Der Junge Bolschewik, Jg. 1, Nr. 3, 15.9.1970

15.09.1970:
Die Nr. 3/1970 des „Jungen Bolschewik - Organ für Theorie und Praxis des KJVD“ erscheint in Bochum. Neben einer Polemik zu „rechten Abweichungen” im Jugendverband lag das Hauptaugenmerk dieser Ausgabe auf: „Kampf der Sozialdemokratie“, das „ZO muss in die Massen“, „arbeitsteilige Leitungen schaffen“, die „gegenseitige Prinzip von Partei und Jugendverband“, der „Stufenplan“.

Zu den „rechten Abweichungen” heißt es: „Zum Verfassen dieses Artikels gaben uns zwei Dinge Anlass: Einmal die rechte Fraktion, die sich innerhalb des Landesverbandes NRW der Partei gebildet hatte, zum anderen eine rechte Tendenz in gewissen Leitungen des KJVD. Diesen beiden rechten Gefahren wurden in der Zwischenzeit in der gebührenden Weise entgegengetreten, was aber nicht heißt, dass sie nun überhaupt nicht mehr auftreten können. Die Gefahr von Abweichungen von der proletarischen Linie der kommunistischen Organisation besteht sowohl zur Zeit des Kapitalismus als auch im Sozialismus. Sie ist immer vorhanden und darf niemals unterschätzt werden … Es fällt auf, dass es die rechten Abweichungen sind, die in der Geschichte der Arbeiterbewegung immer gerade dann verstärkt auftauchen, wenn es darum geht, die bolschewistische Organisation aufzubauen. Aber diese Tatsache versetzt uns auch dazu in die Lage, die Abweichungen rechtzeitig zu erkennen und zu bekämpfen.”

Die Verfasser benennen drei rechte Abweichungen, die es zu bekämpfen gilt:

a.) den Ökonomismus:
„Die Ökonomisten vergessen, dass der Staat immer Ausdruck ganz bestimmter ökonomischer Verhältnisse ist. Deshalb wird die politische Macht unterschätzt oder sogar ignoriert. Die Folge ist dann, dass die Notwendigkeit der politischen Partei des Proletariats unterschätzt oder geleugnet wird, dass man sich auf den rein gewerkschaftlichen oder betrieblichen Kampf beschränkt …”

b.) den Empirismus:
„Die Vertreter der rechten Abweichung verstehen nicht das korrekte Verhältnis zwischen sinnlicher und rationaler Erkenntnis, zwischen Praxis und Theorie … Natürlich dient die rationale Erkenntnis wieder dazu, die Praxis auf höherer Stufe wieder zu entfalten, natürlich rührt jede Erkenntnis, also auch die rationale, im Endeffekt aus der Praxis. Die Vertreter der rechten Abweichung tun allerdings eins: Sie achten den Sprung von der sinnlichen zur rationalen Erkenntnis gering und sie vernachlässigen, dass es auch eine mittelbare Erfahrung gibt, die Theorie, die sich in der Geschichte der Arbeiterbewegung entwickelt hat, der Marxismus-Leninismus und all die Erfahrungen der Arbeiterbewegung.”

c.) den Demokratismus:
„Dieser Punkt hängt eng zusammen mit der Frage des Parteiaufbaus von oben nach unten oder von unten nach oben. Die Vertreter der rechten Abweichung sind ja deshalb für den Parteiaufbau von unten nach oben, da sie eine extreme Demokratisierung befürworten. Was wären die Voraussetzungen für eine Demokratisierung, wie sie die Rechten sich vorstellen: 1. Alle Handlungen der Partei müssten öffentlich ablaufen, müssten von allen kontrolliert sein, denn sonst könnten sie ja nicht mitentscheiden. Was das für eine Organisation bedeutet, die weitgehend auf Konspiration angewiesen ist wie unsere, ist wohl klar. Ebenso verhält es sich mit der zweiten Voraussetzung für eine extreme Demokratisierung: Die Wählbarkeit von Genossen erfordert, dass sie allgemein gut bekannt sind in der Organisation … Das ist die eine Art der Gefahren, die der Organisation aus der extremen Demokratisierung erwachsen. Die andere ist die, die zusammenhängt mit der Forderung des Parteiaufbaus von unten nach oben: Der Demokratismus verhindert die Herausbildung einer starken Zentrale, damit auch den Aufbau einer einheitlichen Organisation von oben nach unten.

Eine einheitliche Organisation kann nur von oben nach unten aufgebaut werden, eine einheitliche politische Linie kann nur von oben nach unten durchgesetzt werden … Die politische Linie darf sich nicht durch Handaufheben durchsetzen, sondern muss sich durchsetzen durch die Überzeugungskraft der richtigen Argumente der führenden Genossen. statt formeller Wahlen intensive Diskussion der Beteiligten. Ganz besonders wichtig ist es in einer Aufbausituation wie der, in der wir uns jetzt befinden, den Zentralismus gegenüber der Demokratie im Demokratischen Zentralismus zu betonen. Gerade in unserer Situation, in der die einheitliche Organisation erst noch geschaffen werden muss, in der die einheitliche Linie noch durchgesetzt werden muss.

