Stuttgart: Die Erschießung von Ian McLeod am 25. Juni 1972

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin


Foto von Ian McLeod

Von Ian McLeod ist in dieser Darstellung fast nichts zu erfahren, außer dass er in Verdacht geraten oder der falschen Wohnung war. Seine Erschießung (vgl. 25.6.1972) während einer Fahndung nach der Roten Armee Fraktion (RAF) geschah just zu der Zeit, als neue, sog. Notstandsgesetze verabschiedet werden, wovon nicht nur in Dortmund im Zusammenhang mit McLeod berichtet wird (vgl. 26.6.1972). Auch in Westberlin verquicken sich die, separat dargestellten, Proteste gegen die Tötung McLeods und das 'kleine Notstandspaket'.

Von unmittelbar im Zusammenhang mit der Erschießung McLeods stehenden Protestaktionen wird in dieser Darstellung so vorerst nur aus Stuttgart (vgl. 1.7.1972) berichtet. Artikel darüber aber gab es in vielen linken Publikationen. Von Peter Maiwald wurde das folgende Gedicht verfasst, das auch in der 'Stuttgarter Zeitung' vom 1. Juli 1972 veröffentlicht wurde:

"Grabinschrift Iain MacLeod

Sie öffneten seine Wohnung
und erschossen ihn
aus dem Schrecken
den man ihnen eingejagt
hatte vor Staatsfeinden
und aus Überraschung
dass da ein nackter Mensch
stand vor ihnen."

Die juristische Würdigung der Tötung McLeods, die sich in eine ganze Reihe ähnlicher Fälle einreiht (vgl. 19.5.1973, 21.9.1973), ist zunächst ansatzweise aus Dortmund zu erfahren (vgl. 16.10.1972). Auch in Dortmund wird anlässlich der Erschießung von Erich Dobhardt erneut an Ian McLeod erinnert (vgl. 21.8.1973), während im benachbarten Bochum bei Opel vermutlich die Bezeichnung der Aktion als 'Mord' gerichtlich verfolgt wird (vgl. 7.7.1973, 22.3.1974), obwohl doch offenbar niemand eine Schuld am Tode McLeods trägt (vgl. 3.9.1973).

Die Erschießung Ian McLeods wird auch anlässlich des Todes von Holger Meins erneut eingereiht in weitere Todesfälle, die von linken Gruppen der Polizei bzw. dem MEK etc. angelastet werden, wie anhand von Ausschnitten eines Flugblatts der Roten Hilfe e.V. Dortmund der KPD dargestellt wird (vgl. 11.10.1974).

Bei Opel Bochum sowie vermutlich auch bundesweit klärt die KPD/ML derzeit abschließend für diese Darstellung erneut über die Rechtslage auf (vgl. Nov. 1977).

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

25.06.1972:
In Stuttgart wird Ian Mc Leod im Zuge der RAF-Fahndung durch Polizisten erschossen.

Der AStA der PH Dortmund (vgl. 26.6.1972) berichtet:"
Am 25.6. wurde in Stuttgart der 34 Jahre alte Schotte Ian McLeod durch zwei Schüsse aus einer Maschinenpistole erschossen. Seine Wohnung war ebenfalls mit der Begründung, dies sei ein Treffpunkt der RAF, durchsucht worden.

Wie aus Polizeikreisen bekannt wurde, war McLeod unbewaffnet. Der Polizist gab zwei Schüsse ab, nachdem McLeod die Schlafzimmertür geöffnet und wieder zugeschlagen hatte. Die Schüsse trafen McLeod im Rücken. Es handelte sich natürlich um eine 'eindeutige' Notwehrsituation."

Der AStA der PH Dortmund berichtet später:"
Der Mord an dem Schotten Ian McLeod durch einen Polizisten wurde von der Staatsanwaltschaft als Putativnotwehr - vermeintliche Notwehr - dargestellt; McLeod war nackt und unbewaffnet durch seine Schlafzimmertür hindurch erschossen worden."

