Oktober 1980:
Die Nr. 10 von "Kommunismus und Klassenkampf" erscheint. .
Artikel der Ausgabe sind:
- "Ausländische Arbeiter in Westdeutschland"
- "Ausländergesetzgebung und Asylrecht"
- "Ausländische Kinder und Jugendliche in Westdeutschland"
- "Besondere Unterdrückung der ausländischen Studenten. Verschärfte Studien- und Prüfungsbedingungen"
- "Schulzwang, Unterrichtsinhalte und staatliches Bildungswesen. Die Herausbildung der Volksschule in Deutschland im 19. Jahrhundert"
- "Ausbildungsförderung für Lehrlinge, Schüler und Studenten: unzureichend, bürokratisch und spalterisch"
- "Hochschulreform. Im Spannungsfeld zwischen Ausbildungs- und Beschäftigungssystem"
- "Belgien/Niederlande: Imperialistische Widerstände gegen US-Raketen"
- "Französische Militärpolitik seit 1966. Aggressive Vertretung der selbständigen imperialistischen Interessen"
- "Zur graphischen Darstellung von Häufigkeitsverteilungen"
- "Ingrid Mittenzwei: Friedrich II von Preußen-Biographie. Die neue Bourgeoisie der DDR rehabilitiert ihre geschichtlichen Vorläufer"
- "Karl Marx: Aus dem Manuskript 'Polen, Preussen und Russland"
- "Psychologie im 20. Jahrhundert III"
- "Psychosomatik"
- "Materialien zu einer Abspaltung"
- "Materialien einer Abspaltung Beschluss zur Reorganisation der westdeutschen Kommunisten auf Grundlage des Programms der westdeutschen Kommunisten"
- "Bericht über die Fraktionsberatung von Mitgliedern des Ständigen Ausschusses des Zentralen Komitee des KBW"
- "Dem Mehrwert auf der Spur?"
- "Betriebsvereinbarungen über Nacht-und Schichtarbeit, Metallindustrie"
Einleitend wird zu den Bundestagswahlen Stellung bezogen, wozu es u. a. heißt: "In der nächsten Regierungsperiode 1980 bis 1984 werden sich einige Widersprüche in der Welt wie in Westdeutschland selber verschärfen. Wenn es gelingt, eine Regierungsübernahme der CDU/CSU in den Wahlen zu verhindern, wie es die Absicht der Arbeiterbewegung und der demokratischen Bewegung ist, wird das an der Entwicklung dieser Widersprüche nichts grundlegend ändern, und die Behandlung dieser Widersprüche durch die Bundesregierung wird nicht fortschrittlich sondern reaktionär sein. Aber auch wenn die Regierung im wesentlichen geschäftsführender Ausschuss der Monopolbourgeoisie ist, gibt es doch Unterschiede.
Die Arbeiterbewegung macht ihr politisches Gewicht gegenwärtig vor allem über die Gewerkschaften geltend. Bei einer Fortsetzung der gegenwärtigen Regierungskoalition wirkt sich dieses Gewicht der Arbeiterbewegung bereits stärker im Vorfeld der Regierungsentscheidungen aus, werden Interessen der Arbeiterbewegung, wie verzerrt auch immer, bei den Regierungsentscheidungen abgewogen, um zu sehen, wie weit die Regierung gehen kann, ohne den direkten Bruch mit der Gewerkschaftsbewegung zu riskieren oder die Positionen der Sozialdemokratie in den Gewerkschaften allzusehr zu strapazieren. In bestimmten Situationen kann das für die Arbeiterbewegung kräftesparend erscheinen und mag auch wirklich Kräfte sparen, die der offene politische Kampf immer kostet. Entscheidende politische Forderungen der Arbeiterbewegung und der Volksmassen sind aber so nicht durchsetzbar.
