Ruhr-Universität Bochum

Aktivitäten politischer Gruppen an der RUB 1972

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Dietmar Kesten, Gelsenkirchen

Teil 3 (1972)

Das Jahr 1972 war für die linken Gruppen an der RUB ein ereignisreiches Jahr. Schon im Januar begann die Kampagne des Kommunistischen Studentenverbandes (KSV) der KPD gegen den „Abbau der demokratischen Rechte“ (Berufsverbote) bzw. den „Hamburger Erlass“. Diese Auseinandersetzungen, die als „ständige Angriffe des Staates“ gegen „fortschrittliche und sozialistische Studenten“ bezeichnet wurden, waren eingebunden in den „Kampf  gegen die kapitalistische Hochschulausbildung“, die wiederum den Klassengegensatz verdeutlichen sollten der zwischen der „studierenden Intelligenz und der Arbeiterklasse“ bestehen würde. Um diesen Kampf vereinheitlicht führen zu können, wurde an der RUB ein „Solidaritätskomitee aller Linken gegen politische Verfolgung“ gegründet, an dem sich SAG, SHB, KSB/ML, KSV und der MSB Spartakus beteiligten. Die Aufgabe sei es, mehr und mehr Studenten dem „Einfluss der Bourgeoisie“ zu entreißen und sie dazu zu befähigen, „Führer der Volksmassen“ zu werden. „Kapitalistische Hochschulausbildung“ korrespondierte m. E. allerdings auch mit dem Kampf gegen die „kapitalistische Hochschulreform“ im Allgemeinen, die sich mit der „bürgerlichen Klassenerziehung“ durchsetzen würde und die zum Inhalt u. a. eine „Verschärfung der Prüfungsordnung“, „der Steigerung des Ausbildungsdrills“ und eine „Reglementierung der Studiengänge“ (NC) hätte. Eindeutiger Höhepunkt dieser Kampagne waren die Demonstrationen am 28. Januar und am 3. Februar 1972 in Bochum.

DVD: Vorwärts im nationalen Aufbau des KSV!Die KPD, die mit zu den wichtigsten maoistischen Gruppierungen in Westdeutschland gehörte, verlegte im Frühjahr 1972 ihre Zentrale von Berlin (West) nach Dortmund, um wohl damit ihre Ausweitung auf die gesamte Republik, vor allem aber auf das Ruhrgebiet zu dokumentieren. In Bochum war sie mit ihrer „Liga gegen den Imperialismus“ und dem „Kommunistischen Studentenverbandes“ (KSV) sehr aktiv. In vielen politischen Kampagnen arbeiteten beide Unterorganisationen der KPD übergreifend zusammen. Neben dem „Kampf der kapitalistischen Ausbildung“ ist vor allem die Kampagne „Alles für den Sieg des kämpfenden Vietnam“ (zusammen mit dem NVK) hervorzuheben. Der KSV war auch zusammen mit der Liga am „Aufbau der Roten Fahne“ im Ruhrgebiet beteiligt. Wie die meisten Uni-Gruppen, so beteiligte sich auch der KSV an den Aktionen innerhalb und außerhalb der Universität. Zu nennen wären etwa: Der 1. Mai, Sympathisantenschulung, gegen den bürokratischen Reformismus, Protest gegen die Olympiade in München, Solidarität mit dem Berliner Rauchhaus, gegen politische Disziplinierung, Hannes-Heer-Kampagne. Ein vom KSV organisierter „Kongress gegen die Ausländergesetze“ brachte der Organisation regen Zulauf. Insgesamt ist jedoch die Ausländergesetzgebung des Jahres 1972 ein weitläufiges Feld und kann hier nur im Rahmen der RUB-Kampagnen erörtert werden. Ab Oktober 1972 wurde vom KSV an der RUB die Zeitung „Dem Volke dienen“ verbreitet. Die erste Ausgabe überhaupt erschien überregional am 25.10.1972. Bei den AStA-Wahlen im Juni erzielte der KSV einen Sitz.

Der KSB/ML, der sich nach dem a. o. Parteitag der KPD/ML-ZK (Dezember 1971) auch an der RUB fraktioniert haben dürfte, war im Kampf gegen die „Ultralinken“ in gewisser Weise in die Defensive geraten. Um sich wieder handlungsfähig zu machen, war er gezwungen, seine praktischen Aktivitäten zu forcieren. Er beteiligte sich an einer Reihe von Aktivitäten, die für ihn Voraussetzung waren, an der Uni wieder Fuß zu fassen. Dem KSB/ML gelang es nicht mehr, seine politischen Aktionen und seine politischen Kräfte zu bündeln. Er musste, da er auch personell geschwächt war, die Aktionseinheiten mit anderen Gruppen suchen, wobei er dabei vermutlich ziemlich stark ins Hintertreffen geriet. Nach MAO ist seine Beteiligung an folgenden universitären und außeruniversitären Aktivitäten belegt: „Solidarität mit Jose Cumplido“, Kampf gegen den Bonner Notstandskurs, Aktionen gegen die Ausländergesetze, Teilnahme an der „Projektgruppe Brehlohstraße“, Vietnamkampagne, politisches Mandat, Protest gegen die Olympischen Spiele in München. Seinen eigenen Niedergang konnte er nicht mehr aufhalten. Im Juni wurden seine Vertreter nicht mehr in den AStA gewählt.

Günter Wallraff hatte einst in „13 unerwünschte Reportagen“ (1975) das Leben im Bochumer Obdachlosenasyl an der Brehlohstraße 84 beschrieben. Die unter „Randgruppenstrategie“ verstandene praktische (pädagogische) Arbeit mit Kindern entstand an der RUB nach lagen Diskussionen im SDS 1969. Die lokale Presse berichtete schon am 6. Juli 1968 über die „unterste Stufe“, die von den bürgerlichen Vierteln abgekoppelt war und sich in der Nähe des Hauptfriedhofes, zwischen Bahndamm, Fabrikruinen und einem Schrottplatz, befand. Diese Wohnverhältnisse signalisierten einen ersten Ansatz zur sog. „proletarischen Erziehung“, die sich u. a. auch in jener „Randgruppenstrategie“ wieder fand.

„Randgruppenstrategien“ waren in der linken Bewegung bereits sehr früh verbreitet. Schon bevor Herbert Marcuse 1969 in „Versuch über die Befreiung“ (1969) feststellte, dass sich durch die Radikalisierung der US-amerikanischen Studentenbewegung das „Zentrum der Opposition von der industriellen Arbeiterklasse zu den (kämpfenden) Minderheiten verschoben habe“, hatten Studenten die Randgruppen und die Randgruppenarbeit für sich entdeckt.

In der BRD fasste sie mit der antiautoritären Revolte 1967/68 Fuß. Das Aufkommen alternativer Kindererziehung, Pädagogik und Psychologie brachte nicht nur die Rezeption der Schriften von Wera Schmidt, Melanie Klein und ihr Kinderheim Laboratorium in Moskau, Anna Freud, Siegfried Bernfeld, Nelly Wolffheim, Alice Balint, Otto Rühle, Edwin Hoernle, Melitta Schmideberg, Wilhelm Reich, A. S. Neill und anderen hervor, sondern ebenso viele Kinderläden und Horte, in denen der praktische Versuch gestartet werden sollte, das Unbehagen an kapitalistischen Erziehungskonzepten in gewisser Weise auf die (angeblich) „repressionsfreie“ Schiene umzulenken.

Das Projekt „Brehlohstraße“, das als Randgruppenstrategie universitärer und anderer Gruppierungen in Bochum in die linke Geschichte einging, sollte über die politischen und weltanschaulichen Grenzen hinweg (überdies in der radikalen Frontstellung) das materielle und soziale Elend der unterdrückten Außenseiter an den Rändern der Gesellschaft verdeutlichen. Aus dem Blickfeld darf allerdings nicht geraten, dass die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, die als neuartige Erziehungsmethoden bzw. Erziehungsbemühungen den Klassenkampf unterstützen sollten, als eine Strategie des Revolutionierungsprozess und der Bewusstwerdung der proletarischen Massen betrachtet wurde. Als Konzept geht die „Randgruppenstrategie“ deshalb m. E. wohl eher auf die Geschichte der Psychoanalyse in der Sowjetunion der 1920er Jahre zurück. In keinem anderen Land war jene Pädagogik so hofiert worden wie dort. Erst 1930/31 sollte sich das Blatt wenden, als sie unter ideologischen Beschuss geriet. Mit dem Beschluss der KPDSU (B) vom 4. Juli 1936 „Über die pädagogischen Perversionen“ wurden in den folgenden Monaten und Jahren (bis ca. 1937/38) alle pädagogischen Einrichtungen und Dienstleistungen geschlossen. Psychoanalyse, Psychotechnik, Psychologie, Pädologie und Pädagogik galten fortan als „Pseudowissenschaften“.

Die Jugend- und Studentenbewegung, die zunächst diese Neumethodik theoretisch und praktisch rezipierte, stand jedoch diesem Wandel in völliger Unkenntnis gegenüber. Antiautoritäre Erziehung, die gleichwohl auch antikapitalistisch sein sollte, war in letzter Konsequenz nichts anderes, als ein verbrämter Hedonismus, der durch das Schlagwort „Freisein“ in seiner Bedeutung noch gesteigert werden sollte. Die Gegenkritik an den bürgerlichen Zuständen wurde in einer Reihe von Schriften zum Ausdruck gebracht. Etwa: „Antiautoritäre Erziehung“, „Kinderladen-Praxis“, „Antiautoritäre Erziehung und Kinderanalyse“, „Kommunistische Erziehung“ usw., die allesamt zwischen 1969 und 1972/73 erschienen.

Die politische Relevanz dieser Erziehungsbemühungen dümpelte meistens jedoch vor sich hin. Sie war eher diffus und dürfte auch mehr von den eigenen romantischen Bildern und Idealen bestimmt gewesen sein. Es verwundert daher nicht, dass auch die frühe „Rote Armee Fraktion“ (RAF) 1970-1972 an den Rändern dieser Rohmasse zu fischen gedachte (vgl. auch Ulrike Meinhofs „Bambule“). So waren die „Kinderkollektive“, die die frühkindlichen Phasen zum Anlass nahmen, kräftig zu experimentieren, dazu verdammt, elternlos zu bleiben, verwaist und ohne wirkliche Bindung zu sein. Die „Selbständigkeit“ zur Erziehung und „Solidarität“ untereinander entpuppte sich als reine Farce. Die vom „Berliner Zentralrat der sozialistischen Kinderläden“ 1969 herausgegebene Schriftenreihe „Anleitung für eine revolutionäre Erziehung“ wollte dieser Erwartungshaltung nachkommen. Als Fernziel war „schöpferische Eigeninitiative“ oberste Priorität.

Titelbild des Buches: Hi ha ho _ die Bonzen komm'n ins Klo!In „Hi, Ha, Ho - die Bonzen komm(en) ins Klo“ (1) war das Erziehungskonzept der „angstfreien Beziehungen zu den Erwachsenen“ allerdings auf die Spitze getrieben worden. Die flottierenden Energien wurden in die zu bekämpfende Weltordnung mit übernommen und allgemein und relativ sorglos auf alle (obdachlosen) Personenkreise in der „Brehlohstaße“ übertragen. Das „Wohnbereichsghetto“ umfasste:

„1. Meist jüngere, kinderreiche Familien aus der unteren Arbeiterklasse, die z. B. durch längerdauernde Krankheit des Vaters, Verlust der Arbeitsstellte oder Mieterhöhungen die Mittel für die Anmietung von Wohnraum nicht länger aufbringen konnten und auch über keinerlei Rücklagen verfügten. 2. Junge Ehepaare, die zunächst bei ihren Eltern wohnten, und spätestens nach der Ankunft des zweiten Kindes nicht mehr ‚tragbar‘ waren und über Finanzierungsschwierigkeiten in die Kategorie der Sozialhilfebedürftigen absackten. 3. Rentner, denen ihr billiges Zimmer oder ihre kleine Wohnung wegen ‚dringenden Eigenbedarfs‘ der Vermieter gekündigt wurde … 4. Eine Gruppe halbsesshafter Zigeuner sind für etwa drei Viertel des Jahres ebenfalls im Obdachlosenasyl Brehlohstraße untergebracht. 5. Die relativ kleinste Gruppe sind die sog. Asozialen, der harte Kern der Nichtintegrierbaren, unter ihnen abgehalfterte Prostituierte, die nunmehr aus Groschennummern ihr Taschengeld beziehen und deren Kinder der Fürsorgerin überlassen bleiben.“ (2)

Kinder, so die Projektgruppe, würden unter diesen Wohnverhältnissen am meisten leiden. So sei es das Gebot der Stunde, deren „individuelle Radikalisierung“ voranzutreiben. Die Umwandlung der bürgerlichen in eine sozialistische Gesellschaft sei nun mal nicht ohne Kinder zu haben. Die „Elternarbeit“, „Hilfe zur Selbsthilfe“ und das Erlenen von „kollektivem Verhalten“ standen in der „Brehlohstraße“ im Vordergrund. Dazu die „Beratungen“ in Rechts-, Ehe- und Erziehungsfragen.

Circa im November 1970, als einige Mitglieder die Projektgruppe verließen, sollte das Gesamtkonzept auf eine neue Grundlage gestellt werden. Als Finanzierung war eine VW-Stiftung ins Gespräch gebracht worden, die die finanzielle Unterstützung sicher stellen sollte. Ein anderer Teil der Gruppe verpflichtete sich weiterhin der „Politisierung“ der Randgruppen, die nicht an einem finanziellen Konsens mit Kapitalgebern interessiert sei. Das Projekt „Brehlohstraße“ war im Januar 1971 stark gefährdet; denn ein in diesem Zusammenhang entstandenes Kinderladenprojekt, war trotz Versprechungen der Stadt Bochum in finanzielle Not geraten. Die Demonstration am 28. Januar 1972 gegen den „Mitbestimmungsbetrug“, an der sich auch die Projektgruppe beteiligte, sollte u.a. auch auf „die wachsende Vereisung“ der verantwortlichen Bochumer Politiker in Fragen des Erziehungswesens aufmerksam machen.

Als einige Tage später die Schließung des Kinderladens drohte, kam es in der Bochumer Linken zu mittelschweren Gefechten, in die sich auch der AStA der RUB einschaltete. Ein Teil des AStA versagte nämlich dem Projekt die Unterstützung. MSB Spartakus und SHB wandten sich gegen die „Maoisten“, die wie immer nur ihre „eigenen Interessen“ im Kopf haben würden. Mit KSB/ML-Unterstützung wurden Kinder aus der „Brehlohstraße“ mobilisiert, die Flugblätter vor der AStA-Baracke an der Lennershofstraße und an der Uni verteilten und so die Aufmerksamkeit auf sich zogen. Mit von der Partie war nach MAO übrigens ein Teil der damaligen Bochumer Evangelischen Studentengemeinde unter Pfarrer Hartmut Dreier (ESG), deren Zeitschrift „Amos“ seit Herbst 1968 regelmäßig erschien. (3) Vermutlich wurde schon im Mai 1972 gegen einen Teil der Projektgruppe Strafanzeige wegen „Unzucht mit Kindern“ gestellt. Der Grund war die angebliche Darstellung eines Geschlechtsakts zwischen Kindern. Der ESG wurde vorgeworfen, sie hätte sich gegen ihren „kirchlichen Auftrag versündigt“, und es wurde von verschiedenen Seiten deren Auflösung gefordert. Am 27. Juni 1972 wurden Mitglieder der Projektgruppe dem Haftrichter wegen „Verdunkelungsgefahr“ vorgeführt, aber später wieder freigelassen, da der Verdacht nicht „ausreichend begründet“ bzw. erhärtet worden war. Nach diesem Vorfall gab es in Bochum eine Solidaritätswelle, die von alle relevanten universitären und teilweise außeruniversitären Gruppen unterstützt wurde.

Flugblatt des AStA: „Studentenpfarrer Dreier soll in Beugehaft genommen werden!“Anfang Juli 1972 kam es zu einer Solidaritäts-Kundgebung mit der „Projektgruppe Brehlohstraße“, an der bis zu 500 Menschen teilgenommen haben sollen. Von der Polizei wurde den Kundgebungsteilnehmern zur Auflage gemacht, die „Unterkünfte“ nicht zu betreten; sie versuchte auch in der Folgezeit, an die Namen der Projektteilnehmer heranzukommen. Als dies nicht gelang, wurde Hartmut Dreier, der der „Projektgruppe“ erlaubte, in den Räumen der ESG zu tagen, am 20. November 1972 vom Amtsgericht Bochum vorgeladen. Ihn warf man nun vor, „Unzucht mit Kindern“ geduldet zu haben (4). Hartmut Dreier, der auf seine kirchliche Schweigepflicht nebst Zeugnisverweigerungsrecht verwies, wurde mit einer Ordnungsstrafe belegt. Der AStA verfasste dazu das Flugblatt: „Studentenpfarrer Dreier soll in Beugehaft genommen werden“.

Am 22. November erschien ein gemeinsames Flugblatt von KSB/ML, KJVD, KSV, Amos, Projektgruppe, Gastarbeiter und Internationalismus sowie den SAG, die den Versuch der Justiz, die Projektgruppe zu kriminalisieren, als einen „politischen Prozess“ deuteten. Das „Aktionskomitee: Kampf der politischen Unterdrückung“ wurde ins Leben gerufen, dem eine Reihe von Organisationen angehörten. Neben KPD/ML-ZK/ZB, Rote Garde/KJVD arbeiteten mit: GEW-Hochschulgruppe Bochum, SHB, Interessengemeinschaft Brehlohstraße, Kinderladen Eulenbaum und andere. Auch überregional fand die „Brehlohstraße“ Aufmerksamkeit.

Infolge der Auseinandersetzungen und der ständigen Quälereien schien dem Bochumer Ordnungsamt die „Brehlohstraße“ zu viel zu werden. Sie quartierte einige der Familien mit Kindern in die Bochumer Gußstahlstraße um (dort befindet bis heute das Bochumer Bordell). Der WDR interessierte sich auch für dieses Thema. Es gab einen Film zur „Brehlohstraße“, der am 3. Juli 1972 als Dokumentarfilm in der Reihe „Prisma des Westens“ gesendet wurde. Um diesen Film gab es heftige Kontroversen im Vorfeld. Werner Höfer (Mitglied der NSDAP 1933), damaliger Leiter des Dritten Fernsehprogramms, der mit dem „Internationalen Frühschoppen“ bekannt wurde, setzte zunächst den vorgesehenen Sendetermin ab, um sich dann doch der Öffentlichkeit zu beugen. Später sollte das Projekt versanden, was nicht zuletzt dem Umstand der Bebauung des Geländes geschuldet war.

RM (Oktober 1972): Nierder mit den Ausländergesetzen!Ein breites Thema 1972 war sicherlich auch die politische Verfolgung der Linken mit dem Höhepunkt der Ausländerdemonstration am 8. Oktober 1972 in Dortmund. Die vielen Aktivitäten an der RUB können hier nur angerissen werden, was sicherlich auch zu einem erheblichen Teil an dem uns noch fehlenden Material liegt. Schon im Januar 1972 wurde ein „Solidaritätskomitee aller Linken gegen politische Verfolgung“ gegründet. Der AStA legte einen „Plattformentwurf“ vor, dem sich die SAG, der SHB, KSB/ML, KSV und der MSB Spartakus anschlossen. In gewisser Weise konnte dieses „Solidaritätskomitee“ als Vorstufe für alle anderen Komitees, die sich mit der politischen Verfolgung beschäftigten, verstanden werden. Im Januar 1972 befasste sich der „Kommunist“ der DKP-Hochschulgruppe mit den Berufsverboten und sprach sich für „eine Aktionseinheit“ aus. Die Kampagne gegen die Berufsverbote wurde praktisch von allen Gruppen, allerdings auf unterschiedliche Weise, geführt. So startete der KSV eine eigene Kampagne, die Anfang Februar 1972 in eine wohl eigenständige Demonstration in Bochum einmündete. Im Mai des Jahres riefen KPD/ML-ZB und ihr KJVD zu einer Demonstration gegen das KPD-Verbot auf. Auch hier bildeten sich verschiedene Solidaritätsgruppen an der RUB. Dort wurde auch ein zentrales Flugblatt verteilt. Ein später Höhepunkt war das Tribunal des Regionalkomitees des KSV aus dem November 1972 „gegen die politische Disziplinierung“.

Der Der KJO-Spartacus rief im Oktober zur Solidarität mit dem Berliner „Rauch-Haus“ auf. Zur Ausländerdemonstration („Kampf gegen die reaktionären Ausländergesetze“) bildeten sich im Vorfeld (ab ca. Mai) verschiedene Solidaritäts- und Unterstützungsgruppen an der RUB, die sich auch teilweise mit dem Dortmunder AStA, der die „DOS“ herausgab, arrangierten. Der KSV und andere Gruppen fanden sich auch im August 1972 in einem „Einheitsfrontkomitee gegen die Münchener Olympiade“ und im „Koordinierungskomitee - Kampf den reaktionären Ausländergesetzen“ aus dem September wieder. In diesem Teil sollen nur die Daten zu den Ausländergesetzen bereit gestellt werden, die sich unmittelbar mit der RUB beschäftigen. Eine eigenständige Arbeit dazu, die wohl mehrere hundert Seiten umfassen dürfte, ist geplant.

Die Bochumer Solidaritätsaktionen umfassten auch die Einheitsfronten gegen die Abschiebung des spanischen Arbeiters bei Opel-Bochum Jose Cumplido. Ab dem April 1972 gab es eine Reihe von Aktivitäten, die sich gegen seine Abschiebung wandten. Im Mai gab es dazu zwei Demonstrationen in der Bochumer Innenstadt, zu denen neben dem AStA auch alle anderen relevanten Bochumer Gruppen aufgerufen hatten. An diesen und späteren Aktionen waren u. a. der KSB/ML, die SAG, 883 Revolutionäre Aktion Bochum, Projektgruppe Gastarbeiter, Projektgruppe Internationalismus der KSV der KPD und die Liga beteiligt. Außeruniversitär: beide Gruppen der KPD/ML und deren Jugendorganisationen. Der Übergang zur Solidarität mit dem spanischen Ersatzbetriebsrat Lara bei Opel kann als fließend bezeichnet werden. Im Oktober zogen die maoistischen Kerngruppen ebenfalls durch die Bochumer Straßen. Auch hier bildete sich spontan ein „Aktionskomitee“, an dem sich ca. 20 Bochumer Gruppen (einschließlich der Uni-Gruppen) beteiligt haben sollen. Die GOG bei Opel konnte aus diesem Bündnis Kapital schlagen. Der Zulauf zur Gruppe soll teilweise enorm gewesen sein.

DVD_Titelblatt: Solidarität mit Hannes Heer!Bei den Solidaritätsaktionen mit Hannes Heer, gegen die Androhung des Berufsverbotes gegen ihn, schob sich der KSV nach vorne. Das RK NRW des KSV verteilte an der RUB im November eine Reihe von Flugblättern, die zur „Wiedereinstellung von Hannes Heer“ und zu Veranstaltungen in Bochum, Dortmund, Köln, Bonn und Münster aufriefen. Am „Tribunal gegen politische Disziplinierung“ war auch die Uni-Leitung des KSV beteiligt, die Ende November Flugblätter verteilte und zu Aktionen, die u. a. unter dem Motto „gegen das Berufsverbot für Hannes Heer“ standen, aufrief.

Einen breiten Rahmen im Berichtszeitraum nahmen die Vietnamaktivitäten ein. Der KSV und die Liga vermelden die ersten Aktivitäten aus dem Januar. Im Februar 1972 wurde von KPD, KSV und der Liga dazu aufgerufen, im Bochumer Prisma-Theater an einer Filmveranstaltung teilzunehmen. Der Abend stand unter dem Motto: „Alles für den Sieg des kämpfenden Vietnam. Sieg im Volkskrieg!“ Zur Februar-Vietnam-Demonstration in Düsseldorf rief der KSV an der RUB auf. Im Mai 1972 fand in Bochum eine weitere Vietnamdemonstration statt, die von 17 Gruppen getragen wurde, u. a. auch von der „Arbeitsgemeinschaft Sozialistischer Schüler“ (Herne), die möglicherweise mit dem KSV, der Liga oder mit dem NVK in Verbindung gestanden haben könnte. Das „Nationale Vietnam Komitee“ (NVK), das sich am 17. Juni 1972 konstituiert hatte, griff u. a. auch auf die Vietnam-Ausschüsse an der RUB zurück, die sogleich im Juli und August mit ihrem „Vietnam-Meeting“ überregionale Aufmerksamkeit erzielen konnten.

Das „politische Mandat“ bestand zum einen in der Ausweitung der politischen Aktivitäten der RUB-Gruppen über den universitären Rahmen hinaus, zum anderen in der Suche nach einer geeigneten Taktik, den Aufbau revolutionärer Gruppen voranzutreiben. Der den Gruppen „zugebilligte“ Freiraum musste jedoch zu erheblichen Kontroversen mit dem Staat bzw. der Unibürokratie führen. Es ging darum, dass dieses Mandat eingeschränkt bzw. ganz aufgehoben werden sollte, um den AStA und andere Studentenvertretungen zu „bloßen Dienststellen“ zu machen. Das „Mitwirkungsrecht“ an der Uni wäre somit keine verbindliche Grundlage mehr. Gegen diese „Disziplinierungs- und Reglementierungsmaßnahmen“, gegen „die drohende Zerschlagung“, gab es erheblichen Protest. Im Mai 1972 riefen alle ASten in NRW zu Aktionen auf. Im Juni 1972 organisierte der KSV eine Vollversammlung mit über 200 Teilnehmern, die sich für einen Streik gegen „politische Disziplinierungsmaßnahmen“ aussprachen. Auch im September und Oktober wurde dort dazu aufgerufen, die „Zerschlagung der ASten“ zu verhindern. Höhepunkt dieser Auseinandersetzung dürfte eine Demonstration in Bochum am 15. November 1972 gewesen sein.

Der Niedergang des KSB/ML dürfte sich auch 1972 fortgesetzt haben. Zunächst erschien im Januar von ihm eine Ausgabe der Zeitschrift „Abteilungskollektiv SoWi des KSB/ML in Zusammenarbeit mit der Roten Zelle Sozialpädagogik“ mit dem Hauptartikel „Kampf der kapitalistischen Hochschulreform“. Unter der Parole „Statt Mitbestimmung Klassenkampf“ fand im Januar in Bochum eine Demonstration von Uni-Gruppen statt, an der er sich auch beteiligte. Doch die Risse in der Gruppe waren nicht mehr von der Hand zu weisen. Nach dem a. o. Parteitag der KPD/ML-ZK im Dezember 1971 trat im Februar eine kleinere Gruppe aus dem KSB/ML aus, die mit einer „Selbstkritik“ bekannt wurde. Davon berichtete auch die KPD/ML-RW am 5. August auf ihrem Delegiertentag. Als Organisation beteiligten sich die verbliebene Bochumer KSB/ML-Gruppe auch am 24. Juni an einer Demonstration der KPD/ML-ZB und des KJVD „gegen Streikverbot und Notstandskurs“ in Bochum-Hordel, ferner im Juni 1972 an Aktionen gegen die „Erschießung eines Lehrlings in der Bochumer Innenstadt“. Am 16. Oktober befasste sich der Rest-KSB/ML auch mit einer „Plattform“, die sich gegen die Störversuche des „politischen Mandats“ richtete. Und im Dezember 1972 rief der KSB/ML zur Solidarität „mit dem Sozialistischen Heidelberger Studentenbund“ auf, deren Veranstaltung mit Prof. Brückner durch die Polizei verhindert worden war.

Januar 1972

Die Kampagne „gegen den Abbau der demokratischen Rechte des Volkes“ (Berufsverbote, „Hamburger Erlass“) wurde im Januar u. a. durch den KSV der KPD angeführt. Zusammen mit der „Liga gegen den Imperialismus“ begannen auch die Vietnamaktivitäten an der RUB und auf Ortsebene. Das „Solidaritätskomitee“ gegen „politische Verfolgung“ wurde im Januar von den SAG, die sich vermutlich auch später fraktioniert haben dürften, SHB, KSV und MSB Spartakus getragen. „Der Kommunist“ (vgl. Januar 1972) der DKP-Hochschulgruppe befasste sich ebenfalls mit den Berufsverboten und rief zu einer „Aktionseinheit“ auf. Mit der Herausgabe der Zeitschrift „Abteilungskollektiv SoWi des KSB/ML in Zusammenarbeit mit der Roten Zelle Sozialpädagogik“ (vgl. Januar 1972) setzte der KSB/ML seine Bemühungen fort, den „Kampf gegen die kapitalistische Hochschulreform“ zu führen.

In die Kampagne der KPD zum „Aufbau der Roten Fahne“ schaltete sich auch der KSV an der RUB ein. Zusammen mit dem RK Westberlin und Rhein/Ruhr, war er an der Agitation und Propaganda dafür und bei Werbewochen aktiv. (Vgl. 6. Januar 1972). Die SAG gaben im Januar (vgl. 10. Januar 1972) die erste Ausgabe ihres „Sozialistischen Kampfes“ heraus, der sich mit der „Funktion der Erziehung in der Gesellschaft“ beschäftigte.

Mit dem „Aufbau der Roten Fahne“ der KPD dürfte sich auch „Dem Volke dienen“ (DVD) rapide entwickelt haben. Die erste Ausgabe und die Verbreitung an der RUB fielen in etwa zusammen mit dem Aufbau der Ortsleitung des KSV in München. Die ehemalige „RPK“, die dem KSV u. a. als Zentralorgan diente, wurde damit hinfällig. DVD sollte die „revolutionäre Arbeit im nationalen Rahmen“ unterstützen und zugleich den „ideologischen Kampf“ an den Unis verstärken. Die Zeitung wollte die „Kämpfe der Massen“ unterstützen und sich dem „Standpunkt der Arbeiterklasse“ annähern (vgl. 20. Januar 1972; 31. Januar 1972).

Januar 1972: An der PH Dortmund und der Ruhruniversität Bochum (RUB) führte der KSV der KPD, nach eigenen Angaben, vermutlich im Januar eine Kampagne gegen den Abbau der demokratischen Rechte des Volkes bzw. den Hamburger Erlass (Berufsverbote - BV) durch. In dieser Kampagne habe der KSV „in Flugblättern und auf einem Teach-In den Studenten erklärt, dass nur die Front aller fortschrittlichen und sozialistischen Studenten, Angestellten und Proletariern an der Seite der Kommunisten gegen die ständigen Angriffe der Staats- und Hochschulbürokratie erfolgreich den Kampf aufnehmen kann." (5)

Januar 1972: Die LgdI der KPD führt in Bochum im Rahmen ihrer Vietnam-Aktivität vermutlich im Januar eine Veranstaltung durch. (6)

Januar 1972: Laut „BSZ“ wurde an der RUB ein Solidaritätskomitee aller Linken „gegen politische Verfolgung“ gegründet. Einem Plattformentwurf, der vom AStA vorgelegt wurde, stimmten SAG, SHB, KSB/ML, KSV und MSB Spartakus zu:

„Das Solidaritätskomitee besteht im Kern aus Assistentenschaft, GEW, AStA. Diese Gruppe bereitet Aktionen vor, diskutiert mit den Hochschulgruppen des Bündnisses diese Vorlage und nimmt das Ergebnis dieser Diskussion in ihre Vorlage auf: entscheidungsberechtigt und verantwortlich für Publikationen, Teach-ins und Resolutionen sind jedoch Assistentenschaft, GEW, AStA. Die Beschlüsse sind für die einzelnen Gruppen soweit bindend, als dass sie sich zur praktischen Unterstützung verpflichten und inhaltlich nicht konträr auftreten." (7)

Januar 1972: Die DKP Hochschulgruppe an der RUB gab die Nr.1/1972 ihres „Kommunist“ heraus. Der Leitartikel befasste sich mit den Berufsverboten (BV):

„FÜR AKTIONSEINHEIT - GEGEN BERUFSVERBOTE! Die Fälle Holzer, Henne, Laux u.a. sind nur die Spitze eines Eisbergs. Mit dem verfassungswidrigen Berufsverbot gegen DKP-Mitglieder sowie nichtkommunistische und parteilose Demokraten soll erreicht werden, dass die marxistische Wissenschaft auch weiterhin vom westdeutschen Bildungswesen ferngehalten wird; selbst demokratische Ansätze bei der Festlegung von Lehrinhalten sollen verhindert werden. Diese Maßnahmen werden von den rechten Kräften der herrschenden Parteien getragen. Sie, die die Herrschaft des Großkapitals bedingungslos bejahen, wollen verhindern, dass Schüler und Studenten zu systemkritischen Positionen vorstoßen. Die gleichen Kräfte, die sich ständig auf den 'Pluralismus' der Wissenschaften berufen, vergessen diesen Anspruch offensichtlich dort, wo es tatsächlich darum geht, den Marxismus überhaupt erst einmal in die Schulen und Universitäten zu tragen. Die Aktivitäten des 'Bundes Freiheit der Wissenschaft' (BFdW, d.Vf.), des organisierten Rechtstrupps an den Hochschulen der BRD und Westberlins, wirken sich bereits auch auf die Bochumer Ruhr-Universität aus. Aus politischen Gründen wurde z.B. dem Assistenten Mildenberger die Habilitation verweigert und wird progressiven Wissenschaftlern die Kündigung ins Haus geschickt.

