

Geschichte der MLPD, II. Teil, 1. Halbband, Inhaltsverzeichnis

Geschichte der MLPD, II. Teil, 1. Halbband, Inhaltsverzeichnis



HandRezension des 1. Teils, Entstehung, Entwicklung und Ende der »marxistisch-leninistischen Bewegung«

HandRezension des 2. Teils, 2. Halbband: Parteiaufbau vom KABD zur MLPD

Letzte Änderung: November 2008

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