Klassenkampf - Zeitung des Bundes Kommunistischer Arbeiter, Jg. 2, Nr. 16, 21. Dez. 1971

21.12.1971:
Der Bund Kommunistischer Arbeiter (BKA) Freiburg gibt seinen 'Klassenkampf' Nr. 16 (vgl. 13.12.1971, 26.1.1972) mit 8 Seiten DIN A 4 sowie 2 Seiten Beilage heraus. Im ersten Leitartikel heißt es, während sich der zweite mit Ostpakistan bzw. Bangla Desh (vgl. 1.11.1971, 8.12.1971) befaßt:"
1972 LOHNABBAU
KAMPFBEREITSCHAFT DER METALLER UNTERGEBUTTERT

Ein Streik aller Metaller in der Bundesrepublik und Westberlin wäre das Einzige gewesen, um die Kapitalisten in die Knie zu zwingen. Die Durchsetzung der ursprünglichen 11%-Forderung wäre das Mindeste gewesen, was wir bräuchten, um nur soviel Kaufkraft in der Tasche zu haben wie bisher. Die Politik der sozialdemokratischen IGM-Führung hat uns jetzt einen Abschluß gebracht, der Lohnabbau bedeutet: im Januar 1972 werden wir nach den Abzügen nur 5, 0 % mehr im Geldbeutel haben als im Januar 1971. Doch im Januar 1972 sind die Lebenshaltungskosten um mindestens 7% höher als im Januar 1971, wir werden uns 1972 also noch mehr einschränken müssen als bisher. Deshalb war es richtig, daß viele Kollegen in Nordbaden/Nordwürttemberg bei der Urabstimmung mit NEIN stimmten, obwohl abzusehen war, daß die 25% Ja-Stimmen, die nach der Satzung der IG Metall zur Annahme des Abschlusses genügen, zusammenkommen würden."
Berichtet wird aus Heidenheim (vgl. 11.12.1971) und Mannheim (vgl. 10.12.1971), von der Urabstimmung (vgl. 14.12.1971) auch in Heidelberg und Mannheim sowie aus Südbaden (vgl. 16.12.1971).

Weiter heißt es:"
GESCHLOSSENE FRONT DER KAPITALISTEN

Die Kapitalisten wollten in dieser Lohnrunde den Arbeitern einen empfindlichen Schlag versetzen. Dies ist ihnen nur zum Teil gelungen. Zwar bedeuten die 7, 5% einen Lohnabbau für die Metaller im nächsten Jahr. Die Kapitalisten hätten aber allzugern den Lohn noch tiefer gedrückt, was allein die Streikfront der Kollegen in NB/NW unmöglich machte. Daß die Arbeiter zu einer derartigen Solidarität fähig sind, daß sich die ausländischen Arbeiter durch keine Drohbriefe (Ausweisung!) einschüchtern lassen, daß viele Angestellte sich in die Streikfront einreihen würden, das alles haben sich die Kapitalisten nicht vorstellen können. Daß die unterschiedliche Bezahlung, all die tagtäglichen Spaltungsmanöver der Kapitalisten nicht fruchten, das haben der Streik, die Demonstrationen und Kundgebungen den Kapitalisten eindeutig gezeigt. Wie die Kapitalisten brutales Vorgehen gegen die Arbeiter mit staatlichen Mitteln einplanen, zeigte auch dieser Streik."

Beispiele werden gegeben von Siemens (vgl. 4.11.1971) sowie aus Mannheim von Daimler-Benz (vgl. 22.11.1971) und MWM (vgl. 22.11.1971). Die Kapitalisten hätten sich bundesweit frühzeitig gut vorbereitet (vgl. 5.9.1971):"
Die Kapitalisten beschlossen auch frühzeitig auf Schwerpunktstreiks mit Aussperrungen im ganzen Tarifbezirk zu antworten. Zur Schwächung dieser von ihnen einkalkulierten Schwerpunktstreiks hatten die Kapitalisten darüberhinaus vielfältige Vorbereitungen getroffen: Großangelegte Propaganda- und Anzeigenkampagnen zur Aufhetzung der Bevölkerung gegen die Lohnforderungen der Metaller, Panikmache mit der Krise, der schlechten Lage der Wirtschaft, Kürzung von freiwilligen Zulagen, Erpressung mit Weihnachtsgeldern, Kurzarbeit, Entlassungen und Stillegungsdrohungen. Diesem geschlossenen und gezielten Angriff der Kapitalistenklasse stand eine noch schwache Arbeiterklasse gegenüber.

