Kommunistischer Bund Bremen (KBB): Wahrheit – Kommunistische Arbeiter-Korrespondenz, Jg. 2, Nr. 1, Jan. 1973

25.01.1973:
Frühestens heute gibt der KB Bremen die Nr. 1 seiner 'Wahrheit' (vgl. 7.12.1972, 19.2.1973) heraus mit dem Leitartikel "Trotz Bombenterror: Sieg des vietnamesischen Volkes" zur Einstellung der US-amerikanischen Angriffshandlungen am 15.1.1973 heraus. Eine letzte Meldung berichtet von der Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens (vgl. 24.1.1973). Von Vietnamdemonstrationen und -aktionen wird berichtet aus Bremen (vgl. 23.12.1972, 12.1.1973), Oldenburg (vgl. 18.1.1973), Dortmund (vgl. 20.1.1973), Bonn (vgl. 14.1.1973) und München (vgl. 11.1.1973), aber auch aus Australien (vgl. 29.1.1972), Dacca (Bangla Desh - vgl. 1.1.1973), Berlin (DDR - vgl. 13.1.1973), Havanna (vgl. 20.12.1972), Peking (vgl. 29.12.1972), Utrecht (vgl. 6.1.1973) und aus der UNO (vgl. 4.1.1973). Dokumentiert werden vietnamesische Telegramme vom 12.1. und 14.1.1973. Anhand der 'Pentagon-Papiere' wird gefragt: "Einsatz taktischer Atomwaffen in Nordvietnam?".

Aus dem türkischen 'Aydinlik' Nr. 7 (vgl. ***) wird "Zur Frage der Errichtung der roten politischen Macht" übernommen. Aus Großbritannien wird zum Industrial Relations Act geschildert "Der Kampf der Arbeiter gegen arbeiterfeindliche Gesetze". Von Crouzet Mailand wird berichtet über "Zehn Monate Streik in einem italienischen Betrieb". Von der PAM Griechenland erscheint eine Presseerklärung zu den jüngsten Verhaftungen.

In den Auslandsmeldungen wird berichtet aus Argentinien (vgl. 12.1.1973), Belgien (vgl. 17.1.1973), Bolivien (vgl. Nov. 1972), Frankreich (vgl. 5.12.1972, 8.12.1972, 2.1.1973), Gibraltar, Großbritannien (vgl. 13.12.1972, 8.1.1973), u.a. über den Mieterstreik, aus Irland (vgl. 7.1.1973), Israel (vgl. 5.1.1973), Portugal, Spanien (vgl. 9.1.1973) u.a. über die ETA (vgl. 16.1.1973), aus der Türkei (vgl. 6.12.1972) und auch aus:"
Kuba. Solidarität im antiimperialistischen Kampf

Auf einer Massenkundgebung in Havanna anläßlich des Besuchs von Chiles Präsident Allende hat das Volk von Kuba seine Bereitschaft erklärt, auf ein Viertel seiner monatlichen Zuckerration zu verzichten und Chile kostenlos 40 000 Tonnen Zucker zu liefern."

Es wird berichtet aus Frankreich über Demonstrationen (vgl. 14.1.1973) und auch:"
Milde Strafe für Mord an einem Arbeiter

Am 25. Februar 1972 ermordete der Werkschutz von Renault den Arbeiter Pierre Overney, als er seine Kollegen am Werkstor agitieren wollte. Der Mörder erhielt für die Tat jetzt eine Gefängnisstrafe von vier Jahren."

Aus den eigenen Betriebszeitungen werden Artikel übernommen aus 'Das Radar' bei Atlas-Elektronik zu den politischen Entlassungen (vgl. 21.12.1972, 16.1.1973), aus 'Dem Kern' bei Siemens, und 'Der Antenne' bei Nordmende. Eine neue Betriebszeitung gibt der KBB unter dem Titel 'Das Ruder' beim Bremer Vulkan heraus (vgl. Dez. 1972). Von Klöckner wird berichtet über den Scholz-Prozess (vgl. 12.12.1972). Mit einem Bild wird berichtet von einer Demonstration von 150 Lehrlingen vor dem DGB-Haus. Angekündigt wird die Eröffnung eines neuen Buchladens in Bremen-Nord (vgl. 1.2.1973).

Streik- und betriebliche Aktionsberichte kommen aus Duisburg (vgl. 7.12.1972), Hohenlimburg (vgl. 4.1.1973), Frankfurt (vgl. 19.1.1973), Rüsselsheim (vgl. Dez. 1972), von der Metalltarifrunde in Baden-Württemberg (vgl. 10.1.1973) und speziell dem Rems-Murr-Kreis (vgl. 10.1.1973). Zur ÖDTR erscheint der Artikel "ÖTV Tarifrunde 72/3. Volle Durchsetzung von 6 % und 70 DM!".

Abgedruckt wird die "Gemeinsame Erklärung" der Kommunique-Organisationen (vgl. 16.12.1972). Christina Döpke und Kalle Wehkamp äußern sich in "Aufschwung der demokratischen Studentenbewegung" zu den jüngsten Studentenkämpfen in Berlin (vgl. 24.10.1972), Hamburg, Kiel, Bremen, NRW, Heidelberg (vgl. 6.12.1972), Regensburg und München. In "Haftbedingungen" berichten deren Rechtsanwälte von der in der JVA Mainz inhaftierten Marianne Herzog (RAF).

