Rote Presse-Korrespondenz, 1. Jg., Nr. 16, 6.6.1969

06.06.1969:
Die Nr. 16/1969 der „RPK“ erscheint. Inhalt der Ausgabe ist:
- DDR liefert Burmesische Studenten aus. Die revisionistische Praxis der friedlichen Koexistenz
- AEG Ingenieure unterstützen Streik der Studenten
- Zum Brandstifter Prozess
- Anleitung für eine revolutionäre Erziehung
- Außerparlamentarische Massenaktion und parlamentarische Taktik
- Zum Ausschluss Bremer Jungdemokraten
- Zur Kinderdemonstration der Kommune 99
- Frankreich: Die Basis setzt den Kampf fort. Peugeot Sochaux: Kampf den Bandgeschwindigkeiten
- Ausbruch der Revolte an der PH
- Bericht über die Auslieferung.

Im Artikel „DDR liefert Burmesische Studenten aus. Die revisionistische Praxis der friedlichen Koexistenz“ heißt es u. a.: „Die Gründe, warum sich die DDR zu diesem beschämenden Dienst für das burmesische Militärregime hergab, verraten uns einerseits die burmesischen Verhältnisse selbst und zum anderen die Grundlinie der internationalen Politik, die die SED in Anlehnung an die KPdSU verfolgt.

Die burmesischen Regierungen konnten seit dem Tage, da sich Burma 1948 formell von der britischen Kolonialherrschaft emanzipierte, noch keine Sekunde auf einen befriedeten innenpolitischen Zustand blicken, ja sie kontrollierten nicht einmal zu irgendeiner Zeit das gesamte burmesische Territorium. Der Bürgerkrieg in Burma ist permanent. Er wird geführt von Großgrundbesitz, der nationalen Bourgeoisie, der Militärkaste, peronistischen Teilen des Gewerkschaftsapparats auf der einen Seite gegen die Bauern, das Landproletariat und Teile des städtischen Proletariats auf der anderen Seite. Ethnische Konflikte verschärfen den Kampf. Die Grundfrage dieses Kampfes ist die Grundfrage der Entwicklung Burmas: Durch die restlose Beseitigung der halbfeudalen Agrarstrukturen die eigenen materiellen wie politischen Ressourcen für eine, von allem Neo-Kolonialismus befreite Industrialisierung freizulegen …

Seit dem Jahre 1956 gibt es eine grundsätzliche Auseinandersetzung zwischen den kommunistischen Parteien der Welt über die ‚Generallinie‘ des internationalen Klassenkampfes, des engeren über die revolutionäre Anwendung des leninistische Prinzips der friedlichen Koexistenz in der gegenwärtigen Kampfphase. Übereinstimmend sagen alle Parteien, dass die wirtschaftliche und militärische Entfaltung des sozialistischen Lagers, insbesondere der UdSSR, Mitte der 50-er Jahre eine Stufe erreicht hatte, von der her die friedliche Koexistenz zwischen den imperialistischen Metropolen und den sozialistischen Ländern nicht mehr von der Gnade bzw. den inneren Widersprüchen des imperialistischen Lagers abhängt, sondern von der Stärke des sozialistischen Lagers erzwungen werden kann. Konnte sich damit erstmals das sozialistische Lager gegenüber bewaffneten Interventionen des imperialistischen Lagers weitgehend gesichert ansehen, so musste es zur entscheidenden Fragewerden, wie sich das sozialistische Lager zur den von nun an in den Mittelpunkt rückenden Klassenkampflinien in der Dritten Welt und in den Metropolen zu verhalten habe.

Die Auseinandersetzung der kommunistischen Parteien, die in den Konferenzen von 1957 und 1960 nur zu vieldeutigen Kompromissformeln führte, ging dementsprechend um die Frage, welche Form der Unterstützung revolutionärer Bewegungen in der Dritten Welt wie in den Metropolen möglich sei, ohne die aufrechtzuerhaltende Machtbalance zwischen imperialistisch und sozialistischem Lager in die Katastrophe eines Dritten Weltkrieges zu überführen. Diese Frage korrespondierte der Frage nach den einzugehenden Bündnissen in den Kämpfen in der Dritten Welt wie in den Metropolen.

‚Selbstverständlich‘ hielt 1966 der 23. Parteitag der KPdSU, nachdem seit 1963 die Auseinandersetzung, vor allem zwischen der KP Chinas und der KPdSU, öffentlich ausgetragen wurde, daran fest, dass ‚eine friedliche Koexistenz dort unmöglich (ist), wo es sich um innere Prozesse des Klassenkampfes oder des nationalen Befreiungskampfes in den kapitalistischen Ländern oder in den Kolonien handelt… ‘ und der 7. Parteitag der SED 1967 unterstützte ausdrücklich diese Formulierung de 23. Parteitages. Aber es ist klar, dass nicht Parteitagsformulierungen sondern die Praxis der Parteien für unser Urteil maßgebend sind …

Uns scheint jedoch die Auslieferung der neun burmesischen Studenten in einzigartiger Weise die Gefährdung zu beleuchten, die dem internationalen Klassenkampf von der revisionistischen Auffassung und Praktizierung des leninistischen Prinzips der friedlichen Koexistenz durch die osteuropäischen Staaten unter Führung des ZK der KPdSU drohen. Mit dem Kampf gegen die Auslieferung der burmesischen Genossen eröffnen wir den Kampf gegen die gefährliche Behinderung des internationalen Klassenkampfes gegen den Imperialismus… Dies zeigt sehr deutlich, dass eine Kritik am Revisionismus Resultat der klaren Analyse des internationalen Klassenkampfes sein muss … Eine Revisionismuskritik, die nicht aus der eigenen Praxis im internationalen Klassenkampf resultiert, ist notwendig dogmatisches Sektierertum, das von den praktischen Energien des bekämpften Revisionismus einiges zu lernen hätte.“

Der Artikel „Außerparlamentarische Massenaktion und parlamentarische Taktik“ setzt die „Revisionismuskritik“ (letzter Teil) von Bernd Rabehl fort.
Q: Rote Presse-Korrespondenz, Nr. 16, (West-)Berlin, 6.6.1969.

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