Klassenkampf - Zeitung des Bundes Kommunistischer Arbeiter, Jg. 3, Nr. 17, 26. Jan. 1972

26.01.1972:
Der Bund Kommunistischer Arbeiter (BKA) Freiburg gibt seinen 'Klassenkampf' Nr. 17 (vgl. 21.12.1971, 26.1.1972) mit 8 Seiten DIN A 4 heraus. Berichtet wird auf Seite 1 vom Bundesgrenzschutz (BGS) Gesetz (vgl. 20.1.1972).

Aus dem CPK-Bereich wird berichtet aus Freiburg von Rhodia (vgl. 17.1.1972).

Aus dem GHK-Bereich wird berichtet aus Freiburg von Fortschritt (vgl. Dez. 1971).

Aus dem IGM-Bereich wird berichtet aus Freiburg von Cumulus (vgl. 17.1.1972) sowie aus Teningen vom Eisen- und Hammerwerk (vgl. 17.1.1972).

Aus Hessen wird aus Frankfurt berichtet aus verschiedenen Metallbetrieben (vgl. 4.1.1972) bzw. von Teves (vgl. 4.1.1972), Roth (vgl. 5.1.1972) und VDM (vgl. 10.1.1972).

Aus NRW wird berichtet von Hoesch Dortmund (IGM-Bereich - vgl. 14.1.1972).

Mit dem Kampf gegen die Fahrpreiserhöhungen (vgl. 17.1.1972) befaßt man sich nur in einer kleinen Notiz auf Italienisch.

Im Leitartikel heißt es:"
VON MÄRZ BIS MAI: BETRIEBSRATSWAHLEN!

Am 1. März beginnen in der ganzen Bundesrepublik die Betriebsratswahlen (BRW, d.Vf.). Diese Wahlen finden zu einem Zeitpunkt statt, an dem die Kapitalistenklasse und ihre Regierung seit Monaten verstärkte Angriffe auf die wirtschaftliche Lage und auf die politischen Rechte der Arbeiter und Angestellten führen.
Die Welle von Steuererhöhungen, Preiserhöhungen, Gebührenerhöhungen, mit der die Kapitalisten und ihr Staat in der jetzigen Krise unsere Löhne drücken, nimmt kein Ende.

- Der 7, 5% und 3 Monate Lohnstop - Tarifvertrag für die Metaller (d.h. Nettolohnerhöhung von knapp 5% bei mindestens 6 - 7% Preissteigerungen in den nächsten 15 Monaten!).

- Die 6% Abschlüsse für die Arbeiter und Angestellten des öffentlichen Dienstes (ÖTV-Bereich - vgl. 8.1.1972, d.Vf.), für die Eisenbahner (GdED-Bereich, d.Vf.), die Postler (DPG-Bereich, d.Vf.) und jetzt auch die Beschäftigten in der Papier- (gemeint ist die Papierverarbeitung, DruPa-Bereich, d.Vf.) und in der Stahlindustrie (IGM-Bereich, d.Vf.).

DAS SIND DIE BEITRÄGE DER SOZIALDEMOKRATISCHEN GEWERKSCHAFTSFÜHRER ZUR 'STABILISIERUNG' DER PROFITE DER KAPITALISTEN

WACHSENDE KAMPFBEREITSCHAFT DER ARBEITERKLASSE

Der große Streik von weit über 100 000 Kolleginnen und Kollegen in Nordbaden/Nordwürttemberg und die vielen spontanen Streikaktionen während der Metalltarifrunde (MTR, d.Vf.) sind Zeichen der wachsenden Stärke der Arbeiterklasse. Die Streiks vieler Belegschaften gegen den Abbau übertariflicher Zulagen und der Kampf der Hoesch-Arbeiter (vgl. Dortmund 14.1.1972, d.Vf.) gegen den 6%-Tarifabschluß bei den Stahlarbeitern beweisen ebenfalls die wachsende Kampfbereitschaft.

