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Von den Frankfurter Berufsschulen wird hier zunächst fast allein berichtet durch die Ortsgruppe Mörfelden-Walldorf der RJ/ML des KAB/ML, die in gelungener Anwendung der Lehren des Bolschewismus für Frankfurt zunächst auf den Aufbau von Betriebsgruppen verzichtet und sich dafür lieber an der Berufsschularbeit versucht, dort dergestalt eine eigene RJ/ML-Ortsgruppe gründend (vgl. 7.4.1971).
Dies hat zwar einerseits den Vorteil, betrieblich vereinzelte Auszubildende zusammenfassen zu können, andererseits aber bedarf es auch eines hohen Verteiler- und Koordinationsaufwands, um die wochentäglichen wechselnden Berufsschüler zu erreichen, von dem nach drei Jahre endenden Berufschulbesuch ganz zu schweigen. Trotzdem aber bietet sich damals die Berufsschularbeit in Frankfurt für die gerade nach dort expandierende (vgl. 12.8.1970, 19.9.1970, 8.10.1970, 22.11.1970, 9.2.1971) RJ/ML Mörfelden-Walldorf als Ansatzpunkt an, ist sie doch zu dieser Zeit offenbar die einzige an den Berufsschulen tätige Gruppe, während die Kommunistische Jugendorganisation (KJO) Spartacus (vgl. Apr. 1971, 26.1.1972) und die Roten Panther (vgl. Jan. 1971) an den Berufsschulen vermutlich nur selektiv bzw. sporadisch aktiv werden.
Die RJ/ML dagegen gibt zunächst Flugschriften ihrer Berufsschulgruppen heraus (vgl. 24.10.1970, 14.11.1970), die auch für die Kreisberufsschule Groß Gerau erscheinen, wobei die Berichte über dortige Ereignisse hier ausgespart bleiben.
Sowohl für Frankfurt (vgl. 7.4.1971) als auch für die Kreisberufsschule Groß Gerau erscheint nun von der RJ/ML die 'Jungarbeiter- und Lehrlingspresse' (vgl. 15.2.1971, 29.3.1971, 12.4.1971, 24.5.1971, Sept. 1971, 4.10.1971, 25.10.1971, Dez. 1971, 17.1.1972), ergänzt um Flugblätter (vgl. März 1971), wobei die Berichterstattung auch Frankfurter Berufsschulen umfasst, an denen es noch keine Berufsschulgruppen der RJ/ML gibt (vgl. 2.7.1971. Sept. 1971), was intern als Gefahr der Verzettelung verortet wird (vgl. 17.7.1971).
Von der RJ/ML werden Veranstaltungen organisiert (vgl. 8.10.1971) und sie greift auch in die Berufsschülerbewegung ein, die sich auch in Frankfurt in Form von Berufsschulstreiks ausdrückt (vgl. 18.10.1971), wobei natürlich zur Hochkonjunktur dieser Bewegung auch die KJO Spartacus interveniert (vgl. Dez. 1971), während sich die RJ/ML Frankfurt weiterhin an der beständigen Berufsschularbeit zu bewähren versucht (vgl. 21.2.1972, 22.2.1972), den Ansatzpunkt für den Aufbau von Betriebsgruppen zu finden hoffend, was aber nur bedingt gelingt, kommt es doch zunächst zur Eskalation im der RJ/ML eher fremden Chemiebereich (vgl. 29.2.1972). Die RJ/ML Frankfurt ist zwar sehr klein, publiziert aber weiterhin ihre 'Jungarbeiter- und Lehrlingspresse' und versucht in für den Bezirk wegweisenden Erörterungen (vgl. März 1972), bevor unsere wie immer unvollständige Auswertung ihrer Materialien eher abrupt abbricht (vgl. Dez. 1973) und dieser Beitrag aufgrund von Zufälligkeiten eher von für die Arbeit in der Frankfurter Gewerkschaftsjugend bekannten Trotzkisten (vgl. Mai 1972) sowie den ehemals den Roten Panthern verbundenen Operaisten (vgl. 25.6.1973) und dem KBW (vgl. Dez. 1973), vor allem aber von der ebenfalls trotzkistischen SAG (vgl. Juli 1973, Dez. 1973, 25.8.1976, 22.9.1976, 6.10.1976, 6.12.1976, 31.3.1977, 1.2.1977, 4.2.1977, 16.3.1977, 25.5.1977, Juni 1977, 31.8.1977, 5.9.1977, 17.9.1977, 12.10.1977, 13.10.1977, 15.10.1977, 20.10.1977) beherrscht wird, wobei sich die an den Berufsschulen aktiven Anhänger der SAG nicht zuletzt aus den Frankfurter Jugendwohnheimen rekrutiert haben dürften.
12.08.1970:
Die RJ/ML Ortsgruppe Walldorf/Mörfelden (vgl. 11.8.1970, 13.8.1970) berichtet heute ihrem ZK u.a. über einen Kontakt. Dazu heißt es:"
Von einem Frankfurter Genossen, der ... mit der linkssektiererischen Strähle-Mellenthin Clique sympathisiert, wurde der Vorschlag gemacht bei der Gründung einer RJ/ML in Frankfurt mitzuhelfen. Durch unsere Lage (große Pendlerbewegung nach Frankfurt) sind wir auf das Angebot eingegangen. Es wurde weiter vereinbart, daß die nun gewonnenen Genossen je nach Wohnort der Frankfurter bzw. der Walldorf/Mörfeldener Gruppe angehören sollen. Obwohl wir jedoch sehr daran interessiert sind, in Frankfurt eine proletarische Jugendorganisation zu schaffen, finden wir die Vereinbarung bedenklich, da dies bedeuten würde, daß wir uns am Aufbau einer Gruppe der linkssektiererischen und kriminellen Strähle-Mellenthin Clique beteiligen würden. Wir wären dem ZK dankbar, wenn es uns in dieser Frage bei der richtigen Lösung helfen würde."
=RJ/ML-Ortsgruppe Walldorf/Mörfelden:An ZK der RJ/ML,Walldorf 12.8.1970
19.09.1970:
In der RJ/ML Ortsgruppe Walldorf/Mörfelden (vgl. 17.9.1970, 26.9.1970) wird ein Bericht an das ZK der RJ/ML (vgl. 23.8.1970, 8.10.1970) verfaßt. In 3.) heißt es u.a. über die 'Rote Fahne' Betriebsausgabe:"
Vor zwei Frankfurter Großbetrieben wurde das zentrale Flugblatt 'Wir fordern: 1 Mark mehr für alle' verteilt und die Betriebsausgabe Nr.2 verkauft. Die Reaktionen waren sehr vorsichtig, da der KAB/ML eine 'neue' Gruppe ist."
=RJ/ML-Ortsgruppe Walldorf/Mörfelden:Bericht für die Zeit vom 22.8. bis 18.9.1970,Walldorf o.J. (1970)
08.10.1970:
Die RJ/ML-Ortsgruppe Walldorf/Mörfelden (vgl. 3.10.1970, 24.10.1970) verfaßt einen Bericht an ihr ZK (vgl. 19.9.1970, 22.11.1970) für die Zeit vom 15.9.1970 bis heute. Zu den Grundeinheiten heißt es u.a.:"
In Frankfurt können wir vorerst auch keine Betriebsgrundeinheiten (BGE) bilden. Unsere Mitglieder sind zu verstreut auf die Frankfurter Betriebe verteilt, so daß es erst eine gewisse Zeit kostet, ehe sie die richtigen Kontakte gewonnen haben. Unser einzigster Vorteil ist, daß wir alle nur auf ein paar Berufsschulen in Frankfurt verteilt sind. Diese Lage erschien uns nach unseren Mißerfolgen äußerst günstig.
Wir haben an den Berufsschulen Grundeinheiten gebildet. Diese Grundeinheiten haben die Aufgabe Konflikte an der Berufsschule aufzugreifen und die Berufsschüler auf ihre Lage aufmerksam zu machen. In den Berufsschulgrundeinheiten arbeiten auch Berufsfachschüler mit, die schon Mitglieder der RJ/ML sind, und auf den einzelnen Berufsschulen ihre Mittlere Reife nachholen. Es ist ebenfalls zu hoffen, daß wir dadurch bessere Kontakte zu Lehrlingen bekommen und Betriebsgrundeinheiten aufbauen können. Die Lehrlinge, die nicht die bestimmten Frankfurter Berufsschulen besuchen, arbeiten von nun ab in der Stadtbasisgruppe mit."
=RJ/ML-OG Walldorf/Mörfelden:Gruppenbericht vom 15.9.-8.10.70,Walldorf 8.10.1970
24.10.1970:
In Frankfurt und Groß Gerau wird in dieser oder der nächsten Woche ein Flugblatt "Arbeiterjugend fordert: 60% vom Ecklohn einheitlich für alle Lehrlinge! Für Arbeit in der Produktion - Arbeiter- oder Gesellenlohn! Einheitlicher Tarifvertrag für Arbeiter und Lehrlinge! Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!" verteilt.
Herausgegeben wird es von den Revolutionären Jugend (ML) - RJ/ML Berufsschulgruppen (BSG) Heinrich von Kleyer Schule, Bethmannschule, Phillip Holzmann Schule und Gutenberg Schule. Nicht erwähnt wird in dem Flugblatt, daß es sich um die BSG der RJ/ML Ortsgruppe Walldorf/Mörfelden (vgl. 8.10.1970, 29.10.1970) handelt. Ausgeführt wird:"
Während die Profite der Kapitalisten (Unternehmer) ins unermeßliche gestiegen sind, hat sich die Lage der Arbeiterklasse nicht verbessert. Besonders die Arbeiterjugend wird im verstärkten Maße ausgebeutet. Die 'Ausbildungsbeihilfe', dieses Almosen, das wir für unsere Arbeit erhalten ist ein reiner Hohn. Viele glauben dem Spruch: 'Lehrjahre sind keine Herrenjahre', und lassen sich damit vertrösten, daß sie ja später einmal mehr verdienen werden, wenn sie ausgelernt haben und älter sind. Diese Haltung ist falsch. Wir müssen anders diese Frage herangehen. Wir müssen fragen:
WEM NÜTZT DIESE AUSBILDUNG?
Im Kapitalismus nützt unsere Ausbildung einzig und allein dem Unternehmer! Warum? Im Kapitalismus muß jeder, der keinen Besitz an Produktionsmitteln hat, seine Arbeitskraft verkaufen, um leben zu können. Weil der Wert der Produkte, die jeder von uns in seiner Arbeitszeit herstellt, unseren Lohn um ein Mehrfaches übersteigt, erzielt der Unternehmer Profite. Wenn wir also eine anständige Bezahlung während der Ausbildungszeit fordern, ist das also nur recht und billig. Unsere Lage ist zur Zeit völlig untragbar!
WIE IST UNSERE WIRTSCHAFTLICHE LAGE?
Als Lehrlinge bekommen wir zwischen 130 DM und 250 DM monatlich. Das steht in keinem Verhältnis zu dem, was wir brauchen. Die gestiegenen Preise, die von den Kapitalisten in die Höhe getrieben werden, betreffen uns Lehrlinge genauso wie die erwachsenen Arbeiter. Unsere 'Vergütung' hat sich seit Jahren kaum verbessert, aber die Preise sind stark angestiegen. Wir fordern deshalb:
60% VOM ECKLOHN EINHEITLICH FÜR ALLE LEHRLINGE!
Das heißt, daß die Unterschiede zwischen den Lehrjharen aufgehoben werden. Warum bekommt einer im ersten Lehrjahr weniger als im zweiten und dritten? Darauf gibt es nur eine Antwort:
Es ist das Interesse der Kapitalisten, die Arbeiterjugend aufzuspalten. Die Kapitalisten versuchen, unsere Einheit dadurch zu schwächen, daß sie uns je nach Alter bezahlen. Dasselbe versuchen sie auch bei den jungen Arbeitern, indem sie gleiche Arbeit je nach Alter bezahlen. Das muß abgeschafft werden! Deshalb:
WEGFALL DER LOHNSTAFFELUNG NACH ALTERSGRUPPEN!
GLEICHER LOHN FÜR GLEICHE ARBEIT!
Diese Forderung ist ein wichtiger Schritt zur Verbesserung unserer wirtschaftlichen Lage. Es soll davon ausgegangen werden, daß als Grundlage für die Berechnung der Lehrlingsvergütung für alle 60% des Ecklohns zugrunde gelegt werden. Darüber hinaus muß jede Stunde, die der Kapitalist uns in der Produktion arbeiten läßt, voll mit 100% Effektivlohn bezahlt werden, das heißt mit dem vollen Arbeiter- oder Gesellenlohn. Denn durch unsere Arbeit in der Produktion schaffen wir oft die gleichen Werte, wie unsere älteren Kollegen, bekommen aber einen viel geringeren Lohn als sie. Das heißt: Die Kapitalisten beuten in einer noch viel brutaleren Weise aus, als unsere älteren Kollegen.
Deshalb:
FÜR ARBEIT IN DER PRODUKTION - ARBEITER- ODER GESELLENLOHN!"
Die Anschrift ist ein Frankfurter Postfach von H.Schmidt, hingewiesen wird, darauf, daß Jungarbeiter und Lehrlinge den 'Rebell' der RJ/ML lesen.
=RJ/ML-OG Walldorf/Mörfelden:Arbeiterjugend fordert,Frankfurt o.J. (1970)
14.11.1970:
In Frankfurt und Groß Gerau wird vermutlich in dieser Woche (eine Woche vor den Weihnachtsferien) an 5 Berufsschulen ein Flugblatt der RJ/ML mit dem Titel "Wie sieht die wirtschaftliche Lage der Arbeiterjugend aus?" verteilt.
Nicht bekanntgegeben wird, daß es von der OG Walldorf/Mörfelden der RJ/ML (vgl. 22.11.1970, 9.2.1971) stammt. Ganz oben in einem Kasten wird mitgeteilt:"
Die Tarifverhandlungen in der Metallindustrie sind beendet. Die Kapitalisten und die rechte Gewerkschaftsführung haben sich gegen den Willen der Kollegen auf Abschlüsse von 10 bis 13% geeinigt. Diese Abschlüsse sind faule Kompromisse, mit denen die rechte Gewerkschaftsführung dem Kampf der Metaller in den Rücken gefallen ist."
Dann wird noch einmal auf die Forderung nach 60% vom Ecklohn für Lehrlinge eingegangen und im zweiten Teil gefragt:"
WIE IST UNSERE POLITISCHE LAGE?
Unsere politische Lage ist zur Zeit durch das reaktionäre Betriebsverfassungsgesetz (BVG) bestimmt. Das BVG ist das juristische Mittel, mit dem die Kapitalistenklasse uns politisch unterdrückt. Daß wir kein Streikrecht haben und daß unsere Jugendvertreter keinen Kündigungsschutz genießen, sind Dinge, die im BVG verankert sind. Jeder, der im Betrieb den Mund aufmacht, kann mit diesem Maulkorbgesetz fertig gemacht werden.
Deshalb:
DAS BVG MUSS WEG!
Wir Lehrlinge haben kein Streikrecht. Was heißt das?
Die Kapitalisten wollen uns gegen unsere erwachsenen Kollegen ausspielen. In Essen haben wir vor kurzem ein Beispiel für diese hinterhältige und widerliche Taktik der Kapitalisten erlebt. Während eines Streiks wurden die Lehrlinge gezwungen, in der Produktion zu arbeiten und zusammen mit den Meistern den Laden zu schmeißen. Dadurch gelang es den Kapitalisten die einheitliche Kampffront der Arbeiter zu schwächen. Wir können also mit Hilfe des BVG als Streikbrecher gegen unsere älteren Kollegen eingesetzt werden. Schluß mit dieser schmutzigen Spaltertaktik:
STREIKRECHT FÜR LEHRLINGE!
Genauso entschieden müssen wir dafür eintreten, daß unsere gewählten Jugendvertreter nicht länger hilflos den durch das BVG legalisierten Unterdrückungsmaßnahmen der Kapitalisten ausgeliefert sind. Wir müssen dafür sorgen, daß unsere Jugendvertreter im Betriebsrat Sitz und Stimme bekommen. Dazu ist selbstverständlich notwendig, daß unsere Vertreter für die anfallenden Arbeiten (Sitzungen usw.) freigestellt werden. Solange aber unsere Jugendvertreter keinen Schutz vor den Übergriffen der Kapitalisten haben, solange es den Kapitalisten möglich ist, ihnen unangenehme Jugendvertreter, die unsere Interessen aktiv vertreten, jederzeit zu kündigen, solange wird die Jugendvertretung keine Stütze unseres wirtschaftlichen und politischen Kampfes im Betrieb werden können. Deshalb:
KÜNDIGUNGSSCHUTZ FÜR JUGENDVERTRETER!
Um unsere gerechten Forderungen durchsetzen zu können, müssen wir geschlossen gegen die Kapitalistenklasse vorgehen.
Jungarbeiter und Lehrlinge, die dies erkannt haben, organisieren sich in der REVOLUTIONÄRE JUGEND (ML) - RJ (ML)", die über das Frankfurter Postfach von H. Schmidt erreichbar ist.
=RJ/ML-OG Walldorf/Mörfelden:Wie sieht die wirtschaftliche Lage der Arbeiterjugend aus?,Frankfurt o.J. (1970)
22.11.1970:
Die RJ/ML-Ortsgruppe Walldorf/Mörfelden (vgl. 29.10.1970, 14.10.1970) verfaßt einen Bericht an ihr ZK (vgl. 8.10.1970, 9.2.1971) für die Zeit vom 9.10.1970 bis heute, in dem es u.a. heißt:"
A. Arbeit in den Grundeinheiten
1. Grundeinheit Frankfurt 1 (gewerbliche Lehrlinge)
Die GE Frankfurt 1 hat sich bisher drei Mal getroffen. Bei der ersten Zusammenkunft wurde das Flugblatt 'ARBEITERJUGEND FORDERT' (vgl. 24.10.1970,d.Vf.) ausgearbeitet. Dabei kam es zu heftigen Diskussionen über die Forderungen '60% einheitlich für alle Lehrlinge' und 'Für Arbeit in der Produktion - Arbeiter- oder Gesellenlohn'. Die Meinungsverschiedenheiten konnten jedoch beigelegt werden. Beim zweiten Treffen wurden die Erfahrungen während des Flugblattverteilens ausgetauscht und über die Reaktionen der Berufsschüler diskutiert. Dabei stellte sich heraus, daß die Berufsschüler meist gleichgültig reagierten. (Wir können ja doch nichts ändern). Bei der Diskussion über die weitere Arbeit in der Grundeinheit festgelegt, daß zu Beginn jedes Treffens kurze Erfahrungsberichte aus den Berufsschulen von den einzelnen Mitgliedern gegeben werden und daß während jedem Treffen kurze Texte (etwa aus dem Roten Buch) gelesen werden. Außerdem bereitete die Grundeinheit ein weiteres Flugblatt über die politische Lage der Lehrlinge vor (vgl. 14.12.1970,d.Vf.). Dieses Flugblatt wurde während des letzten Treffens fertiggestellt. Bei der Arbeit in der Grundeinheit wurde festgestellt, daß zumindest am Anfang kein klares Konzept vorlag, und so auch einige Treffen undiszipliniert verliefen. Es werden Schritte zur Abstellung dieses Zustandes unternommen.