Berichtet bzw. protestiert wird durch die KPD/ML-ZB (vgl. 10.7.1972), und die KPD/ML-ZK (vgl. 17.7.1972) sowie auch in:
- Baden-Württemberg durch den Südwestdeutschen Referendarverband (vgl. 10.7.1972) und die Rote Hilfe (RH) Stuttgart (vgl. Juni 1973);
- Bayern in München durch KHB/ML und RSF (vgl. Juli 1972).
- Berlin durch die KPD (vgl. 28.6.1972), eine Aktionseinheit (vgl. 1.7.1972) und durch die KPD/ML-ZB (vgl. 28.6.1972);
- NRW in Dortmund durch die Ortsgruppe (OG) der Roten Hilfe (RH) e.V. der KPD (vgl. 10.11.1974, 11.11.1974, 15.11.1974) und in Herne durch die ASS (vgl. Nov. 1972).
Quellen: Herner Schülerpresse,Herne Nov. 1972,S.8; RH e.V.-OG Dortmund:Holger Meins - im Gefängnis ermordet!,Dortmund o.J. (Nov. 1974),S.1;RH e.V.-OG Dortmund:Verhindert weitere Morde an politischen Gefangenen! Version A und B,Dortmund o.J. (Nov. 1974),S.1;AStA PH Dortmund:AStA-Information Nr.13,Dortmund o.J. (Juni 1972),S.3;DOS Sdr.Nr. Einführung in das PH-Studium,Dortmund o.J. (1972),S.35;KPD/ML-ZB, KJVD, OGML, PEF, KSG, SGdKB, SGK:Aufruf zur Demonstration Kampf dem Bonner Notstandskurs,Berlin o.J. (Juni 1972),S.1;KPD/ML-ZB:Extrablatt der Kommunistischen Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten,Berlin 28.6.1972,S.1;Kommunistische Studentenzeitung Nr.8, München Juli 1972, S.9;Rote Fahne Nr. 14,Bochum 10.7.1972, S. 13;Rote Fahne Nr.50,Dortmund 5.7.1972,S.5;RH Stuttgart: Die Bombe vom 2. Juni 1972 - Dokumentation, Stuttgart o. J. (1973), S. 93ff;Rote Robe Nr. 3, Heidelberg 10.7.1972, S. 147f;Roter Morgen Nr. 14,Hamburg 17.7.1972, S. 2

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26.06.1972:
Der AStA der PH Dortmund gibt vermutlich Anfang dieser Woche seine 'AStA-Information, DOS - Dortmunder Studentenzeitung' Nr.13 (vgl. 22.6.1972, 16.10.1972) heraus. Im ersten Leitartikel wird ausgeführt:"
DIE BRD - EIN POLIZEISTAAT

In der letzten Woche wurden neue Ausführungsgesetze zur Notstandsverfassung im Bundestag verabschiedet: Bundesgrenzschutzgesetz, Bundesverfassungsschutzgesetz, Vorbeugehaft und Demonstrationsgesetz zu den olympischen Spielen. Diese Gesetzesserie, die schon in der letzten AStA-Information 'Bonner Notstandsgesetze' (NSG,d.Vf.) erläutert wurde, dient dem 'Schutz der Inneren Sicherheit' laut Genscher (FDP,d.Vf.).

Am 25.6. wurde in Stuttgart der 34 Jahre alte Schotte Ian McLeod durch zwei Schüsse aus einer Maschinenpistole erschossen. Seine Wohnung war ebenfalls mit der Begründung, dies sei ein Treffpunkt der RAF, durchsucht worden.

Wie aus Polizeikreisen bekannt wurde, war McLeod unbewaffnet. Der Polizist gab zwei Schüsse ab, nachdem McLeod die Schlafzimmertür geöffnet und wieder zugeschlagen hatte. Die Schüsse trafen McLeod im Rücken. Es handelte sich natürlich um eine 'eindeutige' Notwehrsituation.

Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht ähnliche Vorfälle bekannt werden. Der Staatsapparat greift täglich neu zu. Selbst die Bevölkerung wird aufgefordert, an der Bespitzelung und Verfolgung politisch Aktiver teilzunehmen."
Q: AStA PH Dortmund:AStA-Information Nr.13,Dortmund o.J. (Juni 1972)

01.07.1972:
Die KPD (vgl. 5.7.1972) berichtet:"
STUTTGART:
Demonstration gegen den Polizeiterror

- Öffentliche Verurteilung des Polizeimordes - Bestrafung der Täter und ihrer Hintermänner!
- Sofortige Wiedereinsetzung der Rechtsanwälte (RA,d.Vf.) Croissant, Lang und Schily in ihre Rechte als Verteidiger!
- Einstellung der Ermittlungsverfahren gegen Verteidiger politischer Gefangener!
- Kampf dem Abbau der demokratischen Rechte des Volkes!

Unter diesen Parolen demonstrierten am vergangenen Samstag in Stuttgart 250 Menschen anläßlich der Ermordung des Engländers (Briten - vgl. 25.6.1972,d.Vf.) McLeod. Aufgerufen hatten zu dieser Demonstration die KPD und verschiedene andere politische Organisationen.

Die Demonstration erreichte tausende von Menschen, da sie vom Ostendplatz in das belebte Einkaufszentrum führte. In langwierigen Verhandlungen war es gelungen, auch die KPD/ML-ZB zu gewinnen, unter den genannten Parolen mitzudemonstrieren. Der regionale Zirkel KAB/ML allerdings wollte sich an der Demonstration nicht beteiligen. Er wollte eine Woche warten, um dann eine eigene Demonstration zu veranstalten; die spontane Empörung nannten die Vertreter dieser Organisation 'Aktionismus'.

Als großer Erfolg muß die Beteiligung von Mitgliedern der IGM-Jugendgruppe Bosch gesehen werden, die auf der Schlußkundgebung ihre Erfahrungen mit dem Polizeiterror schilderten. Sie wandten sich auch scharf gegen die Ausschlußpolitik (UVB,d.Vf.) der Gewerkschaftsführungen, die sich in gleicher Weise gegen Kommunisten und fortschrittliche Arbeiter richtet, wie die Maßnahmen des Staatsapparates."
Q: Rote Fahne Nr.50 und 52,Dortmund 5.7.1972 bzw. 19.7.1972,S.5 bzw. S.*

03.07.1972:
Der Kommunistische Jugendbund (KJB) Freiburg des BKA gibt die Nr. 7 seiner 'Kommunistischen Jugendzeitung' (KJZ - vgl. 15.5.1972, 24.7.1972) heraus mit dem Artikel "In den Rücken geschossen" zu Ian McLeod.
Quelle: Kommunistische Jugendzeitung Nr. 7, Freiburg 3.7.1972, S. 1

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07.07.1972:
Die KHG's (NRF) Heidelberg und Mannheim geben die Nr.18 ihrer 'Kommunistischen Hochschulzeitung' (vgl. 22.6.1972, 25.10.1972) heraus, sich u.a. mit der Erschießung Ian Mc Leods in Stuttgart befaßt.
Q: Kommunistische Hochschulzeitung Nr.18,Heidelberg/Mannheim 7.7.1972

16.10.1972:
Der AStA der PH Dortmund gibt seine bisherige 'AStA-Information, DOS - Dortmunder Studentenzeitung' (vgl. 26.6.1972, 23.10.1972) vermutlich heute erstmals in den uns vorliegenden Exemplaren nur unter dem Titel 'DOS' als heraus. Zu BV und NSG bzw. RAF-Fahndung heißt es:"
BERUFSVERBOTE - NOTSTANDSGESETZE - POLITISCHE DISZIPLINIERUNG

Wollte man eine Chronik der laufenden Ereignisse schreiben, es würde den Umfang dieses Heftes ins Unerträgliche steigern.