Dennoch: Noch verhindern die sozialdemokratische Linie und ihre Vertreter in den Gewerkschaften weitgehend einen ORGANISIERTEN UND ENTSCHLOSSENEN Widerstand gegen die Politik des Ausverkaufs der Arbeiterinteressen. Und in den allermeisten Betrieben sieht es so aus wie bei uns in Freiburg und Umgebung:

VIELE BETRIEBSRÄTE SIND HANDLANGER DER KAPITALISTEN

So wie z.B. der ITT-Betriebsratsvorsitzende Hellinger (IGM-Bereich, d.Vf.), der es geschafft hat, jeden Widerstand gegen die Halbierung der Intermetallbelegschaft, gegen Kurzarbeit, Lohnabbau und Entlassungen zu hintertreiben. So wie der Rhodia-Betriebsrat (CPK-Bereich, d.Vf.) Schnabel, der seine Aufgaben hauptsächlich im Kampf gegen fortschrittliche Gewerkschafter und Jugendvertreter sieht, aber nichts tut, wenn die Kapitalisten über 10% der Belegschaft auf die Straße setzten und dabei die Arbeitshetze bis ins Unerträgliche steigern. Oder so wie Cumulus-Betriebsrat (IGM-Bereich, d.Vf.) Protze, der nichts gegen die Einführung von Akkordarbeit und MTM-System unternimmt und der Hellige-Betriebsratsvorsitzende (IGM-Bereich, d.Vf.) Berger, der so 'aktiv' ist, daß nur sehr aufmerksame Beobachter überhaupt seine bloße Existenz bemerken.
Oder so wie bei Raimann (IGM-Bereich, d.Vf.) der Betriebsratsvorsitzende Vögele, der über die Köpfe der Belegschaft hinweg Maßnahmen der Geschäftsleitung zustimmt und in mehreren Fällen nicht mal den Betriebsrat informiert hat (z.B. bei der Stillegung der Gießerei).

DIE SOZIALDEMOKRATISCHE GEWERKSCHAFTSPOLITIK DIENT NUR DEN KAPITALISTEN

Nicht wenige Kollegen sagen deshalb: 'Betriebsräte - das sind doch alles Radfahrer!' oder: 'Gewerkschaft und Betriebsrat - die können mir alle den Bucke runterrutschen!'
Die Wirkung von solchen 'aktiven' Gewerkschaftern und Betriebsräten wie Hellinger, Schnabel usw. (diese Beispiele stehen für viele andere!) ist auch, daß sie bei vielen Arbeitern und Angestellten Resignation erzeugen. Viele kommen zu der Meinung, daß es eh keinen Sinn hat sich zu organisieren und sich gegen die Kapitalisten und ihre Handlanger zur Wehr zu setzen, AKTIVE Vertrauensleutekörper (VLK, d.Vf.) zu bilden und fortschrittliche Kollegen im Betriebsrat zu unterstützen.
Auch an diesem Punkt zeigt es sich: Denn wer anders als die Kapitalisten sollte ein Interesse daran haben, daß ein sehr großer Teil der Arbeiter und Angestellten (bei uns hier über 2/3 !!) NICHT gewerkschaftlich organisiert ist, um ihre Interessen gegen die Kapitalisten zu vertreten? Wer hat ein Interesse daran, daß sowohl betriebliche wie auch ganze Wirtschaftszweige erfassende Kampfaktionen gar nicht zu Stande kommen oder im Sande verlaufen, weil es in den Betrieben keine gewerkschaftlichen Kampforgane der Belegschaften (z.B. Vertrauenskörper), sondern allerhöchstens gekaufte Betriebsräte gibt, weil in der Gewerkschaft weithin die sozialdemokratische Linie der 'Sozialpartnerschaft' und der Klassenzusammenarbeit herrscht?"

