Berliner Extra-Dienst, 2. Jg., Nr. 29, West-Berlin, 10. April 1968

10.04.1968:
Der Berliner Extra-Dienst (BED) Nr. 29 erscheint mit einer Eilmeldung: "Mordanschlag auf Rudi Dutschke".
Artikel der Ausgabe sind:
- "DDR: Volksentscheid: Zustimmung schwanke bis zu 10,42 Prozent"
- "Industrie: Schiller in der falschen Partei"
- "DGB: Am 1. Mai mit der Polizei gegen die Opposition"
- "Druckerei in West-Berlin: Unter Druck der Behörden"
- "Karfreitag: Solidarität mit Black Power"
- "Karsamstag: Fünf Minuten Verkehrsruhe"
- "Gewerkschaft HBV: Ein Auftrag verschwand"
- "West-Berliner Falken: Gruß aus der CSSR"
- "Lemmer über Lemmer: Besser als Goebbels"
- "Zitat der Woche"
- "Dow Chemical: Internationale Proteste gegen Napalm-Hersteller"
- "Staatsanwaltschaft: Weiter frontal gegen Mahler"
- "Nacht- und Nebel-Aktion: Polizei gegen Buchhändler"
- "SPD und Stadt Trier: 100.000 Mark jährlich für Karl Marx"
- "Extra Teach-In"
- "Mitteilungen des Republikanischen Clubs"
- "Hinweise der Redaktion"
- "Extra-Report"
- "Rote Fahnen am Rathaus Schöneberg"
- "Mordanschlag auf Rudi Dutschke"

Berichtet wird u. a. über die Geschichte der DDR-Wahlen, über den DGB-Bundesvorstand, der mit Schreiben vom 3.4. darauf hinweist, "dass Mitglieder der Außerparlamentarischen Opposition in der Bundesrepublik und West-Berlin versuchen würden, Maikundgebungen des DGB in 'undemokratischer Weise' zu nutzen. Die Druckerei Heinz Erben steht unter der Druck der Behörden und hat Druckaufträge der "Kampagne für Demokratie und Abrüstung" zurückgegeben. Am 12.4. wollen Gruppen der APO eine Demo für "Black Power" organisieren. Weiter wird berichtet von Dow Chemical und Proteste gegen den Chemie-Hersteller. Eine Demo fand jetzt auch in England statt. Eine Aktion gegen die Inhaberin der linken Buchhandlung Karin Röhrbein fand jetzt in einer "Nacht-und Nebel Aktion" statt. Am 11.4. wollen sich RC-Mitglieder zu einem Infogespräch dort treffen. Im Extra-Report veröffentlicht Hannes Schwenger den Artikel: "Ernst Lemmer als Widerstandskämpfer". Martin Buchholz schreibt über: "Rote Fahnen am Schöneberger Rathaus", Ekkehart Krippendorff über "Martin Luther King" und die Bürgerrechtsbewegung.

Eilmeldung:
"MORDANSCHLAG AUF RUDI DUTSCHKE
AM DONNERSTAGABEND GEGEN 17. 30 UHR WURDE RUDI DUTSCHKE AUF DEM KURFÜRSTENDAMM MIT DREI SCHÜSSEN NIEDERGESTRECKT! DIE SAAT EINER MONATELANG BETRIEBENEN SYSTEMATISCHEN HETZE WAR AUFGEGANGEN. DIE AUßERPARLAMENTARISCHE OPPOSITION WIRD OSTERN 1968 ZU EINER MANIFESTATION GEGEN DEN FASCHISTISCHEN TERROR UND GEGEN DIE FASCHISTISCHE VOLKSVERHETZUNG MACHEN.
Als die Schüsse fielen, war die vorliegende Nummer des EXTRA-Dienstes 30 bereits ausgedruckt und versandfertig. Eine Verschiebung der Auslieferung um einen Tag wurde durch die Bundespost wegen der bereits frankierten Umschläge abgelehnt.

Die Redaktion des EXTRA-Dienstes und die Druckerei werden daher Nummer 31 mit einer ausführlichen Darstellung der Ereignisse so rechtzeitig fertigstellen, dass sie bereits am Dienstagmorgen statt am Mittwoch zugestellt werden kann.

ERKLÄRUNG DER AUßERPARLAMENTARISCHEN OPPOSITION WESTBERLINS.
Auf Rudi Dutschke ist heute Nachmittag ein Attentat verübt worden. Wir wissen nicht, wer der Täter ist und welches seine Motive waren. Wir glauben allerdings, auf eine solche Information für eine erste Stellungnahme verzichten zu können. Auch wenn der Täter als "Verrückter" bezeichnet werden sollte, so ist der Anschlag auf einen führenden Vertreter der Außerparlamentarischen Opposition dennoch das folgerichtige Ergebnis der jahrelangen und systematischen Verhetzung einer ganzen Stadtbevölkerung. Die Verantwortung dafür trägt in erster Linie das Springer-Monopol in West-Berlin, das seine Anti-Dutschke-Kampagne unter die Parole stellte: 'Wir dürfen der Polizei die Dreckarbeit nicht alleine überlassen.' Schuld aber trägt auch der DGB-Vorstand, dessen Sprecher Walter Sickert unwidersprochen erklären konnte: 'Wir müssen die Berliner dazu bringen, sich dieser Störenfriede wieder selbst zu entledigen, ohne dass die Polizei eingreifen muss'. Schuld aber trägt auch die politische Führung dieser Stadt, deren Regierender Bürgermeister Klaus Schütz erst im Februar sich nicht schämte, öffentlich mehrfach zu sagen: 'Ihr müßt diese Typen sehen, Ihr müßt ihnen genau ins Gesicht sehen'. Wenn dieses Kartell der Intoleranz und Volks-Verhetzung jetzt Empörung heuchelt, so kann das die Außerparlamentarische Opposition nur als Selbstanklage auffassen. Unsere Aktionen in den nächsten Tagen werden die politischen Ursachen bloßlegen, die zu dem Attentat auf unseren Freund und Genossen Rudi Dutschke geführt haben. Donnerstag, 11. April 1968, 20 Uhr".
Q: Berliner Extra-Dienst, 2. Jg., Nr. 29, West-Berlin, 10. April 1968.

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