Die innenpolitische Szene in der BRD ist düster geworden; selbst bürgerliche Journalisten schrecken vor den 'Putativkillern' - diesen Notwehrmördern - zurück. (Der Mord an dem Schotten Ian McLeod durch einen Polizisten wurde von der Staatsanwaltschaft als Putativnotwehr - vermeintliche Notwehr - dargestellt; McLeod war nackt und unbewaffnet durch seine Schlafzimmertür hindurch erschossen worden (vgl. Stuttgart - 25.6.1972,d.Vf.).)

Was steckt dahinter?

Als eine Regierung der 'inneren Reformen' 1969 die 'Macht übernahm', glaubten große Teile der Arbeiterschaft, diese Regierung könne 'mehr Gerechtigkeit' und weniger Ausbeutung herbeiführen.

Daß keine Regierung so etwas in diesem System erreichen kann, liegt am System, nicht an den Regierungen.

Nach geweckten Hoffnungen sah sich die herrschende Klasse mit wachsenden Unruhen der Arbeiterschaft und anderer Gesellschaftsgruppen konfrontiert.
(Zum Beispiel: Metalltarifrunde (MTR der IGM,d.Vf.) in Baden-Württemberg, Demonstrationen gegen die unverschämten Fahrpreiserhöhungen, Streiks bei Krupp und anderen Firmen etc.)

Auch eine sogenannte Friedenspolitik, wie die herrschende Klasse ihre expansive Außenpolitik - besonders den osteuropäischen Ländern gegenüber - nennt, mit ihren Scheinerfolgen konnte die Unruhe und Unzufriedenheit nicht beseitigen.

Die Reaktion der herrschenden Klasse: eine Welle der politischen Unterdrückung und Disziplinierung.

Neue Notstandsgesetze wurden verabschiedet (vgl. 22.6.1972,d.Vf.), fortschrittliche Leute werden nicht in den Staatsdienst eingestellt, sozialistische Gruppen werden kriminalisiert etc.

Maßnahmen, die allen verbalen Wahlversprechungen wie 'mehr Demokratie wagen' etc. widersprechen. Mehr noch, Maßnahmen, die den Abbau der demokratischen Rechte, die von den fortschrittlichen Kräften erkämpft wurden, forcieren, sind der herrschenden Klasse und ihrer Handlanger-Regierung recht, um aufkommende Klassenkämpfe im Keim zu ersticken."
Q: DOS Sdr.Nr. Einführung in das PH-Studium, Extra Sdr.Nr. Einführung in das PH-Studium Ergänzung SS 73 und Sdr.Nr. Einführung in das PH-Studium (2. Aufl.),Dortmund o.J. (1972), o.J. (Apr. 1973) bzw. o.J. (Okt. 1973),o.S., S.2 bzw. S.3

19.05.1973:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr.19 (vgl. 12.5.1973, 26.5.1973) heraus. Berichtet wird u.a. über polizeiliche Todesschüsse in Usbach (?) am 29.11.1972 (?), Nettlingen, Berlin, Weckbach, Stuttgart (Mc Leod) und Tübingen (Epple).
Q: Roter Morgen Nr.19,Dortmund 19.5.1973

07.07.1973:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr.26 (vgl. 30.6.1973, 14.7.1973) heraus. In "Anschlag auf kommunistische Presse" wird berichtet aus Bochum vom kommenden Prozeß gegen Wilfried Oertel, der verantwortlich war für einen Artikel über McLeod in der 'Zündkerze' für Opel vom Aug. 1972.
Q: Roter Morgen Nr.26,Dortmund 7.7.1973,S.7

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21.08.1973:
Der KOV der KPD berichtet:"
POLIZIST ERSCHIESST JUNGARBEITER!

