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Im dritten Teil der Geschichte des Bochumer SDS soll ein Teil der Gruppen, die sich mit ihm auseinander setzten, dargestellt werden, aber auch, soweit das möglich war, die Politik des SDS/ML bis zur Gründung des KSB/ML untersucht werden. Wie an allen Universitäten gab es auch an der RUB Gruppen, die dem SDS/ML (später KSB/ML) kritisch gegenüber standen und sich keineswegs mit seiner Politik arrangieren wollten. Dazu zählte die DKP-Hochschulgruppe ebenso wie Teile des SHB, des RCDS, aber auch diverse trotzkistische Gruppen, das Unikollektiv des KJVD und auch andere Gruppierungen. Sie alle machten auf ihre Art und Weise Front gegen eine Hochschulpolitik, die sie als „politische Propaganda für die KPD/ML-ZK verstanden“ (vgl. etwa April 1970, 29. Juni 1970, 30. Juni 1970).
Es fällt auf, dass der SDS/ML eigentlich nur reagierte und zu einer eigenständigen Hochschulpolitik kaum in der Lage war. Vor allem die Auseinandersetzung mit der DKP-Hochschulgruppe (vgl. 9. April 1970) zeigt, wie sehr man darauf fixiert war, den „Revisionismus der DKP“ zu entlarven.
Die Haltung des SDS/ML zur „2. Juni-Bewegung“ hatte damals natürlich einen anderen Stellenwert als in den 1970er-1980er Jahren; denn die späteren terroristischen Aktionen, die den Tod von Benno Ohnesorg zum Anlass nahmen, sich in eine „revolutionäre Kontinuität“ zu stellen, hatten natürlich nichts mit der damaligen, vom SDS/ML propagierten „kulturrevolutionäre Bewegung“, die an die Kulturrevolution in China anknüpfen sollte, zu tun.
Durch die personelle Verknüpfung des SDS/ML mit Teilen des Bochumer AStA und der Ortsgruppe der KPD/ML-ZK konnte es nicht verwundern, dass er in gewisser Weise als „Ortsgruppe der KPD/ML an der Uni“ (vgl. etwa 23. April 1970) bezeichnet wurde. Das Uni-Kollektiv des KJVD an der RUB, das später mit der Begründung aufgelöst wurde, dass es jetzt notwendig sei, „sich mit dem Proletariat und nicht mit den kleinbürgerlichen Studenten zu verbinden“ und mit seiner Zeitung „Rot Front“ bekannt wurde, suchte über den SDS/ML die direkte Auseinandersetzung mit der KPD/ML-ZK (vgl. Mai 1970). In der ersten Ausgabe der Zeitung hieß es dementsprechend im Leitartikel „Zur großen 2. Juni Bewegung“: „Die historische Aufgabe bestehe in der Organisierung der revolutionären Partei der Arbeiterklasse und in ihrer Verankerung in den proletarischen Massen … und nicht darin, die Führung der Arbeiterklasse in der erweiterten 2.-Juni-Bewegung sicherzustellen“ (ebd.)
Die Berichte des SDS/ML, etwa über den 1. Mai, zeigen, wie versucht wurde, die KPD/ML ins Gespräch zu bringen und zur Organisierung in ihr aufzurufen. Über den Bochumer AStA gelang es dem SDS/ML Artikel in der „BSZ“ zu platzieren, die die politische Linie der KPD/ML propagierten.
Indes war der SDS/ML durchaus rege. So organisierte er am 14. Mai in Bochum eine Studentendemonstration „gegen den Krieg in Kambodscha“, die unter der Parole „Solidarität mit Kambodscha“ stand. Maßgeblichen Anteil an der Mobilisierung hatte seinerzeit die „Zündkerze“, die Betriebszeitung der Opel-Betriebsgruppe der KPD/ML-ZK, die später versuchen sollte, der „Presse“ (Betriebszeitung der KPD/ML-ZB) den Rang abzulaufen.
Am 2. Juni 1970 konstituierte sich formal der SDS/ML, der an der RUB aber schon vorher unter diesem Namen firmierte. Am 4. Juni wurde dazu aufgerufen, den „SDS/ML zu unterstützen“. Und noch einmal die „2. Juni Bewegung“ ins Gespräch gebracht.
Anlässlich des Verbots des Heidelberger SDS am 24. Juni verteilte der SDS/ML am 26. Juni ein Flugblatt in Bochum und in der RUB. In ihm wurde dazu aufgerufen, „Solidarität mit den Heidelberger Genossen“ zu üben. Federführend dürfte aber die Ortsgruppe Bochum der KPD/ML gewesen sein. Am 30. Juni organisierte er mit einem Aktionskomitee eine Demonstration in Bochum gegen das Verbot. Beteiligte Gruppen waren: AStA der RUB, Junge Garde (JG) der IAK, Unikollektiv des Kommunistischen Jugendverbandes Deutschland (KJVD) der KPD/ML-ZB, Liberaler Studentenbund Deutschlands (LSD), Rote Zelle Rechtswissenschaft, Rote Zelle Mathematik, Rote Zelle Germanistik, Rote Zelle Theologie, SDS/ML der KPD/ML-ZK, Sozialdemokratischer Hochschulbund (SHB), Spartakus-Assoziation Marxistischer Studenten (AMS) der DKP. Auch diese Gruppen haben, neben den bereits in Teil 1 und Teil 2 erwähnten, die Politik an RUB 1970 wesentlich mitbestimmt.
Bei der Wahl zum vierten Studentenparlament (SP) im Juni 1970 (vgl. Juni 1970) erhielt der SDS/ML zwei Sitze. Die damaligen Mehrheitsverhältnisse (allein der SHB erlangte 16 Sitze) zeigten, dass er nicht mehr sonderlich beliebt war und seiner sektiererischen Politik offensichtlich Tribut zollen musste. Womöglich hingen die argen Verluste mit der direkten Propagierung der KPD/ML zusammen, die wohl auf einen erheblichen Teil der Studenten eher störend wirkte. Das wurde auch in einem „BSZ“-Artikel vom 30. Juni kritisch reflektiert. Der Spartakus der DKP sprach deutlich von einer „Ablösung der maoistischen Sektierer“, aber auch davon, dass nun in Bochum wieder „ein linker AStA gewählt wurde“.
Bei der Rektorenwahl am 8. Juli versuchte der SDS/ML sich noch einmal in Szene zu setzen, was ihm aber nicht mehr recht gelingen sollte; denn im Prinzip wurde er da schon vom ZK zurückgepfiffen. Im „Roten Morgen“ erschien im August der Leitartikel „Der Kampf um die proletarische Linie“. Dort konstruierte das ZK das seltsame Konstrukt der „Etappe der Auflösung der 2.-Juni-Bewegung … und die Verschmelzung des fortschrittlichsten Teils mit dem fortschrittlichsten Teil der Arbeiterbewegung in der KPD/ML“ (vgl. August 1970).
Vermutlich genau aus diesem Grunde änderte der SDS/ML, auf Geheiß des ZK, seinen Namen in „Kommunistischer Studentenbund/Marxisten-Leninisten“, um damit als „Massenorganisation“ „die Verbundenheit mit der Arbeiterklasse“ zu dokumentieren. Hieß es doch im damaligen „Roten Morgen“: „Die Führung des SDS war eine revolutionäre Bewegung, sie kämpfte gegen die bürgerliche Wissenschaft, die Unterdrückung an der Universität und gegen den US-Imperialismus und seine Verbündeten und Handlanger. Diese Bewegung verfügte aber nicht über den dialektischen Materialismus. Deshalb konnte sie nur vorübergehend erfolgreich sein ... Die Studenten des KSB/ML werden diese Kämpfe unter Führung der KPD/ML weitertreiben ... Vordringlich ist der Kampf an der ideologischen Front, die Aufklärung der Bevölkerung über die Verbrechen des US-Imperialismus, des Sozialimperialismus, des westdeutschen Imperialismus und aller ihrer Handlanger … (ebd.)
In folgenden Beiträgen über die RUB sollen der „Fall Papalekas“ behandelt werden, später die Konflikte um die Prüfungs- und Studienordnung 1968 sowie die Institutionsbesetzung in Querenburg, dann alle anderen Gruppen, soweit sie in der Datenbank MAO bis 1985 auftauchen.
April 1970: Laut MLPD (2) wurde wahrscheinlich Anfang April 1970 Gerd Genger vom Landeskomitee (LK) der Roten Garde NRW (RG der KPD/ML) nach Hessen geschickt, „um in den Gruppen des dortigen Landesverbandes der Roten Garde den Kampf gegen die kleinbürgerliche Linie des Zentralkomitees der KPD/ML zu führen". Offensichtlich schließt er dort Kontakte zur Roten Garde Kassel und lernt dort Richard Claus (später ZB der KPD/ML-ZB) kennen. Die hessischen Genossen wählen Gerd Genger auch zum Delegierten für die Rote Garde Konferenz am 18. bis 20. April 1970 in Bochum. (1)
April 1970: Die IKD-Gruppe NRW verfasste das Papier „Beginnen wir mit dem Aufbau der Kommunistischen Jugendorganisation!“, in dem u.a. auf die Sauerlandkonferenz vom 14.3.1970 eingegangen wird. Über die Betriebsgruppe 1 (B1) Bochum wird bekanntgegeben, dass diese mittlerweile in die Rote Garde der KPD/ML eingetreten sei. (2)
April 1970: Die DKP Hochschulgruppe an der RUB gab vermutlich im April die Nr.2 ihres „Kommunist“ heraus. (3)
April 1970: Die OG Essen RF-O (ex-KPD/ML-ZB) berichtete vermutlich aus dem April 1970 über den SDS/ML Bochum der KPD/ML bzw. KPD/ML-ZK: „Genau im Sinne der 'Unione' ... wurde der SDS/ML (Bochum) ... gegründet." Offiziell geschah das allerdings erst am 2.6.1970. (4)
April 1970:
Vermutlich im April erscheint an der Ruhruniversität Bochum (RUB) die "Vorläufige Plattform des SDS/ML (Entwurf)", die auch die Unterstellung des SDS/ML unter die KPD/ML beinhaltet.
Vermutlich ebenfalls noch im April erscheint auch eine Broschüre des SDS/ML mit dem Inhalt:
1. Die Rolle des SDS in der 2. Juni-Bewegung
2. Die Arbeiterklasse muß in allem die Führung haben
3. Was heißt antibürokratischer, antiimperialistischer, antirevisionistischer Kampf".
Q: SDS/ML: Vorläufige Plattform des SDS/ML (Entwurf),O. O. (Bochum) o. J. (1970); SDS/ML: Die Rolle des SDS in der 2. Juni-Bewegung,O. O. (Bochum) o. J. (1970)
4. April 1970: Die IAK berichtete von der Gründung ihrer Jugendorganisation Junge Garde (JG): „VORWÄRTS ZUM AUFBAU DER REVOLUTIONÄREN INTERNATIONALE DER JUGEND! Die Gruppen Junger Revolutionäre und Gruppen Junger Sozialisten, ..., haben am 4./5. April die 'Junge Garde - für die Revolutionäre Internationale der Jugend' konstituiert.
Sie griffen damit den Appell der Alliance des Jeunes pour le Socialisme (AJS, d. Vf.) auf, in dem die jungen Revolutionäre der ganzen Welt aufgefordert werden, die revolutionäre Jugendinternationale aufzubauen.
Die jungen Arbeiter, Angestellten und Beamten, die Lehrlinge, die Schüler und Studenten, die im Kampf um ihre Interessen die Notwendigkeit einsahen, organisiert diesen Kampf zu führen und deshalb die Gruppen Junger Revolutionäre und Junger Sozialisten aufbauten, erhielten von der nationalen Versammlung der Arbeiterjugend in Paris am 1. Februar neue Impulse für den Kampf in ihrem eigenen Land. Die ausgegebene Perspektive des Aufbaus der Revolutionären Jugendinternationale spornte sie an, die verschiedenen Gruppen zu festigen und zu vergrößern und damit neue kämpferische Jugendliche für das zentrale Ziel zu gewinnen: den Kampf für den Aufbau der Revolutionären Organisation der Jugend in Deutschland.
Die Konstituierung der JUNGEN GARDE markiert einen wichtigen Schritt in dieser Richtung. Die in Bochum versammelten jungen Revolutionäre setzten an den Ergebnissen der politischen Diskussion und den Beschlüssen des nationalen Treffens der GJR/GJS vom Februar in Frankfurt an und verabschiedeten ein Manifest, das die Erfahrungen der vergangenen Kämpfe zusammenfasst und Perspektiven gibt für die kommenden Aufgaben. Sie beschlossen ein Organisationsstatut, das die Mitgliedschaft definiert und die demokratische Kontrolle der beschlossenen Politik verankert. Die jungen Genossen wählten eine zentrale Leitung, die den Mitgliedern voll verantwortlich ist und die zwischen den nationalen Konferenzen politisch führt. Die JUNGE GARDE baut eine Jugendzeitung auf, die ihr Instrument ist, in die bestehenden Auseinandersetzungen zu intervenieren, um den kämpferischen Jugendlichen eine politische Perspektive ihres Kampfes zu geben und sie in die JUNGE GARDE zu organisieren.
In der ersten Ausgabe der Zeitung 'JUNGE GARDE - für die revolutionäre Internationale der Jugend' werden die beschlossenen Dokumente veröffentlicht. Sie wird vor dem ersten Mai erscheinen, damit die Mitglieder der JUNGEN GARDE massiv in den Kundgebungen und Demonstrationen ihre Politik erklären und neue Jugendliche für den Kampf um die Revolutionäre Organisation der Jugend gewinnen können. Die JUNGE GARDE hat eine Resolution zum ersten Mai beschlossen, in der sie erklärt, dass sie zusammen mit den Genossen der 'Internationalen Arbeiterkorrespondenz' für die Interessen der Arbeiterklasse, wie sie in den Septemberstreiks artikuliert wurden, und gegen jede Form der Klassenkollaboration kämpfen wird. Die JUNGE GARDE bestimmte eine Delegation, die an der nationalen Konferenz ihrer Bruderorganisation - der Young Socialists in Scarborough (in Großbritannien, d. Vf.) teilnimmt, um von den Erfahrungen der englischen, französischen, amerikanischen und den Genossen aus anderen Ländern zu lernen, wie der Kampf für den Aufbau der Revolutionären Internationale der Jugend zu führen ist.
Die Diskussion über den Charakter der JUNGEN GARDE als einer Avantgarde oder Massenorganisation und die Auseinandersetzung über die Frage, ob das Übergangsprogramm von Leo Trotzki die politische Grundlage der JUNGEN GARDE sein könnte, zeigten, dass die jungen Genossen bereit sind, einen intensiven Kampf um die Anhebung des politischen und theoretischen Niveaus zu führen. Sie zeigten, dass der Trotzkismus in Deutschland eine lebendige Kraft ist, zwar noch schwach, aber doch fähig, die Kämpfe der Jugend politisch zu führen. Die Konstituierung der JUNGEN GARDE ist für die Gruppe 'Internationale Arbeiterkorrespondenz' ein Impuls, den Trotzkismus in Deutschland verstärkt aufzubauen. Sie setzt sich zum Ziel, in kürzester Zeit die deutsche Sektion für den Wiederaufbau der IV. Internationale zu gründen.