2. Grundeinheit Frankfurt 2 (kaufmännische Lehrlinge)
Die GE Frankfurt 2 traf sich bisher 6 Mal. Man ist gerade dabei die kaufmännischen Stufenpläne auszuarbeiten. Ein Flugblatt 'Freistellung zum Schreiben des Berichtsheftes' wurde entworfen. Dieser Entwurf wurde der GE Frankfurt 1 zur Überarbeitung gegeben. Man ging dazu über, bei jedem Treffen die Leitartikel des REBELL zu diskutieren oder Texte aus dem Roten Buch durchzuarbeiten. Festzustellen ist, daß einige Genossen in der GE Frankfurt 2 sich nicht über die Wichtigkeit der Arbeit in der GE im klaren waren. Es wurde oft zu abstrakt diskutiert. Versuche, dies abzustellen werden gemacht. Der Erfolg ist noch abzuwarten."
=RJ/ML-OG Walldorf/Mörfelden:Bericht der Ortsgruppe für die Zeit vom 9.10.1970 bis 22.11.1970,o.O. o.J. (1970)
Januar 1971:
Vermutlich im Januar geben die Roten Panther (RP), die ihre Arbeit nun von Frankfurt auch auf Kassel ausgedehnt haben, ihren 'Roten Panther' Nr.1 (vgl. Sept. 1970, 7.3.1971) heraus. Berichtet wird u.a. aus Frankfurt von der Berufsschule Gutenberg.
=Roter Panther Nr.1,Frankfurt 1971
09.02.1971:
Die RJ/ML-Ortsgruppe Walldorf/Mörfelden (vgl. 14.12.1970, 15.2.1970) verfaßt einen Bericht an ihr ZK (vgl. 22.11.1970, 8.3.1971) für die Zeit vom 22.11.1970 bis heute, in dem es u.a. heißt:"
A. Arbeit in den Grundeinheiten
1. Grundeinheit Frankfurt 1 (gewerbliche Lehrlinge)
Nachdem das erste Flugblatt 'Arbeiterjugend fordert' vor den Berufsschulen in Frankfurt und Groß Gerau verteilt worden war, fertigte die GE ein weiteres Flugblatt über die politischen Forderungen der Arbeiterjugend an. (vgl. 14.12.1970,d.Vf.) ... Besondere Reaktionen konnten nicht festgestellt werden. Auf theoretischem Gebiet beschäftigten sich die Genossen der GE mit dem BVG und BBiG. Dabei wurde festgelegt, daß je ein Genosse sich mit einem der Gesetze eingehend beschäftigt, um die anderen Genossen bei entsprechenden Fragen informieren zu können. Weiterhin wurden verschiedene Artikel aus dem REBELL und der ROTEN FAHNE diskutiert.
Ein Genosse meldete bei dem Artikel im REBELL "Kampf gegen den Militarismus" Bedenken in Bezug auf die politische Arbeit in der Bundeswehr und bei der Einschätzung des Ersatzdienstes an. Diese Bedenken konnten leider im Laufe der Diskussion nicht ganz beseitigt werden. Um die praktische Arbeit der GE nicht zu sehr zu beeinträchtigen wurde beschlossen, daß zwei Genossen der GE das Problem noch einmal privat mit dem betreffenden Genossen diskutieren. In dem längerfristigen Arbeitsplan der GE für das erste Halbjahr 1971 wurde festgelegt, die politische Arbeit zuerst einmal auf die zwei wichtigsten gewerblichen Berufsschulen Frankfurts zu beschränken. Um die zu erwartenden Auseinandersetzungen mit dem Genger-KJVD (der KPD/ML-ZB,d.Vf.) besser führen zu können, wurde beschlossen den RW 5 (vgl. ***1970/1,d.Vf.) und die RW S 1/71 (vgl. ****1971.d.Vf.) noch einmal gründlich durchzuarbeiten. Auch wurde beschlossen sich in Zukunft intensiver mit der Gewerkschaftsjugend Frankfurt zu befassen.
2. Grundeinheit Frankfurt 2 (kaufmännische Lehrlinge)
Da die Genossen dieser GE einige Bedenken gegen den REBELL Artikel "Kampf gegen den Militarismus" angemeldet hatten, wurde dieses Problem eingehend auf zwei Treffen diskutiert. Erst als die hervorragende Stellungnahme des ZKs (vgl. ****,d.Vf.) durchgearbeitet wurde, konnten die Bedenken beseitigt werden. Da man bei der Arbeit an den wichtigsten kaufmännischen Berufsschulen in Frankfurt oft auf trotzkistische und revisionistische Elemente stößt, wurde beschlossen Texte von Lenin oder Stalin gegen diese beiden antileninistischen Strömungen durchzuarbeiten. Da sich diese GE jetzt in Frankfurt treffen kann, haben sich auch einige Frankfurter kaufmännische Lehrlinge dazu entschlossen, mitzuarbeiten. (Näheres über die Arbeit in Frankfurt ist aus den Berichten des Bezirksinstrukteurs zu entnehmen). In dem längerfristigen Arbeitsplan der GE für das erste Halbjahr 1971 ist festgelegt, an den größten kaufmännischen Berufsschulen in Frankfurt Berufsschulgruppen zu errichten. Bezeichnend für die gesamte Arbeit unter kaufmännischen Lehrlinge ist, daß es noch keine klaren Richtlinien dafür gibt. Der GE Leiter läßt dem ZK in den nächsten Wochen einen ausführlichen Bericht über die Arbeit unter kaufmännischen Lehrlingen zukommen."
=RJ/ML-OG Walldorf/Mörfelden:Bericht der Ortsgruppe für die Zeit vom 22.11.1970 bis 9.2.1971,o.O. o.J. (1971)
15.02.1971:
Vermutlich in dieser Woche erscheint in Frankfurt und Groß Gerau erstmals die 'Jungarbeiter und Lehrlingspresse' (JLP) (vgl. 29.3.1971) als Organ der Frankfurter und Groß Gerauer Jungarbeiter- und Lehrlingsgruppen der Revolutionären Jugend/ML (vgl. 9.2.1971). Ungenannt bleibt die tatsächliche Herausgebergruppe, die Ortsgruppe Walldorf/Mörfelden der RJ/ML des KAB/ML. Verantwortlich für die 6 Seiten DIN A 4 zeichnet Fritz Kainer, der in der Frankfurter Ernst Thälmann Straße wohnen soll. Kontakt ist möglich über das Frankfurter Postfach von H. Schmidt. Der Leitartikel "Gegen das reaktionäre Berufsbildungsgesetz" (BBig) enthält folgende Zwischenüberschriften:" ... Gewerbeordnung von 1871 ... Wie kam es zum BBiG? ... Profitplanung! ... Die Entwicklung des Kapitalismus führt zum Stufenplan! ... Der Stufenplan ist ein weiterer Versuch der Kapitalisten die Arbeiterklasse zu spalten!"
In einem Bericht "Lehrlingsausbildung bei Faulstroh, Groß Gerau", der zu prompten Reaktionen (vgl. 16.2.1971) führt, wird geschildert:"
Wir Lehrlinge bei Faulstroh, einem Metallbetrieb in Groß Gerau, werden im Werk 2 'ausgebildet', wenn wir nicht gerade in der Produktion arbeiten. Bei Faulstroh ist es nämlich Sitte, daß Lehrlinge ab dem 2. Lehrjahr in der Produktion abwechselnd (nach einem bestimmten Plan) beschäftigt werden. An Weihnachten 1970 hatte man eine besondere Überraschung für uns. Wir mußten Werkzeuge und Maschinen reinigen und anstreichen!
Das reaktionäre BBiG brachte uns auch einige wenige Verbesserungen, wie zum Beispiel:
- Freistellung zum Berichtshefteschreiben.
- Bezahlung der Arbeitskleidung und deren Reinigung.
- Stellung der Arbeitsmittel.
- Verbot von berufsfremden Arbeiten.
Wie sieht es bei Faulstroh mit der Durchführung ... aus?
Wir müssen immer noch:
- den Wochenbericht zu Hause schreiben,
- unsere Arbeitsmittel selber kaufen,
- unsere Sicherheitsschuhe selber kaufen,
- unseren Arbeitsanzug zu Hause reinigen lassen, oder uns mindestens einen zweiten kaufen, den wir dann vom eigenen Geld bezahlen müssen,
- auch Frühstück holen und in 'Ausnahmefällen' das Reinigen von Toiletten bleibt uns nicht erspart.
Was heißt das für uns Lehrlinge und Jungarbeiter?
Was zeigen uns diese Beispiele?
Sie zeigen, daß im Kapitalismus selbst Gesetze wie das BBiG, die nur wenige Verbesserungen mit sich bringen, von den Kapitalisten nur insoweit eingehalten werden, als sie für die Kapitalisten von Nutzen sind. Unsere Rechte können wir nur dann durchsetzen, wenn wir sie im gemeinsamen Kampf den Kapitalisten abringen, denn dem Kapitalisten ist nichts an einer guten Ausbildung seiner Lehrlinge gelegen; für ihn ist nur wichtig, daß seine Profite stimmen. Ob sie ihm gut oder schlecht ausgebildete Lehrlinge einbringen, ist ihm völlig gleichgültig. Ihn interessiert nur unsere Arbeitskraft, die ihm die hohen Profite einbringt. Unsere Wünsche, nämlich eine gute Ausbildung, interessieren ihn nicht. Wir haben uns dies lange genug gefallen lassen, es wird Zeit, daß wir uns gegen die Willkür der Kapitalisten zusammenschließen."
Es findet sich auch eine "Erklärung":"
In Darmstadt, wo von Genossen der RJ(ML) die AKTUELLE LEHRLINGSPRESSE herausgegeben wird, wurde von Seiten der Berufsschulleitung und von einzelnen Lehrern versucht, die Redaktion der Zeitung als 'Studentenklüngel' zu diffamieren. Deshalb sehen wir uns veranlaßt, vorsorglich folgende Erklärung abzugeben: Schüler- und Studentengenossen helfen uns nur deshalb beim Verteilen der JLP und beim Verkauf unseres Zentralorganes REBELL, weil wir selbst arbeiten müssen, und daher nicht an allen Tagen in der Woche vor den Berufsschulen verteilen können." Ebenfalls veröffentlicht wird eine "Erklärung des Vesperkollektivs (Redaktion Berufsschule)", in der es u.a. heißt:"
Die 'Vesper', eine Zeitung, die von Groß Gerauer Lehrlingen und Oberschülern herausgegeben wurde, hat ihr Erscheinen eingestellt. Die Berufsfachschüler und Lehrlinge, die bisher in der Redaktion mitarbeiteten, haben sich dazu entschlossen in Zukunft die JUNGARBEITER UND LEHRLINGSPRESSE der REVOLUTIONÄREN JUGEND (MARXISTEN - LENINISTEN) - RJ(ML) zu unterstützen und anderen Gestaltung mitzuarbeiten. Diese Zeitung wird sich unter anderem auch mit den speziellen Problemen von uns Lehrlingen und Jungarbeitern des Kreises Groß Gerau beschäftigen. Es geht vor allem darum die bestehenden Mißstände aufzudecken und ein Organ zu schaffen, in dem unsere Interessen vertreten werden."
Weitere Berichte kommen aus Frankfurt ("Betrug bei Hertie"), wo ebenfalls das BBiG nicht eingehalten wird, von der (Nicht-)Freistellung zum Berichtshefteschreiben bei T+N (vgl. 1.1.1971) und Messer Griesheim, wo darüber noch nachgedacht wird, aus Groß Gerau ("Helfer der Kapitalisten") über die Kreisberufsschule (KBS) (vgl. 14.12.1970) und aus dem Landkreis aus einem Fleischerbetrieb in Nauheim (vgl. 11.1.1971), "Verstärkte Ausbeutung".
=Jungarbeiter und Lehrlingspresse Nr.1,Frankfurt/Groß Gerau Feb. 1971
März 1971:
Ungefähr im März gibt die Grundeinheit Frankfurt 2 (kaufmännische Lehrlinge) der RJ/ML OG Walldorf/Mörfelden ein Flugblatt für die kaufmännischen Berufsschulen in Frankfurt, "Der Lehrermangel stinkt zum Himmel" heraus:"
16% ALLER LEHRERSTELLEN NICHT BESETZT
An den kaufmännischen Berufsschulen in Frankfurt herrscht anhaltender, akuter Lehrermangel. Wie das Darmstädter Regierungspräsidium nur mühsam verlauten ließ, sind 16% und teilweise sogar 36% der Lehrerstellen an unseren Berufsschulen unbesetzt. Die geplanten 12 Stunden Unterricht pro Woche können nicht gehalten werden. Hessen steht mit 6,8 Stunden Unterricht pro Woche an vorletzter Stelle; nur Bayern unterbietet es noch. Der Regierungspräsident und seine Mannschaft, der reaktionäre Teil der Berufsschullehrer, versuchen uns weiszumachen, daß diese Misere auf eine zufällige Fehlplanung von Seiten des Kultusministeriums zurückzuführen ist. Wir meine jedoch:
DIESE ZUSTÄNDE SIND BEABSICHTIGT!
In diesem Staat wurde seit jeher wenig für die Bildung getan. Die Volks- und Realschulen, in denen meistens Kinder der Arbeiter und kleinen Angestellten sind, werden immer am wenigsten gefördert. Auch der neue Bildungshaushalt der SPD hat daran nichts geändert. Die Berufsschulen bekommen immer die kleinsten Brocken ab.
AUCH DAS BBIG VERBESSERT UNSERE LAGE NICHT! ...
DER STUFENPLAN SICHERT DIE PROFITE! ...
WIE KÖNNEN WIR UNSERE LAGE VERBESSERN? ...
Nur wenn wir uns zusammenschließen und gemeinsam gegen die Kapitalisten vorgehen, können wir eine weitere Verschlechterung unserer Lage verhindern. Dabei muß uns aber klar sein, daß erst der endgültige Sieg über die Kapitalisten eine sinnvolle Ausbildung ermöglichen wird, weil die Fehler unserer Ausbildung im kapitalistischen System liegen."
An das ZK der RJ/ML wird berichtet:"
Die Genossen der GE arbeiten z.Z, an einer Kampagne gegen den Lehrermangel und die gesamte Berufsschulmisere. Diese Kampagne wurde hauptsächlich unter zwei Gesichtspunkten aufgebaut:
1. der immer akuter werdende Lehrermangel sowie die Schulraumnot.
2. Die Scheinaktivität der SV's und des DGB zu diesem Thema. Weiterhin wurde es als wichtig erachtet, die Berufsschulmisere, die ein Teil der Berufsausbildungsmisere ist, in Bezug auf das neue BBiG zu bringen. Bisher wurde ein Flugblatt zum Thema Lehrermangel herausgegeben. Ein weiteres Flugblatt zu diesem Thema ist in Vorbereitung. Reaktionen zu diesem Flugblatt konnten wir keine aufnehmen. Dies mag daran liegen, daß gerade die kaufmännischen Berufsschulen mit Flugblättern von allen nur möglichen Organisationen geradezu überschüttet werden. Daher werden wir uns bemühen die nächsten Flugblätter spezifischer auf die einzelnen Schulen abzurichten."
=RJ/ML-OG M/W-GE 2:Der Lehrermangel stinkt zum Himmel,Frankfurt o.J. (1971);
RJ/ML-OG W/M:Bericht der Ortsgruppe Walldorf/Mörfelden für die Zeit vom 9.2.-7.4.71,o.O. o.J. (1971),S.2
29.03.1971:
An Frankfurter und Groß Gerauer Berufsschulen gibt die RJ/ML OG Walldorf/Mörfelden vermutlich in dieser Woche die auf März datierte Nr.2 der 'Jungarbeiter- und Lehrlingspresse' (JLP - vgl. 15.2.1971, 12.4.1971) mit 8 Seiten DIN A 4 heraus.
Verantwortlich zeichnet nun Karl Napp, der ebenso wie Fritz Kainer in der Frankfurter Ernst Thälmann Straße wohnen soll, während Kontakt über das Postfach von H. Schmidt möglich ist. Der Leitartikel behandelt die Verbesserungen durch das BBiG, wie die Freistellung zum Schreiben des Berichtsheftes, die in Frankfurt bei T+N verspätet eingeführt (vgl. 1.1.1971) wurde, während es ebenfalls in Frankfurt noch schlimmer ist:"
Bei Messer Griesheim, Lurgi, Holzmann usw. denken die Kapitalisten bis heute noch nicht daran unseren im BBiG verankerten Rechten nachzukommen." Zu den anderen Verbesserungen wird u.a. auf eine Fleischerei in Nauheim (Kreis Groß Gerau) eingegangen (vgl. 11.1.1971). Weitere Zwischenüberschriften sind:"
Weshalb verweigern die Kapitalisten uns unsere Rechte? ... Wie reagieren die Kapitalisten?", hier wird berichtet von den angeblichen Ulmer Himmelwerken, die aber ebenso wie die Vorgänge in "Was tut die rechte Gewerkschaftsführung" aus Tübingen stammen. Der letzte Absatz fordert:"
KAMPF FÜR DEN STURZ DES KAPITALISMUS!
Kollegen!
