Oberhausen
Teil 1: Bergbau / Krise im Bergbau / Oberhausener Bergbau

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Dietmar Kesten, Gelsenkirchen, August 2010

Hatte der Bergbau nach dem Kriegsende 1945 noch 477 fördernde Zechen, so sollte sich das Bild mit der ersten typischen Kohlekrise von 1957/58 dramatisch verändern. Etwa die Hälfte der Bergwerke musste in den folgenden 10 Jahren wegen „Absatzmangel“ geschlossen werden. Mit der Gründung der Ruhrkohle AG vom 27. November 1968 und dem „Grundvertrag“ vom 18. Juli 1969 verschärfte sich die Situation erneut. Nur die absatzstärksten Zechen überlebten die Einbrüche. Mit der fortschreitenden Erschöpfung der fossilen Energieträger sollte auch die „Energiekrise“ für den Bergbau zum Dauerthema werden, das erneut durch die Gründung der Deutschen Steinkohle (DSK) 1998 (Zusammenschluss der Ruhrkohle Bergbau AG, Herne und Saarbergwerke AG, Saarbrücken) befeuert wurde.

Hinzu kommt, dass die EU-Kommission nur noch bis Ende 2014 die Subventionierung des Steinkohlebergbaus erlauben will. Die „Überprüfungsklausel“, wonach 2012 der „Auslaufbergbau“ (bis 2018) noch einmal überprüft werden soll, scheint zu kippen, was auch heißt, dass nicht rentable Bergwerke bis zum 15. Oktober 2014 (so das „Wirtschaftsministerium“ unter Brüderle) stillgelegt werden sollen. Das „Steinkohlefinanzierungsgesetz“ erlaubt überdies sowieso nur eine Finanzierung der Zechen bis 2018. Der Stilllegungsplan des westfälischen Bergbaus beinhaltet auch eine Reduzierung der sog. Betriebsbeihilfen, wonach sie jährlich um ca. 26% gekürzt werden (ca. 350 € Millionen jährlich). Zurzeit beschäftigt die RAG 23.000 Mitarbeiter, was Massenentlassungen zur Folge hätte.

Allerdings scheint das letzte Wort noch nicht gesprochen zu sein. Wie etwa die IG BCE dem entgegensteuern will, ist noch völlig unklar. Zwar steht Bundeskanzlerin Merkel noch zum „Kohlekompromiss“, doch selbst sie wird wenig gegen die verschiedenen Auslaufmodelle vorbringen können. Fakt ist, dass es heute in den meisten Ruhrgebietsstädten keine einzige fördernde Zeche mehr gibt. Übriggeblieben sind in Westfalen: Bergwerk Ost in Hamm (Schließung 30. September 2010), Bergwerk Saar (Schließung Mitte 2012), Bergwerk West in Kamp-Lintfort (Schließung zum Jahreswechsel 2012/13), Auguste Victoria in Marl (mögliche Schließung Ende 2015), Ibbenbüren und Prosper Haniel in Bottrop (Ende 2018).

Wie in den meisten Ruhrgebietsstädten, so entwickelte sich auch in Oberhausen um 1850 schnell die Industrie. Mit der fortschreitenden Industrialisierung war Kohle und Erz sehr begehrt. Die Erzvorkommen spielten für den wirtschaftlichen Aufbau der Stadt nur eine Zeit lang eine Rolle und wurden schnell durch den Abbau der Kohlevorkommen verdrängt. Ab 1853, mit dem Förderbeginn auf der „Zeche Concordia“ bis ca. 1992 (Stilllegung der letzten Zeche), war die Kohle der wichtige Motor für die Stahlerzeugende und Stahlverarbeitende Industrie.

Kohle wurde in den Zechen „Roland“ (gegr. 1855; Stilllegung: Juni 1928), „Zeche Oberhausen“ (gegr. 1858), „Zeche Alstaden“ (gegr. 1859), „Hugo Haniel“ (gegr. 1895), „Zeche Vondern“ (gegr. 1898) „Zeche Sterkrade“ (gegr. 1903), „Bergwerk Jacobi“ (gegr. 1913 mit anhängender Kokerei) gefördert. „Vondern“ und „Haniel“ wurden bereits 1932 wieder stillgelegt, die „Zeche Oberhausen“ bereits 1931, nach 1945 fungierte als Eigentümer die HOAG, die Wasserhaltung blieb bis 1960 erhalten, das Grubenfeld ging in den Besitz der „Zeche Osterfeld“ über.

Nach 1945 ging es mit dem Bergbau zunächst noch einmal bergauf. Die Bergbaukrise riss auf fast allen Zechen des Ruhrgebiets tiefe Löcher in den Absatz, vor allem zunächst der Hausbrandkohle. 1968 wurde „Concordia“ stillgelegt, Dezember 1972 „Alstaden“, 1974 „Jacobi“ (die Kokerei 1968), „Osterfeld“, vielleicht die bekannteste Zeche in Oberhausen, 1992.

1961 – 1969

Das Bild ist bekannt: Am 10. September 1964 trifft auf dem Bahnhof Köln-Deutz der Portugiese Armando Rodriguez ein. Er ist der millionste Gastarbeiter in Deutschland und wird mit einem Moped, Marke „Zündapp“, willkommen geheißen. Die deutsche Bundesregierung hatte mit dem „Abwerbeabkommen“ vom 20. Dezember 1955 deutschen Unternehmen erlaubt, sich dringend gesuchte Arbeitskräfte für die deutsche Wirtschaft zu holen. Die ersten Zuwanderungen erfolgten 1960 (Griechen und Spanier), Türken (1961), Marokkaner (1963), Tunesier (1965) und Jugoslawen (1968).

Nach Oberhausen zur GHH und in den Bergbau kamen ab 1961 die ersten türkischen Gastarbeiter (vgl. Oktober 1962). Techniker der GHH halfen mit ihren Kompressoren mit, dass beim Grubenunglück von Lengede am 24.10.1963 Eingeschlossene überleben konnten, wobei auch durch die sog. „Dahlbuschbombe“, die auf der Zeche Dahlbusch in Gelsenkirchen-Rotthausen entwickelt worden war, zum Einsatz kam (vgl. 7. November 1963).

Der Zusammenschluss von Schachtanlagen im Bergbau (Gewerken) diente u. a. der Rentabilität der Zechen. In Oberhausen schlossen sich die mit einer neuen Förderung ausgestatteten Gruben „Franz Haniel“ und „Jacobi“ am 1. Januar 1965 zu einem „Verbundbergwerk“ zusammen (vgl. 1. Januar 1965). Im Februar 1965 wurde dort eine Streckenverbindung geschaffen (vgl. Februar 1965). Auf der Schachtanlage „Jacobi“ kam es am 29. Juli 1965 zu einem Grubenbrand (vgl. 29. Juli 1965).

Die Krise des Oberhausener Bergbaus setzte sich mit einer Reihe „Feierschichten“ für die Bergleute fort (vgl. 6. November 1965). 1966 wurde die „Teerdestillation“ der Zeche „Sterkrade“ stillgelegt (vgl. 1966). Ab dem Oktober 1966 wurden die Tagesförderungen auf den Oberhausener Zechen drastisch heruntergefahren, was zur Folge hatte, dass die Halden (nicht verkaufter Kohle) anwuchsen (vgl. Oktober 1966).

Ab dem Mai 1967 protestierten Ruhrarbeiter in der BRD gegen Zechenstilllegungen. Zu Aktionen kam es auch in Oberhausen (vgl. Mai-Oktober 1967; Oktober 1967). Im März 1968 wurde auf der „Zeche Concordia“ in Oberhausen die letzte Kohle gefördert (vgl. 22. März 1968). 1969 wurden weitere türkische Gastarbeiter auf verschiedene Bergwerke in Oberhausen (u. a. auf „Sterkrade“ und „Osterfeld“) verlegt (vgl. Februar 1969).

Die Neuordnung der Bezirke im Bergbau diente letztendlich nicht der Modernisierung der Zechen. Die Bezirke im Ruhrrevier, die zu einer organisatorischen Einheit heranwachsen sollten, verschärften nur die Dauerkrise des Bergbaus. Ab 1969 kam es zu einer Verschmelzung der Bezirke Bottrop und Oberhausen mit weiteren negativen Folgen für den Bergbau, was die „Einheit“, Zeitung der IGBE, natürlich ganz anders sah (vgl. 10. März 1969).

Die HOAG, die sich am 28. März 1969 als eigenständiges Unternehmen in Oberhausen verabschiedete und im Verbund mit dem Thyssenkonzern fortgesetzt wurde, musste eine Reihe von Zugeständnissen an Thyssen machen: Der Bergbau lag nun in den Händen der Ruhrkohle, was nicht bedeutete, dass dadurch Stabilität im Ruhrbergbau einzog (vgl. 28. März 1969).

Mit ihrer Gründung (26. September 1968) begann die DKP bundesweit mit dem Aufbau von Betriebsgruppen und der Herausgabe von Betriebszeitungen. In Oberhausen begann sie damit auf den verschiedenen Schachtanlagen wahrscheinlich im April 1969 (vgl. 10. April 1969). Die Nr. 1 des „Roten Blitzers“ der DKP für die „Ruhrkohle AG Oberhausen“ ist aus dem Dezember 1969 belegt (vgl. Dezember 1969).

Die Neuordnung des Bergbaus an Rhein und Ruhr riss tiefe Löcher in die unterschiedlichen Lohnstrukturen. Damit beschäftigte sich eine zentrale Funktionärskonferenz der IGBE in Oberhausen, die eine „Lohnbewegung im Bergbau“ und die „sofortige Kündigung“ des (laufenden) Tarifvertrags anstrebte bzw. forderte (vgl. 28. April 1969).

Die Initiativen der DKP zur „erweiterten Mitbestimmung im Ruhrkohlebergbau“ sollten durch ihre Thesen nach „Verstaatlichung“ bzw. „Überführung der Grundstoffindustrien und Unternehmen mit monopolartiger Stellung in Gemeineigentum“ Brisanz erhalten, was sich vor allem an den Auseinandersetzung mit den K-Gruppen zeigte. Hier war der Bergbau zunächst Anlass, um diese Theorien zu propagieren (vgl. 14. Juni 1969).

Mit der Gründung der „Ruhrkohle AG“ war eigentlich der Gang in das Desaster des Bergbaus besiegelt. Die „Einheitsgesellschaft“ mit ihrer Aufsplitterung in Schachtanlagen und Kokereien sollte auf drei Ebenen die stetige Krisenentwicklung verschärfen: 1. Überproduktion von Kohle. 2. Konzentration auf rentable Schachtanlagen. 3. Entlassungen und Gedingekürzungen (Lohnkürzungen) auf breiter Front. Durch den „Grundvertrag“ kam nun auch der Staat ins Spiel, der über den „Kohlepfennig“ - als Preisaufschlag (von 1974 bis 1995) - die Strompreise der Energieversorgungsunternehmen diktierte, um gegenüber dem Ausland konkurrenzfähig zu bleiben. In die „Einheitsgesellschaft“ wurden die „Hüttenwerk Oberhausen AG“ integriert (vgl. 18. Juli 1969).

Die neu gegründete „Einheitsgesellschaft“ lieferte sogleich den Beweis für ihre rigorose Rationalisierung. Neben „Schlegel und Eisen“ in Recklinghausen und „Rheinbraun“ in Neuß wurde auch „Concordia“ in Oberhausen stillgelegt (vgl. 31. Juli 1969).

Die „Einheitsgesellschaft“ brachte als Modernisierungsruine die sog. „Betriebsführungsgesellschaften“ (Verwaltungssitz(e) mit juristischer Bedeutung) hervor, die die Lage der Kumpel (Abbau von Löhnen) nachweislich nicht verbesserten. Die Gruppe „Bergbau AG Oberhausen“ wurde im August 1969 konstituiert. Gleichzeitig wurde bekannt gegeben, dass auf den verschiedenen Schachtanlagen „Betriebsdirektoren für Personal- und Sozialfragen“ ihre Arbeit aufgenommen hätten (vgl. 11. August 1969; 30. November 1969; 1. Dezember 1969).

Bei den Septemberstreiks 1969, eine der größten Streikwellen der Nachkriegszeit an Rhein und Ruhr, die der „Rote Morgen“ der KPD/ML einst mit „Jetzt spricht die Arbeiterklasse“ (vgl. „Roter Morgen“, September 1969) charakterisierte, kam es auch in Oberhausen zu einer Reihe von Aktionen und Demonstrationen. Ziel war es, höhere Löhne durchzusetzen (vgl. 2.-19. September 1969).

Die Konstituierung von Gesamtbetriebsräten in den noch verbliebenen Schachtanlagen in Oberhausen erfolgte vermutlich im Dezember 1969 (vgl. 5. Dezember 1969).

Oktober 1961: Die ersten türkischen Gastarbeiter kommen nach Sterkrade zur Gutehoffnungshütte und heuern im Bergbau an.
Quelle: www.alfred-ulrich-lindemann.de/chronik.

7. November 1963: Techniker der Gutehoffnungshütte helfen mit ihren Kompressoren beim „Wunder von Lengede“.
Q: www.alfred-ulrich-lindemann.de/chronik.

1. Januar 1965: Zusammenschluss der Schachtanlagen Franz Haniel und Jacobi zu einem Verbundbergwerk.
Q: www.alfred-ulrich-lindemann.de/chronik.

Februar 1965: Eine Streckenverbindung zwischen den Schachtanlagen Jacobi und Franz Haniel ist in 800 Metern Tiefe durchschlägig geworden.
Q: www.alfred-ulrich-lindemann.de/chronik.

29. Juli 1965: Grubenbrand auf der Schachtanlage Jacobi in 750 Meter Tiefe.
Q: www.alfred-ulrich-lindemann.de/chronik.

6. November 1965: Erneute Feierschichten im Oberhausener Bergbau.
Q: www.alfred-ulrich-lindemann.de/chronik

1966: Stilllegung der Teerdestillation der Zeche Sterkrade im Waldteichgelände.
Q: www.Alfred-Ulrich-Lindemann.de/Chronik.

Oktober 1966: 38 Tagesförderungen der HOAG Zechen (gleich 644.000 Tonnen Kohle und Koks) liegen auf der Halde.
Q: www.alfred-ulrich-lindemann.de/chronik.

Mai-Oktober 1967: Es kommt zu wiederholten Aktionen von Ruhr-Bergarbeitern gegen Zechenstilllegungen in Oberhausen, bei der HOAG und in Dortmund Huckarde bei Hansa, Pluto.
Q: dkp-online.de

Oktober 1967: Im Oktober 1967 protestierten Bergleute mit schwarzen Fahnen in einem Schweigemarsch gegen die geplante Stilllegung der Concordia-Zechen.
Q: www.oberhausen-rheinland.de.

22. März 1968: Letzte Förderschicht auf der Schachtanlage der Zeche „Concordia“ 2/3 und 4/5 in Oberhausen. Auch die Kokerei „Concordia“ 4/5 wurde stillgelegt. Ca. 3.500 Bergleute verloren ihren Arbeitsplatz.
Q: www.alfred-ulrich-lindemann.de/chronik; www. Oberhausen-Rheinland. de.

Februar 1969: Anlegung der ersten türkischen Gastarbeiter auf der Zeche Sterkrade und Osterfeld.
Q: www.alfred-ulrich-lindemann.de/chronik.