Genossen,
die JUNGE GARDE ist sich der Aufgabe bewusst, zusammen mit den Genossen der Internationalen Arbeiterkorrespondenz, zusammen mit der IV. Internationale die Krise der revolutionären Führung des Proletariats lösen zu müssen, um der Arbeiterklasse die Eroberung der Macht - unter Führung der revolutionären Partei - zu ermöglichen. Sie kämpft deshalb für den Aufbau der revolutionären Organisation der Jugend in Deutschland als Teil der Revolutionären Jugendinternationale, als Sektion der IV. Internationale. Diese Aufgabe erfordert neben dem energischen Einsatz aller Mitglieder große finanzielle Mittel.
Die JUNGE GARDE braucht eine eigene Zeitung, mit der sie die Verteidigung der Jugend gegen die tagtäglichen Angriffe des Kapitals organisieren kann.
Die JUNGE GARDE muss neue Gruppen in Deutschland aufbauen.
Die JUNGE GARDE braucht eine eigene Abzugs- und Druckmaschine, sie braucht ein Büro.
ALL DIES KOSTET VIEL GELD, das die jungen Genossen nicht alleine aufbringen können, weil die herrschende Klasse ihnen keinen angemessenen Lebensstandard zugesteht.
Genossen, Leser der Internationalen Arbeiterkorrespondenz, Sympathisanten, spendet Geld, abonniert schon jetzt die Zeitung der JUNGEN GARDE, unterstützt die JUNGE GARDE, damit sie ihre Aufgaben erfüllen kann. Spendet auf das Konto der IAK unter dem Stichwort 'JUNGE GARDE'!" (5)
9. April 1970: Die IKD Gruppe Köln berichtete ihrer Leitung heute aus Bochum, dass sie dort Kontakt zu einem Mitglied der luxemburgischen Studentenorganisation ASSOS habe. Weiterhin gäbe es dort eine Gruppe Junger Sozialisten (GJS) der IAK. (6)
9. April 1970: In der „BSZ“ Nr.58/1970 erschien der Artikel:
„DKP/Spartakus-Revisionisten und RCDS-Reaktionäre in einer Front: Schluss mit der DKP-Farce!“
Darin wurde u.a. ausgeführt:
„DKP/Spartakus nutzten die Gunst der Stunde: Die Universität war leer, die Massen der Studenten waren in Ferien. Also versucht man, den sozialistischen AStA mit Meinhard Starostik an der Spitze zu liquidieren. Eine Handvoll Pöstchenjäger und reaktionärer Bankrotteure vereinigte sich hinter dem Rücken der Studenten zur 'ganz großen Koalition' ... Mit großer Sorgfalt wählte man sich als Kulisse den Hauptausschuss des Studentenparlaments, den kaum ein Student kennt, der auch noch nie von sich reden gemacht hat, der aber während der Ferien die Funktion des nicht zusammentretenden Studentenparlaments übernimmt ... Wem galt die politische Hauptstoßrichtung des missglückten Putsches? DKP-Spartakus und seine Spießgesellen von der BSU und vom RCDS scheuten sich nicht, wider besseres Wissens, selbst die Klassenjustiz auf den Plan zu rufen. So erfand man als Lüge Nr.1 die Rote Garde (RG, d. Vf.), mit der der AStA sympathisiert und mit der er seit der großen Bochumer Vietnamdemonstration im vergangenen Dezember (am 20.12.1969, d. Vf.) von Fall zu Fall zusammenarbeitet, bzw. die KPD/ML habe angeblich, und das auch noch mit Wissen des AStA, die Offset-Druckmaschine des AStA entwendet. Wahr ist, dass die Rote Garde sich eine eigene Druckmaschine gekauft hat. Über den Verbleib der AStA-Maschine ist nach den polizeilichen Ermittlungen nichts bekannt ... Die politische Hauptstoßrichtung der 'ganz großen Spartakus/BSU/RCDS-Koalition' geht gegen die KPD/ML und Rote Garde, weil sie gegen den Marxismus-Leninismus geht. Sie geht gegen den alten SDS und den neuen SDS/ML, weil sie gegen den antirevisionistischen und antiimperialistischen (auch antisowjetimperialistischen) Kampf der großen Studentenbewegung des Zweiten Juni geht. Sie geht speziell gegen diesen AStA, weil sie den antibürokratischen Kampf der 2.-Juni-Bewegung liquidieren will. Der Putschversuch ist zunächst gescheitert ...Unsere Antwort kann deshalb nur sein, den ideologischen Klärungsprozess der Bewegung des Zweiten Juni noch schneller und noch gründlicher voranzutreiben. Die adäquate Antwort kann nur die Sammlung und Organisierung aller revolutionären marxistisch-leninistischen Studenten sein. Stützt den AStA gegen die Revisionisten und Reaktionäre aller Schattierungen ... Unterstützt die Gründung der marxistisch-leninistischen Studentenorganisation. "
Erstmals ist auch ein Gründungskomitee des SDS/ML für einen Artikel in der „BSZ“ verantwortlich: „Die 2.-Juni-Bewegung". U. a. wurde darin ausgeführt:
„Es steht außer Zweifel, dass die große Protestbewegung der Studenten und Schüler, die sich seit Ende 1964 (Tschombe-Besuch) in Westberlin vorbereitet und entwickelt hatte und die nach dem 2.Juni 1967 (Mord an Benno Ohnesorg) mit Macht die ganze Bundesrepublik ergriff, einen entscheidenden qualitativen Sprung in der politischen Entwicklung der BRD darstellt. Rudi Dutschke und Bernd Rabehl bezeichneten die 2.-Juni-Bewegung als 'kulturrevolutionär'. Daraus spricht keine exakte marxistisch-leninistische Analyse, vielmehr spiegelt sich darin der mächtige Einfluss der Großen Proletarischen Kulturrevolution in China ... Die 2.-Juni-Bewegung in Deutschland war offensichtlich eine Bewegung, die versuchte, im Überbau Machtpositionen zu erringen, indem sie die Universitäts- und Schulbürokratien bekämpfte. Sie versuchte, wie es hieß, die 'Manipulation' des bürgerlichen Informationswesens zu durchbrechen und eine Gegen-Öffentliche-Meinung zu bilden. All das sind typische Kennzeichen einer kulturrevolutionären Bewegung ... Die Theorie der SDS-Führer war auf dem Höhepunkt der Bewegung eklektizistisch ... sowie bürgerlich-reformistisch. Historisch-perspektivisch erweist sich die Bewegung als Bündnis von tendenziell sozialistisch-revolutionären Kleinbürgern ... und radikal-liberalen sowie radikal-reformistischen Kleinbürgern. Die Unklarheit der Theorie erwies sich dabei zum Teil als Kitt des Bündnisses ... Nun können wir die Bedeutung der 2.-Juni-Bewegung genauer kennzeichnen: Es handelte sich dabei um eine kleinbürgerliche, tendenziell sozialistische, kulturrevolutionäre Bewegung antibürokratischen, antiimperialistischen und ansatzweise antirevisionistischen Charakters.
Diese Tatsache klar zu begreifen, ist von größter Bedeutung für die Marxisten-Leninisten in der BRD ... Die konsequente Weiterführung der kulturrevolutionären 2.-Juni-Bewegung forderte von einem bestimmten Moment an gebieterisch das Bündnis der Bewegung mit dem revolutionären Kampf der Arbeiterklasse unter Führung der Arbeiterklasse ... In einer dritten Phase musste daher notwendigerweise die Theorie in den Vordergrund rücken ... Als Kennzeichen dieser Phase ist jedoch die Unfähigkeit zu sehen, die Ansätze von Betriebspraxis mit Ansätzen von Theorie wirklich zu verbinden. Der Grund dafür ist der, dass die linken Studenten ihre eigene Rolle und die historische Bedeutung der 2.-Juni-Bewegung nicht begriffen ... Schließlich entstanden in diesen Zirkeln auch Initiativen zur Gründung einer marxistisch-leninistischen Partei, meistens jedoch erst nach Gründung der KPD/ML …
Das entscheidende Merkmal der KPD/ML bei ihrer Gründung war die Tatsache, dass sich in ihr Marxisten-Leninisten, die einen jahrelangen antirevisionistischen Kampf geführt hatten, mit der Avantgarde der 2. Juni-Bewegung, die sich bereits damals zum Marxismus-Leninismus entwickelt hatte, verbanden. Damit wurde die Partei tendenziell instandgesetzt, ihre erste wichtige historische Aufgabe zu erfüllen: die Führung der Arbeiterklasse in der erweiterten 2.-Juni-Bewegung sicherzustellen." (7)
21. April 1970: Laut „BSZ“ Nr. 59/1970 sprach mit 2/3 Mehrheit die Uni- Vollversammlung „dem sozialistischen AStA Starostik ... das Vertrauen aus“. (8)
23. April 1970: In der „BSZ“ Nr.59/1970 erschien u. a. der Artikel: „SDS/ML macht das SP beschlussunfähig“. Danach soll der SDS/ML der KPD/ML bzw. KPD/ML-ZK an der Bochumer-Ruhr-Universität die „eigene Studentenvertretung bekämpfen“, weil er auch „bei einem SP nach seinem Klassencharakter fragt“.
Weiter hieß es:
„Nachdem die Vollversammlung am Nachmittag dem BSU-Antrag eine schlagende Niederlage erteilt hatte, versuchten die BSU-Reaktionäre im SP, dem Votum der Studenten zum Trotz, ihre Interessen mit allen möglichen Tagesordnungs-Tricks doch noch durchzusetzen, und die Mehrheit hätten sie bekommen: nämlich die Mehrheit der Reaktionäre aller Schattierungen ... Als einige von uns auszogen, um ... die weitere Verteilung der Pöstchen zu verhindern ..., und als dann einer von uns die Beschlussfähigkeit - ganz parlamentarisch - anzweifelte, da wussten die BSU-Reaktionäre wieder einmal, dass sie es mit einem marxistisch-leninistischen Gegner zu tun hatten. Und wir sind bereit, ihnen dieses Wissen weiterhin täglich zu vermitteln.“ (9)
24.04.1970:
An der Ruhruniversität Bochum (RUB) rief die Betriebsgruppe Universität der Roten Garde Bochum der KPD/ML zur heutigen ersten Sitzung des Unikollektivs auf, aus dem das Unikollektiv des KJVD der KPD/ML-ZB (vgl. Mai 1970) hervorgeht.
Q: Betriebsgruppe Universität der Roten Garde Bochum: Die kleinbürgerliche Intelligenz für den revolutionären Kampf des Proletariats gewinnen,Bochum o. J. (1970)
Mai 1970:
Die Nr.1 der Zeitung des Uni-Kollektivs Bochum des KJVD „Rot Front“ erschien erstmalig mit dem Leitartikel „Zur großen 2.Juni Bewegung“.
Im Artikel „Zur Großen 2.Juni Bewegung“ fand auch eine Auseinandersetzung mit dem SDS/ML (später KSB/ML) statt, der am 2.6.1970 offiziell gegründet wird und an der Uni Bochum als Studentenorganisation der KPD/ML-ZK fungierte. Ausgeführt wurde:
„In der Auseinandersetzung mit den SDS/ML-Initiatoren geht es letztlich um die Frage - können Studenten eine eigene Massenorganisation mit demokratischem Zentralismus auf Grund ihrer tendenziell sozialistischen Orientierung beanspruchen, oder müssen sich die ML-Studenten vielmehr stufenweise in die proletarische Jugendorganisation integrieren, um so eine unmittelbare Anleitung durch das Proletariat zu erfahren. Es geht also um die Überführungsbedingungen der Studenten in die Arbeiterbewegung, um die Bedingungen der Gewinnung eines wichtigen Bündnispartners für das Proletariat. Halten wir fest, dass der KJVD die Studentenbewegung als kleinbürgerlich einschätzt, ihr also keine Tendenz innewohnt, sondern sie in ihrer Entwicklung abhängig ist vom Stand der allgemeinen Widersprüche des Kapitalismus und dem Stand der aktiven Klassenkämpfe, also der Stärke und Schwäche der Arbeiterbewegung.“
Heute sei „die historische Aufgabe in der Organisierung der revolutionären Partei der Arbeiterklasse und in ihrer Verankerung in den proletarischen Massen zu sehen und nicht darin, 'die Führung der Arbeiterklasse in der erweiterten 2.-Juni-Bewegung sicherzustellen'. So kann nur reden, wer immer noch nicht die historische Rolle der Arbeiterklasse einsehen will, wer immer noch unter dem Mäntelchen des Marxismus-Leninismus die Führung der kleinbürgerlichen desperaten Intelligenz in der wiedererstarkten Arbeiterbewegung sichern will. Und so sagen es die Herren Wissenschaftler in Sachen Arbeiterbewegung dann auch: 'Die Vertreter der Intelligenz, deren Weltanschauung der dialektische und historische Materialismus ist, haben ebenfalls ein großes Interesse daran, dem Proletariat diese Weltanschauung zu vermitteln, da sie wissen, dass das Proletariat die einzige Kraft ist, auf die sie sich im Kampf für ihre Ziele stützen können.“
Im Artikel „Studenten als Bündnispartner des Proletariats“ wurde auch auf die Aufgaben des KJVD an der Uni eingegangen:
„Zu den Thesen, dass die KPD/ML und der KJVD aus den Studenten Proletarier machen will, dass sie die Uni als reines Rekrutierungsfeld für die revolutionäre Intelligenz betrachtet, sagen wir folgendes: Die KPD/ML und der KJVD betrachten die fortschrittlichen Teile der Studenten als Bündnispartner des Proletariats. Das Merkmal dieses Bündnispartners besteht darin, dass er sich schwankend und unsicher verhält. Die KPD/ML und der KJVD treten an der Uni unter anderem mit dem Ziel auf, diesen Bündnispartner zu gewinnen und ihn für die vorbehaltlose Unterstützung des Sieges der Arbeiterklasse über die Bourgeoisie zu erziehen. In diesem Prozess unterstützt sie auch die berechtigten Forderungen der Studenten. Doch betrachtet sie diese Forderungen nicht als per se progressiv, sondern analysiert jede Forderung, ob sie die studentischen Privilegien vergrößern will und sich damit von der Arbeiterklasse loslöst. Der KJVD an der Uni sieht heute die Unterstützung des Aufbaus der proletarischen Kampforganisation als Hauptaufgabe an. In der Etappe des Aufbaus der proletarischen Kampforganisation sieht sie ihre Hauptaufgabe darin, diesen Aufbau zu unterstützen. Darauf muss auch die Arbeit an der Uni abgestellt werden, d.h. es wäre völlig falsch, in der jetzigen Etappe eine breit angelegte Massenagitation an der Uni zu entfalten, dort in breitem Rahmen organisierende Tätigkeit aufzunehmen und damit Kräfte in Anspruch zu nehmen, die für die Hilfe beim Aufbau der Kampforganisationen der Arbeiterklasse dringend gebraucht werden.“
Die Uni-Kollektive leisten in der Folgezeit wesentliche Unterstützungsarbeit für die entstehende KPD/ML-ZB. So organisieren sie Verteilerdienste für Betriebszeitungen und Flugblätter, sind an der Herausgabe des 'Kommunistischen Nachrichtendienstes' (KND) durch Unterstützungsarbeit beteiligt und dienen auch als Rekrutierungsfeld für die Bereitstellung von Kadern für die KPD/ML-ZB. (10)
1. Mai 1970: Der AStA Bochum und der SDS/ML berichteten über den 1. Mai:
„MAIDEMONSTRATIONEN. Die Gewerkschaften haben sich längst von der westdeutschen Arbeiterklasse entfernt und werden von ihr, vor allem nach den Septemberstreiks, nicht mehr als 'Arbeiter'-Organisationen angesehen. Das zeigte sich am 1. Mai, wo dem Aufruf des reformistischen DGB noch weniger Arbeiter folgten als gewöhnlich. Um dem Proletariat weiter Sand in die Augen zu streuen, sahen sich die Gewerkschaftsbonzen genötigt, groß ins reformistische Horn zu stoßen. So tönte es von Hamburg bis München in den offiziellen DGB-Reden von 'qualifizierter Mitbestimmung, wirksamer Vermögensbildung, Reform des Besteuerungssystems, Voraussetzungen für eine überbetriebliche Ertragsbeteiligung der Arbeitnehmer usw.“
Eingegangen wurde auch auf Willy Brandt in Dortmund und fortgefahren:
„Andere, wie der DGB-Landesvorsitzende Philipp Pleß aus Hessen, wurden konkreter und propagierten unzählige Reförmchen wie 'Altersgrenze nach Wunsch', 'Fort mit dem Rentennachteil für Frauen', 'Großzügiger Ausbau der Gesundheitsvorsorge', 'Sozialer Schutz für ältere Arbeitnehmer' usw., die - wie die Erfahrung der internationalen Arbeiterbewegung lehrt - nichts am Kapitalismus, d.h. an der Ausbeutung ändern.“ (11)
1. Mai 1970: In Berlin mobilisierten, laut Bergedorfer Lehrlingszentrum, die Linken 20 000 Demonstranten zum 1.Mai, während es DGB und SEW auf 6 000 bringen. In Berlin ruft die KPD/AO zur Demonstration ab Karl Marx Platz in Neukölln auf. An dieser revolutionären Demonstration sollen sich 20 000 beteiligt haben, während die DGB-Kundgebung in der 'Kommunistischen Arbeiterpresse' nur 2 000 Zuhörer gefunden habe, während es in der 'Roten Fahne' 6 000 von SEW und z. T. APO waren. Laut 'RPK' waren es 15 000 bis 20 000 auf der linken Demonstration.
