Klassenkampf - Zeitung des Bundes Kommunistischer Arbeiter, Jg. 2, Extra-Blatt Die Sozialpartnerschaftspolitik der sozialdemokratischen Gewerkschaftsführer hat sich noch einmal durchgesetzt!, 13. Dez. 1971

13.12.1971:
Der Bund Kommunistischer Arbeiter (BKA) Freiburg gibt ein Extra-Blatt seines 'Klassenkampf' (vgl. 10.12.1971, 21.12.1971) mit einem Umfang von 2 Seiten DIN A 4 zur Metalltarifrunde (MTR) heraus:"
TROTZ GROSSEM KAMPF DER METALLARBEITER

DIE SOZIALPARTNERSCHAFTSPOLITIK DER SOZIALDEMOKRATISCHEN GEWERKSCHAFTSFÜHRER HAT SICH NOCH EINMAL DURCHGESETZT!

Der zwischen den Gewerkschaftsführern und den Metallkapitalisten geschlossene Tarifvertrag bedeutet für die Metallarbeiter und -arbeiterinnen LOHNABBAU im nächsten Jahr. Das heißt, daß unsere Lohnerhöhung den Preissteigerungen 1972 nicht nachkommt. Machen wir es uns an einem Beispiel klar:

WAS HEISSEN 7, 5% AUF 15 MONATE?

Die Rechnung bezieht sich auf den Tariflohn eines Metall-Facharbeiters, Lohngruppe VII, verheiratet, 2 Kinder:

bis 30.9.1971 vom 1.1.1972 - 31.12.1972
Stundenlohn 5, 48 5, 89
Monat (174 Std.) 953, 50 1025, 86

Abzüge:
Lohnsteuer 54, 00 75, 50
Krankenversicherung 86, 00 92, 25
Arbeitslosenversicherung 6, 20 8, 70 (wird erhöht)
Kirchensteuer 5, 40 7, 55
Abzüge insgesamt 151, 60 184, 00

NETTOVERDIENST 801, 90 841, 86

Somit beträgt der wirkliche Unterschied zwischen altem Nettoverdienst und neuen GANZE 40, 00 DM MONATLICH, was einer realen Lohnerhöhung von cirka 5, 0% entspricht. Rechnen wir nun noch die Monate Oktober - Dezember 1971 mit ein, an denen wir monatlich 60, 00 DM nachgezahlt bekommen sollen, so kommt für die ganzen 15 Monate vom 1.10.1971 - 31.12.1972 EINE NETTO-LOHNERHÖHUNG VON 5, 5% RAUS.

1972: LOHNABBAU!

Diesen 5, 5% realer Lohnerhöhung stehen gegenüber
- monatlich cirka 0, 5% STEIGERUNG DER LEBENSHALTUNGSKOSTEN, was auf 15 Monate mindestens 7, 5% bedeutet, das heißt, daß im nächsten Winter die Preise 7, 5% höher sind als heute, wir aber nur 5, 5% mehr Geld bekommen als bis zum 31.9. dieses Jahres. DAS IST NICHTS ANDERES ALS LOHNRAUB.
- STREICHUNG DER ÜBERSTUNDEN, die viele von uns dringend zum Lebensminimum benötigen.
- VERSCHÄRFUNG DER ARBEITSHETZE in vielen Betrieben, was einen schnelleren Verschleiß unserer Arbeitskraft zur Folge hat.

GEGEN DIE SOZIALPARTNERSCHAFTSPOLITIK DER GEWERKSCHAFTSFÜHRER…

Das bedeutet, daß wir MIT DIESEM TARIFABSCHLUSS DEN PREISSTEIGERUNGEN NICHT NACHKOMMEN WERDEN. Vor allem läuft die lange Laufzeit - 15 Monate! - gegen unsere Interessen, was natürlich zur Folge hat, daß Springers Zeitung 'WELT' in ihrer Überschrift am Samstag (11.12.1971, d.Vf.) jubeln kann: 'Die nächsten 15 Monate herrscht Tarifruhe in der Metallindustrie'. Zunächst versuchte die Gewerkschaftsführung ihr Runtergehen von 11% auf 7, 9% mit der kürzeren Laufzeit von 7 Monaten schmackhaft zu machen.