Außerdem wird eine "Selbstkritik des ZK zur Frage einer Gewerkschaftsopposition" abgedruckt, in der es u.a. heißt:"
Gewerkschaftliche Opposition bedeutet, den sich gerade schärfer entwickelnden Kampf in den bestehenden Gewerkschaften um die Einheit der Arbeiterklasse im ökonomischen Kampf gegen die Sabotage dieses Kampfes durch die sozialdemokratische Gewerkschaftsführung aufzugeben. … Die Politik des Aufbaus einer besonderen gewerkschaftlichen Opposition schreckt aber gerade vor dieser Aufgabe, die Arbeiterklasse für ihre gewerkschaftlichen Interessen zu aktivieren und sie auf der Basis des ökonomischen Kampfes für den einheitlichen Klassenkampf gegen die gesamte kapitalistische Ordnung zu gewinnen, zurück. Der Aufbau einer Gewerkschaftsopposition ist also gegenwärtig nicht ein Schritt einer offensiven Politik, sondern der Resignation gegenüber den Schwierigkeiten des Kampfes gegen die sozialdemokratische Gewerkschaftsführung in den Gewerkschaften. … Selbst wenn wir nicht den Aufbau einer revolutionären Gewerkschaftsopposition (RGO) gemeint haben, läuft doch die Organisierung einer gewerkschaftlichen Opposition in den Gewerkschaften auf genau diese Konsequenz hinaus. … Wir erklären deshalb, daß die Organisierung einer gewerkschaftlichen Opposition gegenwärtig eine falsche, den Kampf der Arbeiterklasse schädigende Position ist, weil sie die Aktivierung der Mitgliedermassen der Gewerkschaften für ihre Intereressen verhindert, dem Kampf um die Entfaltung der innergewerkschaftlichen Demokratie entgegensteht und die Möglichkeit bietet, die fortschrittlichen Kollegen zu isolieren und aus der Gewerkschaft auszuschließen."
Das Zentrale Komitee befürwortet daher den "Kampf um die proletarische Demokratie in den Gewerkschaften". Es setzt sich für folgende Forderungen ein:
1. "Regelmäßige Durchführung von Mitgliederversammlungen zur Kontrolle der gewählten Vertreter. …
2. Verankerung der Vertrauensleute in die Satzungen der Einzelgewerkschaften.

3. Wahl der Tarifkommission auf Mitgliederversammlungen in den Betrieben."
Diese Selbstkritik des ZK geht zurück auf einen Artikel in der letzten Ausgabe (vgl. 1.12.1972).

Eine Anzeige wirbt für die Schriften der Sozialistischen Studentengruppe (SSG) Hamburg, eine weitere für die 'Rote Stimme', die von den ML Aachen herausgegeben wird.

Es wird der Austritt der Ortsgruppe Bremen der KPD/ML-ZB aus dieser (vgl. 30.12.1972) und der Übertritt ihrer meisten Anhänger in den KB Bremen gemeldet. Dazu erscheint auch folgender Artikel von Christine Bucher zur KPD/ML-ZB:"
DIE KRISE DER KPD/ML
WIE SICH DAS LINKSSEKTIERERTUM SELBST ZU GRABE TRÄGT

Die KPD/ML (Zentrale Bochum), Gruppe 'Rote Fahne' spaltete sich 1969/1970 von der KPD/ML (Roter Morgen (KPD/ML-ZK,d.Vf.)) ab mit einer Kritik an dem bürgerlichen Zentralismus der Gruppe 'Roter Morgen' und an dem Fehlen jeder politischen Praxis in den Massen, einer Politik, die die Gruppe 'Roter Morgen' mit der Losung 'Hauptseite Theorie' rechtfertigte. Entfaltung der Demokratie und des Massenkampfs waren die Hauptlosungen der Gruppe, die nach ihrer Spaltung sich sogleich als zweite KPD/ML organisierte. Das Ergebnis einer dreijährigen Politik ist, daß diese 'Partei' den demokratischen Zentralismus ebenfalls nicht entfaltet hat und ihre Leitung, das Zentralbüro, ein isolierter bürokratischer Kopf ist, wie auf der anderen Seite die gesamte Organisation das Dasein einer politischen Sekte führt, die sich immer mehr von den Massen isoliert, anstatt sich mehr und mehr mit ihnen zu verbinden. Die organisatorische und politische Krise der KPD/ML (Rote Fahne) äußert sich in dem Austritt ganzer Ortsgruppen an den Orten, an denen kommunistische Zirkel eine revolutionäre Politik in der Arbeiterklasse entfalten, wie in Mannheim und in Bremen, und in einer Austrittswelle vieler einzelner Mitglieder. Die Leitung selber, den Personen nach unbekannt, die sich vor den eigenen Mitgliedern und den Massen, die anzuleiten sie vorgibt, bisher in der Anonymität versteckt gehalten hat, hat offenbar die Absicht, diesen Prozeß der inneren Krise und Auflösung der Organisation noch zu beschleunigen. Sie hat die Isolierung der Organisation von der Arbeiterklasse und die Verhinderung der Entfaltung der Demokratie innerhalb der Organisation zur offiziellen Taktik der 'Partei' erhoben."

Berichtet wird von einer Erklärung des ZB (vgl. 14.10.1972) und dem internen Organ 'Parteiarbeiter' (vgl. Okt. 1972):"
Die grotesken Formen, die die Reorganisation der Partei auf die Bedingungen der Illegalität bereits angenommen hat, seien an einigen Beispielen aufgezeigt: So verzichtet die Leitung der Organisation darauf, die legalen Möglichkeiten der öffentlichen Verbreitung ihrer Organisationsschriften zu nutzen. Der letzte 'Parteiarbeiter' erschien geheimnisvoll im Einband der 'Funkuniversität'. Seine Ausgaben sind sorgfältig nummeriert, die Verteilung kontrolliert. Im Einband eines Geschichtswerks erscheint eine Anleitung für das Verhalten der Genossen im illegalen Kampf. Dieses Kompendium ist nichts anderes als eine Zusammenstellung von Beispielen aus der illegalen Arbeit der russischen Sozialdemokratie unter dem Zarismus und der Kommunistischen Partei Deutschlands unter dem Faschismus, Schriften entnommen, die alle öffentlich im Buchhandel erhältlich sind. Nun ist die Wichtigkeit der Auswertung der Erfahrungen der Kommunisten unter den Bedingungen der Illegalität nicht zu bestreiten. Die Leitung der KPD/ML benutzt diese Erfahrungen jedoch als Rezeptbuch für den aktuellen Kampf. So 'verallgemeinert' sie das erfolgreiche Treffen russischer Sozialdemokraten bei einem Zahnarzt in dem Roman 'Die Krähe ist ein Frühlingsvogel', das für den Spitzel mit dem Ziehen zweier Zähne schmerzlich endet, zu der Lehre für alle Genossen, daß es künftig günstig sei, Sitzungen bei Ärzten abzuhalten. In einer Situation, in der die Verteilung von Flugblättern in aller Öffentlichkeit erlaubt ist, bereitet sie die Mitglieder darauf vor, Flugblätter von Hausdächern wie unter dem Faschismus und aus Raketen unter die Massen zu bringen.