Wir dürfen bei dem Kampf für die Durchsetzung der geringfügigen Verbesserungen des BBiG nicht stehen bleiben. Wir können unsere Lage nicht grundsätzlich verbessern, solange wir in einem kapitalistischen Staat leben. Im Kapitalismus zählen nur die Profitinteressen einiger weniger. Die Interessen und Rechte von uns Werktätigen werden mit Füssen getreten. Um unsere Lage wirklich verbessern zu können müssen wir für den Sturz des Kapitalismus kämpfen, den wir nur dann erreichen werden, wenn wir uns in einer revolutionären Organisation zusammenschließen. Die revolutionäre Organisation der Arbeiterjugend ist die REVOLUTIONÄRE JUGEND (ML) - RJ(ML)."
Aus Frankfurt wird in "Es ist soweit" berichtet von der anstehenden Einführung des Stufenplanes bei T+N und von der Metallberufsschule Werner von Siemens in "Der Lehrermangel ist kein Zufall", wo es heißt:"
WIE SIEHT ES AUS?
Seit Jahren herrscht an allen Berufsschulen ein akuter Lehrermangel. Er nimmt von Jahr zu Jahr krassere Formen an. An der Werner von Siemens Schule in Frankfurt wurden ca. 600 Lehrlinge kurz vor der Prüfung für 3 Monate von der Berufsschule beurlaubt." Danach folgt der Artikel in "Diese Zustände sind beabsichtigt! ... Und das BBiG? ... Erhöhte Profite ... der Stufenplan ist ein weiterer Versuch die Arbeiterklasse zu spalten" grob dem Flugblatt der GE Frankfurt 2 der RJ/ML OG (vgl. März 1971) und fährt fort:"
Wir müssen uns gegen die unverschämten Angriffe auf die Interessen der Arbeiterjugend wehren.
Dies erkannten die betroffenen Lehrlinge der Werner von Siemens Schule. Sie wehrten sich mit der Waffe des Streiks gegen die unverschämten Angriffe auf ihre Lebensinteressen. Auch in Darmstadt, wo der Lehrermangel ebenfalls immer krasser wird, wehrten sich die Lehrlinge mit Streiks. In einer Demonstration unter Führung der RJ(ML) Darmstadt verliehen sie ihren berechtigten Forderungen Nachdruck. Die Groß Gerauer Lehrlinge verliehen ihrem Protest gegen den Lehrermangel und der verschärften Ausbeutung im Betrieb durch eine Demonstration durch Groß Gerau Ausdruck."
Aus Groß Gerau wird berichtet aus der KFZ-Werkstatt Nold über Verstöße gegen das BBiG, ähnlich denen bei Faulstroh (vgl. 15.2.1971). In einer Vorbemerkung der Redaktion heißt es:"
In den Kleinbetrieben hat es der Kapitalist nötig, jede zur Verfügung stehende Arbeitskraft voll auszunützen, denn, um mit seiner Konkurrenz mithalten zu können, ohne auf ein schönes Leben zu verzichten, muß er immer wieder neu investieren, immer neuere Maschinen anschaffen. Dies ist ein unumstößliches Gesetz im Kapitalismus, daß der kleine Unternehmer seine Arbeiter stärker auspressen muß, um mit seiner Konkurrenz, den Großkapitalisten (Monopolbourgeoisie) , die über viel größere Mittel als er verfügt, mithalten zu können. Dies kam schon durch den letzten Bericht eines Metzgerlehrlings aus Nauheim klar zum Ausdruck" (vgl. 11.1.1971).
Mit dem BVG befaßt man sich in "Neuer Wein in alten Schläuchen!", wobei der Titel wohl ein wenig verrutscht ist, die Tendenz des Artikels jedenfalls entlarvt das BVG als alten Wein von 1952. Noch immer müsse das Streikrecht für Lehrlinge erkämpft werden.
=Jungarbeiter und Lehrlingspresse Nr.2,Frankfurt/Groß Gerau März 1971
April 1971:
Schüler der Paul Ehrlich Berufsschule in Frankfurt-Höchst demonstrieren, laut KJO Spartacus, zum Stadtschulamt, um eine bessere Ausstattung der Berufsschulen zu fordern.
=Kommunistische Gewerkschaftspolitik - Ausgabe Chemie Nr.1,Frankfurt 1971,S.9
07.04.1971:
Die RJ/ML Ortsgruppe Walldorf/Mörfelden verfaßt ihren letzten Bericht an das ZK, für die Zeit vom 9.2.1971 bis heute.
In der Folge wird die Gruppe in die Ortsgruppen Frankfurt und Groß Gerau aufgeteilt, die aber noch eine ganze Weile gemeinsam die 'JLP' herausbringen. In dem Bericht heißt es in "A. Arbeit in den Grundeinheiten" über die Grundeinheit Frankfurt 1 (gewerbliche Lehrlinge), neben einer Schilderung der Betriebszeitung (vgl. 29.3.1971):"
Weiterhin beschäftigt sich ein ... Genosse der GE mit dem Aufbau einer Berufsschulgruppe an seiner Berufsschule. ... Auf theoretischem Gebiet beschäftigt sich die GE mit der Einschätzung der SPD sowie der Gewerkschaften. Genaue Ergebnisse liegen noch nicht vor, da die angehende Betriebsarbeit in den Vordergrund gedrungen ist. Ebenso wurde über die Frage des antifaschistischen Kampfes diskutiert."
Die Grundeinheit Frankfurt 2 (kaufmännische Lehrlinge) berichtet von ihrem wenig erfolgreichen Flugblatt (vgl. März 1971) und fährt fort:"
Weiterhin ist man sich darüber klar geworden, daß kampffähige SV's auch viel zum Kampf gegen die bestehenden Mißstände beitragen können. Ein Mitglied, das auch Mitglied des Schülervorstandes an einer der wichtigsten kaufmännischen Berufsschulen in Frankfurt ist, hat vor einigen Wochen einen gewerkschaftlichen Arbeitskreis an dieser Schule in's Leben gerufen. Dieser Arbeitskreis versucht an der Schule eine fähige SV aufzubauen. Weiterhin arbeitet ein Mitglied in einem Arbeitskreis im Frankfurter Lehrlings Center 'Berufsschule und SV' mit. Es hat da schon einige wichtige Positionen übernommen. Leider stößt man bei der Arbeit an den kaufmännischen BS immer wieder auf eine trotzkistische Sekte, die sich Junge Garde nennt. Diese Gruppe bildet hauptsächlich die SV an einer anderen kaufmännischen Berufsschule (...). Wir versuchen durch Kontakte zu dieser Berufsschule diese Gruppe zu isolieren. Ein Mitglied, das bei der Post beschäftigt ist, arbeitet in der Jugendgruppe der Postgewerkschaft mit. Viel Erfolg hatte es noch nicht. Die GE hat einen Sympathisantenkreis eingerichtet. Bei dem ersten Treff vor einigen Tagen, waren 2 angebliche Sympathisanten von Spartacus anwesend. Wir konnten sie an Punkten wie zentrale Lehrwerkstätten und 550 DM Lehrlingsgehalt von unserer Linie überzeugen. Auf theoretischem Gebiet beschäftigte sich die GE mit LERNEN FÜR DEN KAMPF und der Stalinfrage. Beim nächsten Treff wird 'Über den Liberalismus' gelesen. Weiterhin ist zu erwähnen, daß 2 Mitgliedern der GE Ausschluß angedroht wurde, wenn sie ihren liberalistischen Arbeitsstil beibehalten.
...
C. Redaktionskollektiv der JLP
Bei der Arbeit des Redkoll ist zu kritisieren, daß es viel zu unabhängig von den Grundeinheiten arbeitet. Das Redkoll bereitet gerade die JLP Nr.3 vor (vgl. 12.4.1971,d.Vf.). Nach der herausgabe dieser Nummer wird das Redkoll von den betreffenden Grundeinheiten gestellt."
=RJ/ML-OG W/M:Bericht der Ortsgruppe Walldorf/Mörfelden für die Zeit vom 9.2.-7.4.71,o.O. o.J. (1971)
12.04.1971:
Vermutlich in dieser Woche gibt in Frankfurt und Groß Gerau die RJ/ML des KAB/ML die Nr.3 ihrer 'Jungarbeiter und Lehrlingspresse' (JLP) (vgl. 29.3.1971, 24.5.1971) in einem Umfang von 6 Seiten DIN A 4 heraus. Die Verantwortung übernimmt Karl Napp, angeblich wohnhaft im Frankfurter Fritz Kainer Weg. Der Leitartikel fordert: "Für eine starke Jugendvertretung!".
Aus Groß Gerau wird berichtet in "Militaristen in der KBS".
Aus Frankfurt wird ein Artikel aus dem eigenen 'T+N-Arbeiter' (vgl. 29.3.1971), nämlich "T+N betrügt Lehrlinge" nachgedruckt. Gefordert wird "Heraus zum 1.Mai".
=Jungarbeiter- und Lehrlingspresse Nr.3,Frankfurt/Groß Gerau Apr. 1971
24.05.1971:
Vermutlich in dieser Woche gibt in Frankfurt und Groß Gerau die RJ/ML des KAB/ML die Nr.4/5 ihrer 'Jungarbeiter und Lehrlingspresse' (JLP) für Mai/Juni (vgl. 12.4.1971, Sept. 1971) in einem Umfang von 8 Seiten DIN A 4 heraus. Die Verantwortung übernimmt Karl Napp, Kontakt geht über H. Schmidt in Frankfurt. Aus Frankfurt wird berichtet vom 1.Mai (vgl. auch 30.4.1971) und der Spaniendemonstration (vgl. 8.5.1971). Aus Groß Gerau wird berichtet aus der Kaufmännischen Berufsschule und von den KFZ-Lehrlingen bei der Firma März, die eher als Maurer beschäftigt sind. Aus Offenbach wird berichtet von den Fahrpreiserhöhungen (vgl. 1.5.1971) und der Aktion Roter Punkt (vgl. 4.5.1971).
Im Leitartikel "Für die Erweiterung unserer demokratischen Rechte" heißt es:"
DGB STELLT FORDERUNGEN ZUM 'JAHR DES JUNGEN ARBEITNEHMERS'
Das Jahr 1971 ist vom DGB zum 'Jahr des jungen Arbeitnehmers' erklärt worden. Dazu hat er Forderungen aufgestellt, die wir darauf untersuchen wollen, was wir von ihnen zu halten haben: Wie sind die Forderungen des DGB einzuschätzen und welche Ziele verfolgt der DGB damit? Im Ganzen betrachtet, hören sich diese Forderungen alle sehr gut an. Wenn es dem DGB jetzt darum geht, diese Forderungen wirklich durchzusetzen, würde das unseren Kampf um einige Schritte weiterbringen. Unsere demokratischen Rechte wären dann um einiges erweitert. Sehen wir uns aber die Begründung der Forderungen genauer an, wird uns klar, daß dort versucht werden soll, diesen an sich richtigen Forderungen eine falsche Zielrichtung zu geben.
MEHR RECHTE FÜR DIE JUGENDVERTRETUNG
Die erste der fünf Hauptforderungen ist: Mehr Rechte für die Jugendvertretung. Diese Forderung wird seit langem von der RJ(ML) vertreten. Um unser Interesse im Betrieb wirksam vertreten zu können, brauchen wir eine starke Jugendvertretung. Deshalb sind die Teilforderungen des DGB: Zahl der Jugendvertreter erhöhen, Kündigungsschutz für Jugendvertreter, Sprechstunden der Jugendvertretung, richtig.
Dann aber wird gefordert: 'Die Teilnahme an Betriebs- und Personalratssitzungen mit beratender Stimme bzw. bei Jugendfragen mit Stimmrecht.'
Was heißt das? - Das heißt nichts anderes, als daß die Jugendvertretung in allen Fragen - Jugendfragen ausgenommen - kein Stimmrecht hat. Diese Forderung der rechten Gewerkschaftsführung weicht um keinen Deut von dem arbeiterfeindlichen BVG-Entwurf der sozialreaktionären SPD/FDP-Regierung ab. Damit sollen die Spaltungsversuche der Kapitalistenklasse unterstützt und unsere Kampffront geschwächt werden, indem man uns weismachen will, daß wir andere Interessen hätten als unsere älteren Kollegen im Betrieb und wir somit nicht mitentscheiden könnten.
REFORM DES BERUFSBILDUNGSWESENS
Auch die zweite Forderung des DGB nach einer 'Reform des Berufsbildungswesens' ist eine Forderung, hinter die wir uns voll und ganz stellen. Allerdings können wir uns auch hier nicht mit der Begründung der rechten Gewerkschaftsführung zu der Forderung zufriedengeben, denn die Reformvorschläge sehen so aus, daß die 'Ausbildungsstätten rechtlich und betriebswirtschaftlich unabhängig sein müssen.' Anders ausgedrückt ist das die Forderung nach 'staatlichen Lehrwerkstätten'. Dort soll unsere Ausbildung aus den Händen der einzelnen Kapitalisten in die Hände des kapitalistischen Staates gelegt werden. Auch da würde sich an unserer Lage nicht viel ändern. Auch da müßten wir für die Produktion arbeiten, denn im Kapitalismus ist die Ausbildung immer den Profitinteressen der Kapitalisten untergeordnet. Außerdem werden wir durch solche 'staatlichen Lehrwerkstätten' völlig von unseren Kollegen im Betrieb getrennt. Dort die Kollegen im Betrieb, hier wir. Damit soll ein einheitliches und geschlossenes Vorgehen der Arbeiterklasse verhindert werden. Jahre werden wir isoliert in 'staatlichen Lehrwerkstätten' arbeiten und von einem 'Lehrlingsstipendium' leben, das dadurch finanziert werden soll, daß die Kapitalisten eine 'Ausbildungsabgabe' leisten. Diese Forderung stellt eine glatte Irreführung der Arbeiterjugend dar. Welcher Kapitalist schenkt uns schon eine Ausbildung? Ihr Interesse liegt doch nicht darin, daß wir gut ausgebildet werden. Ihr Interesse ist einzig und allein, daß wir nur so viel lernen, daß wir ihnen möglichst schnell, möglichst viel Profit erarbeiten. Denn sonst hätten sie sich ja nicht das Berufsbildungsgesetz geschaffen, in dem sie sich diese Rechte klar sichern. Diese Forderung nach staatlichen Lehrwerkstätten müssen wir also klar zurückweisen, denn sie ist nicht in unserem Interesse. Wir wissen, daß nur gemeinsames, geschlossenes Auftreten mit den älteren Kollegen uns wirklich Erfolge bringt. Deshalb können wir es nicht zulassen, daß unsere Einheit gespalten werden soll.
BILDUNGSURLAUB
Die dritte Hauptforderung ist: 3 Wochen Bildungsurlaub. Auch diese Forderung gilt es durchzusetzen. Der Arbeiterjugend wird Bildung vorenthalten. Wir müssen jetzt dafür sorgen, daß wir von den Kapitalisten freigestellt werden und für diese Zeit unseren vollen Lohn erhalten, weil wir nur so die Möglichkeit haben, uns größeres Wissen anzueignen.
REFORM DES JUGENDARBEITSSCHUTZES (JuArschG,d.Vf.)
Die vierte Hauptforderung stellt die 'Reform des Jugendarbeitsschutzes' dar. Diese Forderung müssen wir unterstützen, wenn man bedenkt, daß allein 1968 50 000 Verstöße gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz registriert wurden, aber nur gegen knapp 5% etwas unternommen wurde. Wir müssen die tagtäglichen Verstöße der Kapitalisten gegen dieses Gesetz, d.h. ihre Angriffe gegen unsere Gesundheit und unser Lebensrecht aufdecken, anprangern und bekämpfen.
MIT 18 JAHREN VOLLJÄHRIG
Die letzte der fünf Forderungen ist: Volljährigkeit mit 18 Jahren. Diese Forderung ist durchaus richtig und wird seit langem von den Jugendlichen gestellt. Warum legt sie der DGB aber gerade erste heute vor? Die rechte Gewerkschaftsführung arbeitet mit der sozialreaktionären SPD-Regierung Hand in Hand. Die SPD verspricht sich gerade von den Jungwählern eine große Stimmenzahl und fordert schon seit einiger Zeit die Herabsetzung des Wahlalters auf 18 Jahre. Mit dieser Forderung will die rechte Gewerkschaftsführung lediglich Schützenhilfe für die SPD leisten.
DIE FORDERUNGEN DURCHSETZEN
Wir haben gesehen, daß diese Forderungen zwei Seiten haben. Einerseits stellen diese Forderungen - wenn sie durchgeführt werden - eine wichtige Erweiterung unserer demokratischen Rechte dar. Andererseits begründet der DGB einen Teil dieser Forderungen mit irreführenden und arbeiterfeindlichen Argumenten. Für uns Lehrlinge und Jungarbeiter heißt das: Aktiv für die Durchsetzung dieser Forderungen kämpfen. Dabei wird es sich herausstellen, wie ernst es die Gewerkschaftsführung mit dem 'Jahr des jungen Arbeitnehmers' meint."
=Jungarbeiter und Lehrlingspresse Nr.4/5,Frankfurt/Groß Gerau Mai/Juni 1971
02.07.1971:
Von der vermutlich heute stattfindenden Freisprechung der Koch- und Kellnerlehrlinge in Frankfurt berichtet die OG der RJ/ML des KAB/ML:"
KOCH-LEHRLING AM SPRECHEN GEHINDERT
Anfang Juli kam es bei dem Prüfungsessen zur Abschlußprüfung der Koch- und Kellnerlehrlinge in der Bergiusschule zu tumultartigen Szenen, als Prüfling Rainer H. etwas über seine Ausbildung sagen wollte. Mit Gewalt wurde er von rückschrittlichen Berufsschullehrern im Beisein von IHK-Vertretern daran gehindert seine Ansprache zu halten. Stattdessen wurde ein anderer Prüfling beauftragt einige 'Dankesworte' an die Prüfungskommission zu richten. Noch zwei Unverschämtheiten sind dann passiert:
Zuerst erdreistete sich der Direktor der Bergius-Schule in seiner Rede zu behaupten, 'Die Schule erziehe zur Kritik!', und dann erpreßte ein Berufsschullehrer die anwesenden Lehrlinge unter Ausnutzung ihrer rechtlichen Unkenntnis mit der Drohung: 'Wenn Ihr Euch nicht von Rainer H. distanziert, werdet Ihr nicht freigesprochen.'
