Rote Presse-Korrespondenz, 2. Jg., Nr. 66 (29.5.1970)

29.05.1970:
Die Nr. 66 der „RPK” erscheint. Inhalt der Ausgabe ist:
- Bürgerkriegsmanöver der Polizei in Westberlin
- Wie stehen Kommunisten zum Fluchtunternehmen Andreas Baader? Erklärung der KPD-Aufbauorganisation
- Erklärung der Black Panther Party zum Prozess gegen Bobby Seale
- Cabora Bassa und der BRD-Imperialismus
- Austrittserklärung der ML aus der RPK
- Bericht über das Sozialistische Zentrum

Die Redaktion wird gebildet aus: KPD-Aufbauorganisation, Harzer Gruppe (PEI), ROTZEG, ROTZING, ROTZÖK, ML, Geschäftsführung und Vertrieb.

In der „Austrittserklärung der ML aus der „RPK“ heißt es u. a.: Dass „der Kommunistische Bund/ML (vormals Marxisten-Leninisten Westberlins) mit dieser Stellungnahme seinen Austritt aus der Redaktion der Roten Presse Korrespondenz“ erklärt.

„Die Entscheidung, die Redaktion der RPK zu verlassen und ein eigenes Organ, den ‚Kommunist‘, aufzubauen, geht aus der in der Plattform des KB/ML formulierten Hauptaufgabe der jetzigen Phase, der Schaffung der nationalen Partei des Proletariats hervor. Wir sind der Auffassung, dass die marxistisch-leninistischen Zirkel bzw. Kaderorganisationen all ihre Anstrengungen auf die Vereinigung der revolutionären Kräfte in der einen Partei des Proletariats zu richten haben.

Wir unterstreichen jedoch zugleich unsere Auffassung, dass die Partei nur geschaffen werden kann durch die Verbindung des Marxismus-Leninismus mit der Arbeiterbewegung und auf der Grundlage einer unnachgiebigen Kritik an ideologischen Positionen und politischen Linien, die vom Marxismus - Leninismus abweichen. Wir scheiden aus der Redaktion aus, weil wir der Auffassung sind, dass diese beiden Aufgaben im Rahmen der RPK auf der Grundlage ihrer jetzigen Zusammensetzung nicht zu verwirklichen sind. Aus unserer Abgrenzung von der KPD-AO und der PEI, wie wir sie in der Plattform des KB/ML begonnen haben, geht hervor, dass wir an beiden Organisationen vom Standpunkt des Marxismus-Leninismus grundsätzliche Kritik zu leisten haben.

Hier muss eingegangen werden auf die Vorstellungen, die die Marxisten -Leninisten vor und auf der Arbeitskonferenz der RPK vertraten. Der ‚8-Punkte‘-Vorschlag, den sie zusammen mit der Ruhrkampagne vorlegten, sollte die Propagierung des Aufbaus der bolschewistischen Kaderpartei mit praktischen Konsequenzen für die organisationswilligen Gruppierungen und Organisationsansätze ermöglichen. Dieses Konzept der RPK als Plattform der organisationswilligen Gruppierungen war Ausdruck eines falschen Angehens des Aufbaus der Organisation, das mit den Begriffen Übergangsorganisation und Sammlungsbewegung gekennzeichnet war. In der Übergangsorganisation bzw. der Sammlungsbewegung sollten überhaupt erst Marxisten-Leninisten herangebildet werden, um eines Tages eine bolschewistische Kaderorganisation aufbauen zu können. Im Rahmen dieser Diskussionsplattform RPK sollte die Sammlungsbewegung aller Marxisten - Leninisten vorbereitet und vorangetrieben werden. Dieser falschen Vorstellung vom Aufbau der ML-Organisation kam zu damaligen Zeitpunkt entgegen, dass die beiden anderen Linien ihre organisatorischen Vorstellungen noch nicht klar dargelegt hatten: das im Auftrag des RPK -Beirats verfasste Thesenpapier späterer KPD-AO-Genossen beispielsweise war so allgemein gehalten, dass eine genaue Einschätzung ihrer Parteikonzeption nicht möglich war.