So ist seit dem 1. Januar 1972 Dr. Fritz Pasierbsky (Abteilung OAW (Ostasienwissenschaften, d.Vf.)) arbeitslos. Seine 'Vergehen' bestanden darin, dass er an der Seite fortschrittlicher Studenten für Mitbestimmungsrechte an diesem Institut eingetreten ist und Lehrveranstaltungen anbot, die auch eine Kritik am herrschenden Antikommunismus der westdeutschen Ostasien-Institute enthielten. Allein diese beiden Beispiele zeigen die Notwendigkeit des Zusammenschlusses aller Demokraten und Sozialisten zu einem organisatorischen Gegengewicht zum BFdW auf. In einem breiten Bündnis müssen die verfassungswidrigen Aktivitäten der herrschenden Kreise, das geheimbündlerische Vorgehen des 'Bundes Freiheit der Wissenschaft' entlarvt und praktische Solidarität mit den betroffenen Lehrern und Wissenschaftlern geübt werden."

Dies versuchte man u.a. durch die Gründung eines Solidaritätskomitees gegen die Berufsverbote, wobei man allerdings Ärger mit den Maoisten bzw. dem KSB/ML der KPD/ML-ZK hatte, aber:

„Wir werden das Komitee weiterhin unterstützen, wenn es praktische Solidarität organisiert, die von der Masse der Uniangehörigen getragen wird. Gegenwärtig kommt es darauf an, die Unterschriftensammlung für F. Pasierbsky fortzusetzen und auch weiterhin mit den Kommilitonen Diskussionen über den Charakter 'unserer' Gesellschaft zu führen, Solidaritätsbeschlüsse in den Gremien zu bewirken und, vor allem in der Zusammenarbeit mit der Fachschaft OAW weitere Aktionen gegen das praktizierte Berufsverbot zu initiieren."

Berichtet wurde auch von den VDS-Aktionstagen in Bochum, wo u.a. die Maoisten (KSB/ML und SAG) störten. Aus dem „Berliner Extradienst“ wurde dann noch ein Artikel über angebliche Bündnisse der Maoisten mit der Reaktion („Nationalzeitung“) veröffentlicht. Die letzte Seite füllt das Manifest des Düsseldorfer Parteitages der DKP. (8)

Januar 1972: Eine Ausgabe der Zeitschrift „Abteilungskollektiv SoWi des KSB/ML in Zusammenarbeit mit der Roten Zelle Sozialpädagogik“ erschien u.a. durch den KSB/ML der KPD/ML-ZK an der Ruhruniversität Bochum (RUB) mit dem Hauptartikel „Kampf der kapitalistischen Hochschulreform“. (9)

6. Januar 1972: Die KPD berichtet von ihrem Aufbau der „Roten Fahne“:

„Im Januar wurden die Werbeaktionen systematisch aufgenommen:

Am 28.1.1972 berichtete die KPD von dem Spendenergebnis von 15 124,25 DM und:

„FÜR DEN PLANMÄSSIGEN AUFBAU DER ROTEN FAHNE ALS KOMMUNISTISCHER WOCHENZEITUNG! Am 6.Januar sind die Werbeaktionen für das Zentralorgan der KPD, die Rote Fahne, systematisch aufgenommen worden. Die Regionalkomitees in Westberlin und Rhein/Ruhr führen Agitproptrupps vor den Betrieben und in den proletarischen Wohnvierteln durch und bereiten sie vor mit Handklebern und Plakaten. Nach einer zentralen Veranstaltung für die organisierten Sympathisanten der KPD werden von den Zellen der Partei öffentliche Veranstaltungen - Arbeiterrunden - durchgeführt, die das Ziel haben, eine breite Unterstützung beim Aufbau der Roten Fahne als kommunistischer Wochenzeitung zu mobilisieren. Die Werbewochen im Bündnisbereich, des KSV und der OSK, über die wir berichtet haben, zeigen uns: ideologische Klarheit über die Funktion der Roten Fahne als zentralem Hebel der Agitproparbeit der Partei bietet die beste Gewähr dafür, dass der Aufbau des Zentralorgans planvoll unterstützt wird. In der öffentlichen Veranstaltung in Dortmund am 19.1. und in Bochum am 20.1. bewies der Verlauf der Diskussion, dass 'Den Aufbau der Roten Fahne' unterstützen heißt, den Parteiaufbau beschleunigen. Die Untersuchungen über die Bedingungen des Ausbaus des technischen Apparats sind nahezu abgeschlossen, d.h. wir haben den Überblick über die finanziellen Belastungen, die die Rote Fahne als Wochenzeitung für uns bedeutet. es hat sich gezeigt, dass nur Teile der Produktion von kommerziellen Betrieben übernommen werden können, wir also die Aufrüstung unseres technischen Apparats weit umfangreicher als erwartet selbst aufbauen müssen." (10)

10. Januar 1972: Die Sozialistischen Abteilungsgruppen (SAG) an der Ruhr-Universität Bochum gaben vermutlich in dieser Woche die Nr.1 ihres Organes „Sozialistischer Kampf“  heraus. Enthalten war u.a. der Artikel:

„FUNKTION DER ERZIEHUNG IN UNSERER GESELLSCHAFT. Der Wissenschaftsrat (WR, d.Vf.), eine Gruppe von Wissenschaftlern und Vertretern des 'Öffentlichen Lebens' verabschiedete bereits im Mai 1966 im Interesse der herrschenden Kräfte aus Großindustrie und Großbanken seine 'Empfehlungen' zur 'Neuordnung des Studiums', die jetzt zum größten Teil im Entwurf des Hochschulrahmengesetzes (HRG) enthalten sind:

- Steuerung der Studentenzahlen durch Zulassungsbeschränkungen,
- Verschärfte Prüfungsordnungen mit Ausbildungsförderungsgesetz (BaFög),
- Obligatorische Beratung,
- Kurzstudium von 2-3 Jahren für Lehrerstudenten!

Es soll in möglichst kurzer Zeit ein Lehrertyp produziert werden, der zwar seine drei Fächer 'beherrscht', (von beherrschen kann allerdings bei den vielen zu studierenden Fächern an der PH nicht die Rede sein!), der aber nicht in der Lage ist, Lern- und Lehrinhalte kritisch auf ihre gesellschaftliche Funktion hin zu überprüfen. Der Anspruch auf kritisch-politische Bewusstseinsbildung darf nicht im Systemzwang des Schulbetriebes ersticken. Die Intention des Lehrers kann dabei nur sein, inhaltlich an den konkreten Erfahrungsbereichen der Schüler und ihren bisherigen Lernprozessen anzusetzen, d.h. den pädagogischen Vermittlungsprozess mit politischen Inhalten zu füllen. Die Lehrer müssen sich fragen und dementsprechend auch arbeiten, wie der Schüler die Phänomene der sozialen und individuellen Realität in ihrer Abhängigkeit von Bedürfnissen, Interessen, Herrschaft und Ökonomie kennenlernt, insbesondere

1. ihren Prozesscharakter, ihre Wandelbarkeit, ihre Geschichtlichkeit,
2. ihre Abhängigkeit vom Zustand der Entwicklung der Produktivkräfte,
3. ihre Abhängigkeit von der Herrschaft Weniger über die entwickelten Produktivkräfte,
4. ihre Abhängigkeit von Bedürfnisinteressen des Einzelnen und vom Gewährungsinteresse der Gesellschaft,
5. ihre Abhängigkeit von dem erstrebten Zustand der Herrschaft aller über die Nutzung der entwickelten Produktivkräfte.

Jede Erziehung ist politisch. Eine neutrale gibt es nicht. Jene, die meinen, sie könnten neutral erziehen, tun das meistens mit der Intention, die Kinder vor vorschnellen Urteilen zu bewahren, den 'glücklichen Frieden der Kindheit' (krass formuliert) nicht zu zerstören. Die Ergebnisse einer solchen Erziehung zeigen jedoch immer wieder, dass sie nicht 'neutral' ist, sondern zur Unterwerfung unter die herrschenden gesellschaftlichen Interessen und zur kritiklosen Einordnung in die bestehenden Herrschaftsverhältnisse führt.

DIE ROLLE DES LEHRERS

Wie sieht nun die Parteilichkeit des Lehrers bei den gegebenen gesellschaftlichen Verhältnissen aus? Jeder Lehrer hat die Aufgabe, seine Rolle in der Verbindung von Erziehung und Politik zu sehen. Das hat zur Voraussetzung, dass er die Gesellschaft in ihrer wirklichen Gestalt kennt. Die 'wirkliche Gestalt' der Gesellschaft ist jedoch nicht irgendwie bestimmbar, sondern leitet sich ab aus dem Wissen über die Art der gesellschaftlichen Produktion, über den Grundwiderspruch von Lohnarbeit und Kapital. Die Reduktion auf die hiesigen Produktionsverhältnisse bedeutet für den Lehrer, dass er sich darüber klar sein muss, was er unter diesen Produktionsverhältnissen verstehen will. Er muss sich darüber im Klaren sein, dass sich seine Erziehungstätigkeit aus den Erfordernissen der spezifisch kapitalistischen Arbeitsorganisation im gesellschaftlichen Rahmen ableitet.

Er muss sich fragen, wie er das Wissen darüber erwerben kann und AUF WELCHE WEISE SEIN WISSEN IN GESELLSCHAFTLICH RELEVANTE ERZIEHUNGSPRAXIS UMSETZBAR IST. Da die kapitalistische Arbeitsorganisation auf dem Klassengegensatz (Arbeitgeber - Arbeitnehmer oder anders ausgedrückt: Arbeitende -Herrschende) beruht, kann nun die ALLGEMEINSTE BESTIMMUNG DER PARTEILICHKEIT getroffen werden: DER LEHRER MUSS SICH ENTSCHEIDEN, FÜR WEN ER ERZIEHT, FÜR DIE INTERESSEN DES KAPITALS ODER FÜR DIE ARBEITERKLASSE, ALS DER MASSE ALLER LOHNABHÄNGIGEN ARBEITENDEN.

Mit anderen Worten:

Man kann als Lehrer NUR ZWEI POSITIONEN einnehmen: ENTWEDER FÜR DIESES KAPITALISTISCHE SYSTEM, dass den einzelnen Menschen unterdrückt, ODER GEGEN DIESES SYSTEM. Es gibt zwar Standpunkte mit verschiedenen Graden des Engagements, aber KEINE WERTNEUTRALE ODER UNABHÄNGIGE ODER FREIE POSITION ODER WAS SONST NOCH SO OFT BEHAUPTET WIRD. ENTWEDER HILFT MAN ALS LEHRER MIT, DIE KINDER ZU 'GUTEN', DAS HEISST UNKRITISCHEN INDIVIDUEN IN EINER GROSSEN MEINUNGSLOSEN MASSE WERDEN ZU LASSEN, ODER MAN VERHINDERT DIES DURCH ENTSPRECHENDE AUFKLÄRENDE ARBEIT!"  (12)

20. Januar 1972: In Bochum führte die KPD zusammen mit ihrer Liga und dem KSV eine Veranstaltung zum Aufbau ihrer „Roten Fahne“ durch. So hieß es: „Die Veranstaltung in Dortmund am 19.1. und in Bochum am 20.1. bewiesen…, dass 'Den Aufbau der Roten Fahne' unterstützen den Parteiaufbau beschleunigen“ heißt. (13)

28. Januar 1972: Laut KSB/ML Bochum der KPD/ML-ZK, fand  in Bochum eine Demonstration von Studenten unter der Parole „Statt Mitbestimmungsbetrug: Klassenkampf" statt. (14)

29. Januar 1972: Flugblatt des KSB/ML Bochum der KPD/ML-ZK und der Roten Zellen: „Das waren Hochschultage". Berichtet wurde von der gestrigen Demonstration in Bochum. Das Flugblatt war u.a. unterzeichnet von: KSB/ML Bochum, Projektgruppe Brelohstraße. (15)

31. Januar 1972: Die Zelle PH Dortmund des KSV der KPD gab vermutlich in dieser Woche ihre auf Februar datierte „Wahlzeitung“ unter den Parolen: „Unterstützt und wählt Liste 5 (SL): Kampf der kapitalistischen Ausbildung! Für eine Ausbildung im Dienste des Volkes!" mit einem Umfang von 14 Seiten DIN A 4 zu den Wahlen zur Studentenkonferenz (SK) an der PH heraus.

Im „Kampfprogramm des KSV", wurde u.a. auch auf eine Demonstration gegen den Hamburger Erlass (Berufsverbote - BV, d.Vf.) am 3.2.1972 in Bochum angekündigt, die den Höhepunkt einer Kampagne gegen den Abbau demokratischer Rechte sei. (16)

Februar 1972

Urs Jaeggi, bekannter Ordinarius für Soziologie an der RUB, äußerte sich zu den „Chancen des zweiten Bildungswegs“ und der Möglichkeit, sich zu qualifizieren (vgl. Februar 1972). Jaeggi unterstützte auch die „Kampagne für Demokratie und Abrüstung“ (vgl. 14. Februar). Die Diskussion um die Weiter- und Fortbildung dürfte sich in gewisser Weise am Problem „Gesamthochschule“ fortgesetzt haben, wovon die „Einheit“ der IGBE zu berichten wusste (vgl. Februar 1972). Die Junge Garde der IAK vertrat die Auffassung, dass die Mitbestimmung an den Unis gescheitert sei und sprach in diesem Zusammenhang von einer „unreformierbaren Realität“ (vgl. Februar 1972).

Ab Februar dürfte in Bochum und Umgebung die Kampagne der KPD und ihrer Unterorganisationen „Alles für den Sieg des kämpfenden Vietnam“ begonnen haben. In Bochum fand dazu eine Filmveranstaltung statt (vgl. 15. Februar 1972).

Die Spaltung des KSB/ML an der RUB muss mit dem a. o. PT. der KPD/MKL-ZK in Zusammenhang gebracht werden. Faktisch hatte sich die KPD/ML-ZK im Dezember 1971 aufgelöst. Auf dem Parteitag hatten Ernst Aust (damaliger Vorsitzender) und das ZK keine Mehrheit mehr. Er bildete schließlich mit einigen wenigen Getreuen das „Exekutivkomitee beim ZK der KPD/ML“ und firmierte später weiter unter KPD/ML und gab den „Roten Morgen“ sozusagen in Eigenregie heraus. In der ideologischen Auseinandersetzung, sofern man überhaupt noch von einer sprechen sollte, gelang es ihm einige Zeit später wieder die KPD/ML zu reorganisieren. Nachdem die Opposition eliminiert worden war, konnte er sich als „wahre KPD/ML“ feiern lassen.

Ein weiteres Ergebnis des a. o. PT war die Bildung einer Vielzahl von neuen Gruppen, u. a. mit dem Zusatz „Marxisten-Leninisten“ (z. B. „ML-Bochum“, „ML-Dortmund“, „ML-Aachen“). Zu nennen wäre aber auch die Frankfurter „October-Gruppe“, der Frankfurter „Kampfbund/Marxisten-Leninisten“ oder „Gegen die Strömung“ (GDS) usw. In einer späteren Recherche soll in MAO der a. o. PT. der KPD/ML-ZK untersucht werden. Der KSB/ML dürfte sich nach der Spaltung an der RUB (und vermutlich auch in Dortmund!) in einem Zustand der Lethargie befunden haben, was der Bericht verdeutlicht. Die vorhandenen Theoriedefizite sollten wohl später in einem Organ mit dem Namen „Rotfront“ (nicht zu verwechseln mit „Rot Front“, Zeitung des Uni-Kollektivs des KJVD oder „Die Rote Front“, Betriebszeitung der ML-Dortmund 1973) aufgearbeitet werden. Interessant ist der Hinweis auf die „Iskra“ und deren Rolle als „zentraler Agitator, Propagandist und Organisator“ für den Parteiaufbau. Hierbei scheint es sich um jene Positionen gehandelt zu haben, die der KSB/ML vom Uni-Kollektiv des KJVD zu übernommen haben schien.

Für die Düsseldorfer Vietnamdemonstration (vgl. 19. Februar 1972) machten die KPD und deren Unterorganisationen breite Propaganda. Die Vietnamkampagne („Alles für den Sieg des kämpfenden Vietnam“) dürfte sicherlich mit zu den zentralen Kampagnen gehört haben. Später kamen die „Solidarität mit Hannes Heer“, „Kampf der politischen Disziplinierung“, „Kampf gegen die reaktionären Ausländergesetze weiterführen“, „Für das politische Mandat“, „Kampf der verschärften Staatsaufsicht“, „Gegen die reaktionäre Bildungspolitik“ hinzu.

Februar 1972: In der Februarausgabe der „Pardon“ äußerte sich zum ZBW Urs Jaeggi, 41, Ordinarius für Soziologie an der Ruhr-Uni Bochum (RUB):

„DIE CHANCE ZUM 'ZWEITEN BILDUNGSWEG': URS JAEGGI ZUM 'ZWEITEN BILDUNGSWEG'.

Man kann den Zweiten Bildungsweg mit Recht als ein wenig hemdsärmeliges, dafür bildungshumanistisches Tellerwäschermärchen apostrophieren! Neben einigen drop-outs aus dem Bildungsbürgertum ist der Zweite Bildungsweg traditionellerweise frequentiert von Schülern, die eine abgeschlossene Berufslehre hinter sich haben. Sie haben autoritär organisierte Arbeit am eigenen Leib erfahren. Sie wissen, wie wenig sie die Arbeitsbedingungen selbst beeinflussen oder gar bestimmen können. Es sind Frustrierte, allerdings bereits Indoktrinierte. Ihnen ist klar, dass die Schulbildung nicht nur der Schlüssel für eine sinnvollere und 'bessere' Tätigkeit ist. Ihnen ist auch klar, dass bereits der Schulabschluss selbst ein offenkundiges soziales Attribut darstellt, fast so unveränderlich wie ein angeborenes. Sie wissen deshalb genau, was sie wollen. Und darum sind sie nützlich. Sie bestätigen (scheinbar) das 'Bürgerrecht auf Bildung'; sie bestätigen (scheinbar) das Prinzip 'Ausbildung nach Begabung'. Vor allem aber bestätigen sie, dass jeder, trotz widriger Umstände, diese Umstände überwinden kann.

Wenn jeder zweite in der Bundesrepublik verneint, je die Chance gehabt zu haben, nach seiner Begabung und nach seinen Fähigkeiten ausgebildet worden zu sein, dann sind es in Wirklichkeit noch viel mehr. Diejenigen, die diese Frage nicht beantworten können, gehören auch noch auf die negative Seite der Bilanz. Die Leute vom Zweiten Weg zeigen - und ich meine dies nicht abschätzig; ich habe selbst dazu gehört - wie man dies ändern kann. Do it yourself! Konsequenterweise bleibt der Zweite Bildungsweg wenig untersucht. Er ist das Revier schüchterner staatlicher Experimente, vor allem aber privater Schulen. Aus individueller Not lässt sich Kapital schlagen. Kapital schlagen lässt sich ohnehin aus der ganzen Sache selbst. Dass der Zweite Bildungsweg im Interesse der Arbeitgeber liegt, ist leicht einzusehen. Er mobilisiert zwar bloß eine extrem schmale Gruppe, die anders als aufstiegsmotiviert schwer zu denken vermag. Die Betreffenden wollen aus dem Bisherigen heraus. Und sie sind bereit, dafür zu zahlen, in jeder Beziehung. Der Zweite Bildungsweg ist, sieht man von den Betroffenen selbst ab, für die Gesellschaft billig. Auch später, an der Universität, pflegen die Absolventen rascher zu studieren, effizienter, motivierter. Und für ihren späteren Beruf bringen sie einen unbestreitbaren Vorteil mit: die meisten von ihnen haben eine praxisnahe Erstausbildung. Der Zweite Bildungsweg ist keine Institution für eine 'Demokratisierung von unten'. Um die zu leisten, müsste er anders organisiert sein. Und wäre er anders organisiert, dann würde es sich nicht um den Zweiten Bildungsweg handeln. Mit Recht mag kaum jemand an den Zweiten Bildungsweg noch unbefangen glauben. Die Streuweite ist gering, für die heutige Wirtschaft gering. Die neuesten Bemühungen zielen denn auch auf vorschulische Erziehung. Gesamtschulen, Gesamthochschulen und ähnliches. Der Reformansatz wird in diesen Bemühungen deutlich, allerdings auch die Problematik: Nicht geht es darum, den Klassencharakter des Bildungswesens aufzuheben: vorab soll eine bessere Selektion erreicht werden.

Die Arbeiter meiden für ihre Kinder den Aufstieg über weiterführende Schulen ja nicht nur, weil die finanziellen Mittel fehlen. Sie meiden diesen Weg auch nicht bloß, weil sie unzureichend informiert sind und weil ihnen eine langfristige Planung im Bildungsbereich fremd ist. Ihnen ist auch die Diskrepanz zwischen ihren eigenen kulturellen Werten und den herrschenden Werten bewusst. Sie halten ihre Kinder in den eigenen Reihen, weil man sie diesem Milieu nicht entfremden will. Die Hemmungen sind nur zu verständlich: Während die Mittelschichten versuchen, die individuelle Leistungsorientierung ihrer Kinder zu steigern, ist in der Arbeiterschicht das Leistungsmotiv weniger ausgeprägt. Arbeiterkinder, die in der Bürgerinstitutionen  Schule Erfolg haben wollen, müssen sich individualistisch, aktivistisch und zukunftsorientiert den Werten jener gesellschaftlichen Gruppe anpassen, die ihrem Herkunftsmilieu fremd sind. Sie sind auf Anpassung angewiesen, ohne dass sich bis vor kurzem jemand ernsthaft um die Schwierigkeiten, die das mit sich bringt, gekümmert hat. Und noch jetzt. Gefragt wird: wie kann die Arbeiterklasse, durch kompensatorische Erziehung, angepasst werden? Nicht gefragt wird, wie die bestehenden Bildungsinhalte den unterprivilegierten Gruppen angepasst werden könnten. Die Einsicht in die Bildungsmisere wurde von Anfang an nicht als Einsicht in die kulturelle Unterprivilegierung verstanden. Die angebotenen Mittel sind nicht auf die kulturelle Teilhabe, auf Mündigkeit der Arbeitnehmer abgestellt. Und schon gar nicht auf das programmatische Postulat der 'echten Chancengleichheit'. Der Zweite Bildungsweg ist für die Arbeiterklasse nur die Chance, sich anzupassen. Damit alles so bleibt, wie es ist."

Nachgedruckt wurde dieser Artikel auch in:
- NRW durch den AStA der PH Dortmund, allerdings unter Auslassung eines Satzes, der sich auf einen anderen 'Pardon'-Artikel bezieht. (17)

Februar 1972: Die IGBE berichtete vermutlich aus dem Februar über die GHS:

„GESAMTHOCHSCHULEN. 1972 fünf Neugründungen in NRW geplant. Bis 1975 wird sich die Zahl der Studenten einschließlich der Studierenden an Fachhochschulen (FHS, d.Vf.) in Nordrhein-Westfalen auf 194 000 Personen erhöhen. Die Zahl der deutschen Studenten an wissenschaftlichen Hochschulen des Landes hat sich in den letzten Zehn Jahren verdoppelt. Den stärksten Zugang erfuhren die Pädagogischen Hochschulen (PH, d.Vf.) des Landes, deren Studentenzahl sich in den letzten zehn Jahren verdreifachte und zur Zeit 23 000 Personen umfasst. Nordrhein-Westfalen ist das erste Bundesland das alle mit der Gründung von Gesamthochschulen verbundenen Detailfragen in einem umfassenden Gesamthochschulunterrichtungsgesetz in Angriff nehmen will. Fünf neue Gesamthochschulen sollen in Duisburg, Essen, Paderborn, Siegen und Wuppertal am 1.August 1972 gegründet und acht bestehende Hochschulen in Aachen, Bielefeld, Bochum, Bonn, Dortmund, Düsseldorf, Köln und Münster zu acht weiteren Gesamthochschulen in einem Zeitraum von fünf Jahren entwickelt werden. Mit den fünf neuen Gesamthochschulen will Nordrhein-Westfalen erreichen, dass bis 1975 rund 34 700 zusätzliche Studienplätze geschaffen werden." (18)

Februar 1972: Vermutlich im Februar verfasste die Junge Garde (JG) der IAK folgenden Artikel:

„DIE STUDENTEN UND DER KAMPF DER ARBEITER. DIE ERFAHRUNGEN DER STUDENTENREVOLTE.

Ausgehend von der Tatsache, dass die Krise und der Untergang einer Gesellschaftsordnung sich zuerst im Verfall der Kultur und des Denkens äußert und dass die Jugend am sensibelsten darauf reagiert, muss man die Studentenrevolte in Deutschland als Ankündigung von Massenkämpfen der Arbeiterklasse verstehen. Die Metalltarifkämpfe von 1969, 1970 und 1971 seien als Beispiele genannt. Die Studentenbewegung verstärkte sich jedoch nicht mit dem Anwachsen der Arbeiterbewegung. Die Führung der Studenten, der SDS, versagte vor der Aufgabe, die Position und den Kampf der Studenten in bezug auf die Arbeiterklasse zu bestimmen. Die These von der totalen Integration der Arbeiterklasse und die darauf fußende Politik führten zur Isolation von den Arbeitern und schließlich in den politischen Sumpf des kleinbürgerlichen Linksradikalismus.

Heute, angesichts der Offensive der Arbeiterklasse, ist es für alle politischen Organisationen der Studenten unmöglich, den Kampf der Arbeiterklasse zu ignorieren. Die Wahl der SPD in die Regierung durch die Arbeiter, die Verteidigung der eigenen Organisationen gegen die Angriffe der Unternehmer, Oppositionsaufbau in Gewerkschaften und SPD, das sind die Elemente des politischen Reifungsprozesses der deutschen Arbeiterklasse. Studenten wie Arbeiter, die angegriffen werden von der Bourgeoisie, die weltweit um die Aufrechterhaltung ihrer Klassenherrschaft kämpfen muss, stellen sich die Frage nach ihren Organisationen als Kampfinstrumente gegen die Bourgeoisie. Das zentrale Problem der Studentenbewegung ist heute: Wie kann der GEMEINSAME Kampf mit den Arbeitern ORGANISIERT werden?

BILANZ DES KAMPFES DER STUDENTEN NACH DER SDS-PERIODE

Mit der SPD in der Regierung erhielten alle Illusionen in die Reformierbarkeit dieses Systems einen Aufschwung, die sich an der Uni in der Mitbestimmungsideologie niederschlagen. Ihre Vertreter unter den Studenten, Spartakus (MSB der DKP, d.Vf.) und SHB, gewannen die Führung der Studenten. Doch die 'unreformierbare' Realität des Numerus clausus (NC, d.Vf.) und das endgültige Scheitern der Reformen entzogen der Mitbestimmung den Boden, die nur sinnvoll ist, solange tatsächlich für die Studenten etwas 'rauszuholen' ist. Die Auseinandersetzung um die verschiedenen Länderhochschulgesetze und um das HRG zeigte, dass die Mitbestimmung den Versuch des Staates darstellt, die unabhängigen Organe der verfassten Studentenschaft gesetzlich auszutrocknen sowohl materiell (Studentenwerk) als auch von ihrer Funktion als Interessensorgane aller Studenten. Im Kampf gegen das HRG versagte der VDS. Er sprach zwar von der 'gewerkschaftlichen Orientierung' (GO, d.Vf.), doch in Wirklichkeit unternahm er nichts zur Organisierung der Interessenskämpfe auf Massenbasis im Aufbau der Studentengewerkschaft. Während dieser Zeit bildete sich eine Opposition im SHB heraus, die 'Sozialistische Fraktion' (SHB/SF, d.Vf.), die im Gegensatz zur Mehrheit sich klar zum Spartakus abgrenzen will. Der letzte Höhepunkt der Mobilisierung der Studenten war der Kampf gegen die politische Unterdrückung. In Bochum (wie in anderen Städten) fand dazu eine Demonstration von 2 000 Jugendlichen statt. Doch die Analyse dieser Aktionen lassen eines erkennen:

DIE KRISE DER POLITISCHEN FÜHRUNG DER STUDENTEN.

Sie liegt wesentlich im Versagen der unabhängigen Organe der Studentenschaft. Weder der VDS (Spartakus/SHB) noch der AStA in Bochum (SHB/SAG) nahmen die Diskussion auf zur Organisierung gemeinsamer Aktionen mit der Arbeiterklasse. Der VDS verzichtete bewusst darauf, indem er folgende Ziele für die Aktionstage und die Demonstrationen festlegte: Aufklärung der Bevölkerung; Protest- und Warndemonstrationen; einheitliche Kampffront aller Demokraten und Sozialisten; Zurückweisung des Antikommunismus als Waffe der Reaktion. Die Demonstration selbst hat über die Bedeutung dieser Zielsetzung Klarheit geschaffen. Die Forderung nach Aufklärung geht an den Kämpfen der Arbeiterklasse völlig vorbei. Sie braucht nicht über die Angriffe aufgeklärt zu werden, sie hat den Kampf dagegen schon aufgenommen (Metall etc.). Wen will der VDS warnen? Soll der Bourgeoisie und der Arbeiterklasse die Stärke der vereinten Linken demonstriert werden? Damit die Bourgeoisie vor ihr erzittert und die Arbeiterklasse in ihr ihre konsequenteste, weil marxistische Führung anerkennt? Weder das eine noch das andere wurde erreicht. Vielmehr war es der Bevölkerung unmöglich, sich mit den Parolen der Demonstration zu identifizieren wie 'Weg mit den Faschisten, Freiheit für Marxisten'. So blieb die Demonstration eine reine Selbstdarstellung der kleinbürgerlichen Organisationen. Der Spartakus im VDS verlangt in Worten Kampf dem Antikommunismus. In der Tat sah es so aus, dass die Initiative der Jungen Garde, die Kampagne gegen die politische Unterdrückung auch auf die von der Bürokratie unterdrückten oppositionellen Arbeiterkämpfer in Osteuropa und der UdSSR (SU, d.Vf.) auszuweiten, von Spartakus durch Abbruch der Diskussion und ein höhnisches 'die Junge Garde des RCDS' abgetan wurde. Gerade weil es hier gilt, Klassenkampfposition zu beziehen im Kampf für die Machteroberung der Arbeiterklasse, d.h. im Kampf gegen die Bindung der SPD an die Bourgeoisie und die SED (in der DDR, d.Vf.) als Repräsentant des Stalinismus die Alternative herauszuarbeiten, können wir dazu nicht schweigen. Die Bourgeoisie aber nutzt gerade die bitteren Erfahrungen der Arbeiterklasse in Deutschland aus, indem ihr die Totalitarismusideologie, die Gleichsetzung von Rechts- und Linksradikalen, dazu dient, die Arbeiterklasse noch fester an die SPD zu binden.

Solange die Initiative des Kampfes der studentischen Organisationen - und hier sei besonders der SHB angesprochen - sich auf den Rahmen der Jugendlichen beschränkt und mit linksradikalen Parolen die Arbeiterklasse abstößt, kann die Bourgeoisie ihren eigentlichen Angriff auf die Arbeiterklasse hinter den Demonstrationen der Kommunisten verstecken, weil der Arbeiterklasse die Identifizierung mit diesen Aktionen unmöglich gemacht wird. Aufgrund der inneren Schwierigkeiten, die eigene politische Konzeption auszuarbeiten, bedeutet die Krise des SHB in Bochum sofort die Krise des AStA. Sie führt dazu, dass vom AStA (SHB/SAG) die vorbereitende Diskussion und Mobilisierung der Studenten nicht getragen werden konnte. Es muss Schluss gemacht werden mit der Auseinandersetzung der AStA-Fraktionen auf Gerüchteebene, die nur den Rechten dazu dient, das Vertrauen der Studenten in ihre Organisationen zu zerstören und jede politische Diskussion abzuwürgen. Die Krise der politischen Führungen der Organisationen muss gelöst werden, soll die Studentenbewegung nicht ein zweites Mal im Sumpf enden.

PERSPEKTIVEN DES KAMPFES DER STUDENTEN AN DER SEITE DER ARBEITERKLASSE.

1. Die Junge Garde schlägt vor, dass die Führungen aller politischen Organisationen in allen Organisationen die Diskussion eröffnen über:
- die Lehren der Studentenbewegung
- die Formulierung eines Aktionsprogramms der Studenten auf der Grundlage ihrer gemeinsamen Interessen
- die Durchsetzung dieser Forderungen

2. Die politische Auseinandersetzung der verschiedenen Tendenzen muss vor allen Studenten geführt werden, um einheitliche Aktionen beschließen und den Kampf auf Massenbasis organisieren zu können.

3. Die breite Diskussion muss die Plattform für die Arbeit der Organe der verfassten Studentenschaft (Fachschaftsrat, AStA, VDS) sein. Sie wird die Grundlage für den Aufbau einer unabhängigen Massenorganisation als Kampfinstrument der Studenten sein.