Diese Geheimhaltungs- und Verschwörungsmethoden erscheinen deshalb so grotesk, weil sie in keinem Verhältnis zu dem tatsächlichen Stand der Klassenauseinandersetzungen stehen, vollends jedoch im Widerspruch zu der Bedeutung der Organisation für den Kampf der Arbeiterklasse.

Was bewegt die Leitung der Organisation zu dieser 'taktischen Wendung', nachdem sie noch im August in ihrem Zentralorgan nicht nur die Kandidatur ihrer Partei zu den Bundestagswahlen (BTW - vgl. 19.11.1972,d.Vf.), sondern diesen Wahlkampf bombastisch als die 'zentrale' und 'entscheidende Klassenschlacht' angekündigt hatte, mit dem Ziel, 'die Wahlen zu einem schweren Schlag gegen den Bonner Staat zu machen' und das KPD-Verbot sowie das 'reaktionäre Wahlgesetz' im 'Massenkampf' zu 'durchbrechen?' Welche Gründe hat dieselbe Leitung, um ihre Organisation nach diesem Fanfarenstoß des revolutionären Kampfes, der die Grundfesten der bundesrepublikanischen Gesellschaft zu erschüttern vorgesehen war, freiwillig, ohne erkennbare äußere Ursache in die Illegalität zu verbannen? Dazu aus der Begründung der Leitung an die eigenen Mitglieder und, versteht sich, auch an die Massen, die von dem Verzicht auf die Kandidatur und die 'entscheidende Klassenschlacht' und der Wendung in den Untergrund einigermaßen überrascht gewesen sein müssen: 'Angesichts der politischen Situation und halbmenschewistischen Parteiorganisationen wäre die Aufstellung von Kandidaten und der Kampf um die Durchbrechung des KPD-Verbots auf der Ebene des legalen Massenkampfs ein schädliches Abenteuer….Abenteuerlich war es deshalb bereits, daß wir in der Partei und bei den Massen die Aufmerksamkeit auf diese Kampfform gelenkt (!) und dadurch die beschleunigte Arbeit für die Bolschewisierung der Partei hinausgezögert haben.' (Erklärung des ZB vom Oktober,a.a.O.,S.3). Was für eine politische Situation kann für einen Schritt verantwortlich sein, die Massen ihrer Kampfbereitschaft zu überlassen und die 'Partei' zur 'Selbsterhaltung' aus dem Kampf zurückzuziehen?

DIE KPD/ML MISSACHTET DIE GRUNDLAGEN KOMMUNISTISCHER POLITIK: DIE MATERIALISTISCHE UNTERSUCHUNG DER KONKRETEN UND BESONDEREN ERSCHEINUNGEN DES KLASSENKAMPFS

Im Gegensatz zu den Erscheinungsformen, in denen die Widersprüche des westdeutschen Kapitalismus zum Ausdruck kommen, behauptet die Leitung der KPD/ML und verbreitet diese falschen Behauptungen in ihrem Zentralorgan, daß die Politik des westdeutschen Imperialismus derzeit unmittelbar auf die Entfesselung eines dritten Weltkriegs hinsteuere. 'Geschüttelt von schweren Wirtschaftskrisen und vor allem von der voranschreitenden Weltwährungskrise, geschwächt durch die Kämpfe der eigenen Volksmassen, strecken die Supermächte und ihre Komplizen, vor allem der westdeutsche Revanchismus und der japanische Militarismus, ihre Klauen zu neuen kriegerischen Abenteuern aus.' (Erklärung,S.1.). Zum wiederholten Male rüste der deutsche (heute westdeutsche) Imperialismus zum Krieg gegen die DDR, Osteuropa und die Sowjetunion. Dieses die Behauptungen. Wie aber werden diese Behauptungen begründet? Das Zentrale Büro hat in dem theoretischen Organ der Organisation, dem Bolschewik Nr.7 (vgl. 31.5.1971,d.Vf.), eine 65 Seiten umfassende Untersuchung der 'Internationalen Lage' vorgenommen, in der die Entwicklung der Widersprüche im Weltmaßstab und die Entwicklung des westdeutschen Imperialismus dargelegt wird. Das Werk ist eine fleißige Zusammenfassung der Arbeiten der albanischen und chinesischen Genossen, deren Verdienst es ist, gegen die revisionistischen Entstellungen von einem Weltfrieden unter den Bedingungen des bestehenden Imperialismus, die revolutionären Erkenntnisse von den immer schärferen Widersprüchen des sterbenden Imperialismus unter dem wachsenden Druck des Befreiungskampfes der Völker und der Arbeiterklasse in dem imperialistischen Ländern, von seinem nach wie vor aggressiven und gewaltsamen Charakter und der Notwendigkeit der gewaltsamen Revolution klargelegt zu haben. Wie es auch den chinesischen und albanischen Kommunisten zu verdanken ist, das Wesen der Entartung der KPdSU zu einer neuen Bourgeoisie, des Sozialismus zum Sozialimperialismus aufgezeigt zu haben. Was aber die Analyse der konkreten Bedingungen des westdeutschen Imperialismus betrifft, so übernehmen die fleißigen Studiker ohne eigene Untersuchung die Darstellung über den westdeutschen Imperialismus aus der Literatur der DDR und der Sowjetunion, deren Unantastbarkeit sie bis 1956 sich selbst gläubig verordnen. Diese Literatur behandelt die besondere Taktik des westdeutschen Imperialismus nach 1945 unter den besonderen Bedingungen der Roll-back-Strategie der USA gegen die Sowjetunion. Diese Politik, bekannt als Politik des kalten Krieges, reihte sich ein und stützte sich auf die aggressive Politik der USA und versuchte im Rahmen der aggressiven Globalstrategie die durch den zweiten Weltkrieg verloren gegangenen Gebiete wiederzugewinnen. Zu einer selbstständigen Politik, gar gewaltsamen, kriegerischen Politik, war die BRD nicht imstande. Die KPD/ML aber macht diese besondere Taktik, was die Zielrichtung der Politik und was die Mittel betrifft, zu einer selbständigen Taktik, zu der der westdeutsche Imperialismus quasi naturgesetzlich greift. 'Revanchismus', 'Militarismus' und 'Kriegsvorbereitung' sind die Eigenschaften und Taktiken dieses Imperialismus, die sich in Natureigenschaften verwandeln. 'Der Bonner Staat ist von Anfang an ein besonders reaktionärer und aggressiver Staat, weil sein LEBENSGESETZ ist, das alte Hitlerreich im Auftrag der Monopolherren wiederherzustellen und darum den REVANCHEKRIEG vorzubereiten und durchzuführen.' (Parteiarbeiter, erschienen als Funkuniversität,S.13). In ihrr Gläubigkeit an die 'Kriegstreiberei' und den 'Revanchismus' geht die Leitung sogar so weit, die Rechtfertigung der DDR-Regierung für den Mauerbau 1961, der in Anpassung an die Sowjetunion eine Wendung in der Politik der Wiedervereinigung und der Einheit Deutschlands einleitete, zu übernehmen, nämlich die Rechtfertigung, der unmittelbare Angriff auf die DDR habe bevorgestanden; der Mauerbau habe der der Sicherung der Grenzen und des Territoriums der DDR vor diesem Angriff gegolten (Bolschewik,Nr.7,S.53).