Auf der Berliner Maidemonstration bildet die KPD/ML-ZK, nach eigenen Angaben, einen eigenen Block. In einem internen Bericht der IKD (bzw. Spartacus - IAfeKJO) hieß es:
„Unerwarteter Erfolg; hatten in unserm Block zum Schluss rund tausend Leute. Der Versuch, in die Apo die 'Differenzierung hineinzutragen', ist ebenfalls ganz gut gelaufen: Eine Abspaltung der Roten Garde und eine Abspaltung der 'ML-Fraktion' sind bei uns mitgelaufen, außerdem ein ganzer Schwung FDJler; die 'Falken' und die Jusos hatten sogar offiziell zu unserm Block aufgerufen, haben aber natürlich kaum was auf die Beine gebracht. Darüberhinaus sieht es so aus, als herrschte allenthalben eine beträchtliche Malaise wegen des 1.Mai. In der ML hat es wohl heftige und chaotische Auseinandersetzungen gegeben, ob man sich beim DGB oder beim Roten Mai beteiligen soll. Ein paar Tage danach sieht es so aus, als wenn die Malaise auch auf die Studenten übergreift (Rote Zellen). Im Gegensatz zu unserm Auftreten vor dem Rathaus war nämlich der Rote Mai ein sterbenslangweiliges Ritual - keine Sprechchöre, keine Lieder, nicht mal mehr Ketten im Laufschritt; die Reden waren so einschläfernd, dass riesige Massen die Kundgebung schon zu Beginn wieder verließen, um sich durch Steineschmeißen am Kudamm über ihre Frustration hinwegzutrösten. Auf dem Kennedyplatz dagegen stellten die Linken - erkenntlich an den roten Fahnen - MINDESTENS die Hälfte der ca. 20 000 Anwesenden und beherrschten vollkommen das Bild der Kundgebung - auch akustisch übrigens. Die SEW hatte ein Mammut-Aufgebot angeschleppt - sie haben fast sämtliche Demonstrationszüge der Einzelgewerkschaften aufgesaugt und einkassiert. Der IGM-Zug beispielsweise bestand - abgesehen von höchstens 50 Bürokraten - aus über 2 000 SEW- und FDJ-Anhängern, was man unzweifelhaft an ihren Transparenten ablesen konnte.“
Der AStA der RUB berichtete:
„Die reformistischen Parolen wurden bekämpft von den marxistisch-leninistischen Gruppen unter Führung der KPD/ML. Gemäß der Kampfparole der Marxisten-Leninisten: 'Zeigen wir unsere Kampfentschlossenheit durch eine eigene Demonstration', organisierte die KPD/ML und die Rote Garde (RG der KPD/ML-ZK, d. Vf.) im Bündnis mit anderen antirevisionistischen, sozialistischen Gruppen in Berlin eine eigene Kundgebung. In den Bezirken Neukölln und Kreuzberg nahmen an der Maidemonstration mehr als 6 000 Demonstranten, Arbeiter und studentische Gruppen unter der Führung der KPD/ML teil. Die Marxisten-Leninisten forderten: 'Nieder mit Ulbricht und Brandt, alle Macht in Arbeiterhand! Bauen wir eine starke Kommunistische Partei Deutschlands/ML auf! Kampf für die Einheit der Arbeiterklasse!“ (12)
1. Mai 1970: Zum 1. Mai in Dortmund berichtete der AStA der RUB:
„Für das Ruhrgebiet wurde eigens Willy Brandt mobilisiert, der sich aus rein demagogischen Gründen in Dortmund 'unters Volk' mischte und dort laut verkündete: 'Unsere Politik ist ein umfassender Versuch, den Frieden in der Mitte Europas sicherer zu machen. Ost- und Westpolitik sind dabei aus einem Guß.' Man siehts, Brandt hat mit Billigung der USA seinen Frieden mit der Renegatenclique in der Sowjetunion (SU, d. Vf.) und den übrigen revisionistischen Staaten geschlossen. Dem westdeutschen Arbeiter dagegen hatte Brandt wenig zu sagen. In philosophische Höhen sich flüchtend, sprach er 'von der Demokratie als einem Prinzip, das alles gesellschaftliche Sein der Menschen beeinflusst und durchdringt.“ (13)
2. Mai 1970: Der AStA Der RUB berichtete aus München: „In München kam es während der 1.-Mai-Kundgebung zu einem Bündnis der Roten Garde (RG der KPD/ML-ZK, d. Vf.), die eine Kundgebung des faschistischen 'Verbandes der Griechen in Bayern' im Bürgerbräukeller verhinderten. Der Verband hatte mittels einer einstweiligen Verfügung die Direktion des Lokals gezwungen, einen zurückgezogenen Mietvertrag zu erfüllen.“ (14)
8. Mai 1970: Der AStA der RUB gab die Nr.60 der „BSZ“ heraus. Berichtet wurde u. a. vom 1. Mai bundesweit, in Berlin und Dortmund sowie von einer Griechenland-Aktion in München. (15)
14. Mai 1970: In Bochum demonstrierten laut KPD/ML-ZB und des AStA der RUB „500 Studenten gegen den Krieg in Kambodscha“. Organisiert worden sei die Demonstration von der KPD/ML-ZK unter der abstrakten Parole „Solidarität mit Kambodscha“. Mobilisiert hatte die KPD/ML-ZK u. a. durch eine Sonderausgabe für Bochumer Betriebe der Opel-Betriebszeitung „Zündkerze“, mit der KPD/ML und Rote Garde (RG) um 15 Uhr zum Springerplatz aufriefen zur „Solidarität mit den Völkern von Kambodscha und Vietnam“.
Der KJVD der späteren KPD/ML-ZB verteilte ein Flugblatt: „Was heißt: Solidarität mit dem kambodschanischen Volk?“ Das Flugblatt richtet sich gegen „den Einfall der US-amerikanischen Truppen in Kambodscha“. Dieser sei „ein erneuter Beweis für den offen kriegerischen Charakter des US-Imperialismus“. Dieser Einmarsch sei letztlich „ein klarer Ausdruck der Verschärfung der allgemeinen Widersprüche des Imperialismus. Der Aggressivität nach außen entspricht die Aggressivität nach innen: Die faschistischen Reaktionen gegen die Studentendemonstrationen sind nur konsequenter Ausdruck der seit Jahren vorherrschenden Terrormethoden gegen wirklich klassenkämpferische Gewerkschaften, gegen die Organisation der schwarzen Proletarier. Doch der US-Imperialismus stellt nur den Vortrupp für das imperialistische Lager (USA, Westeuropa, Japan) insgesamt dar. So ist der Unterschied zwischen dem US-Imperialismus und dem bundesrepublikanischen - außer dem unterschiedlichen Wirtschafts- und Militärpotential - der, dass die Monopolkapitalisten der BRD zur Zeit ihrer Wirtschaftsexpansion mit friedlichen Mitteln gegen den Osten führen. Der Tatbestand ist klar: Die BRD-Monopole - vertreten durch die SPD-Regierung - leisten dem US-Imperialismus objektiv Handlangerdienste: schweigendes Einverständnis mit dem US-Imperialismus; offene Unterstützung der CIA-Regierung in Athen (Griechenland, d. Vf.) durch Lieferung von U-Booten und Flugzeugen; offene Unterstützung des Faschistenregimes in Spanien durch Lieferung von Panzern".
Das Flugblatt ruft unter diesem Gesichtspunkt u. a. mit einem Zitat von Ho Chi Minh, "Die Revolution in den unterdrückten Nationen unterstützen heißt konkret, die Revolution im eigenen Land voranzutreiben!", dazu auf:
„Schluss mit den ohnmächtigen Demonstrationen moralischer Empörung! Aktiv den Klassenkampf in der BRD unterstützen!“. Zu diesem Zweck sollten sich Lehrlinge und Jungarbeiter im KJVD, Schüler im Schülerkollektiv des KJVD und Studenten im Unikollektiv des KJVD organisieren“.
In der „BSZ“ wurde die Aktion so dargestellt:
„Etwa tausend Demonstranten, unter ihnen eine Anzahl Arbeiter, zogen ... durch das Arbeiterviertel am Springerplatz, um gegen den Überfall der US-Imperialisten auf Kambodscha zu demonstrieren. Zu dem Protest hatten KPD/ML und Rote Garde und von der studentischen Seite der AStA der Ruhruniversität und das Gründungskomitee des SDS/ML aufgerufen. Auf zahlreichen Spruchbändern drückten die Demonstranten ihre Solidarität mit dem Kampf der Völker von Kambodscha, Vietnam und Laos sowie mit allen vom US- und Sowjetimperialismus unterdrückten Völkern aus. An der Universität hatte bereits nachmittags ein teach-in stattgefunden, das gemeinsam vom SDS/ML-Gründungskomitee und dem AStA organisiert war ... Ein Genosse des Gründungskomitees des SDS/ML stellte dar, dass der US-Imperialismus bereits auf der absteigenden Linie steht ... Praktische Solidarität mit den von den Imperialisten unterdrückten Völkern könne sich nur darin erweisen wenn man die Parole des Genossen Ho Chi-Minh konkret anwendet: 'Die Revolution in der Dritten Welt unterstützen, heißt für Euch konkret, die Revolution im eigenen Lande vorbereiten'. Deshalb komme es darauf an, die revolutionäre marxistisch-leninistische Partei der Arbeiterklasse zu unterstützen. Das können wir als Studenten am besten tun, indem wir uns im SDS/ML, der Studentenorganisation der KPD/ML organisieren ... Deshalb war es richtig, dass sich der AStA hier klar der Führung der marxistisch-leninistischen Partei der Arbeiterklasse, der KPD/ML, unterstellt. ... Diesmal bestand die große Mehrheit des Demonstrationszuges noch aus Studenten, mehr und mehr Arbeiter werden aber künftig unter Führung der revolutionären Partei der Arbeiterklasse das Bild solcher Demonstrationen bestimmen.“
Laut KSB/ML der KPD/ML-ZK handelt es sich um die erste Demonstration in Bochum, die unter Führung der KPD/ML bzw. KPD/ML-ZK stand. (16)
Juni 1970: An der RUB erschien vermutlich die Nr.1 der Zeitschrift „Pythagoras - Zeitung der Roten Zelle Mathematik und der Fachschaft Mathematik an der Ruhr-Universität-Bochum“. Es handelte ich hierbei um die erste Ausgabe überhaupt. (17)
2. Juni 1970: Nach eigenem Bericht gründeten nach monatelangen Vorbereitungen u. a. Mitglieder des ehemaligen Bochumer SDS unter Führung und Anleitung der KPD/ML auch in Bochum eine marxistisch-leninistische Studentenorganisation, den SDS/ML. Hierbei handelt es sich um einen formalen Akt, da zuvor bereits Aktivitäten unter dem Namen SDS/ML entfaltet wurden. (18)
4. Juni 1970: In einem Artikel der Nr.62 der „Bochumer Studenten Zeitung“ wurde dazu aufgerufen, an der Bochumer-Ruhr-Universität „die Gründung des SDS/ML zu unterstützen“. Im Artikel des SDS/ML: „Stärken wir die 2.-Juni-Bewegung“ hieß es u. a.:
„Die ML-Gruppierungen, von denen sich bald die fortgeschrittensten der KPD/ML anschlossen, verdeutlichen eine konsequente Linksentwicklung der 2.-Juni-Bewegung, deren bestimmende Hauptelemente der antiimperialistische, antibürokratische und antirevisionistische Kampf sind. ... Wie kann der SDS/ML die 2.-Juni-Bewegung weiter festigen? ... Die 2.-Juni-Bewegung ist nicht tot, sie klärt nur ihre Ziele und reorganisiert sich. Mit jedem neuen Semester kommen neue Kommilitonen an die Universität, die darauf brennen, den antibürokratischen und antirevisionistischen Kampf weiter zu führen. Der SDS/ML wird ihnen die revolutionäre Perspektive zeigen und gemeinsam mit ihnen kämpfen. Das kann nur bedeuten, dass wir uns wirklich mit dem Proletariat verbinden und in seinen Dienst stellen. ... Wir werden uns verpflichten, in dialektischer Verbindung mit der Praxis der roten Stadtteil- und Betriebsgruppen bei der Kommissionsarbeit der KPD/ML zur Klassenanalyse zu helfen …
Die drei Jahre nach dem 2. Juni 1967 haben uns an Erfahrungen reicher gemacht. Wir wissen, dass uns bürgerliche Scharlatane wie Marcuse, Horkheimer und Adorno lange Zeit Sand in die Augen gestreut haben. Wir wissen nun, dass Randgruppenstrategien ... und die These 'Die Arbeiterklasse ist subjektiv nicht revolutionär, also ist sie es auch nicht objektiv', gröbster bürgerlicher Humbug sind. Wir haben gelernt, dass Anarchisten vom Schlage Langhans, Cohn-Bendit und Baader die revolutionäre Kraft der Massen in Wirklichkeit verachten. ... Wir sahen so, dass die Arbeiterklasse in allem die Führung haben muss. Wir sahen, dass die antiautoritäre Organisation des alten SDS nur zu unnötigen Niederlagen und zur Selbstauflösung führt. Wir erkannten, wie sich die DKP-Revisionisten fortlaufend entlarvten. ... Wir verstanden es mehr und mehr, die Sowjetunion exakt marxistisch-leninistisch einzuschätzen. ... Wir wissen nun, wie wichtig der Sieg der Großen Proletarischen Kulturrevolution in China ist. ... Wir lernten es, konsequent mit dem marxistisch-leninistischen Prinzip der Kritik und Selbstkritik umzugehen, uns fest auf die Lehren der Genossen Marx, Engels, Lenin, Stalin und Mao Tsetung zu stützen.“ (19)
11.06.1970:
An der Ruhruniversität Bochum (RUB) rufen AStA, SDS/ML der KPD/ML-ZK und die Konföderation iranischer Studenten (CISNU) zur heutigen Iranveranstaltung mit Bahman Nirumand auf.