Der Mord an Erich D. ist nicht der erste dieser Art. Solch 'tödliche polizeiliche Mißgeschicke' haben sich gerade in den letzten zwei Jahren gehäuft. Um auf diese Weise Menschen zu ermorden, brauchten die Polizeimörder bisher nicht einmal eine 'rechtliche' Legitimation.

Die uniformierten Mörder von Georg von Rauch (vgl. 4.12.1971,d.Vf.) oder an Mc Leod (vgl. 25.6.1972,d.Vf.) sind bis heute noch nicht bestraft, denn sie handelten ja in einer 'subjektiven Notwehrsituation', d.h. sie fühlten sich von ihren Opfern irgendwie bedroht.

Seit dem Mord an dem Berliner Studenten Benno Ohnesorg (vgl. 2.6.1967,d.Vf.) gibt es in der BRD eine nicht abreißende Kette solcher Polizeimorde. Unglücksfälle? Versagen einzelner Polizisten? Nein - diese Morde sind das Ergebnis von Militarisierung und Verhetzung der Polizei.

Die Polizeiüberfälle auf streikende Arbeiter, der Polizeiterror gegen Demonstrationen von Kommunisten und Antiimperialisten und auch der Polizeimord in Dortmund zeigen, daß sich die SPD-Regierung nicht scheut, ihre hochgerüstete Bürgerkriegsarmee ohne jede Rücksicht gegen ihren Todfeind, die Arbeiterklasse, einzusetzen. Der Mörder Polizeioberkommissar Wolf D. muß vor Gericht.

Kampf dem staatlichen Terror der SPD-Regierung!"
Q: Schulkampf Nr.9,Dortmund Sept. 1973,S.10

03.09.1973:
In Heidelberg gibt der Südwestdeutsche Referendarverband - Vereinigung der Gerichtsreferendare in Baden-Württemberg die Nr. 4 seiner 'Roten Robe' (vgl. 9.7.1973, 29.10.1973) heraus mit dem Artikel "Keiner schuldig am Tod McLeods" in Stuttgart (vgl. 25.6.1972).
Q: Rote Robe Nr. 4, Heidelberg 3.9.1973, S. 171f

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21.09.1973:
Die Rote Hilfe (RH) e.V. der KPD (vgl. 10.10.1973) berichtet:"
GENSCHERS ANTI-TERROR-TRUPPE:
TERRORISTEN ZUR NIEDERSCHLAGUNG DER VOLKSKÄMPFE

Am 21.9. stellte Bundesinnenminister Genscher 'seine Anti-Terror-Polizei' vor - 115 Freiwillige des Bundesgrenzschutzes, die unter der Bezeichnung GSG 9 für 5 Mio. DM ausgerüstet und ausgebildet wurden.

VORWAND: SCHUTZ DER BEVÖLKERUNG

Der Schutz der Bevölkerung vor Terroristen, das ist der Vorwand Genschers zur Aufstellung eigener Terrorbanden! Denn wer richtete das Blutbad während der Olympischen Spiele an? Genschers Terroristen! Wer ermordete Ingrid Reppel und Georg Rammelmayr (in München 4.8.1971,d.Vf.), Ian Mc Leod (in Stuttgart 25.6.1972,d.Vf.), Georg von Rauch (in Berlin 4.12.1971,d.Vf.), Thomas Weißbecker (in Augsburg 2.3.1972,d.Vf.), Richard Epple (in Herrenberg bei Tübingen 1.3.1972), der vor der Polizei floh, weil er angetrunken und ohne Führerschein floh oder den 17jährigen Erich Dobhardt (in Dortmund 21.8.1973,d.Vf.), der erschossen wurde, weil er in Verdacht stand, ein Transistorradio gestohlen zu haben? Die Schergen des bürgerlichen Staatsapparates, ohne daß diese Morde jemals Gegenstand eines Prozesses vor den bürgerlichen Klassengerichten werden! Wie sehr die Bourgeoisie fürchtet, daß das Volk den Unterdrückungscharakter des bürgerlichen Staatsapparates erkennt, zeigt insbesondere, daß zwar in jedem Jahr ausführliche Statistiken darüber herausgegeben werden, wieviele Polizisten auch nur eine Schramme während des Dienstes davongetragen haben. Wieviele Menschen dem Terror des Staatsapparates in der BRD jährlich zum Opfer fallen, verschweigt die Bourgeoisie. Alle fortschrittlichen Journalisten, die bisher versuchten, dies zu ermitteln, scheiterten am koordinierten Schweigen der Polizeibehörden."
Q: Rote Hilfe Nr.1,Dortmund o.J. (1973),S.9f