Die Übernahme der besonderen Taktik der gewaltsamen Eroberung zur allgemeinen Taktik und die Behauptung, daß der westdeutsche Imperialismus besonders REAKTIONÄR und AGGRESSIV sei, übernehmen die 'Theoretiker' in der gleichen schematischen Weise wie es in der Literatur der DDR und der SU geschieht, jedoch nicht der besonderen Kräftekonstellation nach 1945, sondern der für den deutschen Imperialismus vor dem ersten Weltkrieg erarbeiteten Einschätzung der Besonderheiten des deutschen Imperialismus als zu spät gekommener Imperialismus. Der deutsche Imperialismus war vor dem 1.Weltkrieg besonders aggressiv, weil Deutschland ökonomisch das fortgeschrittenste und stärkste kapitalistische Land war mit den geringsten ökonomischen Expansionsmöglichkeiten. Die Welt war bereits unter den älteren europäischen Mächten aufgeteilt. Deutschland versuchte deshalb die Neuaufteilung der Welt zu seinen Gunsten gewaltsam durchzuführen. Das imperialistische Deutschland war außerdem besonders reaktionär, weil die Bourgeoisie mit der alten herrschenden Klasse, den Großgrundbesitzern politisch ein Bündnis gegen die starke deutsche Arbeiterklasse eingegangen war, was sich z.B. in der reaktionären Verfassung, der Erhaltung der Monarchie, dem beschränkten Dreiklassenwahlrecht in Preußen, in der Herrschaft der preußischen Junker in Heer und Staatsverwaltung und vielem mehr ausdrückte. Obgleich ganz offensichtlich in der Weimarer Republik und erst recht nach 1945 diese Formen abgeschafft wurden, 1918 die proletarische Revolution und die Errichtung der Räterepublik auf dem Altar der BÜRGERLICHEN Republik geopfert, 1945 zum zweiten Male die Bourgeoisie sich mittels der Herstellung der bürgerlichen Republik politisch restaurieren konnte, wiederholt die Leitung der KPD/ML schematisch die Behauptung, daß der WESTdeutsche Imperialismus BESONDERS reaktionär sei, scheut sie sich in ihrem Schematismus nicht einmal, die Herrschaft der 'Krautjunker' wiederaufleben zu lassen, und begründet schließlich auf diesen Behauptungen sogar die Notwendigkeit einer demokratischen Zwischenetappe, der Vollendung der bürgerlich-demokratischen Revolution, eine Losung, die bereits 1918 von den Arbeiter- und Soldatenräten geschichtlich überholt worden ist. In der gleichen Weise verfährt sie mit der Behauptung, daß der westdeutsche Imperialismus besonders aggressiv und notwendig auf einen dritten Weltkrieg mit der gleichen Stoßrichtung hinsteuere, wie im 1. und 2.Weltkrieg, nämlich gegen Rußland bzw. gegen die Sowjetunion. 'Abgesehen davon, daß die Ausdehnung nach Osten für den deutschen Imperialismus geschichtlich begründet war, bleibt auch geographisch gar keine andere Möglichkeit: nach einer wie auch immer gearteten - imperialistischen - 'Zusammenfassung' Westeuropas und ganz Europas bleibt unmittelbar nur die Stoßrichtung nach Rußland.' (Bolschewik,Nr.7,S.55).

Diese Methode, sich einfach auf die Geschichte zu berufen, ohne die Veränderungen der Geschichte mit einzubeziehen, sich auf Besonderheiten zu berufen, ohne die Bedingungen zu ÜBERPRÜFEN, auf denen diese Besonderheiten beruhen, widerspricht vollständig dem Marxismus. Es ist aber vollends unmöglich, aus diesen Besonderheiten auch noch auf eine immer gleiche Taktik zu schließen, auf die Taktik der gewaltsamen Eroberung, der Vorbereitung des Krieges, und alle Taktiken der ökonomischen und politischen Expansion des Imperialismus zu übersehen.