Q: AStA, SDS/ML, Konföderation iranischer Studenten: Antiimperialistischer Kampf – am Beispiel Persiens (Version a und b),Bochum 11.6.1970
18.06.1970:
An der Ruhruniversität Bochum (RUB) kommentiert Christian Holtgreve für den SDS/ML der KPD/ML-ZK die heutige Berufung von Arnulf Baring auf den Lehrstuhl Politologie II mit einem Flugblatt "Inzucht der bürgerlichen Wissenschaft".
Q: SDS/ML: Inzucht der bürgerlichen Wissenschaft,Bochum o. J. (1970)
26.06.1970:
Anläßlich des Verbots des Heidelberger SDS (vgl. 24.6.1970) verteilt der SDS/ML Bochum der KPD/ML-ZK ein Flugblatt, das zur Solidarität mit den Heidelberger Genossen aufruft. U.a. heißt es dazu in einer abgedruckten Solidaritätsadresse:"
Das Verbot des SDS-Heidelberg ist ein weiteres Zeichen der fortschreitenden Faschisierung in der BRD und allen monopolkapitalistischen Staaten in der ganzen Welt … Die marxistisch-leninistischen Studenten müssen sich nun endlich auf nationaler Ebene organisieren. Nieder mit dem westdeutschen Kapitalismus! Nieder mit dem faschistischen Terror! Nieder mit der Diktatur der Bourgeoisie! Es lebe die Diktatur des Proletariats! Hoch der Marxismus-Leninismus und die Mao Tsetungideen."
Die Solidaritätsadresse ist unterzeichnet von:
- SDS/ML Bochum,
- AStA der Ruhruniversität,
- Fachschaft Jura,
- Rote Zelle Jura,
- Redaktion der Bochumer Studenzeitung (BSZ),
- Fachschaft Mathematik,
- Rote Zelle Mathematik.
Q: SDS/ML Bochum:SDS-Heidelberg verboten!,Bochum o. J. (26.6.1970)
27. Juni 1970: Vermutlich an diesem Wochenende führten der Spartacus Regionalausschuss (RA) NRW und die Internationalen Kommunisten Deutschlands (IKD) ein Seminar in Bochum durch, an dem sich auch bisherige Mitglieder des Arbeitskreises ML Essen beteiligten. (21)
29. Juni 1970: In München erschien das „Rote Blatt“ Nr.11/1970 für das Rolf Riester seinen Namen hergibt. Neben einem Aufruf zum morgigen Protest gegen das Verbot des SDS Heidelberg wurde ein Papier der Basisgruppe Medizin (BG Med) zur Gründung einer Roten Zelle Medizin (Rotzmed) und die Gründungserklärung der Roten Zelle Pädagogische Hochschule veröffentlicht. Neben einem Artikel über die Studentenbewegung in Italien findet sich noch der Bericht des Sozialistischen Informationszentrums (SIZ). Dort sind jüngst u.a. eingegangen die „Fragen des Marxismus-Leninismus“ Nr.2 von Marxisten-Leninisten an der FU Berlin, die „Dokumente zum 1.Mai“ vom Berliner Archiv Produktion und die Äußerungen des SDS/ML Bochum zur Kulturrevolution. (22)
29. Juni 1970: Vom Unikollektiv des KJVD der KPD/ML-ZB an der RUB Bochum wurde ein Flugblatt mit zwei Seiten DIN A4 unter Verantwortung von Peter Weinfurth, Bochum, herausgegeben, das vermutlich auf dem heutigen Teach-In gegen das Verbot des SDS Heidelberg verteilt wurde. Dort hieß es:
„VERBOT DES SDS-HEIDELBERG: VORBEREITENDER SCHLAG GEGEN DIE REVOLUTIONÄRE ORGANISATION DES PROLETARIATS! Egal, ob das Verbot des SDS Heidelberg für das Innenministerium von Baden-Württemberg ein Testfall war, um an den Reaktionen zu prüfen, wie stark die Studentenbewegung noch ist, oder ob es sich bei dieser Terroraktion um einen Versuch der SPD handelt, sich angesichts der bevorstehenden Wahlen rechte Wählerstimmen zu sichern - wir Kommunisten müssen das objektiv als Ausdruck der zunehmenden Radikalisierung der Kapitalistenklasse werten. Das Verbot des SDS Heidelberg steht in der Reihe: Notstandsgesetze (NSG, d. Vf.), die kürzlich Verabschiedung des 'Handgranatengesetz' in Berlin (am 11.6.1970, d. Vf.), seit den Septemberstreiks zunehmend mit den Methoden der politischen Polizei arbeitender Werkschutz in den Betrieben. Heute, wo die subjektiven Illusionen der kleinbürgerlichen Studentenbewegung klar werden, wo sie in sich zusammenfällt, wo andererseits aber auf nationaler und internationaler Ebene das Proletariat den Klassenkampf offensiver führt, wo sich in der Bundesrepublik die revolutionäre marxistisch-leninistische Partei herauszubilden beginnt, ist es für die Bourgeoisie überaus notwendig, sich auf den Schlag gegen die kommunistischen Organisationen vorzubereiten. Für uns Kommunisten ist es deshalb umso wichtiger, uns mit allen Kräften an den Aufbau dieser Partei zu begeben.
Falsch wäre es jetzt - und ganz im Sinne der Bourgeoisie - auf das Verbot des SDS Heidelberg mit den Mitteln der Studentenbewegung, nämlich putschistisch, zu reagieren. Ziel der Bourgeoisie nämlich ist es ja gerade, im Proletariat systematisch entstehendes Klassenbewusstsein zu zerstören: Einerseits bedient sie sich der verschiedenen Varianten des Sozialdemokratismus (SPD, D'K'P (DKP, d. Vf.)), um die Arbeiterklasse zu fesseln, andererseits gelang es ihr mit unbewusster Hilfe der 'radikalen' Studenten der Arbeiterklasse die Gleichsetzung Sozialismus gleich SDS-Aktionen plus SDS-Schwärmereien zu verkaufen. Die KPD/ML und ihr Jugendverband, der KJVD, versuchen in ihren Betriebszeitungen den Arbeitern diesen Zusammenhang zwischen SDS-Verbot und erstarkender Arbeiterbewegung in der BRD zu erklären. Im augenblicklichen Zeitpunkt wäre es aber sektiererisch, von der Arbeiterklasse zu verlangen, sich für die Zulassung des SDS Heidelberg einzusetzen. Objektiv ist zwar das Verbot des SDS - wie jeder Schlag gegen eine fortschrittliche Organisation - gegen die Arbeiterklasse gerichtet, der unvermittelte Appell an die Arbeiterklasse, den objektiven Zusammenhang zu durchschauen, stellt für einen Kommunisten eine unrealistische Einschätzung dar.
Die bundesweite Demonstration am morgigen Dienstag kann deshalb nur die Aufgabe haben, die Solidarität und Empörung der Studenten und der übrigen liberalen Öffentlichkeit auszudrücken. Der Kommunistische Jugendverband Deutschland wird GEGEN JEDES VERBOT VON POLITISCH FORTSCHRITTLICHEN ORGANISATIONEN DURCH DIE KAPITALISTENKLASSE kämpfen. Der KJVD ruft deshalb alle sozialistischen und demokratischen Studenten auf, sich morgen an der Demonstration gegen das SDS-Verbot zu beteiligen.
FÜHRT DEN KAMPF GEGEN DIE UNERHÖRTEN ÜBERGRIFFE DER BOURGEOISIE! STÄRKT DIE REVOLUTIONÄRE ORGANISATION DES PROLETARIATS - DIE KPD/ML! ORGANISIERT EUCH IM UNIKOLLEKTIV DES KJVD!“ (23)
29.06.1970:
Auf dem heutigen Teach-In an der Ruhruni Bochum (RUB) gegen das Verbot des SDS Heidelberg (vgl. 24.6.1970) verteilt vermutlich auch der KJVD der KPD/ML-ZB ein Flugblatt.
Verabschiedet wird vermutlich eine vom Aktionskomitee 25. Juni vorgelegte Resolution, die zur morgigen Demonstration aufruft und durch ein Flugblatt von AStA und SDS/ML der KPD/ML-ZK verbreitet wird.
Q: KJVD-Unikollektiv Bochum:Verbot des SDS-Heidelberg: vorbereitender Schlag gegen die revolutionäre Organisation des Proletariats!,Bochum o.J. (29.6.1970); AStA, SDS/ML: Resolution…,Bochum o. J. (Juni 1970)
30. Juni 1970: In Heidelberg folgten, laut DKP, 10.000 dem Aufruf des Komitee '25.Juni' zu einer Demonstration gegen das Verbot des SDS Heidelberg. Auf der Abschlusskundgebung rief unter anderem der DKP-Bezirksvorsitzende Ebert zum gemeinsamen demokratischen antifaschistischen Kampf auf.
Gegen das Verbot des SDS Heidelberg kam es heute bundesweit zu Demonstrationen. Außer in Heidelberg selbst wird auch (zum Teil nur vermutlich heute) demonstriert in:
30. Juni 1970: Der KSB/ML der KPD/ML-ZK an der RUB berichtete:
„Sicher erinnern sich noch einige an die BSZ-Schlagzeile vom vergangenen Juni: 'RUB-PARKCHAOS FORDERT ERSTES TODESOPFER!' Für diejenigen, die sich nicht mehr erinnern, hier eine kurze Zusammenfassung des tragischen Ereignisses:
TODESOPFER
In den Morgenstunden (gegen 9 Uhr) des 30. Juni bewegte sich der Student (phil.) Dietmar L. (23) aus Recklinghausen in seinem VW 1 200 (ohne Schiebedach) auf die Parkplätze vor den I-Gebäuden zu. Zwar fand er gegen 9 Uhr 45 einen Parkplatz, doch war er innerhalb einer Minute derart eingekeilt, dass er weder vor (Leitplanke!) noch zurück (ein 2CV!) konnte, geschweige denn eine der beiden Türen zu öffnen (vermochte, d. Vf.). Obwohl nur vollschlank, vermochte er nicht, durchs heruntergekurbelte Fenster seinem Gefängnis zu entkommen. Gegen 12 Uhr fand der 2CV-Besitzer den Ohnmächtigen. Erst ein halsbrecherisches Abschleppmanöver ermöglichte ihm den Zugang zu dem Eingeschlossenen. Zwar wurde der VW-Fahrer sofort ins nächste Krankenhaus überführt, dort jedoch konnte man nur noch den Tod infolge Hitzschlags feststellen. Soweit die Geschichte von damals.“ (26)
30. Juni 1970: Zur heutigen Demonstration in Bochum gegen das Verbot des SDS Heidelberg um 17 Uhr ab Husemannplatz verteilte das Aktionskomitee 25. Juni aller linken Gruppen an der RUB vorher das folgende Flugblatt von einer Seite DIN A4 ohne Impressum:
„AKTIONSKOMITEE 25.JUNI ALLER LINKEN GRUPPEN. Donnerstag, 25.6., morgens: 25 Mannschaftswagen der Polizei, darunter mindestens ein gepanzertes Fahrzeug, fahren an der Uni Heidelberg auf. Um 10 Uhr dringen bewaffnete Polizeitrupps in die AStA-Räume ein. Zuerst wird der Raum des SDS 'ausgehoben', die Kasse wird beschlagnahmt. Anschließend werden die AStA-Räume auf den Kopf gestellt: Akten, darunter wichtige Prozessunterlagen der Fachschaften, Infos und die Zeitschrift 'Rotes Forum' werden mitgenommen.
DAS BADEN-WÜRTTEMERGISCHE LANDESKABINETT (CDU/SPD) HAT DEN SDS-HEIDELBERG VERBOTEN!
Anlass des Verbots war eine große vom SDS-Heidelberg und anderen linken Gruppen organisierte Demonstration gegen eine Tagung von Experten der imperialistischen 'Entwicklungshilfe' und ihren Hauptexponenten Mc Namara (Vietnam-Kriegsverbrecher, jetzt Weltbankpräsident). Reaktion der Heidelberger Studenten gegen das SDS-Verbot und die Polizeiaktion gegen den AStA: Auf einem teach-in wird von 4 000 Studenten die Polizeiaktion schärfsten verurteilt und die Aufhebung des SDS-Verbots gefordert. Ein Aktionskomitee 25.Juni wird gewählt. Das teach-in fordert alle demokratischen und sozialistischen Kräfte in der BRD und Westberlin auf, am Dienstag, dem 30.6., Solidaritätsdemonstrationen durchzuführen. Die Heidelberger Studenten demonstrieren heute um 17 Uhr gegen das SDS-Verbot. Gleichzeitig finden in der ganzen BRD Solidaritätsdemonstrationen statt. Auch in Bochum haben ALLE LINKEN GRUPPEN ein Aktionskomitee 25.Juni gebildet: Das Aktionskomitee ruft auf zu einer
SOLIDARITÄTSDEMONSTRATION GEGEN DAS VERBOT DES SDS-HEIDELBERG heute: 17 Uhr, Husemannplatz
Alle sozialistischen Studenten müssen erkennen, dass das Verbot des SDS-Heidelberg sich nicht nur gegen den SDS richtete, sondern ein Testfall ist für die Zerschlagung aller demokratischen und sozialistischen Organisationen und insbesondere der Organisationen der Arbeiterklasse. Darauf hat sich die Bourgeoisie durch die Notstandsgesetze (NSG, d. Vf.), durch Genschers Formierung des Werkschutzes zu einem politischen Überwachungstrupp und durch das Berliner 'Handgranatengesetz' vorbereitet. Wir rufen deshalb auf zum Kampf für die Aufhebung des SDS-Verbots und für die Aufhebung des KPD-Verbots.“
Im Aktionskomitee vertreten sind:
Aufgerufen wurde auch vom Unikollektiv des KJVD der KPD/ML-ZB an der RUB. Durch die KPD/ML-ZK wurde heute auch im IGM-Bereich bei Opel aufgerufen. Vermutlich während der Demonstration verbreitet das Aktionskomitee 25.Juni das folgende Flugblatt von zwei Seiten DIN A4 ohne Impressum:
„VERBOT DES SDS - ILLEGALER ÜBERGFIFF DER STAATSMACHT. Letzten Donnerstag, 25.Juni, beschloss die baden-württembergische Landesregierung durch den SPD-Innenminister Krause, den SDS Heidelberg zu verbieten. Daraufhin erschienen etwa 75 Polizisten im Haus der Studentenvertretung, die zwar vom SDS gestellt wird, aber als öffentlich-rechtliche Institution gar nicht vom SDS-Verbot betroffen sein kann. Ohne Hausdurchsuchungsbefehl, ohne eine Erlaubnis des Rektors, der das Hausrecht hat und ohne sich um die Proteste der anwesenden AStA-Mitglieder zu kümmern, zertrümmerten sie Schränke und Aktenregale, durchwühlten sämtliche Büroräume, selbst den des Studentenreisedienstes und beschlagnahmten alles, was nicht Niet- und nagelfest war. 'Begründet' wurde diese rechtswidrige Terroraktion damit, dass der Heidelberger SDS 'die revolutionäre Umgestaltung der derzeitigen politischen Verhältnisse in der Bundesrepublik anstrebe, und zwar mit gewaltsamen Mitteln.' Anlass für diese Nazi-Methoden im Umgang mit linker Opposition war eine am 19.Juni vom SDS organisierte Demonstration mit 1 300 Teilnehmern. Sie richtete sich gegen eine sogenannte internationale Konferenz zur Entwicklungshilfe, auf der einflussreiche Vertreter des US- und westeuropäischen Imperialismus zusammentrafen (u.a. der ehemalige US-Kriegsminister und jetzige Weltbankpräsident Mc Namara und der bundesdeutsche Kolonialminister Eppler, SPD).