10. März 1969: Die IGBE berichtet spätestens aus dieser Woche über sich selbst:
„BEZIRKE NEU GEORDNET. DEN VERÄNDERUNGEN IM RUHRBERGBAU RECHNUNG GETRAGEN.“
Danach führt „die IG Bergbau und Energie in Übereinstimmung mit den amtierenden Bezirksvorständen seit Beginn des Jahres 1969 eine Neuordnung ihrer Bezirke durch. Zug um Zug wurden die zwölf Bezirke im Ruhrrevier zu sieben neuen organisatorischen Einheiten verschmolzen. So wurden die Bezirke Dinslaken und Moers zu dem neuen Bezirk NIEDERRHEIN zusammengefasst … Ähnlich sieht die Situation in dem neuen Bezirk RUHR-WEST aus. Hier wurden die Bezirke Bottrop und Oberhausen vereinigt.
Q: Einheit Nr. 6, Bochum 15.3.1969.

28. März 1969: Über die Oberhausener HOAG berichtet „Die Zeit“:
Die Hoag ist tot, es lebe die Hoag - das ist der Tenor des letzten Geschäftsberichtes, mit dem sich das älteste Hüttenwerk der Ruhr jetzt als selbständiges Unternehmen verabschiedet. Die wechselvolle 200jährige Geschichte der Oberhausener Hütte wird nunmehr im Verbund des Thyssenkonzerns fortgesetzt. Die Hauptversammlung am 30. April wird den Schlussstrich ziehen und zugleich das letzte Startsignal für die neue Ära geben: das Thyssen-Management zieht in den Aufsichtsrat der Hoag ein, und der Beherrschungsvertrag mit der Thyssenhütte wird perfekt, nachdem 96,2 Prozent des Hoag Kapitals bei der ATH liegen. Für 10 Hoag-Aktien gab es sechs Aktien von Thyssen und zusätzlich 60 Mark in bar für 1000 Mark Oberhausener Aktien. Das hielt auch die Großaktionärsfamilie Haniel - die ihren Vorteil stets in erstaunlicher Geschlossenheit zu finden weiß - für ein gutes Geschäft …

Die Zukunft der Hoag im Thyssenkonzern hat inzwischen begonnen. Der Bergbau wird abgegeben an die Ruhrkohle AG, für die Hütte Oberhausen laufen die Vorbereitungen zur Fusion mit der Thyssentochter Niederrheinische Hütte auf vollen Touren. Das kombinierte Unternehmen Niederrhein/Hoag wird mit einem Umsatz von etwa 1,5 Milliarden Mark die größte Thyssentochter werden. Die Duisburger Konzernleitung will vor allem die Walzdrahtproduktion hier konzentrieren; damit werden 48 Prozent der deutschen Produktion unter einem Dach sein und ein Unternehmen von „optimaler Größe und optimalen Kosten“ ermöglichen.“
Q: Die Zeit (Online), Nr. 13, 28. 3. 1969.

10. April 1969: Die DKP gibt die Nr. 2 des Regionalteils NRW ihrer „Unsere Zeit“ (UZ) heraus. Berichtet wurde u. a. über die eigene Betriebsgruppe Wülfinglack Wuppertal, die eigenen Schachtgruppen Niederheide, Buchholz, Oberhausen und Huckarde, die eine Betriebszeitung herausgeben.
Q: Unsere Zeit NRW Nr. 2, Essen 10.4.1969.

28. April 1969: Auf der Zeche und Kokerei Hansa Dortmund berichtet die DKP vermutlich aus dieser Woche über die IGBE:

„ZENTRALE FUNKTIONÄRSKONFERENZ FORDERT: KRÄFTIGE LOHNERHÖHUNG IM BERGBAU. Ende April kamen nahezu tausend Funktionäre unserer Gewerkschaft in Oberhausen zusammen. Einziger Punkt der Tagesordnung: Die Neuordnung im Ruhrbergbau. Vorherrschend aber war, dass sich aus allen Teilen des Reviers zahlreiche Kollegen für eine SOFORTIGE Kündigung der Lohn- und Gehaltstarife einsetzten. So verlangte Kollege August Bönte, Gesamtbetriebsratsvorsitzender der 'Ewald-Kohle-AG' (in Herten, d. Vf.), dass die Lohnbewegung im Ruhrbergbau kurzfristig eingeleitet werden sollte. Immer wieder wurde auf die enorm steigenden Gewinne und die ausgezeichnete Absatzlage hingewiesen. Übereinstimmender Tenor der Diskussion:

Der Bergbau gehöre an die Spitze der Lohnskala. Um dieses Ziel zu erreichen, verlangte ein Delegierter eine 15prozentige Erhöhung der Löhne und Gehälter, sowie die Vereinbarung eines Urlaubsgeldes von 400 DM. Es ist nicht wert, sondern auch wichtig, auf dem Schacht und der Kokerei dazu eine klare und konkrete Position zu beziehen.“

Auch laut IMSF setzen sich Ende April in Oberhausen auf einer IGBE Funktionärsversammlung mit fast 1 000 Teilnehmern, Delegierte aus dem ganzen Revier für die sofortige Kündigung des Tarifvertrages vom 1. 7.1968, der erst am 31.12.1969 auslaufen soll, ein. Verlangt wurden Erhöhungen der Löhne und Gehälter um 15%.
Q: IMSF: Die Septemberstreiks 1969, Frankfurt November 1969; DKP Hansa Information, Dortmund o.J. (1969), S. 3f.

14. Juni 1969: Die DKP berichtet über sich selbst:
„DKP REGT VOLKSBEGEHREN AN. Nach der ersten aufsehenerregenden Initiative zur Erweiterung der Mitbestimmung im Ruhrkohlenbergbau (IGBE-Bereich, d.Vf.) hat der DKP-Bezirksvorstand auf seiner letzten Sitzung am 14.Juni erneut eine politische Rakete gestartet. An Bord: Konkrete Pläne, wie man die Machtkonzentration der Konzerne durch die demokratische Aktion gemeinsam mit Sozialdemokraten, Gewerkschaftern und anderen Kräften stoppen kann.

In der Entschließung stellen die Kommunisten fest:
- In den letzten Wochen erreichten die Konzentrationsvorgänge in der westdeutschen Industrie neue Höhepunkte. Beispiele: Die August-Thyssen-Hütte übernahm die Oberhausener Hoag (beide IGM-Bereich, d. Vf.). ATH und Mannesmann (MM, d. Vf.) fusionierten in der Röhrenproduktion.
- Dadurch wurden die soziale Sicherheit der Arbeiter und Angestellten und die Existenzgrundlage von Städten und Gemeinden gefährdet.
- Im verstärkten Rechtskurs nach innen und außen wird der direkte Umschlag wirtschaftlicher Macht in politische Macht und ihr Missbrauch besonders deutlich.
- Das alles ist Folge der CDU-Politik, die nahtlos in der Großen Koalition fortgesetzt wird … Die Kommunisten im Bezirk Ruhr-Westfalen sehen sich in voller Übereinstimmung mit der Landesverfassung von NRW. Der Artikel 27 bestimmt, dass Großbetriebe der Grundstoffindustrie und Unternehmen mit monopolartiger Stellung in Gemeineigentum überführt werden sollen. Zusammenschlüsse, die wirtschaftliche Macht missbrauchen, sind zu verbieten. Auch mit den entsprechenden Forderungen des DGB-Grundsatzprogramms stimmt die DKP überein, in denen die Überführung marktbeherrschender Unternehmen in Gemeineigentum gefordert wird …“
Q: Unsere Zeit NRW Nr. 13, Essen 26. 6.1969, S.9.

18. Juli 1969: Laut IGBE wird in Essen die Ruhrkohle AG (RAG) als Einheitsgesellschaft gegründet, (eigentlich aber schon am 27. November 1968, der 18. Juli 1969 markiert den „Grundvertrag“ zwischen dem Bundeswirtschaftsministerium, der Ruhrkohle AG und den Bergbaualtgesellschaften als Aktionären des neuen Unternehmens)

„Jetzt steht die Ruhrkohle AG endgültig. Am 18.Juli wurde der Grundvertrag von 20 Zechengesellschaften in Essen unterschrieben. 47 Schachtanlagen, 28 Kokereien und 6 Brikettfabriken mit rd. 175 000 Beschäftigten gehören jetzt zur Ruhrkohle AG. Die neue Gesellschaft ist in der Lage, rd. 77 Millionen Tonnen Kohle zu fördern und etwa 22 Millionen Tonnen Koks zu produzieren. Außerdem werden fast 2 Millionen Tonnen Briketts hergestellt. Die Leistungen je Mann und Schicht liegen in der Ruhrkohle bei 3,8 Tonnen.“

Die IGBE berichtet auch:

„SIE GEHÖREN ZUR RUHRKOHLE AG. Der Ruhrkohle AG sind am 18.Juli 1969 folgende Bergbaugesellschaften durch die Unterschrift zum Grundvertrag beigetreten: Gelsenkirchener-Bergwerks AG, Hibernia AG, Mannesmann AG, Hoesch AG, Ewald-Kohle AG (Herten, d. Vf.), Harpener Bergbau AG, Klöckner-Bergbau AG, Hüttenwerk Oberhausen AG, Steinkohlebergwerk Mathias Stinnes AG, Hamborner Bergbau AG, Märkische Steinkohlengesellschaft, Monopol-Bergwerks GmbH (Kamen, d. Vf.), Bergwerksgesellschaft Walsum AG, Friedrich Thyssen Bergbau AG, Ilseder Hütte AG, Hansa Bergbau AG (Dortmund), Emscher-Lippe Bergbau AG (Datteln, d. Vf.), Gebrüder Stumm GmbH, Carolinenglück-Graf Moltke Bergbau AG (Gelsenkirchen, d. Vf.), Gewerkschaft Alte Haase.

Durch Sondervereinbarungen gehören ferner zur Ruhrkohle AG die Bergwerksgesellschaften Rheinpreußen AG, Niederrheinische Bergwerks AG (NBAG, d. Vf.), Steinkohlenbergwerk Heinrich Robert AG. Das sind insgesamt 85,1% der gesamten Steinkohleförderung an der Ruhr. Noch außerhalb der Einheitsgesellschaft befinden sich die Rheinstahl Bergbau AG, Krupp-Bergbau, Steinkohlenbergwerk Westfalen AG und die Bochumer Bergbaubetriebe. Der Beitritt dieser Gesellschaften zur Ruhrkohle AG ist nur noch bis zum 15. August 1969 möglich.“
Q: Einheit Nr. 15, Bochum 1.8.1969, S.1f.

31. Juli 1969: Die DKP gibt die Nr. 18 des Regionalteils NRW ihrer „Unsere Zeit“ (UZ) heraus. Berichtet wird u. a. über die SDAJ Essen, die Schließung der Concordia Bergbau Oberhausen, die Zechen Schlegel und Eisen Recklinghausen sowie Rheinbraun in Neuß, wo man den 'Rheinbraun-Kumpel' herausgibt, über die DKP-Stadtteilgruppe Kaßlerfeld Duisburg, die unter den 30 Familien des Max-Peters-Pfades arbeitet, über Aldenhoven, Bergisch Gladbach, Gütersloh, Herten-Süd und Süchteln sowie die Ersatzdienstleistenden (EDL) im Tannenhof in Remscheid-Lüttringhausen.
Q: Unsere Zeit NRW Nr. 18, Essen 31.7.1969.

11. August 1969: Die IGBE berichtet von der RAG:
„Über den Verwaltungssitz der einzelnen Gruppen, der in einem Fall noch strittig war, wurde bereits in der Aufsichtsratssitzung der Ruhrkohle AG am 11. August 1969 ein Kompromiss geschlossen.
- Die Betriebsführungsgesellschaft der Gruppe IV erhält den Namen 'Bergbau-AG Herne-Recklinghausen'. Juristischer Sitz der Gesellschaft wird die Stadt Recklinghausen.
- Unabhängig von dieser Namensgebung und der Sitzeintragung sollen die Verwaltungsgebäude und -einrichtungen der Hibernia AG in Herne und Ewald-Kohle AG in Recklinghausen für die Betriebsführungsgesellschaft der Gruppe IV (und für andere Zwecke der Ruhrkohle AG) technisch und wirtschaftlich optimal genutzt werden.
- Die Betriebsführungsgesellschaft der Gruppe V erhält den Namen 'Bergbau G Essen'. Juristischer Sitz dieser Gesellschaft wird die Stadt Essen.

Für die übrigen Betriebsführungsgesellschaften bleibt es bei den schon in der 'Einheit' Nr. 9 vom 30. April 1969 gemeldeten Verwaltungssitzen. Dazu betont jedoch die Ruhrkohle AG, dass die Benennung der Verwaltungssitze in erster Linie juristische Bedeutung hat.

Sämtliche in den Gruppen vorhandenen Verwaltungsgebäude sollen für die Arbeit der Ruhrkohle AG und ihre Betriebsführungsgesellschaften genutzt werden.

Inzwischen stehen auch die Namen der einzelnen Gruppen fest:
- 'Bergbau-AG Niederrhein' mit juristischem Sitz in Kamp-Linfort,
- 'Bergbau AG Oberhausen', mit juristischem Sitz in Oberhausen,
- 'Bergbau AG Gelsenkirchen' mit juristischem Sitz in Gelsenkirchen,
- 'Bergbau AG Essen', mit juristischem Sitz in Essen,
- 'Bergbau AG Herne - Recklinghausen' mit juristischem Sitz in Recklinghausen,
- 'Bergbau AG Dortmund' mit juristischem Sitz in Dortmund;
- 'Bergbau AG Westfalen' mit juristischem Sitz in Hamm-Heessen.
Q: Einheit Nr. 17, Bochum 30. 8.1969, S.1.

2.-19. September 1969: Septemberstreiks in der BRD - die größte spontane Streikwelle in Westdeutschland seit dem Ende des 2. Weltkriegs. In der Stahlindustrie (Ausgangspunkt bei Hoesch Dortmund - „Dortmunder Signal“) und im Bergbau an der Ruhr (u. a. in Oberhausen) und an der Saar legen zehntausende Beschäftigte spontan die Arbeit nieder, um angesichts der bekanntgewordenen Gewinnexplosion der Konzerne höhere Löhne durchzusetzen.

Versuche, die Streiks als „kommunistisch inspirierte“ illegale bzw. „wilde Streiks“ zu diffamieren, scheitern. Angesichts der großen Streikbereitschaft sahen sich die Konzernchefs kurz vor der Bundestagswahl zur raschen Aufnahme von Tarifverhandlungen und zu beträchtlichen Konzessionen gezwungen, um wieder „Ruhe“ herzustellen. In der spontanen Streikbewegung, die vielfach ohne Zustimmung der Gewerkschaftsführungen bzw. sogar gegen ihre ausdrücklichen Aufrufe zur Wiederaufnahme der Arbeit unter Leitung der betrieblichen Vertrauensleutekörper oder Betriebsräte stattfanden und in vielen Großbetrieben mit Betriebsbesetzungen verbunden waren, spielten die Betriebsgruppen und Betriebszeitungen der DKP eine wesentliche Rolle.
Q: dkp-online.de.

30. November 1969: Für die DKP berichtet J. M. von der RAG:
„OFFENE FRAGEN ZUR RUHRKOHLE AG
DER KONZERN IST PERFEKT / DIE LAGE DER KUMPEL NICHT

Am 30.November nahm die Ruhrkohle AG nun auch in der Produktion ihre Tätigkeit auf. Mit der offiziellen Übernahme von mehr als 200 000 Bergarbeitern und Angestellten und dem Bergbauvermögen der 27 Altgesellschaften hat sich ein kapitalistischer Superkonzern etabliert. Mit seinem Grundkapital von 516 825 600 DM und seinem Jahresumsatz von über 6 Milliarden DM zählt er zur Spitzengruppe der europäischen Monopolgiganten. Den Besitzern der Altgesellschaften wird der Gewinn staatlich garantiert. Die Kumpel bekommen keine staatliche Lohngarantie.