Entgegen der tatsächlichen Erscheinungen der aktuellen Formen imperialistischer Expansion, wachsender Kapitalexport nach Afrika, Lateinamerika und Vorderasien und militärische und diplomatische Unterstützung der Gewaltregime in diesen Ländern, Ausdehnung und Stärkung der EWG gegen die USA und Eroberung dieses Marktes in Konkurrenz mit den übrigen EWG-Staaten, ÖKONOMISCHE Durchdringung der ehemals sozialistischen Länder Osteuropas und der Sowjetunion mittels des Handels und besonderer Formen des Kapitalexports, als 'Kooperation' oder Zusammenarbeit zwischen Ost und West bekannt, entgegen aller dieser offensichtlichen Formen der ökonomischen und diplomatischen und versteckten Formen der militärischen Politik, wiederholt diese Leitung ihr Buchwissen über den 'Revanchismus' und 'Militarismus' und die 'Kriegstreiberei' des westdeutschen Imperialismus gegenüber Osteuropa und der Sowjetunion. Gleichzeitig übernimmt sie jedoch aus den Schriften der chinesischen und albanischen Genossen das Wissen über die Veränderung der US-Globalstrategie gegenüber der Sowjetunion, dank des Übergangs der Sowjetunion in das imperialistische Lager; von der Strategie der Zusammenarbeit und der Konkurrenz um die Herrschaft und Ausbeutung der Völker, einer Strategie, der sich auch die Bundesregierung längst angeschlossen hat und die ihr auch gleich allen übrigen kapitalistischen Ländern der ökonomischen Konkurrenzkampf um die Märkte Osteuropas und der SU ermöglicht. Dieses Verhältnis zur Theorie, zu den Erfahrungen der Arbeiterklasse aber ist schlichte BUCHGLÄUBIGKEIT. Diese Buchgläubigkeit macht die Leitung nicht nur blind für die Wirklichkeit; diese Wirklichkeit verändert sich in den Köpfen der Buchgläubigen willkürlich und wird gewaltsam in die aus Büchern gewonnenen Schemata gepreßt, gleichgültig, ob die Einschätzungen sich logisch zusammenfügen oder einander widersprechen.

So erscheint die 'Neue Ostpolitik', die der WIRKLICHE Ausdruck der derzeitigen Expansionsbedingungen des westdeutschen Imperialismus ist, den Buchgläubigen des ZB dank ihres schematischen 'Wissens' über den 'Revanchismus' und die 'Kriegstreiber' lediglich als Tarnung der alten Kriegstreiberpolitik. Das Friedensgerede, Ausdruck der Taktik der vorwiegend mit ökonomischen und diplomatischen Mitteln betriebenen Expansion des seinem Wesen nach wie vor aggressiven westdeutschen Imperialismus als pure Heuchelei, vergleichbar der Friedensheuchelei Nixons gegenüber seinen mörderischen Kriegstaten in Vietnam. Indem die Schematiker die 'Neue Ostpolitik' auf eine Ebene mit der Politik Hitlers, Brandt als Nachfolger Hitlers hinstellen und die Verträge von Moskau und Warschau schlicht als 'Kriegsverträge' bezeichnet, zeigen sie ihre Unfähigkeit, die besonderen und vielfältigen Taktiken des Imperialismus aus den Besonderheiten der Widersprüche zu analysieren.

Der Krieg ist die besonders zugespitzte Form der allgemein sich verschärfenden Widersprüche des Imperialismus, deren allgemeiner Ausdruck die Aggressivität, Ausbeutung und Unterdrückung der Arbeiterklasse im eigenen Lande und der Völker der ausgebeuteten Länder ist. Um die besonderen Formen dieser Aggressivität zu erkennen, bedarf es, angeleitet durch die Erkenntnisse über das allgemeine Wesen des Imperialismus, der genauen Untersuchung der konkreten Erscheinungen und besonderen Bedingungen, unter denen er wirkt. Andernfalls gelingt es nicht, eine richtige revolutionäre Praxis zu entfalten. Es ist völlig richtig, daß die BRD das Ziel der Wiedervereinigung, gerade im Unterschied zur DDR, nicht aufgegeben hat. Das sagen die derzeitigen Vertreter der Kapitalistenklasse in der Regierung ganz offen. Aber sie sagen ebenso offen, und dieser Einschätzung entspricht ihre Politik, daß es aktuell unrealistisch sei, diese Wiedervereinigung mit gewaltsamen Mitteln zu erreichen. Zu einer gewaltsamen, kriegerischen Politik gegenüber der DDR, Osteuropa und der Sowjetunion mangelt es an der MÖGLICHKEIT angesichts der ökonomischen und militärischen Schwäche gegenüber einer militärisch hochausgerüsteten imperialistischen Supermacht, wie der Sowjetunion, noch ist eine derartige Politik notwendig angesichts der bestehenden Möglichkeiten der ökonomischen Durchdringung der Märkte dieser Länder. Dank dieser Politik hat der westdeutsche Imperialismus zur Zeit die Möglichkeit, seine ökonomische Expansion und Ausbeutung der Völker Afrikas, Lateinamerika und seine Teilhabe an der Unterdrückung dieser Völker gerade unter dem Mandat der Verständigung und des Ausgleichs, der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit dem Sozialimperialismus, eindrucksvoll als Friedenspolitik vor der eigenen Arbeiterklasse und den übrigen Werktätigen, die den Frieden wünschen, zu verkaufen. Versuchen die Schematiker von der Leitung der KPD/ML aber diese wirkliche Politik des westdeutschen Imperialismus als pures Täuschungsmanöver, als eine in Wirklichkeit auf offenen Krieg zielende Politik auszugeben, so erzielen sie bei den Massen in negativer Form dieselbe Wirkung, wie SPD und DKP sie mit ihrer Propaganda von der Friedenspolitik der SPD-Regierung erreichen wollen. Die Massen wenden sich von einer derartigen sektiererischen Propaganda ab, weil sie die Wirklichkeit in den hysterischen Phrasen vom drohenden Weltkrieg nicht wiederentdecken können. Unterziehen die Kommunisten sich nicht geduldig der Mühe, an den wirklichen Erscheinungsformen der Aggression, z.B. am Völkermord in Indochina, an der gewaltsamen Unterdrückung der Völker in Angola und Mozambique, in Bolivien und Brasilien das Wesen des Imperialismus aufzuzeigen und immer wieder an diesen Erscheinungen klarzumachen, daß keine bürgerliche Regierung, keine Verhandlung und kein Vertrag, sondern nur der Kampf der Massen den Frieden erhalten kann, so gelingt es ihnen nicht, die Arbeiterklasse auf die verschärften Klassenauseinandersetzungen und auf die Verhinderung eines möglichen Krieges vorzubereiten.