4. Die Diskussion soll erreichen, den Platz der Studenten im Klassenkampf zu definieren. D.h., der Kampf der Studenten und ihrer Organisationen muss bestimmt werden in bezug auf die Arbeiterklasse und das Ziel der politischen Machtergreifung.

5. In diesem Zusammenhang gilt es, die sozialistische Alternative auch in bezug auf die Regierungsfrage von den Studenten her mit auszuarbeiten.

6. Die Junge Garde schlägt dazu vor, dass alle Studenten- und Jugendorganisationen sich beteiligen an der Entwicklung eines Aktionsprogramms der Jugend. Mit ihm treten sie an die Arbeiterklasse und ihre Organisationen heran, damit dieses Programm von den sozialdemokratischen Arbeitern im Kampf für die Arbeiterregierung als Teil des Arbeiterprogramms aufgenommen wird. Es kommt darauf an, von allen Kandidaten für die Bundestagswahl 1973 die Durchsetzung dieses Programms zu verlangen." (19)

3. Februar 1972: In Bochum soll, laut und mit KSV der KPD, die „Kampagne gegen den Hamburger Erlass“ (Berufsverbote - BV) um 16 Uhr 30 mit einer Demonstration ab Husemannplatz „einen vorläufigen Höhepunkt" finden  Aufgerufen wurde auch vom KSV an der PH Dortmund. Laut KPD/ML-ZB, die kein Datum angibt, findet in Bochum eine Demonstration gegen die Berufsverbote (BV) mit ca. 2 000 Personen statt. Die Junge Garde (JG) berichtet, ebenfalls ohne Datum, von 2 000 Jugendlichen. (20)

14. Februar 1972: In NRW erschien vermutlich Mitte Februar das folgende Flugblatt von zwei Seiten DIN A 4 ohne presserechtlich Verantwortlichen aber unterzeichnet von einer Reihe von Personen, wobei weitere Unterschriften an das Büro NRW der Kampagne für Demokratie und Abrüstung (KfDA), 43 Essen-Rellinghausen, Kaninenbergstraße 24 zu senden sind:

„AUFRUF ZUR 'FRÜHJAHRSKAMPAGNE 1972 FÜR ABRÜSTUNG, SICHERHEIT UND INTERNATIONALE SOLIDARITÄT'.

Über 20 Jahre lang hat der Kalte Krieg die Lösung aller europäischen Nachkriegsprobleme verhindert. Die Konfrontation von NATO und Warschauer Vertrag beherrscht die politische Entwicklung Europas. Ohne völkerrechtliche Garantie der Nachkriegsgrenzen bleibt der Frieden unsicher und gefährdet. Milliarden von Mark werden weiterhin sinnlos für die Rüstung verschwendet, dringende soziale Bedürfnisse der Bevölkerung können nach wie vor nicht erfüllt werden. Doch die Kräfte der Entspannung und des friedlichen Ausgleichs sind stärker geworden! Dadurch hat sich die Möglichkeit eröffnet, die militärische Konfrontation in Europa zu überwinden und ein von allen Staaten getragenes Sicherheitssystem zu schaffen. Die Unterzeichnung der Verträge mit der Sowjetunion (SU, d.Vf.) und der Volksrepublik Polen durch die Bundesregierung, die Einleitung der Ratifizierung dieser Verträge, das Abkommen der vier Mächte über Westberlin , das Abkommen über den Transitverkehr von und nach Westberlin zwischen den Regierungen der DDR und der BRD sowie das Abkommen zwischen der Regierung der DDR und dem Senat von Westberlin, die Übereinstimmung der Auffassungen von L. Breschnew und W. Brandt (SPD, d.Vf.) über wichtige Probleme der europäischen Sicherheit, die in dem Gespräch auf der Krim deutlich wurde, die Vertiefung der freundschaftlichen Beziehungen zwischen der Sowjetunion und Frankreich und die Fortschritte in der Diskussion um die Abrüstung sind wichtige Beiträge zur Sicherung des Friedens.

Die Mehrheit der Bevölkerung setzt jetzt große Erwartungen in die Fortsetzung dieser Politik. Weitere Stationen müssen die schnelle Ratifizierung und Verwirklichung der Verträge mit der Sowjetunion und Polen, die rasche Herbeiführung der gesamteuropäischen Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit (KSZE, d.Vf.), die Aufnahme der DDR und der BRD in die UNO und die völkerrechtliche Anerkennung der DDR sein! Aber die Gefahren für unsere Sicherheit und unseren sozialen Fortschritt sind noch nicht entscheidend beseitigt. Barzel, Strauß und Springer, die Führungen der Vertriebenenverbände, die Aktion Widerstand (AW, d.Vf.), die Spitzen des Militärs und die Rüstungskonzerne verschärfen ihre Angriffe gegen die Verabschiedung der Verträge durch den Bundestag, um die endgültige Anerkennung und Sicherung der Grenzen in Europa zu verhindern. Das Wettrüsten, die Politik der Abschreckung und der atomaren Drohung soll fortgesetzt, die Überwindung der Militärblöcke aufgehalten werden. Gegen diese Politik müssen alle für Entspannung und Frieden eintretenden Kräfte aktiv werden. Trotz unterschriebenem Gewaltverzicht und neuen Möglichkeiten für die Abrüstung werden in diesem Jahr ca. 25 Milliarden DM direkt für Militär und Rüstung ausgegeben. Kein Teil des Bundeshaushalts ist so stark erhöht worden. Dadurch wächst der verhängnisvolle Einfluss der Rüstungsindustrie in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Dringende demokratische Reformen können nicht verwirklicht werden. Die Umweltverschmutzung, Giftablagerung auf Müllkippen und in Flüssen, die  zunehmende Verpestung der Luft durch die Großindustrie erhöhen die Gefahr für die Bevölkerung in NRW. Die sozialen Notstände im Wohnungs-, Verkehrs-, Gesundheits- und Bildungswesen verschärfen sich. Weiterhin werden Naturschutz- und Erholungsgebiete in Militärgelände umgewandelt. Nur die aktive Einflussnahme aller Demokraten kann die Abrüstung und Militarisierung stoppen und die konsequente Fortführung einer Politik der friedlichen Koexistenz in Europa sichern. Damit wird ein wichtiger Beitrag zur Herstellung auch des Weltfriedens geleistet. Allgemein sind die Möglichkeiten zur Beseitigung der internationalen Kriegsherde und Kriege heute gewachsen. Stärker geworden ist überall auf der Welt die Bewegung gegen die barbarische Aggression des US-Imperialismus in Indochina. Moralisch, politisch und militärisch hat die US-Regierung eine Niederlage erlitten. Aber während Nixon vom Frieden redet, wird die Aggression verschärft: immer mehr Massaker und Flächenbombardements und zunehmende Unterdrückung, Polizeiterror und Unrechtsjustiz gegen die wachsende Friedensbewegung in den USA selbst in den Städten Südvietnams.

Immer weniger Verbündete der USA sind bereit, die Kosten für den US-Völkermord in Indochina mitzutragen. Denn die arbeitenden Menschen lehnen die Aggression ab und wollen sich nicht zusätzlich Milliarden für den US-Krieg aufbürden lassen. Auch die Bundesregierung muss endliche ihre politische und materielle Hilfe für die verbrecherische US-Politik und das Saigoner Regime einstellen! Deshalb rufen wir auf zu einer 'Frühjahrskampagne 1972 für Abrüstung, Sicherheit und internationale Solidarität', die ihren Höhepunkt findet in den Aktionstagen vom 25.März bis 1.April 1972.

- FÜR SCHNELLE RATIFIZIERUNG UND VERWIRKLICHUNG DER VETRÄGE MIT DER SOWJETUNION UND POLEN!

- FÜR MEHR SOZIALE SICHERHEIT DURCH KÜRZUNG DES RÜSTUNGSHAUSHALTS!

- FÜR MILITÄRISCHE ENTSPANNUNG IN EUROPA DURCH VERMINDERUNG DER TRUPPEN UND RÜSTUNGEN!

- FÜR EINE KONFERENZ ÜBER SICHERHEIT UND ZUSAMMENARBEIT IN EUROPA!

- FÜR DEN ABZUG ALLER US-TRUPPEN AUS INDOCHINA!

- EINSTELLUNG JEDER UNTERSTÜTZUNG DURCH DIE BUNDESREGIERUNG!

- FREIHEIT FÜR ANGELA DAVIS UND ALLE VERFOLGTEN AMERIKANISCHEN DEMOKRATEN!"

Unterschrieben ist dieser Aufruf hier („Die Angabe der Funktionen dient nur zur Information“) vom AStA der PH Rheinland, vom DFG/IdK Bundesvorstand Essen, vom Bundesvorstand der Deutschen Jungdemokraten (DJD bzw. Judos der FDP) Bonn, vom Deutscher Freidenkerveband (DFV) Bundesvorstand Schwerte, von der Landesjugendpresse (LJP) NRW Solingen, vom MSB Spartakus Bundesvorstand Bonn, vom Politischer Arbeitskreis Schulen (PAS) Bundesvorstand Bonn, vom Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) Bundesvorstand Dortmund, von der Sozialdemokratischer Hochschulbund (SBH) Bundeszentrale Bonn, vom Verband Deutscher Studentenschaften (VDS) Vorstand Bonn, von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, VVN-Landesverband NRW Düsseldorf, von der Westdeutschen Frauenfriedensbewegung (WFFB), Geschäftsführende Bundesleitung Essen und aus:

15. Februar 1972: Im Bochumer Prismatheater soll heute eine Filmveranstaltung zu Vietnam stattfinden, zu der die Bochumer Gruppen: KPD, KSV und LgdI u.a. mit einem Flugblatt „Alles für den Sieg des kämpfenden Vietnam" aufgerufen hatten. (22)

18. Februar 1972: Das Papier „Erweiterung und Selbstkritik zur 'Plattform' einer Gruppe des KSB/ML Bochum vom 21.1.72" wurde bekannt. Offensichtlich handelt es sich hierbei um die Abspaltung einer kleineren Gruppierung vom KSB/ML in Bochum. U.a. wurde ausgeführt:

„Unsere Position war im Kampf gegen die Ultralinken in Bochum entwickelt worden. Während diese Genossen schon kurz nach dem PT durch die Bildung ihres 'Zirkels' die KPD/ML ohne ausreichende Begründung aufgaben (ihre Begründung bestand lediglich in der Übernahme der Duisburger Position von der LDK: "die ganze Partei war durch und durch revisionistisch), hielten wir fest an der Partei und wollten durch genaue Untersuchungen zwischen richtig und falsch bei der bisherigen Politik unterscheiden, um auf der Grundlage von Untersuchungsergebnissen die weiteren Schritte zu tun. ... Mit diesem Konzept führten wir gleichzeitig einen Kampf gegen die andere Gruppe im KSB/ML Bochum, deren Linie anfangs hauptsächlich in persönlichen Angriffen und Verleumdungen gegen die ehemalige Leitung bestand. ... In ihrem Bruch mit der Partei verbündete sich bezeichnenderweise auf einer MV ein Vertreter der ultralinken Bielefelder Richtung mit ihnen. ... Wir wollten damals im KSB/ML mit ihnen eine Einheit über das weitere Vorgehen erreichen, und uns durch die Untersuchungsarbeit Kriterien erarbeiten, um 'Erkenntnisse', wie etwa "die Partei war durch und durch revisionistisch" wirklich beurteilen zu können. ... Wir sind entschlossen, den ideologischen Kampf mit allen Genossen weiterzuführen, auch im KSB/ML, aber wir werden uns nicht länger von der Untersuchungsarbeit abhalten lassen. ... Wenn in den beiden Roten Betriebsgruppen die Arbeit von den Ultralinken bisher boykottiert wurde, so müssen die anderen Genossen jetzt, genau wie wir es tun, trotzdem mit der Untersuchungsarbeit anfangen. Entweder machen die Ultralinken dann mit, oder die Arbeit wird ohne sie gemacht. ... Wenn wir heute sagen, dass wir am Prinzip der Partei festhalten, so heißt das für uns, dass wir für den Wiederaufbau der KPD/ML kämpfen. Eine scharfe Trennungslinie ziehen wir zu all denen, die heute sagen, dass die HS der Politik der Partei revolutionär war. ... In Bochum heißt das, eine scharfen Trennungslinie ziehen gegenüber den Genossen, die den Revisionismus auf die theoretisch untermauerte Revision der 'Generallinie' der Partei reduzieren, auf die Revision der Position:

1.) Westdeutschland ist ein imperialistischer Staat,

2.) Die Revolution hat nur eine Etappe; Ziel der Revolution ist die Errichtung der Diktatur des Proletariats durch gewaltsame Zerschlagung des bürgerlichen Staatsapparates.

3.) Bündnispartner sind die Bauern, alle anderen Werktätigen und die fortschrittliche Intelligenz."

Organisatorische Konsequenzen sollen sein:"

Der ideologische Kampf der verschiedenen Zirkel der ML-Bewegung um die brennendsten Fragen des PA muss national geführt werden, mit dem Ziel der Schaffung eines national organisierten ideologischen Zentrums und der Herausgabe eines zentralen Organs vom Charakter der ISKRA als erstem Schritt zum PA. ... Aufgrund der natürlichen Bedingungen wird die ideologische Auseinandersetzung auf Orts- und Regionalebene besonders intensiv geführt. Hierbei dürfen wir das Ziel, eine nationale Organisation, niemals aus den Augen verlieren. ... Kriterium für den Zeitpunkt der Herausgabe eines Iskra-Organs ist nicht die quantitative Entwicklung des Zirkels, sondern die qualitative. Auf einer klaren fundierten ideologischen Grundlage soll in diesem Organ zu den zentralen Aufgaben Stellung genommen werden, sollen andere Positionen in diesen Fragen kritisiert werden, soll die Diskussion um die Herausgabe des Programms (Strategie und Taktik der zu schaffenden KPD/ML geführt werden). Ein solches Organ ist ein entscheidendes Moment, den Kampf um die Einheit der ML im nationalen Maßstab vorwärts zu treiben. Es ist zentraler Propagandist, zentraler Agitator und zentraler Organisator. Solange, bis ein solches Organ erscheinen kann, soll auf Ortsebene „Rotfront" als Übergangslösung wieder erscheinen." (23)

19. Februar 1972: An der Düsseldorfer Vietnamdemonstration der KPD, die in der „Roten Fahne“  an einer Stelle zunächst schon für den 12.2.1972 um 13 Uhr 30 ab Im Liefeld/Heerstraße angekündigt worden war, beteiligten sich, laut KPD, 300 Personen, laut der Aachener LgdI gar fast 500.

In der „Roten Fahne“ hieß es dazu:

„FÜR DEN SIEG DER VIETNAMESISCHEN REVOLUTION! In Westberlin demonstrierten am 12.2. 2 200, in Düsseldorf am 19.2. 300 Antiimperialisten gegen die Luftangriffe der USA-Banditen auf die Völker Indochinas. Sie folgten dem Aufruf der Liga gegen den Imperialismus, des KSV und der KPD."

Aufgerufen wurde, ebenso wie zu den Filmveranstaltungen in Bochum und Düsseldorf  u.a. mit einem Flugblatt „Alles für den Sieg des kämpfenden Vietnam" von KPD, KSV und LgdI, während ein Aufkleber nur zur Demonstration aufrief. Die LgdI gab auch noch ein Flugblatt „L.g.d.I." heraus, in der sie die Gründung ihres eigenen Landesverbandes NRW in Bonn bekanntgibt und Filmveranstaltungen in Aachen, Bonn, Bochum, Dortmund, Düsseldorf und Köln ankündigt. Die LgdI kündigte den Marsch als zentrale Demonstration im Rahmen ihrer Vietnam-Aktivität an. (24)

28. Februar 1972: Die Nr.11 der „Jungen Garde“ für Februar und März erschien vermutlich in dieser Woche und berichtet u.a. über die Junge Garde Kampfgruppe Berlin, aus NRW von der Ruhruni Bochum. Aufgerufen wurde zu den eigenen Versammlungen in Bochum, Frankfurt und Hamburg. (25)

März 1972

Aus dem März sind zunächst die Rote-Punkt-Aktionen erwähnenswert, die laut „BSZ“ bis zum April andauerten. Die KPD/ML und ihre Organisationen waren daran maßgeblich beteiligt (vgl. März 1972).

Der KB berichtetet in seiner „Wahrheit“ auch über die Proteste gegen die „Berufsverbote“ aus Bochum (vgl. 1. März 1972).

Der KJO Spartacus berichtete von seiner Bundeskonferenz und die Junge Garde über ein Aktionsprogramm für Lehrlinge. Beide Gruppen hatten sich auch immer wieder über die RUB geäußert. Für den Bochumer Raum sind ihre Berichte daher nicht unwichtig (vgl. 4. März 1972).

Die Irland-Woche der KPD/ML-ZB mündete in eine Demonstration ein, für die auch an der RUB geworben worden war (vgl. 11. März 1972).

März 1972: Laut „BSZ“ begann in Dortmund und Bochum die Rote-Punkt-Aktionen. Sie dauern bis zum April 1972. Die KPD/ML-ZK und ihre Organisationen sind an diesen Aktionen maßgeblich beteiligt. (26)

1. März 1972:  Der KB Bremen gab Anfang des Monats die Nr.2 seiner „Wahrheit“ heraus. U.a. wurde auch auf die Berufsverbote eingegangen, gegen die Proteste gemeldet werden u.a. aus Bochum. (27)

4. März 1972: Es begann die zweitägige 3. Bundeskonferenz der KJO Spartacus. Mit Mandaten für je 6 Mitglieder war u.a. die Ortsgruppe Bochum-Hagen (1) vertreten. Die Spaltung vom 12.12.1971 habe einen Mitgliederverlust von 50% bedeutet. Erhalten geblieben sei Bochum. (28)

4. März 1972: Die Junge Garde der IAK führte an diesem Tage unter dem Motto „Bilanz und Perspektiven im Kampf für ein Aktionsprogramm der Jugend für eine Arbeiterregierung" in Bochum zwei getrennte Veranstaltungen für Lehrlinge und Jungarbeiter einerseits und für Schüler andererseits durch. Weiter findet für Studenten noch ein nationales Studententreffen statt. (29)

11. März 1972: In Dortmund führt der KJVD der KPD/ML-ZB zum Abschluss seiner Irland-Woche eine Irland-Demonstration durch, zu der, laut dem „KDAJ“ die Ortsgruppe Dortmund, laut dem „KND“ der gesamte Landesverband NRW aufruft. Außerdem beteiligen sich auch die KPD/ML-ZK und griechische MLer an der, laut KJVD, 500-köpfigen Demonstration. Aufgerufen wurde auch bei der Hoesch Westfalenhütte Dortmund. Dort sowie bei Hoesch Phoenix wird auch berichtet, dass der Zug zu den britischen Kasernen verboten wurde. Aufgerufen wird in Dortmund auch im IGBE-Bereich bei Minister Stein durch die KPD/ML-ZB und den KJVD 1972).

In Gelsenkirchen wurde u.a. aufgerufen beim Schalker Verein. Als Demonstrationsort wird Dortmund gewählt, „weil hier britische Truppen zur Vorbereitung auf den Einsatz in Nordirland Manöver abgehalten hatten. Umfangreiche Vorbereitungen waren zur Demonstration durchgeführt worden. Der Landesverband NRW des KJVD hatte eine Broschüre herausgegeben, in denen die Ziele des Kampfes des irischen Volkes sowie die Verbindung dieses Kampfes mit dem Kampf der westdeutschen Arbeiterklasse hergestellt wurden“. In Bochum sei versucht worden Verhandlungen mit der ehemaligen Roten Garde (RG), der KPD/ML-ZK (Roter Morgen), der KPD (ex-AO) und einem Schülerzirkel (vermutlich Schülerkollektiv/ML - SK/ML Bochum, d.Vf.) und des KSB/ML zu führen.“ (30)

12. März 1972: Laut SBü fand die erste Regionaltagung sozialistischer Lehrer in Bochum statt. Es wurde ein ständiges Büro eingerichtet, das seinen Sitz in Bielefeld hat. (31)

April 1972

Neben der Herausgabe des „Kommunist“ der DKP-Hochschulgruppe (vgl. April 1972) sind die Informationen der „BSZ“ über die anarchistische Vereinigung „883 – Revolutionäre Aktion“ von Interesse, die dazu aufgefordert haben soll, „eine revolutionäre Einheitsfront an der RUB“ herzustellen. Inwieweit sich die Gruppe bzw. das Zeitungsprojekt mit „Agit 883“ in Zusammenhang bringen lässt, wird nicht recht deutlich, da das Zeitungsprojekt eigentlich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bestand. (Vermutlich war es die Fortsetzung des Projekts nach einer kurzen Pause durch Gruppen aus Bochum und Hannover.)

Zur „Agit 883“ wäre noch hinzuzufügen: Das war eine anarchistische Zeitung aus der linken Szene Westberlins, die mit wechselnden Untertiteln und oft wechselnder redaktioneller Zusammensetzung ca. von Februar 1969 bis Februar 1972 erschien. Oftmals wurden die Zeitung und ihre Herausgeber  kriminalisiert. Sie blieb aber wohl stringent ein Organ der alten Studentenbewegung. Das Zeitungsprojekt wurde von Dirk Schneider ins Leben gerufen. Und mit der Erschießung des Benno Ohnesorgs (2. Juni 1967) als Projekt einer Gegenöffentlichkeit konzipiert. Auf ihrem Höhepunkt dürfte „Agit 883“ eine Auflage von ca. 60.000 Exemplaren gehabt haben. Nachfolger der Zeitung waren später u. a. „883 Hannover“, „883 Bremen“, „Bambule“, „Berliner Anzünder“, „Hundert Blumen“ usw. (vgl. 18. April 1972).

Die Kampagne der KPD und des KSV zum 1. Mai 1972 lief unter dem Motto: „Für den Kampf der unterdrückten Völker gegen den Imperialismus und für den Sieg der Völker Indochinas“. Die Organisationen riefen dazu auf, sich u. a. an den 1.-Mai-Demonstrationen in Westberlin und Dortmund zu beteiligen (vgl. 19. April 1972).

Die „BSZ“ berichtete in einer ihrer Ausgaben auch über die „Brehlohstraße“ und den Kampf der Obdachlosen, der unter der Parole „Kampf dem Kapitalismus und Imperialismus“ geführt worden sein soll (vgl. 23. April 1972).

Die Sympathisantenschulungen des KSV sollten helfen, die „Massenarbeit“ zu verbessern und sie mit der „revolutionären Praxis“ zu verknüpfen. Dazu führte der KSV aus: „Sie ist ein wesentlicher Teil unserer Massenarbeit; ausgehend von der Tatsache, dass gerade das Fehlen einer eigenen klassenkämpferischen Erfahrung, die Entfernung der Studenten …“ (vgl. 24. April bis 26. April 1972).

Die Ereignisse um Jose Cumplido riefen 1972 eine breite Solidaritätswelle in Bochum und Umgebung hervor. Der spanische Gastarbeiter, der gegen „unhaltbare Zustände im Opel-Ausländerheim“ protestiert haben soll, soll festgenommen worden sein. Eine Reihe Bochumer Gruppen solidarisierten sich mit ihm. U. a. KSB/ML der KPD/ML-ZK, SAG Bochum, 883 Revolutionäre Aktion Bochum, Projektgruppe Gastarbeiter Bochum, KSV der KPD, KJVD, KPD/MKL-ZB SDAJ, Jusos, Sozi-Info und andere Gruppen. Es entstand nach einer ersten Demonstration das Aktionskomitee „Freiheit für Jose Cumplido“ (vgl. 29. April 1972).

April 1972: Die DKP Hochschulgruppe gab an der RUB ein Extra ihres „Kommunist“ heraus. (32)

18. April 1972: In Bochum ist für heute, laut „BSZ“, ein erster Informationstermin über die neugegründete anarchistische Vereinigung „883 - Revolutionäre Aktion Bochum“ geplant. U.a. fordert diese dazu auf, „eine revolutionäre Einheitsfront an der RUB" herzustellen. (33)

19. April 1972: Die KPD berichtete von heute:

„KOMMUNISTISCHER STUDENTENVERBAND (KSV) - KOMMUNISTISCHE STUDENTEN IM KAMPF FÜR DEN 1. MAI.

Dem Maiaufruf der Partei folgend hat der Kommunistische Studentenverband an den Westberliner Universitäten und Hochschulen, an der Uni Hamburg, an der Ruhruniversität Bochum, der Uni Bonn und der PH Dortmund seine ganzen Aktivitäten auf die Mobilisierung der fortschrittlichen Studenten zu den Maidemonstrationen der KPD in Westberlin, Hamburg und Dortmund ausgerichtet. Die mit dem KSV sympathisierenden Organisationen an der Uni München und der Uni Erlangen/Nürnberg, der Zentralverband der Roten Zellen (ZVROZ, d.Vf.) München und die Roten Zellen an der Erlanger Uni, werden sich in die Demonstrationen der Liga gegen den Imperialismus (LgdI, d.Vf.) in München und Nürnberg einreihen, um am 1.Mai gemeinsam mit allen antiimperialistischen Menschen den Kampf der unterdrückten Völker gegen den Imperialismus und für den Sieg der Völker Indochinas zu demonstrieren.

In einer Reihe weiterer Universitäten, an denen der KSV seine Arbeit noch nicht aufgenommen hat, werden mit dem KSV sympathisierende Organisationen die Losungen der Partei unter der Masse der Studenten propagieren und zu den zentralen Demonstrationen der Partei aufrufen. So werden Lehrerstudenten an der PH Rheinland und Medizinstudenten an der Uni Köln, Genossen der Roten Zellen an der Uni Münster zur Demonstration in Dortmund aufrufen, das Kommunistische Studentenkollektiv (KSK, d.Vf.) an der PH Lüneburg und eine Sympathisantengruppe an der Bremer Uni zur Demonstration in Hamburg. An der Marburger und Mainzer Universität werden die Kommunistische Hochschulorganisation (KHO, d.Vf.) Marburg und Sympathisanten an der Uni Mainz auf Veranstaltungen und Meetings den Revisionisten des MSB-Spartakus (der DKP, d.Vf.) und den rechtsopportunistischen Zirkelgruppierungen das revolutionäre Programm der KPD zum 1.Mai entgegensetzen.

GEGEN REFORMISMUS UND REVISIONISMUS - FÜR DIE REVOLUTIONÄRE EINHEIT DER ARBEITERKLASSE - KPD!

FÜR DAS FESTE BÜNDNIS DER ARBEITERKLASSE MIT ALLEN UNTERDRÜCKTEN SCHICHTEN DES VOLKES IM KAMPF FÜR DIE SOZIALISTISCHE REVOLUTION!

VORWÄRTS BEIM NATIONALEN AUFBAU DES KSV!

VORWÄRTS ZUM 1.MAI!" (34)

19. April 1972: Die KPD gab ihre „Roten Fahne“ Nr. 41/1972 heraus. Berichtet wurde u. a. auch von ihrem KSV an der RUB, die zusammen mit der KPD am 23. 4. Eine 1. Mai Veranstaltung in Bochum durchführen will. (35)

19. April 1972: Die KPD berichtet heute über ihren KSV: „Dem Maiaufruf der Partei folgend hat der Kommunistische Studentenverband ... an der Ruhruniversität Bochum ... seine ganzen Aktivitäten auf die Mobilisierung der fortschrittlichen Studenten zu den Maidemonstrationen der KPD in Westberlin, Hamburg und Dortmund ausgerichtet." (36)

20. April 1972: Die Zelle des KSV der KPD an der PH Dortmund berichtet über die Bochumer Studenten Union (BSU), dass diese sich in der heutigen Ausgabe ihrer Zeitung „Contrapunkt“ u.a. zur Relegation von Karl Weiland an der Uni Bonn so geäußert habe: „Diese Maßnahmen (Relegation und Hausverbot) sind schließlich dazu geeignet, eine Solidarisierung der Studenten mit denjenigen Kräften herbeizuführen, die durch die von den Maßnahmen Betroffenen repräsentiert werden." (37)

23. April 1972: Laut „BSZ“ kam es in Bochum wahrscheinlich heute zu einem ersten „Teach-in zur Situation der Obdachlosen und ein anschließendes spontanes Go-in im Obdachlosenasyl Brelohstraße", welches von der „Projektgruppe Brelohstraße“ organisiert wurde. Die PGB entstand aus den Versuchen mit einem Kinderladen in der Brelohstraße, der sich ca. Anfang 1970 konstituiert. Der Kampf der Obdachlosen soll unter der Parole: „Kampf dem Kapitalismus und Imperialismus“ geführt werden. Die Studenten sollen sich „mit den Forderungen der Arbeiterklasse nicht nur verbal" solidarisieren, sie sollen “ihre Aktionen und den langfristigen Kampf in der Brelohstraße" unterstützen. (38)

23. April 1972: Die Junge Garde (JG) der IAK ruft für diesen Tag zum Besuch ihrer Bochumer Veranstaltung zum Aktionsprogramm der Jugend für den Sozialismus zur Vorbereitung ihrer 2. Konferenz auf. (39)

24. April 1972: In Bochum und Dortmund gab der KSV der KPD vermutlich Anfang dieser Woche das folgende Flugblatt von einer Seite DIN A 4 ohne presserechtlich Verantwortlichen heraus:

„DIE SYMPATHISANTENSCHULUNG DES KSV - TEIL DER MASSENARBEIT. 'Die Theorie ist die Erfahrung der Arbeiterbewegung aller Länder, in ihrer allgemeinen Form genommen. Natürlich wird die Theorie gegenstandslos, wenn sie nicht mit der revolutionären Praxis verknüpft wird, genauso wie die Praxis blind wird, wenn sie ihren Weg nicht durch die revolutionäre Theorie beleuchtet.' (Stalin) Auch im Sommersemester führt der Kommunistische Studentenverband wieder eine Schulung für Sympathisanten und alle interessierten Studenten durch. Sie ist ein wesentlicher Teil unserer Massenarbeit; ausgehend von der Tatsache, dass gerade das Fehlen einer eigenen klassenkämpferischen Erfahrung, die Entfernung der Studenten vom materiellen Produktionsprozess das Studium der revolutionären Theorie erfordert, machen wir die Schulung zu EINEM wichtigen Hebel in der Umerziehung der Studenten zu Verbündeten der Arbeiterklasse. In ihr gilt es aufzuzeigen, dass auch die Studenten ihre fortschrittlichen Interessen nur im Kampf an der Seite der Arbeiterklasse und unter Führung der Kommunistischen Partei verwirklichen können. Das bedeutet zugleich, dass sie kein freischwebendes Theorie-Unternehmen ist, sondern vielmehr Anleitung zur organisierten Praxis. Gerade in der VERBINDUNG der organisierten Auseinandersetzung mit den Texten des Marxismus-Leninismus und der Teilnahme am Kampf des KSV gegen die kapitalistische Ausbildung wird klar, dass allein der Marxismus-Leninismus in der Lage ist, die gesellschaftliche Wirklichkeit in ihrer Bewegung zu analysieren.

Die Schulungshefte, auf deren Grundlage die Schulung durchgeführt wird und die die wichtigsten Texte leicht zugänglich machen, gliedern sich in drei Teile:

TEIL A deckt die kapitalistische Wirklichkeit in der BRD und Westberlin auf und zeigt, welche Rolle die SPD bei der Wahrnehmung der Interessen des Kapitals spielt. Die mit der Restauration des BRD-Monopolkapitals verbundene Verschärfung der Widersprüche schafft die Voraussetzung dafür, dass auch die Intelligenz sich von der Bourgeoisie lossagt und sich an die Seite der kämpfenden Arbeiterklasse stellt. Die Leitsätze des KSV formulieren ein Kampfprogramm, das die Studenten im Kampf gegen die kapitalistische Ausbildung organisiert und sie einreiht in den Kampf für den Sozialismus. Die Lektüre programmatischer Texte der Revisionisten an den Hochschulen wird zeigen, dass sie dieses Ziel völlig aufgegeben haben.

TEIL B legt die Grundlagen für das Verständnis der Entwicklung des Imperialismus als des letzten Stadiums des Kapitalismus und zeigt, wie die Zuspitzung der Widersprüche in der ökonomischen Mechanik des Kapitalismus die Basis ist für den Kampf um eine höhere Gesellschaftsform, den Sozialismus.

TEIL C stellt auf der Grundlage der ökonomischen Gesetze die Entwicklung der Wirtschaftsformen der Bourgeoisie dar. Hier rückt die Frage der Machtergreifung, die Frage nach der Zerschlagung des bürgerlichen Staatsapparates in den Mittelpunkt. Diese Frage ist die Scheidelinie zwischen revolutionärer und revisionistischer Linie. Eine ausführlichen Stellungnahme zu den illusionären Theorien der modernen Revisionisten folgt deshalb die Darstellung der Politik der revolutionären Vorhutorganisation der Arbeiterklasse, der KPD."