Ein Wahlerfolg der CDU/CSU würde eine Schwächung des Gewichts der Arbeiterbewegung und der demokratischen Bewegung zum Ausdruck bringen und könnte Kapitulationstendenzen in den Führungen dieser Bewegungen wie auch putschistische Tendenzen in diesen Bewegungen selber fördern. Ist es gelungen, eine Regierungsübernahme von CDU/CSU zu verhindern, so ist dies für die Reorganisation der Arbeiterbewegung und die Entwicklung der demokratischen Bewegung günstig, und es ist richtig, dass der KBW in seiner Propaganda und Agitation diese Tatsache berücksichtigt hat. Von den objektiven Widersprüchen, die die Arbeiterbewegung und die demokratische Bewegung in den nächsten Jahren behandeln muß, wäre damit kein einziger gelöst, und von der Regierung kann auch dann keine Behandlung dieser Widersprüche im Interesse der Arbeiterklasse und der Volksmassen erwartet werden. Welche wichtigen Probleme des Klassenkampfes kann man absehen?
Nach den Bundestagswahlen wird die Monopolbourgeoisie von der neuen Regierung einen "Kassensturz" erzwingen. Dieser Kassensturz soll Maßnahmen einleiten, die sich gegen die Reproduktionsbedingungen der lohnabhängigen Massen richten, sowohl soweit diese durch die Sozialversicherung oder das Volksbildungswesen gesellschaftlich wie auch über die realen Nettolöhne individuell gewährleistet sind. Der Kassensturz wird zuungunsten dieser Reproduktionsbedingungen der lohnabhängigen Massen und zugunsten der Reproduktionsbedingungen
des Kapitals, die ihnen übergeordnet sind, ausfallen.
Die Haushaltssanierung wird zu Steuererhöhungen führen, vor allem zu Erhöhungen der indirekten Steuern wie auch zur Erhöhung von Gebühren. Diese Maßnahmen werden begründet werden mit Sicherung der Energieversorgung, mit notwendigen Forschungsausgaben, um die Konkurrenzbedingungen des westdeutschen Kapitals und damit die Arbeitsplätze zu sichern, und mit aufgrund der internationalen Lage gestiegenen Verpflichtungen im militärischen Bereich. Demgegenüber werden aufgrund der ökonomischen Entwicklung die Forderungen der Arbeiterbewegung nach Sicherung von Arbeitslosengeld, nach Sicherung von Minimalbedingungen der Ausbildung, der Gesundheitsversorgung und der Altersversorgung umso dringlicher werden. Diese Forderungen werden zusammengefaßt werden können im Kampf für die Selbstverwaltung der Versicherungen ausschließlich durch die Versicherten, im Kampf für eine demokratische Kommunalverfassung, ein demokratisches Steuerrecht und ein demokratisches Volksbildungswesen, in denen sich die Interessen nach sozialer Sicherung mit den Interessen nach politischer Befreiung verbinden.
Aufgrund der Entwicklung der Produktivkräfte, die unter kapitalistischen Produktionsverhältnissen zur Aufblähung der industriellen Reservearmee führt, was in der ökonomischen Krise seinen Höhepunkt erreicht, wird sich die Überarbeit eines Teils der Lohnabhänigen erhöhen und für einen anderen Teil wird sich der Druck der Arbeitslosigkeit verschärfen. Überarbeit auf der einen Seite und Arbeitslosigkeit auf der anderen Seite werden den Druck auf den Lohn verstärken, der unter den Konkurrenzbedingungen auf dem Weltmarkt sowieso zunimmt. Unter diesen Bedingungen wird die Bourgeoisie versuchen, vorhandene gesetzliche Schranken des Arbeitstages zu beseitigen - vor allem das Verbot der Nachtarbeit für Frauen in der Industrie - während für die Arbeiterklasse der Kampf für einen allseitig beschränkten Normalarbeitstag und seine Verkürzung wachsende Bedeutung gewinnt. Verkürzung der Arbeitszeit ist in dieser oder jener Form Bestandteil der Aktionsprogramme der Gewerkschaften. Es wird aber notwendig sein, für gesetzliche Regelungen zu kämpfen. Andernfalls wird auch den Spaltungsbemühungen der Kapitalisten, die durch die genannten Bedingungen erleichtert werden, kein wirksamer Riegel vorgeschoben werden können, und werden die relativen Erfolge der Gewerkschaften im Kampf um die Vereinheitlichung und Verbesserung von Arbeitsund Lebensbedingungen der arbeitenden Massen, zunichte gemacht werden können.