7 Monate Laufzeit hätten bedeutet, daß es am 1. Mai 1972 eine neue Lohnerhöhung gegeben hätte. Aus den 7 Monaten Laufzeit sind nun 15 Monate geworden, das heißt, daß die nächste Lohnerhöhung nach dem Tarifvertrag erst am 1.1.1973 möglich ist. Selbst bei der üblichen Laufzeit von 12 Monaten hätte es ab 1.10.1972 eine Lohnerhöhung gegeben. SO DAGEGEN IST NÄCHSTEN HERBST LOHNSTOPP. Drei Monate lang gibt es für uns keine Lohnerhöhung, während die Preiserhöhungen keineswegs Stopp machen, sondern in dieser Zeit nach der gegenwärtigen Erfahrung weitere 1, 5% steigen werden. Doch erinnern wir uns an die Septemberstreiks 1969! Zu lange Laufzeiten hatten damals dazu geführt, daß die Arbeiterklasse ohne Kündigung, Schlichtung, Urabstimmung zu streiken begann und ihre Forderungen formulierte.

Die IG Metall Führung ist in diesen Tarifverhandlungen Stück um Stück zurückgewichen, um einen 'Flächenbrand' (Schiller) zu verhindern. Sie fürchtete, über einen einheitlichen Streik der Metaller die Kontrolle zu verlieren und nicht mehr verhindern zu können, daß die Metaller so lange streiken, bis sie ihre Interessen durch einen mindestens bei 11% liegenden Abschluß (der netto cirka 8, 5% bedeutet hätte) durchgesetzt haben. Die IGM Führung wollte verhindern, daß die SPD-Regierung massiv in den 'Flächenbrand' eingreifen und alle Mittel des bürgerlichen Staates anwenden muß, um die 'gesamtwirtschaftlichen Interessen' des Monopolkapitals durchzusetzen.

…WEITER IM KLASSENKAMPF!

Kollegen, Kolleginnen,
wenn auch die Metallarbeiter diesmal nicht stark genug waren, einheitliche Streiks aller Metaller gegen die Kapitalisten, lineare Lohnerhöhungen für alle durchzusetzen, wenn es auch nicht gelang, wenigstens die 11% Lohnerhöhung zu erkämpfen -

dieser Streik und die Gegenmaßnahmen des Kapitals haben uns um viele Erfahrungen reicher gemacht: DIE EINHEITLICHE KAMPFFRONT ALLER ARBEITER, ob Männer oder Frauen, ob deutsche oder Ausländer, die SOLIDARITÄT VIELER ANGESTELLTER, die UNTERSTÜTZUNG DES STREIKS durch viele fortschrittliche Gruppen des Volkes (zum Beispiel durch gewerkschaftlich organisierte Lehrer) haben den Kapitalisten mächtig eingeheizt und zu einer Stärkung der Position der Arbeiterklasse geführt.

FÜR STARKE, KAMPFENTSCHLOSSENE GEWERKSCHAFTEN!

Jetzt müssen wir daran gehen, diese Positionen auszubauen: in jedem Betrieb müssen wir Vertrauensleutekörper (VLK, d.Vf.) aufbauen und zu schlagkräftigen Organen der Belegschaft machen. Im Frühjahr müssen wir alle Betriebsräte (BR, d.Vf.), die mit dem Unternehmer gemeinsame Sache machen, abwählen und an ihrer Stelle Betriebsräte wählen, die ausschließlich unsere Interessen vertreten.

GEGEN DIE ANGRIFFE DER KAPITALISTENKLASSE DIE EINHEITLICHE KAMPFFRONT DER ARBEITERKLASSE".
Q: Klassenkampf Extra-Blatt Die Sozialpartnerschaftspolitik der sozialdemokratischen Gewerkschaftsführer hat sich noch einmal durchgesetzt!, Freiburg 13.12.1971

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