Bekanntgegeben werden die Termine an der RUB Bochum und der PH Dortmund (jeweils 26.4.1972). (40)

26. April 1972: An der RUB Bochum will der KSV der KPD um 14 Uhr in GB 4/131 mit seiner Sympathisantenschulung beginnen, zu der mit einem für Bochum und Dortmund gemeinsamen Flugblatt aufgerufen wurde. (41)

26. April 1972: An der PH Dortmund will der KSV der KPD mit seiner Sympathisantenschulung beginnen, zu der mit einem für Bochum und Dortmund gemeinsamen Flugblatt aufgerufen wurde. Der Treffpunkt ist um 15 Uhr 30 im Foyer. (42)

29. April 1972: Laut „BSZ“ fand in Bochum eine „Solidaritätsdemonstration für den spanischen Genossen Jose Cumplido im Opel-Ausländerheim" statt. Anlass der Demonstration ist das Verschwinden Cumplidos, der „gegen die unhaltbaren Zustände im Opel-Ausländerheim protestiert" hatte und „vom Heimwart als Rädelsführer verpfiffen" worden war. Wegen einer angeblich fehlenden Aufenthaltsgenehmigung wurde dieser dann festgenommen. An der Demonstration beteiligen sich:

Laut KJVD der KPD/ML-ZB bildet sich nach einem ersten Protestmarsch in Bochum das Aktionskomitee „Freiheit für Jose Cumplido“. Daran beteiligen sich u.a. KPD/ML-ZB, KJVD, SDAJ der DKP, Jusos der SPD, Sozi-Info und der Bochumer AStA. (43)

Mai 1972

Erwähnenswert sind aus dem Mai die Projektgruppe(n) Griechenland, Projektgruppe Sozialwissenschaften, Projektgruppe Geographie - Entwicklungsländer und -politik (vgl. Mai 1972) sowie die Bochumer Vietnamdemonstration am 18. Mai, die vom KSV, der SAG und anderen Gruppen organisiert worden war. Die „BSZ“ und eine Reihe von Gruppen aus dem linken Spektrum riefen dazu auf, sich an der Demonstration zu beteiligen (vgl. Mai 1972; 16. Mai; 18. Mai 1972).

Der 1. Mai brachte traditionell zu Beginn der 1970er Tausende auf die Beine. An der RUB mobilisierte der KSV für die Dortmunder Demonstration der KPD unter der Parole: „GEGEN REFORMISMUS UND REVISIONISMUS, FÜR DIE REVOLUTIONÄRE EINHEIT DER ARBEITERKLASSE - KPD!“ (vgl. 1. Mai 1972).

Der Wahlsieg von „SAG/Sowi“ mit 6 Sitzen im Fachschaftsrat der RUB bestätigt die These, dass der KSB/ML bereits in der Versenkung verschwunden war (vgl. 2. Mai 1972). Die „DOS“-Dortmund berichtete darüber, dass der KSV seine Arbeit an den Universitäten in Bochum und Dortmund aufgenommen habe (vgl. 2. Mai 1972; 18. Mai 1972).

Das Aktionskomitee „Freiheit für Jose Cumplido“ war auch wieder im Mai aktiv (vgl. 8. und 14. Mai 1972).

Mit der Zerschlagung der ASten an der TU und FU in Berlin (West) 1969 war eine Situation entstanden, in der die Studentenvertretungen immer stärker an die Universitätsbürokratie und deren universitätsbornierten Interessen gebunden wurden. Die Bereitschaft der Studenten, ihre Vertretungen zu verteidigen, die Fachgremien zu einer „Bühne des politischen Kampfes“ zu machen, gipfelte u. a. in einer Reihe von Aktionen und Forderungen: „Für das politische Mandat“, „Kampf den Angriffen auf das politische Mandat“, „Sofortige Genehmigung der AStA-Haushalte“ usw. In NRW richtete sich das Vorhaben von Wissenschaftsminister Rau (SPD) darauf, die verfassten Studentenschaften abzuschaffen. Der „Unruheherd“, so der KSV in „DVD“ vom 25. Oktober 1972, solle auch deshalb beseitigt werden, weil der „Kampf der Arbeiter gegen die Rationalisierungswelle im Ruhrkohlebergbau und in der Stahlindustrie die Region erschüttern würden“. Eine zweite Front könnte sich „NRW nicht leisten“ (vgl. 24. Mai 1972).

Im Kampf gegen die „Berufsverbote“ ging es auch um die „verschärfte Staatsaufsicht“. In diesem Zusammenhang berichtete der KSV darüber, dass in Bochum ein Mitglied der „BSZ“/SAG festgenommen wurde, dem unterstellt wurde, ein „Sprengstoffattentat“ geplant zu haben (vgl. 26. Mai 1972).

Auch Vietnam war wieder aktuell. Nach der großen Vietnamdemonstration am 20. Dezember 1969 dürfte die vom 18. Mai 1972, nach einer langen Durststrecke, mit zu den größten zu Beginn der 1970er Jahre in Bochum gehört haben (vgl. 18. Mai 1972).

Mai 1972: Laut „BSZ“ existieren an der Ruhr-Universität Bochum derzeit folgende Projektgruppen des Internationalen Arbeitskreises Bochum:

1. Mai 1972: In Dortmund demonstrieren, laut KB, 90 000 Menschen in zwei Zügen auf der größten Maidemonstration in der 'BRD'. Gleichzeitig fand hier auch die zentrale Kundgebung des DGB statt. Da der 1. Mai 1972 in Dortmund in einer eigenen Datei behandelt werden soll, soll hier nur kurz darauf hingewiesen werden, dass dem KPD und des KSV ca. 1 100 Menschen zu ihrer zentralen Maidemonstration in Dortmund gefolgt waren. „Wir sehen als wesentliches Ergebnis der breitangelegten Agitation und Propaganda der ganzen Partei, dass die Hauptparole:

GEGEN REFORMISMUS UND REVISIONISMUS, FÜR DIE REVOLUTIONÄRE EINHEIT DER ARBEITERKLASSE - KPD

als richtige Bestimmung der Hauptaufgaben des Kampfes der Kommunisten in dieser Etappe unter den Kollegen verbreitet und verankert wurde… So hatten sich viele Arbeiter, Schüler, Studenten und fortschrittliche Menschen nach Dortmund begeben, um an der zentralen Demonstration der KPD teilzunehmen. Unter dem Beifall der bereits versammelten Genossen und Kollegen trafen am Dortmunder Nordmarkt Arbeiter- und Lehrlingsgruppen, oppositionelle Gewerkschafter und Sympathisantengruppen aus Siegen, Hagen, Attendorn, Köln, Aachen, Witten, Duisburg (bei Hoesch Dortmund hier auch: Detmold, d.Vf.) ein. Studenten, die dem Aufruf des KSV gefolgt waren, kamen aus Bonn, Köln, Bochum und Münster.“ (46)

2. Mai 1972: Laut „BSZ“ fand eine Vollversammlung der Abteilung VIII an der Ruhr-Universität-Bochum statt. Dabei erreicht die SAG/SoWi einen „überwältigenden Wahlsieg" und 6 Sitze im Fachschaftsrat. (47)

2. Mai 1972: Der AStA der PH Dortmund gab vermutlich frühestens heute seine „AStA-Information, DOS - Dortmunder Studentenzeitung“ Nr.11/1972 heraus. Die regelmäßigen Termine von ESG, PGH und GEW sind unverändert, abgesehen von der Umbenennung des AK Heilpädagogen in Heilpädagogen AG und der Umlegung des AK Politische Sozialisation auf Donnerstag, 14 Uhr im ESG-Heim. Bekanntgegeben wird der Wahltermin in der Fächergruppe VI.

Zum KSV Zum KSV der KPD hieß es:

„DIE LAGE DES KSV IN DORTMUND. Verschiedene Teach-Ins und Publikationen, auf und in denen sich der Kommunistische Studentenverband (KSV) mit dem Projektbereich Gesamthochschule (PGH) auseinandersetzte, veranlassen uns, die Lage des KSV, die Entwicklung seiner Arbeit in Dortmund näher zu betrachten. Gedacht als Diskussionsbeitrag innerhalb der Auseinandersetzung, die unter den Linken stattfindet, kann dieser Artikel aber auf einige Richtigstellungen nicht verzichten. Ende des Sommersemesters 1971 versuchte der KSV (Berlin-West) seine Arbeit im Ruhrgebiet aufzunehmen. Schwerpunkte sind die RU Bochum (RUB, d.Vf.) und die PH Dortmund. In Dortmund sucht der KSV erste Kontakte mit dem PGH. In mehreren Diskussionsrunden werden inhaltliche Auseinandersetzungen geführt. Eine wesentliche Kritik des PGH setzt an bei der vom KSV behaupteten Notwendigkeit des Sozialistischen Studiums in der gegenwärtigen Situation. Im Sozialistischen Studium soll der Student für eine revolutionäre Berufspraxis ausgebildet werden. Es ist leicht einzusehen, was mit den Intellektuellen geschieht, die an ihrem Arbeitsplatz 'revolutionäre Berufspraxis' ausüben wollen, ebenso mit denen, die sich im Studium eine derartige Qualifikation aneignen wollen. Sie sind für die Bourgeoisie nicht brauchbar und auf dem Markt für wissenschaftlich qualifizierte Arbeitskräfte werden sie vielleicht als Exoten bestaunt, aber nicht eingestellt. Diese Kritik konnte nicht entkräftet werden. Inzwischen hat der KSV Konsequenzen gezogen. Das Sozialistische Studium wurde zu Beginn des Sommersemesters 1972 gestrichen.“

Anlässlich des 1. Mai fand auch eine Debatte zwischen dem KSV und der PHG statt Inwieweit der KSV Bochum an dieser Debatte teilnahm, entzieht sich z. Zt. unserer Kenntnis. Möglich war auch eine Beteiligung des KSB/ML, da in der „DOS“ häufig von „den Marxisten-Leninisten“ die Rede war. Zu vermuten wäre aber eher, dass der KSB/ML-Dortmund gemeint war. (48)

8. Mai 1972: Laut „BSZ“ fand in Bochum eine zweite Solidaritätsdemonstration für Jose Cumplido statt. Unterstützt wurde diese Demonstration u.a. von dem in der letzten Woche gegründeten Aktionskomitee „Freiheit für Jose Cumplido“ sowie von KPD, KSV und LgdI. (49)

14. Mai 1972: In Bochum demonstrierten, laut KPD/ML-ZB, 250 Personen, laut KJVD über 200, je zur Hälfte Spanier und Deutsche, unter der Forderung „Freiheit für Jose Cumplido“.  Aufgerufen hatten u.a. ein gleichnamiges Solidaritätskomitee, KPD/ML-ZB, KJVD, die Jusos der SPD vom 'Sozi-Info', die SDAJ der DKP, der AStA der RUB und spanische Organisationen. Weitere Parolen seien gewesen: „Nieder mit der Kollaboration zwischen der westdeutschen Polizei und dem spanischen Geheimdienst! Nieder mit den reaktionären Ausländergesetzen! Für menschenwürdige Wohnungen!“

Die KPD berichtete: „Am 14.5.1972 demonstrierten 200 spanische Kollegen vor dem spanischen Wohnheim in Laer und in der Bochumer Innenstadt. Sie forderten „Freiheit für Jose Cumplido“ und „Menschenwürdige Wohnungen für ausländische Arbeiter“. Jose Cumplido, ein spanischer Kollege, ist verschwunden, nachdem er von der Polizei verhaftet worden war. Er hatte an einer Protestaktion der spanischen Kollegen gegen die unzumutbaren Verhältnisse in den Wohnheimen teilgenommen. Betriebsratsvorsitzender Perschke nannte auf der Betriebsversammlung die Wohnverhältnisse „vorbildlich“.  (50)

16. Mai 1972: Ein Extra-Blatt der „BSZ“ rief zu einer Demonstration „Gegen die Verbrechen der USA in Indochina" und „Für den Sieg des kämpfenden Volkes in Vietnam" am 18.5.1972 in Bochum auf. Der Aufruf zur Demonstration wurde unterstützt von:

18. Mai 1972: Die KPD berichtete:

„DEMONSTRATION IN BOCHUM. Fast 2 000 antiimperialistisch gesinnte Arbeiter, Lehrlinge, Schüler und Studenten nahmen am Donnerstag, dem 18.Mai in Bochum an einer Demonstration gegen die Verbrechen des USA-Imperialismus in Vietnam teil. Während des Zuges durch die Innenstadt, auf Transparenten und auf Spruchbändern, in kurzen Zwischenkundgebungen und der machtvollen Schlusskundgebung prangerten die Teilnehmer der Demonstration immer wieder die verbrecherische Kriegspolitik der USA-Imperialisten in Vietnam an, forderten 'Hände weg von Nordvietnam' und 'Sofortiger und bedingungsloser Abzug aller US- und Marionettentruppen aus Vietnam, Laos und Kambodscha'. Die entschiedene Unterstützung des kämpfenden Vietnam, die Solidarität aller fortschrittlichen Menschen mit dem Befreiungskampf des vietnamesischen Volkes kam in der Parole 'Sieg im Volkskrieg' zum Ausdruck. Vorbereitet und getragen wurde diese Demonstration von einem Aktionsbündnis einer Anzahl kommunistischer und sozialistischer Organisationen an den Hochschulen Bochums und Dortmunds, an dem führend der Kommunistische Studentenverband und die Liga gegen den Imperialismus (LgdI, d.Vf.) beteiligt waren. Die politische Grundlage des Aktionsbündnisses war die Anerkennung der Strategie des Volkskrieges als dem einzigen Weg der unterdrückten Völker Asiens, Afrikas und Lateinamerikas, sich von der imperialistischen Ausbeutung und Unterdrückung zu befreien. Im Demonstrationszug und auf der Schlusskundgebung befand sich aber eine Gruppe, die, wenn die Massen ihrer Begeisterung über die großartigen Erfolge des vietnamesischen Volkskrieges Ausdruck verliehen, schwieg - DKP und MSB Spartakus, die noch an den Tagen zuvor an den Universitäten eingetreten waren für einen 'Frieden in Vietnam', den USA-Imperialisten und sowjetische Sozialimperialisten (SU, d.Vf.) sich durch die Aufteilung ihrer Einflusssphären in Südostasien aushandeln wollen. Mit ihrem Gerede vom 'breiten Bündnis' und der Ablehnung der Parole „Sieg im Volkskrieg“ haben sich die Revisionisten von DKP und MSB Spartakus vollständig vor den antiimperialistischen Teilnehmern der Demonstration entlarvt. Sie verleugnen die glänzenden Siege des vietnamesischen Volkes und haben nichts anderes im Sinn als die fortschrittlichen Menschen für die imperialistische Außenpolitik der Sozialimperialisten einzuspannen. Mit dieser Demonstration, zu der sich angesichts der Siege, die das vietnamesische Volk im Volkskrieg erringt, alle wirklich antiimperialistischen Kräfte zusammengeschlossen haben, hat es sich wieder erwiesen: Den Imperialismus kann nur besiegen, wer den Revisionismus bekämpft!"

Aufgerufen wurde u.a. durch die „BSZ“. Der Kommunistische Studentenverband der KPD berichtet im Zusammenhang mit dem politischen Mandat:

„In Bochum fand im letzten Semester initiiert vom AStA und unterstützt von vielen Organisationen eine der größten lokalen Vietnamdemonstrationen mit 2 000 Teilnehmern statt. Für die Demo war an der Uni unter der zentralen Parole 'Für den Sieg im Volkskrieg!' mobilisiert worden."

In der „RPK“ wurde die Aktion auf den 13.5.1972 datiert. (52)

18. Mai 1972: Laut „BSZ“ fand an der RUB eine Fachschaftsvollversammlung der Abteilung Mathematik statt, auf der die Wahl eines neuen Fachschaftsrates (FR) auf der Tagesordnung steht:

„Zur Wahl des neuen FR stellten sich eine Liste der ASOM-Arbeitsgruppe Sozialistischer Mathematiker (SAG-Abteilungsgruppe) sowie zwei Mitglieder der BSU/SLH. ... Die 6 Kandidaten der ASOM wurden sämtlich mit einer beträchtlichen Mehrheit gewählt. ... Auch bei den Wahlen zum Fachschaftsrat Philosophie setzte sich das aus 4 SAG-Genossen gebildete Kollektiv mit überwältigender Mehrheit ... durch." (53)

24. Mai 1972: Der KSV der KPD berichtete vom politischen Mandat im Zusammenhang mit der Bochumer Vietnam- Demonstration vom 18.5.1972:

„In Bochum fand im letzten Semester initiiert vom AStA und unterstützt von vielen Organisationen eine der größten lokalen Vietnamdemonstrationen mit 2 000 Teilnehmern statt. Für die Demo war an der Uni unter der zentralen Parole „Für den Sieg im Volkskrieg!“ mobilisiert worden. Gegen solche und ähnliche Aktionen der ASten NRWs, die - gerade an der Ruhr-Universität Bochum (RUB) eine lange kämpferische Tradition haben, richtet sich das Vorhaben Wissenschaftsministers Rau (SPD), die völlige Abschaffung der verfassten Studentenschaft (VS, d.Vf.) durchzusetzen. Rau in einem Brief an den AStA der PH Wuppertal vom 24.5.1972: 'Das Hochschulgesetz hat die studentische Mitwirkung in allen Kollegialorganen in einem bisher ungekannten Maße so gestärkt und verankert, dass deshalb daneben eine eigene körperschaftliche Vertretung der Studenten entbehrlich ist...“ (54)

26. Mai 1972: Laut „BSZ“ wurden in Bochum AStA- und SAG-Mitglieder „auf offener Straße festgenommen… Ihnen wurde unterstellt, sie hätten ein Sprengstoffattentat auf das Polizeipräsidium geplant".

„Diese Maßnahme ist keine Einzelmaßnahme. Sie ist zwar eine gegenüber den Notstandsgesetzen, den Berufsverboten, den Hamburger Erlassen, den Plänen zum Ausbau des Bundesgrenzschutzes zur Bürgerkriegsarmee, der Militarisierung und Zentralisierung des Polizeiapparates, der Ermordung der Genossen von Rauch und Weisbecker etc. kaum bemerkenswerte Aktion der Staatsgewalt, dennoch darf man darüber nicht hinwegsehen, dass dieser Versuch, einige Vertreter der studentischen Linken als Terroristen zu kriminalisieren und von der Straße weg zu verhaften, ein Bestandteil der großangelegten Kampagne ist, die Linke durch Polizeistaatsmethoden einzuschüchtern und einzelne Sozialisten als Bombenleger zu beschuldigen, um sie so in der Öffentlichkeit zu diffamieren und diskriminieren. ... Das alles ist nicht mit Hysterie und Angst der Pollies zu erklären. Das sind gezielte Einschüchterungsversuche, das ist wohlüberlegter Terror der Staatsgewalt."  (55)

Juni 1972

Im Juni gab es, so die „BSZ“, im Ruhrgebiet eine Gruppe „Ruhr Tupamaros“. Diese Meldung kann nicht bestätigt, aber auch nicht dementiert werden. MAO kennt diese Gruppe nicht (vgl. Juni 1972). Allerdings soll, so die „Junge Garde“, ein Mitglied der SAG im Zuge der RAF-Fahndung verhaftet worden sein (vgl. Juni 1972; 12. Juni 1972; 16. Juni 1972). Im Juni fanden auch an der RUB die Wahlen zum Satzungskonvent statt (vgl. Juni 1972). Auch im Juni erschien eine Ausgabe des „Sozialistischen Kampfes“ der SAG (vgl. Juni 1972).

Im Zuge der Spaltung der KPD/ML-ZK auf dem a. o. PT 1971 bildeten sich vermutlich in Bochum mindestens zwei neue ML-Gruppen mit der Bezeichnung „Marxisten-Leninisten Bochum“. Eine Gruppe sollte sich später zur „Kommunistischen Gruppe Bochum“ umbenennen oder fraktionieren. MAO wird später die Entwicklung der KGB/E nachzeichnen (vgl. 5. Juni 1972).

Der AStA der PH-Dortmund, der für die Dortmunder Studentenzeitung „DOS“ verantwortlich zeichnete, wollte nach Möglichkeit mit allen Asten in Nordrhein-Westfalen in Kontakt treten. Konkret wurde der ASta der RUB genannt (vgl. 12. Juni 1972).

Mit der Festnahme von Ulrike Meinhof (vgl. 15. Juni 1972) setzte sich eine gewisse RAF-Hysterie in der damaligen BRD fort. In Bochum wurden Wohnungen durchsucht und Personen „vorübergehend festgenommen“. Selbst das ZB der KPD/ML blieb davon nicht verschont (vgl. 15.-16. Juni 1972; 24. Juni 1972). Mit ihrer Aktion „Gegen Notstand, Aufrüstung und Revanchepolitik“ (vgl. Dietmar Kesten: Zur Geschichte der KPD/ML-Zentralbüro, Kapitel 23) konnte das Zentralbüro in gewisser Weise einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Linke im Ruhrgebiet ausüben. Vor allem nach dem Überfall der Polizei auf eine WG der SAG (vgl. 15. Juni 1972) und der Durchsuchung einer Wohnung des BSLK (vgl. 16. Juni 1972) konnte das ZB punkten. In Bochum kam es zu einer Aktionseinheit gegen den „Terror des Staates“, an der sich u. a. auch die SAG und der KSB/ML beteiligt haben sollen (vgl. 19. Juni 1972; 22. Juni 1972; 26. Juni 1972). Erstmals trat auch die „Rote Hilfe Bochum“ auf, die anlässlich der Verhaftung von Mitgliedern des Wohnkollektivs Bergstraße zu einer Demonstration aufrief (vgl. 16. Juni 1972).

Das „Nationale Vietnamkomitee“ (NVK) konnte sich bei seiner Gründung am 17. Juni 1972 auch auf bereits bestehende Vietnamausschüsse (VA) stützen, wie sie z. B. auch an der RUB existierten (vgl. 17. Juni 1972). Das NVK mit seinem Organ „Alles für den Sieg des kämpfenden vietnamesischen Volkes“ sollte seinen ersten großen Auftritt am 8. Juli in Bonn sowie am 28. Oktober in Frankfurt/M. und Westberlin haben.

Erstmals wurde auch die „Brehlohstraße“ kriminalisiert. In Bochum wurden Mitglieder der PG verhaftet (vgl. 21. Juni 1972). Ihnen wurde vorgeworfen, mit der RAF zu sympathisieren.

Bei den AStA-Wahlen fiel der KSB/ML durch. Dafür konnten SAG, BSU/SLH, Junge Garde und 883 Revolutionäre Aktion Bochum Stimmen gewinnen. Selbst der KSV erzielte noch einen Sitz (vgl. 30. Juni 1972).

Juni 1972: Laut „BSZ“ gab es im Ruhrgebiet eine Gruppe „Ruhr Tupamaros“. (56)

Juni 1972: In Bochum wurde vermutlich im Juni ein Mitglied der Sozialistischen Abteilungsgruppen im Zuge einer RAF-Fahndung verhaftet. Rote Hilfe Bochum und AStA führen daraufhin ein Teach-In „Freiheit für Krombach“ durch, aus dem heraus sich, laut Junge Garde, eine Demonstration von 2 000 Personen zum Polizeipräsidium entwickelt. (57)

Juni 1972: Vermutlich im Juni fanden, laut Junger Garde (JG der IAK), die Wahlen zum Satzungskonvent an der RUB statt. Hierbei habe die Bochumer Studenten Union (BSU) / SLH 2044, die Sozialistischen Abteilungsgruppen (SAG) 1203, der MSB Spartakus der DKP 544 und der SHB/SF 933 Stimmen erhalten. (58)

Juni 1972: Die Nr.2 der Zeitung „Sozialistischer Kampf“ der Sozialistischen Abteilungsgruppen (SAG) erschien an der Ruhruniversität Bochum. Es handelte sich hierbei um die zweite Ausgabe überhaupt. Laut „Erziehung und Klassenkampf“ führten die SAG ebenfalls diesen Monat noch ihr Plenum zur RAF durch. (59)

5. Juni 1972: Die Marxisten-Leninisten Bochum kritisierten ein Papier des ML-Uni Zirkels, der sich später mit den sogenannten 'reinen Marxisten' zur Kommunistischen Gruppe Bochum (KGB) zusammenschließt, das „die Bedeutung der gesellschaftlichen Praxis herabzumindern" versuche. (60)

12. Juni 1972: Die Zelle Hoesch Westfalenhütte Dortmund der KPD berichtete vermutlich aus dieser Woche, dass „die Polizei vor einigen Tagen 10 Studenten in Bochum mit vorgehaltener Maschinenpistole verhaftet, weil angeblich irgendwelche Beziehungen zur Baader-Meinhof-Gruppe (RAF, d.Vf.) bestehen sollen". Die Junge Garde (JG der IAK) berichtet von der Verhaftung von SAGlern im Rahmen der RAF-Fahndung. (61)

12. Juni 1972: Der AStA der PH Dortmund gab vermutlich in dieser Woche seine „AStA-Information - DOS“ (Dortmunder Studentenzeitung) Nr.12/1972 heraus: Eine weitere Aufgabe ist die Sammlung und Weitergabe von Informationen an die einzelnen AStA-Referenten und an DOS. Erklärt wurde u. a.

„Weiterhin ist die Kontaktaufnahme mit anderen Hochschulzeitungen (BSZ an der RUB Bochum, d.Vf.) etc.) und mit der örtlichen Presse (z.B. Initiativkreis Kritische Presse) notwendig.“ (62)

15. Juni 1972: Laut KPD/ML-ZB wird in Hannover Ulrike Meinhof (RAF) von der Polizei festgenommen. Im Zuge dieser Fahndung wird bundesweit zu folgendem Schlag ausgeholt:

15. Juni 1972: Laut KJVD der KPD/ML-ZB kommen in Bochum Hunderte von Menschen zusammen, „um gegen den Polizeiüberfall auf eine Wohngemeinschaft von Genossen der Sozialistischen Abteilungsgruppe (SAG) Bochum" zu demonstrieren. (64)

16. Juni 1972: Laut KB „stürmten etwa 30 Kriminalbeamte mit MP-Bewaffnung eine Wohnung von Genossen des Sozialistischen Lehrlingskollektivs in Bochum" (BSLK). Nach einem Bericht der 'Bochumer Studenten Zeitung' tritt die Rote Hilfe (RH) Bochum anlässlich der Verhaftung von Mitgliedern des Wohnkollektivs Bergstraße erstmals in Aktion. U.a. werden einige von ihnen wegen Verdacht der Zugehörigkeit zur RAF festgenommen. Sie veranstaltet eine Demonstration, an der ca. 2 000 Menschen teilnahmen, u.a. auch die Gruppen:

Der AStA der PH Dortmund (vgl. 26.6.1972) berichtete:

„Am 16.6. drangen einige mit MP's und durchladenden Pistolen in die Räume des Bochumer Schüler- und Lehrlingskollektivs ein. Ohne einen ausdurchsuchungsbefehl vorzulegen, stellte man alles auf den Kopf. Unterlagen und Protokolle wurden beschlagnahmt, mehrere Mitglieder des Kollektivs wurden festgenommen, Stundenlange Verhöre, Verhaftung einiger Genossen und Beschlagnahme der Papiere wurden damit begründet, dass man diese Adresse bei Ulrike Meinhof gefunden hätte unter 50 anderen Adressen. Es bestehe der dringende Verdacht, dass die Genossen die BMG aktiv unterstützt hätten“

Die Junge Garde berichtete, dass die Rote Hilfe Bochum und der AStA ein Teach-In „Freiheit für Krombach" organsierten, von dem aus 2 000 zum Polizeipräsidium demonstrierten. (65)

16. Juni 1972: Nach einem Bericht der „BSZ“ trat die Rote Hilfe (RH) Bochum anlässlich der Verhaftung von Mitgliedern des Wohnkollektivs Bergstraße erstmals in Aktion. U.a. wurden einige von ihnen wegen Verdacht der Zugehörigkeit zur RAF festgenommen (am 21.6.1972). Sie veranstaltet eine Demonstration, an der ca.  2.000 Menschen teilnahmen, u.a. auch die Gruppen:

17. Juni 1972: Das Nationale Vietnam Komitee (NVK) wurde gegründet und konnte sich auf dieser ersten Delegiertenkonferenz (am 7.10.1972, d. Vf.) auch auf den bereits existierende Vietnamausschüsse (VA) an der RUB stützen. (67)

19. Juni 1972: In Bochum beteiligten sich, laut KPD, 1 000 Personen an einer Demonstration gegen den staatlichen Terror, bzw. die Erschießung eines Lehrlings in der Innenstadt. Laut KPD/ML-ZB schließt sich in Bochum eine Aktionseinheit zu einer Aktionswoche gegen den Notstand zusammen. Daran nahmen u.a. teil:

Am Nachmittag findet an der Universität Bochum eine Veranstaltung statt, auf der Vertreter der verschiedenen Gruppen sprechen. (68)

21. Juni 1972: Laut „BSZ“ wurden in Bochum „vier Genossen" der Projektgruppe Brelohstraße (PGB) verhaftet. Den Verhafteten wird u.a. vorgeworfen, mit der RAF zu sympathisieren. (69)

22. Juni 1972: Der Kommunistische Studentenverband  der KPD berichtete vom politischen Mandat aus NRW bzw. aus Bochum:

„Die Bochumer Studenten haben den Kampf gegen diese Maßnahmen bereits im SS aufgenommen. Am 22.6. fand eine Vollversammlung in der RUB statt, an der ca. 1 200 Studenten teilnahmen. Die VV verabschiedete eine Resolution, in der der AStA 'beauftragt wird:

22. Juni 1972: Die „BSZ“ Nr. 97/1972 erschien mit Berichten u.a. über die Verhaftungen der letzten Tage, einem Aufruf zur Demonstration am 24.6.1972 und zur Urabstimmungsaktion der KPD/ML-ZB im Ruhrbergbau. (71)

22. Juni 1972: Der KSV der KPD berichtete vom politischen Mandat in NRW: „Diese Provokation war wohl als Versuchsballon gemeint, um die Reaktionen der Studenten zu 'testen'. Die ließ nicht lange auf sich warten: stürmischer Protest. Schon am 22.6. (Zur selben Zeit findet eine vollbesetzte VV an der RUB (in Bochum, d.Vf.) statt, die Kampfmaßnahmen berät), schreibt dasselbe

Wissenschaftsministerium an die Studenten des Klinikums Essen besänftigend: 'Ich darf mitteilen, dass beabsichtigt ist, für die vorläufige Grundordnung der Gesamthochschule (GHS, d.Vf.) Essen eine Vorschrift über das Bestehen einer verfassten Studentenschaft (VS, d.Vf.) aufzunehmen. Paragraph 24 Hochschulgesetz ...lässt eine Studentenvertretung zum Zwecke der Mitwirkung an der Selbstverwaltung der Hochschule zu.“ (72)

24. Juni 1972: In Bochum-Hordel fand eine Demonstration gegen Streikverbot und Notstandskurs um 16 Uhr ab dem Platz zwischen Barbarastraße, Finefraustraße und Sonnenscheinstaße. statt, zu der u.a. der AStA der RUB durch seine „BSZ“ aufrief . Die KPD/ML-ZB, die diese Aktion in den Rahmen ihrer Aktionswoche gegen den Notstandskurs stellt, bemerkt dazu:

„Rund 500 Menschen marschierten unter roten Fahnen und Transparenten gegen die neuen Gesetze, die den Notstandskurs verschärfen. Die Kumpels der Siedlung und ihre Frauen, die vor der Tür standen, um dem Zug zuzusehen, wurden durch Lautsprecher immer wieder über die Hintergründe der neuen Gesetze aufgeklärt."

Die KPD/ML-ZK zählt als teilnehmende Organisationen sich selbst, die RG, den KSB/ML, den KJVD und die KPD/ML-ZB an. Bei den Aktionseinheitsverhandlungen mit der KPD/ML-ZB habe man folgende Position verteidigt:

„Mit eindeutig revisionistischen Organisationen wie der D'K'P oder trotzkistischen Organisationen können wir keine Aktionseinheit eingehen, weil die den Kampf gegen die Bourgeoisie an jedem Abschnitt sabotieren."

Aufgerufen wurde durch die KPD/ML-ZB auch bei Hoesch Dortmund. Der Treffpunkt in Dortmund ist allerdings erst um 16 Uhr. Der AStA der PH Dortmund bzw. die dortige Studentenkonferenz (SK) riefen ohne Angabe eines Dortmunder Treffpunktes zum Protest gegen die neuen Notstandsgesetze auf. (73)

26. Juni 1972: Der AStA der PH Dortmund gibt vermutlich Anfang dieser Woche seine „AStA-Information, DOS - Dortmunder Studentenzeitung“ Nr.13 mit acht Seiten DIN A 4 heraus. Die Termine von ESG, PGH und GEW bleiben unverändert, der Inhalt lautet:

1. Die BRD - Ein Polizeistaat
2. Umzug der PH
3. Bericht des Studentenkollektivs im Deutschseminar: 'Jugendbuchrezensionen'

Im ersten Artikel wird zu den NSG vom 22.6.1972 ausgeführt:

„DIE BRD - EIN POLIZEISTAAT. In der letzten Woche wurden neue Ausführungsgesetze zur Notstandsverfassung im Bundestag verabschiedet: Bundesgrenzschutzgesetz, Bundesverfassungsschutzgesetz, Vorbeugehaft und Demonstrationsgesetz zu den olympischen Spielen. Diese Gesetzesserie, die schon in der letzten AStA-Information 'Bonner Notstandsgesetze' erläutert wurde, dient dem 'Schutz der Inneren Sicherheit' laut Genscher (FDP, d.Vf.). Das heißt in der Praxis Kriminalisierung aller linken und fortschrittlichen Kräfte in der BRD, unterstützt von den Verfolgungskampagnen in Rundfunk, Fernsehen und Presse. Wie konzentriert die Schläge gegen jegliche politische Arbeit Linker sind, zeigen einige Vorkommnisse der letzten Wochen und Tage.