Einige Genossen bejahen in Worten den Zentralismus und den Parteiaufbau von oben nach unten, doch in unserer eigenen Organisation, dem KJVD, sind sie in dieser Frage liberalistisch. Wir haben gerade gesehen, warum in einer bolschewistischen Organisation im allgemeinen der Demokratismus so schädlich und der Zentralismus so nützlich ist und warum dies in viel verstärkterem Maße auf die jetzige Phase zutrifft. Um die Einheitlichkeit zu gewährleisten, muss von Anfang an und gerade am Anfang ein führendes Zentrum vorhanden sein.

Der Aufbau des KJVD geht ähnlich vor sich, wie der der Partei: ein führender Zirkel gibt ein ZO (Zentralorgan, d. Vf.) heraus und baut darum herum die Organisation auf … Stellt sich ein anderer Zirkel, eine andere Gruppe oder ein anderer Genosse auf diese politische Linie, muss er im Interesse des zentralen Aufbaus auch Anweisungen organisatorischer Art dieses führenden Zirkels ausführen … Noch einmal: wenn man sich auf die politische Linie des führenden Zirkels gestellt hat, muss man auch seine organisatorischen Richtlinien ausführen. Wenn das ZK später einmal gewählt ist, kann es allerdings eine politische Linie auch mit organisatorischen Mitteln durchsetzen, was jetzt allerdings nicht möglich ist.”

In „Über das Prinzip der gegenseitigen Vertretung von Partei und Jugendverband” heißt es: „… dass das KJ-Inform in politischer Hinsicht vom ZB angeleitet wird und 2. dass der Jugendverband auf allen Ebenen von Parteikadern durchdrungen ist … dass ein Mitglied der Landesleitung der Partei auch Mitglied des Landeskomitees des Jugendverbandes ist und regelmäßig an den wichtigen Sitzungen des Jugendverbandes … teilnimmt. Auf diese regelmäßige Teilnahme beschränkt sich die Mitgliedschaft im Landeskomitee des Jugendverbandes … Ein Genosse des Landeskomitees des KJVD ist Mitglied in der Landesleitung der KPD/ML … Das gilt z.B. auch für die Betriebsgruppen.”

In dem Artikel „Über Stadtteilgruppen” wird festgestellt, dass diese nur zweitrangige Bedeutung hätten und für Lehrlinge aus Handwerksbetrieben gedacht seien. Nichtsdestotrotz sei die Mehrheit der Mitglieder momentan in ihnen organisiert, ja auf 4 Stadtteilgruppen komme nur eine Betriebsgruppe. Dies müsse sich ändern, solle der angestrebte Aufbau einer kommunistischen Gewerkschaftsfraktion erfolgreich sein.

In „Kampf der Sozialdemokratie” heißt es u. a., dass die KPD/ML-ZB Anfang August eine Funktionärs-Konferenz abgehalten habe, auf der u. a. „die Linie gegen die Sozialdemokratie festgelegt wurde“. Das KJ-Inform bemängelt dazu nun, dass „bisher in keinem Landesverband begonnen wurde, diese Richtlinien in die Tat umzusetzen“.

„Nirgendwo findet ernsthaft eine enge Zusammenarbeit zwischen Partei und Jugendorganisation statt, wie es im Rahmen dieser Kampagne unbedingt von Nöten wäre. Nirgendwo stellen wir eine außergewöhnliche Aktivität in der Agit-Prop oder Org.-Arbeit fest, nirgendwo ist zu bemerken, dass die Politleiter die tagtäglichen Schweinereien der Sozialdemokratie auf dem Kommunal-Politischem Sektor aufgreifen und für die Praxis auswerten. Von der korrekten Linie des ZBs und des KJ-Informs ist bisher nichts durch die LKs, BKs und SKs (Landeskomitees, Bezirkskomitees und Stadtkomitees, d. Vf.) an die Massen gedrungen.