In Wirklichkeit hat die Freisprechung gar nichts mit der Prüfung zu tun, sondern ist nur ein fauler Zauber mit dem man uns vormachen will: 'Jetzt beginnen die Herrenjahre'.
Später erklärten über 100 Lehrlinge in einer Protestresolution unter anderem: 50 Arbeitsstunden in der Woche und eine tägliche Arbeitszeit von 10 Stunden sind bei uns an der Tagesordnung."
=Jungarbeiter und Lehrlingspresse Nr.6,Frankfurt/Groß Gerau Sept. 1971,S.5
17.07.1971:
Die Ortsgruppe Frankfurt der RJ/ML des KAB/ML, die aus der OG Walldorf/Mörfelden entstand (vgl. 7.4.1971) verfaßt ihren ersten Bericht an ihr ZK, in dem es u.a. heißt:"
3. Berufsschulgrundeinheit Frankfurt
Den Genossen dieser GE war am Anfang noch gar nicht so richtig klar, an welchen konkreten Punkten sie eigentlich arbeiten sollten. Man richtete ziellos Sympathisantenkreise ein, bei denen man über betriebliche und berufsschulspezifische Probleme diskutierte, aber doch nicht so richtig eine feste Konzeption anbieten konnte. Mit den Mitteln der Elementarschulung versuchte man dies zu überbrücken. Aks man dadurch noch Rückschläge erlitt, machten sich die Genossen daran, ihren eigenen Arbeitsstil zu überprüfen. Man gelangte zu der Auffassung, daß man zuerst die konkreten Möglichkeiten, die uns aufgrund der z.Z. nicht gerade großen quantitativen Stärke gegeben sind, überprüfen sollte. Dabei kam man zu folgenden Schlußfolgerungen:
1. Nur an den wenigen wichtigen Berufsschulen in Frankfurt politische Arbeit zu leisten, um eine sinnlose Verzettelung zu vermeiden.
2. Der Inhalt unserer politischen Arbeit sollte die Auseinandersetzung mit der miserablen Berufsausbildung sein und die SV's der Berufsschulen in unseren Arbeitsbereich miteinzubeziehen, d.h. durch die SV Wahlen wichtige Funktionen zu bekommen. Weiterhin wird von dieser GE die JUNGARBEITER UND LEHRLINGSPRESSE herausgegeben. Es wird zur zeit daran diskutiert, wie man die JLP auf das Niveau einer korrekten Berufsschulzeitung bringen kann. Zudem ist noch eine Selbstkritik an der letzten Nummer der JLP zu leisten. In dem Artikel über die Rote-Punkt-Aktion in Offenbach (vgl. 4.5.1971,d.Vf.) wurde schematisch die Forderung 'Nulltarif bezahlt aus Unternehmerprofit' übernommen. Erst nach einigen Diskussionen wurde klargestellt, daß dies eine typisch trotzkistische 'systemsprengende' Forderung ist. Wenn es Nulltarif im Kapitalismus geben sollte, wird er aus Steuergeldern bezahlt, und nicht aus Unternehmerprofit. Weiterhin wurde die Losung 'Die Gewerkschaft ist unsere Kampforganisation' in einem völlig anderen Zusammenhang gebracht und zwar so, als ob die jetzigen Gewerkschaften schon eine Kampforganisation der Arbeiterklasse seien."
=RJ/ML-OG Frankfurt:Gruppenbericht für die Zeit vom 7.4.1971-17.7.1971
September 1971:
Die Ortsgruppen Frankfurt und Groß Gerau der RJ/ML des KAB/ML geben die Nr.6 ihrer Berufsschulzeitung 'Jungarbeiter und Lehrlingspresse' (vgl. 24.5.1971, 4.10.1971) in einem Umfang von 14 Seiten DIN A 4, unter Verantwortung von J. Möcks in Frankfurt, heraus. Der Leitartikel "Ausbildung gleich Ausbeutung" wendet sich an diejenigen, die am 1.9.1971 ihre Lehre begannen. Lehrlings- und Jungarbeiterberichte kommen aus Frankfurt von einer Bauzeichnerlehre bei der Firma Kögel und ohne Ortsangabe von einem KFZ-Schlosser. Berichtet wird auch von den Frankfurter Kochlehrlingen (vgl. 2.7.1971). Aus Leverkusen wird berichtet vom Streik der Bayerlehrlinge, aus Ludwigshafen von der Lehrlingsdemonstration bei BASF, aus Duisburg von der Verschacherung der Lehrlinge der Kupferhütte.
Im Artikel "Für eine starke SV" heißt es:"
An den meisten Berufsschulen hört man nichts über die Arbeit der Schülervertretung. Kein Wunder, denn dort wird auch so gut wie gar nichts getan. Die verschiedenen SV-Gremien sind kaum arbeitsfähig, da wo es den Anschein hat, als ob was getan wird, dort werden großartige Veranstaltungen, Seminare und sonstige 'Großartige' Sachen gemacht.
An der Phillipp Holzmann Schule z.B. erschöpfte sich die SV-Arbeit bisher in einem 'Kunstwettbewerb' und einer 'Trimm-Dich Aktion', statt an den Problemen in der Berufsschule zu arbeiten. Oft setzen Vertrauenslehrer und SV-Funktionäre ihre rein privaten Interessen oder politischen Ansichten durch und gestalten danach die 'Arbeit' der SV. Daran sind natürlich wir anderen Lehrlinge nicht interessiert. Aber es gibt auch eine Menge SV-Vertreter, die bereit sind, unsere Interessen zu vertreten, aber ihnen werden immer wieder von verschiedenen Seiten Steine in den Weg gelegt, z.B. von der Schulbürokratie, unseren Rektoren und Lehrern.
Es ist genauso wie im Betrieb mit der Jugendvertretung. Man hält überhaupt nichts davon, daß wir unsere Interessen selbst vertreten; ja, man geht sogar so weit uns Desinteresse vorzuwerfen. Das ist der alte Trick, man wiegelt fortlaufend ab, um dann zu sagen, wir wollten nicht.
Jeder weiß, daß die SV durch ihren Aufbau und ihre Struktur eng an die Schulbürokratie gebunden ist. So heißt es z.B. in der momentan gültigen Verordnung über die SV's in Hessen: 'Der Schulleiter kann nach Anhörung der zuständigen Stufenvertretung und nach Beratung im Vermittlungsausschuß der Durchführung einer Veranstaltung widersprechen, wenn sie mit einer besonderen Gefahr für die Schüler verbunden ist, oder wenn befürchtet werden muß, daß sie geeignet ist, den Erziehungsauftrag der Schule zu gefährden.' Diese Formulierung ist so allgemein gehalten, daß sie der Willkür gewisser Schulleiter Tür und Tor öffnet.
Trotz allem gibt es an allen Berufsschulen noch sehr viele andere Leute die bereit sind etwas zu tun und auch Zeit dafür aufbringen wollen. Doch diese Lehrlinge bekommen kaum Kontakt mit SV-Vertretern, einmal weil die SV's keine öffentlichen Veranstaltungen machen, zum anderen weil die Verbindungsmöglichkeiten an der Berufsschule schlecht herzustellen sind, da wir an verschiedenen Tagen Berufsschule haben und dazu noch viele auswärts wohnen.
Der einzige, der einen Überblick über die Arbeit der einzelnen Tagesgremien hat und auch die meisten von uns kennt, ist der Vertrauenslehrer. Dadurch hat dieser ein gefährliches Monopol. Der bekannteste Fall, wo ein Vertrauenslehrer das ausgenutzt hat ist der des Lehrers Fischborn aus Darmstadt an der Erasmus Kittler Schule. Er hatte einige SV-Vertreter um sich geschart, wie ein Hirte seine Schafe, und sich geweigert, seine Informationen rauszurücken. Als einige Lehrlinge ihn daraufhin ansprachen, drohte er die Veranstaltungen platzen zu lassen.
SOLCHE VERTRAUENSLEHRER HABEN NICHTS IN DER SV ZU SUCHEN!
Die Schul- und Tagessprecher müssen intensiver zusammenarbeiten; den interessierten Lehrlingen Möglichkeiten der Mitarbeit gegeben werden. Die SV kann nicht länger herumhandwerkeln - ohne Kontakt zu anderen Lehrlingen. Im September werden in allen Berufsschulen die Klassensprecher und Schulsprecher gewählt. Wir Jungarbeiter und Lehrlinge in der Revolutionären Jugend (ML) haben dazu folgende Forderungen aufgestellt:
- Regelmäßige Klassensprecherversammlungen
- Verwirklichung der 12-Stunden Berufsschulwoche (Von den 1,3 Mill. Lehrlingen und Jungarbeitern erhalten viele weniger als 50% des Sollunterrichts.)
- Beseitigung des Raumnotstandes vor allem an der Siemens und Gutenbergschule
- Beseitigung des Lehrermangels
- Ordentliche Eß- und Aufenthaltsräume sowie Kantinen mit Selbstkostenpreisen
- Wahl eines fortschrittlichen Vertrauenslehrers durch die SV
- Bezahlung des Materialgeldes
- Bei der Namensgebung von neu eingerichteten Berufsschulen in Zukunft keine Kapitalisten wie Siemens, Kleyer, Holzmann, Bethmann, sondern Benennung nach führenden Persönlichkeiten der Arbeiterbewegung."
In "Für unsere Forderungen müssen wir kämpfen" wird zu den Metalltarifverhandlungen gefordert:
- Einheitlicher Tarifvertrag für Arbeiter und Lehrlinge!
- 60% vom Ecklohn einheitlich für alle Lehrlinge!
- Für Arbeit in der Produktion - Arbeiter- oder Gesellenlohn!
- Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!
- Wegfall der Lohnstaffelung nach Altersgruppen!
- Weg mit dem arbeiterfeindlichen BVG!.
Mit dem BVG befaßt man sich auch in "Für eine fortschrittliche, demokratische Betriebsverfassung", wo es u.a. heißt:"
Die Herren von der SPD/FDP-Regierung wollen uns Lehrlingen noch immer nicht das Streikrecht zugestehen. Wir sollen als Streikbrecher gegen unsere älteren Kollegen eingesetzt werden (die Lehrlinge des Degussa-Werkes in Hanau haben den Chemiebossen gezeigt, daß sie sich nicht für dumm verkaufen lassen. Sie haben genau wie ihre älteren Kollegen gestreikt). Doch wir werden den Kampf für das Streikrecht aufnehmen."
In "2. Bildungsweg" (ZBW) heißt es:"
An den meisten Frankfurter Berufsschulen gibt es sogenannte Berufsaufbauklassen, dort, so heißt es, können alle fleißigen, willigen und begabten Lehrlinge die Fachschulreife in Abend- oder Tageskursen nachholen. Stimmt das? Nein, das ist eine plumpe Lüge. Diese Schulen sind nämlich in Wirklichkeit für eine Minderheit gemacht. Wollten wir alle auf diese Schulen gehen, sie würden aus den Nähten platzen: Lehrer und Räume würden überhaupt nicht ausreichen. Auch das Geld, mit dem die Schüler des sogenannten zweiten Bildungswegs gefördert werden (Höchstsatz 380 DM) ist nur begrenzt vorhanden. Wenn es also einen Massenansturm auf diese Schulen gäbe, würde man in noch größerem Maße sieben als bisher, man würde ganz einfach die Prüfungen schwerer machen. Dieses Prinzip hat man an der Universität schon lange unter dem Namen Numerus Clausus eingeführt.
Die Taktik ist also klar:
Einerseits die Propaganda, jeder könne es bis zum Ingenieur bringen (Wer sollte dann die Arbeit machen?), - andererseits scharfe Auslese. Denjenigen, denen es trotzdem 'gelingt', redet man ein, sie seien 'was besseres'. Immer wieder heißt es auf diesen Schulen 'Sie als zukünftige Ingenieure', 'Sie, die Sie später in gehobene Positionen kommen' und ähnliche Sprüche. Es ist klar was damit erreicht werden soll: Diese Arbeiterjugendlichen will sich die Bourgeoisie (Kapitalistenklasse) rechtzeitig kaufen. Sie versucht ihnen ein arbeiteraristokratisches Bewußtsein einzureden. Hinter diesem Gerede von der 'Elite', versteckt sich die alte Unternehmerregel: 'Teile und herrsche'. Entsprechend ist auch der Aufbau des Unterrichts: sehr viel Stoff wird in kurzer Zeit durchgenommen, damit wir nicht zuviel Freizeit haben, in der wir über unsere Lage nachdenken können.
Die meisten Fächer sind technische Fächer, dazu ein Schuß Allgemeinbildung, damit man in 'höheren Kreisen' mitreden kann. Im Sozialkundeunterricht wird völlig praxisfern die parlamentarische Demokratie, die Menschenrechte u.ä hochgelobt, aber wie es in den Betrieben aussieht, was Lohnraub ist, was es mit dem BBiG und dem BVG auf sich hat, warum Lehrlinge kein Streikrecht haben und der Betriebsrat mit Gefängnis bestraft wird, wenn er sich für uns einsetzt, von allem kein Wort. Es gibt keinen Zweifel: Der zweite Bildungsweg ist ein weiterer Versuch der Kapitalisten die Arbeiterklasse zu spalten, der zweite Bildungsweg ist Sand in den Augen der Arbeiterjugend. Die Kollegen, die schon auf diesen Schulen sind, dürfen nicht vergessen: Wir sind eine Arbeiterklasse!!!"
In "Hasch an der Berufsschule" wird z.T. der einschlägige Artikel im 'Rebell' Nr.32 (vgl. Juni 1971) als Vorlage benutzt, aber auch selbst formuliert:"
Seitdem auch hier in Frankfurt Lehrlingsdemonstrationen und Streiks stattfinden und immer mehr von uns ihre beschissene Situation erkennen und bereit sind, etwas dagegen zu unternehmen, ist der Handel mit dem Hasch an den Frankfurter Berufsschulen enorm gestiegen. Dem Hasch ist zum Teil Opium beigemischt, um sich einen festen Kundenkreis zu sichern."
Es folgt der 'Rebell' zur Popkultur, die jugendliche Kaufkraft abschöpft:"
Auch in Frankfurt wir duns in den Diskotheken und Plattenläden der sauer verdiente Lohn aus den Taschen gezogen. Der Trick mit der Schließung der Haschkneipe 'Zoom' wegen Rauschgiftverkaufs ist in der Zwischenzeit allenthalben bekannt. Jeder weiß, daß die Dealer eben in andere Diskotheken umgezogen sind."
=Jungarbeiter und Lehrlingspresse Nr.6,Frankfurt/Groß Gerau Sept. 1971
September 1971:
Die OG Frankfurt der RJ/ML des KAB/ML berichtet aus der Berufsschule Paul Ehrlich in Frankfurt-Höchst:"
Die alte Schülervertretung ... gab in den Septemberwochen ein Flugblatt heraus, in dem sie Informationen zur Neuwahl der SV gab. Die Kollegen traten für eine leistungsfähige SV ein, die zusammen mit den anderen Frankfurter SV's gemeinsame Probleme anpackt. Als Kandidaten forderten sie fortschrittliche Kollegen, bei denen man sich darauf verlassen kann, daß sie sich ernsthaft für uns einsetzen. Weietrhin forderten sie: Beiseitigung von Mißständen, wie Büchermangel, zu wenig Unterricht, veraltete Lehrmethoden. ... die Weiterführung des Kampfes für einen Schulneubau. ... Schülervertreter auf Konferenzen. ... eine Schülerzeitung in der jeder seine Meinung frei äußern kann."
=Jungarbeiter und Lehrlingspresse Nr.7,Frankfurt/Groß Gerau Okt. 1971,S.8
04.10.1971:
Die Ortsgruppen Frankfurt und Groß Gerau der RJ/ML des KAB/ML geben vermutlich in dieser Woche die Nr.7 ihrer Berufsschulzeitung 'Jungarbeiter und Lehrlingspresse' (vgl. Sept. 1971, 25.10.1971) in einem Umfang von 10 Seiten DIN A 4, unter Verantwortung von J. Möcks in Frankfurt, heraus.
Im Leitartikel "Lehrlingsausbildung in Frankfurt" werden die Ergebnisse einer Untersuchung von Frankfurter Gewerkschaftsjugendlichen über die Mißstände in der Ausbildung veröffentlicht.
Angekündigt wird eine Reihe von Filmveranstaltungen der RJ/ML in Frankfurt (vgl. 8.10.1971, 22.10.1971, 5.11.1971).
Ein Soldat berichtet aus der Bundeswehr und eingegangen wird auch auf die "Lehrlingsausbildung bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung", wozu es u.a. heißt:"
Nach den Jugendvertreterwahlen, Ende April 1971, haben wir für jeden Monat eine Lehrlingsversammlung durchgesetzt. Auf diesen Versammlungen wurde uns klar, daß eine Menge an unserer Ausbildung faul ist, wie Büroarbeiten, Unterricht, Vorträge, Berufsschule und Bezahlung. Deshalb hatten wir beschlossen, dies in einem Brief zusammenzufassen und an die Direktion der FAZ zu übergeben. Die Antwort darauf erhielten wir in einem Rundschreiben: Sämtliche Lehrlinge machen nach einem Jahr Stenounterricht eine Prüfung bei Herrn Kapp und dieser wählt dann die Lehrlinge aus, die noch weiterhin am Stenokurs teilnehmen. Den anderen wird der Kurs ersatzlos gestrichen, d.h. daß sie in dieser Zeit im Büro arbeiten müssen."
In "SV-Wahlen" heißt es:"
An den wenigsten der 22 Frankfurter Berufsschulen sind bis jetzt Klassen-, Tages- und Schulsprecher gewählt worden. Es gibt noch immer Direktoren, denen es aus verschiedenen Gründen lieber ist, keine SV zu haben. Einige gehen dabei soweit die Wahlen zu verhindern, andere tun zumindest nichts, um sie zu ermöglichen. Nur sehr wenige fortschrittliche Vertrauenslehrer versuchen, zusammen mit den Schülern, eine leistungsfähige SV aufzubauen. An der Philipp Holzmann Schule z.B. gab es 2 1/2 Monate keine SV mehr, weil der damalige Schulsprecher zurückgetreten war. An der KB 1 (Kaufmännische Berufsschule 1,d.Vf.) gibt es schon lange keine SV mehr, ebenso in der KB 5. Obwohl die SV in ihrem Aufbau und ihrer Struktur eng an die Schulbürokratie gebunden ist, meinen wir, daß der Aufbau einer starken SV als Interessenvertretung der Berufsschüler notwendig ist. Wir müssen auf ihrer Wahl bestehen."
