Kommunistischer Nachrichtendienst der KPD/ML und des KJVD, Jg. 2, Nr. 85, 6. Nov. 1971

06.11.1971:
Die KPD/ML-ZB gibt ihren 'KND' Nr. 85 (vgl. 3.11.1971, 10.11.1971) mit dem Leitartikel "IGM-Bleicher - als Vorreiter weiterer Zentralisierung" zur Metallrunde in Nordbaden/Nordwürttemberg (vgl. 2.11.1971) heraus.
Eingegangen wird auch auf die Metallrunde (MTR) in Berlin, NRW, Hessen, Südbaden und Südwürttemberg-Hohenzollern sowie die Stahlrunden (STR) in NRW und Bremen-Unterweser (Klöckner). Aus Berlin berichtet die eigene Betriebsgruppe NCR u.a. über die IGM JG und den IGM Ortsverein. Eingegangen wird auch auf die Freiwillige Polizeireserve (FPR).
Aus NRW befaßt man sich mit der Ruhrkohle AG, wobei u.a. auf die stillgelegte Zeche Bismarck, die Kokerei von Hannover-Hannibal Bochum, die Zeche Minister Stein Dortmund sowie die Zeche Friedrich der Große in Herne eingegangen wird. Grüsse werden gerichtet an die Partei der Albaniens (vgl. 28.10.1971).

Es erscheint auch eine "Instruktion der Gewerkschaftsabteilung des ZB zum gegenwärtigen Stand der Metalltarifrunde" (MTR). Darin wird u.a. ausgeführt:"
1. Mit dem 7, 5-Prozent-Schiedsspruch in Nordwürttemberg-Nordbaden ist in der MTR 71 der entscheidende Schritt zum Lohndiktat durchgeführt worden. Nachdem die IGM-Führer durch ihren 'Linksaußen' Bleicher die 7, 5 Prozent anerkannt haben, ist jedem Kollegen die Größenordnung klar, in der sich der endgültige Abschluß bewegen soll. Der 'linke' Bleicher war von der Zentrale für diesen entscheidenden Schritt auserwählt worden, weil er den Verrat noch am besten verkaufen kann und weil er über seine Leute in den Betrieben noch eine starke Kontrolle über die Metaller hat. Die Kapitalisten werden wahrscheinlich dem jetzigen Ergebnis noch nicht zustimmen und versuchen, daß CDU-Katzer oder die Regierung ein besseres Schlichtungsergebnis für sie herausholen. Mit der wahrscheinlichen Ablehnung der 7, 5 Prozent durch die Kapitalisten am nächsten Dienstag beginnt dann der Höhepunkt der Tarifkämpfe in diesem Jahr. Wichtig am Schiedsspruch sind weiter die sieben Monate Laufzeit. Dies bedeutet, daß im nächsten Frühjahr Chemie-, Berg-, Metaller, Bauarbeiter und Textilarbeiter innerhalb von zwei Monaten in Tarifverhandlungen eintreten. Das ist eine hervorragende Gelegenheit für den Kampf der Arbeiterklasse, aber auch für einen von der Regierung verordneten Lohnstopp. …
2. Gleichzeitig wollen die SPD-Führer in der nächsten Woche das neue BVG durchpeitschen. In den letzten Monaten haben sich die bürgerlichen Parteien über die Grundlinie dieses Gesetzes - die verstärkte Knebelung der Arbeiterklasse durch aktive Beteiligung verräterischer Betriebsräte und Gewerkschaftsfunktionäre - geeinigt. Dabei ist dieser Entwurf an einer entscheidenden Stelle geändert worden: Die politische Betätigung der Betriebsräte, die zur ideologischen Bekämpfung der Kommunisten gedacht war, wird gestrichen, weil die Sozialdemokratie fürchten muß, daß diese politische Betätigung in ihr Gegenteil verkehrt und zu ihrer Bekämpfung genutzt wird. Diese Entscheidung ist ein deutliches Zeichen für den Aufschwung der revolutionären Bewegung in Westdeutschland. Die DGB-Führer haben mit ihrem Beschluß, auf Protestdemonstrationen zu verzichten und dem Gesetz zuzustimmen, die Arbeiterklasse offen verraten; damit ist zugleich das gesamte Lügengebilde der DKP-Führer zusammengebrochen, die der Arbeiterklasse weismachen wollten, die DGB-Führer könnten entschlossen gegen die SPD-Regierung kämpfen.
3. Unsere politischen Ziele sind in der jetzigen Lage: Der Kampf gegen die Verrätereien der Sozialdemokratie muß am Beispiel des Lohndiktats, des BVG und des Schmidt-Plans durchgeführt werden. Wir dürfen dabei Lohndiktat und BVG nicht als zwei gänzlich verschiedene Dinge betrachten, sondern wir müssen das zeitliche Zusammentreffen beider Ereignisse auch zu einer verdoppelten Entlarvung der Sozialdemokratie benutzen. Weiter muß in der MTR der Kampf besonders gegen die 'linken' Demagogen wie Bleicher und gegen den weiteren Schlichtungsverratg von SPD- und CDU-Führern geführt werden. Beim BVG müssen wir besonders der Verrat der DGB- und DKP-Führer als wichtigste Nebenaufgabe herausstellen.
4. Diese Lage erfordert verdoppelte Anstrengungen von uns mit Beginn der nächsten Woche. Das ZB der KPD/ML hat daher beschlossen, ein RF-Extrablatt herauszubringen, das den Verrat in der MTR, das neue BVG und Schmidts Mobilmachungspläne darstellt. Der Vertrieb dieses Extrablattes und der RF 22/71 sowie ein Ankündigungsflugblatt, u.U. verbunden mit einer Betriebszeitung, werden die wichtigsten Agitpropaufgaben der Partei in der nächsten Woche darstellen. Wir müssen dazu alle Kräfte zusammenfassen und können dann durch unsere politische und organisatorische Geschlossenheit neue Siege erringen."