Ähnlich sektiererisch und unverantwortlich verfahren diese Buchdogmatiker mit der Einschätzung der Entwicklung der Klassenkämpfe in der BRD. Gemäß dem Schema der Kriegsvorbereitung nach außen vor dem zweiten Weltkrieg erfolgt nach der inneren Logik der schematischen Wiederholung die Vorbereitung des 'Faschismus' und 'Militarismus' im Inneren, der angeblich die 'revolutionäre Flut der Massen' entgegensteht. Bürgerkrieg, der Angriff der Massen und der Rückschlag der Bourgeoisie, insbesondere gegen die Marxisten-Leninisten und von diesen wiederum insbesondere gegen die KPD/ML (Zentrale Bochum) stehen danach auf der Tagesordnung. 'Sturz des Bonner Staates, Bewaffnung der Volksmassen' auf der einen, 'Faschismus und Krieg' auf der anderen Seite, das sind die wirklichkeitsfernen und falschen Losungen dieser Organisation. Dabei kümmert es die KPD/ML wenig, daß der Faschismus die Antwort der Bourgeoisie auf eine besondere Klassenkampfkonstellation in einer besonders tiefgreifenden ökonomischen Krise der Bourgeoisie war. Weder kann noch muß die Antwort der Bourgeoisie auf revolutionäre Massenbewegungen und die Erhebung der Massen die Vorbereitung auf den Faschismus sein, noch muß die Bourgeoisie die Niederschlagung revolutionärer Erhebungen politisch mit dem Faschismus beantworten, wie die Niederschlagung der Novemberrevolution von 1918 und der Erhebung von 1923 beweisen. Weder kann aber derzeit in der BRD von einer revolutionären Massenbewegung und schon gar nicht von deren Zerschlagung die Rede sein. All das trifft für die 'frühen 30er Jahre', aber nicht für die frühen 70er Jahre zu. Die KPD/ML behauptet, sich auf 'die Erkenntnisse der revolutionären Flut der frühen 30er Jahre' zu stützen, und stützt sich in Wirklichkeit nicht auf die Erkenntnisse sondern sie kopiert die Wirklichkeit, entnimmt ihr nicht nur das Schema der Klassenkampfkonstellation, sondern gleich auch noch die falsche Politik der KPD, die Taktik des Kampfes gegen die Sozialdemokratie als sozialFASCHISTISCHER Partei. Die Sozialdemokratie betreibe planmäßig die unmittelbare Vorbereitung von Faschismus und Krieg. Die kommunistische Partei hat diese falsche Taktik auf Beschluß des EKKI (Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale) korrigiert und diese Taktik durch die Taktik der antifaschistischen Einheitsfrontpolitik, der Politik des gemeinsamen Kampfes von Sozialdemokraten und Kommunisten und des Bündnisses mit allen antifaschistischen Kräften, auch bürgerlichen Parteien gegen den wirklichen Faschismus, ersetzt. Obgleich sich also diese beiden Taktiken offensichtlich ausschließen, hindert das die getreulich die Geschichte des Klassenkampfs und ihre Theorien Kopierenden nicht daran, diese Taktik gleichzeitig zu übernehmen und beide sorglos miteinander zu verknüpfen.

Diese Methode der schematischen Übernahme und gewaltsamen Entstellung der Wirklichkeit läßt sich durch eine Unzahl weiterer Beispiele belegen. Trotz revolutionärer Flut und der Annahme, daß die entscheidende Klassenschlacht noch bevorsteht, läßt die KPD/ML unter Führung der Sozialdemokratie dem Unwesen des Faschismus bereits freie Bahn. Dazu ein Beispiel: In allen imperialistischen Ländern arbeiten in wachsendem Maße ausländische Arbeiter zu niedrigen Löhnen infolge der durch den Imperialismus bewirkten rapide anwachsenden Arbeitslosigkeit in den ausgebeuteten Ländern. Auf diese allgemeine Erscheinung des Imperialismus als Zeichen der wachsenden Widersprüche und inneren Fäulnis hat bereits Lenin in seinem Werk 'Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapialismus' aufmerksam gemacht. Für das ZB sind aber auch die zwei Millionen ausländischen Arbeiter, die aus ihren Ländern 'freiwillig', d.h. weil sie dort keine Lebensmöglichkeiten haben, eingewandert sind, Beweis für Kriegsvorbereitung und Faschismus. Analog der Millionen Zwangsdeportierten 'Fremdarbeiter' sind diese '…über 2 Millionen Arbeiter als ARBEITSSKLAVEN IMPORTIERT.

Sie sollen die fieberhafte Aufrüstung der westdeutschen Monopolherren voranbringen und zugleich die Arbeitskräfte ersetzen, die durch die Massenrekrutierung der westdeutschen Jugend in den Betrieben fehlen. Dies ist nicht anderes als die Fortsetzung der Tradition des Hitlerfaschismus, der Hunderttausende von Zwangsarbeitern aus allen besetzten Ländern Europas, aus Frankreich, Polen, der UdSSR in die Rüstungsbetriebe rekrutierte, während die deutsche Jugend am Ural und Kaukasus verblutete.' (Parteiarbeiter, erschienen als Funkuniversität,S.13).