Die Genossen beschränken sich darauf die zentralen Publikationen zu verbreiten und meinen, es würde schon genügen die richtige politische Linie zu vertreten. Von der Durchsetzung dieser Linie in die Praxis sind die Genossen jedoch noch weit entfernt … Von diesen Genossen haben wir in unserer Organisation eine beträchtliche Anzahl. Ihren Arbeitsstil muss man kritisieren und entschieden verbessern … Überall hapert es noch mit der Kontrolle der Durchführung der Beschlüsse der Leitungen, fast nirgendwo klappt das Berichtswesen, und ein ganzer Teil der Genossen sträubt sich auch gegen eine starke Anleitung von oben. Teilweise hat dies objektive Gründe. Unser Verband ist noch sehr jung, das KJ-Inform selbst ist erst seit einem Monat in der Lage, die LVs konkret durch allgemeine Richtlinien und Aufrufe anzuleiten … Was bedeutet dies nun für die Kampagne gegen die Sozialdemokratie, besonders für die jetzt vor der Tür stehenden Tarifkämpfe in der Metallindustrie. Durch den noch sehr schlechten Arbeitsstil unserer Organisation, durch die mangelnde Kontrolle der Durchführung der Beschlüsse, und dem darauf beruhenden nur verbalem Akzeptieren der politischen Linie des KJ-Inform ist auf den unteren Ebenen fast noch gar nichts geschehen.

Unsere sowieso noch nicht kontinuierlich verlaufende Agit-Prop ist kaum merklich von Seiten der Ortsgruppen verstärkt worden … Ja, es ist sogar festzustellen, dass die korrekte politische Linie der Partei und des KJ-Inform noch nicht einmal in allen Ortsverbänden geschult worden ist. Dies ist sehr stark zu kritisieren … Wir fordern die Genossen Polit-Leiter auf, dafür zu sorgen, dass in sämtlichen Grundeinheiten unsere politische Linie zur Sozialdemokratie allgemeinverständlich geschult wird, dass weiterhin unsere Forderungen zur Metalltarifrunde (MTR, d. Vf.) in allen Grundeinheiten erläutert werden. Weiterhin ist es unbedingt notwendig, unsere sowieso geringe Agit-Prop.-Arbeit auf die politische Linie auszurichten.

Die in der letzten Woche geleistete Agit-Prop in der Form von Flugblättern und Aufrufen, war in der überwiegenden Zahl nicht auf die politische Linie ausgerichtet. Man verbreitete weiterhin allgemeine Aufrufe, sich im KJVD zu organisieren, ohne dabei zu beachten, dass wir nicht mehr in dem Stadium sind, wo wir nur die allgemeine miese Lage der arbeitenden Jugend aufzeigen, sondern das wir schon weiter sind, dass wir bereits konkrete Kampfparolen haben, unter denen wir die Aufgabe haben, einen Teil der arbeitenden Jugend zu mobilisieren und in den Kampf zu führen und zu organisieren, ohne dabei zu beachten, dass wir nicht mehr im Stadium sind, wo wir nur die allgemeine miese Lage der arbeitenden Jugend aufzeigen, sondern das wir schon weiter sind, dass wir bereits konkrete Kampfparolen haben, unter denen wir die Aufgabe haben, einen Teil der arbeitenden Jugend zu mobilisieren und in den Kampf zu führen und zu organisieren. Die Genossen handwerkeln noch auf einem Stadium, das die Organisation in ihrer Gesamtheit hinter sich gelassen hat. Um es noch einmal zu sagen, d.h. unsere Agit-Prop auf die politische Linie auszurichten, unsere konkreten Kampflosungen in die Massen zu tragen.. und für den KJVD als revolutionäre Organisation zu werben …

Ein weiterer Punkt, wo wir noch nicht genügend Vorarbeit für die kommenden Kämpfe geleistet haben, ist die Gewerkschaftsarbeit. Die Bedeutung der Gewerkschaftsarbeit wird von gewissen Genossen im Verband unterschätzt. Dies muss unbedingt korrigiert werden. Die Gewerkschaften sind die Massenorganisation des Proletariats, in denen wir unbedingt arbeiten müssen. Deshalb gab das ZB und das KJ-Inform vor einiger Zeit die Losung heraus: Auf allen Ebenen müssen Gewerkschaftsverantwortliche eingesetzt werden, die die Gewerkschaftsarbeit auf der jeweiligen Ebene anleiten … Weiter empfehlen die Genossen vom ZB Kurzdemonstrationen vor den Betrieben zu veranstalten … Wir müssen die Anstrengungen auf jedem Gebiet unserer Arbeit steigern, wir müssen alle Abweichungen innerhalb der Organisation bekämpfen und die korrekte Linie des KJ-Inform und des ZBs in allen Grundeinheiten durchsetzen. Auf der Grundlage der korrekten Umsetzung dieser Linie werden wir den Sieg erringen.”

Artikel der Ausgabe sind:
- Zu den rechten Abweichungen
- Kampf der Sozialdemokratie
- Das ZO muss in die Massen
- Den Literaturvertrieb steigern
- Stufenplan
- Schaffen wir Arbeitspläne
- Die Leitungen stärken
- Die Beziehung zwischen Leitungen verschiedener Ebenen
- Das Prinzip der gegenseitigen Vertretung von Partei- und Jugendverband
- Über Stadtteilgruppen
- Aus der Praxis - Für die Praxis.
Q: KJ-Inform: Der Junge Bolschewik, Nr. 3, Bochum, 15.9.1970.

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