Es folgen historische Ausführungen zu (Betriebs-) Räten, von der Oktoberrevolution in Rußland und der Novemberrevolution in Deutschland, über das Betriebsrätegesetz (vgl. 13.2.1920):"
…ZUM BETRIEBSVERFASSUNGSGESETZ

Das soeben verabschiedete 'neue' Betriebsverfassungsgesetz (BVG), das uns die Gewerkschaftsführung und die Bundesregierung als großartige 'Reform' andrehen wollen, unterscheidet sich in seinem arbeiterfeindlichen Charakter in nichts von dem Gesetz von 1920 oder dem Adenauer BetrVG von 1952. Das gab im Bundestag selbst der SPD-Sprecher Farthmann zu: 'Der einzige Unterschied gegenüber dem alten Recht besteht darin, daß im BetrVG von 1952 nur von Partnerschaft geredet wurde, während nach dem neuen Gesetz Partnerschaft praktiziert wird.' Dieses Gesetz soll den Betriebsrat noch mehr zum verlängerten Arm des Chefs machen. Klassenbewußten Betriebsräten, die sich nicht an die arbeiterfeindlichen Bestimmungen des Gesetzes halten, droht jetzt eine Gefängnisstrafe bis zu 2 Jahren und eine Geldstrafe in unbegrenzter Höhe!

ALS EINZELNER KANN MAN NICHTS MACHEN

Das wissen natürlich auch die Kapitalisten und ihre Regierung. Die 'verbesserten' Rechte des EINZELNEN Arbeiters im neuen BetrVG bringen uns überhaupt nichts! Wenn wir uns als Einzelne bei der Geschäftsleitung über unerträgliche Arbeitsbedingungen, über den niedrigen Lohn oder über die Betrügereien beim Akkord beschweren, werden wir allemal entweder mit höflichen Worten oder mit Gewalt untergebuttert. Gegen die Angriffe der Kapitalisten können wir uns nur gemeinsam zur Wehr setzen. Diesen gemeinsamen Kampf können wir nur organisiert erfolgreich führen, denn unsere organisierte Solidarität ist unsere einzige Waffe im Kampf gegen unsere Gener, die Kapitalistenklasse und ihren staatlichen Unterdrückungsapparat.

NICHT DEN KAPITALISTENVERTRETERN IM GEWERKSCHAFTSKITTEL DAS FELD ÜBERLASSEN!

Deshalb dürfen wir in unserer Organisation, der Gewerkschaft, nicht den SPD-Gewerkschaftern einfach das Feld überlassen. Warum können diese Leute in der Konzertierten Aktion und in beinahe jeder Tarifrunde ganz offen unsere Interessen an die Kapitalisten verkaufen? Warum können sie so sicher sein, daß Betriebsräte wie Schnabel und Hellinger wiedergewählt werden? Sie können das, weil sie in den Betrieben und in der Gewerkschaft auf keinen organisierten Widerstand stoßen. Oppositionelle Kollegen werden, solange sie vereinzelt sind, mit stillschweigender Unterstützung der Gewerkschaftsführung und des Betriebsrates von den Kapitalisten auf die Straße gesetzt. Oder man versucht sie zu bestechen, mit einer 'Beförderung' oder irgendeinem Posten im Betriebsrat oder in der Gewerkschaftsverwaltung.

NICHT RESIGNIEREN - ORGANISIERT DEN KAMPF AUFNEHMEN!

Manche Kollegen, die Widerstand gegen diese Verhältnisse leisten möchten, resignieren. Sie sagen: 'Bei uns in der Belegschaft gibt es keine Solidarität, da kämpft jeder gegen jeden.' Diese von den Kapitalisten und ihren Handlangern erzeugte und geschürte Spaltung der Belegschaften und der ganzen Arbeiterklasse muß von allen fortschrittlichen Kollegen bekämpft werden, gegen die erklärten Gegner der Einheit der Arbeiterklasse! Sich zurückziehen nützt gar nichts, sondern verschlechtert unser aller Lage noch viel mehr! Im Gegenteil: Hören wir auf, nur vor uns hin zu schimpfen. Treffen wir uns mit anderen Kollegen, die derselben Meinung wie wir sind. Besprechen wir unsere Lage und diskutieren wir erste Schritte, wie man sie ändern kann.

Nehmen wir gemeinsam den Kampf gegen die Kapitalisten auf. Der konsequente Kampf gegen die Kapitalistenklasse und der konsequente Kampf innerhalb der Gewerkschaften gegen die SPD-Politik bedingen sich gegenseitig. Das eine ist ohne das andere nicht möglich!"
Q: Klassenkampf Nr. 17, Freiburg 26.1.1972

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