Am 16. 6. drangen einige mit MP's und durchladenden Pistolen in die Räume des Bochumer Schüler- und Lehrlingskollektivs ein. Ohne einen Hausdurchsuchungsbefehl vorzulegen, stellte man alles auf den Kopf. Unterlagen und Protokolle wurden beschlagnahmt, mehrere Mitglieder des Kollektivs wurden festgenommen, Stundenlange Verhöre, Verhaftung einiger Genossen und Beschlagnahme der Papiere wurden damit begründet, dass man diese Adresse bei Ulrike Meinhof (RAF, d.Vf.) gefunden hätte unter 50 anderen Adressen. Es bestehe der dringende Verdacht, dass die Genossen die BMG aktiv unterstützt hätten (ausführlicher Bericht hierüber in der BSZ (der RUB, d.Vf.) vom 22.6.1972). Unter dem Vorwand ein Ausweis des BMG-Mitglieds Gudrun Ensslin sei auf ihre Adresse ausgestellt, wurden in Hamburg mehrere Mitglieder des Kommunistischen Bundes verhaftet. Ebenfalls aus Anlass der Verhaftung Ulrike Meinhofs wurde in Stuttgart  ein Büro der KPD/ML und ein politischer Buchladen sowie Wohnungen in Tübingen durchsucht. Am Tage der Festnahme Gudrun Ensslins wurde, wie allgemein bekannt, das Haus des Schriftstellers Heinrich Böll (in Köln, d.Vf.) umstellt und durchsucht. Allerdings galt diese Aktion nur Bölls Gästen, wie später von polizeilicher Seite verlautete. Die Welle der politischen Unterdrückung ging weiter. Am 21.6. wurden in der Brelohstraße vier Genossen der Projektgruppe Brelohstraße (PGB Bochum, d.Vf.) verhaftet. Am 25.6. wurde in Stuttgart der 34 Jahre alte Schotte Ian McLeod durch zwei Schüsse aus einer Maschinenpistole erschossen. Seine Wohnung war ebenfalls mit der Begründung, dies sei ein Treffpunkt der RAF, durchsucht worden.

Wie aus Polizeikreisen bekannt wurde, war McLeod unbewaffnet. Der Polizist gab zwei Schüsse ab, nachdem McLeod die Schlafzimmertür geöffnet und wieder zugeschlagen hatte. Die Schüsse trafen McLeod im Rücken. Es handelte sich natürlich um eine 'eindeutige' Notwehrsituation. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht ähnliche Vorfälle bekannt werden. Der Staatsapparat greift täglich neu zu. Selbst die Bevölkerung wird aufgefordert, an der Bespitzelung und Verfolgung politisch Aktiver teilzunehmen. Ein Fahndungsaufruf des BKA soll im sinngemäßen Wortlaut wiedergegeben werden: 'Folgende Wohnungen sind im Zusammenhang mit der Fahndung nach der Baader-Meinhof-Gruppe unverzüglich der nächsten Polizeidienststelle zu melden,

a) deren Inhaber unter 30 Jahre alt sind,
b) deren Inhaber den Kontakt zu den Nachbarn meiden,
c) deren Inhaber ihren Wagen abseits des Hauses oder in einer Garage abstellen,
d) deren Inhaber Meldepflichten zu übergehen versuchen,
e) deren Inhaber ihr Aussehen öfters wechseln.

Diese Angaben treffen auf weite Teile der Bevölkerung zu. Niemand ist davor sicher, als Anarchist verdächtigt zu werden. Vorwände zu Hausdurchsuchungen und Festnahmen sind leicht zu beschaffen. Bei dem Adressbüchlein der Ulrike Meinhof scheint es sich um die Telefonbücher des Bundesgebiets zu handeln. WEHRT EUCH!" (74)

30. Juni 1972: An der Ruhruniversität Bochum enden, laut Junger Garde (JG) der IAK, die AStA-Wahlen, bei denen die Studentenkampfgruppe der Jungen Garde allerdings keine Chance hat, da sie über keinen Sitz im nun gewählten 6. Studentenparlament verfügt. Junge Garde an der RUB zur AStA-Wahl (1972)

Laut „BSZ“ endeten die Wahlen, die am 27.6.1972 begannen, so:

BSU/SLH1 562 Stimmen17 Sitze
SAG1 074 Stimmen13 Sitze
KSV der KPD129 Stimmen1 Sitz
883 Revolutionäre Aktion Bochum56 Stimmen -
Junge Garde26 Stimmen -
(75)

Juli, August und September 1972

Über den Zerfall der SAG an der RUB berichtete die „Kommunistische Hochschulzeitung“ und eine Nachfolgegruppe der KHI (vgl. Juli 1972; September 1972).

Die Demonstration des NVK in Bonn, die unter der Parole „ALLES FÜR DEN SIEG DES KÄMPFENDEN VIETNAMESISCHEN VOLKES! SIEG IM VOLKSKRIEG! HOCH DIE INTERNATIONALE SOLIDARITÄT!“ stand (vgl. 8. Juli 1972), war u. a. auch bundesweit durch die Vietnamausschüsse vorbereitet worden (vgl. 3. Juli 1972).

Der Kampf für ein „politische Mandat“ (vgl. 1. August 1972; September 1972) ging eigentlich weit über die politischen Forderungen der Studentenschaften hinaus. Es ging um das Recht auf freie politische Meinungsäußerung, darum, dass Körperschaften des öffentlichen Rechts (wie die ASten, d. Vf.) sich zu politischen Fragen äußern dürfen, um so ihre „staatsbürgerlichen Pflichten“ wahrzunehmen. Der Maulkorb, der ihnen somit verpasst werden sollte, schlug sich in zahlreichen Prozessen nieder, wo es um die Zulässigkeit und die (politische) Legitimität ging. Das Thema scheint bis heute nicht abgeschlossen zu sein. Da es auch um Gelder ging, die die Studentenschaften verwalteten, gab es immer wieder Ermittlungsverfahren gegen Asten und deren Vorstände.

„Letztinstanzlich entschied der BGH am 23.10.1981 … dass die Verwendung von Studierendenschaftsgeldern für ‚allgemeinpolitische Meinungsäußerungen‘ Untreue sei. Der AStA dürfe das Geld nur für gesetzlich und satzungsmäßig zulässige Zwecke ausgeben. Seither sind keine weiteren Urteile von Strafgerichten publiziert worden; mehrere Ermittlungsverfahren gegen den Marburger AStA-Vorstand wurden 1983 eingestellt.“ (vgl. www. Rote-Hilfe.de vom 6. Dezember 2007).

Über die Spaltung des KSB/ML berichteten auch KAB/ML und KPD/ML-RW (vgl. 5. August 1972).

Die Bochumer Internationalismusgruppe (PGI) beteiligte sich an der NRW-Aktionseinheit gegen die Ausländergesetze (vgl. 15. August 1972).

Die Demonstration der KPD/ML-ZB „gegen das KPD-Verbot“ (vgl. 17. August 1972) hatte nur lokale Bedeutung. Aufgerufen wurde auch an der RUB durch Flugblätter.

Zur Eröffnung der Olympiade in Bonn fand in München eine antiimperialistische Demonstration statt, zu der auch eine Reihe von RUB-Gruppen aufgerufen (vgl. 26. August 1972) hatten.

Plakat: Aufruf zum Sternmarsch gegen das reaktionäre Ausländergesetz am 8.10.1972 in Dortmund (PCE/ML, PCd'I/ML, KPD/ML_ZK)Die „reaktionären Ausländergesetze“ waren im Hinblick auf die Vorbereitung der Demonstration am 8. Oktober 1972 in Dortmund m. E. sicherlich das zentrale politische Thema ab dem Juli bis weit über den Oktober hinaus. Es gab keine politisch aktive Gruppe, die sich nicht in irgendeiner Form an der großen Demonstration beteiligt hatte. Das „Koordinierungskomitee“ (KoKo) „Kampf gegen das reaktionäre Ausländergesetz und die politische Unterdrückung in NRW“ wandte sich gegen die Spaltung dieser „Einheitsfront“ durch KPD und KSV, die in den „eigenen örtlichen Komitees“ geeignete Kampfgruppen sahen und die auch vertraten, dass „der erklärte Kampf gegen opportunistische und revisionistische Ideologen nicht Teil der Minimalplattform zu sein brauche“. Eine Reihe von RUB-Gruppen waren Mitunterzeichner dieser Stellungnahme (vgl. September 1972).

Interessant war auch die Einschätzung der KG(NRF) über die Ruhrgebietsgruppen und über die RUB. Dass dort nur „spontaneistische Fachbereichsgruppen“ aktiv waren, dürfte relativ ungenau gewesen sein (vgl. 1. September 1972).

Juli 1972: Die Nr.13/1972 der „Jungen Garde“ der JG der IAK für Juli und August erschien vermutlich im Juli und berichtet aus Frankfurt aus dem Bildungsbereich und von der Osteuropasolidarität sowie aus Bochum über die Verhaftung von SAGlern, dem Protest dagegen sowie u.a. über den Ausgang der Wahlen zum Satzungskonvent an der RUB sowie die dortigen AStA-Wahlen, bei den eigene JG-Studentenkampfgruppe keinen Sitz im Studentenparlament erhielt. Dafür aber kann die Junge Garde vom Schillergymnasium Bochum die Existenz eines sympathisierenden Politischen Arbeitskreises (PAK) vermelden. (76)

Juli 1972: Laut der Teil-Nachfolgegruppe Kommunistische Hochschulinitiative Bochum(KHI) begann der Zerfall der Sozialistischen Abteilungsgruppen (SAG) an der Ruhruniversität Bochum (RUB). Er dauert bis Anfang 1973. Die KHI meint dazu:

„Da die feste inhaltliche Basis für die praktische Politik fehlte, musste notwendig ein Zerfallsprozess erfolgen". (77)

3. Juli 1972: Die Zelle Hoesch Westfalenhütte Dortmund der KPD berichtet von der Dortmunder Vorbereitung des bundesweiten Vietnam-Meetings in Bonn:

„Auch die Mitglieder der Vietnamausschüsse in Dortmund - im Stadtgebiet, bei Opel, an den Krankenanstalten (SK - ÖTV-Bereich, d. Vf.), an den Universitäten und Schulen - waren dem Aufruf des nationalen Vietnam-Komitees gefolgt und hatten in der letzten Woche durch Verteilen von Flugblättern, Kleben von Plakaten ... für diese Aktivitäten mobilisiert." (78)

8. Juli 1972: In Bonn fand die Demonstration des Nationalen Vietnamkomitees (NVK) statt. Nach eigenen Angaben ca. 2 000 bis über 2 000 Teilnehmer. Hauptparole: „Alles für den Sieg des kämpfenden vietnamesischen Volkes". Auf einem Meeting sprechen u.a. die Präsidiumsmitglieder des NVK, Professor Dr. Horst Domdey und Dr. Konrad Boehmer. Das ZK der KPD rief auf Demonstration ab Hofgarten um 12 Uhr und zur Großveranstaltung von 9 bis 11 und 16 bis 19 Uhr in der Universität Bonn, Hörsaal 10. Der Aufruf zu den Vietnamdemonstrationen in Bonn und Berlin wird außer von der KPD und dem NVK auch noch vom Zentralverband der Roten Zellen (ZVROZ) München, dem AStA der Ruhruni Bochum, den SAG Bochum und einer Bochumer SHB-Fraktion (vermutlich die Sozialistische Fraktion - SF) unterstützt. In einem Aufruf des NVK, „Alles für den Sieg des kämpfenden vietnamesischen Volkes" wurde u.a. aus Düsseldorf berichtet von den VAs Mannesmann Lierenfeld (10 Mitglieder), Joens, Düsseldorfer Nachrichten, ARAG und Eller-Lierenfeld. Berichtet wurde vom 28.6.1972 in Bonn. Neben dem AStA der Ruhruni Bochum ruft auch die Kommunistische Oberschülerorganisation Frankfurt (KOF) auf. Der VA Uni Frankfurt (22 Mitglieder) verteilte 2 500 Flugblätter an GI's in Frankfurt und Hanau. Der VA Stadt Augsburg, in dem über 20 Werktätige, Schüler und Studenten arbeiten, verteilte schon zweimal je 8 000 Flugblätter zu seinen Veranstaltungen. Auf einer davon waren unter den 60 Teilnehmern auch Vertreter von DKP und ABG. Einen gleichnamigen Aufruf verbreiten auch die VAs München. Die Zelle Hoesch Westfalenhütte Dortmund der KPD berichtete:

„VIETNAM-MEETING, BONN. GROSSER ERFOLG DES VIETNAM-KOMITEE

2 000 DEMONSTRIEREN. Am 8.Juli führte das Nationale-Vietnam-Komitee in Westberlin und Bonn Großveranstaltungen durch, die ihren Höhepunkt in eindrucksvollen und geschlossenen Demonstrationen fanden. Auch die Mitglieder der Vietnamausschüsse in Dortmund - im Stadtgebiet, bei Opel (IGM-Bereich in Bochum, d.Vf.), an den Krankenanstalten (SK - ÖTV-Bereich, d.Vf.), an den Universitäten und Schulen - waren dem Aufruf des nationalen Vietnam-Komitees gefolgt und hatten ... für diese Aktivitäten mobilisiert. So konnte am Samstagmorgen ein 50-Personen-Bus aus Dortmund die Fahrt nach Bonn antreten. Aus allen Teilen der BRD waren die Ausschüsse, die inzwischen schon über 180 zählen, angereist, um in einer machtvollen Demonstration von 2 000 Mann den USA-Imperialismus anzuprangern und ihre Solidarität mit dem kämpfenden vietnamesischen Volk zu bekunden. Nach Berichten und Referaten des Sekretariats und des Präsidiums, war ein Höhepunkt der Großveranstaltung am Nachmittag die Grußrede, die ein Vertreter der KPD überbrachte. Er unterstich, dass die KPD das Komitee im Gegensatz zu anderen Organisationen von Anfang an tatkräftig unterstützt hat. Er wies mit Nachdruck auf den unversöhnlichen Widerspruch zwischen der antiimperialistischen Bewegung und dem imperialistischen System hin und geißelte den Opportunismus in der Arbeiterbewegung. Der stürmische Beifall, den der Genosse erhielt, zeigt, dass die überwiegende Zahl der Mitglieder der Vietnamausschüsse dem Kampf und den Forderungen der Kommunisten positiv gegenüber stehen, selbst wenn sie nicht selbst alle Kommunisten sind.

Das Vietnam-Meeting war der erste Höhepunkt der nationalen Vietnamkampagne, die von Ausschüssen in allen gesellschaftlichen Bereichen getragen wird. In den nächsten Wochen und Monaten werden die Vietnam-Ausschüsse und das Vietnam-Komitee noch größere Anstrengungen unternehmen, um ihren Einfluss auszuweiten und das vietnamesische Volk bis zu seinem endgültigen Sieg über die USA-Aggressoren zu unterstützen.

ALLES FÜR DEN SIEG DES KÄMPFENDEN VIETNAMESISCHEN VOLKES!

SIEG IM VOLKSKRIEG!

HOCH DIE INTERNATIONALE SOLIDARITÄT!" (79)

1. August 1972: Der KSV der KPD berichtet aus NRW vom politischen Mandat Bochum und Essen.

„Ja, Mitwirken darf man an der kapitalistischen Ausbildung allemal - sich ihr entgegenstellen aber nicht! Das NRW-Kapital hat nämlich mit den Unis viel vor; während die Bundesregierung den Etat des Ministers für Wissenschaft und Forschung drastisch kürzt, erhöht NRW den Etat für den Auf- und Ausbau neuer Hochschulen um 85%! - seit Anfang August arbeiten die Gesamthochschulen (GHS, d.Vf.) in Essen, Paderborn, Duisburg, Wuppertal, Siegen - in Bonn, Köln, Düsseldorf, Münster, Aachen, Bielefeld, Dortmund sind weitere 'Gesamthochschulbereiche' geplant. Der Ausbau der Hochschulen - mit dem Ziel, die Qualifikation der im Ruhrgebiet arbeitenden Fachkräfte den Bedürfnissen der die Stahlindustrie tendenziell ablösenden Chemie-, Petro- und Autoindustrie anzupassen, hat möglichst reibungslos zu erfolgen. Politische Radikalität gehört nicht zu der erwünschten Qualifikation. Die Behinderung oder Verzögerung dieser Maßnahmen der regionalen Planung durch den Zusammenschluss der Studenten um die fortschrittlichen ASten, das Entstehen eines weiteren 'Unruheherds' in der ohnehin durch den Kampf der Arbeiter gegen die Rationalisierungswelle im Ruhrkohlebergbau (RAG - IGBE-Bereich, d.Vf.) und in der Stahlindustrie (IGM-Bereich, d.Vf.) erschütterten Region soll mit allen Mitteln verhindert werden!" (80)

5. August 1972: Nach eigenen Angaben begann der zweitägige Delegiertentag von: Kommunistischer Arbeiterbund/Marxisten-Leninisten (KAB/ML) und KPD/ML-Revolutionärer Weg (RW), der die Vereinigung der beiden Gruppen zum Kommunistischen Arbeiterbund Deutschlands (KABD) beschließt und auch die beiden Jugendorganisationen RJ/ML und KJVD-Revolutionärer Weg zum Zusammenschluss aufforderte. Dieser KABD führt dann sogleich seinen ersten Zentralen Delegiertentag (ZDT) durch. Es sind, laut MLPD (2), 21 Delegierte und 11 Gastdelegierte anwesend. Berichtet wurde auch darüber, dass der KSB/ML Bochum  gespalten sei. Eine Gruppe trete für die sofortige Liquidierung der KPD/ML ein. (81)

15. August 1972: Auf einer Sitzung vermutlich des Hochschul-Grundkollektives der Marxisten-Leninisten (ML) Dortmund wurde berichtet von der heutigen Sitzung der NRW-Aktionseinheit gegen das Ausländergesetz, wovon uns folgende handschriftliche Notizen vorlagen. Berichtet wurde auch über die Bochumer  Internationalismusgruppe, die keine Wiedersprüche zur Aktionseinheit hätte und sich mit den vorgelegten Prinzipien „über die Zusammenarbeit“ einverstanden erklärte. (82)

17. August 1972: Laut KPD/ML-ZB fand „in Bochum eine Demonstration gegen das KPD-Verbot statt, an der sich etwa 300 Menschen beteiligten. Der Demonstrationszug sammelte sich in einem Wohnviertel der Arbeiter des Bochumer Vereins und führte vorbei am Haus des Zentralbüros der KPD/ML. Aus einem Fenster des Hauses, das mit Bildern und dem Transparent „Weg mit dem KPD-Verbot' geschmückt war, sprach ein Vertreter des Zentralbüros zu den im strömenden Regen Versammelten“. Aufgerufen wurde dazu auch an der RUB und im  im IGM-Bereich bei Opel sowie in Dortmund. (83)

26. August 1972: Zur Eröffnung der Olympiade fand in München eine antiimperialistische Demonstration statt. Dazu riefen u.a. die KPD, die LgdI, das Afrika-Komitee, das NVK und auch der KJV der KPD auf einer vermutlich NRW-weiten Veranstaltung in Dortmund auf. Aufgerufen wurde dazu an der RUB von: AStA Ruhruni, VA RUB, SAG Bochum, SHB/SF, KSV. (84)

26. August 1972: Zur heutigen Olympiadedemonstration der KPD und ihrer Freunde in München rufen in Bochum u.a. mit einem gemeinsamen Flugblatt der AStA der Ruhruni, die VAs der Ruhruni, die Sozialistischen Abteilunsgruppen (SAG ) Bochum, der SHB/SF, KSV  und LgdI auf. (85)

September 1972: Das Koordinierungskomitee (KoKo) zum Kampf gegen das reaktionäre Ausländergesetz und die politische Unterdrückung in NRW verfasste  in Bochum, laut Klapro der ML Dortmund, ML Hagen und der PL Hamm  die folgende, auf Bochum, September 1972 datierte:

„ERKLÄRUNG ZUR SPALTUNG DER GEMEINSAMEN KAMPFFRONT GEGEN DAS REAKTIONÄRE AUSLÄNDERGESETZ DURCH DIE KPD. 1. In den vergangenen Wochen sind in Bochum verschiedene fortschrittliche und kommunistische Organisationen und Gruppen, sowie Asten verschiedener Hochschulen zusammengetroffen, um gemeinsam eine landesweite Initiative im Kampf gegen das Ausländergesetz zu beraten. Die Treffen sollten zwei Aufgaben erfüllen. Einmal ging es darum, abzuklären, ob und auf welcher gemeinsamen minimalen politischen Plattform der Kampf gegen das Ausländergesetz im Landesmaßstab geführt werden kann, welche konkrete Form diese Initiative je nach dem erreichten Grad der Einheit annehmen könne. Zum zweiten bestand die vordringliche Aufgabe, vorhandene örtliche und andere Initiativen vorläufig zumindest zu koordinieren, Formen der praktischen Zusammenarbeit herauszuarbeiten. Gerade die Erfahrung aus diesen Initiativen sollte eine konkrete Grundlage des Kampfes um die politische Linie darstellen. Die Beratungen spiegelten die Absicht der Mehrheit wider, den Kampf gegen das Ausländergesetz weiter voranzutreiben, politisch und praktisch zu vereinheitlichen, um ihm eine größere Geschlossenheit und Stoßkraft zu verleihen.

2. Im Kampf um eine gemeinsame politische Minimalplattform der beteiligten Gruppen spitzten sich im Verlauf der Treffen die Widersprüche im Wesentlichen auf die Frage zu, ob der erklärte Kampf gegen die opportunistische und revisionistische Ideologie vom 'kleineren' Übel SPD als entscheidender inhaltlicher Stoß gegen Opportunismus und modernen Revisionismus im Rahmen des Kampfes gegen das Ausländergesetz Bestandteil einer minimalen politischen Plattform sein müsse oder nicht. Obwohl eine Anzahl der Organisationen eine schwankende Haltung in dieser Frage einnahm und -nimmt, bestand mehrheitlich das Verständnis, den Kampf gerade in Verbindung mit den zunehmenden Erfahrungen der örtlichen Initiativen weiterzutreiben. Es wurde ebenfalls mehrheitlich festgehalten, dass der Stand des ideologischen und politischen Kampfes in dem Bochumer Treffen noch keine gemeinsame politische Plattform zum Ergebnis habe, sondern nur die Zusammenarbeit und Koordination im regionalen Rahmen möglich mache.

Im Gegenteil dazu beharrten die Genossen von KPD, KSV, KJV und Liga gegen den Imperialismus (LgdI, d.Vf.) auf ihrem Standpunkt, dass der erklärte Kampf gegen opportunistische und revisionistische Ideologen nicht Teil der Minimalplattform zu sein brauche. Eine klare politische Begründung für diesen Standpunkt steht bis heute aus, sie wurde bisher keiner der unterzeichnenden Gruppen dargestellt. Die Genossen bestanden weiterhin darauf, dass - auf der Grundlage einer in Westberlin von verschiedenen Gruppen beschlossener Plattform, die den Kampf gegen den Opportunismus und Revisionismus minimal nicht enthält - in NRW ein politisch führendes Regionalkomitee zu gründen sei, das zentral anleitend eine 'Kampagne' gegen das Ausländergesetz organisiert und entsprechende Initiativen, an den Orten etwa von oben her aufbaut. Im Zusammenhang damit wurden schon bestehende örtliche Initiativen als spalterisch beschimpft. Es wurde von den Genossen vorgeschlagen, den ideologischen Kampf um die politische Plattform zum Abschluss zu bringen, da es nichts weiter sei, als 'leeres und endloses Geschwätz'.

Die unterzeichnenden Gruppen und Organisationen weisen dieses Verständnis und die Diffamierung des bisher in Bochum geführten politisch-ideologischen Kampfes scharf zurück und stellen dagegen fest: Die notwendigen Kampfkomitees dürfen in keiner Weise nur der Mobilisierung von Mitgliedern und Sympathisanten der beteiligten Organisationen für kurzfristige Aktionen gegen das Ausländergesetz dienen. Der Kampf gegen das Ausländergesetz muss von den Komitees im Rahmen des Kampfes gegen die Verschärfung der politischen Unterdrückung im Gegensatz zu einer isolierten 'Kampagne' breit angelegt werden und sich in einer Vielzahl von Mobilisierungen aufgrund örtlicher und regionaler Initiativen ausdrücken. Die entscheidende Grundlage solcher Mobilisierungen und der Ansätze einer Bewegung gegen die Ausländergesetzgebung und die politische Unterdrückung ist die schwerpunktmäßige, örtliche, betriebliche etc. Gewinnung von fortschrittlichen Menschen für diesen Kampf, der tatsächliche Zusammenschluss mit vorwärtstreibenden Elementen in den Volksmassen. Die Fähigkeit, ein führendes Zentrum zu bilden, um eine solche Bewegung anzuleiten, existiert nur als Anspruch einzelner Organisationen. Dieser Anspruch kann sich nur in der politischen Überzeugungsarbeit ausdrücken, die alle fortschrittlichen und kommunistischen Gruppen zu einer einheitlichen Kampffront zusammenfasst. Eine zentrale Leitung unseres Kampfes gegen die politische Unterdrückung kann sich daher nur aus dem konkreten Kampf der örtlichen und regionalen Komitees entwickeln. In diesem Sinne kommt dem Kampf um die gemeinsame politische Plattform eine entscheidende Bedeutung zu. Er muss beständig, befruchtet von den konkreten Kampferfahrungen weiter geführt werden, ohne eine bereits erzielte minimale Einheit und die sich daraus ergebenden praktischen Konsequenzen dadurch ständig in Frage zu stellen.

Obwohl sich die Genossen von KPD, KSV, KJV und Liga gegen den Imperialismus gegen die Auffassung der Mehrheit der Gruppen aussprachen, erklärten sie ihre Absicht, bestimmte örtliche Initiativen, von denen sie sich bewusst festgehalten hatten, zu unterstützen und vorläufig im Rahmen eines koordinierenden Bochumer Treffens im Landesmaßstab mitzuarbeiten. Diese Haltung wurde von allen beteiligten Gruppen ausdrücklich begrüßt. In dem folgenden Bochumer Treffen, auf dem politische Erfahrungsberichte ausgetauscht und der Kampf um die politische Linie und die praktische Vorgehensweise weitergeführt werden sollte, ist inzwischen die Ehrlichkeit der politischen Haltung der Genossen von KPD, KSV etc. entscheidend in Frage gestellt worden. Ohne in irgendeine Weise die festgestellten Aufgaben des Treffens zu berücksichtigen, forderten sie nach kurzen Erfahrungsberichten der örtlichen Initiativen erneut den sofortigen Abschluss der politisch-ideologischen Diskussion und Zusammenfassung der Erfahrungen, den Abschluss des Kampfes um eine gemeinsame Plattform. Sie stellten die Forderung, umgehend aufgrund der Westberliner Plattform ein Regionalkomitee zu gründen, das im Folgenden auch die Aufgabe übernehmen müsse, die Auseinandersetzungen mit den widersprechenden Gruppen weiterzuführen. In jedem Fall sei so gesichert, dass die 'Kampagne' termingerecht durchgeführt werde. Eine Entscheidung solle nicht über die Diskussion, sondern über eine entsprechende Abstimmung durchgeführt werden.

Vom Großteil der anwesenden nicht der KPD angeschlossenen Organisationen wurde dieses Vorhaben entschieden als spalterisch und sektiererisch zurückgewiesen. Besonders wurde die bürgerliche Methode der Genossen verurteilt, durch die kurzfristige Mobilisierung einer Vielzahl von NRW-Unterorganisationen und Initiativen der KPD eine formale Mehrheit in der Sitzung für die Abstimmung herzustellen (die Methode drückte sich aus in der ungefähren Verzehnfachung der Anzahl der Vertreter von Gruppen aus dem Organisationsbereich der KPD). Die unterzeichnenden Gruppen und Organisationen haben an der beabsichtigten Abstimmung daraufhin nicht teilgenommen und sich klar davon distanziert. Die KPD, angeschlossene Organisationen und Gruppen, sowie die KHG Köln und zwei ausländische Kölner Organisationen haben dagegen das spalterische Vorhaben der Abstimmung durchgeführt, das Treffen verlassen und sich als 'Regionalkomitee NRW' konstituiert. Dieses Komitee hat inzwischen sogar schon versucht, unter diesem Anspruch im nationalen Rahmen aufzutreten und Verwirrung zu stiften.

3. Die unterzeichnenden Gruppen haben sich noch auf dem gleichen Treffen entschlossen, diese Erklärung zu veröffentlichen, um dem spalterischen Vorgehen einiger Sektierer in der revolutionären und fortschrittlichen Bewegung entschieden entgegenzutreten. Sie weisend das Spaltertum, insbesondere der Genossen der KPD scharf zurück und müssen feststellen, dass die von den Genossen verfolgte Politik in den Bochumer Treffen, dem Vorhaben, eine breite Kampffront gegen das Ausländergesetz und die poltische Unterdrückung zu schaffen, schweren Schaden zugefügt hat. Sie werden diese Politik, die sich zu ihrer Durchsetzung nicht der schlagenden Argumente, sondern der bürgerlichen Methode formaler Mehrheiten bedient, die verstärkte Anstrengung entgegensetzen über die konkrete Zusammenarbeit mit fortschrittlichen Menschen, der fortschrittlichen und revolutionären Propaganda unter den breiten Volksmassen und dem Kampf um eine gemeinsame politische Plattform gegen Ausländergesetz und politische Unterdrückung tatsächlich eine breite Kampffront zu schaffen.

Die Politik der Genossen der KPD hat gezeigt, dass sie die revolutionäre und fortschrittliche Bewegung nicht eint, sondern sie spaltet; sie hat entsprechend Schiffbruch erlitten und zur völligen Isolierung der Genossen vom Großteil der übrigen Gruppen geführt. Sie läuft gegenüber den breiten Massen des Volkes und insbesondere der Arbeiterklasse darauf hinaus, die revolutionäre und fortschrittliche Bewegung von den Volksmassen zu isolieren, indem die KPD 'Kampagnen' gegen die Bourgeoisie durchführt, ohne sich tatsächlich mit fortschrittlichen Kräften zusammenzuschließen und im gemeinsamen Kampf mit andern kommunistischen Gruppen, die von ihnen beanspruchte politische Führung auszuweisen.