Die Ruhrkohle AG gliedert sich in sieben Betriebsführungs-Gruppen: 1. Niederrhein, 2. Oberhausen, 3. Gelsenkirchen, 4. Herne-Recklinghausen, 5. Essen, 6. Westfalen (fehlt: 7. Dortmund, d. Vf.). Jede Gruppe ist ungefähr gleich stark in Belegschaft und Förderung …
Q: Unsere Zeit NRW Nr. 37, Essen 11.12.1969,S.14; Einheit Nr. 22 und 23, Bochum 15.11.1969 bzw. 1.12.1969.

Dezember 1969: Bei der Ruhrkohle AG (RAG), Bereich Oberhausen. gibt die DKP vermutlich im Dezember erstmals ihren „Roten Blitzer“ heraus.
Q: Roter Blitzer Nr.1, Oberhausen 1969.

1. Dezember 1969: Die DKP berichtet von der RAG:
„SOZIALDIREKTOREN DER RUHRKOHLE AG. Die Ruhrkohle AG hat am 1.12.1969 ihre Arbeit aufgenommen. Sie ist in sieben Gruppengesellschaften gegliedert. Ihr gehören als Sozialdirektoren Heinz Kegel (Konzernleitung), Theodor Therhorst (Bergbau AG Niederrhein), Werner Lipa (Bergbau AG Oberhausen), Anton Taplikowski (Bergbau AG Gelsenkirchen), Franz Schulte (Bergbau AG Herne-Recklinghausen), Josef Ganster (Bergbau AG Essen), Dr. Emil Schrumpf (Bergbau AG Dortmund) und Josef Brand (Bergbau AG Westfalen/Hamm-Heesen) an. Die Betriebsräte bilden eine zentrale Arbeitsgemeinschaft und Gruppenbetriebsräte.“

Die IGBE gibt am 15.12.1969 die Betriebsdirektoren für Personal- und Sozialfragen (PS) der RAG bekannt:

GRUPPE II Bergbau AG Oberhausen:
Lohberg: Fritz Terschüren, Friedrich Thyssen: Wolfgang Uebe, Osterfeld: Werner Feldhoff, Jacobi/Haniel: Willi van Berk, Prosper II: Heinz Borns, Prosper III: Rudolf Olivier, Alstaden: Hubert Nüsgen, Kokerei: Franz Kubek.
Q: Einheit Nr. 24, Bochum 15.12.1969; Unsere Zeit Nr. 37, Essen 11.12.1969, S.6.

5. Dezember 1969: Die IGBE berichtet von der Ruhrkohle AG, dass heute die Gesamt-Betriebsräte der sieben Betriebsführungsgesellschaften gebildet werden sollen.

Am 15.12.1969 gibt die IGBE die Vorsitzenden der Gesamtbetriebsräte bekannt:
- Bergbau AG Niederrhein: Vorsitzender: Franz Gebauer, Pattbergschächte; Stellvertretender Vorsitzender: Hermann Klos, Friedrich-Heinrich.
- Bergbau AG Oberhausen: Vorsitzender Hans Schmitz, Kokerei Jacobi; Stellvertretender Vorsitzender: Hubert Bereis, Zeche Lohberg.
- Bergbau AG Recklinghausen: Vorsitzender: K. Heinz Mross, Bergmannsglück, Westerholt, Stellvertretender Vorsitzender: Gottfried Groß, Zeche Brassert;
- Bergbau AG Dortmund: Vorsitzender: Heinz Dannhorst, Minister Stein; Stellvertretender Vorsitzender: Erich Haake, Victor 3/4.
- Bergbau AG Essen: Vorsitzender Rudi Kobitz, Zeche Katharina; Stellvertretender Vorsitzender: Kurt Kamps, Zeche Ewald 3/4.
- Bergbau AG Gelsenkirchen: Vorsitzender Heinz Rex, Zeche Zollverein; Stellvertretender Vorsitzender: Heinz Fricke, Graf Moltke.
- Bergbau AG Westfalen: Vorsitzender Heinz Sehl, Haus Aden, Stellvertretender Vorsitzender: Walter Cieslik, Grimberg 3/4.
Q: Einheit Nr. 22 und 24, Bochum 15.11.1969 bzw. 15.12.1969.

1970

Die DKP setzte im Januar mit der Nr. 2 die Herausgabe ihres „Roten Blitzers“ für die „Ruhrkohle AG Oberhausen“ fort (vgl. Januar 1970). Eine weitere Ausgabe erschien für den April als Nr. 5 (vgl. April 1970). Zum 1. Mai gab sie eine Ausgabe mit dem „Aufruf zum 1. Mai“ heraus (vgl. 27. April 1970).

Die Aufsichtsrats- bzw. Betriebsrats- und Personalwahlen bei der Ruhrkohle dürften stets von großer Wichtigkeit gewesen sein. Auf vielen Schachtanlagen gelang es der DKP in vielen Wahlen dort Einzug zu halten. Betriebsräte konnten später auch von verschiedenen K-Gruppen gestellt werden, die sich in den Betriebszeitungen (etwa „Der Hobel“ der KPD/ML-ZB für Prosper in Bottrop) heftige Auseinandersetzungen mit den „SPD-Regierungsknechten“ und den „Revisionisten“ der DKP, die die Kumpel verkaufen würden, lieferten.

Im Januar 1970 gab die „Einheit“ (das Organ der IGBE) die Wahl der Arbeitnehmervertreter für die Aufsichtsräte der Betriebsführungsgesellschaften in Oberhausen bekannt (vgl. 7. Januar 1970).

Dass die „Einheit“ meinte, sich den erzieherischen Aufgaben ihrer IGBE-Jugend widmen zu müssen, geht aus einem Artikel, der dort am 1. März 1970 erschien, hervor. Die bornierte Verdammung der 1968er Bewegung, die nichts anderes als Ruin hinterlassen habe, reihte sich ein in die pauschalisierten Versuche, Episodisches mit grotesken Darstellungen zu vermengen (vgl. 1. März 1970).

Die jeweiligen Gewerkschaftstage der Industriegewerkschaften waren stets ein Forum für die zahlreichen Konflikte innerhalb und außerhalb der Gewerkschaften, die sich mehr oder weniger in den Debatten bzw. den Anträgen zu ihnen äußerten. Auf einem zurückliegenden Gewerkschaftstag in Oberhausen sei der „gemeinwirtschaftliche Bergbau“ in die Satzung mit aufgenommen worden. Auch auf dem kommenden Gewerkschaftstag in Duisburg, so die DKP, werde darüber diskutiert werden (vgl. 10. April 1970).

Die Tarifrunden im Bergbau können als Auslöser für Lohnbewegungen im breiten Rahmen bezeichnet werden. In der Regel ging es hierbei stets nur um minimale Erhöhungen der Gehälter und Tarife bzw. der Gedingelöhne. Die Lohnrunden im Bergbau wurden, so könnte gesagt werden, nicht so intensiv geführt, wie etwa in der Metallindustrie. Allerdings sollten den Forderungen, die im Bergbau im Rahmen der Tarifrunden aufgestellt wurden, durch verschiedene Aktionen Nachdruck verliehen werden. Die jeweiligen Änderungen in den Manteltarifverträgen bzw. Satzungen der IGBE, die der Vorstand zur Debatte stellte, waren auf den Gewerkschaftstagen nicht selten das Ergebnis von politischer Taktiererei und Zugeständnissen an Regierung und Staat. Die DKP berichtete Ende April in diesem Zusammenhang von „gescheiterten (Lohn-)Verhandlungen“. Doch der IGBE Hauptvorstand (der sich auch durch Mitglieder aus Oberhausen rekrutierte) kenne die „Sorgen der Bergleute“ (vgl. 30. April 1970; 1. Juni 1970).

Die Modernisierungen im Steinkohlebergbau führten etwa dazu, dass sich die Beschäftigungsverhältnisse aufzusplittern begannen. Im Juni 1970 wurden einige Kraftwerke in Oberhausen zur „Steinkohle-Elektrizität AG“, auch bekannt unter STEAG, zusammengefasst. Die geltenden Tarifverträge seien, so die IGBE, vom Arbeitgeberverband GWE übernommen worden (vgl. 1. Juni 1970).

Der Bau neuer Koksbatterien auf der Kokerei Osterfeld in Oberhausen als „Antwort auf die Anforderungen des Marktes“ sollte die Kapazitäten erweitern und zu „spürbaren Kostensenkungen“ führen. Tatsächlich bedeutete dieser Schritt längerfristig eine deutliche Konzentration auf einige wenige Kokereien im Ruhrgebiet bei gleichzeitiger Schließung unrentabler Kokereien. Wenn bedacht wird, dass heute (2010) die Kokerei in Duisburg-Schwelgern, die als modernste und größte Kokerei der Welt gilt, der einzig übriggebliebene Standort (Thyssen Krupp Stahl als Hauptabnehmer) im Ruhrgebiet ist, dann wird deutlich, welcher Weg ab 1970 beschritten wurde (vgl. September 1970).

Erstmals griff der „Kommunistische Nachrichtendienst“ der KPD/ML-ZB ab September 1970 in die Debatten um Rationalisierungen und Verteuerung der Deputatkohle bei der Ruhrkohle ein. Das Zechensterben würde unter Schiller und Arendt weitergehen, meinte er. Dem „unrentablen Kohlesektor“ drohe die komplette Schließung bzw. Stilllegung. Alstaden in Oberhausen oder Brassert (Marl) sei nur der Anfang. Vor dem Hintergrund der heutigen Stilllegungen der übriggebliebenen Bergwerke in Westfalen hatte dieser Hinweis durchaus seine Berechtigung (vgl. 1. September 1970; 11. November 1970; 30. November 1970).

Zur „Bezahlung der Anfahrtzeiten“ zu den verschiedenen Schachtanlagen meldete sich die DKP im Oktober 1970 zu Wort. Was für „Oberhausen möglich“ sei, müsse auch für andere Zechen gelten (vgl. 19. Oktober 1970).

Januar 1970: Bei der Ruhrkohle AG (RAG) Bereich Oberhausen gibt die DKP ihren 'Roten Blitzer' Nr. 2 heraus.
Q: Roter Blitzer Nr. 2, Oberhausen Januar 1970.

7. Januar 1970: Die IGBE berichtet von der Ruhrkohle AG. Und auch für die Betriebsführungsgesellschaften, die nunmehr bereits am 17. November dieses Jahres gegründet werden, liegt der weitere Terminplan fest. In der Zeit vom 7. bis 16. Januar 1970 sind die Wahlen der betrieblichen Arbeitnehmervertretung und die Beratung der außerbetrieblichen Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsräten der Betriebsführungsgesellschaften vorgesehen …

Wenn sich Anfang Februar die neu gewählten Aufsichtsräte der sieben Betriebsführungsgesellschaften konstituiert haben, ist der organisatorische Aufbau der Ruhrkohle AG abgeschlossen. Den Aufsichtsräten der Betriebsführungsgesellschaften gehören jeweils 15 Mitglieder an. Sie sind nach den Vorschriften des Mitbestimmungsgesetzes vom 21. Mai 1951 zusammengesetzt. Danach sind sieben Arbeitnehmervertreter zu entsenden, von denen drei - nämlich zwei Arbeiter und Angestellte - im Unternehmen beschäftigt sein müssen. Die außerbetrieblichen Arbeitnehmervertreter werden vom Deutschen Gewerkschaftsbund in Absprache mit der IG Bergbau und Energie und nach vorheriger Beratung mit den Betriebsräten vorgeschlagen. Unter den außerbetrieblichen Arbeitnehmervertretern muss sich ein sogenanntes 'weiteres Mitglied' befinden, dass in keinem wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis zur Gewerkschaft und zum Unternehmen stehen darf.

Die betrieblichen Arbeitnehmervertreter sind von den Betriebsräten in Wahlkonferenzen, die in der Zeit vom 11. bis 22. Januar 1970 stattgefunden haben, gewählt worden. Gleichzeitig haben die Betriebsräte in diesen Konferenzen über die Vorschläge der Gewerkschaft beraten. Nach dem Ergebnis dieser Konferenz werden folgende Kolleginnen und Kollegen als Arbeitnehmervertreter den Aufsichtsräten der Betriebsführungsgesellschaften angehören (siehe nebenstehende Übersicht).

Nachdem der 21köpfige Aufsichtsrat für die Spitze der Ruhrkohle AG bereits im Dezember 1969 gewählt worden ist und zwischenzeitlich seine erste Sitzung abgehalten hat sowie die Betriebsdirektoren für Personal- und Sozialfragen zu Beginn des neuen Jahres ihre Tätigkeit aufgenommen haben, ist die personelle Besetzung der Organe der Ruhrkohle AG und ihrer Betriebsführungsgesellschaften gemäß den gesetzlichen Bestimmungen und der Vereinbarung über die Mitbestimmung zwischen dem Vorstand der Ruhrkohle AG und der IGBE erfolgt.

ARBEITNEHMERVERTRETER FÜR DIE AUFSICHTSRÄTE DER BETRIEBSFÜHRUNGSGESELLSCHAFTEN GEWÄHLT

BERGBAU AG OBERHAUSEN:
Vertreter der IGBE : Willi Vogler
Vertreter der IGBE : Heinz Marquardt
Vertreter des DGB : Erhard Schumacher
Weiteres Mitglied : Heinz- M. Peters
Arbeitervertreter : Walter Minkus
Arbeitervertreter : Hans Schmitz
Angestelltenvertreter : Heribert Bunse
Q: Einheit Nr. 22 und 3, Bochum 15.11.1969 bzw. 1.2.1970.

1. März 1970: Die IGBE gibt ihre „Einheit“ Nr. 5 heraus. Ein Artikel lautete:
„REVOLUTIONÄRE FLUT WURDE AUFGESOGEN. REVOLLUZZERN GING DER ELAN VERLOREN.“ Ausgeführt wurde u. a.:

„Die Fronten haben sich gelockert; Jugend und Erwachsenenwelt kamen einander näher. Das Establishment empfing die Revolutionäre mit offenen Armen. Konsum wurde zum Ausgleich für geistige Frustration.
So oder so ähnlich würde das Ergebnis einer Analyse über die unruhige Jugend laufen, die 1967/1968 durch ihre Aktionen unsere Gesellschaft schockte. Wo 1967/1968 revoltierende Jugendliche die Gesellschaft anklagten, wo junge Menschen zu Tausenden auf den Straßen gegen die Schattenseiten unseres Systems demonstrierten, da war 1969 Ruhe.

Die 1969 durchgeführten Demonstrationen kann man an den Fingern abzählen. Die revolutionäre Flut wurde aufgesogen vom Establishment.
Vorreiter auf dem Weg in die Integration waren die früheren Führer des Protestes. Rudi Dutschke schreibt heute Bücher, andere bereiten sich auf bürgerliche Akademikerkarrieren vor. Fritz Teufel und Rainer Langhans beuteten ihre Untermieter nach bester Kapitalistenmanier aus. Langhans vermietete außerdem seine Freundin Uschi Obermaier an meistbietende Fotografen. In München will er heute mit einem Pop-Konzert sein Geld verdienen. Zurückgelassen haben die Revolutionäre die Illusionisten und Romantiker unter der Jugend.

Die ersten entschieden sich für die Anarchie, die letzteren bauten sich eine eigene, unpolitische Welt auf; die des Rausches. Sie griffen zum Haschisch. Der 'Joint' ersetzte zwar Diskussionen und Auseinandersetzungen, nur verändern kann man so nichts. Die Jugend der IGBE war gut beraten, als sie sich auf ihrem Jugendtag in Oberhausen von den Revoluzzern distanzierte.
Q: Einheit Nr. 5, Bochum 1.3.1970.

