August 1976:
Die Nr. 5 von "Kommunismus und Klassenkampf" erscheint.
Artikel der Ausgabe sind:
- "Editorial: Bekenntnisse aus tiefstem Herzensgrund"
- "Das KPD-Verbot ist eine Fessel der Reaktion und muss gesprengt werden Der Verrat der Revisionisten am Kampf gegen das KPD-Verbot"
- "Klassenversöhnler auf dem 8. ÖTV-Gewerkschaftstag: Politische Bankrotterklärung und zielstrebige Vorbereitung der Sabotage des Kampfes gegen Lohnabbau, kapitalistische Rationalisierung und politische Entrechtung im öffentlichen Dienst"
- "Antirepressionskongress' des Sozialistischen Büro: Duckmäusertum als Organisationszweck"
- "Die angestrengte Jagd der westdeutschen Monopolbourgeois nach dem Reichtum Afrikas"
- "Dokumente der internationalen Arbeiterbewegung: Über den volksdemokratischen Charakter der gegenwärtigen Etappe der Revolution in Spanien"
Im "Editorial" wird u. a. auf Nachrufe eingegangen, die Gustav Heinemann betreffen. Dazu heißt es: "Bekenntnisse aus tiefstem Herzensgrund. Der Tod Gustav Heinemanns hat den Festrednern der bürgerlichen Parteien Gelegenheit gegeben, sich in verschiedener Weise über 'das Menschliche' in der Politik auszulassen, für das Heinemann gestanden haben soll. Verschiedene Organisationen, die sich marxistisch-leninistisch nennen, haben sich die Gelegenheit nicht nehmen lassen, sich in die bürgerliche Trauergemeinde einzureihen. Man muss das ausdrücklich begrüßen. Es ist damit wieder ein Stückchen Klarheit darüber geschaffen worden, wo diese Organisationen in Wirklichkeit stehen. Man muss das festhalten, damit es nicht in Vergessenheit gerät.
Feierliche Nachrufe haben die Gruppe Rote Fahne (KPD) und der 'Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD' losgelassen. Der Nachruf der Gruppe Rote Fahne findet sich in der 'Roten Fahne' 28/76. Er hat den Titel 'Zum Tode Gustav Heinemanns' und steht unter einem nicht minder denkwürdigen Interview mit dem früheren Westberliner Bürgermeister Albertz. Der Nachruf des Arbeiterbundes findet sich in der 'Kommunistischen Arbeiterzeitung' 91/76. Er hat den Titel 'Gustav Heinemann: ein aufrechter Demokrat' …"
Zum KPD-Verbot und weiter zu Heinemann wird ausgeführt:
"In ihrem Kampf gegen die Arbeiterbewegung wendet die Bourgeoisie im wesentlichen zwei Methoden an: die Methode der direkten Unterdrückung und die Methode der ideologischen Zersetzung. Für jede dieser Methoden hat sie nicht nur ein bestimmtes Arsenal von Instrumenten. sondern auch bestimmte Agenten, die diese Instrumente anwenden. Die Bourgeoisie kann sich nur an der Herrschaft halten, indem sie beide Methoden anwendet: Unterdrückung und Zersetzung des Kampfes für die Revolution. Es ist überhaupt nicht erstaunlich, dass die Bourgeoisie auf der einen Seite die KPD verboten hat, und dass auf der anderen Seite bürgerliche Kräfte die Führung des Kampfes gegen das KPD-Verbot erobert haben, um diesen Kampf zu zersetzen und ihm eine bürgerlich-liberale Stoßrichtung zu geben. Letztere Aufgabe im Kampf gegen das KPD-Verbot haben für die Bourgeoisie solche Kräfte wie Heinemann. Maihofer, Posser, aber auch Ridder usw. übernommen. Ihre Bemühungen galten dem Ziel, dem Revisionismus in der KPD zum Sieg zu verhelfen und die KPD als gleichberechtigte bürgerliche Partei wieder zuzulassen. Es ist natürlich kein Zufall, daß Leute wie Heinemann, Maihofer und Posser nachher auf den Posten des Justiz- und Polizeiministeriums auftauchten und eine wesentliche Rolle spielten bei der Durchsetzung der Notstandsgesetze und anderer reaktionärer Maßnahmen gegen die Arbeiterbewegung.
Sorgfältig hatte die Bourgeoisie diese Leute aufgebaut. hatte über sie ihre schädlichen Auffassungen und Ideen in die verbotene KPD, in die Arbeiterbewegung und in die ganze demokratische Bewegung infiltriert, um sie dann in Amt und Würden zu heben und als Häuptlinge der Reaktion auf die Arbeiterbewegung loszulassen. So wurde die Wachsamkeit der Arbeiterbewegung und der demokratischen Bewegung unterlaufen. Das zeigt, wie wichtig es ist, dass die Avantgarde der Arbeiterbewegung die verschiedenen Methoden der Bourgeoisie entlarvt, den Kampf gegen die Zersetzung der Arbeiterbewegung mit derselben Energie führt wie den Kampf gegen die offene Unterdrückung. Tut sie dies nicht, sind neue Niederlagen der Arbeiterbewegung vollständig unvermeidlich. Umso gefährlicher ist es, wenn heute Leute auftauchen, die sich Marxisten-Leninisten nennen und die üble Rolle der Heinemann, Posser und Maihofer beschönigen und ihr Ansehen in der Arbeiterbewegung aufzufrischen versuchen. Bei solchen 'Marxisten-Leninisten' handelt es sich selber um schlichte Bourgeois, die gelernt haben, dass man sich verkleiden muss, wenn man bürgerliche Ideen in die Arbeiterklasse hineintragen will. Wie sehen diese Ideen aus?