Meldungen kommen von der Paul Ehrlich Berufsschule in Frankfurt-Höchst (vgl. Sept. 1971), über das Nicht-Ablehnen von Kultusminister Friedeburg gegenüber Werbeveranstaltungen der Kapitalisten und der Bundeswehr in den Schulen, aus Wetzlar (vgl. 18.9.1971), Limburg (vgl. 26.9.1971), der IGM-Jugend Frankfurt (vgl. 25.9.1971) und aus Groß Gerau erneut vom Autohaus März.
=Jungarbeiter und Lehrlingspresse Nr.7,Frankfurt/Groß Gerau Okt. 1971
08.10.1971:
Die OG Frankfurt der RJ/ML des KAB/ML will im Camera-Kino in der Gräfstraße den Film "Arbeitskampf im Ruhrgebiet" für Berufsschüler zeigen (vgl. 6.10.1971, 22.10.1971).
=Jungarbeiter und Lehrlingspresse Nr.7,Frankfurt/Groß Gerau Okt. 1971,S.4 und Beilage
18.10.1971:
Die RJ/ML des KAB/ML berichtet aus Frankfurt:"
Am Montag, den 18.10.1971, hatten die Berufsschüler der Werner von Siemens Schule genug: Lehrermangel, Raummangel und fehlende Lehrmittel brachten das Faß zum Überlaufen. (...) Die Berufsschüler traten in den Streik. Gemeinsam mit Delegationen der Heinrich Stefan Schule, der Bergius Schule und der Paul Ehrlich Schule, sowie Lehrlingen von Telefonbau und Normalzeit, den Siemenswerken und der Post, fuhren 1 500 Berufsschüler mit Bussen, Autos, Mopeds und der Bahn nach Wiesbaden, und veranstalteten dort einen Demonstrationszug zum Kultusministerium.
Sie protestierten dagegen daß:
- 32 Klassenräume fehlen,
- 25 Lehrer fehlen,
- keine Lehrmittel vorhanden sind,
- manche Klassen, z.B. das erste und zweite Lehrjahr des Fernmeldeamtes II, nur zwei Stunden in der Woche und andere Klassen alle 14 Tage nur 3 Stunden Unterricht haben.
Eine Verbesserung der Situation wurde schon lange versprochen, aber die Zustände wurden immer schlimmer. Als die Berufsschüler der Siemens-Berufsschule auf die Straße gingen, bekamen sie immer wieder vorgehalten, daß die Mängel an der Berufsschule doch nur vorübergehend seien und daß die Mißstände bald beseitigt würden. Vor allem die SPD-Politiker in der Stadt- und in der Landesregierung ritten auf dieser Welle, um die Lehrlinge von ihrem berechtigten Kampf für ihre Interessen abzuhalten. Was von diesen Sprüchen zu halten ist, war allen Berufsschülern klar: Seit 1922 keinen vollen Unterricht an der Siemensschule - das ist keine Zufälligkeit, keine Fehlplanung - und wer es trotzdem behauptete wie die beamteten SPD-Demagogen und die SPD-treue 'Frankfurter Rundschau' wurde entlarvt als 'Schwätzer und Schaumschläger'. ...
Der Streik an der Siemensschule ist erst der Anfang!
Durch unseren solidarischen Kampf können wir an den Berufsschulen und auch in den Betrieben Verbesserungen erreichen. Wir dürfen uns aber nie die Illusion machen, daß sich unsere Lage im Kapitalismus grundlegend ändert. Ändern wird sich unsere Lage erst dann, wenn die Arbeiterklasse die Macht hat, den kapitalistischen Staat zerschlägt und ihren eigenen Staat errichtet. Forderungen nach staatlichen Lehrwerkstätten als Alternative zur betrieblichen Ausbildung wie sie von der SDAJ, den Jusos, dem FLC und diversen trotzkistischen Gruppen aufgestellt werden, gehen am Ziel vorbei, weil damit die Hoffnung verbunden ist im Kapitalismus den Staat gegen die Kapitalisten verwenden zu können."
Die RJ/ML verteilt ein Flugblatt.
Laut KJO Spartacus sind es 1 500 demonstrierende Berufsschüler, die mehr Lehrer, mehr Räume, mehr Bücher und eine 'bessere' Ausbildung forderten.
=Kommunistische Gewerkschaftspolitik - Ausgabe Chemie Nr.1,Frankfurt 1971;
Rebell Nr.37,Tübingen Nov. 1971;
Jungarbeiter und Lehrlingspresse Nr.8,Frankfurt/Groß Gerau Dez. 1971,S.1f
25.10.1971:
Die Ortsgruppen Frankfurt und Groß Gerau der RJ/ML des KAB/ML geben vermutlich in dieser Woche die Nr.8 ihrer Berufsschulzeitung 'Jungarbeiter und Lehrlingspresse' (vgl. 4.10.1971, Dez. 1971) in einem Umfang von 8 Seiten DIN A 4, unter Verantwortung von J. Möcks in Frankfurt, heraus. Der Leitartikel widmet sich dem "Streik an der Siemens-Berufsschule" (vgl. 18.10.1971).
Berichtet wird auch aus Limburg (vgl. 2.10.1971), über Streiks bei Bayer Leverkusen, einen Koch-Lehrling in Bamberg, Wehrkunde in Baden-Württemberg und eine Untersuchung des DGB Darmstadt, der auch für Groß Gerau zuständig ist, über Lehrlingsausbildung. Weitere Artikel sind "Wehrdienst verkürzt - Militarisierung verschärft" und "Streikrecht für Lehrlinge durchsetzen!". Eingegangen wird auch auf die Lehrlingsmetalltarifrunde. Angekündigt werden Filmveranstaltungen in Frankfurt (vgl. 5.11.1971) und Groß Gerau (vgl. 4.11.1971).
=Jungarbeiter und Lehrlingspresse Nr.8,Frankfurt/Groß Gerau Nov. 1971
Dezember 1971:
Die Ortsgruppen Frankfurt und Groß Gerau der RJ/ML des KAB/ML geben die Nr.9 ihrer Berufsschulzeitung 'Jungarbeiter und Lehrlingspresse' (vgl. 25.10.1971, 17.1.1972) in einem Umfang von 8 Seiten DIN A 4, unter Verantwortung von J. Möcks in Frankfurt heraus.
Im Leitartikel "Verstärkter Lehrermangel im nächsten Schuljahr" heißt es:"
DER LEHRERMANGEL WIRD ZUNEHMEN!
Der Streik an der Siemens-Berufsschule (vgl. 18.10.1971,d.Vf.) hat es ans Licht gebracht: der Lehrermangel, der Raum- und Materialmangel sind kein Zufall, keine Fehlplanung, sondern eine BEABSICHTIGTE Verschlechterung der Lage der Arbeiterjugend.
Wie versuchen die Kapitalisten und ihre Handlanger die Wahrheit zu vertuschen? Erstens, indem sie vom 'menschlichen Versagen' der 'zuständigen Behörden' reden, zweitens, indem sie die Tatsachen einfach leugnen und frech das Gegenteil behaupten.
DAS SIEHT SO AUS: Wo Lehrermangel herrscht redet man von 'Lehrerschwemme', wo die Zahl der Schüler immer mehr zunimmt (1970: 12,5 Mio. Jugendliche im Schulalter - 1975 ca. 13,4 Mio.) redet man vom 'Pillenknick', d.h. man erzählt das Ammenmärchen, 'weil immer mehr Frauen die Pille nähmen, würde die Schülerzahl spürbar abnehmen.'"
Betont wird "Lehrlinge - Teil der Arbeiterklasse" und gefordert "Unterstützt die SV":"
Die Jungarbeiter und Lehrlinge haben vor ca. 6 Wochen in den Berufsschulen ihre Schülervertretungen gewählt. Diese Wahlen waren der Anlaß für viele Kollegen die Mißstände in der Schule und auch im Betrieb anzuprangern und die Rechtlosigkeit der Arbeiterjugend aufzuzeigen. In einigen Berufsschulen (z.B. Werner von Siemens Schule) fanden Vollversammlungen statt, in denen unmißverständlich zum Ausdruck gebracht wurde, daß wir Lehrlinge und Jungarbeiter bereit sind gegen den Widerstand der Kapitalisten für unsere Interessen zu kämpfen. Wir haben die Mißstände beim Namen genannt und unsere Forderungen auf den Tisch gelegt:
- Volle 12 Stunden Berufsschulunterricht!
- Weg mit dem Lehrermangel!
- Weg mit dem Raummangel!
- Ordentliche Eß- und Aufenthaltsräume!
- Bereitstellung der Lehrmittel!
In den letzten Jahren mußten wir aber immer wieder feststellen, daß die Schülervertretung (SV) ziemlich wenig Einfluß hatte und daher wenig für uns tun konnte. Einige Handlanger der Kapitalisten wußten, daß wir Jungarbeiter und Lehrlinge kaum die SV unterstützten und wiegten sich in Sicherheit. Damit machen wir jetzt Schluß!
Wenn alle geschlossen hinter den SV-Vertretern stehen und sie unterstützen, bekommen diejenigen, die auf unsere Inaktivität gebaut hatten, kalte Füße. Die SV-Vertreter müssen die Forderungen und Probleme der Berufsschüler aufgreifen und zugleich den Kollegen über ihre Arbeit genau berichten. Viele SVler haben bisher die Kollegen kaum über ihre Arbeit unterrichtet und glaubten, daß sie in Verhandlungen mit der Schulleitung etwas durchsetzen können. Die bisherige Erfahrung hat aber gezeigt, daß wir damit nicht weit kommen. Forderungen der Lehrlinge und Jungarbeiter im Stillen beschließen und sich in Verhandlungen mit der Schulleitung oder dem Stadtschulamt hinters Licht führen zu lassen, das ist nicht der Stil von SV-Vertretern, die die Interessen der Arbeiterjugend vertreten. Mit solchen Methoden arbeitet die rechte Gewerkschaftsführung.
Alle Kollegen müssen die SV in ihrer Arbeit unterstützen, ihr helfen, sie kritisieren und Vorschläge besprechen. Nur so wird die SV unsere SV."
Jungarbeiter- und Lehrlingsberichte entstammen der Presse des KAB/ML und seiner Freunde, berichten aus Neckarsulm, Baden-Württemberg (GEW zum Wehrkunde-Erlaß (WKE)) und Darmstadt. Ebenfalls zentral geschrieben wurde der Artikel "'Neues' BVG soll die Arbeiterklasse niederhalten".
Aus eigener Feder stammt der Beitrag "Religionsunterricht", wo es u.a. heißt:"
Obwohl viele von uns weniger als 5 Stunden (8,4%) bzw. 8 Stunden (46,4%) Berufsschule haben ist zu allem Übel eine dieser Stunden noch Religionsunterricht.
WOZU ??? Es steht fest, daß wir Jungarbeiter und Lehrlinge eh schon viel zu wenig Bildung erhalten, sowohl fachlich als auch politisch. So z.B. an der Kaufmännischen Berufsschule I (Bethmann-Schulhaus) wo einige Klassen 1 1/2 Jahre lang keinen Sozial-Politischen Unterricht (SPU) erhielten bzw. heute noch nicht erhalten, dafür aber 'ihren Religionsunterricht' verpaßt bekamen bzw. bekommen. Was bekommen wir hier zu hören? Teils Geschichten aus einer 'heilen Welt', teils aber auch 'Kritik' - die allerdings nie die Übel an der Wurzel packt, sondern schlicht und EINFACH bei den Geschehnissen und Auswirkungen der Habsucht 'der Reichen' stehen bleibt. ... Die Religion verschleiert den Gegensatz zwischen Arbeit und Kapital, um uns vom Kampf gegen den wahren Feind in der Welt, den Kapitalismus, abzuhalten. Mit dem 'Friede, Freiheit, Pfannekuchen'-Gerede versucht man unsere Ausbeutung im Betrieb aus der Sicht des Kapitalisten zu rechtfertigen, da der Kapitalist ja auch nur ein 'Mensch' ist. So versucht man uns von unserem Kampf für mehr demokratische Rechte in Betrieb und Berufsschule und im Kampf gegen den Kapitalismus abzuhalten.
DESHALB:
Statt Religionsunterricht mehr fachlichen und sozialpolitischen Unterricht! Volle 12 Stunden Unterricht ohne Religionsunterricht!"
=Jungarbeiter und Lehrlingspresse Nr.9,Frankfurt/Groß Gerau Dez. 1971
Dezember 1971:
Die OG Frankfurt der KJO Spartacus gibt erstmals ihre 'Kommunistische Gewerkschaftspolitik - Ausgabe Chemie' (vgl. Feb. 1972) heraus.
In "Die Berufsschulbewegung und ihre Perspektiven" wird berichtet von der letzten Demonstration der Werner von Siemens Berufsschule (vgl. 18.10.1971) und auch von der Demonstration der Paul Ehrlich Berufsschule in Frankfurt-Höchst, die ganz ähnliche Forderungen aufstellte. Dazu heißt es u.a.:"
Die ältere Höchster Bewegung ist inzwischen sang- und klanglos verschwunden, die kürzlich angesetzten SV-Wahlen mußten z.B. mangels Kandidaten ausfallen. Wieso mußte die Höchster Bewegung so kläglich scheitern? Die aufgestellten Forderungen ..., sind und bleiben berechtigt. Der Kampf gegen die bis dahin erkannten Ausbildungsmißstände wurden geführt von der SV, die sich zeitweise auf eine beachtliche Basis stützen konnte: die SV wiederum unterlag dem Einfluß der Jungbürokratie vom FLC (Frankfurter Lehrlingscenter). Vor allem dieser Einfluß stellt die Ursache dar für die Misere der Berufsschülerbewegung, denn auch die (vorläufig noch) existierende Mobilisierung muß im Sande verlaufen, wenn es nicht gelingt, ihr eine richtige Perspektive zu weisen und den Einfluß der FLC-Bürokraten zurückzudrängen. Die Unzufriedenheit der aktivsten Berufsschüler wird kanalisiert in die künstlich wiederbelebten SV's, die den Rahmen bilden, in dem sich die gesamte Unruhe organisch totlaufen soll. Die SV's hat der Gesetzgeber (der bürgerliche Staat) keinesfalls zufällig vorgesehen, sie bilden die Spielwiese, auf der jeder unzufriedene Berufsschüler seinen Unmut abladen kann, ohne daß es irgendwelche Folgen hätte. ... Für die FLC-Bürokraten reduziert sich die Ausbildungsmisere auf fehlende Räume, Lehrer, Bücher etc. keineswegs aber in der Realität: Die beschissene Ausbildung ist nicht das Produkt einiger nachlässiger oder böswilliger Kultusbürokraten vom Stadtschulamt oder sonstwoher, sondern DIE SICH STÄNDIG VERSCHLECHTERNDE AUSBILDUNGSSITUATION IST DAS RESULTTAT EINER LANGFRISTIGEN PLANUNG DES KAPITALISTISCHEN STAATES und zwar einer Planung im Interesse der großen Konzerne."
=Kommunistische Gewerkschaftspolitik - Ausgabe Chemie Nr.1,Frankfurt 1971
17.01.1972:
Vermutlich in dieser Woche geben die Ortsgruppen Frankfurt und Groß Gerau der RJ/ML des KAB/ML die Nr.10 ihrer Berufsschulzeitung 'Jungarbeiter und Lehrlingspresse' (vgl. Dez. 1971, März 1972) mit 6 Seiten DIN A 4 heraus. Verantwortlich zeichnet J. Möcks in Frankfurt. Im Leitartikel "Unsere Interessen verkauft" äußert man sich zu den Lehrlingsmetalltarifverhandlungen (LMTR der IGM):"
Für die hessischen Metall-Lehrlinge ist die Tarifrunde abgeschlossen. Der Kampf der Arbeiterklasse für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen wurde von den rechten Gewerkschaftsführern sabotiert. Das Ergebnis für uns Lehrlinge: 50 - 70 DM Erhöhung der 'Ausbildungsvergütung'. Das ist ein Hohn und eine Unverschämtheit. Das wußten auch die rechten Gewerkschaftsführer und vollzogen diesen Verrat an unseren Interessen stillschweigend hinter den Kulissen. Wer Glück hatte, konnte dann in der Zeitung eine kleine Notiz darüber entdecken. Was bleibt uns zu tun? Wenn wir nach Baden-Württemberg schauen, wo die Metall-Lehrlinge noch im Kampf stehen und wenn wir uns deren Forderungen ansehen, dann können wir etwas lernen für die nächsten Tarifverhandlungen. In Baden-Württemberg haben die rechten Gewerkschaftsführer einfach und ohne auf die Wünsche der Lehrlinge einzugehen 80 DM mehr von den Kapitalisten gefordert." Im Gegensatz dazu fordert die RJ/ML u.a. einheitliche Tarifverträge und 60% vom Ecklohn:"
Die RJ/ML hat den entschiedenen Kampf für die Forderungen der Metalllehrlinge in Baden-Württemberg aufgenommen. Viele gewerkschaftliche Jugendgruppen haben sich bereits hinter diese berechtigten Forderungen der Arbeiterjugend gestellt. In Betriebsjugendversammlungen, Betriebsjugendzeitungen und Berufsschulzeitungen werden unsere Forderungen diskutiert und um ihre Durchsetzung gekämpft. Mit Unterschriftensammlungen und Demonstrationen zeigt die Arbeiterjugend an vielen Orten ihre Bereitschaft, für diese Forderungen zu kämpfen, bis sie durchgesetzt sind. Besonders die Lehrlinge und Jungarbeiter an der Philipp Holzmann Schule müssen aufpassen, wenn Ende März - Anfang April die Gewerkschaft Bau Steine Erden die Tarife kündigt und müssen dann ihre Forderungen klar auf den Tisch legen" (vgl. 27.2.1972). Lehrlings- und Jungarbeiternachrichten kommen aus Nürnberg, Stuttgart, über Jugendvertreterentlassungen in Reutlingen und Rottenburg, eine Lehrlingsbefragung in Kaiserslautern und von der Frankfurter Post (vgl. 10.1.1972). Eingegangen wird auch auf die Lehrstellenkampagne der 'Frankfurter Rundschau' (vgl. 14.12.1971).