April 1970: Bei der Ruhrkohle AG (RAG) Bereich Oberhausen gibt die DKP ihren „Roten Blitzer“ Nr. 5 heraus.
Q: Roter Blitzer Nr. 5, Oberhausen April 1970.

10. April 1970: Die DKP kündigte an:

„GEWERKSCHAFTSTAG!“ Am 10. April dieses Jahres wird der Gewerkschaftstag der Industriegewerkschaft Bergbau und Energie in Duisburg stattfinden." U. a. werden die Forderungen für die Tarifrunde im Ruhrbergbau (BETR) in Höhe von u. a. 8,5% und 75% eines Monatslohnes als Weihnachtsgeld festgelegt werden … Wiederum feierte der IGBE-Vorsitzende Adolf Schmidt den 'entscheidenden Beitrag', den die Gewerkschaft zur Schaffung des privatkapitalistischen Superkonzerns geleistet habe. Zwar sprach er einschränkend von einem Kompromiss, zu dem es aber 'unter den gegebenen Umständen keine Alternative' gäbe.

Diese Alternative ist sehr wohl gegeben. Sie ist sogar in der IGBE-Satzung fixiert: der gemeinwirtschaftliche Bergbau. Auf dem Oberhausener Gewerkschaftstag war diese Passage gegen den Willen des HV in die Satzung aufgenommen worden. Auf dem Gewerkschaftstag in Bonn ließ der HV alle Minen springen, um die per Initiativantrag geforderte gemeinwirtschaftliche Konstruktion der Ruhrkohlen-Einheitsgesellschaft niederstimmen zu lassen. Und dennoch sagte Adolf Schmidt, es gebe keine Alternative, wobei er abweichend vom Redemanuskript das Wörtchen 'durchsetzbare' einfügte. Gegen wen nicht durchsetzbar?
Q: Einheit Nr. 8, Bochum 15. 4.1970,S.1 und 3; Unsere Zeit Nr.16 und 17, Essen 18.4.1970 bzw. 25.4.1970,S.4 bzw. S.6; Der Hammer Lohnrunde 70 - nicht unter 8,5%, Bochum o. J. (April 1970), S.1f; Die Kumpel-Post Lohn- und Gehaltsforderungen der IGBE voll durchsetzen, Dortmund o.J. (Mai 1970), S.1; Unsere Zeit NRW Nr. 4, Essen 22.1.1970, S. 9.

25. April 1970: Die DKP gibt die Nr. 17 des Regionalteils NRW ihrer „Unsere Zeit“ (UZ) heraus. Berichtet wird u. a. über Kotz und Söhne Wiehl, die Wohnungen (1 700) der Concordia Bergbau AG Oberhausen.
Q: Unsere Zeit - Ausgabe NRW Nr. 17, Essen 25.4.1970.

27. April 1970: Bei der Ruhrkohle AG (RAG) Bereich Oberhausen gibt die DKP vermutlich in dieser Woche ihren „Roten Blitzer“ mit einem Aufruf zum 1. Mai heraus.
Q: Roter Blitzer, Oberhausen o. J. (1970).

30. April 1970: Die DKP berichtet von der Tarifrunde im Ruhrbergbau, dass auch die heutigen zweiten Verhandlungen ergebnislos verliefen. Zur IGBE-Verhandlungsdelegation schreibt die IGBE:

„Sie kennen die Sorgen der Bergleute an Rhein und Ruhr aus erster Hand. Sie gehören dem IGBE-Hauptvorstand an. Ihr Wort hat stets Gewicht: Hein Dost, Essen-Kray; Heinz Fricke, Gladbeck; Paul Grimm, Wattenscheid; Hermann Klos, Kamp-Lintfort; Helmut Marmulla, Recklinghausen; Karl Marsiske, Brambauer; Karl-Heinz Mross, Gelsenkirchen-Buer; Hugo Paulikat, Castrop-Rauxel; Hermann Spitzer, Moers; Hans Uebber, Oberhausen.“
Q: Einheit Nr. 9 und 11 bzw. Sonderausgabe Nr. 1, Bochum 1.5.1970, 15. 5.1970 bzw. 11. 5.1970,S.1, S. 3 bzw. S.3; Die Kumpel-Post Lohn- und Gehaltsforderungen der IGBE voll durchsetzen, Dortmund o.J. (Mai 1970), S.1.

1. Juni 1970: Die IGBE berichtet zunächst vermutlich aus dieser Woche:

„BERGBAUKRAFTWIRTSCHAFT KURZ VOR TARIFABSCHLUSS
ZUSATZVEREINBARUNGEN SIND ZU ERWARTEN. In der Bergbauwirtschaft hat es weitere Veränderungen gegeben. Wie bekannt, gehören seit dem 1. Januar 1970 die Beschäftigten der Kraftwerke Sterkrade, Osterfeld und Franz Haniel (alle Oberhausen, d. Vf.) zur Steinkohle-Elektrizitäts AG (STEAG) …
Für alle Arbeitnehmer der genannten Kraftwerke gelten auf Grund vertraglicher Vereinbarungen durch die IGBE ab dem Zeitpunkt der Übernahme durch die STEAG die Tarifverträge mit dem Arbeitgeberverband von Gas-, Wasser- und Elektrizitätsunternehmungen (GWE).

Die Umstellungen der Lohn- und Gehaltsabrechnungen auf die neuen Bestimmungen werden soweit sie noch nicht vollzogen sind, so schnell wie möglich erfolgen. Der bisherige soziale Besitzstand wird den Beschäftigten bei der Umstellung garantiert. Dafür hat die IG Bergbau und Energie gesorgt. Schon bei den Verhandlungen über den Grundvertrag über die Neuordnung des Ruhrbergbaus. In Paragraph 8 dieses Vertragswerkes wurden entsprechende Bestimmungen über den sozialen Besitzstand verankert.

Die IG Bergbau und Energie hat darüber hinaus bei der praktischen Umstellung darauf geachtet, dass diese Bestimmungen für den einzelnen Arbeitnehmer voll zum Tragen kommen. Diese Regelungen gelten auch für die Beschäftigten der Bergbaukraftwerke der Gelsenberg AG und der Hibernia AG, die ebenfalls seit dem 1. Januar 1970 unter die Tarifverträge mit dem Arbeitgeberverband GWE fallen.
Q: Einheit Nr. 11 und 12, Bochum 1.6.1970 bzw. 15.6.1970,S.4 bzw. S.4.

September 1970: Die IGBE berichtet vermutlich aus dem September von der RAG:

„MEHR KOKS FÜR DIE WELT. Ruhrkohle baut für 211 Mio. DM neue Koksöfen.
Die Ruhrkohle AG erweitert ihre Kokskapazitäten. Das ist jetzt beschlossene Sache. Für 211 Millionen Mark werden 233 hochmoderne Koksöfen gebaut. Es handelt sich hierbei um Hochleistungsöfen, die eine wesentlich kürzere Garungszeit haben. Die Ruhrkohle AG rechnet mit einer um 30 Prozent höheren Leistung als bei den bisher in Betrieb befindlichen Koksöfen.

Auf der Kokerei Osterfeld in Oberhausen werden 96 Öfen gebaut. Mit einer Höhe von 7 m und einer Länge von 16,75 m werden diese Öfen die ersten ihrer Art in Europa sein …

Mit dieser Kapazitätserweiterung um 2, 5 Millionen Tonnen will die Ruhrkohle AG, wie sie erklärte, 'eine Antwort auf die Anforderungen des Marktes' geben. Allerding sollen die neuen Koksöfen auf Grund ihrer verbesserten Technik auch zu einer spürbaren Kostensenkung führen, um so die Wirtschaftlichkeit für Ruhrkohle-Kokereien zu verbessern. Die Inbetriebnahme der neuen Koksbatterien ist für das Winterhalbjahr 1972/73 vorgesehen. Während es sich bei der Kokerei Zollverein und Minister Stein um die Erweiterung der bisher vorhandenen Koksbatterien handelt, werden auf der Kokerei Osterfeld die 200 alten Öfen außer Betrieb gesetzt, wenn die 96 neuen Öfen betriebsfertig sind.“
Q: Einheit Nr. 19, Bochum 1.10.1970, S.1.

1. September 1970: Die Nr. 29 des „KND“ der KPD/ML-ZB berichtet unter der Schlagzeile „Einheitlicher Kampf der Arbeiterklasse gegen die Front der Kapitalisten“ von den Streiks in NRW. Berichtet wurde auch darüber, dass die Ruhrkohle AG (RAG) in der letzten Woche ein neues Rationalisierungsprogramm verkündet habe. Hierzu wird u. a. ausgeführt:

„Dabei steht sie in folgender Zwickmühle: als sie 68 von den Sozialdemokraten
Schiller und Arendt und den Stahlbossen Sohl und Henle gegründet wurde, wollten die Stahlbosse den unrentablen und politisch unruhigen Kohlesektor abwälzen und sich ihn aber weiter als billige Rohstoffbasis für noch 20 Jahre sichern; die Sozialdemokraten sollten dafür die Arbeiter beruhigen und verbreiteten schnell ihre Theorie 'Fortschritt und soziale Gerechtigkeit durch Rationalisierung'. Diese Kräfte wollen daher eine schnelle und 'überzeugende' Rationalisierung. Da dies jedoch Zechensterben bedeutet, dürfen sie dies den Bergarbeitern und den Ruhrgebietsstädten, die von den Zechen abhängig sind, nicht offen sagen. Daher verbreitet das neue Programm fast nur Plattheiten, die man vorher schon wusste…, Sie vermeiden es aber, offen zu sagen, welche Zechen sie schließen wollen. Dabei weiß jeder, dass z.B. Brassert (Marl) und Alstaden (Oberhausen) auf der Abschussliste stehen.“
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 29, Bochum 1.9.1970.

19. Oktober 1970: Die DKP berichtet vermutlich aus dieser Woche aus dem IGBE-Bereich:

„BEZAHLUNG DER ANFAHRTZEITEN FÜR BOCHUMER KUMPEL. In der neuesten Ausgabe der DKP-Stadtteilzeitung von Langendreer-Werne „Bochum links“ wird für die ehemaligen Bergarbeiter der Zeche Robert Müser, die heute in Dortmund arbeiten müssen, die Bezahlung der Anfahrzeiten verlangt.“

Und weiter: „Was für die Kumpels in Essen oder Oberhausen möglich war, das muss auch unseren Kollegen aus dem Bochumer Osten ermöglicht werden! Die Zahlen beweisen es: Die HBAG kann zahlen! Deshalb unterstützen wir auch die Forderungen der Werner Bergleute: Sofortige Bezahlung der Anfahrtszeit zu den Dortmunder Schachtanlagen!“
Q: Unsere Zeit - Ausgabe NRW Nr. 44, Düsseldorf 31.10.1970,S.18.

11. November 1970: Die Nr. 49 des „KND“ der KPD/ML-ZB erscheint. Aus NRW wird berichtet von der Stilllegung des Kalkwerkes in Fretter im Kreis Olpe (CPK-Bereich) und über die Ruhrkohle AG (RAG):

„Die letzten Stilllegungen der RAG sind ein neuer Beweis für die arbeiterfeindliche Politik der Einheitsgesellschaft, die nur den Interessen der Stahlkonzerne dient. Jetzt haben die Ruhrkohle-Kapitalisten einen neuen arbeiterfeindlichen Schritt beschlossen. Die Deputatkohle, die die Bergarbeiter für ihren privaten Kohlenverbrauch erhalten, wird verteuert. Die Kapitalisten haben am schwächsten Teil der Bergarbeiter angesetzt, den Rentnern. Diese hatten bisher immer den gleichen Preis bezahlen müssen. Nun wird ihnen für bessere Hausbrandkohlen das Doppelte von dem abverlangt, was aktive Arbeiter bezahlen müssen. Mit diesen unverschämten Maßnahmen wollen die Zechenherren das Letzte an Profiten aus dem Hausbrandmarkt herausholen, um es in den neuen Großkokereien für die Stahlmonopole zu investieren.

Den Arbeitern der Zechen, auf denen hauptsächlich Hausbrandkohle gefördert wird, versuchen sie vorzumachen, dass Hausbrand keinen Profit mehr bringt. Deswegen müssten die Zechen leider geschlossen werden. Aus diesem Grund soll jetzt die Zeche Katharina in Essen dichtgemacht werden, 2 000 Bergarbeiter müssen ihren Arbeitsplatz verlassen. Vor kurzem gab die RAG bekannt, dass sie die Hausbrandförderung auf die Zechen Niederrhein und Mevissen am linken Niederrhein konzentrieren wolle. Damit ist klar, dass die Zechenherren auch in Kürze noch zwei weitere Hausbrandzechen schließen werden, auch wenn sie das noch nicht offen sagen: Alstaden mit knapp 1 000 Bergarbeitern in Oberhausen-Süd und Carl Funke/Pörtingsiepen in Essen-Süd mit mehr als 2 000 Bergarbeitern. Beide Zechen liegen nicht im Zentrum des Ruhrbergbaus, daher werden die Arbeiter wohl mindestens eine Stunde Weg zu den nächsten Zechen haben …“
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 49, Bochum 11.11.1970.

30. November 1970: Die KPD/ML-ZB berichtet vermutlich aus dieser Woche:
„RAG-STILLEGUNGSPOLITIK: 'CARL FUNKE'. Vor einiger Zeit gab die Ruhrkohle AG (RAG) bekannt, dass die Hausbrandkohle auf 2 Zechen am Niederrhein verlagert wird; damit ist klar, dass noch drei Zechen in Essen und Oberhausen geschlossen werden müssen …“
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 57, Bochum 9.12.1970, S. 8.

1971

Die DKP setzte 1971 die Herausgabe ihres „Roten Blitzers“ bei der Ruhrkohle AG fort (vgl. Januar 1971).

Zwar berichtete der „KND“ der KPD/ML im Januar primär über Prosper Bottrop und den ersten „Anzeichen der beginnenden Krise“, doch der „Halden-Hüttenkoks“ aus Oberhausen seien weitere Anzeichen für die „Überproduktion“ von Kohle (vgl. 18. Januar 1971).

Die beginnenden Tarifverhandlungen im Bergbau kommentierte der „Kampf der Arbeiterjugend“ des KJVD der KPD/ML-ZB mit den Worten: „Rationalisierung der Übertagebetriebe bei der Bergbau AG Oberhausen.“ Auch die Lehrlinge seien davon betroffen. Für sie gehe es nun u. a. darum, für Arbeit in der Produktion einen 100%-Effektivlohn durchzusetzen (vgl. März 1971).

Über die konkreten Krisenauswirkungen bei der Bergbau AG Oberhausen, der sich abhängig von der Stahlindustrie (Thyssen) machen würde, berichtete der „KND“ in seinen Ausgaben 20 und 25/1971 (vgl. 8. März 1971; 22. März 1971).

Auch die „Rutsche - Zeitung der Betriebsgruppe Zeche Minister Stein Dortmund der KPD/ML-ZB und des KJVD“ berichtete in einem längeren Artikel über das Krisenprogramm der RAG Oberhausen (vgl. 12. April 1971).

Gegen „das Komplott von Zechenherren, SPD-Regierung und IGBE-Führern“ wetterte erneut der „KND“. Danach haben die Stahlkonzerne mit den IGBE-Führern „verschärfte Rationalisierungsmaßnahmen“ für den Bergbau gefordert. Auf einer RAG-Aufsichtsratssitzung am 14. April sollen diese „aggressiven Pläne“ gefordert und durchgesetzt worden sein. Schwerpunkt der Stilllegungen sei das Ruhrgebiet (bis 1980 15 Zechen). Bei der BAG Oberhausen sei bereits ein „richtiges Krisenprogramm“ ausgearbeitet worden, wobei „1.000 Entlassungen Überstundenkürzungen, Druck auf die älteren Kumpel und Streichung des Wohnungsbauprogramms“ auf der Tagesordnung stehen würden. Auch die DKP berichtete darüber. Die KPD macht Front gegen die angedachten Verstaatlichungspläne des Ruhrbergbaus. (vgl. 14. April 1971; 30. Juni 1971).