22.03.1974:
Am Landgericht Dortmund soll der Prozeß der Staatsschutzkammer gegen W. Oertel wegen dem Artikel der 'Zündkerze' der KPD/ML-ZK bei Opel Bochum zum Tod von Ian Mcleod beginnen.
Q: Roter Morgen Nr.11,Dortmund 16.3.1974,S.7

10.11.1974:
Die Ortsgruppe (OG) Dortmund der Roten Hilfe (RH) e.V. der KPD gibt vermutlich heute ein Flugblatt heraus:"
HOLGER MEINS - IM GEFÄNGNIS ERMORDET!

Die Bourgeoisie macht Jagd auf ihre politischen Gegner, sie scheut nicht vor Morden zurück: Bei der Verfolgung der RAF mobilisierte sie Polizei und Bundesgrenzschutz (BGS,d.Vf.). Maschinenpistolen wurden an jeden Polizisten verteilt. In Großeinsätzen wurden ganze Stadtviertel umstellt und durchkämmt.

Petra Schelm (vgl. Hamburg - 15.7.1971,d.Vf.), Georg von Rauch (vgl. Berlin - 4.12.1971,d.Vf.), Ian Mc Leod (vgl. Stuttgart - 25.6.1972,d.Vf.) wurden die Opfer dieser Jagd. Inzwischen wurde die Polizei weiter aufgerüstet, spezielle 'Mobile Einsatzkommandos' (MEK,d.Vf.) geschaffen."
Q: RH e.V.-OG Dortmund:Holger Meins - im Gefängnis ermordet!,Dortmund o.J. (Nov. 1974)

November 1977:
Die KPD/ML kommentiert im 'Roten Morgen' (RM - vgl. **.1*.1977) vermutlich aus dem November:"
OFFEN GESAGT…
'RETTUNGSSCHUSS'

Erinnern Sie sich noch an den 'Fall' Benno Ohnesorg (vgl. Berlin -2.6.1967,d.Vf.)? Oder an Günther Jendrian (vgl. München - 24.5.1974,d.Vf.), den Schotten McLeod (vgl. Stuttgart - 25.6.1972,d.Vf.)? Man könnte auch andere Namen nennen, Hunderte von Namen. Denn solche 'Fälle' gehören zum Polizeialltag der deutschen Bundesrepublik. Ein Mensch stirbt unter den Kugeln der Polizei. Aber haben Sie manchmal Ihrer Empörung Luft gemacht, etwa laut gesagt, hier würden Menschen 'einfach abgeknallt'? Dann ist höchste Vorsicht geboten.

Vielleicht wissen Sie, daß es schon verboten ist, im Zusammenhang mit diesen 'Fällen' das Wort 'Mord' zu gebrauchen. Wer es dennoch tat, wurde bestraft. Denn: die Polizei mordet nicht, sagt das Gericht. Und jetzt hat ein bundesdeutscher Minister erklärt: Die Polizei tötet nicht, sie rettet. Das glauben Sie nicht, das halten sie für einen makabren Witz? Hören Sie, was der Innenminister von NRW, Hirsch (FDP,d.Vf.), vorige Woche in einer Landtagsdebatte in Düsseldorf sagte: Er sprach in Bezug auf das geplante einheitliche Polizeigesetz vom 'Bereich unmittelbarer Zwang, Untergruppe Schußwaffengebrauch, Untergruppe Todes…, sogenannter Todesschuß, den ich nenne Rettungsschuß, deswegen, weil auch dort nicht das Ziel polizeilichen Handelns ist zu töten'.