Die Gruppe Rote Fahne zeichnet in ihrem Nachruf den Werdegang des Heinemann nach und versucht diesen als Entwicklung eines 'bürgerlichen Patrioten' zu 'jemand, auf den sich heute die Reaktionäre und politischen Karrieristen aller politischen Schattierungen bis hin zur DKP gerne berufen', darzustellen. Für diesen Werdegang des Heinemann macht die Gruppe Rote Fahne die Arbeiterklasse verantwortlich, der vorgeworfen wird, dass sie den Heinemann nicht halten und aus einem bürgerlichen Patrioten zu irgendetwas noch Großartigerem entwickeln konnte …
Tatsächlich ist es gerade die Aufgabe von solchen Leuten wie Heinemann. sich mit liberalem Gesäusel an die Arbeiterbewegung heranzumachen, um ihren Schwung zu brechen, die Arbeiterbewegung in bürgerliches Fahrwasser zu lenken, und sie dann umso heftiger zu unterdrücken. Es gibt keinen Bruch im Werdegang des Heinemann. Es gibt einen Bruch in der Geschichte der Arbeiterbewegung immer dann, wenn sie sich durch solche bürgerliche Elemente in die Irre führen läßt. Das ist geschehen. Nicht Heinemann ist zum Reaktionär geworden. weil die Arbeiterbewegung nicht den Kampf für die proletarische Revolution geführt hat, sondern die Arbeiterklasse konnte den Klassenkampf und den Kampf für die proletarische Revolution nicht konsequent führen, weil sie sich von Leuten wie Heinemann ideologisch und politisch fesseln ließ.
Der Nachruf der Gruppe Rote Fahne ist ein Anschlag auf die Arbeiterbewegung. Er zeigt wie rasch der Verfaulungsprozess dieser Organisation vorangeht, seitdem sie erst einmal die Linie der Vaterlandsverteidigung und der Aussöhnung mit der Bourgeoisie eingeschlagen hat.
Nicht weniger dick als die Gruppe Rote Fahne treibt es der 'Arbeiterbund' in seinem Nachruf 'Gustav Heinemann: ein aufrechter Demokrat'. Er strotzt vor Sehnsucht nach Aussöhnung mit der Bourgeoisie. Wir haben schon gesagt was die Arbeiterklasse davon halten muss wenn ihr ein Mann wie Heinemann als aufrechter Demokrat angepriesen wird … Natürlich sucht man in dieser Würdigung die Rolle. die Heinemann bei der Durchsetzung der Notstandsgesetze und anderer reaktionärer Maßnahmen gespielt hat vergebens. Erst recht vertuscht der Arbeiterbund den Schaden, den solche Leute im Kampf gegen das KPD-Verbot angerichtet haben. Dieser Kampf diente ihnen nur dazu, um die revisionistische Entartung der KPD voranzutreiben und die Arbeiterbewegung in bürgerliches Fahrwasser zu ziehen …
Auch der 'Arbeiterbund' macht bei seiner Anschleimerei an den Heinemann die Arbeiterbewegung für dessen Übergang zur offenen Reaktion verantwortlich: 'Wir Kommunisten konnten nicht immer einer Meinung mit Heinemann sein. Auf Grund seiner Klassenlage und der Schwäche der Arbeiterbewegung war es ihm nicht immer möglich, sich an die Seite der konsequentesten Kämpferin für die Demokratie. die Arbeiterklasse, zu stellen'. Der arme Heinemann! Es war ihm nicht immer möglich, sich auf die Seite der Arbeiterklasse zu stellen! Weil die Arbeiterbewegung schwach war! In Wirklichkeit hat das ganze Wirken des Heinemann keinem anderen Ziel gedient, als dem, die Arbeiterklasse zu schwächen.
Erst hat er alle Hebel in Bewegung gesetzt. um seine bürgerlichen Ideen in die Arbeiterbewegung hineinzutragen, dann hat er als Aushängeschild gedient, um die Arbeiterklasse dem bürgerlichen Staat zu unterwerfen und mit ihm auszusöhnen, und dann hat er, nachdem er als Justizminister selber die Reaktion vorangetrieben hat. jedem reaktionären Gesetz seine Unterschrift gegeben …"
Geworben wird für den Buchvertrieb Hager, u. a.: für: "Die Verfassung der BRD und das demokratische Programm der Kommunisten", für die "KVZ", für "Programm und Statut des Kommunistischen Bundes Westdeutschland".
Q: KBW: Kommunismus und Klassenkampf, Jg. 4, Nr. 5, Mannheim, August 1976.