Das „Zechensterben“ war in der Presse der K-Gruppen stets eine politische Verstrickung von Seilschaften, die sich anschickten, mit ihrem Rationalisierungsprogramm die „Gesundung des Steinkohlebergbaus“, auch „Anpassungsprogramm“ an der Ruhr, voranzutreiben. Die Konzentration auf einige wenige Zechen plus enormer Investitionen für Stilllegungspläne war das Thema des „KND“ der KPD, aber auch der „Einheit“ der IGBE (vgl. 30. Juni 1971; 1. Juli 1971).

Der „KND“ befasste sich im Oktober erneut mit der BAG Oberhausen, die IGBE berichtete aus diesem Monat über eine Veränderung der Organisationsformen der Bergbaugesellschaften, die in neue Bereiche gegliedert werden sollten (vgl. 13. Oktober 1971; 28. Oktober 1971).

Januar 1971: Bei der Ruhrkohle AG (RAG) Bereich Oberhausen gibt die DKP ihren „Roten Blitzer“ Nr. 8 heraus.
Q: Roter Blitzer Nr. 8, Oberhausen Januar 1971.

18. Januar 1971: Die KPD/ML-ZB berichtet vermutlich in dieser Woche von Prosper Bottrop:
„Allgemein kann man sagen, dass auf den Zechen die beginnende Krise bisher nur in einigen Anzeichen zu entdecken ist. Arbeiter für Untertagearbeiten werden immer noch gesucht und eingestellt, da viele jüngere Kumpel die Hochkonjunktur ausgenutzt haben, um sich einen besseren Arbeitsplatz auszusuchen. Dagegen gibt es z.B. für Übertagearbeiter auf Prosper 2 einen Einstellungsstop. Dieser ist allerdings noch nicht als direkter Vorbote der Krise zu werten. Er hat seine Ursache darin, dass vermehrt Untertagearbeiter vorzeitig in Rente gehen, und dann Übertage weiterarbeiten … Eine erste Andeutung von Halden (Kohle, die nicht verkauft werden kann (Überkapazität) wird in dieser Zeit verstärkt auf den „Halden“, bis ein Käufer gefunden wird, gelagert, d. Vf.) zeigt sich beim Hüttenkoks: In unserem Bereich lagen am 31.12. zum ersten Mal seit einiger Zeit wieder 30 000 t auf Halde, das sind 2 Tagesförderungen (also ziemlich wenig). Hier kann sich die Lage aber schnell verschärfen, da der größte Teil des Hüttenkokses an HOAG und ATH (Hüttenwerke Oberhausen AG bzw. August Thyssen Hütte, beide IGM-Bereich, d. Vf.) geht, und von ihnen abhängig ist.“
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 7, Bochum 27.1.1971, S.12f.

März 1971: Der KJVD der KPD/ML-ZB berichtet vermutlich aus dem März u.a. von der RAG:
„TARIFVERHANDLUNGEN IM BERGBAU STEHEN AN. NUR ORGANISIERT KÖNNEN WIR ERFOLGREICH KÄMPFEN. Thyssen Boss Soll, Vorstandsmitglied der Ruhrkohle AG, fordert die Stilllegung von sechs Zechen und einen Lohnstopp für die Kumpel. Die Bergbau AG Oberhausen, die ebenfalls der Ruhrkohle AG angehört, plant die 'Rationalisierung' der Übertagebetriebe: 1 000 Kollegen sollen entlassen werden. Die bedingt arbeitsfähigen Kumpel sollen teilweise entlassen oder 'umgeschult' werden. Bisher wurden die, die unter Tage nicht mehr weiterarbeiten konnten, weil sie bei der harten Arbeit ihre Gesundheit ruiniert hatten, in die Übertagebetriebe übernommen.

BERICHT DER JUGENDBETRIEBSGRUPPE PROSPER

'Auch auf der Zentralwerkstatt der Zeche Prosper in Bottrop, die zur Ruhrkohle AG gehört, bekommen die Jungarbeiter und Lehrlinge die beginnende Krise zu spüren. Die Bosse der Bergbau AG Oberhausen wollen die Übertagebetriebe 'rationalisieren'. Auf der Zentralwerkstatt wird davon gesprochen, dass die ZW aufgelöst oder zur Bergbau AG Gelsenkirchen geschlagen werden soll. Die Lehrwerkstatt soll bleiben. Gleichzeitig wird geplant, einige ältere Kollegen, die bisher z.T. noch nie etwas mit unserer Ausbildung zu tun hatten, zu 'nebenberuflichen Ausbildern' zu machen. Das kann doch nur eins heißen: die kleineren Reparaturen, die bisher von den Arbeitern in der Zentralwerkstatt erledigt wurden, sollen jetzt von den Lehrlingen in der Lehrwerkstatt gemacht werden. Die 'nebenberuflichen Ausbilder' sollen die Lehrlinge bei der Produktion beaufsichtigen. Die Ruhrbosse wollen in der beginnenden Krise ihre Profite sichern und die Lehrlinge noch mehr als bisher als billige Arbeitskräfte einsetzen.

Obwohl diese Anzeichen deutlich sind und seit einiger Zeit das Krisenprogramm der Bergbau AG Oberhausen bekannt ist, war weder auf der Belegschaftsversammlung etwas davon zu hören … Kein Wunder, dass die Ruhrkohle-Herren mit allen Mitteln versuchen, diese billigen Arbeitskräfte zu behalten … Aber die Ruhrkohle-Herren haben auch schon einen Plan in der Tasche, wie sie noch 'billiger' an ihren Profit kommen können. Auch im Ruhrbergbau wird die Einführung des Stufenplans vorbereitet. Ein Zeichen dafür ist, dass immer mehr Schlosserlehrlinge in den Pütt geschickt werden. Ein anderes Zeichen ist eine neue Erfindung der Ruhrkohlekapitalisten: seit einiger Zeit werden in der Lehrwerkstatt die Zensuren öffentlich ausgehängt und die Noten durch Farbunterschiede gekennzeichnet.“

Das sind unsere Forderungen:
„100% des Effektivlohns für die Arbeit in der Produktion!
60% des Tariflohnes für die Zeit, in der wir über Tage ausgebildet werden.
80% des Tariflohns für die Zeit, in der wir unter Tage ausgebildet werden.
Wegfall der Altersabschläge für Jungarbeiter.“
Q: Der Kampf der Arbeiterjugend Nr. 4, Bochum April 1971,S.4.

8. März 1971: Die KPD/ML-ZB berichtet vermutlich aus dieser Woche:
„Über die Krisenauswirkungen im BERGBAU haben wir schon ... berichtet. Jetzt wurden bei der BERGBAU AG OBERHAUSEN (die 1/7 der RAG ausmacht) umfangreiche kapitalistische Rationalisierungsmaßnahmen angekündigt. Die Auswirkungen der Krise machen sich hier eher bemerkbar als in den anderen Teilen der RAG, weil die Bergbau AG Oberhausen wirtschaftlich vollkommen abhängig ist von der Stahlindustrie (Thyssen (ATH - IGM-Bereich, d. Vf.).

Das Krisenprogramm, das sich offiziell 'Programm zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Bergbau AG Oberhausen' nennt, wurde auf einer Belegschaftsversammlung der Zeche Prosper III/IV zum großen Teil durch geschicktes Fragen in Erfahrung gebracht. Das Programm enthält folgende Maßnahmen:

1) Streichung der Samstagsschichten

2) Senkung der Sachkosten: d.h. vor allem keine neuen Werkzeuge (die Folge ist erhöhte Unfallgefahr) und keine neuen Werkswohnungen mehr

3) Entlassungen von 1 000 Kollegen, davon 250 Angestellte; diese relativ hohe Zahl der Angestellten ist ein übler Trick der RAG-Bosse: sie wollen damit die Spaltung vorantreiben und die Arbeitshetze verschärfen; die Angestellten, vor allem die unter Tage, sind hauptsächlich dazu da, die Arbeiter anzutreiben, d.h. ihre Leistung wird danach bemessen, wie gut sie als Antreiber funktionieren. Dadurch, dass soviele Angestellte auf die Straße gesetzt werden, sehen sie unmittelbar ihren Arbeitsplatz bedroht und werden so die Kollegen noch mehr antreiben.

Zusätzlich zu diesen Entlassungen sollen die Übertagebetriebe durchrationalisiert werden. Von Prosper III sollen hier von 580 Kollegen 80 rausgeworfen werden.

4) 0,8 Rentner (das sind Kollegen, die eine verminderte Arbeitsunfähigkeitsrente erhalten, weil sie z.B. einen Schatten auf der Lunge haben) sollen nicht mehr wie bisher automatisch von Untertage nach Übertage übernommen werden …“
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 20, Bochum, März 1970.

22. März 1971: KPD/ML-ZB berichtet vermutlich aus dieser Woche über die Krisensituation bei der RAG und zu den Krisenprogrammen bei der BAG Oberhausen:

„DEFIZIT BEI DER RAG. Seit einigen Wochen jammern die RAG-Kapitalisten in der bürgerlichen Presse über ihre hohen Verluste. Mit dieser breit angelegten Kampagne versuchen sie die Kollegen bei der Ruhrkohle einzuschüchtern und gerade jetzt in der beginnenden Tarifrunde (BETR, d. Vf.) ihre berechtigten Forderungen zu drücken. Die RAG ist eine Aktiengesellschaft mit einem Kapital von 546 Mio. DM. Die Aktien gehören den Altgesellschaften, 60% davon den Stahlkonzernen (Hoesch, Mannesmann (MM, d. Vf.), Thyssen (ATH, d. Vf.), Klöckner, Rheinstahl, Krupp, Ilseder Hütte). Sie kontrollieren die RAG und setzen den Vorstand ein.

Die großen Profite machten die Kapitalisten mit zwei Tricks: Einmal konnten sie ihr eingebrachtes Vermögen selbst bewerten. Deshalb versuchten sie noch vor der Gründung der RAG die Förderung ihrer Gruben mit allen Mitteln hochzutreiben. Die Folgen waren für die Kollegen verschärfte Arbeitshetze, mehr Unfälle usw. Als der Stichtag der Bewertung kam, bezifferten die Altgesellschaften den Wert des eingebrachten Vermögens auf zwei Mrd. DM (nachdem sie sich jahrelang über die Verluste im Bergbau beklagt hatten). Diese Summe muss die RAG jetzt in 20 Jahren zurückzahlen, zuzüglich 6% Zinsen. Pro Jahr sind das 185 Mio. DM. D.h. also, ein Teil des Defizits, über das die Aktionäre der RAG so jammern, stammt daher, dass sich diese Aktionäre jährlich 185 Mio. DM aus der Kasse nehmen.

Der zweite Grund für das Defizit ist der, dass die Stahlkonzerne, die Aktionäre der RAG sind, durch den sogenannten 'Hüttenvertrag' Kohle und Koks unter dem 'Wettbewerbspreis' beziehen. Dadurch gingen der RAG letztes Jahr 300 Mio. DM durch die Lappen. Als die RAG vor kurzem versuchte zur Verbesserung ihrer finanziellen Lage den Kokskohlepreis heraufzusetzen, leisteten die Stahlkapitalisten erbitterten Widerstand. Denn obwohl sie Aktionäre der RAG sind, haben sie das Interesse, den größtmöglichen Profit zu erzielen, und das tun sie im Moment dadurch, dass sie die Kokskohle so billig kriegen. Außerdem bekommen sie, selbst wenn die RAG pleite ist, ihr eingebrachtes Vermögen zurückgezahlt. Das hat ihnen SPD-Schiller bei der Gründung der RAG zugesagt.

Diejenigen, die bei dieser Ausplünderung draufzahlen müssen, sind die Kollegen bei der Ruhrkohle. Ihnen droht man mit Lohnstopp, Sozialabbau und Wohnungsmangel, weil angeblich kein Geld da ist. Die rechten Gewerkschaftsbonzen aber rühren keinen Finger für die Kollegen. Sie sind als Folge der wirtschaftlichen und politischen Krise 1966/1967 fest mit den RAG-Kapitalisten verwachsen. Deshalb vertreten sie auch voll die Interessen der Kapitalisten:

1968 waren sie aktiv an der Gründung der RAG beteiligt; in der Sitzung der Konzertierten Aktion im Juli 1968 stimmten sie allen Bedingungen der Stahlherren zu. Ihre bis dahin erhobene Forderung, die Einbringung der Häuser und Grundstücke der Altgesellschaften (die am profitabelsten waren) in die Ruhrkohle ließen sie fallen, als man ihnen die paritätische Mitbestimmung auf allen Ebenen zusagte. Die Gewerkschaftsführer haben dies damals als großen Erfolg gefeiert, es ist jedoch ganz klar, dass die Mitbestimmung für die Kollegen bisher nichts gebracht hat, den Arbeiteraristokraten in der IGBE aber 55 neue Direktorenposten gesichert hat.

Um dies nicht einzugestehen und ihr Komplott von damals nicht offen zugeben zu müssen, sind sie jetzt gezwungen, sich Mittel zur Behebung der Finanzkrise auszudenken. dass dies bei der direkten Verschmelzung mit dem Kapital (IGBE-Vorsitzender Schmidt ist stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender) nur kapitalistische Mittel sein können, ist klar. Schmidt: 'Ich an Herrn Kuhnkes Stelle würde jetzt die Preise für Kokskohle erhöhen'.

Aber auch die Stahlkapitalisten, die ja den Großteil der Aktien besitzen, wollen sie nicht zu sehr schädigen. Schmidt nahm in einem Interview in der 'Wirtschaftswoche' die Forderung nach der Erhöhung des Kokskohlepreises praktisch gleich wieder zurück, indem er sagte: 'Es wäre töricht nach meinem Empfinden, eine Politik betreiben zu wollen, die zwar den Bergbau gesundet, aber gleichzeitig die Stahlindustrie krank macht' (dabei haben die Stahlkonzerne im letzten Jahr die höchsten Profite seit Kriegsende gemacht). Hier wird es aber wohl zu einem Konkurrenzkampf um den Profit kommen, denn die IGBE-Führer werden natürlich versuchen, den meisten Profit für die RAG herauszuschinden.

Ein anderes Mittel um die Profite zu retten ist die Verstaatlichung. Mross, der Vorsitzende der Gesamtbetriebsräte, sprach bei einer Belegschaftsversammlung der Zeche Westerholt (bereits davon. Dies ist ein übles demagogisches Manöver, das von den Lohndrückereien und den laufenden Verrätereien der rechten Gewerkschaftsbonzen ablenken soll. Verstaatlichung würde im Moment nichts anderes bedeuten als die Sozialisierung der Verluste und damit die Abwälzung auf die werktätige Bevölkerung … Die rechten Gewerkschaftsführer versuchen aber nicht nur mit diesen Mitteln den Profit zu retten, sie unterstützen sogar direkt die Angriffe der Kapitalisten auf die Arbeiterklasse:
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 25, Bochum 31.3.1971,S.4ff.

