ID, Jg. 1, Nr. 1, Frankfurt/M., (Juli 1973)
Juli 1973:
Vermutlich im Juli erscheint die Nr. 1 des "ID - Informations-Dienst zur Verbreitung unterbliebener Nachrichten" in Frankfurt/M. mit einer "Erklärung des "ID-Kollektivs".
Darin heißt es: "Das ist nun der erste Versuch (die erste Nummer) eines überregionalen Informationsbulletins für Deutschland, das regelmäßig erscheinen soll. Wahrscheinlich werden die nächsten Nummern bis zum Herbst noch nicht mit der angestrebten Regelmäßigkeit erscheinen können, zum einen, weil im Augenblick sogenannte saure Gurkenzeit ist (Urlaubszeit + Semesterferien), zum anderen, weil ihr, und das auch nicht ganz unbegründet, Informationen nicht an Leute schicken wollt, von denen ihr nicht wisst, wer sie sind und in welcher Form sie arbeiten wollen.
Hier soll nun dieses Bulletin die Lücke etwas schließen. Es ist noch lange nicht der Weisheit letzter Schluss, sondern Objekt nun hoffentlich einsetzender Kritik und Grund. (…) Außer den inländischen Informationen verwerten wir auch ausländische alternative Presseagenturen, so z. B. FNS/England, APL/Frankreich, die aber leider auch in der Sommerpause sind. (…) Wir denken uns, dass die Zielgruppen des Informationsdienstes emanzipatorisch arbeitende Gruppen, linke Zeitungen und linke Journalisten in den bürgerlichen Medien sind. (…) Da die bürgerlichen Medien aber aufgrund ihrer Stellung, im Verwertungsprozess auch nur ein Abnehmer sein können und auf die oben genannten Abnehmer nicht verzichtet werden kann, dürften unserer Meinung nach die Zielgruppen nicht alternativ diskutiert werden. Aber für ein Fernschreibernetz fehlt es zurzeit ohnehin am Geld und am Korrespondentennetz. Wir meinen, dass-ob mit oder ohne Fernschreiber-aus dem Informationsdienst früher oder später eine Wochenzeitung, längerfristig eine überregionale linke Tageszeitung werden müsste.
Jetzt geht es vorrangig darum, ein Netz von Korrespondenten im nationalen und internationalen Bereich aufzubauen und einen Abnehmerkreis zu gewinnen. Die politische Linie des Informationsdienstes stellt sich über die Aktivitäten von Basisinitiativen, politischen Gruppen und Organisationen her".
Inhalt:
INLAND
- "Erklärung des Kollektivs"
- "Berlin: Bericht über Militärprozess gegen Larry Johnson
- "Berlin: Buchladenkollektiv Savignyplatz"
- "Berlin: Presseerklärung der RAF-Verteidiger"
- "Köln: Volksküche in Köln-Niel?"
- "Köln: Kill: Kölner Info linker Leute"
- "München: Laster raus, weg mit dem Gestank, BMW macht die Leute krank"
- "Frankfurt/M.: Bleichstraße(Stadtkampf)"
- "Bonn: Presserklärung des deutschen Komittees für Angola, Guinea-Bissau und Mocsambique"
- "München: Strafantrag gegen Trikont-Verlag wegen Platte"
- "Frankfurt/M.: Hintergründe der Auslieferung della Savias"
- "Frankfurt/M.: Offener Brief an den Bundesminister für Justiz und an den Bundesminister für Inneres"
AUSLAND
- "London: Stoke Newington Five Komitee"
- "London: Multinationales Emigrantenzentrum"
- "Nottingham: Gefeuerte Drucker und Journalisten geben eine Zeitung raus"
- "Besancon: LIP Arbeiter kontrollieren Journalisten"
- "Spanien: Erklärung politischer Gefangener zu ihrem Hungerstreik"
DOKUMENTE
- "I: Bericht zur Situation um die besetzten Häuser"
- "II: Bericht des Mietstreik-Kollektivs Bergerstraße 252"
Berichtet wird u. a. vom "Buchladenkollektiv Savignyplatz" aus West-Berlin, über ein Militärgerichtsverfahren in Kaiserslautern vom 19.6.1973, über RA Ströbele und dessen Verteidigerpost, wo Kritik an der Bundesanwaltschaft geübt wird. Weiter wird berichtet über die Kölner "Sozialistische Initiative", die eine "Volksküche" plant, über die Kölner "Projektgruppe Gegenöffentlichkeit" des "Sozialistischen Patientenkollektivs Köln". Die "Arbeitersache" aus München agitiert gegen BMW und den "gesundheitsschädlichen Gestank aus der Lackiererei". In Frankfurt/M. konstituiert sich die "Bürgerinitiative Bleichstraße". Veröffentlicht wird eine "Presseerklärung des Deutschen Komitees für Angola, Guinea-Bissau und Mosambik". Gegen den Trikont-Verlag aus München wird wegen einer LP "mit Liedern der neu entstandenen Arbeiterbewegung" ermittelt. Das Frankfurter "Komitee gegen die Isolationsfolter an politischen Gefangenen" richtet einen "Offenen Brief an den Bundesminister der Justiz" und den Bundesminister des Inneren". Berichtet wird noch vom Hungerstreik der "politischen Gefangenen" in Soria, über Hausbesetzungen in Frankfurt/M. (Bockenheimer Landstraße und Schumannstraße) und zum "Mieterstreik-Kollektiv Bergerstraße" in Frankfurt/M."
Quelle: ID, Jg. 1, Nr. 1, Frankfurt/M., (Juli 1973).