Diese Leitung hat allen Grund, ihre abenteuerlichen Behauptungen der Öffentlichkeit und damit der öffentlichen Kritik zu entziehen und sie geheim und organisationsintern zu verbreiten.

Doch ist diese Organisation kein theoretisierender Zirkel, sondern eine politische Organisation. Die Wirklichkeit wird nicht für ihre Theorien zurechtgestutzt, sondern zu deren Operationsfeld. Die abenteuerlichen Theorien verwandeln sich hier in eine abenteuerliche Politik.

DIE KPD/ML MISSACHTET DAS GRUNDPRINZIP KOMMUNISTISCHER POLITIK: DIE STÄNDIGE ÜBERPRÜFUNG DER THEORIE IN DER PRAXIS, DAS PRINZIP VON KRITIK UND SELBSTKRITIK

Es gibt nur einen Beweis für die Richtigkeit der Ideen, und im Klassenkampf für die Richtigkeit der erarbeiteten taktischen Linie der Politik, und dieser Beweis ist die Überprüfung der politischen Linie in der Praxis. In der Praxis mußte sich der Schematismus, die Entfernung von der Wirklichkeit des Klassenkampfs jedem Mitglied und schließlich auch durch die Zusammenfassung der Erfahrungen der Leitung der Organisation zeigen. Z.B. hätte die Leitung die Abenteuerlichkeit der Aktionen zum 'Roten Antikriegstag' (RAKT - vgl. 2.9.1972,d.Vf.) am 2. und 3.September in München, den die KPD/ML (Rote Fahne) zusammen mit der KPD/ML (Roter Morgen) als MASSENAKTION geplant und als Parteiaktion durchgeführt hat, durch die richtige Verarbeitung der Erfahrungen erkennen können.

Mit folgender Begründung versuchte die Leitung die Durchführung des 'Roten Antikriegstags' als einen Höhepunkt, eine neue Qualität des Kampfes der 'Volksmassen' zu rechtfertigen: 'Wir gehen davon aus, daß man die Massen nur aufgrund ihrer EIGENEN ERFAHRUNGEN wirklich umfassend mobilisieren und in den Kampf führen kann. Wenn wir jetzt die Massen unter den Parolen gegen den Notstandskurs und den Kurs der Militarisierung in den Kampf führen, dann tun wir dies deswegen, weil in unzähligen Teilgefechten die Volksmassen mit dem Bonner Notstandskurs konfrontiert werden, weil sie Berufsverbot, Klassenjustiz, Polizeistaatsmethoden usw, erfahren haben. Wenn wir alle diese Erfahrungen und Bewegungen zu einem machtvollen Strom gegen Notstand, Aufrüstung und Revanchepolitik zusammenfassen, dann tun wir dies, damit sie auf ein höheres Niveau gehoben werden.' Und weiter über den Sinn dieser Aktion: 'Es ist vor allem die Aufgabe, den Massen die Schwäche des imperialistischen Staates und die Stärke der Volksmassen zu zeigen, den Massen durch erfolgreiche Kämpfe Siegesgewißheit zu geben.' (Parteiarbeiter, erschienen als Funkuniversität,S.8). Diese Begründung zeigt deutlich, daß sich diese Organisation zwar der Selbsttäuschung und den hochtrabenden Phrasen über ihre Verbindung mit den Massen hingibt, sich aber in keiner Weise mit ihrem wirklichen Einfluß in den Massen auseinandersetzt - denn wie anders als in organisierter Verbindung mit den Massen ist eine Zusammenfassung von 'Teilgefechten' denkbar.

Aber auch in der Einschätzung der Kampfbereitschaft der Massen gibt sich die Leitung dem Wunschdenken hin, anstatt sich mit den tatsächlich stattfindenden Kämpfen der Arbeiterklasse und der Werktätigen auseinanderzusetzen. Es ist z. B. richtig, daß sich zur Zeit die wirtschaftlichen Kämpfe der Arbeiterklasse verschärfen und der Kampf gegen die Einengung des wirtschaftlichen Kampfes, gegen die 'Konzertierte Aktion' in den Gewerkschaften begonnen hat. Aber von einem politischen, demokratischen Kampf 'gegen den Bonner Notstandskurs' kann schon deswegen keine Rede sein, weil die Bourgeoisie sich mit Hilfe der SPD und ihres Einflusses in den Gewerkschaften zwar das Instrumentarium der legalen Unterdrückung der Arbeiterklasse zugelegt hat, es aber zur Unterdrückung der derzeitigen Kämpfe der Arbeiter nicht anwendet, und dies, weil es ihr noch gelingt, mittels des sozialdemokratischen Einflusses in den Gewerkschaften die Kämpfe der Arbeiterklasse abzuwürgen. Dies zeigt sich in den Lohnkämpfen immer wieder.

War es schon nichts als leere revolutionäre Phrase, vom Klassenkampf zu sprechen, so gelang es der KPD/ML nicht einmal, die marxistisch-leninistische Organisation und anderen demokratischen Organisationen aufgrund der falschen taktischen Losung 'Jugend gegen Aufrüstung und Krieg' in einer Aktionseinheit zu vereinigen. Ein Trupp von Mitgliedern der beiden Sekten KPD/ML (Rote Fahne) und KPD/ML (Roter Morgen) exerzierten nach dem Muster der beispielhaften Aktion der RAF (Rote Armee Fraktion) als Bürgerkriegsarmee verkleidet eine Köpenickiade des Bürgerkriegs. Dieser Trupp und keineswegs die Volksmassen, nicht einmal die politisch bewußtesten Teile des Volkes, lieferten sich unter der bezeichnenden Losung 'Straße frei für die KPD/ML'eine Schlacht mit der Polizei. Isoliert von den Massen bot dieser lächerlicher Haufen nun wirklich der Polizei die Gelegenheit, eine Notstandsübung durchzuführen, ohne damit den geringsten Protest unter den Massen hervorzurufen. Diese abenteuerliche und massenfeindliche Aktion, die vollständig im Gegensatz zu dem angekündigten Massencharakter und dem erklärten Ziel stand. 'die Stärke der Volksmassen zu zeigen', bewog die Leitung jedoch nicht dazu, ihre revolutionären Phrasen, die Aufbauschung der Stärke der Organisation, die sich an der Stärke der Verankerung in den Massen mißt, und die Bestimmung der Taktik des Klassenkampfs zu überprüfen.