Ziel der Demonstration war es, die Öffentlichkeit über die Beteiligung westdeutscher Großkonzerne (AEG, Siemens, Voith, Hochtief Essen und Hoesch Dortmund) am Staudamm-Projekt Cabora Bassa in der portugiesischen Kolonie Mozambique aufzuklären. Dieser Staudamm hat einzig und allein die Funktion, die barbarische Herrschaft der portugiesischen Kolonialisten zu festigen. Das Geld, das die portugiesischen Räuber benötigen, um ihre Ausrottungsfeldzüge gegen die afrikanische Bevölkerung weiterhin finanzieren zu können, können sie aus dem Verkauf von Energie an die rassistische südafrikanische Republik (Azania, d. Vf.) ziehen. Weiterhin erlaubt ihnen der entstehende Stausee die Ansiedlung von Wehrdörfern in bislang 'schwer kontrollierbaren' Gebieten, wo 'weiße Herrenmenschen' das erreichen sollen, was weder US-amerikanischer Napalm noch bundesdeutsche Bomben bislang vermochten: die Niederhaltung der um ihre Befreiung kämpfenden afrikanischen Bevölkerung.
Unter der Losung: 'Keine Beteiligung an Cabora Bassa' ist es schwedischen und italienischen Oppositionsgruppen gelungen, ihre Regierungen zu zwingen, bereits zugesagte Beteiligungen an diesem Staudamm-Projekt wieder zurückzunehmen. In Westdeutschland dagegen wurde der erste Versuch, die deutsche Beteiligung anzuprangern, mit einer wilden Prügelorgie durch die SPD-gelenkte Polizei beantwortet. Die Heidelberger Demonstration, die einen völlig friedlichen Charakter getragen hatte (die Demonstranten hatten weder Schutzhelme noch Regenmäntel dabei), wurde mit äußerster Brutalität zusammengeknüppelt, wobei Wasserwerfer und Tränengaskanonen eingesetzt wurden.
Wir demonstrieren hier gegen jeden Versuch, die demokratische und sozialistische Opposition durch Verbote und Polizeieinsätze für kriminell zu erklären. Bei dem Verbot des Heidelberger SDS handelt es sich nicht um einen Einzelfall. Es ist vielmehr in einer Reihe zu sehen mit dem KPD-Verbot, den Notstandsgesetzen, der kürzlichen Verabschiedung des Handgranatengesetzes in Westberlin und den Aktivitäten des 'Werkschutzes' in Großbetrieben, der zunehmend mit den Spitzelmethoden der politischen Polizei (K14,d. Vf.) arbeitet.
SOLIDARITÄT MIT DEM VERBOTENEN SDS HEIDELBERG
AUFHEBUNG DES SDS-VERBOTES
SCHLUSS MIT DEM POLIZEITERROR VON CDU UND SPD
AUFHEBUNG DES KPD-VERBOTES
BEKÄMPFT FASCHISTISCHE TENDENZEN IN DER BRD
BRD-ENTWICKLUNGSHILFE GLEICH AUSBEUTUNG DER 3. WELT
KAMPF DER BRD-BETEILIGUNG AM CABORA-BASSA-PROJEKT
KAMPF DER IMPERIALISTISCHEN ALLIANZ BRD-SÜDAFRIKA.“ (27)
30. Juni 1970: Laut „BSZ“ begannen an der Ruhr-Uni Bochum die Wahlen zum 4. Studentenparlament. Sie dauerten bis zum 3.7.1970. Dabei wurden folgende Ergebnisse erzielt:
SHB | 16 Sitze |
BSU | 15 Sitze |
RCDS der CDU | 5 Sitze |
FHV | 5 Sitze |
Spartakus/LFL (AMS der DKP) | 5 Sitze |
SDS/ML der KPD/ML-ZK | 2 Sitze |
LSD | 1 Sitz |
Anarcho-Syndikat | 1 Sitz |
Junge Garde (JG) der IAK | 2 Sitze |
SfE | 1 Sitz |
Im „BSZ“-Artikel „Der neue AStA und sein Programm. Bericht und Analyse der Wahl zum vierten Studentenparlament" hieß es u. a.:
„Die niedrige Wahlbeteiligung zeigt klar die entpolitisierende Wirkung der illusionistischen Politik des SDS/ML. Während nämlich die zweite maoistische Gruppe, der KJVD (der KPD/ML-ZB, d. Vf.), sich ganz von der Hochschulpolitik zurückzog und an der proletarischen Basis arbeitete, verstrickte sich der SDS/ML immer mehr in Widersprüche: hier verzweifelter Kampf um den Sieg bei Studentenwahlen, da Anspruch auf die proletarische Massenorganisation. So bauten sie auch mit Hilfe der BSZ und des AStA ihre Politik auf.“
Laut Spartakus AMS der DKP wird ein AStA aus SHB, FHV, Spartakus AMS und Junger Garde gebildet. Spartakus AMS meinte dazu später:
„Das Ergebnis der Wahlen zum Studentenparlament im Juli 1970 bedeutete die Ablösung der maoistischen Sektierer (SDS/ML der KPD/ML-ZK, d. Vf.) von ihrem Posten im AStA und in der Bochumer Studentenzeitung (BSZ). Diese Ablösung hätte leicht eine 'Machtübernahme' durch die rechten Hochschulgruppen bedeuten können, hätte nicht die von SPARTAKUS und anderen linken Gruppen im Sommersemester lancierte Kampagne zum Sturz des ML-AStAs eine Reaktivierung studentischer Politik an der RUB überhaupt und eine klare Abfuhr an alle Versuche von BSU (Bochumer Studenten Union, d. Vf.) und RCDS, den linken Sektierer-AStA mit den anderen Linksgruppen in einen Topf zu werfen, bedeutet. Im Rahmen der Kampagne brachte SPARTAKUS vierzehntägig ein eigenes tagespolitisches Organ, 'Arbeitsplatz Ruhr-Uni' (kurz: ARU), dessen Hauptaufgabe darin bestand, ein Gegengewicht zur damals maoistischen BSZ zu schaffen und deren ultralinkem Geschwafel mit hochschulpolitischer Information und massenwirksamer Agitation entgegenzutreten. 'ARU' hat recht und schlecht diese Aufgabe erfüllt, auch wenn weniger aufwendig als die mit Studentenschaftsgeldern finanzierte BSZ aufgemacht und auch wenn der Mitarbeiterstab, trotz aller Versuche, Mitglieder anderer Hochschulgruppen mit einzubeziehen, beschränkt blieb, Von dem Zeitpunkt an, da die BSZ wieder - potentiell - ein studentisches Massenorgan wurde, an dem alle linken Gruppen - und vor allem auch der SPARTAKUS - mitarbeiten konnten, war 'ARU' aber von seiner ursprünglichen Bestimmung her überflüssig geworden.“
Für die DKP berichtet G. R.:
„IN BOCHUM LINKER ASTA GEWÄHLT. An der Ruhruniversität Bochum sind die Wahlen zum neuen Allgemeinen Studentenausschuss (AStA) abgeschlossen. Kandidaten von elf Hochschulgruppen konnten gewählt werden. Aber mit einer Wahlbeteiligung von nur 40 Prozent zeigten die Studierenden ziemlich wenig Interesse. Die meisten Sitze entfielen auf den Sozialdemokratischen Hochschulbund (16), der aber 90 Stimmen gegenüber der vorletzten Wahl einbüßte. Die rechtsstehende Bochumer Studentenunion erhielt bei geringem Stimmenzuwachs 15 Sitze. Die weitere Sitzverteilung: Ring Christlich Demokratischer Studenten (5), Freidemokratischer Hochschulverband (5), Spartakus/Assoziation marxistischer Studenten (3), Linke Fachschaftenliste (2), Sozialistischer Deutscher Studentenbund (2), Junge Garde (2), Liberaler Studentenbund Deutschlands (1), Anarcho-Syndikalist (1) und Student für Europa (1).
Trotz der bedauerlichen Zersplitterung der sozialistischen Kräfte wurde damit wieder ein linker AStA ermöglicht. An der Spitze stehen zwei Vertreter des SHB, ein Vertreter der Spartakusgruppe und ein Student der 'Jungen Garde'. Vorsitzender des Bochumer AStA wurde Frau Zimmermann (SHB), Stellvertreter Jürgen Riesenbeck (Spartakus).“
Für die DKP führte Co folgendes Interview:
„RUHR-STUDENTEN. GESPRÄCH MIT DEM NEUGEWÄHLTEN BOCHUMER ASTA. An vielen Hochschulen in der Bundesrepublik fanden gegen Ende des Sommersemesters Wahlen zum Studentenparlament statt. Die neukonstituierten Studentenparlamente wählten ihrerseits den AStA der betreffenden Hochschule. Bei den Wahlen der letzten Wochen konnten sich die linken Verbände gegen den CDU-nahen RCDS und die verschiedenen Gruppen behaupten, die in letzter Zeit unter den unterschiedlichsten Namen und mit oft wortreichen Versprechungen mit dem einen Ziel gegründet wurden, die antikapitalistisch orientierten studentischen Organisationen aus den ASten zu verdrängen und so den Weg für die technokratische Hochschulreform freizumachen. Zu den interessantesten Wahlergebnissen zählt das an der noch jungen Ruhr-Universität Bochum. Hier hatten als 'KPD/ML' firmierende Maoisten die Verteidigung studentischer Interessen völlig vernachlässigt. Ihr Erfolg im Jahre 1969, der ihnen die Kontrolle über den AStA brachte, war wesentlich auf die starke Zersplitterung der Kräfte zurückzuführen, die sich als Linke verstanden. So wurden bei studentischen Wahlen bis zu sieben Listen der Linken vorgelegt.
Die Maoisten meinten, den AStA in eine Zentrale für die Verbreitung ihrer Auffassungen unter den Ruhrarbeitern verwandeln zu können, wobei sie sich einen Führungsanspruch gegenüber den Arbeiterorganisationen anmaßten. Das Ergebnis war Isolierung gegenüber der Arbeiterklasse und Verwirrung und wachsendes Desinteresse unter den Studierenden. Die Universitätsvollversammlung wurde zuletzt nur noch von 40 bis 200 Studenten (von insgesamt 10 000 Studierenden der RUB) besucht, die Vollversammlungen der einzelnen Fachschaften von zehn bis 30 Studenten. Das AStA-Organ 'Bochumer Studenten-Zeitung' (BSZ) konzentrierte sich auf wüste Polemiken gegen die DKP und die ihr nahestehende Studentenvereinigung Spartakus (AMS, d. Vf.) und ignorierte weitgehend die sich rapide verschlechternden Bedingungen am Arbeitsplatz Hochschule.
So kam es zur Wahlniederlage der Maoisten und (mit knapper Mehrheit) zur Wahl eines linken AStA durch das Studentenparlament. Er versteht sich als ein Aktionsbündnis für die Amtszeit des AStA. Die UZ sprach mit den Mitgliedern des neuen Bochumer AStA: mit der Vorsitzenden Renate Zimmermann (zuständig für Hochschulpolitik innerhalb der RUB, Mitglied des Sozialdemokratischen Hochschulbundes - SHB), mit Herbert Molderings (Bildungs- und Ausbildungspolitik, Mitglied der Jungen Garde), mit Jürgen Riesenbeck (Fachschaften und Projektbereiche in der RUB, Spartakus), mit Manfred Borchert (Soziales, SHB) und mit Manfred Blecher (Organisation, Freidemokratischer Hochschulverband).
Vor der Wahl des AStA hatten die vier an ihm beteiligten Gruppen sich über eine gemeinsame Politik geeinigt, die Renate Zimmermann in einer Rede darlegte. Gegenüber der UZ erklärte sie: 'Die Hauptaufgabe ist der Kampf gegen das nordrheinwestfälische Hochschulgesetz. Er ist zu führen in den Gremien der RUB zum einen, zum anderen durch ganz gezielte Informationen in der BSZ, auf Vollversammlungen, Teach-Ins usw. Um breitere Kreise der Studenten direkt anzusprechen - wir müssen praktisch wieder am Nullpunkt anfangen -, wollen wir die Fachschaften erweitern durch Projektbereiche, die über mehrere Fachschaften hinwegreichen. Die Arbeit der Projektbereiche wird darauf zielen, durch die Auseinandersetzung der Studenten mit den Dingen, die sie unmittelbar betreffen, das Staats- und Gesellschaftssystem des Kapitalismus zu verstehen.' Vorgesehen sind folgende Projektbereiche: Lehrerausbildung, Technologie (für Naturwissenschaftler und Ingenieure), Staats- und Gesellschaftswissenschaften (Juristen, Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler) und Berufsausbildung mit dem Schwerpunkt Lehrlingsfragen.
Der AStA will von sich aus gesellschaftspolitische Informationen für die Arbeit der Projektbereiche beisteuern, so zum Beispiel für den Bereich Technologie über Kriegsforschung und über Zusammenhänge zwischen Grundlagenforschung und industrieller Entwicklungsforschung. Während der Semesterferien wird der AStA ein Aktionsprogramm ausarbeiten. Schon jetzt, so sagten uns unsere Gesprächspartner, zeichne sich die Aktion Lehrerstudent ab. Ins Auge gefasst sei ein Auftakt durch eine große Versammlung unter Beteiligung des AStA, der GEW, der Bochumer Schülermitverwaltung (SMV, d. Vf.) und der in Bochum studierenden Lehramtskandidaten. Ziel sei die Abwehr der Pläne von Wissenschaftsminister Leussink und des Düsseldorfer Kultusministeriums (KuMi, d. Vf.) für die Dreistufenbildung (sechs-semestriges Studium für die Masse der Studenten, acht Semester für Promotionen und ein Aufbaustudium für eine kleine Elite). Im Stadium der Planung sind auch Flugblattaktionen vor den Berufsschulen zusammen mit den Bochumer Jungsozialisten (Jusos der SPD, d. Vf.), die durch Fragebögen eine Fülle von Fakten über die Lage der Lehrlinge zusammentrugen. Bei diesen und bei anderen Unternehmungen, so wurde uns erklärt, werde der AStA keine bestimmte Organisation unterstützen, sondern Aktionen, die er für politisch richtig halte. Daraus werde sich die punktuelle Zusammenarbeit mit den beteiligten Organisationen ergeben.