IGM-FÜHRUNG: INSTRUMENT DER SOZIALDEMOKRATIE

Dieser Streik zeigt deutlich, daß die Interessen der SPD-Regierung mit den Interessen der Arbeiter unvereinbar sind. Die IGM-Führung, die mit Schiller und den Kapitalisten in der Konzertierten Aktion sitzt, zielte von Anfang an darauf ab, die am Profitinteresse der Kapitalisten ausgerichtete Lohnleitlinie der SPD-Regierung durchzusetzen. Hätten die Kapitalisten bei der zu Jahresbeginn (vgl. **.*.1971, d.Vf.) in der Konzertierten Aktion vereinbarten 7 - 8% Lohnerhöhung mitgemacht, hätte die IGM-Führung versucht, sofort abzuschließen. Erst das Beharren der Kapitalisten auf ihren 4, 5% in allen Tarifbezirken zwang die IGM-Führung zum Streik, wollte sie nicht spontane Kämpfe der Arbeiter riskieren. Als es zum Streik kam, sabotierte die IGM-Führung einen möglichst starken und geschlossenen Kampf mit allen Mitteln. Sie führte die Verhandlungen in den einzelnen Tarifgebieten mit so großer zeitlicher Verzögerung, daß der Aufbau einer einheitlichen Streikfront in allen Bezirken unmöglich wurde. Sie verweigerte ihre Zustimmung zu den längst fällig gewesenen Urabstimmungen in Hamburg und Nordrhein-Westfalen (NRW, d.Vf.). In unserem Bezirk lehnte die große Tarifkommission sogar ab, auch nur Schlichtungsverhandlungen anzusetzen, um es ja nicht zu einer Urabstimmung kommen zu lassen. Für jeden Metaller sichtbar, hatte die IGM-Führung das Ziel, den Streik auf möglichst kleiner Flamme zu halten, ihn möglichst nicht auszuweiten, um ihn fest in der Hand behalten zu können. Dies einmal, damit die SPD-Regierung nicht in die Lage kommen sollte, gegen die für 11% streikenden Arbeiter die 7, 5% durchsetzen zu müssen - womit sie ihren arbeiterfeindlichen Charakter gezeigt hätte. Zum anderen aber wollte die IG Metall-Führung den Streik auf kleiner Flamme halten, um eine 'Radikalisierung' der Arbeiter im geschlossen geführten Streik zu verhindern. DIE IGM-FÜHRUNG HAT DIE POLITIK DER SPD GEMACHT UND GLEICHZEITIG DIE SPD RAUSGEHALTEN. Die Erklärung Brenners, man dürfe 'die Gefahren nicht unterschätzen, die ein kompromißloses Beharren auf unserem Standpunkt für diese Regierung bringt' und die Erklärung Schillers, daß Streiks in größerem Umfang jetzt auf keinen Fall in Frage kämen, damit nicht ' die gesamte soziale Ordnung erschüttert wird', kennzeichnen die Grundlagen dieser Politik. Die IGM-Führung folgte der Lohnleitlinienpolitik der SPD und opferte dieser Politik die Kampfstärke der geschlossenen Front der Metaller. Als sie feststellte, daß sich der Streik über die Grenzen NB/NWs hinaus auszudehnen begann (… (vgl. Hessen 9.12.1971, d.Vf.)) wurde eiligst am Freitag abgeschlossen. So konnte vorerst der 'Flächenbrand' (Schiller) verhindert werden. Die Metaller und ihre Familien sollen jetzt 1972 sehen, wie sie mit dem geringeren Reallohn zurechtkommen.

