Rote Presse-Korrespondenz, 4. Jg., Nr. 181, 26.8.1972

26.08.1972:
Die Nr. 181 der „RPK” erscheint. Inhalt der Ausgabe ist:
- Kampf den kapitalistischen Sozialwissenschaften! Der einzige Artikel der Ausgabe gliedert sich in:
- Einleitung
- Entstehung und Entwicklung der Soziologie
- das Hawthorne Projekt
- Methoden und Gesetze.

Zum Leitartikel heißt es: „Bürgerliche Soziologie - eine Herrschaftswissenschaft. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Sie war eine der Ursachen für das Aufbegehren der Studenten in den Instituten, für die universitäre Basisgruppenblüte auf dem Höhepunkt der Studentenbewegung, Herrschaftswissenschaft - das hieß Wissenschaft der Autorität, und zwar der Professoren wie der staatlichen Administration und ihrer Organe, Wissenschaft der Lüge von der ‚Wertfreiheit‘, Wissenschaft der Unvernunft, der Manipulation und ihrer Kaderschulung. Diese Bastionen der Autorität und imperialistischen Staatsgewalt zu stürmen - durch Bekämpfung der Erbherrschaft der Ordinarien und durch radikale Wissenschaftskritik, durch Besetzung der Ordinarienhochburgen und Umfunktionieren von Lehrveranstaltungen und Instituten in Geburtsstätten einer revolutionären Berufspraxis - war u. a. Ziel der Basis- und Projektgruppen. Gerade die Soziologie als ‚Wissenschaft von der Gesellschaft‘ schien mit im Brennpunkt des professoralen Missbrauchs zu stehen, von dem befreit sie in den Händen der Studenten die Kräfte der gesellschaftlichen Emanzipation mit freisetzen sollte.

Dass diese kleinbürgerlich verdrehte Perspektive vom autoritären Herrschaftsmissbrauch in der Wissenschaft Aufwind bedeutete für einen bestimmten Schlag avancierter bürgerlicher Soziologen, die ‚legalen Marxisten‘ jener Jahre und ihre Jünger, die Seminarmarxisten, wird im ersten Teil der Einleitung zu diesem Artikel ausgeführt. Es ist bezeichnend für die klassenbedingte Begrenztheit der revolutionären Oppositionsbewegung, für die zwiespältige Klassenlage der Schicht der Studenten, dass viele den kapitalistischen Wissenschaften wie Psychologie, Politische Wissenschaften und Soziologie wieder zu vertrauen begannen, sobald sie sich fortschrittlich oder gar marxistisch gerierten. Daran änderte auch die teils esoterische, teils handfeste Auseinandersetzung mit den Exponenten dieser Richtung nichts.

Im Bewusstsein der Arbeiterklasse, das zeigt die in diesem Artikel dargestellte Entstehung der Soziologie besonders deutlich, war die Soziologie und ähnliche Wissenschaften weder attraktiv noch überhaupt je von Belang und auch ihr fortschrittliches Gewand ist gegenüber dem proletarischen Klassenkampf soviel wert, wie des Kaisers neue Kleider. Ohne den Standpunkt der Arbeiterklasse einzunehmen, ohne als Verbündete der Arbeiterklasse an ihrem Kampf organisiert teilzunehmen, ohne mit ihren Augen zu sehen, müssen die Studenten blind bleiben gegenüber tatsächlicher Klassenherrschaft, gegen deren Auswirkungen auf sie selbst ihre fortschrittlichsten Teile in der Studentenbewegung mit so kurzlebigem Erfolg gekämpft hatten.

Soziologie ist eine Herrschaftswissenschaft, aber nicht im Sinne der Studentenbewegung. Dies wird deutlich an dem ausführlichen Beispiel (Teil II), an dem für ein weites Gebiet der Soziologie, für die Betriebssoziologie, der reine Herrschaftscharakter nachgewiesen wird. Um diese Aussage generell treffen zu können, um die Soziologie insgesamt als reine Herrschaftswissenschaft zu entlarven, wäre dies an weiteren Arbeitsbereichen und Methoden der Soziologie nachzuweisen. Soweit sind aber unsere Untersuchungen noch nicht gediehen. So wird in diesem Artikel, der die Soziologie, ihre Entwicklung und betriebliche Anwendung nur in der typischen, entwickelsten Form in den USA untersucht, die Auseinandersetzung mit den revisionistischen Theorien auf diesem Gebiet am Schluss nur angedeutet.

Eine ausführliche Entlarvung und Widerlegung der DDR-Soziologie etwa, die auf dem Gebiet der Wissenschaft eines der offenkundigsten Zeugnisse ablegt über den Schritt von der Kapitulation vor dem Aufbau des Sozialismus zur Wiedereinführung des Kapitalismus mit all seinen Kniffen und Gewaltmethoden zur Spaltung , Unterdrückung und Ausbeutung, bleibt einem Artikel vorbehalten, der auf umfassenderen, abgesicherten Untersuchungsergebnissen beruht.“

Reklame wird in der Ausgabe gemacht für:
- Internationale Solidarität. Zeitschrift der Liga gegen den Imperialismus
- Rote Fahne - Zentralorgan der KPD
- VKT-Verlag (Münster).
Q: Rote Presse-Korrespondenz, Nr. 181, West-Berlin, 26.8.1972.

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