Wir stellten die Frage, wie sich der AStA verhalten würde, wenn es im Herbst angesichts der Lohnsteuererhöhungen und der angedrohten Härte bei Lohnverhandlungen in der Stahl- und Automobilarbeiterstadt Bochum zu einer Wiederholung der Septemberstreiks käme. Manfred Blecher erwiderte: 'Eine liberale Politik muss sich immer an den Unterprivilegierten ausrichten. Unter diesem Aspekt habe ich keine Zweifel, dass wir, der FHV, dabei sein würden.' Herbert Molderings: 'Wir würden dabei sein können. Wir würden nicht den Arbeitern sagen: Wir schreiben Eure Flugblätter, sondern: Wir drucken die von Euch geschriebenen Flugblätter.'
Und Jürgen Riesenbeck: 'In dem Augenblick, in dem in Bochumer Betrieben gestreikt würde, würde sich dieser AStA zur Verfügung stellen. Konkret würde sich die Frage ergeben, wie man vermeidet, dass die Arbeiter sich in irgendeiner Form bevormundet fühlen.“ (28)
2. Juli 1970: In der Nr.11 des „KND“ der KPD/ML-ZB gab es eine Einschätzung des Verbots des SDS Heidelberg in Baden-Württemberg. Berichtet wurde auch über eine Demonstration von Studenten in Bochum. (29)
8. Juli 1970: Innerhalb der Vorläufergruppen der KJO Spartacus erschien erstmals ein Nationales Internes Bulletin, in dem u. a. eine Reorganisation, die zu Beginn der Maikampagne stattgefunden habe, diskutiert wird. Früher habe man Lehrlings- und Jungarbeiterkreise besessen, danach Betriebsarbeitskreise, die man zugunsten von Gewerkschaftsschulungsseminaren liquidiert habe. Deswegen sei die Reorganisation nötig gewesen … Aus NRW wurde berichtet, dass der Regionalausschuss von den IKD Köln aufgebaut worden sei, in Gegnerschaft zu den Revolutionären Sozialisten der GIM Köln, zur Jungen Garde der IAK Bochum, dem KJVD der KPD/ML-ZB und der SDAJ der DKP. Bei einigen Gruppen (Köln, Bonn, Bochum und mit Einschränkung auch Lüdenscheid) sei die Hauptbasis der propagandistische Kampf, während andere wie z.B. in Lennestadt schon die Praxis entfaltet hätten. Dort habe z.B. die DGB-Jugend einem antibürokratischen Flugblatt zum 1. Mai zugestimmt.“ (30)
8. Juli 1970: Die DKP berichtete von der gescheiterten Rektorenwahl an der RUB: „Studenten und Assistenten haben an der Ruhr-Universität Bochum die Wahl angefochten. Drei Professoren beteiligten sich an der Wahl, die mit Sicherheit nicht stimmberechtigt waren. Kandidiert hatten hier der Alt-Germanist und Prorektor Dr. Siegfried Grosse und der Assistent Albrecht von Renesse. Erst im dritten Wahlgang erhielt der Professor die erforderliche Mehrheit im Universitätsparlament (UP, d. Vf.). Die Juristen haben jetzt zu entscheiden, ob neu gewählt werden muss. Für den Fall, dass bei einer Wiederholung der Wahl der Assistent die meisten Stimmen erhält, muss mit erneuten Schwierigkeiten gerechnet werden. Bereits vor der Wahl am 8. Juli wurde den Bochumern in einem Brief der Landesregierung das Recht bestritten, einen Assistenten zum Rektor zu wählen. Daher kündigte der Parlamentspräsident der Ruhr-Universität an, dass man die Landesregierung zur Genehmigung der Verfassung zu bewegen versucht, die bereits 1969 in Bochum beschlossen worden war. Dann könnte auch ein Assistent Rektor werden.“ (31)
August 1970: De KPD/ML-ZK gab die Nr.7 ihres „Roten Morgen“ mit dem Leitartikel „Der Kampf um die proletarische Linie" heraus, in dem u. a. über die Spaltung der KPD/ML in KPD/ML-ZB und KPD/ML-ZK berichtet wurde, die allerdings bereits im April stattfand. U. a. wurde auch zur „2. Juni Bewegung“ Stellung bezogen. Dort hieß es:
„Es steht außer Zweifel, dass die große Protestbewegung der Studenten und Schüler, die sich seit Ende 1964 (Tschombe-Besuch) in West-Berlin vorbereitet und entwickelt hatte und die nach dem 2. Juni 1967 (Mord an Benno Ohnesorg) mit Macht die ganze Bundesrepublik ergriff, einen entscheidenden qualitativen Sprung in der politischen Entwicklung der BRD darstellt. Wortführer der Bewegung, wie Rudi Dutschke und Bernd Rabehl, bezeichneten die 2.-Juni-Bewegung als 'kulturrevolutionär'. Darin zeigt sich der Einfluss der großen proletarischen Kulturrevolution in China. Dieses weltbewegende Ereignis wurde von der eben erwachenden Studentenbewegung in allen Teilen der Welt begeistert aufgenommen. Wenn die Studenten in der Regel die Große Proletarische Kulturrevolution auch nicht richtig verstanden, so unterstützen sie doch die Verbreitung der Maotsetungideen. Die 2.-Juni-Bewegung ist mit der Großen Proletarischen Kulturrevolution in China nicht vergleichbar.
In der BRD bestand 1967 und besteht heute eine starke Diktatur der Monopolbourgeoisie. Das Proletariat und die anderen unterdrückten Klassen und Schichten (Bauern, Angestellte, kleinbürgerliche Intelligenz) stehen unter dieser Diktatur und haben keinerlei Macht in der Hand. Insofern wäre es selbstverständlich ein verhängnisvoller Irrtum, in der 2. Juni-Bewegung eine 'proletarische' Kulturrevolution wie in China zu sehen. In China besteht die Diktatur des Proletariats, und die dortige Kulturrevolution diente dazu, die Restauration des Kapitalismus zu verhindern und den Weg zum Kommunismus frei zu machen. Von all dem kann in der BRD keine Rede sein. Ist es deshalb überhaupt falsch, die 2.-Juni-Bewegung als 'kulturrevolutionär' zu bezeichnen? Um diese Frage zu beantworten, muss zunächst geklärt werden, wie Mao Tsetung und die chinesischen Marxisten-Leninisten den Begriff Kulturrevolution verstehen. Mao Tsetung weist darauf hin, 'dass dem Sturz einer politischen Macht notwendigerweise die Anstrengungen, sich des Überbaus und der Ideologie zwecks Vorbereitung der öffentlichen Meinung zu bemächtigen, vorangehen und dass dies sowohl für die revolutionären als auch für die konterrevolutionären Klassen gilt'. ... Nach der Theorie Mao Tsetungs gibt es also keineswegs nur Kulturrevolution unter der Diktatur des Proletariats, nicht einmal sozialistische Kulturrevolutionen müssen die Diktatur des Proletariats zur Voraussetzung haben. Es gibt auch vorbereitende, der Revolution vorausgehende kulturrevolutionäre Bewegungen.
Die 2.-Juni-Bewegung in Deutschland war offensichtlich eine Bewegung, die versuchte, im Überbau Machtpositionen zu erringen, indem sie die Universitäts- und Schulbürokratie sowie die bürgerliche Presse bekämpfte. Sie versuchte, wie es hieß, die Manipulation des bürgerlichen Informationswesens zu durchbrechen und eine Gegen-Öffentliche-Meinung zu bilden. All das sind typische Kennzeichen einer kulturrevolutionären Bewegung. Die 2.-Juni-Bewegung ist also eine vorbereitend kulturrevolutionäre Bewegung gewesen, ähnlich wie die Bewegung des 4. Mai 1919 in China.“
Zum „Angriff auf feudale Reste im Überbau“ wurde gesagt:
„Die nächste Frage ist die nach der objektiv-historischen Bedeutung der 2.-Juni-Bewegung. Dabei muss zunächst festgestellt werden, dass natürlich auch keine direkte Parallele mit der chinesischen 4.-Mai-Bewegung gezogen werden darf. China war ein halbfeudales und halbkoloniales Land, das über die neudemokratische Revolution zur sozialistischen Revolution schritt. Die 4.-Mai-Bewegung war die der neudemokratischen Revolution vorausgehende Kulturrevolution: Es handelte sich dabei um eine antiimperialistische, antifeudale Kulturrevolution. ... In Deutschland wurde die bürgerliche Revolution erstmals 1848 versucht. Diese Revolution scheiterte jedoch, obwohl die deutsche Bourgeoisie bald darauf zu einer der stärksten der Welt wurde und in das Stadium des Monopolismus und Imperialismus überging. Das Scheitern der 48er-Revolution brachte die Entstehung eines feudal-bürgerlichen, bürokratischen Staates mit sich. ... Hand in Hand mit der Konservierung der feudalen Teile der Staatsbürokratie ging das Überleben der feudalen Ideologie in Deutschland. Besonders deutlich zeigte sich das in der Stärke des Klerikalismus sowie in der feudalen Ideologie des Beamtenapparates. ... Die Revolution von 1918 zerstörte keineswegs gründlich das Bündnis von Bourgeoisie und überlebenden Teilen des Feudalismus, da die Bourgeoisie bei ihrem Kampf auf Tod und Leben mit dem Proletariat jede Waffe mit Freuden aufgriff. Im Faschismus blieb das Bündnis zwischen Monopolbourgeoisie und Junkertum bestehen. Erst als endlich die Rote Armee die Junker vertrieb, verlor die feudale Ideologie ihre alte Klassenbasis. Als Ergebnis blieb die für einen hochentwickelten imperialistischen Staat ganz anormale Stärke der feudalen Ideologie in der staatlichen Bürokratie, im Erziehungswesen sowie im übrigen Überbau.
Die faschistische Diktatur hatte die feudale Ideologie in großem Umfang bewahrt und sogar wiederbelebt. Nach dem Krieg sorgte vor allem die klerikale CDU/CSU dafür, dass sie nicht so rasch absterben konnte. 1961, mit dem Bau der Mauer in Berlin, fiel die entscheidende Ursache des Wirtschaftswunders, der dauernde Zustrom qualifizierter Arbeitskraft d.h. die dauernde Auffüllung der industriellen Reservearmee, weg. Der westdeutsche Imperialismus musste nun in entsprechend stärkerem Maße die Produktivität mittels weiterer Mechanisierung und Automatisierung zu erhöhen suchen, wozu er mehr Ingenieure, Techniker usw. benötigte. Es wurde nun für die Monopolbourgeoisie notwendig, die größten Auswüchse des Feudalismus in der öffentlichen Meinung, besonders im Erziehungswesen, zu beseitigen. Der Angriff wurde zunächst von den modernsten Sprechern der Monopole, etwa in Spiegel und Zeit, gestartet. Beim Angriff auf die Positionen des feudalen Klerikalismus wurden besonders Sexual-Tabus attackiert.“
Im Abschnitt „Den Angriff bis zu Ende führen“ hieß es:
„Nun war jedoch der Feudalismus in Deutschland schon seit 1848 nicht mehr von der Bourgeoisie zu trennen: Besonders in der Staatsbürokratie sind beide durch einen hundertjährigen gemeinsamen Kampf gegen das Proletariat völlig verschmolzen. Die Position des Feudalismus im Überbau stellt einen Nebenwiderspruch dar, der völlig dem Hauptwiderspruch zwischen Proletariat und imperialistischer Monopolbourgeoisie untergeordnet ist. Die antifeudale Revolution ist in ihren wesentlichen Momenten seit langem abgeschlossen, die proletarische Revolution steht seit 1918 auf der Tagesordnung. Deshalb kann die Bourgeoisie heute keine wirkliche Überbaurevolution mehr anführen, da das feudale Element des Überbaus nicht mehr vom bürgerlichen zu trennen ist. Nun können wir die Bedeutung der 2.-Juni-Bewegung genauer kennzeichnen: Es handelte sich dabei um eine kleinbürgerliche, tendenziell sozialistische, kulturrevolutionäre Bewegung antibürokratischen, antiimperialistischen und ansatzweise antirevisionistischen Charakters. Diese Tatsache klar zu begreifen, ist von größter Bedeutung für die Marxisten-Leninisten der BRD. Tendenziell sozialistisch: Das bedeutet, dass der antibürokratische Ansatz, der sich zunächst vielleicht nur gegen die feudalen Elemente des Überbaus richten mochte, notwendigerweise auch gegen die gesamte bürgerliche Bürokratie gehen musste, wollte er konsequent sein. Je klarer die Studenten ihren Feind erkannten, je klarer sie erkannten, dass man z.B. die Universitätsbürokratie konsequent nur durch den Kampf gegen die ganze imperialistische Staatsbürokratie bekämpfen kann, desto klarer erkannten sie ihre eigenen Grenzen und wurden dazu gedrängt, über die Rolle des Proletariats nachzudenken. Die konsequente Weiterführung der kulturrevolutionären 2.-Juni-Bewegung forderte von einem bestimmten Moment an gebieterisch das Bündnis der Bewegung mit dem revolutionären Kampf der Arbeiterklasse unter Führung der Arbeiterklasse.“
Unter „Die Etappen der revolutionären 2.-Juni-Bewegung verstehen" wurde erklärt:
„Betrachten wir das Verhältnis zur Arbeiterbewegung, und das ist die wichtigste Frage einer jeden revolutionären Bewegung, so können wir 3 Etappen der 2.-Juni-Bewegung unterscheiden:
1. Die Etappe der rein studentischen Protestbewegung, sie dauerte etwa bis zum Attentat auf Rudi Dutschke.
2. Die Etappe, in der die 2.-Juni-Bewegung das Bündnis mit der Arbeiterbewegung gegen Notstandsgesetze und Bild suchte.
3. Die Etappe der Auflösung der 2.-Juni-Bewegung und die Verschmelzung des fortschrittlichsten Teils mit dem fortschrittlichsten Teil der Arbeiterbewegung in der KPD/ML.