"In eigener Sache" wird erklärt:"
Kolleginnen, Kollegen!
Es sind jetzt bereits 10 Nummern unserer Berufsschulzeitung 'Jungarbeiter und Lehrlingspresse' erschienen. Wie Ihr wißt, verteilen wir sie kostenlos. Doch Ihr könnt Euch vorstellen, daß die Kosten für das notwendige Material nicht gering sind. Diese Kosten tragen bisher die Mitglieder unserer Ortsgruppe. Dazu kommen noch die zahlreichen Stunden, die die Genossen nach Feierabend oder am Wochenende aufbringen, um die Artikel zu schreiben, das Layout anzufertigen und um die Zeitung schließlich zu drucken.
Kolleginnen, Kollegen, da die Zeitung immer besser werden soll, die jetzigen Mängel behoben werden müssen, brauchen wir die Hilfe derjenigen, die die 'Jungarbeiter und Lehrlingspresse' regelmäßig lesen. Berichtet uns über die Lage im Betrieb und über Diskussionen in der Berufsschule, schreibt SELBST Artikel!
Die anfallenden Kosten können wir langfristig nicht alleine tragen. Wir bitten Euch, uns finanziell zu unterstützen. Die Spenden könnt Ihr auf unser Konto überweisen. Ihr könnt auch den Verteilern regelmäßig einen Groschen geben.
Weiter bitten wir diejenigen, die Interesse haben bei den technischen Vorbereitungen zu helfen, uns anzusprechen.
Nur wenn die technischen und finanziellen Voraussetzungen erfüllt sind, kann unsere Zeitung auch weiterhin und immer besser auf die Interessen der Arbeiterjugend eingehen und dazu beitragen, daß immer mehr Kollegen den richtigen Weg zur grundlegenden Verbesserung unserer Ausbildung und unserer Lage im Betrieb einschlagen."
=Jungarbeiter und Lehrlingspresse Nr.10,Frankfurt/Groß Gerau Jan. 1972
26.01.1972:
Auf der heutigen Sitzung der Jugendvertrauensleute (JVL) bei Hoechst Werk Frankfurt-Höchst wird, laut KJO Spartacus, beschlossen eine Mitgliederversammlung zur Diskussion über die Forderungen zur Tarifrunde 1972 durchzuführen. Dazu heißt es:"
Selbst die anwesenden Jungbürokraten Hexel, Löffert und Weidt erkannten urplötzlich die Notwendigkeit dieser Mitgliederversammlung, allerdings erst, als die Kollegen vom Arbeitskreis junger Mitglieder der IG Chemie das Ergebnis einer - umständehalber recht kurzfristigen - Unterschriftensammlung auf den Tisch des Hauses legten: ca. 250 Kollegen vom Hoechster Ausbildungswesen, vom Jugendwohnheim der Farbwerke in Oberliederbach und sogar von der Bergius-Berufsschule in Sachsenhausen hatten sich sowohl hinter die Forderung des Arbeitskreises nach einer Mitgliederversammlung als auch nach einem einheitlichen, an den Lebenshaltungskosten gemessenen Lehrlingsstipendium (für 1972 monatlich 580,-) gestellt.
Der Plan der Bürokraten, nämlich die Tarifforderungen schnell und unauffällig von dem Teil der JVL (ohne vorherige Diskussion mit den Mitgliedern) beschließen lassen, der 'zuverlässig' in ihrem Sinne ist, ist damit gescheitert. Der Kreis der JVL zerfällt - das zeigen die letzten Ereignisse deutlich - in zwei Gruppen: Der eine Teil, zu dem nicht zuletzt die Kollegen von der BJV (die BJV'ler sind als Funktionsträger zugleich JVL) und die Kollegen von der vom Farbwerk finanzierten "Lehrlingszeitung" gehören, unterstützt ganz bewußt die Intrigenpolitik der Bürokraten. Der zweite Teil besteht aus den Kollegen vom ARBEITSKREIS und den Kollegen, die die Politik des Arbeitskreises zumindest in bestimmten Punkten unterstützen."
=Kommunistische Gewerkschaftspolitik - Ausgabe Chemie Nr.2/3,Frankfurt Jan./Feb. 1972
21.02.1972:
In dieser Woche finden in Frankfurt, laut der RJ/ML des KAB/ML, an mehreren Berufsschulen die halbjährlichen Schülervollversammlungen statt (vgl. 22.2.1972).
=Jungarbeiter und Lehrlingspresse Nr.11/12,Frankfurt/Groß Gerau Feb./März 1972,S.1 ;
Rebell Nr.3,Tübingen März 1972
22.02.1972:
Aus Frankfurt berichtet die RJ/ML des KAB/ML vermutlich von den heutigen oder morgigen Schülervollversammlungen der Berufsschulen Werner von Siemens und Philipp Holzmann:"
Während ihrer Versammlung entschlossen sich die Siemens-Schüler spontan, zu der Philipp Holzmann Schule zu marschieren und die Diskussion mit den Bauschülern fortzusetzen. So marschierten kurze Zeit später über 100 Lehrlinge los. Der Weg führte sie dabei an der Universität vorbei, wo gerade 300 Mann der Bereitschaftspolizei dabei waren, die Studenten zu verprügeln, weil diese sich im Streik gegen Prüfungswillkür befanden und in diesem Zusammenhang das Schreiben einer Klausur verhindern wollten. Als die Lehrlinge nun mit Spruchbändern und Sprechchören an der Uni vorbeizogen, sah die Polizei 'rot' im wahrsten Sinne des Wortes. Sie hetzten gleich eine Hundertschaft hinter dem Demonstrationszug her. Mit diesen Einschüchterungsversuchen wollte sie die Solidarisierung der beiden Berufsschulen aufhalten. Doch die Jungarbeiter und Lehrlinge ließen sich nicht provozieren. In einem diszipliniertem Marsch setzten sie den mehrere Kilometer langen Weg fort. Die Ordnungshüter der Kapitalisten setzten die EinschüchterungsVERSUCHE fort, indem sie ihre in Frankfurt beliebte 'Sandwich-Taktik' anwendeten: Links und rechts sowie vorne und hinten marschierten Polizisten. Von außen hätte das dann ausgesehen wie eine Polizeidemonstration, wenn nicht ein Transparent mit der Parole: 'Für freie politische Betätigung' aus dem Zug herausgeragt hätte. Inzwischen lief in der Philipp Holzmann Schule die Vollversammlung weiter. Nachdem der Schulsprecher in seinem Rechenschaftsbericht für das letzte Vierteljahr den Betrugscharakter des 'Ausschusses für Zusammenarbeit' und des 'Vermittlungsausschusses' entlarvte und zu deren Boykott aufgefordert hatte (...) wurde der neue Tagessprecher gewählt. Die ordentliche Tagesordnung der Vollversammlung war schon beendet, als eine Delegation der Siemens-Schüler eintraf und berichtete, daß die Kollegen von der Siemensschule unterwegs seien. Das wurde mit großem Jubel zur Kenntnis genommen. Als die Philipp Holzmann Schüler allerdings von der 'Begleitung' erfuhren, herrschte natürlich Empörung. Der Entschluß stand fest: 'Die Bullen kommen hier nicht rein, auch nicht die Spitzel und Zivilbullen.' Ein Teil der Schüler rannte runter zum Hof, um die Siemenskollegen zu empfangen und den Polizisten eine Abfuhr zu erteilen. Der Schulsprecher lud die Siemens-Kollegen offiziell über Lautsprecher als Gäste der SV ein. Somit hatten die 'Grünen' kein Recht, diese am Betreten der Schule zu behindern. Nach langem Warten trafen die Kollegen - umringt von mindestens 100 Polizisten - bei uns, also der PHS, ein. Sie wurden begeistert begrüßt und gemeinsam zogen wir zur Aula. Die Polizisten mußten draußen bleiben, denn einmal waren sie nicht als Gäste der SV eingeladen und zum anderen wagten sie es nicht - angesichts unserer Überzahl - das Schultor zu versperren. Gemeinsam wurde die Vollversammlung fortgeführt. Einstimmig verurteilten wir das Vorgehen der Staatsgewalt gegen uns.
Was konnten wir an dieser Polizeiaktion erkennen? Nur eins: Bei Auseinandersetzungen mit dem kapitalistischen System steht der Staat und seine bewaffnete Macht auf der Seite der Kapitalisten. Das ist auch logisch, denn es ist IHR Staat. In der weiteren Diskussion wurde vor allem die Notwendigkeit der Solidarität zwischen den Berufsschülern dargelegt. Ein Kollegen nannte das Beispiel der Siemens-Schüler, die nach einem Streik Lehrer von anderen Schulen bekamen, die dort letzen Endes wieder fehlten. Um diesem Katz- und Mausspiel ein Ende zu bereiten, brauchen wir das EINHEITLICHE Vorgehen aller Frankfurter Berufsschüler. Alle Anwesenden waren sich darüber einig, daß diese gemeinsame Vollversammlung ein Anfang war, dem weitere Aktionen folgen werden. Am Ende der Veranstaltung wurde eine gemeinsame Resolution verfaßt und einstimmig angenommen, die die Verschlechterung unserer Ausbildungsbedingungen verurteilte und sich mit einer geplanten Demonstration der Lehrergewerkschaft gegen Lehrermangel und Berufsverbot (BV,d.Vf.) für Demokraten und Sozialisten solidarisch erklärte. Eins steht fest: Weder Bereitschaftspolizei noch politische Polizei (die sich zum Beispiel beim Direktor der Holzmann Schule über den Schulsprecher erkundigte) wird es verhindern können, daß wir Berufsschüler uns fester zusammenschließen."
=Jungarbeiter und Lehrlingspresse Nr.11/12,Frankfurt/Groß Gerau Feb./März 1972,S.1f;
Rebell Nr.3,Tübingen März 1972
29.02.1972:
Zu den heutigen Vorfällen an der Frankfurter Berufsschule Heinrich von Stephan gibt die RJ/ML des KAB/ML ein zweiseitiges Flugblatt "'Sanfte Gewalt' an der H.-v.-Stephan-Schule" heraus:"
Am Dienstag den 29. Feb. wurde der 20jährige Chemiearbeiter und Schüler der Berufsaufbauklasse A 15 an der H.S.-S., Ben Schwarz, von der Polizei aus der Schule geholt - mit 'sanfter Gewalt' (Polizeijargon). Was war passiert? Ben hatte sich erlaubt die Autorität der Lehrer in Frage zu stellen. Darin sah Direktor Hilbert eine 'sittliche Gefährdung' und schloß ihn vom Unterricht aus. Außer ihm bekamen noch drei weitere Schüler eine Verwarnung, aus ähnlichen Gründen. Die Schüler der A 15 meinen dazu: 'Wir werden behandelt wie kleine Kinder, die selbständigem Denken und Handeln nicht in der Lage sein sollen. Ebenso wie wir früher den Befehlen unserer Meister ausgeliefert waren, sollen wir heute unseren Lehrern gehorchen!' Genau da liegt auch der Hase im Pfeffer: der Schule fällt nämlich im Kapitalismus die Rolle zu, zurechtgebogene, unkritische und unpolitische Arbeitskräfte zu produzieren. Von der Volksschule an können wir das klar erkennen; und im Sozialkundeunterricht merken wir es besonders. Neben der ideologischen Beeinflussung versuchen die Kapitalisten und ihre Handlanger auch das Prinzip 'Teile und Herrsche' bei uns anzuwenden. Das hat auch Direktor Hilbert klar erkannt: nachdem er es mit Einschüchterung vergeblich versucht hatte ('Machen sie sofort den Unterricht weiter, wir können sonst in acht Tagen die Aufbauklasse auflösen'), nachdem es ihm mißlungen war, die Klasse gegeneinander auszuspielen (sein Druckmittel war die Angst der Schüler, ihren Platz in der Schule zu verlieren), versuchte er die Berufsschüler gegen ihre Kollegen vom zweiten Bildungsweg (ZBW,d.Vf.) auszuspielen.
WIR LASSEN UNS NICHT GEGENEINANDER AUSSPIELEN
Bewußt log er: 'Die Arbeit mit den Berufsaufbauschülern' ginge zulasten der Berufsschüler, da 'die Lehrer ohnehin schon überlastet seien'. Wie ist es aber wirklich? WARUM sind die Lehrer überlastet? Weil bei uns in der BRD z.Zt. 62 000 Berufsschullehrer fehlen, weil uns zusätzlich in Frankfurt noch die nebenamtlichen Lehrer genommen werden. Und das alles, weil die Bildung für den kapitalistischen Staat - den geschäftsführenden Ausschuß der Kapitalisten - eine unrentable Investition ist, weshalb man hier kräftig rationalisiert. WARUM müssen wir Berufsaufbauschüler an der Siemens-, der Holzmann-, der Stefan- und anderen Schulen uns überhaupt in einem Jahr zur mittleren Reife durchquälen? Weil dieses Bildungssystem bewußt viele Sackgassen hat, in denen die Arbeiterjugend steckenbleiben soll. Die Masse der Arbeiterkinder soll sich beruflich nicht qualifizieren können. Aber ein kleines Ventil wurde in dieses System eingebaut, ein Ventil mit vielen Fallen: der sogenannte zweite Bildungsweg!
Hier sollen die Aktivsten und Besten der Arbeiterjugend durchgelassen werden, vor allem diejenigen, die Verdacht geschöpft haben dieses kapitalistische System zu durchschauen.
SCHNAUZE HALTEN - WER DEN BETRUG DURCHSCHAUT
Denn am anderen Ende stehen Leute wie Schulleiter Hilbert und gewisse Sozialkundelehrer sowie ein riesiger Leistungsdruck. Und die sollen aus den Schülern des zweiten Bildungsweges knetbares Material machen: formbare, arschkriecherische, arrogante Arbeiteraristokraten, die früh gelernt haben sich durch schleimige Unterwürfigkeit hochzudienen. Solche Hampelmänner brauchen nämlich die Kapitalisten, sie brauchen die sogenannten 'Aufsteiger' um sie den arbeitenden Massen entgegenzustellen und zu behaupten, jeder hätte eine Chance in dieser Gesellschaft, seiner elenden Lage ein Ende zu bereiten - durch individuellen Aufstieg und Anpassung. Damit wollen sie von der Wahrheit ablenken, daß nur der GEMEINSAME solidarische Kampf gegen die Herrschenden, gegen die Kapitalisten, unsere Situation GRUNDLEGEND ÄNDERN kann.
Wenn Direktor Hilbert sagt 'nur um Arbeiterkindern zu helfen' habe er die
Aufbauzüge eingerichtet und man das damit vergleicht, WIE er 'hilft', dann wird einem schnell klar, daß er den Sinn und Zweck des 2. Bildungsweg voll begriffen hat. Wie sicher er sich der Unterstützung seiner Brötchengeber ist, zeigt die Tatsache, daß er den schriftlichen Widerspruch Bens, diesem an den Kopf warf. Doch weder Schikanen bei Klassenarbeiten, noch Drohungen und Schulverweise können uns einschüchtern. Die Parole der A 15 gilt noch: 'Schwarz rein - Hilbert und Förster raus!' Und der unverschämten Forderung von Hilbert: 'Ben soll sich entschuldigen, dann ist die ganze Sache vergessen', halten wir entgegen:
SOFORTIGE, BEDINGUNGSLOSE WIEDERZULASSUNG BENS ZUM UNTERRICHT! SOFORTIGE EINSTELLUNG ALLER UNTERDRÜCKUNGSMAßNAHMEN AN DER H.-V.-STEPHANSCHULE"
=RJ/ML-OG Frankfurt:'Sanfte Gewalt' an der H.-v.-Stephan-Schule,Frankfurt o.J. (1972)
März 1972:
Im März geben die Ortsgruppen Frankfurt und Groß Gerau der RJ/ML des KAB/ML die Nr.11/12 ihrer Berufsschulzeitung 'Jungarbeiter und Lehrlingspresse' (vgl. 18.1.1972, 17.4.1972) mit 8 Seiten DIN A 4 sowie, zumindest bei unserem Exemplar, einer zweiseitigen Beilage heraus. Verantwortlich zeichnet J. Möcks in Frankfurt.
Erstmals wird eine Auflagenhöhe (4 000) angegeben und auch der Verbreitungsbereich benannt, bei dem es sich um die Kreisberufsschule Groß Gerau sowie in Frankfurt um die Berufsschulen Siemens, Gutenberg, Kleyer, Philipp Holzmann, Heinrich von Stephan und die Kaufmännische Berufsschule 4 handelt.
Im Leitartikel "Polizei gegen Berufsschüler" wird berichtet von der Siemens-und der Holzmann-Schule (vgl. 22.2.1972).
Eingegangen wird auch auf die Entlassung der nebenamtlichen Lehrer in Frankfurt (vgl. 10.1.1972).
Von der Philipp Holzmann Schule wird berichtet über Bundeswehr-Propaganda, von den Gebäudereinigern, der Fliesenlegeroberstufe, den Kunststoff-Lehrlingen und den Berufsfachschülern. Ebenfalls eingegangen wird auf die Bau-Lehrlingstarifrunde in Frankfurt (vgl. 27.2.1972) und die Streichung des Wandertages in Hessen (vgl. 31.1.1972). Von der Heinrich von Stephan Schule wird ein eigenes Flugblatt (vgl. 29.2.1972) nachgedruckt.
In "Die Funktion der SV" heißt es:"
Die SV wurde 1953 als SMV (Schülermitverwaltung) ins Leben gerufen. Sozusagen als Antwort auf eine damalige Bewegung unter den Schülern. Die SMV sollte den Schülern einen gewissen Bewegungsraum einräumen, der aber genau abgesteckt und dadurch jederzeit kontrollierbar war. Die SMV stand von Anfang an unter der Kontrolle des Kultusministers, der Schulleitung und des Vertrauenslehrers. Sie durfte die Pausenaufsicht führen und dem Schulhof das Papier aufheben. Im Laufe der Jahre, vor allem in den Jahren 66 - 69, erkämpften sich die Schüler einige zusätzliche Rechte. In Hessen sind das folgende: Das Recht, die SV-Sitzung während der Schulzeit abzuhalten. Das Recht der Berufsschüler, einmal im Monat ab 10 Uhr für die Tätigkeit in der SV von der Arbeit freigestellt zu werden. Das Recht auf eine Monatsstunde als Verfügungsstunde während des Unterrichts. Das Recht auf zwei Schülervollversammlungen im Jahr und die Möglichkeit, außerordentliche Vollversammlungen einzuberufen. Das Recht auf Verweigerung der Wahl des Verbindungslehrers.