Die unterzeichnenden Gruppen und Organisationen sind sich darüber im Klaren, dass der Spaltung der gemeinsamen Kampffront durch die KPD nur dadurch begegnet werden kann, indem vor allem mit den Genossen und Gruppen, die sich dem spalterischen 'Regionalkomitee' unterstellt haben, der Kampf um die politische Linie verstärkt weiter geführt wird. Darüberhinaus müssen immer wieder mögliche Formen der praktischen Zusammenarbeit angeboten und diskutiert werden. Grundlage eines solchen Vorgehens muss sein, dass die unterzeichnenden Gruppen und Organisationen in ihrer örtlichen und regionalen Arbeit auch praktisch-politisch das Spalter- und Sektierertum der KPD zurückweisen. In diesem Sinne sind sich die unterzeichnenden Gruppen und Organisationen über den begrenzten Charakter dieser Erklärung im Klaren. Sie halten nach wie vor daran fest, die vorhandenen Kampfansätze gegen das Ausländergesetz und die politische Unterdrückung im regionalen und nationalen Rahmen zu vereinheitlichen. Sie werden alle verfügbaren Kräfte daran setzen, hier Initiativen zu ergreifen und zu unterstützen. Allerdings werden sie gegen die politische Vorstellung beständig den Kampf führen, die nationale und regionale Zusammenschlüsse und Komitees losgelöst sehen von ihrer wesentlichen Grundlage: der Schmiedung einer Kampffront mit allen fortschrittlichen Teilen der Volksmassen im Rahmen örtlicher und betrieblicher Schwerpunkte gegen das reaktionäre Ausländergesetz und die Verschärfung der politischen Unterdrückung." Die Erklärung war unterzeichnet von:

September 1972: Der KSV der KPD berichtete von der RUB bzw. aus NRW vermutlich u.a. aus dem September vom politischen Mandat:

„Die Landeskonferenz der ASten (LAK) bereitet seit den Sommerferien Maßnahmen gegen die faktische Zerschlagung der verfassten Studentenschaft (VS, d.Vf.) und ihrer Organe vor. In der LAK konnten jedoch die Vertreter der Linie vom MSB Spartakus (der DKP, d. Vf.) die Oberhand gewinnen. Ihre Linie, die ASten nicht in erster Linie als politische Bastionen der fortschrittlichen Studenten, sondern als quasi-gewerkschaftliche Standesvertretung zu verteidigen, entspricht genau den Vorstellungen Raus und seinesgleichen. Zu einer politischen Stellungnahme gezwungen, erklärt Spartakus in seinem Plattformentwurf den Angriff auf die verfasste Studentenschaft als Teil einer (im SPD-Land NRW wohl von Strauß inszenierten?) 'Unterdrückung jeglicher kommunistischen sozialistischen und demokratischen Bewegung' - und verschweigt, dass es gerade Raus Ziel ist, die Studenten für die 'demokratische Mitwirkung' zu gewinnen, um die 'Nur-Demokraten' von den Sozialisten und Kommunisten zu trennen. Von Streik schließlich mag Spartakus nicht so gern reden. Die auf der LAK vertretenen Zirkel und Gruppen, zu deren Sprecher sich die KHG Köln (der KG Köln - KGK, d.Vf.) machte, setzte den Vorstellungen des Spartakus zunächst eine fortschrittliche Plattform entgegen, die vom KSV unterstützt wurde. Zugunsten einer prinzipienlosen Einheit mit den Revisionisten räumte die 'antirevisionistische' KHG jedoch nach zwei Stunden das Feld und übernahm alle wesentlichen Positionen des Spartakus-Programms. Damit hatte die LAK die in sie gesetzten Hoffnungen breiter Teile der Studenten enttäuscht." (87)

September 1972: Erste Generaldebatte der SAG Bochum. Sie fand statt in der Phase der Konstituierung und Festigung der KG (NRF) Mannheim/Heidelberg bzw. deren bundesweiter Anhänger. Es wird, laut 'Erziehung und Klassenkampf', der Versuch unternommen, den Spaltungsprozess der SAG aufzuhalten. (88)

1. September 1972: Innerhalb der KG (NRF) Mannheim/Heidelberg bzw. ihres Umfeldes wurde über die ML Dortmund berichtet. Zur Situation im Ruhrgebiet hieß es:

„Die Situation im Ruhrgebiet ist nach Schilderung der Genossen durch eine weitgehende Isolation der revolutionären Gruppen von der Arbeiterbewegung gekennzeichnet. Betriebsgruppen existieren bei Hoesch (IGM-Bereich in Dortmund, d.Vf.) (RM - früher die KJ-Informgruppe beim ZB) und bei Opel Bochum (IGM-Bereich, d.Vf.) (ZB). Die Position der AO (KPD, d.Vf.) wird als sehr schwach eingeschätzt, es handele sich weitgehend um die Verlagerung einer Berliner Gruppe ins Ruhrgebiet. (gerade das wird nachzuprüfen sein, da die verschiedenen ML-Gruppen sicher genügend Fehler machen, um im Raum der Sympathisanten Raum für die AO zu lassen.) An den Unis: in Bochum sind spontaneistische Fachbereichsgruppen am stärksten, an den PHs der Spartakus (MSB Spartakus der DKP, d.Vf.) und ansonsten herrscht Niemandsland. Das ZB ist durch den Austritt der KJ-Informgruppe geschwächt und nimmt den Parteianspruch zunehmend zurück. Der neue RM lebt durch einige Übertritte wieder auf und konzentriert seine Kräfte im Ruhrgebiet.“ (89)

Oktober 1972

Der RP-Prozess gegen Klaus Dillmann (vgl. Dietmar Kesten: Dortmund: Der Rote-Punkt-Prozess gegen Klaus Dillmann, Juni 1971 bis September 1974) brachte, wie der Kampf gegen die Entlassung des spanischen Ersatzbetriebsrates Lara bei Opel Bochum, eine breite Solidaritätswelle hervor (vgl. 3. Oktober 1972; 11. Oktober 1972; 14. Oktober 1972; 17. Oktober bis 23. Oktober 1972).

An einer Tagung des SB in Frankfurt/M. (vgl. 14. Oktober 1972) nahmen auch einige Ruhrgebietsgruppen teil. Die RUB war u. a. durch den SHB vertreten.

An der RUB gelang es im Oktober eine „Plattform“ für die Verteidigung der Rechte der verfassten Studentenschaft („politisches Mandat“, d. Vf.) zu verabschieden, in der u. a. ein Streik für politisch machbar gehalten wurde (vgl. 16. Oktober 1972; 25. Oktober 1972).

An der RUB unterzeichneten SAG und AStA ein Flugblatt des „Regionalen Koordinationsausschuss zum Kampf gegen die reaktionären Ausländergesetze und politische Unterdrückung“ (vgl. 23. Oktober 1972). Der KSV an der Uni rief in „DVD“ auf: „Kampf den reaktionären Ausländergesetzen“ (vgl. 25. Oktober 1972).

Eine Solidaritätsveranstaltung mit dem „Rauch-Haus“ in Berlin (West) fand an der RUB vermutlich am 30. Oktober statt. Das „Rauch-Haus“ hatte seinerzeit die Gruppe „Ton Steine Scherben“ um Rio Reiser im „Rauch-Haus Song“ (1972) besungen.

3. Oktober 1972: In Dortmund wurde vermutlich heute im IGM-Bereich bei Hoesch und im IGBE-Bereich bei Minister Stein ein Flugblatt der KPD/ML-ZB mit zwei Seiten DIN A 4 unter Verantwortung von Norbert Osswald, Bochum, verteilt. Eine Plattform „Freiheit für Klaus Dillmann“ wurde als Bündnisangebot auch an den AStA Bochum und KSV gerichtet. (90)

11. Oktober 1972: Laut der Projektgruppe Ruhrgebietsanalyse Bochum wurde bei Opel Bochum der spanische Ersatzbetriebsrat Andreas Lara fristlos entlassen. Lara, seit 1971 anerkannter Sprecher der spanischen Kollegen des Opel-Werkes I, wird vorgeworfen: Beleidigung und Bedrohung von Betriebsräten, Rempeleien gegen Versammlungsleiter in Betriebsversammlungen. Der Fall Lara verschafft der GOG u.a. in Bochum eine Reihe von Sympathien vor Betrieben und in der Bevölkerung. Laut KPD/ML-ZB richten sich Flugblätter der GOG gegen die Entlassung. Der KPD/ML-ZB Betriebsrat, Wolfgang Schaumberg, bekommt eine schriftliche Entlassungsdrohung, weil er Flugblätter für die GOG verteilt hat und sich auf Belegschaftsversammlungen für die Wiedereinstellung Laras aussprach, dem u.a. wegen 'Tätlichkeiten' und 'Beleidigungen' die fristlose Kündigung ausgesprochen wurde. Der Betriebsrat des Opel-Werks beschließt, laut KGB/E, ohne Lara auch nur gehört zu haben gegen den Widerstand der Liste 2 die Kündigung Laras.

Laut Erwin Bawulski wurde Andreas Lara fristlos gekündigt wegen:
- Beleidigung und Bedrohung von Betriebsräten;
- Rempelei gegen Versammlungsleiter.

Der Betriebsrat stimmt dem mit 33 Jastimmen und 2 Enthaltungen zu: Schaumberg und der damals noch amtierende Betriebsrat Wischnewski hatten vor der Abstimmung den Saal verlassen. Ihr Antrag nach Anhörung von Lara war abgelehnt worden. Nach der Entlassung kam es zu Sympathiestreiks der spanischen Arbeiter." (91)

14. Oktober 1972: Es begann eine zweitägige Tagung des SB in Frankfurt. Es geht um Fragen sozialistischer Organisation. U.a. hielt Oskar Negt das Hauptreferat („Nicht nach Köpfen, sondern nach Interessen organisieren!"). Teilnehmende Gruppen: Aktion Dritte Welt Freiburg, Assistentenkreis PH Dortmund, Redaktionskollektiv Arbeiterbildung, Arbeitsgemeinschaft junger Gewerkschafter Tübingen, Arbeitsgemeinschaft sozialpolitische Arbeitskreise, Arbeitskreis Bundeswehr und KDV Koblenz, Arbeitskreis Kritische Sozialarbeit Frankfurt, Buchladen Rote Straße Göttingen, Cabora Bassa Gruppe Frankfurt, Club Voltaire Frankfurt, express international, Gruppe Solidarität Moers, Gruppe Selbstorganisation Köln, Komitee Europa-Lateinamerika, Kübler Versandbuchhandlung, Lateinamerikagruppe Frankfurt, links (Sozialistische Zeitung), LZ - Zeitung für Lehrlinge und Jungarbeiter Hamburg, Marxistische Gruppe Erlangen, Merve-Kollektiv- Internationale Marxistische Diskussion Berlin, Post-Betriebsgruppe Frankfurt, Plakat Betriebsgruppe Daimler/Benz Stuttgart, Plakat-Bauernverlag, Probleme des Klassenkampfes Berlin, Projektgruppe Hauptschule Göttingen, Rote Hilfe West-Berlin, SHB/Sozialistische Fraktion Bochum, Frankfurt, Mainz und Siegen, Info Soziale Arbeit, Sozialistische Abteilungsgruppen Bochum, Sozialistische Aktion Wunstorf, Sozialistische Betriebsgruppen Köln, Redaktionskollektiv Sozialistische Betriebskorrespondenz, Sozialistischer Bund mit Gruppen in Freiburg, Säckingen, Emmendingen und Hochschwarzwald, Sozialistischer Lehrerbund und Redaktionskollektiv Info Schule, Sozialistisches Lehrlings- und Schülerzentrum Waldkirch, Sozialistisches Zentrum Stuttgart mit Arbeitsfeld Betrieb und Gewerkschaft, Unigruppe Landjugend, Sozialistisches Zentrum Tübingen, Tübinger Kinderladen, Verein soziale Jugendarbeit Essen und Bochum, Wohngemeinschaft Ginseldorf, Zentraler Regionalverband der sozialistischen Basisgruppen Aachen und Jülich. (92)

14. Oktober 1972: Nach einem Bericht der KGB/E, organisierte Mitte Oktober 1972 die OSO bei Opel Bochum den Solidaritätsstreik der Spanier für den Ersatzbetriebsrat Lara. Ca. 500 bis 600 Spanier streiken, allerdings vor den Werkstoren. Als heute ein Mordanschlag auf einen spanischen Streikposten verübt wird (Juan Luque), verschärft sich die Situation zusehends. Auf einer Sitzung der GOG Opel Bochum wurde, „beschlossen alles zu tun, um einen Streik zu organisieren". Laut „BSZ“ bildet sich dieses Wochenende in Bochum spontan ein Aktionskomitee für die Unterstützung des Opel-Streiks, innerhalb des bestehenden Komitees gegen das reaktionäre Ausländergesetz, das von 20 politischen Gruppen (u.a. vom AStA) getragen wurde. Äußerer Anlass zur Bildung dieses Komitees war der Anschlag eines faschistischen Provokateurs auf einen spanischen Kollegen, der als einer der Streikposten die hereinkommenden Arbeiter zum Streik aufforderte. (93)

16. Oktober 1972: Der KSV der KPD berichtete vom „politischen Mandat“ aus Bochum bzw. von der LAK NRW sowie vermutlich spätestens aus dieser Woche:

„Damit hatte die LAK die in sie gesetzten Hoffnungen breiter Teile der Studenten enttäuscht. Doch das heißt nicht, dass jetzt aufgesteckt wird: An der RUB gelang es, eine Plattform für die wirksame Verteidigung der verfassten Studentenschaft (VS, d.Vf.) - für den Streik - zu verabschieden. Der AStA lud folgende Organisationen zu den Verhandlungen über die Plattform ein: SAG, SHB/SF, KSB/ML (RM) (der KPD/ML-ZK, d.Vf.), eine Basisgruppe, den KSV - und den MSB (der DKP, d.Vf.). In der Streikplattform wird der ständischen Politik des MSB eine klare Absage erteilt, denn es wird hervorgehoben, 'dass sich der Staatsapparat nicht gegen die ständische Zusammenfassung der Studenten wendet, sondern gegen die politische Stoßrichtung des Kampfes…‘

Der MSB Spartakus hofft noch, seine Niederlage in einen Sieg zu verwandeln: er bleibt in den Verhandlungen und intrigiert gegen den KSV, den er als die treibende Kraft der revolutionären Aktionseinheit erkennt. Verleumderische Flugblätter gegen den KSV waren der Anfang. Der KSV wird an der RUB vorschlagen, dass an denjenigen Fachbereichen, wo die fortschrittlichen Kräfte bereits stark genug sind, ein Streikbeschluss gefällt wird. Diese Streiks sollten schon stattfinden in der Zeit der Urabstimmung über weitere Kampfmaßnahmen, die eingeleitet werden sollen, wenn der Satzungskonvent daran geht, die verfasste Studentenschaft zu liquidieren." (94)

17. Oktober 1972: Laut „BSZ“ fand in der RUB Bochum ein Teach-in und anschließend in der Stadt eine Kundgebung über die Vorfälle bei Opel statt. Diese beiden Veranstaltungen wurden organisiert durch das Aktionskomitee für die Unterstützung des Opel-Streiks. Laut KPD besuchen 200 eine Kundgebung gegen die Entlassung des Betriebsrates der oppositionellen Liste 2 bei Opel. Laut der Zelle PH Dortmund des KSV der KPD weigert sich an der PH  Dortmund der AStA bzw. der ihn mittragende PGH, eine Kundgebung vor Opel zu unterstützen, womit vermutlich die heutige gemeint ist.“ (95)

21. Oktober 1972: Eine von der GOG Opel Bochum organisierte Demonstration in der Bochumer Innenstadt gegen die Entlassung Laras (am 11.10.1972, d. Vf.) wurde, laut Projektgruppe Ruhrgebietsanalyse, von ca. 500 Menschen begleitet. Laut KPD demonstrieren über 500 für den Opel-Betriebsrat Lara. Man selbst habe in einem 'starken Block' teilgenommen. Eine Kundgebung wird auf dem Husemannplatz durchgeführt. Laut der Zelle PH Dortmund des KSV der KPD demonstrieren 600 Menschen, obwohl sich an der PH Dortmund der AStA bzw. der ihn mittragende PGH geweigert habe diese zu unterstützen.

Nach einem Bericht der KGB/E konstituiert sich ca. Ende Oktober 1972 in Bochum ein Unterstützungskomitee für Lara, das sich auch an einer Solidaritätsdemonstration für Lara in der Bochumer Innenstadt beteiligt, wobei wir einmal davon ausgegangen sind, das damit die heutige Aktion gemeint war. Von der KGB/E heißt es dazu:

„Eine Kurzveranstaltung der GOG vor den Werkstoren fand jedoch keinen Widerhall bei den Arbeitern, die Sache war längst gelaufen. ... Lara bleibt jedenfalls entlassen ... und weitere Spanier wurden entlassen. Die praktische Solidarität zwischen deutschen und spanischen Arbeitern war nicht zustande gekommen. Die Spanier waren von ihren deutschen Kollegen, besonders von der GOG enttäuscht."

Erwin Bawulski berichtet über den weiteren Verlauf: „Vor dem Arbeitsgericht gewann Lara in 1. Instanz. Nach Berufung von Opel verlor er jedoch vor dem Landesarbeitsgericht in Hamm." (96)

23. Oktober 1972: In NRW erschien vermutlich in dieser Woche ein Flugblatt von zwei Seiten DIN A 4 unter Verantwortung von Norbert Osswald, Bochum:

„REGIONALER KOORDINATIONSAUSSCHUSS RUFT AUF: DEUTSCHE ARBEITER - AUSLÄNDISCHE ARBEITER - EINE KAMPFFRONT! Am 8. Oktober demonstrierten in Dortmund über 10 000 deutsche und ausländische Arbeiter, Studenten und andere fortschrittliche Menschen aus ganz Westdeutschland gegen das reaktionäre Ausländergesetz und die politische Unterdrückung. Sie demonstrierten gegen ein Gesetz, das die in unserem Land lebenden und arbeitenden Ausländer der grundlegendsten politischen Rechte berauben soll, gegen ein Gesetz, dessen Verschärfung einmütig von SPD, FDP und CDU/CSU beschlossen wurde. Wer künftig gegen die griechischen, spanischen oder türkischen Faschisten kämpft, wer für die wirtschaftlichen und politischen Forderungen seiner Kollegen eintritt, wer sich mit zwei anderen ausländischen Kollegen zu einer politischen Diskussion versammelt und nicht vorher bei der Polizei um Erlaubnis gefragt hat, der kann nach dem Ausländergesetz ausgewiesen werden. Dagegen demonstrierten die 10 000 in Dortmund. Diese Demonstration war nicht der Abschluss, sondern der Auftakt des weiteren Kampfes. Wie berechtigt und notwendig ein verstärkter Kampf gegen das reaktionäre Ausländergesetz und die politische Unterdrückung ist, zeigen neben den brutalen Ausweisungen vieler arabischer Arbeiter und Studenten und den Verboten ihrer gewerkschaftlichen Organisationen GUPA und GUPS (am 3.10.1972,d.Vf.) die jüngsten Ereignisse bei Opel Bochum.“

Aufgerufen wird zur landesweiten Veranstaltung in Düsseldorf gegen einen Prozess gegen griechische Antifaschisten:

„Kollegen! Hausfrauen! Jugendliche! Diese Unterdrückungsmaßnahmen gegen ausländische Kollegen, die gegen Faschismus und für ihre wirtschaftlichen und politischen Forderungen kämpfen, diese Unterdrückungsmaßnahmen gegen deutsche Gewerkschafter, die für die Interessen ihrer Kollegen kämpfen - diese Angriffe gehen jeden etwas an. Einzig und allein die Kapitalisten haben ein Interesse an solchen Unterdrückungsmaßnahmen! Unterstützt den gerechten Kampf der griechischen, spanischen, türkischen und anderen Antifaschisten! Unterstützt die Komitees gegen die reaktionären Ausländergesetze und politische Unterdrückung! Unterstützt den gerechten Kampf der Gewerkschaftsopposition bei Opel und in anderen Betrieben!

KAMPF DEM REAKTIONÄREN AUSLÄNDERGESETZ UND DER POLITISCHEN UNTERDRÜCKUNG!

TOD DEM FASCHISMUS IN GRIECHENLAND, SPANIEN UND DER TÜRKEI!"

Das Flugblatt wird herausgegeben vom Regionalen Koordinationsausschuss zum Kampf gegen die reaktionären Ausländergesetze und die politische Unterdrückung, in dem u.a. mitarbeiten: AStA Ruhruni Bochum (RUB), SAG Bochum, KPD/ML-ZB), ML Dortmund, ML Duisburg, ML Hagen, ML Krefeld, MLKB Ostwestfalen, PL Hamm, Rote Zellen Münster, Sozialistische Abteilungsgruppen (SAG) Bochum und die Organisation Griechischer Marxisten-Leninisten (OGML). (97)

25. Oktober 1972:Dem Volke dienen, Jahrgang 1, 25.10.1972 Der KSV der KPD gab erstmals „Dem Volke dienen“ (DVD) als Zentralorgan des Kommunistischen Studentenverbandes (KSV) im Verlag Rote Presse Korrespondenz GmbH, 46 Dortmund, Zimmerstraße 19 mit acht Seiten DIN A 3 unter Verantwortung von Klaus Schaak und gedruckt bei H. Brand, Dortmund, heraus. Das Organ wurde auch an der RUB vertrieben. Und berichtete in seiner ersten Ausgabe über das politische Mandat.  Zum „politischen Mandat“ hieß es übergreifend:

„FÜR DAS POLITISCHE MANDAT! OFFENSIVE DER BOURGEOISIE IN BAYERN, BADEN-WÜRTTEMBERG UND NRW GEGEN FORTSCHRITTLICHE ASTEN

Nachdem in Westberlin durch das Universitätsgesetz (1969,d. Vf.) Senator Steins (SPD) schon 1969 die ASten an TU und FU zerschlagen wurden, geht die Bourgeoisie jetzt daran, in drei Ländern der BRD die fortschrittliche Studentenvertretung zu liquidieren. Wohlgemerkt: es geht ihr nicht mehr darum, die verfasste Studentenschaft ganz abzuschaffen: die Erfahrungen in Berlin, wo die fortschrittlichen Studentenvertreter die Fachgremien zur Tribüne des Kampfes gegen die kapitalistische Ausbildung machten, die Bereitschaft der Studenten Bayerns, Baden-Württembergs und NRWs, die ASten kämpferisch zu verteidigen, lehren die Landesväter, lieber auf Nummer Sicher zu gehen. Außerdem möchten sie die Studentenvertretung als Mittel der Bindung der Studenten an ständische und Universitätsbornierte Interessen ('ein Mensaessen nach  ernährungswissenschaftlichen Grundsätzen mit mehr Abwechslung!' Spartakus-Forderung in Bochum (MSB der DKP an der RUB, d.Vf.) weiterhin einsetzen. Das Bestreben der Bourgeoisie, den Doppelcharakter der ASten auszunutzen (einerseits ständische Vertretungskörperschaft, andererseits Bastion der fortschrittlichen Studenten) spiegelt sich im Vorgehen aller drei Kultusministerien (KuMi, d.Vf.) wider…

Noch 1969 konnte Stein fast ohne Widerstand seitens der Studenten den AStA liquidieren. Doch wir schreiben heute nicht mehr 1969, sondern 1972. Ein Zeichen für die veränderte Situation ist die Tatsache, dass wir heute in der Lage sind, diesen Angriff national zu bekämpfen. Mit der Ablösung des Zentralverbands der Roten Zellen in München (ZVROZ) durch eine Ortsleitung und Zellen des KSV wird es unserem Verband möglich, an allen drei Fronten unmittelbar einzugreifen und in der vordersten Reihe zu kämpfen.

KAMPF DER ZERSCHLAGUNG DER ASTEN - FÜR DIE ERHALTUNG DER VERFASSTEN STUDENTENSCHAFT!

FÜR DAS POLITISCHE MANDAT!" (98)

25. Oktober 1972: In „DVD“ Nr. 1/1972 erschien der Artikel: „Kampf den reaktionären Ausländergesetzen“. (99)

30. Oktober 1972: In der RUB soll eine Solidaritätsveranstaltung für das Berliner Rauchhaus stattfinden, zu deren Besuch u.a. die KJO Spartacus mit einem Flugblatt aufruft. (100)

November und Dezember 1972

Die Dortmunder „DOS“ beschäftigte in ihrer Ausgabe 15/1972 auch mit der Arbeit unter Obdachlosen und dem „politischen Mandat“ (vgl. 10. November 1972; 15. November 1972). Durch die enge Zusammenarbeit mit dem AStA der RUB kann vermutet werden, dass zu diesen Themen ein reger Informationsaustausch stattgefunden hat. Die „DOS“ rief auch dazu auf, an einer Demonstration am 15. November in Bochum teilzunehmen.

DVD: Den Kampf gegen die reaktionären Ausländergesetze weiterführen!Der KSV an der RUB organisierte den Kongress: „Den Kampf gegen die reaktionären Ausländergesetze weiterführen“ (vgl. 15. November 1972).

Hannes Heer, der in der Gewerbe- und Fachhochschule der gewerblichen Bildungsanstalt Bonn Deutsch und Geschichte unterrichtete, war am 17. November vom Kölner Regierungspräsident Heydecke (SPD) vom Schuldienst suspendiert worden. Hannes Heer, Mitglied des ZK der KPD, ehemals SDS- und VDS-Mitglied, der später auch wegen Landfriedensbruch verurteilt wurde, erhielt Berufsverbot und fiel unter den sog. „Radikalenerlass“. 1993 wurde er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Hamburger Institut für Sozialforschung und Leiter der „Wehrmachtsausstellung“ zu den Verbrechen der deutschen Wehrmacht („Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944“), die vom März 1995 bis November 1999 gezeigt wurde. 1997 erhielt er die Carl-von-Ossietzky Medaille. Der KSV an der RUB rief in „DVD“ im November und Dezember zur „Solidarität mit Hannes Heer“ auf. Auch der KSB/ML und andere Gruppen forderten „Solidarität mit Hannes Heer“ ein (vgl. 20. November 1972; 27. November 1972; 30. November 1972; 8. Dezember 1972).

An Demonstration und Aktionseinheiten, die sich gegen die Versuche des KuMi richteten, die Rechte der „verfassten Studentenschaft“ zu beschneiden („politisches Mandat“, d. Vf.), beteiligten sich tausende von Studenten im Ruhrgebiet. Auch in Bochum wurde demonstriert. In gewisser Weise betraf das auch die Fachhochschulen, über die es in MAO einige Informationen gibt (vgl. 15. November 1972; 23. November 1972; 29. November 1972; 1. Dezember 1972).

Möglich war, dass eine „Kommunistische Studentenpresse“ der Zelle des KSV der KPD an der PH Dortmund unter der Schlagzeile „Kampf der ständigen Verschlechterung der Ausbildung der Kinder der Werktätigen“ gemeinsam mit dem KSV der RUB ediert wurde. Ob auch eine KSP (als Nr.1, d. Vf.) erschien oder ob die „Erkämpft das Sozialistische Studium“ als solche gerechnet wird, die gemeinsam für die RUB und die PH Dortmund erschien, entzieht sich derzeit unserer Kenntnis (vgl. 27. November 1972).

Zur Solidarität mit dem „SHS“ in Heidelberg rief der KSV an der RUB auf (vgl. 6. Dezember 1972). Der KSB/ML äußerte sich ebenfalls (vgl. 8. Dezember 1972).

10. November 1972: Der AStA der PH Dortmund gab vermutlich heute seine „DOS“ (Dortmunder Studentenzeitung Nr.15/1972)  mit zwölf Seiten DIN A 4 und folgendem Inhalt heraus:

1. Zur verfassten Studentenschaft,
2. Reaktionäre Ausländergesetzgebung,
3. Neuer AStA bei den Heilpädagogen,
4. Achtung Biologen,
5. Arbeit mit Obdachlosen,
6. Seminargruppen, Tagungen.

Nachgedruckt wurde ein ESG-Flugblatt vom 13.11.1972, aufgerufen wurde zur regionalen Demonstration in Bochum (am 15.11. d. Vf.). Bekanntgegeben wurden auch zwei ESG/PGH-Seminare  folgende regelmäßigen Termine:

ZUR VERFASSTEN STUDENTENSCHAFT wurde ausgeführt:

„Innerhalb kürzester Zeit wurden Ende Juni vier Gesetze zur 'inneren Sicherheit' von allen Parteien des Bonner Bundestages verabschiedet, die in einer Reihe stehen mit z.B. Notstandsgesetzen und dem reaktionären Betriebsverfassungsgesetz Im einzelnen geht es hierbei um

In den Rahmen dieser Unterdrückungsmaßnahmen reiht sich ebenfalls der Versuch ein, die VS zu zerschlagen. Die Studentenparlamente wurden nach dem 2. Weltkrieg von den Alliierten eingesetzt. Sie sollten ein Übungsfeld für 'demokratische Verhaltensweisen' sein, um dem Faschismus nationalsozialistischer Prägung entgegenzuwirken. So wurden die ASten quasi zu einer 'demokratischen Spielwiese' und einem Absprungbrett für Karrieristen. Im Verlauf der Studentenbewegung entwickelten sich die Organe der VS (AStA, SVV, SP u. ä.), in vielen Fällen zu einem Instrument für die Masse der Studenten im gemeinsamen Kampf von Demokraten, Sozialisten und Kommunisten gegen

Diese Ausweitung politischer Aktivitäten seitens der fortschrittlichen Studenten über den ihnen zugebilligten Freiraum der Hochschule hinaus (allgemeinpolitisches Mandat) führten zu neuerlichen Versuchen des bürgerlichen Staates, die Organe der VS aufzulösen (siehe Westberlin und Baden-Württemberg) bzw. ihre Rechte drastisch einzuschränken, d.h. den AStA zu einem bloßen Dienstleistungsbetrieb zu degradieren. Demagogisch wird dabei auf das 'Mitwirkungsrecht' der Studentenvertreter in den Gremien der Hochschule hingewiesen. Konkret bedeutet das: die Arbeit der Studentenvertreter beschränkt sich auf die fachspezifische Seite in den einzelnen Fächergruppen. Die politische Funktion des AStA, der SV und der SK wäre ausgeschaltet. Durch Schweigepflicht und Kooperationszwang sollen die Studentenvertreter als Funktionäre von der gesamten Studentenschaft isoliert und damit auch besser diszipliniert werden. Die Studentenschaft weigert sich, ihre Vertreter in solchen Gremien zu verheizen. Ebenso wie in allen Teilbereichen der Gesellschaft die fortschrittlichen Kräfte den Kampf aufnehmen gegen Disziplinierungs- und Reglementierungsmaßnahmen, so setzt sich die Studentenschaft gegen die drohende Zerschlagung ihrer Organe und die Einschränkung ihrer Recht zur Wehr. Zu diesem Zweck hat sich eine Aktionseinheit aller ASten NRW's gebildet, die den Kampf gegen die politische Disziplinierung des bürgerlichen Staates in Betrieb, Schule und Hochschule entschlossen aufnimmt. Bestandteil dieses Kampfes ist die

DEMONSTRATION AM MITTWOCH, 15.11.1972 UM 17 UHR IN BOCHUM AB HUSEMANNPLATZ

Wir fordern alle Studenten auf, ihr Engagement für die Erhaltung der VS durch die Teilnahme an dieser Demonstration zu dokumentieren."  (101)

15. November 1972: Der Kommunistische Studentenverband (KSV) der KPD berichtet aus Bochum vom heute oder morgen von ihm organisierten Kongress gegen die Ausländergesetze:

„DIE POLIZEI - DEIN FREUND UND HELFER. (EIN BEITRAG AUF DEM KONGRESS IN BOCHUM). IDEOLOGISIERUNG DER DEUTSCHKURSE FÜR AIUSLÄNDISCHE KOMMILITONEN IN DER BRD:

Mit welchen Methoden werden die ausländischen Kommilitonen in der BRD auf das  Studium vorbereitet? Und welches Ziel wird während dieser Vorbereitung während des Studiums verfolgt? Betrachten wir uns einmal die inhaltliche Gestaltung der Deutschkurse und Studienkollegs: In dem Buch von R. Meldau 'Kleines Deutschlandbuch für Ausländer' wir den ausländischen Kommilitonen ein Einblick in das deutsche gesellschaftliche Leben gegeben. So wird in dem Abschnitt über die deutschen Schulen über die Schulstrafe geschrieben: 'Viele Lehrer glauben jedoch, dass die augenblicklich erlaubten Schulstrafen nicht ausreichen, um Ruhe und Ordnung in der Schule aufrechtzuerhalten. Sie meinen, viele Schüler seien heute so frech oder gar flegelhaft, dass strengere Maßnahmen notwendig seien. Mancher Lehrer klagt über Disziplinschwierigkeiten, und in der Tat ist der Beruf des Lehrers heute außerordentlich schwer. Es ist daher zu wünschen, dass Eltern und Staat den Lehrer stärker unterstützen, als es heutzutage vielfach der Fall ist.' (S.10)

Wie die Ausländer mit den staatlichen Einrichtungen und Behörden vertraut gemacht werden, zeigt folgendes Beispiel: 'Besondere Erwähnung verdient die Polizei, die für Ordnung und Sicherheit zu sorgen hat. Sie nennt sich gern 'Dein Freund und Helfer'.' Um sich den gesellschaftlichen Formen in der BRD entsprechend anpassen zu können, lernt der ausländische Kommilitone, wie er sich bei formellen Besuchen zu verhalten hat. Jetzt weiß er, wie er sich als guter 'deutscher Bürger' zu verhalten hat; richtet er sich nicht danach, so ist er unerwünscht! Dieses 'Kleine Lesebuch für Ausländer' schießt jedoch längst nicht den Vogel ab, die ausländischen Studenten in der richtigen Weise mit 'Sitte und Kultur' des Deutschtums bekanntzumachen. Im Geschichtsunterricht liest der ausländische Student Texte von Churchill und Goebbels oder ihm Mitleid mit dem armen Deutschland nach 1945 in einer Weise eingeimpft, dass er sämtliche Maßnahmen im Interesse des US-Monopolkapitals (wie den Marshallplan) als Maßnahmen für das Volk gutheißt. Im Studienkolleg Münster wird im Geografieunterricht den ausländischen Kommilitonen erklärt, warum die Entwicklungsländer unterentwickelte Länder bleiben. Die Antwort lautet: Es ist wie ein Teufelskreis: Die Leute sind, und weil sie arm sind, sind sie unterernährt, weil sie unterernährt sind, haben sie wenig Kraft um tüchtig arbeiten zu können, weil sie nicht tüchtig arbeiten können, verdienen sie wenig Geld und sind deswegen unterernährt etc. etc. Im gleichen Unterricht lernt der Ausländer, dass die Investitionen der ausländischen Staaten in diesen unterentwickelten Ländern den Fortschritt bringen und somit die Armut der Bevölkerung bekämpfen helfen. So wird die imperialistische Ausplünderung durch Kredite in ihr Gegenteil verklärt!

