'Skandalon'
Zeitung von Schülern für Schüler in Schleswig-Holstein (1968/1969)

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 15.3.2017


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Es können hier nur die beiden ersten Nummern der Schülerzeitung 'Skandalon' für Schleswig-Holstein bzw. in der ersten Ausgabe auch noch für Hamburg, vorgestellt werden. Ob weitere Ausgaben erschienen ist nicht bekannt. Wir bitten ggf. um Ergänzungen.

Herausgegeben wurde die 'Skandalon' offenbar von kirchlichen Kreisen bzw. von Mitgliedern der Evangelischen Schülerarbeit, über die wiederholt berichtet wird, und die auch Anzeigen schaltet.

Während die erste Ausgabe sich mit kirchlicher Reformation und Hilfe für Biafra befasst, widmet sich die zweite Ausgabe neben der Kritik der Schule und nicht zuletzt auch des Religionsunterrichts auch in verschiedenen Artikeln der Kritik des AUSS.

Liste der als Scans vorhandenen Zeitungen

Auszug aus der Datenbank "Materialien zur Analyse von Opposition" (MAO)

November 1968:
Vermutlich Anfang November erscheint 'Skandalon' - Zeitung von Schülern für Schüler in Schleswig-Holstein und Hamburg Nr. 1 (vgl. März 1969), deren Mitarbeiter allerdings allein aus Schleswig-Holstein, meist Kiel kommen. Thema der Ausgabe ist "Reformation und Revolution".

Enthalten sind die Artikel:
- "Jesus, Biafra und die neue Orgel" zur geringen Beteiligung der Evangelischen Landeskirche an den Biafraspenden;
- "Lied eines Patrioten";
- "Im Geiste der Intoleranz?";
- "Vatis Argumente" u.a. zu Rudi Dutschke;
- "Terror in der Schule" zur Gelehrtenschule Kiel, von der das erste Flugblatt dokumentiert wird;
- "Theologie der Revolution?";
- "Hör meinen Protest" aus Ernesto Cardenal: Zerschneide den Stacheldraht;
- "Klerikalismus in der Bundesrepublik" u.a. zur Aktion Jugendschutz;
- "Katechisiertes Schuppengeflecht";
- "Tagungen: Reformation" im Jugendzentrum Koppelsberg der Evangelischen Schülerarbeit Schleswig-Holstein, mit einem Auszug aus einem Bericht darüber aus der Büsumer Schülerzeitung 'Die Krabbe', weiteren Stellungnahmen und einem Bericht von der Umsetzung am 31.10.1968 an der Käthe-Kollwitz-Schule in Kiel;
- - "Moral und Gewissen" im Jugendzentrum Koppelsberg der Evangelischen Schülerarbeit vom 27.4. bis 1.5.1968;
- - "Angst und Sicherheit" im Jugendzentrum Koppelsberg der Evangelischen Schülerarbeit vom 23. bis 26.5.1968;
- "Bücher: Marcuse. Der eindimensionale Mensch"; sowie
- - "Käsemann. Der Ruf der Freiheit".

In "KZ in Biafra" wird auch berichtet:"
- In Hamburg-Rahlstedt tritt sich regelmäßig eine Gruppe Jugendlicher, um Zeitungsmeldungen zu analysieren (Widersprüche, Überschriften, Stellung der Artikel in der Zeitung, Vermischung von Bericht und Kommentar usw.). Demnächst sollen auch Fernsehsendungen in diese Analyse einbezogen werden.
- Im Ostsee-Gymnasium Timmendorfer Strand wollen in vier Klassen die Schüler sich nicht länger an der Nordschleswig-Sammlung beteiligen: Sie fördere einen überholten Nationalismus. Statt dessen sammeln die Schüler für Biafra.
- In Flensburg, St. Johannis, 'verkaufte' die Junge Gemeinde Obst. Alle Einnahmen (2 265 DM in 4 Tagen) wurden an die Biafra-Hilfe überweisen. Zugleich verteilten diese Jugendlichen mehrere tausend Flugblätter mit Informationen über das Geschehen in Biafra. 524 Personen trugen sich in Listen ein, in denen die Regierungen zur Einstellung von Waffenlieferungen in das Kriegsgebiet aufgefordert werden.
- In Hamburg 'verkauften' Schüler (Ev. Schülerarbeit Hamburg-Rissen) Orangen für 1 DM das Stück. Der Ertrag 7 500 DM an einem Sonnabend!) wurde der Aktion 'Terre des hommes' übergeben. Am 2.11. will diese Schülergruppe für denselben Zweck 10 000 kleine Schokoladentafeln 'verkaufen'.