Diese vorhandenen Rechte auszunützen und auszubauen ist die Pflicht jedes SV-Mitglieds, wenn es ein guter Interessenvertreter seiner Kollegen sein will. Diese vorhandenen Rechte sind an der überwiegenden Mehrheit der Frankfurter Berufsschulen nicht genutzt und dort oft unbekannt. Dort, wo sich die SV's darauf berufen, stoßen sie trotzdem noch auf Widerstand von Seiten der Schulleitungen. Den Schulleitungen stehen dabei mehrere Möglichkeiten zur Verfügung. Eine davon ist die, mit den Lehrern keine Stunden festzulegen, in denen die SV-Stunde abgehalten wird und so die SV-Mitglieder dazu zu zwingen, jeden einzelnen Lehrer zu kontrollieren.
Diese wenigen Rechte, die wir haben, sind aber geschickt mit einer Menge von Scheinrechten verflochten. Diese sind so abgefaßt, daß derjenige, der seine Rechte wahrnimmt, zwangsläufig auf die Zusammenarbeitspolitik hereinfällt. Selbst fortschrittliche SV-Mitglieder merken meistens erst nach längerer Zeit, was hier gespielt wird. Und dann müssen sie feststellen, daß es schwer ist, aus diesen Fesseln zu entkommen. Denn es gibt einen ZWANG zur Mitarbeit. Die Paragraphen 14 und 15 schreiben die Besetzung des 'Ausschusses für Zusammenarbeit' und des 'Vermittlungsausschusses' zwingend vor. Der Sinn dieser Ausschüsse wird erst klar, wenn man wieß, daß der Schulleiter oder der Kultusminister in Zweifelsfällen oder 'dringenden Fällen' das letzte Wort haben. Diese beiden Ausschüsse sind also nichts als Betrugsgremien, in denen sich die Schüler totdiskutieren sollen, während die Entscheidungen irgendwo anders fallen. Es ist deshalb wichtig, diese Gremien zu boykottieren - wie es schon viele Schulen machen - und darauf hinzuweisen, daß eine Zusammenarbeit nur FREIWILLIG sein kann. Einen weiteren Betrugseffekt stellt das 'Recht' der Schüler zur Teilnahme bei Konferenzen dar. Jede SV wird schon am eigenen Leib gespürt haben, was für ein Recht das ist: Die SV hat nämlich kein Stimmrecht und kann bei Zeugnis-, Versetzungs- und Personalangelegenheitenkonferenz ausgeschlossen werden. Über bestimmte Tagesordnungspunkte kann dann noch die Schweigepflicht verhängt werden. Fazit: Die SV gibt der Lehrerkonferenz ein demokratisches Mäntelchen und nützt den Schülern damit überhaupt nichts. Mit solchen Betrügereien geht es weiter in der SV-Satzung. Wir dürfen uns eine eigene Satzung geben - doch der Regierungspräsident muß sie genehmigen; wir dürfen Presseveröffentlichungen herausgeben - doch der Vermittlungsausschuß muß sie vorher kontrollieren. Weiterhin kann das Schwarze Brett zensiert, Veranstaltungen der SV verboten werden, der Schulleiter in die Schülerversammlungen eingreifen. Man sieht also: Die SV ist völlig abhängig und soll zur Mitarbeit gezwungen werden. Wir müssen deshalb für die Unabhängigkeit der SV kämpfen, die vorhandenen Rechte ausnutzen und ausbauen, aber die Betrugsgremien boykottieren!"
In der Beilage wird gefragt:"
WIE HEISS IST DAS 'HEISSE EISEN'?
Vor ca. 14 Tagen wurde an der Siemens-Schule eine 'Zeitung für die Werner von Siemens Schule' mit dem Namen 'Heißes Eisen' verteilt. Auf Seite 2 schreiben die Verfasser selbst von sich, daß sie 'verrückte Heinis' sind und die Zeitung zurechtgeschustert haben. Dann behaupten sie 25 Zeilen darunter: 'Das ist unsere Zeitung! Unsere Zeitung, die unsere Interessen vertritt an der Schule und auch, wo es sonst darauf ankommt.' Wir, die Redaktion der JUNGARBEITER UND LEHRLINGSPRESSE, haben die Sache untersucht. Warum? Weil seit nun über einem Jahr an der Siemensschule unsere Zeitung verteilen und darin immer wieder aufgefordert haben, bei uns mitzuarbeiten. Das haben einige Kollegen auch getan und deshalb konnten wir z.B. in unserer Nr.8 (vgl. 25.10.1971,d.Vf.) aktuell über den Streik an der Siemensschule (vgl. 18.10.1971,d.Vf.) berichten. Die Herren, die nun das 'Heiße Eisen' herausgeben, haben sich aber nie blicken lassen. Und das hat auch seine Gründe. Diese Herren sind nämlich von der DKP und ihrer Jugendorganisation SDAJ. Das verschweigen sie aber wohlweislich in ihrer Zeitung. Und das hat auch seine Gründe. Sie sind sich nämlich im Klaren, daß sie dabei sind, die Arbeiterjugend zu spalten. Und da soll der Name DKP nicht so in den Vordergrund geschoben werden.
Wir erwarten gewiß nicht, daß die SDAJ vorbehaltlos bei der JUNGARBEITER UND LEHRLINGSPRESSE mitarbeitet. Aber wir erwarten, daß eine Gruppe, die behauptet kommunistisch zu sein, sich ideologisch mit anderen Gruppen auseinandersetzt. Die Herausgabe einer weiteren Lehrlingszeitung an der Siemens-Schule ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Heißes-Eisen-Leute sich vorher mit uns auseinandergesetzt hätten und nun sagen würden: 'Denen ist nicht mehr zu helfen. Die JLP vertritt nicht die Interessen der Arbeiterjugend'. Aber bis jetzt ist die SDAJ jeder Diskussion mit uns ausgewichen. Das hat auch gute Gründe. Denn wie kam das Heiße Eisen zustande. Die SDAJ samt DKP hat einen einzigen halbwegs aktiven Mann an der Siemens-Schule und der geht bewußt jeder Diskussion aus dem Weg. Auch weiß die SDAJ, daß sie auf keinen grünen Zweig kommt. So hatte sie z.B. eine Woche lang einen Bänkelsänger vor die Siemensschule gestellt um für eine Veranstaltung zu werben. Der Erfolg? Zu der DKP-Veranstaltung kam außer den Genossen der Revolutionären Jugend ein Kollege und der wurde von uns aufgefordert sich die Diskussion anzuhören. Diese Diskussion kam jedoch nicht zustande, weil die DKP-Studenten uns mit Androhung von Schlägen aus dem Saal werfen ließen. Was blieb für die SDAJ zu tun? Einige Mitglieder vom Landesvorstand versuchten den einen SDAJler 'aufzubauen'. Er bringt die Informationen, sie schreiben die Zeitung. Ein paar Fakten mit etwas Revisionismus gemischt und fertig ist 'unsere' Lehrlingszeitung. Schnell noch ein popiges Blatt hintendran geheftet mit Werbung für die Ratifizierung der Ostverträge, und nun braucht man nur noch auf Lehrlinge zu warten. Denkste!
Aber nicht genug damit, daß die Art und Weise verlogen ist, wie die SDAJ versucht, sich das Vertrauen der Lehrlinge zu erschleichen. Sie verbreitet in ihrem angeblich Heißem Eisen kalten Kaffee und abgestandene revisionistische Illusionen! So versprechen sie uns, daß wir dann, wenn wir eine solide Grundausbildung hätten, 'nicht mehr so stark der Willkür der Unternehmer ausgesetzt wären', und 'unsere Zukunft gesichert' wäre. Kein Wort vom Stufenplan, kein Wort, daß schon bald 70% von uns ohne Facharbeiterbrief aus der Lehre ausscheiden, wie heute schon bei Krupp. Statt ihre Aufgabe darin zu sehen, die Lehrlinge auf DAS vorzubereiten was sie erwartet, statt gemeinsam mit den Lehrlingen die nächsten Schritte zu beraten, stattdessen hängt sich die SDAJ an Rockzipfel der Bewegung, läßt sich treiben, von der spontanen Bewegung mitreißen. Dabei weckt sie am laufenden Band schlimme Illusionen bei den Lehrlingen, und liefert diese so den Angriffen der Bourgeoisie aus. Die Lehrlinge sind ihr dabei so egal, daß sie diese auch bedenkenlos zu spalten versucht, indem sie ihr Blättchen herausgibt. Ein weiteres Beispiel für die ideologische Verkommenheit dieser Leute ist der durch und durch falsche SV-Artikel. Die SV wird hier hochstilisiert und als DIE Kraft hingestellt, die die Arbeiterjugend aus der schlechten Lage rettet. Doch gerade das ist die SV nicht! Die SV kann den Kampf von uns Lehrlingen nur unterstützen, niemals führen. Die Satzung der SV ist ein geschickter Betrug, auf den konsequenterweise die SDAJ hereingefallen ist (...). Statt uns zu sagen: 'Vorsicht, Kollegen, dieses und jenes sind die Rechte, die euch die SV-Satzung zugesteht und das sind die Fesseln, die ihr dafür bekommen sollt', empfiehlt sie die SV PAUSCHAL als gute Interessenvertretung. Zum Schluß wird das Blatt noch anmaßend und verschimpft die Schüler, die nicht mitarbeiten wollen, als 'Karl Ottos'. Im arroganten Ton wird da uns Lehrlingen vorgeworfen, wir würden nur sehr wenig denken. Das ist eine Unverschämtheit gegenüber all den Kollegen, die sich aus vielerlei Gründen noch nicht entschließen konnten in der SV mitzuarbeiten. Fassen wir zusammen:
1. Die SDAJ gibt ein Spalterblättchen heraus, ohne sich die Mühe zu machen, einer bereits vorhandenen Lehrlingszeitung nachzuweisen, daß sie eventuell ihre Berechtigung verloren hätte.
2. Die SDAJ ist zu feige ihren Namen zu nennen und versucht sich demagogisch in das Vertrauen der Lehrlinge einzuschleichen, indem sie Parteilosigkeit vorspielt und ihr Blatt 'unsere' Zeitung nennt.
3. Die SDAJ sieht sich zu dieser Politik gezwungen, weil sie endlich ihre schwache Ortsgruppe auch mal außerhalb der Gymnasien und Sozialarbeiterschule verankern will.
4. Die SDAJ 'baut' zu diesem Zweck ein neues Mitglied 'auf'. Der Lehrling, der jeder Diskussion aus dem Weg geht, bringt die Informationen, die Profis setzen diese dann um in illusionistische Theorie.
5. Die SDAJ ist nicht in der Lage, uns Lehrlingen eine Perspektive zu bieten. Deshalb hängt sie sich unserer Bewegung an den Rockzipfel um ihr nachzulaufen und bekannte Dinge zu wiederholen.
HEISSES EISEN GLEICH KALTER KAFFEE
Wir haben kein Interesse daran, weitere Spalten unserer Zeitung mit diesem Thema zu füllen, aber wir wollen das Problem lösen. Wir schlagen deshalb den Sprechern der Redaktion des 'Heißen Eisen' vor, zusammen mit den Sprechern der Redaktion unserer Zeitung eine öffentliche Diskussion zu veranstalten, an der alle Siemens-Schüler teilnehmen können, etwa im FLC. Die Tagesordnung legen wir gemeinsam fest. Die Sprecher müssen Lehrlinge sein.
Für die Einheit der Arbeiterklasse!"
=Jungarbeiter und Lehrlingspresse Nr.11/12,Frankfurt/Groß Gerau Feb./März 1972
März 1972:
In der Ortsgruppe Frankfurt der RJ/ML des KAB/ML wird vom Ortskomitee eine Vorlage "Organisierung der Ortsarbeit" verfaßt:"
5 Genossen (4m,1w,d.Vf.), 1 Berufsschulzeitung.
1.) Die Hauptaufgabe muß jetzt sein, die vorhandenen Genossen zu Kadern auszubilden. Das ideologisch-politische Niveau muß gehoben werden.
2.) Die Praxis muß gestrafft werden, die Durchführung von Beschlüssen besser kontrolliert werden. Erfolge und Mißerfolge müssen registriert und die Ursachen erforscht werden.
Zu 1.) Das ideologisch-politische Niveau ist im Vergleich zu anderen Organisationen zwar relativ gut, doch für unsere Arbeit reicht es nicht aus. Einige Genossen haben RW's und LfdK's ('Revolutionärer Weg' und 'Lernen für den Kampf',d.Vf.) noch nicht gelsen und wir haben sie auch nicht diskutiert. Die Schulung dieser Schriften war bisher Privatsache, die Durchführung der Grundschulung war vom Arbeitsstil her nicht besonders. Wir müssen neue verbesserte Methoden finden, ein guter Ansatz ist die LSK (Lenin-Studienkampagne,d.Vf.). Das langweilige einschläfernde Vorlesen fällt weg, die LSK ist ein großer Lichtblick im Organisationsleben. Endlich wird einmal richtig heftig über bestimmte politische Probleme diskutiert. So und nur so können falsche Ansichten der Genossen ausgeräumt werden. Warum kann man die Grundeinheitssitzung nicht auch so gestalten? In der Grundeinheit müssen wir alle Organe und Literatur diskutieren. Die Genossen sollen das Material zu Hause lesen und lernen, Fragen zu stellen. Unklare Stellen müssen von allen Seiten beleuchtet werden. Die Genossen müssen lernen sich selbst bei den ML-Klassikern die Antwort zu suchen: 'Was hat Lenin zum Beispiel dazu geschrieben'. Wie ist der Berufsschularbeitskreis einzuschätzen und die HBV-Arbeit? Damit wären wir bei:
2.) Unsere Praxis muß gestrafft werden, aber wie? Unsere Hauptaufgaben sind
a.) Betriebsgruppe in der Großindustrie,
b.) Berufsschulgruppe.
Darauf müssen alle Genossen ausgerichtet sein. Unsere Mitglieder teilen sich aber wie folgt auf: 2x HBV, 1x BSE, 1x DruPa, 1x Schüler. Wie sollen wir uns da auf Industriegewerkschaften stützen? Wir dürfen nicht mehr von den vorhandenen Kontakten ausgehen, im Stil ich kenn' hier einen, du dort: das hieße sich von Zufällen treiben lassen. Wir müssen klare Aufträge erteilen und die Erfolge kontrollieren. Unsere Adressaten sind die Schüler der Siemens, Gutenberg, Holzmann und Kleyerschule. Nebenher und zwar ohne Kraftaufwand unterstützen wir die Stephanschule und die KB 5 (Kaufmännische Berufsschule 5,d.Vf.). An den genannten Schulen müssen wir schnellstens Schülergruppen aufbauen. Dazu müssen wir Flugblätter bzw. die JLP herausgeben und Lehrlingsversammlungen einberufen. Am besten versuchen wir das über Leserversammlungen. Versammlungen müssen besser vorbereitet sein. Folgende Aufgabenverteilung wäre nötig:
Mitglied 1 (M1) ist fest zuständig für die Philipp Holzmann Schule, M2 Siemensschule, M3 Kleyerschule, M4 ist fest zuständig für KB 5 und Stephan Schule, wenn das fehlschlägt macht es mit M2 die Siemens Schule. M5 muß auf jeden Fall einige organisatorische Arbeiten übernehmen. Verantwortlich für eine bestimmte Schule zu sein bedeutet, einen Organisationsplan für diese Schule aufzustellen, die vorhandenen Kräfte analysieren, die politische Lösung bestimmen, wie kann der Kampf vorangetrieben werden. ... Lose Kontakte wie zum Beispiel der JV-Vertreter der Kleyerschule müssen ausgebaut werden, eventuell muß man diese Leute erst einmal als JLP-Korrespondenten gewinnen. Aus dieser Aufgabenverteilung geht hervor, daß M1 in der BSE arbeitet und zwar mit dem Ziel Kontakte in der Baubranche zu knüpfen. Diese Arbeit muß sorgfältig gemacht werden, darf aber nicht zuviel Zeit in Anspruch nehmen. M2 wird von der Gewerkschaftsarbeit in Frankfurt freigestellt (das ist vorübergehend und nicht endgültig). M5 bleibt in der HBV. Für es gilt daselbe wie für M1, es bringt durch seine Funktion auch die wichtigsten Info ran. M3 wird ebenfalls vorläufig von der Gewerkschaftsarbeit freigestellt. Es baut die zukünftigen Kontakte zu der Kleyerschule aus. Informationen aus dem SV-Arbeitskreis bringt uns der ...-Schulsprecher. Im Abstand von 14 Tagen wird von allen Genossen mündlich, alle 4 Wochen schriftlich über ihre Arbeit berichtet (Lagebericht, Informationsstand, Kräfteverhältnis, Diskussionsthemen, Fehler, Erfolge, Ziele). Protokolle müssen wieder regelmäßig geschrieben werden. Wir brauchen mehrere Versammlungsräume und einen guten Raum für Veranstaltungen."