12. April 1971: Die Nr. 2 der „Rutsche- Zeitung der der Betriebsgruppe Zeche Minister Stein Dortmund der KPD/ML-ZB und des KJVD“ erscheint. Berichtet wird auch über die BAG Oberhausen:

„DIE BEGINNENDE KRISE HAT AUCH DIE RAG ERFASST. Es ist kein Geheimnis mehr, dass die beginnende Krise auf die RAG übergegriffen hat. Die Halden wachsen wieder an, die Zechenherren gehen verstärkt daran, 'Bummelanten' umzusetzen und zu entlassen. So werden z.B. auf der Zeche Blumenthal in Recklinghausen weiße Briefe verschickt, in denen für viele Kollegen, die als Folge der Arbeitshetze öfters krankfeiern mussten, Umbesetzungen mit nachfolgender Lohnkürzung und Entlassungen angekündigt wurden.

Die Bergbau AG Oberhausen hat folgendes Programm entwickelt, mit dem die Krise auf Kosten der Bergarbeiter 'gelöst' werden soll: 1. die Belegschaft wird reduziert; 1 000 Mann werden entlassen, 2. die Kumpels, die bisher in jahrelanger Arbeit ihre Gesundheit auf dem Pütt ruiniert haben, und bisher dann in die Tagearbeit übernommen wurden, sollen teilweise entlassen oder 'umgeschult' werden. Doch mit diesem Beispiel nicht genug, vor einigen Wochen forderte Thyssen-Chef Sohl eine Lohnpause von den Bergarbeitern und die Stilllegung von 6 weiteren Zechen. Am 1. April stellte sich Kühns Wirtschaftsminister von NRW, Riemer (FDP, d.Vf.), hinter Sohl: er verlangt, dass dieses 'Anpassungsprogramm', also die Stillegungspläne, die der Kohlebeauftragte von Schiller ausgearbeitet hat, aber noch geheim hält, nicht Ende des Jahres vorgelegt und durchgeführt werden, sondern dass sie schon im Sommer dieses Jahres auf den Tisch kommen. Wie 1966/67 sollen also die Kumpel die Folgen der Kohlenkrise ausbaden und für die Profite der der Zechenherren bluten. Das zeichnet sich schon bei den beginnenden Tarifverhandlungen ab:

IGBE-FÜHRER VERRATEN KUMPEL

Die IGBE-Führer, die durch die Mitbestimmung fest mit der RAG verheiratet sind und ihren sicheren Direktorensessel haben (IGBE-Vorsitzender Schmidt z.B. ist stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der RAG), helfen dabei gehörig mit. Darüber täuschen auch 'radikale' Forderungen wie z.B. die 13%-Forderung vom Bezirksleiter der IGBE-Ruhr-Nord Homan nicht hinweg. Wie 'radikal' die Forderung von Homan ist, wird deutlich, wenn man sich ansieht, wie diese 13% zustande kommen sollen: 3% soll die Verdoppelung der Bergmannsprämie wert sein, die neue Lohnordnung ca. 3%; bliebe noch eine Lohnerhöhung von 6%.
Dass die neue Lohnordnung für uns keine Verbesserung bringt, haben wir schon in der Rutsche Nr.1 gezeigt. Die Verdoppelung der Bergmannsprämie ist ein ähnlicher Betrug. Denn diese Prämie zahlen nicht die Zechenherren, sondern die SPD-Regierung 'stiftet' sie aus den Steuern der Kumpel und anderen Arbeiter. Das bedeutet nichts anderes, als dass in der Krise die Arbeiter ihre Lohnerhöhung selbst bezahlen. Außerdem hat die Prämie noch andere Tücken. Bei Krankheit und Urlaub gibt es keinen Pfennig dieses 'Lohns', er wird nur für tatsächlich verfahrene Schichten gezahlt. Die Lohnunterschiede von Unter- und Über-Tage-Arbeitern werden noch vergrößert, da die Prämie nur die Unter-Tage-Arbeiter erhalten.

Hier wird klar:
IGBE-FÜHRER WOLLEN SCHILLERS LOHNDIKTAT DURCHSETZEN

Mit diesen Forderungen wollen die IGBE-Führer die Kumpel hinters Licht führen. Sie wollen sich um eine kräftige Lohnerhöhung drücken und Schillers Lohnleitlinien von 7 - 8% auf halbem Weg durchsetzen. Diesen famosen SPD-Schiller muss man fragen, wie er sich eine Lohnerhöhung von 7 - 8% vorstellt! Die Tariferhöhungen des letzten Jahres sind durch die Preiserhöhungen längst aufgefressen: Die Straßenbahngebühren sind um 33% gestiegen, die Lebensmittelpreise um etwa 4%, die Mieten steigen noch mehr und der 10% Konjunkturzuschlag wird uns immer noch abgeknöpft. Die Lohnleitlinien von Schiller heißen also nichts anderes, als dass wir Arbeiter den Gürtel enger schnallen sollen, um den Herren Kapitalisten die Profite zu sichern.

GEGEN LOHNDIKTAT - LOHNFORDERUNGEN DER RUHRKUMPEL!

Deshalb, Kumpel, gilt es nun schnellstens eigene Forderungen aufzustellen. Wir müssen klar zeigen, dass wir nicht bereit sind, den Karren der Zechenherren aus dem Dreck zu ziehen, indem wir Lohnverzicht üben oder unsere Löhne selbst bezahlen. Und wir dürfen uns nicht auf die IGBE-Führer verlassen, sonst stehen wir wieder vor vollendeten Tatsachen. Deshalb:
KAMPF DEM LOHNDIKTAT!
KAMPF DEM LOHNRAUB!
GEGEN DIE VERRÄTEREIEN DER SPD-REGIERUNG DIE GESCHLOSSENE KAMPFFRONT DER RUHRKUMPEL!

UNSERE FORDERUNGEN FÜR DIE DIESJÄHRIGE TARIFRUNDE SIND:

WEG MIT DER NEUEN LOHNORDNUNG!
KEIN LOHNVERZICHT IN DER NEUEN KRISE!
VOLLE 15%!
HÖHERE NACHTSCHICHTZULAGE!
13. MONATSLOHN!
WEGEGELD FÜR ALLE KUMPEL!
DIE FORDERUNGEN JETZT AUF DEN TISCH! STÄRKT DIE KPD/ML UND DEN KJVD!
Q: Die Rutsche Nr. 2, Dortmund April 1971.

14. April 1971: Die KPD/ML-ZB berichtet:
„MIT DER KPD/ML GEGEN DAS KOMPLOTT VON ZECHENHERREN, SPD-REGIERUNG UND IGBE-FÜHRERN. Seit Januar ist die beginnende Krise auch bei der RAG spürbar geworden und zwar zuerst bei den Hausbrandzechen und den von der Stahlindustrie abhängigen Kokskohlezechen (BAG Oberhausen und Dortmund). Die Halden sind jetzt bereits auf über 4 Mio. t angewachsen und wachsen jeden Monat um weitere 25-30% an; gleichzeitig hat die Arbeitshetze stark zugenommen. Seit dem letzten Sommer sind die Bosse auf den einzelnen Zechen darangegangen, 'Bummelanten' und diejenigen, die häufiger krank feiern mussten, zu entlassen oder damit zu drohen. Für die BAG Oberhausen, die wegen ihrer Abhängigkeit von Thyssen (ATH, d.Vf.) und Rheinstahl das größte Defizit hat, ist schon ein richtiges Krisenprogramm ausgearbeitet worden mit 1 000 Entlassungen, Überstundenkürzungen, Druck auf die älteren Kumpel und Streichung des Wohnungsbauprogramms …

Die Stahlkonzerne, die schon vor einigen Wochen verschärfte Rationalisierungsmaßnahmen gefordert hatten (Thyssen-Boß Sohl verlangte Anfang März (vgl. 1.3.1971, d. Vf.) in einem Interview: keine Staatsbeteiligung am Grundkapital, aber Staatssubventionen und verschärftes Rationalisieren - gleich Zechensterben), haben sich jetzt mit ihren aggressiven Plänen durchgesetzt. Auf der RAG-Aufsichtsratssitzung am 14. 4. wurde die STILLEGUNG VON MINDESTENS 15 ZECHEN BIS 1980 bekanntgegeben. Schwerpunkt der Stillegungspläne ist das mittlere Ruhrgebiet, besonders der Raum Essen, Gelsenkirchen/Herne und die Gruppe Dortmund. Die Kollegen der betroffenen Zechen sollen auf 'Nachbarzechen' verlegt werden. Das bedeutet für die Kumpels die Verlängerung der Arbeitszeit, denn bei Stilllegungen im gesamten mittleren Ruhrgebiet werden sie Anfahrzeiten von bis zu zwei Stunden in Kauf nehmen müssen. Aufsichtsratsvorsitzender Kemper meinte dazu: 'Für die Arbeitnehmer ist es ja gleichgültig, in welchem Betrieb man arbeitet, wenn man sich nur in der Umgebung wohl fühlt!'

Die Altgesellschaften der RAG haben auf der gleichen Sitzung verkündet, dass sie auf 700 Mio. ihrer Einbringungsforderungen (die jetzt noch 1,7 Mrd. betragen) verzichten wollen. Drei Tage später erklärten sie plötzlich, dass der Verzicht nur 'bedingt' sei, d.h. sie werden die Forderungen wieder erheben, wenn die RAG zahlen kann. Das Ganze ist also nichts anderes als ein bilanztechnischer Trick, der die Ruhrkohle davor bewahrt, Verlustanzeige aufgeben zu müssen (laut Aktiengesetz müsste sie das jetzt!). Damit haben sich die Stahlkonzerne, die ja 60% der RAG-Aktien besitzen, den weiteren billigen Bezug von Kohle gesichert.

Um aber auch zusätzlich aus der RAG wieder Profit herausschlagen zu können, fordern sie scharfe Rationalisierungsmaßnahmen. Neben dem sogenannten 'Anpassungsplan zur Konzentration der Förderung auf die leistungsstarken Anlagen' verlangen sie noch die 'Wahrnehmung aller anderen Möglichkeiten zur Steigerung der Produktivität'. Das aber heißt nichts anderes als Zechensterben und Verschärfung der Arbeitshetze.

Dieser scharfe Krisenangriff ist EIN KOMPLOTT VON RAG-BOSSEN, RECHTEN GEWERKSCHAFTSFÜHRERN UND SPD-REGIERUNG. Die IGBE-Bonzen, die 34 Posten im Aufsichtsrat haben, haben die angedrohten 'Rationalisierungsmaßnahmen' im Aufsichtsrat mit beschlossen. Sie haben sich bisher mit keinem Wort zu den Plänen geäußert. SPD-Schiller hat den RAG-Bossen sogar offen seine Unterstützung für ihre Krisenangriffe zugesagt. Er erklärte, jetzt werde es darauf ankommen, dass vom Vorstand der Ruhrkohle ein Anpassungs- und Rationalisierungsprogramm vorgelegt werde und dass auf der Basis eines solchen Programms dann von allen Beteiligten die Entscheidungen getroffen würden, um eine 'Gesundung' des Steinkohlebergbaus an der Ruhr zu erreichen (d.h. nichts anderes als den Kapitalisten 'gesunde' Profite zu sichern), das Bundeswirtschaftsministerium werde bei den Rationalisierungsinvestitionen im Rahmen des Möglichen helfen (WR 15.4.).

Die Unterstützung der Krisenangriffe durch die IGBE- und SPD-Führer wird die politische Krise im Bergbau verschärfen. Sie hatten sich 1969 als Gründer der RAG feiern lassen und als diejenigen, die die Krise im Ruhrgebiet 'gelöst' hatten. So konnten sie zwar damals die Kumpel täuschen, legten aber auch den Grundstein dafür, dass sie bei der vollen Entfaltung der Rationalisierung und Arbeitshetze bei der RAG und bei einer neuer Krise nicht mehr direkt den wichtigsten Einfluss auf die Arbeitermassen nehmen können."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 30, Bochum 21.4.1971,S.1f.

30. Juni 1971: Laut DKP findet heute eine Sitzung des Aufsichtsrats (AR) Ruhrkohle AG (RAG) statt, auf der beschlossen wird bis 1975 weitere 10 Zechen zu schließen.

Die KPD/ML-ZB berichtet:
„NEUES ZECHENSTERBEN BEI DER RAG. Der seit der Gründung der Ruhrkohle AG angekündigte Stillegungsplan, genannt „Gesamtstillegungsplan“ ist raus:
„25 000 BERGARBEITER werden in den nächsten vier Jahren ihren Arbeitsplatz verlieren! Acht Zechen werden stillgelegt, neun Anlagen werden zu Verbundwerken zusammengeschlossen, sieben Anlagen sollen 'voll ausgelastet' werden. Die Stilllegungen sollen Anfang nächsten Jahres beginnen: Anfang 1972 werden die Zechen Katharina in Essen und Emscher-Lippe in Datteln geschlossen; Ende 1972 Mathias Stinnes in Essen; zwischen 1973 und 1975 schließen dann Emil Fritz (Essen), Alstaden (Oberhausen), Brassert (Marl), Vereinigte Pörtingsiepen/Carl Funke (Essen) und Hannover-Hannibal/Constantin (Bochum) …

Die Arbeiter der stillgelegten Zechen sollen auf andere Anlagen verlegt werden. Für die Kumpel bedeutet das Verlängerung der Arbeitszeit durch lange Anfahrtszeiten zum Arbeitsplatz … Als weitere Rationalisierungsmaßnahmen wurden angekündigt: Steigerung der Förderung durch Vollauslastung vorhandener Kapazitäten auf den Anlagen Walsum (Walsum), Jacobi Haniel (Bottrop), Osterfeld (Oberhausen) und Fürst Leopold (Dorsten). 'Vollauslastung' bedeutet, dass die Anlagen für einige Jahre noch einmal voll ausgefahren werden, um sie nachher umso schneller stilllegen zu können. Der gesamte Plan wird die Stilllegung von 13 - 14 Mio. t Jahresförderung zur Folge haben. Die bei der Gründung der Ruhrkohle angekündigte Stilllegung von 20 Mio. t ist damit noch nicht erreicht. Es ist deshalb wahrscheinlich, dass noch weitere ausgearbeitete Pläne fürs Zechensterben bestehen …

Die KPD berichtet:

„RUHRKOHLE AG. VERSTAATLICHUNG DER VERLUSTE - REPRIVATISIERUNG DER PROFITE - RATIONALISIERUNG DURCH MASSENENTLASSUNGEN: Am 30.Juni beschloss der Aufsichtsrat der Ruhrkohle-AG mit den Stimmen der 'Arbeitervertreter' einstimmig ein großangelegtes Stilllegung- und Rationalisierungsprogramm für die nächsten fünf Jahre. 20 000 Bergleute werden allein durch die Stilllegungen betroffen, über die von den Rationalisierungsmaßnahmen bedrohten Arbeiter und Angestellten schweigen sich Konzernleitung und IGB-Spitze einträchtig aus.

Der Rationalisierungsplan der RAG sieht vor:
- Stilllegung von 10 Schachtanlagen,
- noch in diesem Jahr: Germania (Dortmund) mit 2 700 Beschäftigten und Graf Moltke (Gladbeck),
- bis Ende 1972: Mathias Stinnes (Essen) mit 3 500 und Emscher-Lippe (Kreis Recklinghausen (Datteln, d. Vf.)) mit 2 630 Beschäftigten.
- Katharina (Essen) mit 1 800,
- bis 1975: Emil Fritz (Essen) mit 4 000, Vereinigte Poertingsiepen/Carl Funke (Essen) mit 2 700, Brassert (Kreis Recklinghausen) mit 1 200 Beschäftigten, Alstaden (Oberhausen), Bergwerke Bochum.
- Aufbau von vier Verbundzechen aus neun Schachtanlagen,
- Vollauslastung von sieben und Kapazitätserweiterung von sechs Zechen vornehmlich im östlichen und westlichen Ruhrgebiet.