Benno Ohnesorg, Günther Jendrian und all die anderen, sie wurden also gerettet! Wahrhaftig, das ist echte deutsche Polizeitradition. Wie war es denn vor vierzig Jahren? Da zeigte sich doch die Polizei in ähnlicher Weise besorgt, als es etwa darum ging, Kommunisten zu 'schützen'. Es wurde sogar eigens die Schutzhaft eingeführt und Konzentrationslager (KZ,d.Vf.) wurden errichtet, die einen solchen 'Schutz' gewährleisteten.

Und heute wird also gerettet. Aber offenbar waren Ohnesorg, Jendrian und die anderen noch nicht genug. Nach dem Willen des Ministers Hirsch, und da hat er die Zustimmung seiner Kollegen, sollen künftig noch mehr Menschen zu Tode gerettet werden. Denn der 'Rettungsschuß', von dem er sprach, soll in das einheitliche Polizeigesetz aufgenommen werden.

Vielleicht macht die Sprachregelung des Ministers ja Schule in diesem Land. Dann wird es in den Betrieben bei schweren Unfällen nur noch 'Rettungsfälle' geben. Dann werden diejenigen, die aufgrund der elenden Versorgung in den Krankenhäusern sterben, die Geretteten sein. Und vielleicht wird man sogar die DKP von dem 'Rettungsstreifen' an der Grenze zur DDR reden hören.

Auf diese Art wird die Bundesrepublik dann zu dem 'freiesten Staat deutscher Geschichte' wie es der Minister Hirsch und seine Kollegen in ihrer Debatte beschwören. Ein Staat ohne Berufsverbote (BV,d.Vf.), denn Schmidt (SPD,d.Vf*) hat höchst persönlich dekretiert, daß es die nicht gibt. Ein Staat ohne politische Gefangene, denn der Justizminister sagt ja selbst, daß nur 'kriminelle Häftlinge' in den Gefängnissen sitzen. Ein Staat, in dem es keine Isolationshaft, sondern von Stammheim bis Moabit (in Stuttgart bzw. Berlin,d.Vf.) nur 'Privilegien für Terroristen' gibt.

Ein Staat schließlich, in dem jeder sagen kann, was er denkt. Nur eben nicht, daß es Polizeimorde gibt, Isolationsfolter usw. usf. Wer so etwas sagt, der gehört bestraft. Notfalls mit Gefängnis. Aber er soll ja nicht denken, er wäre dann ein politischer Gefangener."

Verbreitet wird dieser Artikel auch bei Opel Bochum (IGM-Bereich - vgl. Dez. 1977).
Q: Roter Morgen Nr.**,Dortmund **.1*.1977,S.*; Zündkerze Nr.7,Bochum Dez. 1977,S.8

18.01.1978:
Im Haus der Offenen Tür (HOT) zwischen den Emsbrücken in Warendorf soll eine Diskussionsveranstaltung "Werden unsere Rechte abgebaut?" mit Vertretern von JU der CDU, Jusos der SPD, DJD bzw. Judos der FDP und KJVD der KPD stattfinden, zu der mit einem Flugblatt "Das Sachgebiet politische Bildung informiert" aufgerufen wurde, in dem u.a. auf die Erschießung von Ian McLeod in Stuttgart (vgl. 25.6.1972) eingegangen wird.
Q: HOT Zwischen den Emsbrücken Warendorf: Das Sachgebiet politische Bildung informiert, Warendorf o. J. (1978), S. 1

Warendorf048


Letzte Änderungen: 20.6.2013

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