Von den Marxisten-Leninisten als einer politisch und ideologisch, auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus vereinheitlichten Organisation konnte zum damaligen Zeitpunkt keine Rede sein. So waren wir in der Tat auch nicht in der Lage, den für die RPK formulierten Führungsanspruch einzulösen. Vielmehr mussten in dem Prozess der Auseinandersetzung innerhalb der Marxisten-Leninisten Westberlins übe Ideologische, theoretische und praktische Fragen, Veröffentlichungen in der RPK in den Hintergrund treten. Eine genauere Darstellung der Überwindung der falschen Vorstellungen von der Übergangsorganisation, der Sammlungsbewegung und dem damit verbundenen Ökonomismus, d. h. eine Einschätzung der Geschichte der Marxisten-Leninisten Westberlins wird in der nächsten Zeit im ‚Kommunist‘ veröffentlicht werden.

Das Ausscheiden aus der Redaktion der RPK zum jetzigen Zeitpunkt ist notwendig, um die politische Auseinandersetzung zwischen den verschiedenen Organisationen, die zum Aufbau der Partei beitragen wollen, durch die klare Herausbildung politischer Linien zu ermöglichen. Der Aufbau eines eigenen Organs durch den KB/ML in der gegenwärtigen organisatorischen und politischen Situation ist nicht ein Akt des Sektierertums, wie es möglicherweise diejenigen uns vorwerfen, die eine Vereinigung ohne Abgrenzung anstreben, sondern ein erster notwendiger Schritt auf dem Weg der Vereinigung, die ohne eine umfassende ideologische und politische Auseinandersetzung aller marxistisch -leninistischen Zirkel nicht stattfinden kann. Im ‚Kommunist‘ werden wir in Zukunft diese Auseinandersetzung nicht nur mit der KPD/AO und der PEI, sondern ebenso mit den anderen kommunistischen Organisationen in der BRD und Westberlin austragen. Jedoch ist die ideologische und politische Auseinandersetzung mit anderen Organisationen und Richtungen innerhalb der revolutionären Bewegung nur eine Aufgabe, die sich in einen umfassenderen Rahmen einordnet.

Wir haben als eine Voraussetzung für die Schaffung der einen Partei des Proletariats die Verbindung des Marxismus-Leninismus mit der Arbeiterbewegung genannt. Der Aufbau des ‚Kommunist‘ ist im Hinblick auf diese Voraussetzung zu sehen. Der Stand der revolutionären Bewegung in der BRD und Westberlin zeichnet sich durch äußerste Zersplitterung aus. Dieser Zersplitterung entspricht oft eine enge Auffassung der Zirkel von ihren Aufgaben. Die Arbeit dieser Zirkel beschränkt sich oft auf das Aufgreifen von Konflikten, auf die Herausgabe von Betriebszeitungen und Flugblättern. Aber es fehlt bis heute fast ganz die systematische Behandlung von Grundsatzfragen der Bewegung sowie die theoretische Beleuchtung der gesamten Bewegung, ihrer Richtung, der Entwicklung der Klassen usw.

Neben dieser theoretischen Arbeit fehlt fast vollständig die systematische Stellungnahme zu allen politischen Fragen, zu Ereignissen, der nationalen und internationalen Politik. Mit der Erörterung dieser grundsätzlichen theoretischen und politischen Fragen, ohne deren Klärung es eine revolutionäre Bewegung nicht geben kann, wird sich der ‚Kommunist‘ befassen. Dazu gehört auch die Aufnahme der Erfahrungen der Geschichte der Arbeiterbewegung und des Klassenkampfs anderer Länder, mit denen die klassenbewussten deutschen Arbeiter und Sozialisten bekannt werden müssen.

Aber auch der Stand der Klassenkämpfe in der BRD und die spontan entstehenden Kampfformen müssen genauestens untersucht werden, damit sie von der revolutionären Bewegung aufgenommen werden können. Ebenso muss Stellung genommen werden zu den Bewegungen anderer Klassen und Schichten und ihrer Beziehung zum Proletariat.