- Die 'Aktion 68', zu der sich in Rendsburg 200 Jugendliche verschiedener Nationen zusammenschlossen, brachte bei der Landesregierung in Kiel, bei der Stadt Rendsburg und beim Landeskirchenamt Resolutionen ein. 1 % des jeweiligen Steuereinkommens wird für Entwicklungshilfe erbeten. Die Kircheleitung der Landeskirche Schleswig-Holsteins beschloß daraufhin, verschiedene Baumaßnahmen so zurückzustellen, daß 1 Million DM für die Bekämpfung des Hungers in der Welt frei werden."

Eine Anzeige, die als einzige auch im Inhaltsverzeichnis auftaucht, gibt das Programm der Evangelischen Schülerarbeit Schleswig-Holstein bekannt.
Quelle: Skandalon Nr. 1, Kiel 1968

07.02.1969:
Vom Kostümfest der Kieler SMVen im Eichhof berichtet die 'Skandalon' (vgl. März 1969) über das vom AUSS geplante 'strip-in' u.a.:"
Schon Tage vorher kursierten Gerüchte über die zu erwartenden Pornos. Doch aus diesmal war für die AUSS-Jünger Vorfreude die beste Freude … AUSSgrößen sämtlicher Geschlechter trafen mehr oder weniger pünktlich ein und verhielten sich auffällig unauffällig. Von Lohmeier bis Weissbecker, von LS bis SDS war alles gekommen, was auf sich hielt. … Vereinzelte entblößte Oberkörper (masc.) blitzten verwegen in der Menge auf, … Aber die mit höchster Spannung erwartete action war nichts weiter als ein etwas unsicheres meeting des AUSS auf der Tanzfläche. Gewohnt gekonnt bemächtigte sich ex MPSsprecher Strehler-Pohl zuerst des Mikrofons, alssodann der eigenen Stimme und appellierte an das AUSS, 'doch bitte die Tanzfläche zu räumen'. Diese Aufforderung brach wohl nicht gerade die Herzen der verhinderten Revolutionäre, bis sie ein Eichhöfler in schönster Ekstase 'Faschisten' und ähnlich netete Dinge nannte. Die Gäste, Angehörige der zu überzeugenden Bourgeoisie also, standen nicht nur, sondern auch rum und wußten nicht recht, ob sie lachen oder weinen sollten ob der wohl nicht generalgeprobten AUSSführung Marcusescher Generalstabspläne."
Q: Skandalon Nr. 1, Kiel 1969, S. 30f

März 1969:
Vermutlich im März erscheint 'Skandalon' - Zeitung von Schülern für Schüler in Schleswig-Holstein Nr. 1 (vgl. Nov. 1968) zum Thema "Schule und Gesellschaft".

Weitere Artikel und Rubriken sind:
- "Warum überhaupt Jugend?";
- "Plato aktuell";
- "Der Ruf der Zukunft" zur Technisierung;
- "Der Stundenplan und die Frage";
- "Deutschunterricht - aber wie?";
- "Gemeinschaftskunde als Erziehung zum Frieden";
- "Vom letzten Fach zum ersten Fach" zum Religionsunterricht, zu dem der AUSS forderte: "Meldet euch massenweise ab!", mit Resolutionen eines Workshops der Evangelischen Schülerarbeit vom 16.2.1969, einer Tagung der Religionslehrer vom 23.29196 und der Landesschulsprecherversammlung vom 23.2.1969, die die Neugestaltung fordert;
- "Binsenwahrheit", ein Gedicht von Ingo Langner;
- "Autorität und autoritäres Verhalten in der Schule";
- "Sackgasse" zur Tagung der Landes-SMV in Itzehoe (vgl. 21.2.1969);
- "Bitte einzeln eintreten. Ein Studienreferendar rechnet mit seiner Ausbildung ab";
- "Studienrat - und was dann?";
- "Elefanten";
- "AUSS-gelacht" zum Kostümfest der Kieler SMVen am 7.2.1969;
- "Zur Diskussion gestellt" vom Beauftragten für Lehrlingsfragen des Sozialpfarramts, in dem es einleitend heißt: "'Das Kollektiv muß doch groß genug sein, um Schutz bieten zu können.' Das war der vom Brüllen der Delegierten begeleitete Rechtfertigungsversuch eines Oberschülers des 'AUSS' dafür, daß man in einer Kleinstadt begonnen hatte, auch Mittelschüler und Lehrlinge anzuwerben.";
- "Leserbriefe"; sowie
- "Buchbericht. Die unersetzliche Atempause des Denkens" zu A. und M. Mitscherlich: Die Unfähigkeit zu trauern.

Eine Anzeige wirbt für die Evangelische Schülerarbeit, eine weitere für die Andreas-Gemeinde Kiel.
Q: Skandalon Nr. 1, Kiel 1969

Letzte Änderung: 22.09.2020