Trotz der Verschärfung der inneren Widersprüche in der BRD kann es sein, dass sich die Widersprüche in der Welt auch weiterhin rascher entwickeln werden als die Widersprüche im Inneren. Die Dritte Welt wird ihren Kampf für politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit fortsetzen und ihre Forderungen nach einer neuen Weltwirtschaftsordnung mit noch mehr Nachdruck verfechten. Die Entwicklung des Kapitalismus wirkt sich nach wie vor zuungunsten der Entwicklungsmöglichkeiten der Dritten Welt aus, und die entwickelten Länder, allen voran die beiden Supermächte, aber auch die anderen imperialistischen Länder, versuchen, sich den Forderungen der Dritten Welt, gerade auch der Forderung nach Entwicklungshilfe, zu entziehen, während sie die Direktinvestitionen ausweiten und auf Länder konzentrieren, in denen sie besonders günstige Ausbeutungsbedingungen vorfinden. Insbesondere angesichts der wachsenden Kriegsvorbereitungen der beiden Supermächte ist es ein unmittelbares Interesse der Arbeiterklasse in Westdeutschland, die Forderungen der Dritten Welt zu unterstützen und gegen die westdeutsche Monopolbourgeoisie durchzusetzen. Alles, was die Unabhängigkeit der Dritten Welt fördert, behindert die beiden Supermächte, die durch die Unterwerfung und Kontrolle von Teilen der Dritten Welt den Krieg um Europa vorbereiten.
In verschiedenen Ländern der Dritten Welt hat dieser Krieg bereits begonnen, wobei die Sowjetunion zur Offensive übergegangen ist. Die Forderungen des Demokratischen Kampuchea und Afghanistans müssen durch die Bundesrepublik unterstützt werden. Je mehr die Dritte Welt ihre Unabhängigkeit erhöhen kann, desto eher kann die Arbeiterklasse in Europa Bedingungen schaffen, die die Kriegsvorbereitungen im Zentrum der Rivalität der beiden Supermächte durchkreuzen und eine Änderung der Lage herbeiführen zuungunsten der Faktoren für den Krieg und zugunsten der Faktoren für die Revolution. In den beiden deutschen Staaten stehen sich die Supermächte direkt gegenüber. Die Einschränkung der Volkssouveränität durch die beiden Supermächte - die DDR ist der Sowjetunion direkt unterworfen und Mitglied des Warschauer Pakts, Westdeutschland unter Vorherrschaft der USA in die NATO eingegliedert - erleichtert die Kriegsvorbereitungen der beiden Supermächte und erschwert die proletarische Revolution.
Die westdeutsche Monopolbourgeoisie ist durch tausend Fäden mit den beiden Supermächten, hauptsächlich mit den USA, aber auch mit der SU verflochten. Ohne Kampf gegen die äußere Einschränkung der Volkssouveränität kann der Kampf um Demokratie überhaupt, auch der Kampf für eine demokratische Militärverfassung, nicht erfolgreich geführt werden, um an die proletarische Revolution heranzukommen. Im Kampf um Demokratie wächst angesichts der Kriegsgefahr die Bedeutung des Kampfes für den Austritt aus der NATO und für Abschluss eines demokratischen Friedensvertrages. Mit der Streikbewegung in Polen sind die Verhältnisse innerhalb des Herrschaftsbereichs der SU sichtbar in Bewegung gekommen. Das ist günstig. Jeder Einmischungsversuch der westdeutschen Monopolbourgeoisie ist dagegen äußerst schädlich. Die nächsten vier Jahre werden der Arbeiterbewegung und der demokratischen Bewegung schwierige Aufgaben stellen …"
Geworben wird für den Buchvertrieb Hager, u. a. für: "W. I. Lenin: "Marx, Engels, Marxismus", J. W. Stalin: "Ökonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR", Für "Revolutionary Songs of China", "Mit taktischem Geschick den Tigerberg erobern. Revolutionäre moderne Peking.-Oper".
Q: KBW: Kommunismus und Klassenkampf, 8. Jg., Nr. 10, Frankfurt/M., Oktober 1980.