Ganz im Gegenteil. Die Leitung übertrifft sich in allem, wenn es darum geht, Niederlagen in angebliche Siege zu verwandeln. Der Widerstand und die Kritik in der eigenen Organisation, die Kritik der Genossen, die in verständliche Schwierigkeiten gerieten, die Politik des Zentralbüros dort zu vertreten, wo sie politisch arbeiten, wird von der Leitung mit der Denunziation des Kapitulantentums vom Tisch gefegt. An die Stelle der Auseinandersetzung mit der Niederlage der Aktion, an die Stelle der Auseinandersetzung mit der Kritik in den eigenen Reihen, formuliert die Leitung ihre nachträgliche Interpretation des 'Roten Antikriegstags', die den Massenkampf nun in einen beispielhaften Kampf der 'Partei' verwandelt. Gegen die Erkenntnis von der Notwendigkeit der 'eigenen Erfahrung der Volksmassen' wird die Verherrlichung der beispielhaften Aktion der Organisation gesetzt. Wo der Kampf der Massen fehlt, da wird nun der 'Kampfgeist', die 'Kampfgemeinschaft' der Mitglieder beschworen. Allen Erkenntnissen des Marxismus-Leninismus zum Trotz, daß die Massen, und nur die Massen, imstande sind, Klasse gegen Klasse den revolutionären Kampf zu führen, da ersetzt die Leitung den Kampf der Massen durch den Kampf der Partei. Damit entstellt sie die Rolle der Partei als Vortrupp des Proletariats zur Rolle einer bürgerlichen Elitetruppe ohne das Proletariat. Die KPD/ML sagt auch ohne die Arbeiterklasse und die Massen des Volkes dem 'Bonner Staat' den Kampf an. Doch damit nicht genug. Auch ohne die Massen, glaubt man ihrer Propaganda, versetzt sie die Bourgeoisie in Angst und Schrecken, denn '…der Rote Antikriegstag traf den Nerv des Bonner Staates.' (Rote Fahne, 4.Oktober 1972). 'Der ganze Schrecken der Bourgeoisie ist auch darin begründet, daß wir (d.h. die Partei) eben nicht nur politisch-ideologisch, sondern auch organisatorisch eine wirkliche Alternative gegen die Bonner Notstandstruppen auf die Straße stellten.' (Parteiarbeiter, erschienen als Funkuniversität,S.10). Wenn es nach den Köpfen der KPD/ML- Führer ginge, dann richtete die Bourgeoisie bereits ihre gesamte Klassenkampftaktik gegen die KPD/ML. Dazu die Rote Fahne vom 4.Oktober 1972: 'Die entschlossene und mutige Schlacht am Antikriegstag versetzte den Polizeistaat in Alarm. Die Ruhe an der Heimatfront ist zerstört, die Kriegspläne der westdeutschen Revanchehetzer sind in Gefahr. Deshalb veranstaltet die Bourgeoisie Notstandswahlen.' Vergleicht man diese Sätze mit der Wirklichkeit der makabren abenteuerlichen Aktion von München, so wird deutlich, daß diese Politik nichts weiter mehr ist, als ein mit revolutionären Phrasen ausgestattetes Hirngespinst, in dem sich kommunistische Politik in bis zur Unkenntlichkeit verzerrter Form wiederfindet. Nachdem die Leitung den Weg dieser Art 'Politik' einmal beschritten hat, bleibt ihr nur noch der Amoklauf zu immer verrückteren Ideen über die Wirklichkeit des Klassenkampfs und ihrer eigenen Politik. Nach der Erschütterung der Heimatfront rüstet sie zur entscheidenden Klassenschlacht in den Neuwahlen. Sie kündigt die Kandidatur ihrer Sekte an und prophezeit die massenhafte Durchbrechung der reaktionären Wahlgesetze und des KPD-Verbots an. Natürlich war die Organisation dank der völligen Fehleinschätzung des Klassenkampfs und der Verankerung ihrer Organisation in den Massen weder das eine noch das andere zu tun in der Lage. Auch das Scheitern dieser Politik nötigte die Leitung nicht zur kritischen Aufarbeitung ihrer Politik und zur Selbstkritik. Eine neue überraschende Taktik, die Wendung in den Untergrund, muß gegenüber den eigenen Mitgliedern als 'harte Selbstkritik' herhalten, um die wirklichen Fehler zu vertuschen. Weder die politische Lage, noch die Organisationsstruktur sind in Wahrheit die Ursachen für die Krise der Organisation. Es ist die kleinbürgerliche Verbohrtheit in die eigenen Vorurteile von der Wirklichkeit. Will die Leitung diese Vorurteile über alle Widersprüche in der eigenen Organisation, die notwendig auftreten müssen, hinüberretten, so bleibt ihr allerdings nur noch der Weg in die Taktik der 'Sicherung' und 'Selbsterhaltung' ihrer Positionen durch das Verschwinden in den Untergrund.

Dieses gegen alle Prinzipien kommunistischer Politik gerichtete Verhältnis einer Leitung, die sich auch noch mit den Namen der KPD/ML schmückt, gilt es entschieden zu bekämpfen, um in der Arbeiterklasse gegen alle Parteikarikaturen wieder das richtige Verhältnis zu ihrer revolutionären Organisation, der KPD, zu verankern."

Nachgedruckt wird dieser Artikel u.a. auch durch die Kommunistische Fraktion im Ruhrgebiet (KFR des KBW - vgl. Apr. 1973).
Q: Wahrheit Nr.1,Bremen Jan. 1973; Klassenkampf und Programm Nr.3,Dortmund Apr. 1973,S.20ff

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