=RJ/ML-OG Frankfurt-OK:Organisierung der Ortsarbeit,o.O. März 1972
März 1972:
Das Ortskomitee (OK) Frankfurt der RJ/ML des KAB/ML verfaßt einen Text zur Bezirksarbeit unter dem Titel "Wie geschah die Anleitung der Ortsgruppen im Bezirk?", in dem es heißt:"
Unser noch zu bildender Bezirk umfaßt die Ortsgruppen Frankfurt, Groß Gerau und Darmstadt. Eine Anleitung über die BI's (Bezirksinstrukteure,d.Vf.) gab es nicht, obwohl jede OG einen BI bestimmt hatte. Für uns in Frankfurt bedeutete das, daß unsere Anleitung nur durch Rundbriefe und Rebell erfolgte. Wir versuchten die politische Linie der RJ(ML), das heißt, die in der RJ geklärten Grundfragen wie Gewerkschaftsfrage, SPD-Einschätzung, Einschätzung der weltpolitischen Situation, Organisationsaufbau usw. nach unseren Möglichkeiten auf die Bedingungen der Frankfurter Situation anzuwenden. Unsere Praxis in der Vergangenheit hat gezeigt, daß uns eine bessere Anleitung bestimmt gut bekommen wäre. Wir verrannten uns oft in der Tagespolitik und verloren unser Ziel manchmal aus den Augen. Allgemeine Erkenntnisse, wie, daß wir uns in den Betrieben verankern müssen, waren uns zwar irgendwie klar, aber wir unternahmen keine Anstrengungen um dieses Ziel bewußt anzustreben. Erst als uns ein Genosse des ZK bei einem Besuch darauf hinwies wurde uns dies wieder voll bewußt. Auch der Mangel an Kadern auf Ortsebene hätte eine Anleitung nötig gemacht. Wir befanden uns zum Beispiel Ende des letzten Jahres an einem Punkt, wo alle Genossen meinten: 'Jetzt müssen wir endlich die LSK (Lenin-Studienkampagne,d.Vf.) beginnen - sonst können wir unser Niveau nicht erhöhen.' Wir schoben den Beginn aber immer vor uns her, weil kein Genosse da war, der als Schulungsleiter hätte fungieren können. Dann baten wir die Genossen aus Darmstadt um Hilfe, welche uns dann auch einen Schulungsleiter schickten. Dies ist sozusagen bis jetzt die einzige Form der Anleitung auf Bezirksebene, an der LSK nehmen auch die Groß Gerauer Genossen teil.
Die mangelnde Bezirksarbeit ist darauf zurückzuführen, daß alle drei OG immer mit der letzten Reserve gearbeitet haben und die Funktion und Aufgaben des BI's als eine 'zusätzliche Belastung' betrachteten. Es war die Anschauung verbreitet, die Stellung des BI an die jeweils andere OG abzuschieben. Bei uns gab es Argumente wie: 'Die Darmstädter sind stärker und gefestigter, also sollen sie den BI stellen, wir können niemanden entbehren.' Hier langt es nicht schematisch Selbstkritik zu üben, es kommt vielmehr darauf an, hinter dieser Anschauung die totale gruppenbornierte, kurzsichtige Grundeinstellung hervorzuziehen. Denn diese Grundeinstellung führte auch dazu, daß das Berichtswesen unserer OG äußerst mangelhaft war. Das kann nur als ein Zeichen mangelhaften politischen Bewußtseins verstanden werden und die Erfahrung hat gezeigt, daß alle Rundbriefe und Ermahnungen die RJ(ML) hier nicht weiterbrachten. Solange der berühmte Funke im Kopf der Genossen noch nicht gezündet hatte, blieben die Gruppenberichte aus oder wurden schematische Geschäftsberichte, die man nur ungern machte. Eng damit hängt auch die mangelnde Fähigkeit aller unserer Genossen einmal Bilanz zu ziehen, also bewußter zu arbeiten, zusammen. Ich glaube, daß die Diskussionen in den letzten Monaten nach dem 2.o. BDT (Bundesdelegiertentag,d.Vf.) über den Organisationsaufbau unseren Genossen die Augen geöffnet haben. Wir haben diese Diskussion sehr intensiv geführt und einige wichtige Veränderungen vorgenommen, die uns Erfolge einbrachten. Uns ist klar geworden, daß ein gutes Berichtswesen die Voraussetzung dafür ist, daß wir einen qualitativen Sprung machen, daß eine gute Anleitung durch einen guten BI mehr bringt als eine Handwerkelei. Vor allem den direkten Kontakt des BI mit den Genossen vom ZK halten wir für eine wichtige Voraussetzung dafür, auch auf Ortsebene den Genossen neue Impulse zu geben und damit die Ortsarbeit bewußter zu machen. Gerade die Umsetzung der Richtlinien nach dem 2.o.BDT brachte uns echte Erfolge:
Nach einer Grundsatzdiskussion über die Referate beschlossen wir unsere Arbeit völlig neu aufzubauen. Wir gingen nicht mehr davon aus, dort zu arbeiten, wo wir gerade Leute hatten, also vor allem in der HBV, weil es uns nicht darum gehen konnte uns nur in dem HBV-Bereich zu verankern, sondern in den Großbetrieben, der Industrie. Wir teilten jeden Genossen für die Verantwortlichkeit an einer Berufsschule ein, um mit den vorhandenen Sympathisanten eine Arbeit zu machen und siehe da, plötzlich klappte das, was man nie für möglich gehalten, es entstanden BSG's (Berufsschulgruppen,d.Vf.). Über diese BSG's besteht nunmehr auch der Ansatz in den Betrieben zu arbeiten. Jedoch dürfte das noch eine zeitlang dauern."
=RJ/ML-Ortsgruppe Frankfurt-OK:Wie geschah die Anleitung der Ortsgruppen im Bezirk?,Frankfurt März 1972
Mai 1972:
Die trotzkistische Zeitung 'Junge Garde' (vgl. 28.2.1972, Juli 1972) berichtet aus Frankfurt u.a. von den Berufsschulen Werner von Siemens und Phillip Holzmann sowie darüber, daß im Frankfurter DGB-Arbeitskreis Berufsschulen neben SDAJ der DKP, Junger Garde der IAK und KJO Spartacus auch Maoisten vertreten seien.
=Die Junge Garde Nr.12,Bochum Mai 1972
25.06.1973:
Vermutlich in dieser Woche erscheint die 'Wir wollen alles' (WWA – vgl. Mai 1973, 27.7.1973) Nr.5 und berichtet u.a. aus Frankfurt von Schülern und Lehrkräften der Gutenberg-Berufssschule.
=Wir wollen alles Nr.5,Gaiganz Juni 1973
Juli 1973:
Vermutlich im Juli gibt die SAG ihren 'Klassenkampf' Nr.25/26 für Juli und August (vgl. Juni 1973, 12.9.1973) heraus. Aus Frankfurt wird u.a. auch berichtet von der Gründung des Berufsverbotekomitees (vgl. 31.5.1973). Dieses habe mittlerweile eine Zeitung herausgegeben, in der man sich u.a. mit den Fällen Lohaus an der Frankfurter Gutenberg Berufsschule sowie Ilse Jacob in Hamburg (wg. SDS und VVN) befaßt.
=Klassenkampf Nr.25/26,Frankfurt Juli/Aug. 1973
Dezember 1973:
Die SAG gibt ihren 'Klassenkampf' Nr.30 (vgl. Nov. 1973, Feb. 1974) heraus und berichtet u.a. aus Frankfurt von einer DKP-nahen Chileveranstaltung in der Phillipp Holzmann Berufsschule. Dort sei der SAG der Verkauf des 'Klassenkampfes' verboten worden und Prügel habe man nur deshalb nicht bekommen, weil viele Arbeiter sich mit einem solidarisierten.
=Klassenkampf Nr.30,Frankfurt Dez. 1973
Dezember 1973:
Der RJVD des KABD (vgl. Jan. 1974) berichtet im Zusammenhang mit einem Bericht von einer Frankfurter Realschule (vgl. Dez. 1973):"
Ein anderer Kollege berichtet: 'Im Dezember machte ich meine theoretische Abschlußprüfung an der Berufsschule. Im Januar folgt meine praktische Prüfung. Ich will Maschinenschlosser werden. Abgesehen davon, daß wir bei der theoretischen Prüfung in den Fächern Arbeitskunde und Werkstoffkunde nur Fragen gestellt bekamen, die man wie ein Computer auswendig herunterrasseln mußte (denken sollen wir Arbeiter ja auch nicht), fiel mir eines besonders auf: In den Fächern Wirtschaftskunde und Gemeinschaftskunde wurden einige Fragen so gmein gestellt, daß man - wollte man keine schlechten Noten kassieren - eigentlich nur falsch antworten konnte.
Zum Beispiel wurde im Fach Gemeinschaftskunde die Frage gestellt: 'Welcher Zusammenhang besteht zwischen Pressefreiheit und pluralistischer Gesellschaft?' Mit Note 1 wurde dann eine Antwort bewertet, in der zum Beispiel steht, daß nur in einer pluralistischen Gesellschaft die einseitige Beeinflussung und Beherrschung der Presse durch eine einzelne Gruppe verhindert werden könne.
Wie wenn das hier in der BRD so wäre. Ich erinnere mich noch genau an den Streik der Drucker im letzten Jahr, als die Kollegen verschiedener Zeitungen sich weigerten, Kommentare von Verlegern und Zeitungsbesitzern abzudrucken, weil diese gegen den Kampf der Kollegen um mehr Lohn auf eine ganz fiese Art und Weise hetzten. Damals wurde im Fernsehen, im Rundfunk, in der Presse gleich das hohe Lied der Pressefreiheit angestimmt und gegen die achso undemokratischen Druckarbeiter gewettert. Der Boß, dem eine Zeitung gehört, der kann also gegen Arbeiter und Angestellte hetzen, wir sollen's hinnehmen, das ist die vielgerühmte Pressefreiheit. Daß wir in der Prüfung aber solche hinterhältigen Fragen gestellt bekommen, wird ja mit Absicht gemacht. Uns soll nämlich eingetrichtert werden, daß die Freiheit der Zeitungsbosse, Artikel gegen unsere Interessen in ihren Zeitungen zu veröffentlichen, wirklich Pressefreiheit bedeutet. Sind wir erst einmal diesem Irrglauben verfallen, dann werden wir auch nicht mehr auf die Idee kommen, verlogene Artikel nicht zu drucken. Das ist die Rechnung der Bosse.'"
=Rebell Nr.1,Tübingen Jan. 1974,S.2
Dezember 1973:
Die Kommunistische Schülergruppe (KSG) Frankfurt des KBW gibt ihren 'Schulkampf' Nr.9 (vgl. Okt. 1973) heraus, in dem sie u.a. von der Kleyer Berufsschule berichtet.
=Schulkampf Nr.9,Frankfurt Dez. 1973
06.03.1976:
In Frankfurt soll, laut 'Sozialistische Arbeiterpolitik', eine Demonstration zum Zwecke der Verteidigung der sozialen und politischen Rechte von Schülern und Lehrern stattfinden. Laut KB demonstrieren ca. 2 500 gegen die Schulmisere. Initiiert worden war diese Demonstration von der GEW, vom Stadtschülerrat (SSR) und vom Asta der Universität. Zur Teilnahme aufgerufen hatten auch KB und der KBW, der 4 000 Demonstranten zählte.
Laut SAG beteiligen sich 4 000 an der Demonstration gegen die Bildungspolitik der SPD, zu der Gewerkschaften, SSR und Schülerrat aufriefen. Es beteiligen sich auch Schüler der Berufsschulen Werner von Siemens und Phillip Holzmann.
=Klassenkampf Nr.54,Frankfurt März 1976;
Arbeiterkampf Nr.76,Hamburg 15.3.1976,S.46;
KVZ-OBL Frankfurt Nr.8 und 10,Frankfurt 26.2.1976 bzw. 11.3.1976;
Sozialistische Arbeiterpolitik Nr.44,Bochum Feb./März 1976
25.08.1976:
Die SAG gibt die Nr.7 ihrer 'Sozialistischen Arbeiter Zeitung' (vgl. 11.8.1976, 8.9.1976) heraus und berichtet aus Frankfurt u.a. von der Berufsschule Phillip Holzmann.
=Sozialistische Arbeiter Zeitung Nr.7,Frankfurt 25.8.1976
22.09.1976:
Die SAG gibt die Nr.9 ihrer 'Sozialistischen Arbeiter Zeitung' (vgl. 8.9.1976, 6.10.1976) heraus und berichtet u.a. aus Frankfurt von der Kleyer Berufschule (KFZ-Gewerbe).
=Sozialistische Arbeiter Zeitung Nr.9,Frankfurt 22.9.1976
06.10.1976:
Die SAG gibt die Nr.10 ihrer 'Sozialistischen Arbeiter Zeitung' (vgl. 22.9.1976, 20.10.1976) heraus und berichtet aus Frankfurt u.a. von der SAG Jugendkommission über die Berufsschule, Berufsaufbauschule (BAS) und FOS Phillip Holzmann.
=Sozialistische Arbeiter Zeitung Nr.10,Frankfurt 6.10.1976
26.01.1977:
Die SAG gibt ihre 'Sozialistische Arbeiterzeitung' Nr.16 (vgl. 12.1.1977, 9.2.1977) heraus und berichtet aus Frankfurt u.a. von der Holzmannschule.
=Sozialistische Arbeiterzeitung Nr.16,Frankfurt 26.1.1977
31.01.1977:
An der Frankfurter Berufsschule Holzmann finden, laut SAG, von heute bis zum 4.2.1977 täglich Vollversammlungen gegen die Bildungsmisere statt.
=Sozialistische Arbeiterzeitung Nr.18,Frankfurt 23.2.1977
01.02.1977:
An den Berufsschulen Kleyer und Siemens beteiligen sich, laut SAG, nur wenige Klassen mit Kurzstreiks an den heute beginnenden Schulstreiks.
=Sozialistische Arbeiterzeitung Nr.17,Frankfurt 9.2.1977
04.02.1977:
An der Frankfurter Berufsschule Kleyer streiken heute, laut SAG, 4 Klassen.
=Sozialistische Arbeiterzeitung Nr.18 und 19,Frankfurt 23.2.1977 bzw. 16.3.1977
16.03.1977:
Die SAG gibt ihre 'Sozialistische Arbeiterzeitung' Nr.19 (vgl. 23.2.1977, 30.3.1977) heraus und berichtet u.a. aus Frankfurt von den Schülerprotesten gegen die Bildungsmisere (vgl. 8.3.1977), wobei u.a. eingegangen wird auf die Berufsschulen Philipp Holzmann und Heinrich Kleyer (vgl. 4.2.1977).
=Sozialistische Arbeiterzeitung Nr.19,Frankfurt 16.3.1977
25.05.1977:
Die SAG gibt ihre 'Sozialistische Arbeiterzeitung' Nr.23 (vgl. 27.4.1977, 8.6.1977) heraus und berichtet aus Frankfurt wird berichtet u.a. von der Bau-Berufsschule Holzmann und der Kaufmännischen Berufsschule 2.
=Sozialistische Arbeiterzeitung Nr.23,Frankfurt 25.5.1977
Juni 1977:
In Frankfurt führt die Schülervertretung (SV) der Berufsschule Kleyer, laut SAG, vermutlich im Juni eine Kantinenaktion durch, bei der sie Brötchen verschenkt.
=Sozialistische Arbeiterzeitung o.Nr.(25),Frankfurt o.J. (1977)
31.08.1977:
Die SAG gibt ihre 'Sozialistische Arbeiterzeitung' Nr.30 (vgl. 17.8.1977, 14.9.1977) heraus. Berichtet wird u.a. aus Frankfurt vom Stadtschülerrat (SSR), in dem u.a. die SDAJ der DKP vertreten ist und wo gegen die Jugendarbeitslosigkeit vorgegangen wird (vgl. 5.9.1977, 5.11.1977). Eingegangen wird in diesem Zusammenhang u.a. auf die Holzmann Berufsschule und das Technische Gymnasium der Kleyer Berufsschule.
=Sozialistische Arbeiterzeitung Nr.30,Frankfurt 31.8.1977
05.09.1977:
In Frankfurt soll, laut SAG, ein Treffen der Schülervertretungen (SV) der Berufsschulen und der DGB Berufsschulgruppe zur Vorbereitung der Demonstration gegen die Jugendarbeitslosigkeit (vgl. 5.11.1977) stattfinden.
=Sozialistische Arbeiterzeitung Nr.30,Frankfurt 31.8.1977
17.09.1977:
In Frankfurt will die DGB Berufschulgruppe (BSG), laut SAG, eine Veranstaltung für zwei Mal sechs Stunden Berufsschulunterricht an zwei Tagen in der Woche durchführen, wofür besonders an der Siemens Berufschule eingetreten wird.
=Sozialistische Arbeiterzeitung Nr.31,Frankfurt 14.9.1977
12.10.1977:
In Wiesbaden demonstrieren heute, laut SAG, 300 aus Frankfurt, vor allem Postlehrlinge und Schüler der Frankfurter Berufsschule Siemens für zweimal sechs Stunden Berufsschule in der Woche wofür sich in Frankfurt auch Jugendvertretung (JV) und Betriebsrat (BR) von Klimsch, die JV Siemens (vgl. 13.10.1977) sowie Lehrlinge der Post und der städtischen Lehrlingsausbildungswerkstätten (LAW) ausgesprochen haben.
=Sozialistische Arbeiterzeitung Nr.33, 34 und 35,Frankfurt 15.10.1977, 2.11.1977 bzw. 16.11.1977
13.10.1977:
Bei Siemens Frankfurt wird, laut SAG, ein Mitglied der Jugendvertretung (JV) entlassen, da er gestern an der Berufsschuldemonstration in Wiesbaden teilgenommen hatte und dadurch zu spät gekommen war. Er sei als Tagessprecher der Berufsschule zwar berechtigt gewesen einen Tag im Monat der SV-Arbeit zu widmen, seine Wahl sei dem Betrieb aber nicht gemeldet und der Vorfall so als willkommener Vorwand zur Entlassung genutzt worden.
=Sozialistische Arbeiterzeitung Nr.35,Frankfurt 16.11.1977
15.10.1977:
Die SAG gibt ihre 'Sozialistische Arbeiterzeitung' Nr.33 (vgl. 28.9.1977, 2.11.1977) heraus. Berichtet wird u.a. aus Frankfurt von der Berufsschule Holzmann und der Berufsschule Siemens, von wo eine Demonstration in Wiesbaden (vgl. 12.10.1977) organisiert wurde.
=Sozialistische Arbeiterzeitung Nr.33,Frankfurt 15.10.1977
20.10.1977:
Der Stadtschülerrat (SSR) Frankfurt führt, laut SAG, eine Sitzung durch, auf der die SDAJ der DKP einen neuen Vorstand wählen möchte (vgl. 21.11.1977). Vertreten sind auch die Gesamtschule Ernst Reuter I (ERS), das Klinger Gymnasium sowie die Berufsschulen Holzmann und Kleyer.
=Sozialistische Arbeiterzeitung Nr.34,Frankfurt 2.11.1977
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