GEGEN DIE ANGRIFFE DER KAPITALISTENKLASSE - DIE EINHEITLICHE KAMPFFRONT DER ARBEITERKLASSE

Der Lohnabbau in der Metallindustrie ist nur ein Punkt in einer Reihe von Angriffen auf das Lebensniveau der Arbeiterklasse: Verschärfte Arbeitshetze, immer raffiniertere Lohnsysteme, Wegrationalisierung von Arbeitsplätzen, Kürzungen von Sozialleistungen liegen auf derselben Linie. Und auf politischem Gebiet haben sich alle Sozialreformversprechungen der SPD als Seifenblasen erwiesen und sind längst der Wirklichkeit einer Steigerung des Militärhaushaltes, Ausbau des Bundesgrenzschutzes (BGS, d.Vf.) und Militarisierung der Polizei gewichen. In dieser Situation gilt es verstärkt, die einheitliche Front der Arbeiterklasse aufzubauen und kompromißlos die Interessen der Arbeiter durchzusetzen. In jedem Betrieb muß dazu die Solidarität, die Kampfbereitschaft aufgebaut und gestärkt werden. Dabei werden immer mehr Kollegen die Erfahrung machen, daß wir uns gegen die verschärften Angriffe der Kapitalisten nur dann wirksam zur Wehr setzen können, wenn wir uns gegen die arbeiterfeindliche SPD-Linie in Betrieb und Gewerkschaft durchsetzen. Von der Gewerkschaftsführung bis in die meisten Betriebsräte und Vertrauensleutekörper hinein versuchen diese Sozialpartnerschaftspolitiker zu verhindern, daß die Arbeiter die Gewerkschaften zu ihrem Kampfinstrument machen. Nur im Kampf gegen diese sozialdemokratische Linie in den Gewerkschaften können wir diese zu unseren Kampfinstrumenten machen. Diesen Kampf werden in jedem Betrieb, in dem Vertrauensleutekörper, in jedem Betriebsrat, in jeder Gewerkschaftsgruppe führen. Wir werden diesen Kampf in den Gewerkschaften verbinden mit dem Aufbau einer geschlossenen Kampffront der Arbeiterklasse gegen die Kapitalistenklasse.

Diese Kampffront gegen die ökonomischen und politischen Angriffe der Kapitalistenklasse erfordert die kommunistische Organisation, die allseitig die Interessen der Arbeiterklasse gegen die Kapitalistenklasse vertritt. Die Kapitalistenklasse hat ihre Parteien, die Arbeiterklasse muß ihre kommunistische Partei noch aufbauen. Das Interesse der Arbeiterklasse zielt auf die Abschaffung des Lohnsystems, das Ende der Ausbeutung der Arbeiterklasse durch die Kapitalistenklasse und den Aufbau des Sozialismus. Das hat zur Voraussetzung, daß die Arbeiterklasse die politische Macht der Kapitalistenklasse zerschlägt und ihre eigene Klassenherrschaft errichtet. Nur im allseitigen Kampf der Arbeiterklasse gegen den Abbau ihres Lebensniveaus und gegen die Einschränkung ihrer politischen Rechte wird die Klassenfront errichtet, welche dem Kapitalismus den Todesstoß versetzen wird!"

In der Beilage wird ein Artikel zur DKP aus dem Mannheim/Heidelberger 'Kommentar' (vgl. 15.12.1971) übernommen und um Beispiele aus Freiburg (vgl. 23.8.1971) und Mannheim (vgl. 13.12.1971) ergänzt.
Mit dieser DKP-Darstellung befaßt sich auch die Ortsgruppe der KPD/ML-ZB (vgl. 15.2.1972).

Berichtet wird auch aus der IGM-Verwaltungsstelle Freiburg (vgl. 16.12.1971), von Litton bzw. Hellige in Freiburg (vgl. 16.12.1971) und von Studer Löffingen (vgl. 13.12.1971).
Q: Klassenkampf Nr. 16, Freiburg 21.12.1971; KPD/ML-ZB-OAK Freiburg, KJVD-SAK Freiburg: Offener Brief. An die Mitglieder und Sympathisanten des Bundes Kommunistischer Arbeiter und der Universitäts-Basisgruppen, Freiburg 15.2.1972, S. 5;BKA/KJB Freiburg: Antwort auf den 'Offenen Brief' der KPD/ML (Rote Fahne) an den Bund Kommunistischer Arbeiter und den Kommunistischen Jugendbund, Freiburg März 1972, S. 4

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