Der ‚Kommunist‘ hat somit die entscheidende Funktion, die revolutionäre Tätigkeit der marxistisch-leninistischen Zirkel und regionalen Kaderorganisationen in der BRD und in Westberlin zu verbinden, die Zersplitterung der revolutionären Bewegung zu Überwinden und dadurch den Weg zu bereiten für die Schaffung der nationalen Partei des Proletariats.“

Im „Bericht über das Sozialistische Zentrum“, wird auf die Delegiertenversammlung vom 4. Mai eingegangen. Folgende Beschlüsse wurden gefasst: „1. Grundsätzlich wurde bestimmt, dass das Sozialistische Zentrum einen vorläufig pluralistischen Status erhalten soll, der es allen nichtrevisionistischen Gruppen in Berlin ermöglicht, im Zentrum zu arbeiten. 2. Es wurde festgestellt, dass keine der vertretenen Gruppen in der Lage ist, den Bereich Sozialisation im Verwaltungsrat des Sozialistischen Zentrums zu vertreten. Unter dem Aspekt der Notwendigkeit, ein kleines und arbeitsfähiges Gremium zu schaffen, wurde beschlossen, dass der Verwaltungsrat auf 5 Mitglieder beschränkt bleiben sollte, davon je eins mit nur beratender Stimme vom RC und der Redaktion der Roten Presse Korrespondenz, Als stimmberechtigte Mitglieder wurden einstimmig ein Genosse der ROTZEG, ein Genosse der ROTÖK und ein Genosse der PEI gewählt. Da der Delegierte der PEI inzwischen nicht mehr der PEI angehört, wird die PEI für die nächste Sitzung des Delegiertenrats einen neuen Kandidaten zur Wahl vorschlagen. Dem Verwaltungsrat wurden vier Aufgaben zur baldigen Erledigung aufgetragen: 1. Gewährleistung, dass das Haus allen nichtrevisionistischen Gruppen offen steht. 2. Einen Sekretär für die laufenden Verwaltungsaufgaben zu finden (dazu wurde Michael Boehme bestellt). 3. Den Aufbau des Sozialistischen Zentrums voranzutreiben. 4. In vier Wochen dem Delegiertenrat Rechenschaft abzulegen. Der Aufbau hat in den letzten Wochen Fortschritte gemacht, so dass die beiden oberen Stockwerke fertig gestellt und benutzbar sind. In diesem Teil befinden sich die Büros der Roten Hilfe und des Sozialistischen Zentrums, Blaukreuz, die, RPK-Räume sowie 5 Seminarräume.

Gearbeitet wird noch an den beiden großen Versammlungsräumen im Erdgeschoß, der kleinen Kneipe und Küche und an den sanitären Anlagen. Der Keller wird vom Projekt Technik hergerichtet und wird Werkstatt, Fotolabor, Druckräume und Lagerraum umfassen. Betreffs der Druckmaschinen muss gewährleistet werden, dass das Druckmaterial nicht Maßnahmen der Konterrevolution (Durchsuchung, Beschlagnahme etc.) provoziert. Verwaltungsrat, Projekt Technik und Sekretär haben darauf zu achten …

ZUM STATUS DES SOZIALISTISCHEN ZENTRUMS

Da es in der nächsten Zeit notwendig sein wird, sowohl die Zusammenarbeit als auch die ideologische Auseinandersetzung und Vereinheitlichung der verschiedenen Linien zu fördern, hält es der Verwaltungsrat für seine wichtigste Aufgabe, das Zentrum bis zu dem Zeitpunkt, wo eine Abgrenzung einer einheitlichen proletarischen Parteiorganisation von anderen Organisationen durch einen fortgeschrittenen Stand der Klassenkämpfe zu verantworten ist, für alle diejenigen antirevisionistischen Gruppen offenzuhalten, die sich bemühen, durch ihre praktische und organisatorische Arbeit die Grundbedingungen für eine einheitliche sozialistische Organisation zu schaffen.

Daher sollte der gegenwärtige Status des Sozialistischen Zentrums zunächst auf 3 Monate begrenzt sein. Dann ist es Aufgabe des Delegiertenrats, diesen Status neu zu diskutieren und die Organisationsdebatte der verschiedenen Gruppen voranzutreiben. Gruppen, die im Sozialistischen Zentrum arbeiten wollen, sollen daher einen Bericht über ihre politisch organisatorischen Zielvorstellungen, ihren Organisationsstand und ihre politische Praxis an den Delegiertenrat einreichen, der dann auch auf dieser Grundlage die Funktion des Zentrums jeweils neu diskutiert.“

Reklame wird u. a. in dieser Ausgabe gemacht für
- Jürgens Buchladen (West-Berlin)
- Buchhandlung Niedlich (Stuttgart).
Q: Rote Presse-Korrespondenz, Nr. 66, West-Berlin, 29.5.1970.

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