Berliner Extra-Dienst, 2. Jg., Nr. 14, West-Berlin, 17. Februar 1968

17.02.1968:
Der Berliner Extra-Dienst (BED) Nr. 14 erscheint mit den Extra-Dokumentationen: "SPD-Charlottenburg: Internationale Garantie für West-Berlin", "Aktion GI: Flugblatt für Soldaten in West-Berlin" und: "US-Entwicklungshelfer: Wegen Vietnam machen wir nicht mehr mit".
Artikel der Ausgabe sind:
- "Verwaltungsgericht: Demonstrationen müssen genehmigt werden"
- "Republikanischer Club: Senatsmaßnahmen nutzen NPD"
- "Gespräch Schütz-Scharf: Kirchen stehen Demonstranten offen"
- "Solidarisierung verstärkt sich: Jetzt auch Rhein-Main-Gebiet"
- "Peter Weiss: Nie mit 'Tagesspiegel' gesprochen"
- "Drohung der Woche"
- "Witz der Woche"
- "Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche: zweierlei Maß bei der Justiz"
- "BDI: Vorbedingungen für West-Berlin Hilfe"
- "Mittelständische Kreise: Steuerstreik erwogen"
- "West-Berliner Buchbinder: Sartre und Weiss abgelehnt"
- "Hamburger Protest-Ausstellung: Springer und Kripo intervenieren"
- "Bayernkurier: Als Deutscher Kurier überall"
- "Außerparlamentarische Opposition: Neues Blatt"
- "Köln: Einschränkung des Rechts auf Meinungsäußerung"
- "NPD-Anfrage in Kiel: Vorstoß gegen 'RES NOSTRA"
- "Hinweise des Republikanischen Clubs"
- "Extra-Dokumentation"

Berichtet wird u. a. über die Niederlage des Senats. "Das Verwaltungsgericht entschied, dass die Praxis der West-Berliner Polizei, Demonstrationen nicht zu genehmigen, nicht verfassungskonform ist", über den RC, der erklärt, dass die "Senatsmaßnahmen" nur der NPD nutzen würden. "Der Senat handelt (…) eindeutig gegen eine klare richterliche Entscheidung und hat bewusst die letzte Möglichkeit, eine Konfrontation zu vermeiden, ausgeschlagen. Es kann daher kein Zweifel mehr daran bestehen, dass er eine Kraftprobe mit den demokratischen Kräften in West-Berlin mutwillig herbeiführen will". Solidaritätsadressen zu Vietnam und zum "Kampf gegen den autoritären Staat" gibt es nun auch im Rhein-Main Gebiet.

Die Vorfälle in der Gedächtniskirche "werden von der Justiz in West-Berlin offensichtlich recht unterschiedlich behandelt". Dazu heißt es: "Noch immer dauern die Ermittlungen gegen Rudi Dutschke an, der am Heiligabend von Prügel-Christen der Gemeinde verletzt worden war. In einem anderen Fall stellte der Oberstaatsanwalt Severin, Leiter des politischen Ressorts beim Generalstaatsanwalt, die Ermittlungen gegen den Kirchendiener Gerhard Bruhn ein. Bruhn war von dem 2. AStA-Vorsitzenden an der FU, Bernhard Wilhelmer, wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung angezeigt worden: Wilhelmer war am 12. November 1967 Zeuge der brutalen Behandlung eines jungen Christen. Dieser Protestant hatte vor Beginn des Gottesdienstes die Gemeinde aufgefordert, ihre Weigerung, die Kirche der Evangelischen Studentengemeinde zur Verfügung zu stellen, noch einmal zu überdenken. Der AStA-Vize fotografierte, als zwei Kirchendiener den Protest-Protestanten im Polizeigriff aus dem Kirchenraum schleppten. Daraufhin schlug Kirchendiener Bruhn Wilhelmer die Kamera aus der Hand und beschädigte sie. Der Film wurde dabei unbrauchbar. Wilhelmer selbst wurde zu Boden gestoßen. Severin teilte dem Anzeigenden jetzt mit: "Nach den durchgeführten Ermittlungen vermag ich ein öffentliches Interesse der von Ihnen angezeigten Delikte nicht zu erkennen. Unabhängig davon, ob der von Ihnen angezeigte Sachverhalt sich tatsächlich so abgespielt hat, (…) ist der durch die angezeigten Handlungen gestörte Rechtsfrieden auf das Innere der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche beschränkt. Bei dieser Sachlage vermag ich ein Interesse der Allgemeinheit an einer Strafverfolgung nicht zu erkennen. Ich habe daher das Verfahren eingestellt".

Berichtet wird weiter von der West-Berlin Hilfe des BDI. Der Rechtsanwalt Kurt Groenewold "stellte acht Schaufenster des ehemaligen Kaufhauses KEPA, über die er frei verfügen konnte, dem SDS für eine Ausstellung zur Verfügung, in der gegen die Notstandsgesetzgebung, den Vietnamkrieg und seine Unterstützung durch die Bundesregierung sowie gegen den Missbrauch der Pressefreiheit durch den Springer-Konzern protestiert wurde". Die Ausstellung ist seit dem 21.12.1967 bis Mitte Januar 1968 zu sehen.

Die erste Ausgabe von "Außerparlamentarische Opposition - Informationen für Demokratie und Abrüstung" ist jetzt erschienen. Für den 23.2. ist die nächste Club-Diskussion geplant. Im III. Fernsehprogramm des NDR/SFB/RB soll am 20.2. eine Diskussion zum Thema "Bessere Demokraten oder Anarchisten" stattfinden. In der 1. Extra-Dokumentation "SPD Charlottenburg: Internationale Garantie für West-Berlin" dokumentiert der BED "den Antrag zur West-Berlin Politik des linken Kreises Charlottenburg". In der Doku 2 "Aktion GI: Flugblatt für Soldaten in West-Berlin" werden in den amerikanischen Wohnvierteln für die US-Angehörige, Soldaten und deren Familien Flugblätter verteilt. Dazu veröffentlicht der BED die deutsche Übersetzung. Und in der Doku 3 "US-Entwicklungshelfer. Wegen Vietnam machen wir nicht mehr mit" erklären diese u. a. dass sie nur eine Politik unterstützen würden, "die der Welt im Großen und Ganzen diene". Und man sei "gegen den Krieg in Vietnam".
Q: Berliner Extra-Dienst, 2. Jg., Nr. 14, West-Berlin, 17. Februar 1968.

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