Ziel des Planes ist es, bei Einfrierung der Förderung auf 80 Mio. t pro Jahr (1970 86 Mio. t) durch umfassende Mechanisierung und Automatisierung und weitere Verschärfung der ständig steigenden Arbeitshetze die Schichtleistung pro Mann von 4 auf 8 Tonnen zu verdoppeln. Dadurch soll den seit 15 Jahren schwelenden Schwierigkeiten bei der Profitrealisierung ein Ende gesetzt werden. Für die Ruhrkumpel bedeutet er die dritte große Welle von Entlassungen, Frühberentung und Umsetzung …“
Q: Dem Volke Dienen Nr. 2, Dortmund 17.1.1973,S.4; Rote Fahne Nr. 23, Berlin 13.8.1971,S.1ff; Kumpel-Post Die goldenen siebziger Jahre für den Bergmann??, Dortmund August 1971, S.1; Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 50, Bochum 3.7.1971,S. 5ff.

1. Juli 1971: Laut IGBE findet eine Sitzung des Aufsichtsrats (AR) der RAG statt, auf der auch Fragen „des sogenannten Anpassungsprogramms beraten werden“ sollen. Berichtet wird auch:

„RUHRKOHLE AG LEGT SIEBEN ZECHEN STILL. 2 MILLIARDEN FÜR INVESTITIONEN NOTWENDIG. Die vom Aufsichtsrat der Ruhrkohle AG beschlossenen Konzentrations- und Anpassungsmaßnahmen sehen vor:

1. Verlagerung von 7,5 bis 9,5 Millionen t. Jahresförderung bis 1975/1976 auf die ertragsstärksten Zechen. Es sind dies die Schachtanlagen Walsum (Dinslaken), Osterfeld, Jacobi/Haniel (beide Oberhausen, d. Vf.), Fürst Leopold (Dorsten, d. Vf.), Lohberg (Dinslaken, d. Vf.), Prosper 3/4 (Bottrop, d. Vf.), Nordstern (Gelsenkirchen, d. Vf.), Radbod (Hamm, d. Vf.), Werne und Heinrich Robert (Hamm, d. Vf.).

2. Zusammenlegung von neun Schachtanlagen zu vier leistungsstarken Verbundwerken, und zwar Rheinpreußen/Pattberg und Rossenray (alle Moers, d. Vf.), Ewald (Herten, d. Vf.) und Recklinghausen, Consolidation (Gelsenkirchen, d. Vf.) und Pluto (Herne, d. Vf.), Haus Aden und Grimberg 3/4.

3. Stilllegung von nachhaltig unrentablen und auslaufenden Schachtanlagen, beginnend 1972 mit Emscher-Lippe (Datteln, d. Vf.), Katharina und Mathias Stinnes (Essen, d. Vf.). In den Jahren bis 1975 wird die Förderung auslaufen auf den Zechen Emil Fritz (Essen, d. Vf.), Alstaden (Oberhausen, d. Vf.), Brassert (Marl, d. Vf.), Pörtingsiepen/Carl Funke (Essen, d. Vf.).
Diese zur Gesundung des Steinkohlebergbaus vorgesehenen Maßnahmen erfordern einen erheblichen Einsatz von finanziellen Mitteln. Allein für die planmäßige Förderverlagerung wird mit Investitionen in Höhe von 500 Millionen DM gerechnet. Die Erweiterung und der Neubau der Kokereien wird die gleiche Summe erfordern. Für weitere Investitionen und den Umweltschutz ist eine weitere Milliarde DM notwendig …“
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 52, Bochum 10.7.1971,S.6; Einheit Nr. 13 und 14, Bochum 1.7.1971 bzw. 15.7.1971,S.1 bzw. S.1ff.

30. September 1971: In Oberhausen beginnt ein zweitägiger außerordentlicher Kongress der IGBE. Die IGBE kündigte am 15.6.1971 in ihrer „Einheit“ das Ablaufen der Antragsfrist für Anträge durch die Bezirkskonferenzen am 22.6.1971 an.

Am 15.8.1971 berichtet die IGBE:
„DELEGIERTE BERATEN EINE NEUE SATZUNG. IGBE-KONGRESS: 99 ANTRÄGE. 40 Paragraphen hat zurzeit die Satzung der IG Bergbau und Energie. Die letzte Fassung der Satzung stammt vom 25.September 1965. Jetzt soll neu darüber beraten werden. So sieht es ein Kongressbeschluss vor. Deshalb findet vom 30.September bis 1.Oktober 1971 in Oberhausen ein außerordentlicher Gewerkschaftskongress statt. In zahllosen Versammlungen der rd. 2 000 IGBE-Ortsgruppen haben die Mitglieder ihre Vorstellungen über den Inhalt der Satzung entwickelt und diskutiert. Auf Konferenzen in den 13 IGBE-Bezirken wurden die Anträge dann erneut beraten und zusammengefasst an die Antragskommission des Gewerkschaftskongresses weitergeleitet.

Insgesamt sind von den 300 Delegierten des a. o. Kongresses 99 Anträge zu beraten und zu entscheiden. Während sich ein Antrag mit der Erweiterung der Tagesordnung befasst, wurden 85 Anträge direkt zur Änderung der Satzung gestellt. Die restlichen 13 Anträge beschäftigen sich mit allgemeinen Fragen. Bei den beantragten Satzungsänderungen stehen eine Neuordnung der Beitragstabelle, Zuwendungen an Jubilare und die Frage der Freizeitunfallversicherung im Vordergrund. Interessant ist dabei, dass eine Reihe von Ortsgruppen in einem Antrag die Einführung einer Freizeitunfallversicherung mit der Begründung ablehnt, dass die dafür aufzuwendenden Kosten in 'keinem Verhältnis zum Erfolg für die Mitglieder' stehen …“

Die DKP berichtet auf der Zeche Hannover-Hannibal Bochum:

„IG BERGBAU UND ENERGIE GAB SICH NEUE SATZUNG. Auf einem außerordentlichen Kongress, der am 30.September und 1. Oktober 1971 in Oberhausen stattfand, gab sich die IG Bergbau und Energie eine neue Satzung. darüber hinaus stand auch die wirtschaftliche Lage des Ruhrbergbaus und der darin Beschäftigten zur Debatte. Obgleich weitere Zechen stillgelegt und die Steuerzahler mit Milliardenbeträgen für die Profitsicherung der Zechenherren zur Kasse gebeten werden, verteidigt der Vorsitzende der IG Bergbau, Adolf Schmidt, den kapitalistischen Superkonzern 'Ruhrkohle AG'. Die Stillegungskonzeption der Ruhrkohle AG, die vom Ausmaß der investierten Steuergelder her schon längst Gemeineigentum sein müsste, rechtfertigte Schmidt mit zum Teil ausgesprochen dummen Formulierungen wie 'Der Anpassungsprozess im Steinkohlenbergbau muss von allen Gruppen gemeinsam getragen werden, vom Lehrling bis hinauf zum Manager.“
Q: Der Hammer Nr. 3, Bochum November 1971,S.2; Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 76 und 77, Bochum 6.10.1971 bzw. 9. 10. 1971, S. 14ff bzw. S. 3ff.; Rote Fahne Nr. 30 und 35, Berlin 19.11.1971 bzw. 28.1.1972,S.1 bzw. S.9; Rutsche Neue Krisenangriffe der RAG, Dortmund o.J. (Oktober 1971), S.4; Einheit Nr. 12, 16 und 20, Bochum 15.6.1971, 15.8.1971 bzw. 15.10.1971,S.1, S.1 und S.8ff bzw. S.1.

13. Oktober 1971: Die KPD/ML-ZB gibt ihren „KND“ Nr. 78 mit dem Leitartikel „Streikverbot und staatliches Lohnamt - Faschisierung des US-Staatsapparates gegen die US-Arbeiterklasse“ heraus. Aus NRW befasst man sich mit der Stahlrunde, mit Rheinstahl Gladbeck, der Bergbau AG Oberhausen, Opel Bochum und die eigene Betriebsgruppe Prosper Bottrop berichtet aus Waltrop von Zeche und IGBE.
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 78, Bochum 13.10.1971.

28. Oktober 1971: Die IGBE berichtet aus dem AR der RAG:
„ARBEITNEHMER IM RAG-AUFSICHTSRAT ÜBERSTIMMT. NEUE ORGANISATIONSFORM. Danach sollen die „regionalen Gebiete der sieben Bergbaugesellschaften“ in „drei Bereiche gegliedert, nämlich Ost - Mitte – West“ gegliedert werden.

„Ost: BAG Dortmund, BAG Westfalen; Mitte: BAG Herne-Recklinghausen, BAG Gelsenkirchen-Essen; West: BAG Niederrhein, BAG Oberhausen …“
Q: Einheit Nr. 22 und 23, Bochum 15.11.1971 bzw. 1.12.1971,S.1f bzw. S.1.

1972

Laut IGBE wurde 1972 die Zeche „Alstaden“ in Oberhausen stillgelegt (vgl. 1972).

Die damaligen BR-Wahlen auf den Schachtanlangen, die Mitte April 1972 stattfanden, wurden von den K-Gruppen zum Anlass genommen, gegen die „Arbeiterverräter aus den RAG-Betriebsräten“ und das allgemeine Krisenprogramm (KPD/ML-ZB) zu wettern. Gegen die „reinen SPD-Listen“ auf den verschiedenen Zechen (so „Haniel“ in Oberhausen) agitierte die KPD in der „Roten Fahne“. Das „Anpassungsprogramm“ innerhalb der RAG und die Schließung weiterer Schachtanlagen (so „Alstaden“) war auch im Dezember des Jahres ein wichtiges Thema (vgl. Januar 1972; 4. Juli 1972; 12. Dezember 1972).

Vermutlich ebenfalls zur Vorbereitung der BR-Wahlen gab die DKP bei der Ruhrkohle AG in Oberhausen zwei Ausgaben oder „Extrablätter“ ihres „Roten Blitzers“ heraus. Eine weitere Ausgabe erschien im Oktober (vgl. April 1972; Oktober 1972).

Das Misstrauensvotum gegen die Regierung Brandt-Scheel im April 1972 zog auch in Oberhausen weite Kreise. Dort fanden, wie auch in vielen anderen Ruhrgebietsstädten, viele Aktionen, die meisten wohl in der Stahl- und der Metallindustrie, statt. Sie sollen im Kapitel 2: „Eisen- und Stahlindustrie“ behandelt werden. Im Bergbau selbst kam es um den 25. April herum zu Aktionen und Demonstrationen. Bergleute schlossen sich auch wohl anderen Kundgebungen und Demonstrationszügen an. Die DKP berichtet davon, dass sie auf den Schachtanlagen „Extrablätter“ verteilte. Telegramme und Erklärungen sollen auch aus dem Oberhausener Steinkohlebergbau gekommen sein (vgl. 25. April 1972).

Nach den BR-Wahlen im Ruhrkohlebergbau habe sich die RAG-Betriebsräte-Arbeitsgemeinschaft neu konstituiert, an der auch die BAG Oberhausen mit Vertretern beteiligt gewesen sei, meinte die „Einheit“ der IGBE (vgl. Mai 1972).

Der „Stempel“, die Betriebszeitung der KPD/ML-ZB auf der Zeche Blumenthal in Recklinghausen, ging in der Agitation auf das „Grundlohngedinge“ bei Jacobi-Haniel in Oberhausen ein und prangerte die dortige „Ausplünderung“ an (vgl. Mai 1972).

Erstmals werden die Trotzkisten um Spartacus Bolschewiki/Leninisten auch im Oberhausener Bergbau aktiv. Dort gaben sie im Juli eine Sondernummer ihres „Spartacus“ heraus, der sich mit dem Zechensterben beschäftigte (vgl. Juli 1972).

Über den 10. Gewerkschaftstag der IGBE berichtete die DKP, aber auch die „Einheit“ der IGBE. Danach sollten auch aus dem RAG-Bereich in Oberhausen Anträge zur „Überführung der Energiewirtschaft in Gemeineigentum“ eingegangen sein (vgl. 24. September 1972).

1972: In Oberhausen wird dieses Jahr, laut IGBE, die Zeche Alstaden stillgelegt.
Q: Einheit Nr. 2, Bochum 15.1.1973,S.4.

Januar 1972: Die KPD berichtet von den BRW bei der RAG u. a. aus dem Januar:
„RAUS MIT DEN ARBEITERVERRÄTERN AUS DEN BETRIEBSRÄTEN. Obwohl die BR-Wahlen im Bereich der Ruhrkohle AG erst Mitte April (sie fanden am 18. 4.1972, d. Vf.) stattfinden, stehen die Listen der IGBE-Führung fast überall fest, sind die ersten 'Urwahlen' gelaufen... Unabhängig vom Ergebnis der 'Urwahl' wird die IGBE-Führung wieder ihre bewährten Arbeiterverräter an die Spitze setzen. Obwohl beispielsweise in der 'Urwahl' bei Prosper der 1.Betriebsratsvorsitzende Pohl und sein Stellvertreter Degen (Bürgermeister in Bottrop) nur unter 'ferner liefen' auftauchten, werden die örtlichen SPD- und IGBE-Bonzen schon dafür sorgen, dass diese beiden Verräter ihre Posten behalten.

Auch bei 'Haniel' (in Oberhausen) erlitt der 1. Betriebsratsvorsitzende Knauer (SPD) eine Abfuhr bei der 'Urwahl'. Von insgesamt 4 000 Kumpel sind etwa 2 500 organisiert. Von ihnen erhielt er nur 275 Stimmen. Obwohl andere Kandidaten ein Mehrfaches an Stimmen erhielten, ist Knauer wieder als 1.Vorsitzender vorgesehen. SPD-Parteipolitik ist oberstes Prinzip bei der BR-Wahl. Was jetzt überall praktiziert werden soll, gab es im Bergbau schon lange: reine SPD-Listen als Gewerkschaftslisten. Selbst die SPD-hörige DKP-Führung hat Mühe, hin und wieder einen Kandidaten zu lancieren. Klassenbewusste DKP-Mitglieder, die nicht bereit sind, diesen Schwindel mitzumachen und sich für gewerkschaftsoppositionelle Listen aussprechen, werden mit dem Ausschluss aus ihrer Partei bedroht. Wenn es um die Unterstützung der arbeiterfeindlichen SPD-Politik geht, sind die Renegaten in der DKP-Führung zu jeder Erpressung, zu jedem Verrat bereit …“
Q: Rote Fahne Nr. 37, Berlin 25.2.1972,S.9.

Januar 1972: Die KPD berichtet aus Oberhausen über die Vorbereitung der Betriebsratswahlen vermutlich aus dem Januar:
„Unabhängig vom Ergebnis der 'Urwahl' wird die IGBE-Führung wieder ihre bewährten Arbeiterverräter an die Spitze setzen ... Auch bei 'Haniel' erlitt der 1. Betriebsratsvorsitzende Knauer (SPD) eine Abfuhr bei der 'Urwahl'. Von insgesamt 4 000 Kumpel sind etwa 2 500 organisiert. Von ihnen erhielt er nur 275 Stimmen. Obwohl andere Kandidaten ein Mehrfaches an Stimmen erhielten, ist Knauer wieder als 1.Vorsitzender vorgesehen.“
Q: Rote Fahne Nr. 37, Berlin 25.2.1972,S.9.

April 1972: Bei der Ruhrkohle AG (RAG) Bereich Oberhausen gibt die DKP zwei Extrablätter ihres „Roten Blitzers“ heraus.
Q: Roter Blitzer zwei Extrablätter, Oberhausen April 1972.