Diese Beispiele zeigen uns, dass versucht wird, die ausländischen Kommilitonen zu unkritischen Handlangern auszubilden, zu Handlangern, die für die imperialistischen Interessen der BRD und die reaktionären Regierungen ihrer Heimatländer arbeiten werden." (102)

15. November 1972: Die ASten der Unis Bonn und Münster berichten:

„Tausende Studenten folgten am 15.11. dem einheitlichen Aufruf der LAK zur Aktionseinheit und demonstrierten gegen alle Versuche, ihnen ihr Kampfinstrument aus der Hand zu winden." Von der Aktionswoche berichtet auch der AStA der PH Dortmund. Demonstriert wurde u.a. in Bochum, um 17 Uhr ab Husemannplatz, wohin die Studentenschaften Bochum, Dortmund, Essen, Hagen, Iserlohn gemeinsam aufriefen (am13.11.1972, d. Vf.) und auch einzeln der AStA der PH Dortmund (am 13.11.1972, d. Vf.).

Der Kommunistische Studentenverband (KSV)der KPD berichtet u.a. von heute:

„NRW: KAMPFMASSNAHMEN DER STUDENTEN. Wir haben in DEM VOLKE DIENEN Nr.1 aufgezeigt, wie die schwelende Krise des Ruhrgebiets die NRW-Kapitalisten zwingt, ihre Hochschulreform schnell durchzusetzen: Einrichtung von Gesamthochschulen (GHS, d.Vf.), 'Schwerpunktsetzung' (d.h. Austrocknen ganzer Fachbereiche wie Lehrerausbildung und Innenarchitektur in Münster), strengste Ausrichtung der Studiengänge (quantitativ und qualitativ) nach den Bedürfnissen der regionalen Industrie bei gleichzeitiger ungeheurer Straffung und Intensivierung des Studiengangs (s. die neue Prüfungsordnung (PO, d.Vf.) an den Fachhochschulen (FHS, d.Vf.) des Landes). Fast wichtiger noch, und billiger zu erfüllen ist der Wunsch der Kapitalisten nach totaler Integration der Studenten, nach Friedhofsruhe an den Universitäten. Daher die Welle von Disziplinierungsmaßnahmen und Prozessen, daher auch der Versuch, die verfasste Studentenschaft zu liquidieren…

Um den Zusammenschluss der Studenten der einzelnen Universitätsstädte zu verhindern, verfolgt der SPD-Kultusminister (KuMi, d.Vf.) die sattsam bekannte Taktik der Spaltung und kleinen Schritte. Mit leeren Versprechungen schmeichelt er den Studenten der einen Universität, die noch nicht so kampfbereit sind, während er gleichzeitig an den anderen Universitäten - nimmt die Bewegung ab - das Ziel der Bourgeoisie durchsetzt. Die Studenten in NRW haben jedoch nicht vergessen, dass unter den anfeuernden Worten des SPD-Ministers Rau, gegen den sich steigernden Widerstand von hunderten von Studenten in Bonn, der Satzungskonvent die verfasste Studentenschaft zerschlagen hat. Der KSV hat zusammen mit anderen fortschrittlichen Organisationen die Studenten zum Kampf gegen die Zerschlagung der verfassten Studentenschaft mobilisiert. EINE KAMPFMASSNAHME WAR DIE URABSTIMMUNG. Noch liegen uns die endgültigen Zahlen nicht vor, die ersten Ergebnisse aus Bochum und Bonn jedoch zeugen von einer vergleichsweise sehr hohen Wahlbeteiligung (PH Bonn 52%, Ruhr-Uni-Bochum schon nach drei Tagen mehr als 50%). Von den abgegebenen Stimmen kaum eine, die die Vorstellungen Raus billigt: ja! für den Kampf gegen die Zerschlagung in beiden Fällen bei über 95% der abgegebenen Stimmen! Deutlicher noch als die Stimmzettel sprechen die anderen Kampfmaßnahmen der Studenten: In Köln demonstrierten ca. 3 000, in Bochum 2 000, in Münster ca. 200 am letzten Donnerstag (am 16.11.1972, d.Vf.). Eine weitere Demonstration fand in Aachen statt (am 13.11.1972, d.Vf.). Wenn es uns auch nicht gelingen konnte, das Bild dieser Demonstrationen zu prägen und allen - oft mit 'Wählt Willy'-Abzeichen marschierenden - Studenten die Richtung des Kampfes zu weisen, so erwies sich unsere Organisation doch in den Augen vieler Studenten als die einzig konsequente Kämpferin für die Erhaltung der verfassten Studentenschaft:

Der MSB-Spartakus begnügte sich nicht damit, in Münster die Demonstration zu spalten und eine eigene Route zu wählen; in Bochum hatte sich die örtliche Führung auf die revolutionäre Plattform des AStA gestellt, aber nur, um auf der Demonstration selbst die reformistische Plattform der Landes-Astenkonferenz (LAK)  zu verteilen, um die Studenten irrezuführen und das Vertrauen in den AStA zu schwächen. (Dieses Verhalten hatten wir übrigens in DEM VOLKE DIENEN Nr.1 vorhergesagt.) Der Zirkel KHG Köln hatte von vornherein in dem Wunsch nach 'Einheit' den Phrasen des MSB zugestimmt und verzichtete auf die Nennung der SPD als Feind der fortschrittlichen Studenten. Dies ist umso verständlicher, da gerade die SPD in NRW die Zerschlagung der verfassten Studentenschaft vorantreibt. IM GLAUBEN, DIE EINHEITLICHE KAMPFFRONT ZU STÄRKEN, SCHWÄCHTEN SIE SIE IM GEGENTEIL. Gegen die Angriffe der Konterrevolution und den weiteren Versuchen der Revisionisten den Kampf zu sabotieren, wird der KSV weiterhin mit allen anderen fortschrittlichen Organisationen und Studenten den Kampf um die Erhaltung jeder fortschrittlichen Position führen, sei es wie in den letzten Wochen um die Erhaltung der verfassten Studentenschaft, sei es in all den Fällen, wo die Konterrevolution versucht, durch die politische Disziplinierung die fortschrittlichen Positionen der Studenten anzugreifen." (103)

15. November 1972: Die Zelle des PH Dortmund gab vermutlich heute das folgende Flugblatt mit vier Seiten DIN A 4 ohne Impressum heraus:

„AUFRUF ZUR VV. PH-UMZUG - VERBESSERUNG DER AUSBILDUNG? IN DER NEUEN PH WIRD ES BIS 1975 KEINE HÖRSÄLE MIT MEHR ALS 120 PLÄTZEN GEBEN! VOR ALLEM IN DEN EINFÜHRUNGSVERANSTALTUNGEN IM FACHE MATHEMATIK UND ALLEN GRUNDWISSENSCHAFTEN WERDEN DIE VERANSTALTUNGEN AUF MEHRERE RÄUME AUFGETEILT! DURCH FERNSEHÜBERTRAGUNGEN IN DIE VERSCHIEDENEN RÄUME WERDEN DIESE VORLESUNGEN DURCHGEFÜHRT!

Diese Maßnahmen im Rahmen des PH-Umzugs wurden bisher meistens verschwiegen. Welche Bedeutung haben sie für die PH-Ausbildung? Die unhaltbare Überfüllung vieler Seminare in der alten PH wird sich weiter verschlechtern. Hoffnungslose Überbelegung der Räume wird zum Erscheinungsbild in den nächsten Jahren gehören. Die Ausbildung der späteren Lehrer der Kinder der Werktätigen wird noch weiter verschlechtert. Für die meistbesuchten Veranstaltungen für Erstsemester sind Fernsehübertragungen geplant. Die Folge wird sein, dass die neuen Studenten, ohnehin ratlos vor dem PH-Studienbetrieb stehend, eingeschüchtert werden. Die kapitalistische Klassenerziehung wird weiter intensiviert, d.h. durch diese Maßnahmen können formalisierte Methoden verstärkt den neuen Studenten eingetrichtert werden. Der Zusammenhang zu den eigentlichen Studieninhalten wird gar nicht behandelt, geschweige denn der zur Berufspraxis. Auf die Frage nach der Bedeutung und der Anwendung der Wissenschaft wird keine befriedigende Antwort gegeben. Ziel dessen ist, die Ausbildung von Lehrern, die später in der Schule die ihnen eingetrichterte Ideologie den Kindern der Werktätigen sollen. Zwar war dies schon die Praxis in den Einführungsveranstaltungen in den letzen Jahren, mit dem Mittel der Fernsehübertragung jedoch wird den Studenten die letzte Möglichkeit genommen, durch Fragen und Diskussionen in den Veranstaltungen sich gegen diese Indoktrination zu wehren, und zu fragen, wem nützt diese Ausbildung.

Kommilitonen, Welch ein Hohn war da das Auftreten des Dekan Heuer auf der Studieneinführungsveranstaltung, als er einer Vertreterin des Kommunistischen Studentenverbandes, die auf diese Absichten hinwies, antwortete 'Arbeit in großen Vorlesungen ist nicht mehr up to date, modern ist Kleingruppenarbeit'. Wie kann man den zwang bei einer Fernsehübertragung widerspruchslos mitschreiben zu müssen als Kleingruppenarbeit bezeichnen? Zu den Folgen des PH-Umzugs versucht die PH-Bürokratie jedoch meistens sich auszuschweigen oder sie versucht mit lächerlichen Hinweisen auf die Verzögerung der Bauabschnitte durch die Baufirmen abzublocken! Sie befürchtet wohl Kampfmaßnahmen der Studenten gegen diese neue Variante der kapitalistischen Ausbildung. Diese Rechnung wird jedoch nicht aufgehen!

WIR FORDERN: SOFORTIGE OFFENLEGUNG ALLER PLÄNE ZUR EINRICHTUNG VON FERNSEHÜBERTRAGUNGEN IN GROSSEN VORLESUNGEN UND SEMINAREN! Diese ersten Maßnahmen im Rahmen des PH-Umzugs sind Teil der von der SPD geplanten und durchgeführten Neuordnung der Hochschulen. Werden diese Maßnahmen noch als 'fortschrittlich' und im 'Interesse der werktätigen Bevölkerung' stehend dargestellt, so zeigt doch dieses eine Beispiel an der PH schon den reaktionären, gegen das Volk gerichteten Charakter dieser Umstrukturierung. Gezielter Numerus Clausus (NC, d.Vf.), obligatorische Studienberatung, zentrale Hochschulstatistik, niedergelegt im Gesamthochschulerrichtungsgesetz (GHEG), sowie die im Hochschulrahmengesetz (HRG, d.Vf.) festgelegten Pläne, die verfasste Studentenschaft zu zerschlagen, verbunden mit einem Ordnungsrecht, das fortschrittliche Studenten, die eine reibungslose Durchsetzung der reaktionär-bürokratischen Hochschulreform gefährden, politisch disziplinieren soll - das sind die beabsichtigten Schritte der Kapitalisten, ihres Staatsapparats und dessen Handlanger in der Unibürokratie. (Bekannt geworden ist z.B. schon, dass an der neuen PH keine Räume für politische Organisationen zur Verfügung gestellt werden!)

Der Kommunistische Studentenverband wird auf der heutigen Studentenvollversammlung einen Aktionsausschuss bilden, der die genauen Schritte zur Verwirklichung dieser Pläne untersuchen wird und auf einer nächsten Vollversammlung nach dem Umzug konkrete Kampfmaßnahmen gegen diesen Angriff auf die demokratischen Rechte des Volkes und die Schulausbildung der Kinder der Werktätigen vorschlagen wird. WIR FORDERN DEN DEKAN HEUER AUF, AUF DER HEUTIGEN VOLLVERSAMMLUNG ÖFFENTLICH STELLUNG ZU BEZIEHEN ZU DIESEN NEUEN MASSNAHMEN!"

In einem zweiten Abschnitt hieß es:

„FORTSCHRITTLICHE ASTA-POLITIK? 'AUSLÄNDISCHE KOMMILITONEN, WENN IHR BEDROHT SEID, RUFT DIE ESG AN!' 'SOLIDARITÄT MIT DEN SPANISCHEN OPELKOLLEGEN!' Der PGH und die PGH-Fraktion im AStA haben in der letzten Zeit durch Flugblätter und Klebezettel behauptet, sie würden die Kämpfe der ausländischen Arbeiter und Studenten gegen die Verschärfung der Ausländergesetze wirkungsvoll unterstützen wollen. Gerade heute - in einer Situation, in der ausländische Arbeiter und Studenten ständig bedroht sind, aus der BRD ausgewiesen zu werden, teilweise in ihre faschistischen Heimatländer verschleppt zu werden - muss es uns gelingen einheitlich gegen diese Maßnahmen der SPD-Regierung vorzugehen. Das hat sogar der AStA selbst betont in seiner ersten Ausgabe der DOS. Wie sieht aber die praktische Politik und der Wunsch nach Einheit beim PGH aus?

Der AStA der PH hat die erfolgreiche Solidaritätsdemonstration für die Opelkollegen, die Protestkundgebung vor den Opelwerken (am 17.10.1972, d.Vf.) nicht unterstützt, sondern vielmehr versucht, zu verhindern, dass auch die PH-Studenten sich aktiv für die Opelkollegen einsetzen! Erster Schritt war die Verweigerung des Drucks eines Flugblatts, dessen Inhalt eine vom Bochumer Solidaritätskomitee zur Unterstützung des Opelstreiks ausgearbeitete Resolution war.

Begründung: SIE SEI VOM KSV, DER KSV WOLLE DEM ASTA EINE POLITISCHE LINIE UND AKTION AUFZWINGEN. Zweiter Schritt: Die Weigerung des AStA, eine Solidaritätskundgebung zu unterstützen.

Begründung: SIE SEI IN BOCHUM UND HABE MIT DEN ÖRTLICHEN AKTIVITÄTEN IN DORTMUND NICHTS ZU TUN.

Dritter Schritt: Boykott der Demonstration von 600 Menschen für die Einstellung des entlassenen spanischen Kollegen bei Opel in Bochum. Begründung: SIE ENTSPRÄCHE NICHT DER BEWEGUNG UNTER DEN OPELKOLLEGEN, SIE SEI 'SPONTANEISTISCH' UND 'AKTIONISTISCH'. Unterstützung dieser Aktivitäten hätte aber gerade bedeutet, den AStA tatsächlich - wie es immer von dem PGH beschworen wird - als ein Kampfinstrument zu benutzen, durch ihn zu erreichen, dass die Solidaritätsbewegung auch in die PH-Studenten getragen worden wäre, dass die Opelkollegen sich auch auf die Abwehrfront an der PH hätten stützen können. Zwölf spanische Kollegen wurden verhaftet, beim Streik gegen die Entlassung ihres Sprechers, des Kollegen LARA, die oppositionelle Liste 2 bei Opel kämpft mutig für die sofortige Wiedereinstellung dieses Kollegen, rief die Opelarbeiter durch ein Flugblatt auf, sich an der Demonstration zu beteiligen. Der PGH/GEW AStA weigerte sich konkrete Unterstützungsmaßnahmen zu ergreifen, den 'konkreten Kampf'' zu führen, den er so oft im Munde führt. Auf der heutigen Vollversammlung sind der AStA und alle anderen Organisationen, die im 'Vorbereitenden Komitee zum Kampf gegen die reaktionären Ausländergesetze' zusammengeschlossen sind und die Demonstration ebenfalls nicht unterstützt haben uns eine Erklärung für eine derartige Politik schuldig!

Diese Politik des PGH findet ihre Ergänzung in dem Versuch im AStA, die politische Arbeit des KSV zu unterbinden bzw. politisch zu zensieren. 1. Vor einem Semester hatte es der PGH bereits abgelehnt, dass Genossen des KSV an der AStA-Einführungsfreizeit teilnehmen. Begründung: Der KSV wolle dort den ideologischen Kampf führen und das verstünden die Erstsemester überhaupt noch nicht! 2. Der PGH hat in der letzten Zeit den Beschluss gefasst, dem KSV grundsätzlich keine Räume in der ESG zur Verfügung zu stellen. Begründung: Der KSV spalte die Bewegung unter den Studenten und diene damit der Konterrevolution. 3. Inzwischen ist faktisch ein Druckverbot für den KSV durch die PGH-Fraktion im AStA verhängt.

Begründung: Die AStA-Drucker vom PGH sehen keine Veranlassung, den KSV in irgendeiner Weise zu unterstützen, indem sie Flugblätter drucken, deren politische Linie sie nicht selbst vertreten. IM FALL DER UNTERSTÜTZUNG DES KAMPFS DER OPELKOLLEGEN HAT DAS KONKRET BEDEUTET: VERHINDERUNG DES DRUCKS EINES FLUGBLATTES, WELCHES DIE STUDENTEN ZU EINER PROTESTKUNDGEBUNG IN BOCHUM AUFRIEF! DAS WAR OFFENE SABOTAGE DER SOLIDARITÄTSBEWEGUNG FÜR DIE OPELKOLLEGEN IN BOCHUM! Die Beschneidung der politischen Rechte, Maßnahmen der politischen Disziplinierung und der politischen Zensur - das sind die Mittel, mit denen die Kapitalisten durch ihre SPD-Regierung gegen Sozialisten und Kommunisten vorgehen. Die Maßnahmen des PGH bedeuten faktisch das Gleiche: Verhinderung der Arbeit von Sozialisten und Kommunisten an der PH, zumindest der Versuch dazu! Alle Beteuerungen des PGH, der AStA stelle seine Druckmaschinen den fortschrittlichen Studenten und ihren Organisationen zur Verfügung, haben ihren phrasenhaften Charakter mit den letzten Maßnahmen deutlich gezeigt.

Kommilitonen: Es muss uns darum gehen, vom AStA zu erzwingen, dass er sofort und bedingungslos die Druckmaschinen für alle fortschrittlichen Studenten und ihre Organisationen zur Verfügung stellt, wollen wir in Zukunft verhindern,  dass die Arbeit von fortschrittlichen Organisationen an der PH durch den AStA boykottiert wird! Auf der heutigen Vollversammlung wird sich der AStA entscheiden müssen, Unterstützung der fortschrittlichen Organisationen an der PH durch die Bereitstellung von Druckmöglichkeiten - oder Boykott der politischen Arbeit von Sozialisten und Kommunisten! SOFORTIGE AUFHEBUNG DES DRUCKVERBOTS FÜR DEN KOMMUNISTISCHEN STUDENTENVERBAND! SOFORTIGE UND BEDINGUNGSLOSE BEREITSTELLUNG DER ASTA-DRUCKMASCHINEN FÜR ALLE FORTSCHRITTLICHE STUDENTEN UND IHRE ORGANISATIONEN!" (104)

20. November 1972: Das Regionalkomitee (RK) NRW des KSV der KPD gab vermutlich in dieser Woche das folgende Flugblatt mit zwei Seiten DIN A 4 ohne presserechtlich Verantwortlichen zum BV gegen Hannes Heer heraus:

„ANDROHUNG DES BERUFSVERBOTS FÜR HANNES HEER... WEG MIT DEN BONNER BESCHLÜSSEN! KEINE EINSCHRÄNKUNG DER BERUFLICHEN RECHTE VON SOZIALISTEN UND KOMMUNISTEN! KAMPF DER POLITISCHEN DISZIPLINIERUNG FORTSCHRITTLICHER LEHRER! SOFORTIGE WIEDEREINSTELLUNG VON HANNES HEER!" Dokumentiert werden ein Artikel der „Bonner Rundschau“ vom 16.11.1972 sowie Auszüge aus der Antwort von Heer darauf. Aufgerufen wird zu Veranstaltungen in Bochum (am 30.11.1972), Bonn (am 23.11.1972, 29.11.1972), Dortmund (am 30.11.1972), Köln (am 28.11.1972) und Münster (vgl. 30.11.1972). (105)

22. November 1972: Die Zentrale Leitung (ZL) des KSV der KPD gab „Dem Volke dienen“ (DVD) Nr. 3/1972) mit zehn Seiten DIN A3 unter Verantwortung von Klaus Schaack heraus. Redaktion und Vertrieb befinden sich ebenso wie der Verlag, die Rote Presse Korrespondenz GmbH, in Dortmund, Zimmerstr.19. Aus NRW wurde berichtet landesweit (am 15.11.1972, d. Vf. ), aus Bochum vom Kongress. (106)

23. November 1972: Vermutlich zu Beginn dieser Woche erschien das folgende Flugblatt der Studentenschaften (ASten) Bochum, Dortmund, Essen, Hagen und Iserlohn mit zwei Seiten DIN A4 ohne presserechtlich Verantwortlichen:

„DEMONSTRATION. In den letzten Jahren konnten die Organe der verfassten Studentenschaft (VS, d.Vf.) zum Instrument fortschrittlicher Politik für die Masse der Studenten werden durch den Kampf - gegen die kapitalistische 'Hochschulreform', gegen die bürgerliche Klassenerziehung, die Verschärfung der Prüfungen, Steigerung des Ausbildungsdrills, strengere Reglementierung der Studiengänge und Numerus Clausus (NC, d.Vf.) - gegen die Verschlechterung der Lebensbedingungen im gemeinsamen Kampf mit den Werktätigen gegen Wohnungsnot, Mietwucher, Preistreiberei und Bodenspekulation

In allen diesen Fragen richtet sich die Arbeit der fortschrittlichen studentischen Vertreter gegen die Interessen der Herrschenden in dieser Gesellschaft und gegen ihre Sachwalter, die bürgerlichen Parteien. Die Verfasste Studentenschaft soll zerschlagen werden, diese Pläne des Wissenschaftsministeriums (WiMi, d.Vf.) richten sich ausschließlich gegen die Politik der demokratisch gewählten fortschrittlichen Vertreter der Studenten

FÜR DIE ERHALTUNG DER VS MIT EIGENER BEITRAGSHOHEIT UND SATZUNGSAUTONOMIE

FÜR DAS UNEINGESCHRÄNKTE POLITISCHE MANDAT VON FACHSCHAFTEN UND ASTEN, VDS UND SVI

FÜR UNABHÄNGIGE, IN VOLLVERSAMMLUNGEN GEWÄHLTE FACHSCHAFTSVERTRETUNGEN

Die politische Tätigkeit der gewählten Vertreter der Studentenschaft soll sich nach Absicht der Wissenschaftsministerien im Wesentlichen in der verpflichtenden Mitarbeit in den Gremien erschöpfen - und dies bei absoluter Mehrheit der Hochschullehrer unter Mitwirkungszwang und Schweigepflicht

Die Studentenschaft wird ihre politischen Vertreter nicht in den Gremien verheizen lassen!

GEGEN MITWIRKUNGSZWANG, SCHWEIGEPFLICHT UND NICHTÖFFENTLICHKEIT IN DEN HOCHSCHULGREMIEN

WEG MIT DEM QUORUM

Auf der Landesastenkonferenz NRW (LAK,  d. Vf.) konnte nach langer Auseinandersetzung ein Aktionsbündnis aller Asten zur Kampagne gegen die Zerschlagung der Verfassten Studentenschaft zustande kommen. In allen Hochschulen und Fachhochschulen wird in der Zeit vom 6.11. bis 15.11. der Kampf für die Erhaltung der VS geführt. In fünf Städten NRW's werden am Mittwoch, dem 15.11., Demonstrationen stattfinden. In Bochum werden die Studenten Bochums, Hagens, Essens, Dortmunds und Iserlohns der Bevölkerung die zentralen Punkte ihres Widerstandes vermitteln. Die kapitalistische Hochschulreform muss erneut von einer breiten Öffentlichkeit kritisiert und bekämpft werden. Zu einer Zeit, in der die bürgerlichen Parteien der Bevölkerung das Blaue vom Himmel vorlügen und sie neuen Illusionen über den Charakter dieses Staates aufsitzen lässt, gilt es, die tatsächlichen Ergebnisse der Politik der letzten Jahre deutlich zu machen. Von der sogenannten 'Hochschulreform' blieb nichts übrig als verstärkter Leistungszwang und Prüfungsdruck, begleitet von Numers Clausus und BAFöG. Mit der beabsichtigten Zerschlagung der Verfassten Studentenschaft wird die aktuelle politische Unterdrückung verstärkt auch auf den Hochschulbereich ausgedehnt. Der Kampf gegen die Disziplinierungsmaßnahmen an der Hochschule muss zugleich der Kampf gegen Berufsverbote und Ausländergesetz, gegen den Ausbau des Polizeiapparates und neue Gesetze zur 'inneren Sicherheit' sein.

KAMPF DER POLITISCHEN UNTERDRÜCKUNG IN BETRIEB, SCHULE UND HOCHSCHULE!

FÜR FREIE POLITISCHE BETÄTIGUNG IN AUSBILDUNG UND BERUF!

BOCHUM, HUSEMANNPLATZ, 15.11. 17 Uhr

STUDENTENSCHAFTEN BOCHUM, DORTMUND, ESSEN, HAGEN, ISERLOHN". (107)

23. November 1972: Der KSV der KPD berichtet über den vermutlich spätestens in dieser Woche erscheinenden „Contrapunkt“ der BSU und des SLH der FDP unter Abdruck einer Zeichnung, die das Dach des SAG-AStA gestützt von einer dicken, aber arg angefressenen Säule des SHB, zur Rechten von einer bereits eingeknickten dünnen Säule des MSB Spartakus der DKP und nur in der Mitte solide gestützt von einem stabilen Holz ca. der derselben Dicke der MSB-Säule des KSV:

„Dass auch die Rechte genau erkennt, wer wirklich gewillt ist, die ASten als Bastion der fortschrittlichen Studenten zu verteidigen, zeigt diese Karikatur aus 'Contrapunkt', dem Organ des 'Sozialliberalen Hochschulbunds' und der 'Bochumer Studenten Union (BSU). Deutlich ist zu erkennen, dass faktisch nur der KSV entschieden den von der SAG (Sozialistische Abteilungsgruppen) getragenen AStA stützt. 'Wackeliger geht es nicht' meinen die Rechten. Die Urabstimmung und Demonstration sprachen eine andere Sprache als der 'Contrapunkt'...." (108)

27. November 1972: Das Regionalkomitee (RK) NRW des KSV der KPD gab vermutlich Anfang dieser Woche, spätestens morgen das folgende Flugblatt von einer Seite DIN A 4 ohne presserechtlich Verantwortlichen zum Berufsverbot (BV) gegen Hannes Heer in Bonn heraus:

„KOMMT ZU DEN TRIBUNALEN GEGEN DIE POLITISCHE DISZIPLINIERUNG. In den vergangenen Monaten wurden die reaktionären Hochschulgesetze verabschiedet, die die Zerschlagung der Verfassten Studentenschaft, ein verschärftes Ordnungsrecht und Schweigepflicht in den Gremien vorsehen. Das Ausländerrecht wurde zu einem Terror- und Bespitzelungsapparat gegen fortschrittliche Ausländer ausgebaut. Es kamen die Bonner Beschlüsse, die die Beschäftigung von, wie es heißt, 'Radikalen' im öffentlichen Dienst verhindern sollen. Gegen all diese Maßnahmen, den Terror gegen Sozialisten, Kommunisten und alle, die sich mit ihnen solidarisieren, zu legalisieren, bildet sich an vielen Punkten eine breite Kampffront.  Diesem wachsenden Widerstand beginnt der Staatsapparat eine breite Offensive entgegenzusetzen. Er zeigt jetzt, nachdem er sich alle notwendigen Disziplinierungsmittel geschaffen hat: Er meint es ernst, er ist gewillt, sie auch anzuwenden!

HEISST DIES, DASS ZUM BEISPIEL JEDER FORTSCHRITTLICHE LEHRER VOR DER ALTERNATIVE STEHT, ENTWEDER SEINE POLITISCHE HALTUNG ZU VERBERGEN, IHR ABZUSCHWÖREN UND SICH EINSCHÜCHTERN ZU LASSEN, ODER ABER SEINE BÜRGERLICHE EXISTENZ ZU VERLIEREN?

ODER GIBT ES EINE MÖGLICHKEIT, DIESER VON DER KLASSENWIRKLICHKEIT SELBST GESTELLTEN ALTERNATIVE ZU ENTGEHEN?

Die Maßnahmen der Bourgeoisie gegen fortschrittliche Lehrer wie der Widerstand dagegen haben Geschichte. Sie haben die Tradition des Adenauerschen  Blitzgesetzes von 1952, mit dem Tausende von Kommunisten aus dem öffentlichen Dienst entfernt wurden, sie haben die stolze Tradition der Weimarer Republik. Die Geschichte dieses ersten 'demokratischen deutschen Staates', zusammengezimmert gegen den Ansturm des revolutionären Proletariats mit Hilfe der Sozialdemokratie ist voll von diesen Maßnahmen, zeigt die ungebrochene Tradition der Sozialdemokratie, zeigt aber auch, wie der Kampf dagegen zu führen ist. EIN BEISPIEL: Ruhla (Thüringen) 1921: Kurz vor den Osterferien wird der Gen. Dr. Neubauer, Oberlehrer an der Realschule in Ruhla, aktiv in der Arbeiterbewegung tätig, vom Schuldienst suspendiert. Die Begründung: Eine Anklage wegen Hochverrats, Aufwiegelung zum Klassenhass und Terror - er wolle die Kinder zu Kommunisten machen. Mit ihm wird sein bester Freund und Kollege Zimmermann suspendiert mit der gleichen Beschuldigung - er soll gesagt haben, der Kommunismus könne nicht eher aufgebaut werden, bis alle Kapitalisten erschossen sind. Die Strafanklage fällt auf Grund der Zeugenaussagen in sich zusammen, die sozialdemokratische Regierung jedoch erhält die Suspendierung aufrecht. Da treten nach den Osterferien ein Teil der Lehrer und die Mehrzahl der Schüler in den Proteststreik. Der Streik dauert fast eine Woche - dann wird die Suspendierung aufgehoben: Die Verspätung sei nur ein Versehen gewesen, lässt die SPD-Regierung verkünden.

Die SOLIDARITÄT ihrer Kollegen und Schüler hat die Wiedereinstellung der kommunistischen Lehrer ERZWUNGEN. Gleichzeitig öffneten die Maßnahmen der reaktionären Schulbürokratie vielen Menschen die Augen über den Charakter dieses 'demokratischen' Weimarer Staates.

LERNEN WIR AUS DIESEM BEISPIEL!

Gegen die Unterdrückungsmaßnahmen der Bourgeoisie, gegen die Verbotsandrohungen, gegen die Einschüchterungsversuche hilft nur der Zusammenschluss aller fortschrittlichen Menschen, die Solidarität mit den Betroffenen, nicht Mit-leiden, sondern Mitkämpfen!

Unterstützt die Forderungen:

WEG MIT DEN BONNER BESCHLÜSSEN!

KEINE EINSCHRÄNKUNG DER DEMOKRATISCHEN RECHTE VON KOMMUNISTEN UND SOZIALISTEN!

KAMPF DER POLITISCHEN DISZIPLINIERUNG FORTSCHRITTLICHER LEHRER!

SOFORTIGE WIEDEREINSTELLUNG VON HANNES HEER!"

Aufgerufen wurde zu Veranstaltungen an der PH Bonn (am 29.11.1972, d. Vf.), der Uni Bonn (am 28.11.1972, d. Vf.), der RU Bochum (am 30.11.1972, d. Vf.), der PH Dortmund, der PH Köln, der Uni Köln und der Uni Münster. (109)

27. November 1972: Die Zelle des KSV der KPD an der PH Dortmund gab ihre „Kommunistische Studentenpresse“ (KSP) Nr.2 mit 16 Seiten DIN A 4 ohne presserechtlich Verantwortlichen unter der Schlagzeile „Kampf der ständigen Verschlechterung der Ausbildung der Kinder der Werktätigen" heraus. Ob auch eine KSP als Nr.1 erschien oder ob die „Erkämpft das Sozialistische Studium“ als solche gerechnet wird, die gemeinsam für die Ruhruniversität Bochum und die PH Dortmund erschien, entzieht sich derzeit unserer Kenntnis. Berichtet wurde vom Umzug der PH,  aus einer Fernsehvorlesung, von der 1. und 2. VV und über:

„DIE REAKTION DER PH-BÜROKRATIE: VORLÄUFIGE EINSTELLUNG DER FERNSEHVORLESUNGEN! Die beiden Vollversammlungen am 15. und 16.November zeigten der PH-Bürokratie deutlich, dass wir Studenten nicht bereit waren, die neuen Studienbedingungen kampflos zu akzeptieren. Ihre Reaktionen waren von dem Versuch geprägt, dem Kampfeswillen der Studenten durch scheinbare Zugeständnisse und taktische Manöver die Spitze zu nehmen. So fielen nach dem 16.11. bis heute sämtliche Fernsehveranstaltungen aus. Angebliche Gründe: Krankheit, der Professor habe den 'Zug verpasst' etcetera. Wo es eben geht, werden wir Studenten in einen Raum zusammengepfercht - wer zu spät kommt, kann wieder gehen, viele Studenten machen den weiten Weg zur PH umsonst, da die Veranstaltungen zusätzlich serienweise ausfallen. Herr Lorenz, der Verantwortliche für das Fernsehwesen, erklärte gegenüber dem KSV: 'Wir können JEDERZEIT (bei Bedarf) die Fernseher wieder einsetzen.' Und darum wird und will die PH-Bürokratie solange nicht herumkommen, wie es keine geeigneten großen Hörsäle gibt.

FERNSEHVORLESUNG BRINGT DIE EINSPARUNG VON AUSBILDUNGSKOSTEN UND VERSCHÄRFUNG DER KAPITALISTISCHEN KLASSENERZIEHUNG.