Die Zwiespältigkeit der ersten Phase zeigt sich darin, dass der tendenziell sozialistische Kern eben nur tendenziell sozialistisch war. Die Bewegung besaß die marxistisch-leninistische Theorie nicht. Die Theorie der SDS-Führer war verworren, aus jedem Topf nahmen sie sich Belieben eine Zutat und entwickelten einen Brei statt einer klaren Theorie: Man nehme viel Marx, etwas Lenin und Mao, vor allem aber auch eine Menge kleinbürgerlicher Schreibtischstrategen: Marcuse, Mandel, Habermas, Abendroth, Horkheimer usw. ... In dieser Verwirrung blühte das Bündnis revolutionärer Kleinbürger mit liberalen und reformistischen Kleinbürgern. An der Universität hatten sie tatsächlich auch vorübergehend den gleichen Feind. Die radikal-liberalen und radikal-reformistischen Bündnispartner führten den gemeinsamen antibürokratischen Kampf hauptsächlich gegen die feudalen Überreste und mit dem verschwommenen Ziel, die bürgerliche Staatsbürokratie zu verbessern. Eine solche Verbesserung ihrer Bürokratie kommt der Bourgeoisie natürlich nur gelegen. Das Ziel der tendenziell sozialistischen Linken war es dagegen, den antibürokratischen Kampf eng mit dem antiimperialistischen zu verbinden. Die Linke entfaltete ihre antiimperialistische Propaganda vor allem in der Universität, ihre antiimperialistischen Demonstrationen organisierte sie in der Universität. Dabei sorgte die bürgerliche Staatsbürokratie dann vorübergehend selbst für die Einheit des Bündnisses, indem sie die Radikal-Liberalen und Radikal-Reformisten genauso niederknüppeln ließ wie die Sozialisten. Der Antirevisionismus des gemeinsamen Kampfes war am wenigsten klar. Hier zeigte sich der theoretische Eklektizismus des linken Kerns als größter Mangel. Indem man nämlich den trotzkistischen Ausdruck Antistalinismus wählte, verwirrte man die Fronten, da die Revisionisten glaubwürdig ihren Antistalinismus versichern konnten. Die notwendige Folge daraus war die fehlende klare und totale Abgrenzung der Bewegung gegen den Trotzkismus. Diese Unklarheiten sollten ihre bösen Folgen vor allem während der zweiten Phase zeigen: Im Anti-Notstandskampf sah die Linke die Möglichkeit, Teile der Arbeiterklasse in das Bündnis einzubeziehen. Statt einer revolutionären Einheitsfront entstand jedoch eine Pseudo-Einheitsfront ohne Prinzipien, ohne Perspektiven und ohne Konzept. Man verband sich wahllos mit Revisionisten, Gewerkschaftsbürokraten und sogar FDP-Abgeordneten. Die Quittung für diesen Opportunismus erhielt man beim Sternmarsch auf Bonn, der zu einem ohnmächtigen Spaziergang wurde. ... Die dritte Phase musste daher notwendigerweise die Theorie in den Vordergrund rücken; nun schieden sich zunächst diejenigen Studenten, die die Notwendigkeit der Führung der Bewegung durch das Proletariat erkannten, von den übrigen. Innerhalb der am weitesten linken Gruppe wiederum bildeten sich ein marxistisch-leninistischer, ein guevarischer und ein trotzkistischer Flügel heraus. Parallel damit ging in der Praxis das Entstehen von Basisgruppen in denen meistens eine Mehrzahl von Studenten mit einer Minderzahl von Arbeitern zusammenarbeitete. Als Kennzeichen dieser Phase ist jedoch die Unfähigkeit zu sehen, die Ansätze von Betriebspraxis mit den Ansätzen von Theorie wirklich zu verbinden.
Der Grund dafür ist der, dass die linken Studenten ihre eigene Rolle und die historische Bedeutung der 2.-Juni-Bewegung nicht begriffen. Es wurde bald, besonders bei Studenten, die sich als marxistisch-leninistisch bezeichneten, geradezu Mode, die sog. antiautoritäre Phase einfach in Bausch und Bogen abzulehnen. Daraus folgen schematische und dogmatische Tendenzen. Manche Studenten wollten nun Proletarier werden und glaubten, sie könnten das durch Betriebsarbeit erreichen. Schließlich entstanden in diesen Zirkeln auch Initiativen zur Gründung einer marxistisch-leninistischen Partei, meistens jedoch erst nach Gründung der KPD/ML … Die revolutionäre kommunistische Bewegung der Arbeiterklasse in Westdeutschland war durch faschistische Verfolgung, Krieg und eigene Fehler in der Nachkriegspolitik geschwächt. Die Partei der Arbeiterklasse, die KPD, zog nicht die Lehren aus dem antifaschistischen Kampf und verfiel immer mehr in Revisionismus. Diese Entwicklung wurde durch ihre Abhängigkeit von Ostberlin und Moskau begünstigt. Die vollständige revisionistische Entartung nach dem 20. Parteitag schien sie endgültig entwaffnet zu haben. Da gab jedoch der prinzipienfeste Kampf der chinesischen und albanischen Kommunisten für den revolutionären Marxismus-Leninismus den wirklichen Revolutionären aller Länder neue Hoffnung. In Westdeutschland war unter den Bedingungen der Illegalität und der allgemeinen Schwäche der Bewegung jedoch damals nicht an die Gründung einer eigenen Organisation der Marxisten-Leninisten zu denken. Einzelne Genossen verfolgten regelmäßig die chinesischen Publikationen und propagierten den chinesischen Standpunkt. Sie gerieten dadurch in Konflikt mit der revisionistischen Parteibürokratie. Diese Genossen erkannten schließlich dass der Verrat der Führer der KPD nicht mehr innerhalb der Partei überwunden werden konnte und dass die Gründung der neuen Partei objektiv notwendig war. Vier Ereignisse änderten zu dieser Zeit gründlich die Situation in der BRD:
1. Die Große Proletarische Kulturrevolution löste die Probleme des Klassenkampfes unter der Diktatur des Proletariats. ...
2. Auch in der BRD nahm der Klassenkampf durch die 2.-Juni-Bewegung einen neuen Aufschwung. Die deutsche Jugend antwortete dem Appell der Pekinger Roten Garden. Der Sturm auf die Bürokratie des bürgerlichen Staates versetzte die ganze Gesellschaft in einen Zustand allgemeiner Kritik an der Bourgeoisie und ihrem System. Der Marxismus, der Leninismus und die Maotsetungideen fanden in großen Teilen der Jugend offene Ohren.
3. Die Gründung der DKP zeigte die Aussöhnung zwischen westdeutscher Bourgeoisie und deutschem Revisionismus an. Diese Gründung war eine Schutzmaßnahme der Bourgeoisie gegen die 2.-Juni-Bewegung. ...
4. Die Rezession von 1966/67 hatte endgültig gezeigt, dass der westdeutsche Imperialismus wieder in die normale zyklische Entwicklung übergegangen war. Gleichzeitig spitzten sich die Widersprüche des imperialistischen Systems durch die amerikanische galoppierende Inflation infolge des Vietnamkrieges in großem Maße zu. ... Diese vier Ereignisse machten die Gründung einer revolutionären marxistisch-leninistischen Partei als Avantgarde-Organisation des westdeutschen Proletariats möglich. Sie wurde nach im Ganzen mehrjähriger Vorbereitung durch ideologische Auseinandersetzung zur Jahreswende 1968/69 in Hamburg vorgenommen. Das entscheidende Merkmal der KPD/ML bei ihrer Gründung war die Tatsache, dass sich in ihr Marxisten-Leninisten, die einen jahrelangen antirevisionistischen Kampf in der KPD geführt hatten, mit dem fortschrittlichsten Teil der 2.-Juni-Bewegung, der sich bereits damals zum Marxismus-Leninismus entwickelt hatte, verband."
Im „Vorschlag für den Aufbau des kommunistischen Studentenbundes Marxisten-Leninisten - KSB/ML“ führte der „Rote Morgen“ aus:
„Die führende revolutionäre Klasse ist das Proletariat. Die führende konterrevolutionäre Klasse ist bei uns die westdeutsche imperialistische Monopolbourgeoisie. Nur die Partei des Proletariats kann das Proletariat zum Sieg führen. ... Die Mehrheit der Studenten ist objektiv ein Bündnispartner des Proletariats. ... Die Studenten des KSB/ML unterscheiden sich in der Anwendung dieser Kampfmittel von anderen linken Studenten: Sie kämpfen nicht gegen die Autorität eines Professors, bloß weil er autoritär ist, wie manche Anarchisten. ... Sie kämpfen nicht um die Mitbestimmung in Drittelparitätsgremien. ... Die Studenten des KSB/ML kämpfen gegen einzelne Professoren, gegen die imperialistisch gesteuerte Universitätsbürokratie und um Sitze in irgendwelchen Gremien nur mit einem Ziel: Die bürgerliche Wissenschaft soll entlarvt und zerstört, der dialektische Materialismus verbreitet werden. ... Die organisierte Linke muss die Studenten ständig überzeugen von der richtigen Politik der Linken.“
Und letztlich meint man noch unter dem Aspekt „Den antiimperialistischen Kampf der 2.-Juni-Bewegung weiterführen“:
„Die 2.-Juni-Bewegung unter Führung des SDS war eine revolutionäre Bewegung, sie kämpfte gegen die bürgerliche Wissenschaft, die Unterdrückung an der Universität und gegen den US-Imperialismus und seine Verbündeten und Handlanger. Diese Bewegung verfügte aber nicht über den dialektischen Materialismus. Deshalb konnte sie nur vorübergehend erfolgreich sein ... Die Studenten des KSB/ML werden diese Kämpfe unter Führung der KPD/ML weitertreiben ... Vordringlich ist der Kampf an der ideologischen Front, die Aufklärung der Bevölkerung über die Verbrechen des US-Imperialismus, des Sozialimperialismus, des westdeutschen Imperialismus und aller ihrer Handlanger ... Das Ziel ist, das mehr und mehr schwindende Vertrauen der Bevölkerung zur Bourgeoisie, ihrem Staat und ihren Verbündeten völlig zu zersetzen. Damit legt der KSB/ML das Fundament für zahlreiche weitere Massenorganisationen der KPD/ML in den verschiedenen kleinbürgerlichen und halbproletarischen Schichten. Damit entwickelt sich der antiimperialistische Kampf in die Breite und in die Tiefe. Die Studenten des KSB/ML erkennen, dass es richtig ist, sich auf die Seite des Proletariats zu stellen und die Bourgeoisie zu bekämpfen.“ (32)
1. August 1970: Die DKP gab ihre „Unsere Zeit“ (UZ) Nr.31/1970 heraus. Berichtet wurde auch vom Bochumer AStA. Es erschien auch ein Leserbrief der Initiative zur Befreiung der griechischen Patrioten, Wattenscheid (heute Bochum), der von einer Unterschriftensammlung gegen „die Terrorurteile im Prozess gegen die 25 Freiheitskämpfer vor dem Militärtribunal in Athen“ berichtet, bei der 100 Unterschriften gesammelt wurden. Unterstützt worden sei die Aktion von DKP, SDAJ, VVN, einem Betriebsrat der Zeche Holland (IGBE-Bereich) und vom Unabhängigen Sozialistischen Schülerbund (USSB) Wattenscheid. (33)
September 1970: Die Nr. 8/1970 des „Roten Morgen“ der KPD/ML-ZK erschien u. a. auch der Artikel „Lohnfragen sind Machtfragen“. Die Marxisten-Leninisten Bochum befasste sich mit diesem Artikel im März 1973 in der Broschüre: „Schlag zu und schon geht es los. Die KPD/ML und der Klassenkampf in der BRD.“ (34)
September 1970: Die KJO Spartacus bzw. deren Vorläufer gaben die Nr.16 des 'Spartacus' heraus, in der u. a. aus der zentralen Jugendgruppe der DruPa Berlin und dem DGB LBJA Berlin berichtet wird. In „Spartacus in Nordrhein-Westfalen“ wird auf die Arbeit der IKD im Lehrlingskomitee Köln, das Sozialistische Zentrum Sauerland in Lüdenscheid und die ehemalige Gruppe der Falken in Wuppertal eingegangen. Ein eigener Artikel widmet sich der „Sympathisantenarbeit in Essen“. Dort habe man nach dem Seminar in Bochum (vgl. 27.6.1970) den offenen Bruch mit den DKPlern im Arbeitskreis ML (AKML) vollzogen. Spartacus interveniere im Forum kritischer Auszubildender der IG Metall, der Arbeitsgemeinschaft Essener Lehrlinge und der SMV der Berufsschulen, die die Zeitung 'Bete und arbeite' herausgebe. (35)
September 1970: Laut „Pythagoras“ änderte der SDS/ML Bochum der KPD/ML-ZK vermutlich Mitte September seinen Namen in KSB/ML Bochum (Studentenorganisation der KPD/ML). (36)
September 1970: Vermutlich im September erschien in Bonn die Nr. 3/4 des „Roten Anfangs“, der jetzt nicht mehr von der Roten Zelle Germanistik Bonn, sondern von der Gruppe Roter Anfang (GRA) Bonn, die jetzt überdies noch Mitglied von Spartacus/IKD (Trotzkisten) sei, herausgegeben wurde.
Für Oktober wird angekündigt, dass die GRA zusammen mit Lehrlingsgruppen im Ruhrgebiet eine große Plenumsdiskussion mit Spartacus und IKD führen werde. In einer „Kurzkritik an Bonner Gruppen“ wird zunächst auf die Jens- (Bünning, d. Vf.) Gruppe 'Roter Partisan' eingegangen, die an der zweiten Brüngsberger Konferenz teilgenommen habe. Zuerst habe diese eine Schülermobilisierungsstrategie verfolgt, dann habe ein ‚radikales‘ Umschwenken auf besinnlich akademische Studien zusammen mit Politologen" stattgefunden, womit wohl auf die Herausgabe der 'Kritischen Politik' im April 1970 angespielt wird.
Die Betriebsprojektgruppe (BPG) Bonn um Hannes Heer betreibe eine ökonomistische Handwerkelei. Nützlich in der Auseinandersetzung mit der BPG sei die Broschüre der IKD-Gruppe Bochum „Leninismus gegen Trotzkismus? Antwort auf den Bolschewik“. Hannes Heer habe gestern, was sich entweder auf das SDS Heidelberg Teach-In Ende Juni oder auf diese Nr. des 'Roten Anfangs' bezieht, „die Volksfront mit der DKP eklektisch gerechtfertigt“. (37)
12. September 1970: Der Unabhängige Sozialistische Schülerbund (USSB) Wattenscheid (heute Bochum) spricht sich in der heutigen „Unsere Zeit“ (UZ) der DKP ausdrücklich für die DKP aus. (38)
25. September 1970: In Rüsselsheim bei Opel konnte die KPD/ML-ZB, nach eigenen Angaben, großen Einfluss auf den Streik und die Demonstration der ganzen Morgen-und der ganzen Mittagsschicht nehmen:
„Die Flugblätter der KPD/ML wurden begeistert begrüßt und die Arbeiter trugen die von den Genossen hergestellten Transparente." Am 20.10.1970 wurde an der Ruhruniversität Bochum vom KSB/ML erklärt, dass „Kampf dem Lohnraub', 'Gegen die Verrätereien der SPD-Regierung die geschlossene Front der Arbeiterklasse' den Demonstrationszug anführten.“ (39)
28. September 1970: Die Nr.2/1970 der Zeitschrift „Pythagoras' - Zeitung der Roten Zelle Mathematik und der Fachschaft Mathematik an der Ruhr-Universität-Bochum“ erschien. Die Zeitschrift beschäftigte sich hauptseitig mit der Diplomprüfungsordnung (DPO) für Mathematiker an der RUB. Die Ausgabe hat 14 Seiten. Verantwortlich für den Inhalt ist der Fachschaftsrat der Roten Zelle Mathematik. Berichtet wird auch von SDS/ML bzw. KSB/ML der KPD/ML-ZK. (40)
Oktober 1970: Der KSB/ML der KPD/ML-ZK an der RUB berichtete vermutlich aus dem Oktober vom Parkplatzproblem und einem diesbezüglichen Todesfall. Ausgeführt wurde:
„PARKPLÄTZE NOCH 'N NC? Was danach geschah, lässt sich kaum in Worte fassen: die Oberbaubonzen und -bürokraten, aufgeschreckt durch den tragischen Unglücksfall, handelten, d.h. sie übernahmen die Verantwortung, d.h. man gab Anweisungen an Bauarbeiter und trieb sie zur Eile an. Im Sommer. Das Resultat wurde zu Beginn dieses Semesters vorgeführt: Ein Parkplatz war aus, bzw. in den (dem) Boden gestampft worden und, der unvoreingenommene Betrachter desselben wird es bestätigen, es ist ein schöner Parkplatz geworden, ein großer Parkplatz, was sag ich: ein märchenhafter Parkplatz, - er liegt hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen.