25. April 1972: Verteilung von Extrablättern der Betriebszeitungen der DKP.
In mehreren Betrieben traten Vertrauensmänner-Körper zusammen und berieten Betriebsräte über notwendige Maßnahmen, um den geplanten Sturz der Regierung Brandt-Scheel zu verhindern. Erklärungen und Telegramme an den Bundestag bzw. die CDU/CSU-Fraktion wurden von Betriebsbelegschaften aus Essen, Dortmund, Duisburg, Gelsenkirchen, Oberhausen (Bergbau, d. Vf.) Bochum u. a. abgegeben. In diesen Erklärungen wurden bereits Streikaktionen angekündigt.“
Q: DKP-Bezirk Ruhr-Westfalen: Bezirk Ruhr-Westfalen, o.O. (Essen) 26.4.1972,S.1.

Mai 1972: Die IGBE berichtet vermutlich aus dem Mai:
„RAG-BETRIEBSRÄTEARBEITSGEMEINSCHAFT NEU KONSTITUIERT.
Die Arbeitsgemeinschaft der Gesamtbetriebsräte der Ruhrkohle AG hat sich nach den Betriebsratswahlen (vom 18. 4.1972, d. Vf.) neu konstituiert. Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft ist Karl-Heinz Mross … Außerdem gehören der Arbeitsgemeinschaft folgende Betriebsratsvorsitzende oder stellvertretende Betriebsratsvorsitzende an:
BAG NIEDERRHEIN
Franz Gebauer, Pattbergschächte (Moers, d. Vf.);
BAG OBERHAUSEN
Hans Schmitz, Kokerei Jacobi, und Hans Asch, Zeche Franz Haniel.“
Q: Einheit Nr. 11, Bochum 1.6.1972,S.4.

Mai 1972: Auf der Zeche Blumenthal Recklinghausen gibt die Betriebsgruppe der KPD/ML-ZB spätestens im Mai einen „Stempel“. Eingegangen wird auch auf das „Grundlohngedinge“ bei Jacobi-Haniel in Oberhausen eingegangen. Es heißt: „Eine Devise für Ausplünderung und Ausräuberung! Bei Jacobi-Haniel (in Oberhausen, d. Vf.) haben die Zechenbosse mit Hilfe des Grundlohngedinges „durch Leistungssteigerung die Arbeitskosten durchschnittlich um 30% und in anderen Betrieben bis 50% gesenkt.“ Dieser Devise haben die Kumpel den Kampf angesagt: WEG MIT DEM GRUNDLOHNGEDINGE!“
Q: Rutsche Bergbautarifrunde: 'Jetzt rechnen - jetzt handeln!', Dortmund o.J. (Juni 1972), S. 3; Der Stempel, Recklinghausen, Mai 1972.

Juli 1972: Spartacus Bolschewiki/Leninisten gibt eine Sondernummer Bergbau seines „Spartacus“ heraus, die vermutlich als Nr. 27 gezählt wird. Eingegangen wird dabei aus NRW auf den Bergbau (IGBE-Bereich) in Gelsenkirchen, die Zechen Alstaden Oberhausen und Prosper Bottrop sowie aus dem IGM-Bereich auf Hoesch Dortmund.
Q: Spartacus Sondernummer Bergbau, Mainz Juli 1972; Spartacus BL-Internes Bulletin Nr. 4, o.O. 23.1.1973.

4. Juli 1972: Bei Hoesch Westfalenhütte Dortmund gibt die KPD/ML-ZB und KJVD Betriebsgruppe vermutlich heute oder morgen eine zweiseitige Ausgabe ihrer „Roten Westfalenwalze“ heraus:
„NIEDER MIT DEM KOMPLOTT HARDERS-PFEIFFER! Eingegangen wird auch im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Krise auf HOAG und dem Bergbau in Oberhausen.
Q: Die Rote Westfalenwalze Nieder mit dem Komplott Harders-Pfeiffer!, Dortmund o. J. (Juli 1972).

24. September 1972: Laut IGBE soll heute in Hannover ihr 10. Gewerkschaftskongress beginnen, der am 28.9.1972 abgeschlossen sein soll.
Die IGBE dokumentiert in ihrer „Einheit“ auch folgenden Antrag aus Oberhausen:

„… Zu Antrag Nr.12 und 13.: Zur Lösung der Krise der Energiewirtschaft lagen zwei Anträge vor. Antrag 12, der die Überführung der Energiewirtschaft in Gemeineigentum forderte und Antrag 13, der den Hauptvorstand beauftragen sollte, die Bundesregierung zu veranlassen, einen Gesetzentwurf zur Überführung der RAG in Gemeineigentum vorzulegen …“

Über diese beiden Anträge gab es auf dem Kongress eine lebhafte Debatte. Der Hauptvorstand hatte sich für den Antrag 12 entschieden, weil darin keine konkrete Verpflichtung enthalten war. Wir haben aber bereits die Ausführungen des Kollegen Martin Grohnke, Oberhausen, zur Begründung dieser beiden Anträge gebracht. Kollege Grohnke sprach sich allerdings für den Antrag 12 aus, obwohl der Antrag 13 doch eine wirkliche Konkretisierung des Antrages 12 bedeutet und soweit keinen Gegensatz zum Antrag 12 enthält.“
Q: Einheit Nr. 24, 10, 15 und 19, Bochum 15.12.1971, 15.5.1972, 1.8.1972 bzw. 1.10.1972,S.1, S.3, S.4 und 6ff bzw. S.1ff; DKP Betriebsgruppe Hansa: Informationen Kommunisten wieder in den Bundestag!!!, Dortmund o.J. (1972); DKP-Bezirksvorstand Ruhr-Westfalen: Liebe Genossen!, Essen 12.9.1972,S.1; N.N. (DKP): Vorabdruck eines Artikels in Nachrichten zur Lohnbewegung im Bergbau, o.O. o.J. (1972),S.4; N.N. (DKP): Der 10. IGBE-Kongress in Hannover, 24./28.8.1972,o.O. o.J. (1972), S.1ff.

Oktober 1972: Bei der Ruhrkohle AG (RAG) Bereich Oberhausen gibt die DKP ihren „Roten Blitzer“ Nr. 3 heraus.
Q: Roter Blitzer Nr. 3, Oberhausen Oktober 1972

12. Dezember 1972: Die IGBE äußerst sich zur Ruhrkohle AG wie folgt:
„Für das Jahr 1972 werden Verluste zwischen 600 und 700 Millionen DM erwartet … Im Laufe des Jahres wurden die fünf Schachtanlagen Emscher-Lippe (Datteln, d. Vf.), Katharina (Essen, d. Vf.), Brassert (Marl. d. Vf.), Mathias Stinnes (Essen, d. Vf.) und Alstaden (Oberhausen, d. Vf.) stillgelegt. Brassert und Alstaden wurden sogar vorzeitig und entgegen den ursprünglichen Absichten des Anpassungsprogramms schon 1972 dichtgemacht. Auch wegen der miesen Absatzlage. Insgesamt waren es 4,3 Millionen Jahrestonnen Förderkapazität, die mit den Stilllegungen vernichtet wurden …

Die Belegschaftszahl verminderte sich gleichzeitig um 18 500. Dennoch fehlten einerseits jüngere Arbeitskräfte im Bergbau, während andererseits ein Überhang an älteren Mitarbeitern besteht. Ein Teufelskreis … Alles in allem eine Fülle von Maßnahmen und Anstrengungen, um mit den Schwierigkeiten bei der Ruhrkohle fertig zu werden. Doch letztlich ohne den gewünschten Erfolg. Noch immer fehlt Klarheit in der Energiepolitik. Deshalb muss die energiepolitische Gesamtkonzeption bald kommen …“
Q: Die Rote Front Nr. 1 und 2, Dortmund Jan. 1973,S.3 bzw. S.6; Einheit Nr. 1 und 2, Bochum 1.1.1973 bzw. 15.1.1973,S.1 bzw. S.4.

1973

In der Datenbank MAO liegen für 1973 bis 1977 nur wenige Daten vor. Danach scheinen wieder Spartacus Bolschewiki/Leninisten im Bereich der RAG Oberhausen aktiv gewesen zu sein. So wurde im „Spartacus“ von der IGBE berichtet (vgl. 14. April 1973).

Erstmals betrat der KBW die Bildfläche. Jedenfalls wird im „Roten Kumpel“ der Branchenzelle Bergbau der Ortsaufbaugruppe Dortmund ein Bericht bzw. Leserbrief aus dem Oberhausener Bergbau veröffentlicht (vgl. 1. Oktober 1973).

14. April 1973: Spartacus Bolschewiki/Leninisten (SBL) gibt seinen „Spartacus“ Nr. 4 heraus. Berichtet wird auch von der IGBE Oberhausen.
Q: Spartacus Nr. 4, Mainz 14.4.1973.

1. Oktober 1973: Die Branchenzelle Bergbau der Ortsaufbaugruppe Dortmund des KBW (berichtet von der in Gelsenkirchen 1967 stillgelegten Zeche „Graf Bismarck“ und veröffentlicht in diesem Zusammenhang Leserbriefe aus dem Oberhausener Bergbau, wo es heißt:

„Auch die Einheitsgesellschaft hat das Zechensterben nicht verhindert, vor allem nicht die Tatsache, dass viele 50jährige Kumpels nun mit 700 DM Anpassungsgeld aus dem Betrieb geworfen werden. Wenn diese Männer nun ihre Familien nur noch notdürftig erhalten können, wird einigen sicher die verfehlte Energiepolitik auch der siebziger Jahre zum Bewusstsein kommen …
Mit großem Interesse, dabei mit wachsender Empörung habe ich am 2. Oktober die Nachricht über die beabsichtigte Wiederinbetriebnahme eines Schachtes der Zeche 'Graf Bismarck' in Gelsenkirchen gelesen. Leider vermisse ich in ihrer Darstellung eine - sehr wichtige - Passage, nämlich die, dass die seinerzeitigen 'Experten' aus Regierung und Bergbau die für die Schließung der Zeche 'Graf Bismarck' verantwortlich zeichneten, unverzüglich wegen schweren Wirtschaftsverbrechens vor Gericht gestellt werden sollten …“
Q: Roter Kumpel: 50 Arbeitsunfälle pro Schicht, Dortmund o.J. (1973).

1974

Weiter war 1974 die DKP im Bereich der RAG Oberhausen mit ihrem „Roten Blitzer“ aktiv (vgl. März 1974). In der Ausgabe vom April 1974 erschien ein zentraler Artikel, der sich gegen die KPD richtete. Auch im Mai erschien die Zeitung wieder, sowie im November und im Dezember (vgl. April 1974; Mai 1974; November 1974; Dezember 1974). Die „Rote Fahne“ der KPD berichtete von der SPD auf der „Kokerei Jacobi“ in Oberhausen (vgl. 2. Oktober 1974).

März 1974: Bei der Ruhrkohle AG (RAG) Bereich Oberhausen gibt die DKP ihren „Roten Blitzer“ Nr. 2 heraus.
Q: Roter Blitzer Nr. 2, Oberhausen Februar 1974.

April 1974: Bei der Ruhrkohle AG (RAG) Bereich Oberhausen gibt die DKP ihren „Roten Blitzer“ Nr. 3 heraus. Veröffentlicht wird der zentrale Artikel gegen die KPD: „Vom Kapital bezahlte Spalter.“
Q: Roter Blitzer Nr. 3, Oberhausen April 1974.

Mai 1974: Bei der Ruhrkohle AG (RAG) Bereich Oberhausen gibt die DKP ihren „Roten Blitzer“ Nr. 4 heraus.
Q: Roter Blitzer Nr.4, Oberhausen Mai 1974.

2. Oktober 1974: In der Nr. 40 ihrer „Roten Fahne“ berichtet die KPD aus Oberhausen von der SPD auf der Kokerei Jacobi (IGBE-Bereich).
Q: Rote Fahne Nr. 40, Dortmund 2.10.1974.

November 1974: Bei der Ruhrkohle AG (RAG) Bereich Oberhausen gibt die DKP ihren „Roten Blitzer“ Nr. 7 heraus.
Q: Roter Blitzer Nr. 7, Oberhausen November 1974.

Dezember 1974: Bei der Ruhrkohle AG (RAG) Bereich Oberhausen gibt die DKP ihren „Roten Blitzer“ Nr. 8 heraus.
Q: Roter Blitzer Nr.8, Oberhausen Dezember 1974.

1975

Offenbar handelte es sich bei dem „Roten Blitzer“ der DKP um eine Zeitung, die im Oberhausener Bergbaubereich durchaus über Einfluss verfügte. Die relativ kontinuierlich erscheinenden Ausgaben lassen vermuten, dass die DKP, anders als einige K-Gruppen, unter den Bergleuten Ansehen genoss. Offenbar stellten sie auch eine Reihe von BR und Vertrauensleuten. Im März des Jahres machte die Zeitung (breite) Propaganda für das „Bergarbeiterforum“ am 23.3. in Westerholt (vgl. März 1975; 23. März 1975).

März 1975: Bei der Ruhrkohle AG (RAG) Bereich Oberhausen gibt die DKP vermutlich im März ein Extrablatt ihres „Roten Blitzers“ zum Bergarbeiterforum heraus.
Q: Roter Blitzer Extrablatt, Oberhausen o.J. (1975).

23. März 1975: In Westerholt führt die DKP Ruhr-Westfalen ihr Bergarbeiterforum durch. Aus Oberhausen nehmen eine Reihe von Bergarbeitern, Betriebsräten und Vertrauensleuten daran teil.
Q: Aktuell, Wulfen o.J. (1975); Die aktuelle Seilscheibe, Herten o.J. (1975); Bergarbeiter, Castrop-Rauxel/Lünen o.J. (1975); Eriner Sprachrohr, Castrop-Rauxel o.J. (1975); Frische Wetter, Wattenscheid o.J. (1975); Frischer Wetterzug, Essen o.J. (1975); Neue Energie Extrablatt, Oer-Erkenschwick o.J. (1975); Der Rote Funke Extrablatt, Gelsenkirchen o.J. (1975); Roter Hobel, Recklinghausen o.J. (1975); Unsere Meinung, Herten o.J. (1975); Roter Blitzer Extrablatt, Oberhausen o.J. (1975); Unsere Zeitung Extrablatt, Dinslaken/Moers o.J. (1975); Flüstertüte, Herringen o.J. (1975); Bergbau Aktuell, Essen o.J. (1975)

21. Mai 1975: In der Nr. 20 ihrer „Roten Fahne“ berichtet die KPD über die Zechen Jacobi und Concordia in Oberhausen.
Q: Rote Fahne Nr. 20, Köln 21.5.1975.

1976

Weitere Ausgaben der Zeitung „Roter Blitzer“ erschienen im April und im Juni 1976 (vgl. April 1976; 24. Juni 1976).

April 1976: Bei der Ruhrkohle AG (RAG) Bereich Oberhausen gibt die DKP ihren „Roten Blitzer“ heraus.
Q: Roter Blitzer, Oberhausen April 1976.

24. Juni 1976: Bei der Ruhrkohle AG (RAG) Bereich Oberhausen gibt die DKP vermutlich in dieser Woche ihren „Roten Blitzer“ heraus.
Q: Roter Blitzer, Oberhausen o. J. (1976).

1977

Die DKP-Betriebsgruppen auf der Verbundzeche Prosper/Haniel in Bottrop und Oberhausen geben für Juni/Juli 1977 gemeinsam den „Blitzer“ heraus (vgl. Juni 1977).

Juni 1977: Die DKP Betriebsgruppen auf der Verbundzeche Prosper/Haniel in Bottrop und Oberhausen geben vermutlich im Juni eine Ausgabe ihrer Betriebszeitung „Der Blitzer“ für Juni/Juli heraus.
Q: Der Blitzer, Bottrop Juni/Juli 1977.




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