Denn: dass es diese Hörsäle bisher noch nicht gibt, ist keineswegs die Folge einer 'bedauerlichen Fehlplanung'. Die SPD-Hochschulreformstrategen planen vielmehr den Einsatz dieser neuesten hochschuldidaktischen Errungenschaft auch auf andere Abteilungen fest ein. Dies beweisen die Veröffentlichungen des   Koordinationsausschusses für die Errichtung einer Gesamthochschule Dortmund. Diese Maßnahmen erscheinen der Bourgeoisie aus folgenden Gründen vorteilhaft:

- sie bringen eine EINSPARUNG VON AUSBILDUNGSKOSTEN, denn der Bau von Hörsälen erscheint beim Bau von Hochschulen nicht mehr im alten Ausmaß notwendig oder kann zumindest auf Jahre verschleppt werden.

- die kapitalistische Klassenerziehung wird, wie oben mehrfach erläutert, erheblich verschärft; und:

- sollte es auch bei dieser 'neuen' Vorlesungsform noch Studenten geben, die die Inhalte der jeweiligen Vorlesung in Frage stellen oder in organisierter Weise den Kampf dagegen aufnehmen, so bieten die Fernsehaufzeichnungen perfekte Beweise dafür, um aufmüpfige Studenten dingfest zu machen und sie - wie inzwischen schon wiederholt geschehen - zu kriminalisieren.

SIE SIND ALSO BESTANDTEIL DER REAKTIONÄR-BÜROKRATISCHEN HOCHSCHULREFORM; IHRE FOLGE IST EINE WEITERE VERSCHLECHTERUNG DER SCHULAUSBILDUNG DER KINDER DER WERKTÄTIGEN! ...UND VORSCHLÄGE ZUR EINRICHTUNG EINES TUTORENWESENS NACH DEN RICHTLINIEN DER KULTUSMINISTERKONFERENZ (KMK, d. Vf.)... Aufgeschreckt durch die beiden VVs und den dort demonstrierten Kampfwillen der Studentenschaft beantragt die ABTEILUNGSKONFERENZ die nötigen Gelder für die Erstellung des Hörsaalbaus bis ENDE 1973! ('voraussichtlich', also mit fadenscheinigen Gründen beliebig verschiebbar, faktisch Absicherung der bestehenden Zustände für mehrere weitere Semester; aber 'wir haben ja alles getan, nur: die Kultusbürokratie...' Dekan Heuer im Dezember 1973). Außerdem spricht sich die Abteilungskonferenz für die Einsetzung von Tutoren aus. Aber: diese Tutoren sollen auf der Grundlage der Richtlinien der Kultusministerkonferenz über die Einrichtung des Tutorenwesens arbeiten. In diesen Richtlinien ist verankert, dass

Also wird hier die Einrichtung eines Tutorenwesens beantragt, dessen Sinn die Verbesserung der kapitalistischen Ausbildung ist, das von Tutoren getragen wird, die im Auftrag der Dozenten und als deren Handlanger fachlich abhängig und jederzeit disziplinierbar arbeiten müssen.

Bericht wird auch über:

„DIE ARBEIT DES AKTIV:  Nachdem auf der Vollversammlung beschlossen worden war, ein Aktiv einzurichten, dessen Aufgabe die Organisierung des aktiven Fernsehboykotts und die Erarbeitung konkretisierter studentischer Vorstellungen zum Tutorenwesen war, die Aufgabe der Organisierung des Fernsehboykotts aber hinfällig wurde, als sämtliche Fernsehvorlesungen ausfielen, beschäftigte sich das Aktiv in seiner Arbeit vor allem mit der Tutorenproblematik. Die Vollversammlung hatte beschlossen, dass die Tutoren fachlich unabhängig, d.h.: der jeweilige Seminarleiter darf dem Tutor nicht vorschreiben, wie er das Themengebiet des Seminars in den Tutorenkursen behandelt; er hat kein Recht, den Tutor wegen der Arbeit in seinem Tutorium auszuschließen oder zu reglementieren, arbeiten sollten. Sie hatte außerdem den Beschluss gefasst, dass die Einstellung von Tutoren nicht gegen den Willen der Studenten nach den Vorstellungen von Assistenten erfolgen sollte.

EIN VORSCHLAG DES MSB SPARTAKUS... In der Arbeit des Aktivs wurde sehr schnell deutlich, was die Kommilitonen vom MSB Spartakus (der DKP, d.Vf.) von diesen Vollversammlungsbeschlüssen hielten. Sie legten einen Entwurf zum Tutorenwesen vor, in dem es heißt: 'Tutoren sind dem SEMINARLEITER (!) und dem Tutorenteam des jeweiligen Fachbereichs verantwortlich'... und: 'eine weitere Verpflichtung (der Tutoren, Anm. d. Verf.) ist die regelmäßige Besprechung mit dem Seminarleiter.'... und: 'die Tutoren werden von den Seminarleitern berufen'. Schließlich war in dem Entwurf des Spartakus NICHT EIN Absatz enthalten, der für den Fall, dass ein Seminarleiter einen studentischen Tutor ablehnt, Gegenmaßnahmen der Art vorsah, dass der Seminarleiter durch das Votum der Studenten gezwungen werden kann, den von ihm abgelehnten Tutor dennoch einzustellen. Im Aktiv wurde sehr schnell klar, dass der vom Spartakus vorgelegte Entwurf ein 'besserer' Kultusminister-Entwurf war. Mit dem Argument 'wir können nicht immer mit einem Schild um den Hals herumlaufen, auf dem steht, wir sind gegen diese Ausbildung' oder 'wenn wir gleich offen alles fordern, ohne auf die KMK-Richtlinien wenigstens zum Schein einzugehen, bekommen wir nie etwas durch', versuchten die Kommilitonen vom MSB zu erklären, warum sie sich in ihrem Entwurf gegen die Beschlüsse der Vollversammlung stellten und dem Kultusministerium offen in die Hände arbeiteten.

... DER DIE BISHER GEÄUSSERTEN VORSTELLUNGEN DES KULTUSMINISTERIUMS IN ETWAS VERBESSERTER FORM BEINAHLTET...

Die Vertreter des KSV wiesen darauf hin, dass Tutoren 'an sich', also 'Kleingruppenarbeit', keinen Erfolg für uns Studenten bringen, sondern vielmehr nur dem KuMi und der PH-Bürokratie. Der alte, langweilige und oft genug reaktionäre Stoff wird von solchen Tutoren den Studenten nur noch 'besser' und 'intensiver' eingeübt. Nur Tutorien, die von fortschrittlichen Studenten durchgeführt werden und die ohne Kontrolle durch die meist reaktionären Profs arbeiten können, bedeuten einen Fortschritt in der Auseinandersetzung mit der gegenwärtigen PH-Ausbildung. Alles andere, jeder 'Kompromiss', führt zu einem Verrat an den auf der Vollversammlung klar artikulierten Interessen, arbeitet der SPD-Regierung, die ja genau ein solches 'lernintensivierendes' Tutorenprogramm durchsetzen will, in die Hände.

... WIRD EINHELLIG ABGELEHNT (UND ZURÜCKGEZOGEN)

Durch den Widerstand des gesamten Aktivs gezwungen, musste der MSB Spartakus seinen Vorschlag zurückziehen. Er wird - das beweist die Politik dieser Organisation auch in allen anderen Universitäten - jedoch weiterhin versuchen, den Kampf von uns PH-Studenten gegen die Einrichtung eines reaktionären Tutorenprogramms und seine Anwendung durch die PH-Bürokratie, für ein fortschrittliches Tutorenwesen, zu sabotieren. Uns Studenten versuchen die Spartakisten einzureden, wir könnten 'Kompromisse' schließen und dann innerhalb dieser Kompromisse die Absichten der Landesregierung 'hintertreiben'. Dass dieses Konzept illusionär ist, dass es genau den Absichten der Kultusbürokratie, durch scheinbare 'Zugeständnisse' dem Kampf der Studenten die Spitze zu nehmen, entspricht, beweisen mit absoluter Eindeutigkeit die Erfahrungen mit dem Tutorenwesen in anderen Hochschulen: überall dort, wo Tutoren gegen die herrschende Lehrmeinung, gegen die kapitalistische Ausbildung gearbeitet haben, wurden sie herausgeworfen. Auf der  'legalen' Basis ähnlicher Tutorenordnungen, wie sie uns der MSB Spartakus jetzt auch hier anbietet...

In der Arbeit des Aktivs wurde weiter klar, dass der Kampf für fachlich unabhängige, von den Studentenvollversammlungen der jeweiligen Fachbereiche gewählte Tutoren nur ziemlich langfristig mit Aussicht auf Erfolg geführt werden kann. So wichtig dieser Kampf um Tutorien ist - kurzfristig, und gerade das ist notwendig, kann er an der momentanen Situation an der PH nicht viel ändern. Deshalb beschloss das Aktiv, die Forderung des KSV nach einer GROSSRAUMBARACKE nicht allein für studentische Belange, sondern auch für die großen Lehrveranstaltungen, in denen derzeit auf Grund der Raumlage mit Fernsehübertragungen operiert wird, zu propagieren. Nur so kann es uns kurzfristig gelingen, die erneute Verschlechterung der PH-Ausbildung, bei der uns mit nur noch formalen Methoden das 'notwendige Wissen' für unsere spätere Berufstätigkeit eingepaukt werden soll, ohne dass wir die Möglichkeit haben, uns mit dem Inhalt dieses Unterrichts auseinanderzusetzen, abzuwehren.

KOMMT ZU DEN AKTIVSITZUNGEN!"

Berichtet wird auch von der 3. VV zur Fernsehfrage und gefragt:

„KOMMILLITONEN, HABEN WIR ÜBERHAUPT EINE CHANCE, UNSERE FORDERUNGEN DURCHZUSETZEN?

Die Angriffe auf die Ausbildungssituation und die Versuche der politischen Disziplinierung finden nicht allein an der PH statt:

- in Westberlin versucht die SPD-Kultusbürokratie für alle Lehramtsstudenten ein reaktionäres Prüfungsrecht durchzusetzen; fortschrittlichen Dozenten wird das Prüfungsrecht entzogen;

- an der PH Rheinland sind bereits seit einiger Zeit sämtliche Praktika gestrichen und durch FERNSEHÜBERTRAGUNGEN ersetzt worden;

- bei den Medizinern in Köln wurde ein generelles Raumverbot für alle Veranstaltungen politischer Gruppen ausgesprochen;

- in Bonn, Köln, Münster und auch an der hiesigen PH werden unter Berufung auf den reaktionären 'Rau-Erlass' (Verbot von Plakaten 'strafbaren Inhalts') Agitationsmaterialien fortschrittlicher Organisationen abgerissen und verboten.

Diese Liste ließe sich beliebig verlängern (...). Sie macht deutlich, dass die Verhältnisse an der neuen PH einzuordnen sind in einen generellen Angriff der Bourgeoisie und ihrer SPD/FDP-Regierung (denn von niemand anderem werden ja diese Gesetze und Erlasse derzeit verabschiedet - dies all denen ins Stammbuch, die nicht müde werden, die SPD als 'kleineres Übel' zu propagieren), um mit allen Mittel der Brechung des Widerstandes der fortschrittlichen Studenten die Hochschulreform im Interesse der Kapitalisten zügig durchzusetzen. Der Unterscheid zum Vorgehen der Kultusbürokratie in anderen Städten besteht hier in Dortmund nur darin, dass der Dekan und seine Truppe nicht so offen vorgehen, wie in anderen Hochschulen. Hier wird versucht, abzuwiegeln, den Anschein zu erwecken, man gehe auf die Forderungen der Studenten ein. Das Absetzen der Fernsehveranstaltungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt, das 'Angebot' eines Tutorenwesens, das 'endlich die Möglichkeit der Arbeit in Kleingruppen für alle Studenten eröffnet' - aber, wie aufgezeigt, nach den inhaltlichen Vorstellungen der Profs und getragen von Kommilitonen, die deren bereitwillige Handlanger sein müssen - sind taktische Maßnahmen, deren Zweck einzig und allein die Brechung des eindeutig demonstrierten Kampfeswillen von uns Studenten ist. Wir sollen uns an die bestehenden Zustände gewöhnen, uns beruhigen. Dann, wenn die PH-Bürokratie mit ihren Maßnahmen ihre Zwecke erreicht, stehen sofort auch wieder die Fernsehapparate zur Verfügung, wird sie nichts unversucht lassen, die von ihr gerade auch LANGFRISTIG geplanten 'technischen Neuerungen des Studienbetriebs' auch durchzusetzen. Dies alles müssen wir, wenn wir unsere Forderungen vertreten, im Auge behalten, um uns durch derartige Scheinzugeständnisse und schöne Versprechungen nicht verwirren zu lassen.

LASSEN WIR UNS DURCH SOLCHE SCHÖNSCHWÄTZEREI NICHT VERWIRREN, KÄMPFEN WIR

GEMEINSAM GEGEN DIE ANGRIFFE DER SPD/FDP-REGIERUNG AUF UNSERE

AUSBILDUNGSSITUATION! …

Kommilitonen, die KSV Zelle PH weist derartige Äußerungen des MSB Spartakus und einiger Vertreter der GEW-AG ('wenn man den Studenten etwas von SPD- Regierung im Dienste des Kapitals erzählt, fällt bei ihnen eine Klappe... Man muss viel tiefer in der Agitation einsetzen...') entschieden zurück. Für die Zustände an der neuen PH tragen die SPD/FDP-Landesregierung und ihre Handlanger in der PH-Bürokratie voll die Verantwortung. Nur eine Aktion, bei der sich alle Beteiligten in diesem Punkt einig sind, hat Aussicht auf Erfolg.

... GEGEN ALLE MASSNAHMEN DER POLITISCHEN DISZIPLINIERUNG

Kommilitonen, die Durchführung des Kampftages am MITTWOCH, DEN 29.11., zu dem wir das Kultusministerium und die PH-Bürokratie aufgefordert haben, vor allen Studenten über ihre bisherigen Maßnahmen und weiteren Vorstellungen Rechenschaft abzulegen, bietet eine erste Gelegenheit, den Herrn Verantwortlichen klar zu machen, dass wir PH-Studenten nicht nur verbal gegen die bestehenden Zustände protestieren, sondern gewillt sind,

 - gegen die Weiterführung der Fernsehvorlesungen

- gegen die Verschärfung der politischen Disziplinierungsmaßnahmen fortschrittlicher Studenten und ihrer Organisationen, gemeinsam mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln, einschließlich des aktiven Warnstreiks, zu kämpfen. Unsere Forderungen liegen auf dem Tisch:

BAU EINER GROSSRAUMBARACKE MIT 1 000 PLÄTZEN BIS ZUM 8. JANUAR!

BINDENDE ZUSAGE DER SPD/FDP-LANDESREGIERUNG BIS ZUM 10. DEZEMBER!

KEIN TUTORENPROGRAMM, DAS DIE FACHLICHE SELBSTSTÄNDIGKEIT DER TUTOREN

ZERSCHLÄGT UND VON DEN DOZENTEN BESTIMMT WIRD!

WEG MIT DEN FERNSEHÜBERTRAGUNGEN ALS MITTEL ZUR VERSCHÄRFUNG DER

KAPITALISTISCHEN KLASSENERZIEHUNG!

Wir sollten deutlich machen, dass wir nicht bereit sind, von diesen Forderungen Abstriche zu machen!

KAMPFTAG!!

MITTWOCH, 29.11. VOLLVERSAMMLUNG 14 UHR MENSA". (110)

29. November 1972: Vom AStA der FHS Bochum, Kohlenstr.70 erschien vermutlich frühestens heute das folgende Flugblatt für SchülerInnen mit zwei Seiten DIN A 4 ohne presserechtlich Verantwortlichen: „FACHHOCHSCHULSTUDENTEN INFORMIEREN STREIK DER FHS-STUDENTEN!

Wie Ihr wisst, streiken seit dem 28.11.1972 fast alle Studenten der Fachhochschulen in NRW.

WORUM GEHT ES?

WIR wehren uns gegen den Versuch des Ministeriums für Wissenschaft und Forschung des Landes NRW, eine notwendige Studienreform mit grundlegender Neuordnung der Studieninhalte durch eine rückschrittliche Prüfungsordnung zu ersetzen. Die Diskussion um eine Rahmenprüfungsordnung (RPO) dauert nun schon zwei Jahre an. Der bisherige Verlauf der Verhandlungen hat gezeigt, dass das Wissenschaftsministerium nicht bereit ist, auf die bildungspolitisch und hochschuldidaktisch begründeten Forderungen der Studentenschaft und der progressiven Dozenten einzugehen. WIR sind der Ansicht, dass nur durch eine grundlegende Reform der Studieninhalte ein Ausbildungssystem geschaffen werden kann, das den Erfordernissen der raschen technischen Entwicklung gerecht wird. Um eine zukunftssichere Ausbildung - auch im gesamtgesellschaftlichen Interesse - zu gewährleisten, ist zunächst eine bildungspolitische Gesamtkonzeption notwendig. Eine RPO ist in diesem Zusammenhang erst nach Abschluss eines solchen Reformwerkes möglich. Das Ministerium für Wissenschaft und Forschung des Landes NRW versucht jedoch, das Pferd vom Schwanz her aufzuzäumen und die Prüfungsordnung an den Anfang zu stellen. Aus diesem Grunde haben wir uns dazu entschlossen, in einen zunächst bis zum 5.12.1972 befristeten Warnstreik zu treten. WIR bitten Euch als Fachhochschulstudenten von morgen, um Eure solidarische Unterstützung unseres Kampfes bei evtl. stattfindenden öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen und Diskussionen mit Freunden und Bekannten.

UNTERSCHIEDLICHE AUFFASSUNGEN

Zu Fragen der Prüfung in Fächern des Grundstudiums und der Festlegung der Prüfungsfächer in der Prüfungsordnung bestehen unterschiedliche Auffassungen. Vom Ministerium war die Vorstellung entwickelt worden, durch eine Prüfungsordnung für die Fachrichtungen eine Prüfung in vier Fächern des Grundstudiums durchzuführen wenn diese Fächer im Studium des einzelnen Kandidaten auslaufen. Die einzelnen Fachprüfungen sollten somit zu einem grundsätzlich vom Kandidaten gewählten Zeitpunkt stattfinden. Nach Auffassung des Wissenschaftsministers Rau sei ein förmlicher Abschluss der Fächer des Grundstudiums erforderlich, um auch in NRW den fachgebundenen Übergang in einen Studiengang an einer wissenschaftlichen Hochschule zu eröffnen. Diese Konzeption wird von den Studenten der Fachhochschulen nicht akzeptiert.

WIR SIND DER MEINUNG:

Aus didaktischen Gründen ist eine Trennung von Grund- und Hauptstudium nicht möglich und nicht erforderlich. Die Beurteilung der Leistungen im Grundstudium ist als Wertungsmaßstab für die Berufsqualifikation unerheblich. Das Studium wird durch die Bestimmungen über Leistungsnachweise, die studienbegleitenden Charakter haben, geregelt. In der Vorstellung des Ministers berechtigen solche Leistungsnachweise erst zur Teilnahme an 'Zwischenprüfungen', wobei vorher in den Prüfungen erreichte Zensuren nicht angerechnet werden sollen. WIR fordern die gleichberechtigte Integration aller Fachbereiche durch eine Studienreform in die Gesamthochschule (GHS, d.Vf.)." (111)

30. November 1972: Flugblatt der Unileitung RUB des KSV der KPD: „Sofortige Wiedereinstellung von Hannes Heer! Setzen wir dem Versuch der Einschüchterung den solidarischen Kampf entgegen" gegen das BV von Heer in Bonn. (112)

30. November 1972: An der RUB will der KSV der KPD um 13 Uhr 30 oder 14 Uhr ein Tribunal gegen die politischen Disziplinierungen anlässlich des Berufsverbotes (BV) gegen Hannes Heer in Bonn durchführen, auf dem Heer selbst, die in Bonn „vom Ausschluss aus der Inneren Fakultät bedrohte Genossin" Doris Hommer und ein oppositioneller Gewerkschafter sprechen sollen. (113)

1. Dezember 1972: Der AStA der PH Dortmund verbreitete den Aufruf des AStA der RUB zur heutigen Demonstration gegen die RPO an den FHS in Dortmund (jedenfalls falls eine handschriftliche Datierung stimmt, d. Vf.) Der AStA gab weiter bekannt: Aufruf des AStA der Uni Bochum zur heutigen Demonstration:

„Kommilitonen, seit Pfingsten haben die Fachhochschulstudenten in NRW Aktionen zur neuen RAHMENPRÜFUNGSORDNUNG für Fachhochschüler und zum verabschiedeten Gesamthochschulentwicklungsgesetz (GHEG) eingeleitet. Angesicht der bevorstehenden Zusammenlegung von Fachhochschulen und anderen Hochschulen zu GESAMTHOCHSCHULEN (GHS, d.Vf.) ist es jetzt ENDLICH an der Zeit, zu GEMEINSAMEN Aktionen gegen die von der Landesregierung durchgeführte kapitalistische Hochschulreform zu finden. In der verabschiedeten Fassung entfaltet das Gesetz ein breites

ZENTRALPLANUNGSINTSRUMENTARIUM, das ein Diktat aus Düsseldorf BIS IN DIE KONKRETEN LEHRINHALTE HINEIN ermöglicht.

So werden gemäß Paragraph 2 vom Minister - in ihm fast völlig freigestellter Zusammensetzung - zentrale STUDIENREFORMKOMMISSIONEN eingesetzt, deren erarbeitete Empfehlungen er dann gemäß Paragraph 4 FÜR GANZ NRW VERBINDLICH erklären kann. Der Paragraph 56.3 des Hochschulgesetzes wird dergestalt geändert, dass - wie es heißt - '...aus Gründen eines regional gleichmäßigen Bildungsangebots, einer ausgewogenen Verteilung von Studienanfängern auf die Hochschulen, zur Erprobung neuer Studienmethoden oder neuer Studiengänge oder zur Gewährleistung eines geordneten Aus- und Aufbaus der Hochschulen vom zuständigen Minister nach Anhörung der Hochschulen angeordnet werden' können; in Klarschrift:

DER MINISTER KANN JEDERZEIT NUMERUS CLAUSUS (NC, d.Vf.) ANORDNEN! DAS INSTRUMENTARIUM IST ALSO SEIT VERABSCHIEDUNG DES HOCHSCHULGESETZES IM MÄRZ 1970 ERHEBLICH VERFEINERT WORDEN. WOHER NUN DIE NOTWENDIGKEIT EINER ZENTRALISTISCHEN PLANUNG?

Den sogenannten 'GESELLSCHAFTLICHEN BEDARF' AN DIE HOCHSCHULE bestimmt im Wesentlichen die Wirtschaft (40%). Die von anderen Bereichen der Berufspraxis angeforderten Qualifikationen haben dabei die Funktion, in verschiedenster Weise das bestehende kapitalistische Herrschaftsverhältnis zu stabilisieren, indem die STÄNDIGE VERWERTBARKEIT DER ARBEITSKRAFT in der kapitalistischen Gesellschaft sichergestellt (Sozialwesen, Ausbildungswesen) und

der staatliche Herrschaftsapparat personell ausgestattet wird (Verwaltung, Rechtswesen etc.). An der Hochschule ÄUSSERT SICH die - zur Zeit in Änderung begriffene - AUSRICHTUNG DES STUDIUMS AUF DIE GEWINNMAXIMIERUNG DER UNTERNEHMER in StudienFORMEN, StudienINHALTEN, ja sogar in der Tatsache, dass es überhaupt Leute gibt, die HAUPTAMTLICH Wissenschaft treiben, also PRAXISLOSE THEORIE FÜR THEORIELOSE PRAKTIKER machen. Irgendwelche AUTONOMIEANSPRÜCHE des Individuums oder der einzelnen Hochschule haben da natürlich keinen Platz; folglich: ZENTRALISATION der Entscheidungen.

WIE GEHEN WIR NUN GEGEN EINE SO PERFEKTIONIERTE GESTALTUNG DES HOCHSCHULBEREICHES IM INTERESSE DES KAPITALS VOR?

und:

IST EIN SOLCHES VORGEHEN AN DER HOCHSCHULE ALLEIN ÜBERHAUPT MÖGLICH?

Wenn wir uns darüber im Klaren sind, dass diese Hochschulreform eine kapitalistische ist, d.h. dass sie für unser KAPITALISTISCHES System notwendig ist, verfallen wir natürlich nicht in den Fehler, zu glauben, diese Reform sei auf die Dauer in diesem System aufzuhalten. Wir sind NICHT in der Lage, und WOLLEN ES AUCH GARNICHT, die Hochschule in diesem Land zu einem Freiraum für die EMANZIPATION DES EINZELNEN STUDENTEN zu machen. Vielmehr wird die Erkenntnis, inwiefern wir unser Studium nach Form und Inhalt ALS KAPITALISTISCH ORTEN können, und - als Folgerung daraus - die Berufspraxis, die sich am Interesse der werktätigen Bevölkerung orientiert, den Kampf der Werktätigen UM IHRE EMANZIPATION flankieren. Auf der Demonstration heute in Dortmund wollen Fachhochschul-, PH- und Uni-Studenten

a) die Gemeinsamkeit des Vorgehens herstellen und

b) in der Bevölkerung klarmachen, dass gerade sie besonders angeht, wie und damit in wessen Interesse im Hochschulbereich reformiert wird.

DEMONSTRATION HEUTE 15 UHR VORPLATZ STADTTHEATER. (114)

Flugblatt der Unileitung RUB des KSV: Rederecht für Brückner an der RUB durchsetzen! 6. Dezember 1972: In Heidelberg wurde laut KB eine Veranstaltung des Sozialistischen Heidelberger Studentenbundes (SHS) durch 1 000 Polizisten verhindert. Laut KHB/ML der ABG verhindern 1 153 mit Maschinenpistolen und Panzern bewaffnete Polizisten eine Veranstaltung mit Prof. Brückner. Danach fanden zwei Demonstrationen mit 2 500 bzw. 5 000 Personen und eine Uni-VV statt, auf der 5 000 für Streik eintreten.

Laut KSV der KPD, der von morgen berichtet, besetzen ca. 1 500 Polizisten, die aus ganz Baden-Württemberg zusammengezogen wurden, die Universität Heidelberg, um eine Veranstaltung zu verhindern, auf der die Professoren Brückner und Agnoli über den „Faschismus in der BRD" berichten wollten.

Der AStA der PH Dortmund, der KSB/ML und die „BSZ“ aus Bochum berichteten:

„HEIDELBERG: LEHRBETRIEB EINGESTELLT - ASTA WILL GENERALSTREIK -  2.000 STUDENTEN DEMONSTRIERTEN. UNI-GELÄNDE ABGERIEGELT: ALTSTADT GLICH HEERLAGER

Auf Beschluss der baden-württembergischen Landesregierung haben am Mittwoch zwei Hundertschaften der Bereitschaftspolizei das Gelände der alten und neuen Universität in Heidelberg systematisch abgeriegelt, um ein vom 'Sozialistischen Heidelberger Hochschulbund' angekündigtes Teach-in in der Aula der Hochschule zu verhindern. Ministerpräsident Dr. Hans Filbinger (CDU) begründete diesen Schritt vor Journalisten in Stuttgart mit der Verpflichtung des Staates, die Universitäten nicht 'von Gruppen mit terroristischem Charakter' zerstören zu lassen. Gleichzeitig rief der Heidelberger AStA zum Generalstreik an der 'Polizei-Universität' auf. Am Dienstagabend hatte die Juristische Fakultät nach erneuten schweren studentischen Störungen ihren Lehrbetrieb für dieses Jahr ganz unterbrochen. Bei dem Teach-in am Mittwoch sollte unter anderem der wegen Verdachts der Unterstützung einer kriminellen Vereinigung (RAF, d.Vf.) suspendierte Hannoveraner Universitätsprofessor Dr. Peter Brückner sprechen. Die Heidelberger Altstadt - dort sind die geisteswissenschaftlichen Institute der Hochschule untergebracht - glich am Mittwoch einem Heerlager. Neben den zwei Hundertschaften standen noch rund 800 weitere Polizisten in Bereitschaft.

- Auf Kundgebungen und bei Demonstrationszügen protestierten rund 2 000 Studenten gegen die Schließung der Universität und forderten 'Polizei raus aus der Uni'.

- In Sprechchören riefen sie immer wieder 'Kampf der Polizei-Universität' und 'Freie politische Betätigung'.

In einer Erklärung der 'Kommunistischen Hochschulgruppe Neues Rotes Forum' (NRF), die den AStA bildet, wurde der Polizeieinsatz als 'Nacht-und-Nebel-Aktion' bezeichnet. 'Polizeihorden' seien kurz nach drei Uhr in der Frühe mit Maschinenpistolen bewaffnet angerückt. Ministerpräsident Filbinger und Kultusminister (KuMi, d.Vf.) Prof. Dr. Wilhelm Hahn verteidigte die Polizeiaktion als Pflicht des Staates, die Freiheit von Forschung und Lehre und die Grundrechte der Bürger zu schützen.

- Filbinger unterstrich: 'Das, was wir hier machen, ist richtig.'

Das geplante Teach-in mit Prof. Brückner ist nach Auffassung der Landesregierung der Versuch einer weiteren Eskalation an der Hochschule gewesen.

- Hahn betonte, die radikalen Studenten in Heidelberg wollten die 'Konfrontation mit dem Staat'. Die Landesregierung müsse dem wachsenden Eindruck entgegentreten, der Staat könnte die Grundrechte nicht schützen.

Der Beschluss der Landesregierung zum Polizeieinsatz in Heidelberg war am Dienstagabend in einer mehrstündigen Sitzung gefallen, an der auch der amtierende Heidelberger Rektor, Professor Dr. Klaus Ebert, teilgenommen hatte. Die Weisung des Kultusministeriums erging am Mittwochmorgen nach langen und harten Beratungen zwischen der Universitätsspitze, den Dekanen, der Polizei und dem Ministerium. Die Schließung der Universität wurde für den gesamten Mittwoch beschlossen. Ebert hat ach Angaben von Ministerpräsident Filbinger der Landesregierung berichtet, es bestehe an der Hochschule die Gefahr von Schlägereien unter den Studenten.

- Solche 'bürgerkriegsähnlichen Zustände' müssten verhindert werden, sagte Filbinger. Der 'Marsch durch die Institutionen' habe in Heidelberg offensichtlich zu außerordentlichen Erfolgen geführt. Nach Angaben Eberts vor der Landesregierung - so Filbinger - haben radikale Studenten inzwischen viel mehr Schlüsselpositionen in der Universität besetzt als angenommen.

- Der Heidelberger Oberbürgermeister Dr. Reinhold Zundel verurteilte den Polizeieinsatz in seiner Stadt, da er 'den obersten Grundsatz polizeilichen Handelns, nämlich das Gebot der Verhältnismäßigkeit der einzusetzenden Mittel' verletze. Zundel verlangte in einem Schreiben an Filbinger die Beendigung der Polizeiaktion, für die keine Rechtsgrundlage bestehe. An der Universität Heidelberg studieren in diesem Wintersemester über 15 000 Studenten. Der suspendierte Hannoveraner Universitätsprofessor Dr. Peter Brückner hat am Mittwochnachmittag eine Rede vor etwa 4 000 Studenten auf dem Heidelberger Rathausplatz gehalten. Brückner vertrat den Standpunkt, der Polizeieinsatz in Heidelberg demonstriere ganz deutlich, dass die kommunistische Bewegung in der Bundesrepublik eine größere und aktuellere Bedeutung habe als jemals zuvor.“ (115)

8. Dezember 1972: Es erschien ein Flugblatt des KSB/ML Bochum der KPD/ML-ZK: „Solidarität  mit den Heidelberger Studenten: Gegen politische Unterdrückung". Danach war die „Heidelberger Uni durch über 1 000 Polizisten besetzt worden" Aufgerufen wurde auch zu einem Warnstreik an der RUB in der Zeit vom 23.1.1973 - 25.1.1973“. „In einer Resolution einer Vollversammlung ist zu dem Punkt 'Gründe für den Streik' ausgeführt:

Diese Maßnahmen reihen sich ein in die beabsichtigte Zerschlagung der verfassten Studentenschaft und die Auflösung ihrer Institutionen." (116)

11.12.1972:
In über 27 Städten der 'BRD' soll heute, laut KHB/ML, eine Palästina-Woche beginnen und bis zum 15.12.1972 dauern.

Aufgerufen wurde, laut KSB Braunschweig (vgl. 12.12.1972) von der CISNU Iran, vom Projektbereich Internationalismus im VDS, dem SVI, der VIS sowie u.a. vom AStA der Ruhruni Bochum, vom Bochumer Komitee Kampf dem Ausländergesetz und der politischen Unterdrückung, von der ESG Bochum und den SAG Bochum.
Quellen: Rote Hochschulzeitung Nr.6,Braunschweig 12.12.1972,S.6; Roter Schrittmacher Nr.7,Regensburg Dez. 1972

Braunschweig_Hochschule071
Braunschweig_Hochschule072



Letzte Änderungen: 31.3.2011


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