Wie konnte es nun aber dazu kommen, dass man einen so schönen Parkplatz so schön deplatzierte?
Böse Zungen behaupten, dass bei der Parkplatzplanung ein gewisser Josef Neckermann die Hand im Spiel hatte und zwar in doppelter Hinsicht: Einmal soll er in seiner Eigenschaft als Sportbund-Mäzen darauf gedrängt haben, durch diese spezielle Parkplatz(de)Platzierung zum Aufschwung deutschen Sports beizutragen (man munkelt von einer verschleierten Trimm-dich-Kampagne); zum anderen soll Neckermann, gewiefter Geschäftemacher der er ist, auf die noch zu vergebenden Aufträge über 2 000 Paar Eiswasser- und matschfester Gummistiefel spekulieren, deren Anschaffung in Anbetracht der besonderen Frühjahrssituation 'dringendst notwendig' erscheint. (Siehe: landesbaubehördliches Gutachten über 'Maßnahmen zur Sicherung der frühjahrshochwasserführenden Straßen im Baracken- und Baustellenbereich Querenburg-Südost', Verlag für Baubehördliches, Düsseldorf 1970, 1. Auflg.)
FUSSKRANKE
Nicht betroffen von dieser Unbill sind die in der Mehrzahl gehbehinderten oder sonstwie verkrüppelten Lehrkörper der RUB. Jeder, der über erfrischende Fußmärsche (z.B. vom neuen Parkplatz zum G-Gebäude) mault oder gar Flüche über die dafür zuständige Bürokratie parat hat, sollte sich einmal eine Woche lang vors IB-Gebäude stellen und sich das ihm allmorgendlich gebotene Bild des Jammers zu Herzen gehen lassen:
Auf dem von zig Parkwächtern verbissen, sprich dienstanweisungsgemäß freigehaltenen Parkplatz ist ein Mercedes vorgefahren. Ein Professor, von schwerer Fußkrankheit gezeichnet, wird aus dem für einen Kranken viel zu engen Wagen gehoben und ins Gebäude getragen. Wer angesichts solch tragischer Geschehnisse (und das geschilderte ist kein Einzelfall) noch immer verlangt, den Professoren und… Privilegien dieser Art zu nehmen, statt sich seiner Gesundheit glücklich preisend, den kleinen Fußmarsch auf sich zu nehmen, - dem ist nicht mehr zu helfen, der ist ein notorischer Nörgler, den, und das ist ein konstruktiver Vorschlag, ein noch einzuführender PARKPLATZ-NUMERUS-CLAUSUS mit voller Härte treffen möge.
Ebenfalls kein Verständnis finden kann ein Vorschlag, der der radikalen Linken zugeschrieben wird: Vom neuen Parkplatz bis zu den G-Gebäuden einen Sessellift zu installieren, - derart romantische Ideen können ja nur in linken Wirrköpfen ausgebrütet werden. Diskutabel ist dagegen der Vorschlag der BSU, nämlich die G-Gebäude Fertigteil für Fertigteil nummeriert zu demontieren und auf der Wiese hinter der Bücherscheune neu zu errichten. Dieser ökonomische Vorschlag soll, so heißt es, in Kreisen der notleidenden Bauwirtschaft auf starkes Interesse gestoßen sein." (41)
Oktober 1970: Der AStA der RU berichtete aus dem evangelischen Thaddenheim u. a. aus dem Oktober:
„KLERUS IM THADDEHEIM. 'Siehe, ich bin in euren Händen, ihr mögt es machen mit mir, wie es euch recht und gut dünkt.' (Jeremia 26, Vers. 14). Die Erfüllung dieses Bibelwortes durch die studentischen Heimbewohner des Reinold von Thadden-Haus scheint sich die Evangelische Landeskirche von Westfalen als Ziel für das Jahr 1971 gesetzt zu haben. Die scheindemokratischen Maßnahmen der Klerikalbürokratie in Bielefeld und Bochum haben mit den Vorfällen um Pastor Schur, dem bisherigen Heimleiter, und stud. Theo. Schliep, dem zukünftigen Heimleiter, ein Ausmaß erreicht, dass es dringend erscheinen lässt, die Öffentlichkeit über Form und Hintergrund zu informieren. Schließlich wurde das Thadden-Haus 1966 zu ca. 70 - 75 Prozent mit öffentlichen Geldern gebaut. In den Richtlinien der Bundes- und Landesjugendpläne bezüglich der Mittelvergabe zur Errichtung von Studentenwohnheimen ist ausdrücklich ein Mitbestimmungsrecht der studentischen Seite bei allen das jeweilige Wohnheim betreffenden Angelegenheiten fixiert. Diese Bestimmung wird zwar formal seitens der Landeskirche anerkannt, inhaltlich jedoch zur schlichten Farce gemacht. So werden zwar studentische Wünsche durch das Kuratorium qua Beschluss gebilligt, deren Ausführung durch das Landeskirchenamt bzw. Innere Mission als Verwaltungsstelle des Hauses aber nicht erfüllt bzw. erst nach Monaten und vielen Anmahnungen erreicht. So liegt die Ausführung von Kuratoriumsbeschlüssen aus den Jahren 1967, 1968 und 1970 noch immer offen.
So wurde 1968 ohne weitere Bekanntgabe und Anhörung studentischer Vertreter ein neuer Heimleiter eingesetzt. 1969 wurden von oben neue Mietverträge ausgegeben, die durch einige Passagen die Wohnsituation wesentlich verschlechtert hätten. Erst nach der Ausgabe erfolgte eine Diskussion mit den Studentenvertretern, die aufgrund ihres heftigen Protestes und unter Androhung rechtlicher Schritte eine Abänderung der kritischen Passagen erreichten. 1970 wurden Mieterhöhungen angekündigt, ohne dass die bisher oftmals geforderte Offenlegung der Wirtschaftsführung des Hauses vor den Heimbewohnern erfolgt wäre. Vertröstungen seitens der Kirche scheinen nunmehr wenigstens den Effekt einer Solidarisierung der Heimbewohner in gemeinsamen Aktionen sicherzustellen. Versprechungen über Versprechungen. Studentische Gegenargumente werden seitens des Heim- und Machtträgers Kirche dahingehend abgetan: Wenn es denen nicht passt, sollen sie sich doch woanders eine Bude suchen.
Noch deutlicher aber werden die scheindemokratischen Gefechte der Kirche, wenn man einmal die dunklen Hintergründe um die Heimleiterstelle ins Licht setzt. Pastor Schur, 1968 ohne jegliche studentische Beteiligung ins Amt gesetzt, wurden bereits im Sommer 1969 konkrete Vorwürfe bezüglich seiner Heimführung gemacht. Der ständig schwelende Konflikt zwischen Schur und studentischer Selbstverwaltung, der von der Landeskirche in den vergangenen zwei Jahren zwar zur Kenntnis genommen, aber nur mit Schweigen bedacht wurde, eskalierte im Oktober 1970, als die Heimsprecherin endlich Zugang zu den Heimakten fand und in einer Dokumentation über acht Seiten die Vorwürfe gegen Schur anhand von Fakten konkretisierte. Schur selbst hielt es auf einer Heimvollversammlung nicht für nötig, auf die Vorwürfe einzugehen. Das Landeskirchenamt veröffentlichte erstaunlicherweise, ohne die Beteiligten an Ort und Stelle gehört und die Dokumente geprüft zu haben, eine Ehren- und Dankeserklärung für Schur, der zur Zeit sowohl Heimleiter als auch ganztägig beim Studienwerk Villigst beschäftigt ist. In Villigst wird Ehrenmann Schur ab 1.5.1971 Leiter des überregionalen Studienwerks.
Nach den Protesten gegen die einseitige Amtsführung von Schur wurde bereits 1968 den Studenten eine Beteiligung an der Wahl eines neuen Heimleiters versprochen. Als diese Situation im Okt. 1970 akut wurde, stellten sich zum entscheidenden Wahlgang die Kandidaten Schliep (3. Semester Theol.) und Schirmer (dipl. rer. soc., Doktorand und bereits drei Jahre in der Heimleitung tätig) der Heimvollversammlung vor. Schirmer erhielt eine starke 2/3-Mehrheit der HVV.“ (42)
Oktober 1970: Die DKP Hochschulgruppe an der RUB gab vermutlich im Oktober die Nr.3 ihres 'Kommunist' (vgl. Apr. 1970, Dez. 1970) heraus. Berichtet wurde von der Metalltarifrunde (MTR) aus Bochum. (43)
Oktober 1970: An der RUB gab der Spartakus AMS der DKP vermutlich im Oktober die Nr.1 seiner „Hochschule und Klassenkampf“ heraus. Die Redaktion bestand aus K.-M. Bogdal, R. Farle, M. Müller, P. Schöttler und K. Szameitat. Im Editorial befasste man sich mit den Studentenparlamentswahlen (StPW) (vgl. 30.6.1970). Ausgeführt wurde:
„Der jetzige linke AStA (SHB, SPARTAKUS, Junge Garde (JG der IAK, d. Vf.), FHV hat seine volle Arbeitsfähigkeit noch nicht erwiesen. Schwerwiegende ideologische Differenzen vor allem mit der Jungen Garde (Trotzkisten), personelle Fehlbesetzungen von AStA-Posten und andere Faktoren sind dabei nur die subjektive Seite. Als objektive Grundlage für die schwierige Situation sind zu berücksichtigen, die desolate Lage der Bochumer Studentenschaft insgesamt und die 'Nachwehen' für ein Jahr ML-AStA-Zeit, die nicht von heute auf morgen zu überwinden sind. Die Fachschafts- und Gremienarbeit liegt weitgehend brach; politische Gruppen arbeiten kaum, es sei denn, man hielte Bücherverkauf und Mao-Schulung bereits für solche Arbeit; die Masse der Studenten wird von den noch stattfindenden Aktivitäten nicht betroffen. Der Studentenschaft ist zum Teil noch nicht einmal der 'AStA' ein Begriff. Desinteresse, Entpolitisiertheit und Skatspielen haben die Oberhand. Die studentische Rechte profiliert sich allenfalls dadurch, dass sie die Finanzgeschichten des vorigen AStA unter die Leute bringt und sie dem SHB zuschreibt. In dieser Situation kommt der allgemeinen Mobilisierung, welche ansetzt an konkreten Objekten und Fällen, hauptsächliche Bedeutung zu. Es gilt, der Studentenbewegung lokal, aber auch überregional (VDS) Perspektiven aufzuzeigen, die sie wieder an den Kampf heranführen. Dieser Kampf kann - das haben die Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt - nur im gesamtgesellschaftlichen Maßstab stattfindender Kampf zwischen Arbeiterklasse und Bourgeoisie, zwischen antimonopolistischer Bewegung und Großkapital sein.
Dieser Klassenkampf, der die Hochschulen miteinbezieht, findet statt, ob die Studenten es wahrhaben wollen oder nicht. Für die konkrete Lage in Bochum heißt diese Aufgabe, Perspektiven zu schaffen, dass neben der Initiierung einer vom AStA angeführten Bewegung - als deren publizistisches Organ die BSZ zu fungieren hätte - die Stärkung der linken Hochschulgruppen und vor allem des marxistischen Kerns, des SPARTAKUS, notwendig ist. Letzteres wiederum bedeutet nicht nur die Notwendigkeit der eigenständigen Profilierung der Gruppe neben und außerhalb des AStA. Dies wird immer notwendig sein, akzeptiert man die Priorität der unabhängigen politischen Organisierung gegenüber jeglicher zeitweiligen Beteiligung an studentischen Institutionen. In der gegenwärtigen Situation stellt sich das Problem scharf, weil der augenblickliche AStA - soll er zu einem arbeitsfähigen Kollektiv entwickelt werden - nur lebensfähig ist, wenn arbeitende Gruppen, vor allem aber ein starker SPARTAKUS hinter ihm stehen. Diesem Ziel der Stärkung des SPARTAKUS müssen unsere Bestrebungen dienen: Aktionen, Veranstaltungen, Veröffentlichungen. In diesen Kontext - um zu Ende zu kommen - muss auch 'Hochschule und Klassenkampf' eingeordnet werden. Wie die vorliegende erste Nummer zeigt, handelt es sich nicht mehr um ein tagespolitisches Agitationsinstrument, sondern vielmehr um ein Organ, das Beiträge zu den verschiedenen Problemen der Politik an der Ruhruniversität liefert, das sowohl zur konkreten Hochschulpolitik, zu den Formierungsbestrebungen von Seiten der SPD/FDP wie auch des Rechtskartells, zu allgemeinen Fragen des antiimperialistischen Kampfes und schließlich der marxistischen Theorie Stellung nimmt. Dabei soll es nicht zu einem esoterischen 'theoretischen Organ' werden, wenn auch seine Beiträge einen höheren Verallgemeinerungsgrad aufweisen als durchschnittlich die BSZ.“
Im Artikel „Klassenanalyse der Intelligenz" hieß es u. a.:
„Da in letzter Zeit von Seiten der Maoisten und Trotzkisten (Junge Garde) (JG der IAK, d. Vf.), ja selbst vom SHB viel über die von Spartakus vertretene Klassenanalyse der Intelligenz orakelt und häufig zwecks besserer Bekämpfung irgend welche Popanze aufgebaut wurden, erscheint es uns notwendig, nochmals ... unsere Position darzulegen.“
In „Hochschulformierung“ hießt es u. a.:
„3. Konsequenzen für die Strategie des Widerstands.
Es gibt gewisse linke Hochschulgruppen die aus der Notwendigkeit der Formierung für die Herrschenden zugleich mechanizistisch, d.h. unter Abstraktion von den sich verschärfenden Widersprüchen auf die Unabwendbarkeit schließen. Der Kampf innerhalb der Hochschule erscheint diesen 'Revolutionären' dann als Komplizenschaft mit dem Kapital. 'Dagegen kann dieser (Mitbestimmungs- d. Red.) Betrug wirksam und folglich gefährlich für die gefährlich für die Studenten werden, wenn sich Studentengruppen finden, die - bewusst oder unbewusst - diese Illusionsmacherei unterstützten. Gewöhnlich sind diese Gruppen ‚rechtsliberaler’ Couleur; in diesem Fall ist die Verwirrung noch nicht allzu groß. Ganz anders aber, wenn sich Gruppen mit einem fortschrittlichen Anstrich wie der revisionistische Spartakus, zum Vorreiter des Mitbestimmungsbetruges machen und daraus sogar noch eine prinzipielle Richtlinie studentischer Politik machen wollen.' (zitiert nach 'Roter Pfeil', Organ der Kommunistischen Arbeiterbewegung - KAB/ML)“. Hierbei ist vermutlich der 'Rote Pfeil' der Kommunistischen Studentengruppen des KAB/ML gemeint.
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Letzte Änderungen: 29.1.2011
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