Ebenfalls enthalten ist auch eine "Kurzinstruktion der Gewerkschaftsabteilung des KJ-Inform zur Metalltarifrunde". Darin heißt es u.a.:"
Die GA (Gewerkschaftsabteilung, d.Vf.) des ZB hat im KND 82 die Lage in der MTR genauer eingeschätzt. Sie hat vor allem drei wesentliche Punkte herausgearbeitet, die momentan die Lage in der MTR kennzeichnen: Die aktive Rolle der Staatsmacht und die Zentralisierungstendenzen in den Verhandlungen; zweitens der wütende Kampf gegen die Marxisten-Leninisten; drittens die Einschränkung der 'linken' Manöver. All dies trifft auch in vollem Umfang auf die Arbeiterjugend zu. Gerade in den letzten Wochen hat sich noch einmal bestätigt, daß die IGM-Führer gegenüber der kampfbereiten Arbeiterjugend die 'linken' Manöver immer mehr einschränken und zur offenen Unterdrückung übergehen. Mit keinem Wort haben die IGM-Führer auf die unverschämten Äußerungen von van Hüllen reagiert, daß das 4, 5%-Angebot auch auf die Lehrlingslöhne bezogen ist. Sie zeigen damit ganz offen, daß die angemessene Erhöhung der Lehrlingslöhne nichts anderes bedeutet, als die Durchsetzung des Lohndiktats auch gegenüber den Lehrlingen, daß sie jede Bewegung in der Arbeiterjugend verhindern wollen. In den Betrieben, wo die Unruhe unter der Arbeiterjugend wächst, wird zur Zeit als das wichtigste Mittel die Abschaffung der Jugendversammlung angewandt. Dort, wo die Bewegung noch nicht so stark ist, finden sie noch statt, ohne daß aber überhaupt über die Tarifrunde gesprochen wird. Wo die Bewegung stärker ist, werden sie abgeschafft. … Auch in West-Berlin gehen die rechten Gewerkschaftsführer mit offenen Knebelungsmaßnahmen gegen Gewerkschaftsjugendgruppen vor, die sich nicht auf die Forderung der IGM-Führer festlegen lassen wollen. … Welche Aufgaben stellen sich jetzt für den Jugendverband? Auch der Jugendverband muß jetzt die einzelnen Schritte bei der Durchsetzung des Lohndiktats aufgreifen. Er muß der Arbeiterjugend deutlich das aktive Eingreifen der SPD-Regierung in die MTR vor Augen führen, er muß ihr vor Augen führen, daß die IGM-Führer mit einer vom Vorstand genau festgelegten Taktik an die Durchsetzung des Lohndiktats gehen. Auf diese Weise müssen wir der Arbeiterjugend zeigen, daß mit dem Lohndiktat die gesamte Staatsgewalt zentralisiert wird, daß damit auch die Macht der Gewerkschaftsführer gegen die Arbeiterklasse zentralisiert wird, daß so die Gewerkschaften an die Kette des imperialistischen Staates gelegt werden sollen. Wir müssen eine unermüdliche Aufklärungsarbeit über die imperialistische Politik der SPD-Regierung betreiben, der Arbeiterjugend zeigen, daß das Lohndiktat untrennbar mit diesen Großmachtplänen zusammenhängt. Wir müssen ihr weiterhin zeigen, daß das Lohndiktat auf einer Linie mit den anderen reaktionären Maßnahmen der SPD-Regierung gegen die Arbeiterjugend liegt, dem neuen BVG, das jetzt durchgepeitscht werden soll, mit der bundesweiten Einführung der Stufenpläne und den Zwischenprüfungen in den Betrieben, schließlich mit den Maßnahmen zur Wehrreform und Militarisierung der Arbeiterjugend. In der Taktik müssen die Genossen weiter jeden Verrat der betrieblichen Stützen enthüllen und einen offensiven Kampf gegen die einzelnen Knebelungsmaßnahmen gegen die Arbeiterjugend führen. … In den nächsten Tagen und Wochen müssen die LAKs und JBGs alle Anstrengungen unternehmen, um diese Aufgabe zu erfüllen. Sie dürfen sich hier nicht damit begnügen, daß ja die Partei die Verhandlungen breit aufgreift, sondern müssen stärker als selbständige politische Kraft unter der Arbeiterjugend auftreten bzw. müssen dafür sorgen, wenn sie gemeinsam mit der Partei auf Verhandlungen reagieren, daß auch die Arbeiterjugend viel breiter als bisher in die Agitprop einbezogen ist."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 85, Bochum, 6.11.1971

KND_71_85_01

KND_71_85_02

KND_71_85_03

KND_71_85_04

KND_71_85_05

KND_71_85_06

KND_71_85_07

KND_71_85_08

KND_71_85_09