Frauenlöhne und Leichtlohngruppen im Jahr 1972

Februar 1972:
In Schweinfurt erscheint die Fichtel und Sachs Betriebszeitung von KAB/ML und RJ/ML 'Roter Torpedo' Nr. 7 (vgl. Jan. 1972, 1.3.1972). Ein Artikel hält fest: "Wichtigste Forderung im 'Jahr der arbeitenden Frau': Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!".
Q: Roter Torpedo Nr. 7, Schweinfurt Feb. 1972, S. 4

Schweinfurt114


13.03.1972:
Bei Siemens Berlin gibt die KPD/ML-ZK vermutlich heute ihren 'Roten Lautsprecher' Nr. 2 (vgl. 21.2.1972, 27.3.1972) heraus. Die KPD/ML-ZK veröffentlicht sodann ihren:"
VORSCHLAG ZUM KAMPFPROGRAMM DER EINHEITSFRONT:

Daß Jungarbeiter und Lehrlinge in der Produktion, Frauen und ausländische Kolleginnen und Kollegen besonders für ungelernte Arbeit im Durchschnitt wesentlich weniger kriegen als andere Kollegen bei gleicher Arbeit, trifft auch bei uns zu. Dagegen, daß die Siemens-Herren die Konkurrenz zwischen uns erhöhen, uns gegenseitig zum Lohndrücken benutzen, unsere Reihen zu spalten versuchen, heißt unsere Forderung: GLEICHER LOHN FÜR GLEICHE ARBEIT!"
Q: Roter Lautsprecher Nr. 2, Berlin März 1972

21.03.1972:
In Berlin wird, nach einem Bericht der KPD/ML-ZB, ein betriebliches Einheitsfrontkomitee für das Siemens-Wernerwerk gegründet und von diesem dann ein Vorschlag für ein betriebliches Kampfprogramm beschlossen. Dieser Vorschlag wird, laut der selben Quelle, noch in der gleichen Woche innerhalb des Betriebes verteilt. Uns lag der folgende Text mit dem Offsetdruck-Erscheinungsbild der KPD/ML-ZB vor:"
VORSCHLAG für ein
KAMPFPROGRAMM DER WERNERWERK-KOLLEGEN

Wenn Männer und Frauen, Facharbeiter und Lehrlinge in der Produktion, deutsche und ausländische Kollegen, Jungarbeiter und ältere Kollegen die gleiche Arbeit verrichten, müssen sie auch den gleichen Lohn erhalten.

Darum fordern wir:
WEG MIT DEN LEICHTLOHNGRUPPEN!
GLEICHE BEZAHLUNG VON DEUTSCHEN UND AUSLÄNDISCHEN KOLLEGEN!
GLEICHER LOHN FÜR MÄNNER UND FRAUEN!
100% DES FACHARBEITERLOHNS FÜR LEHRLINGE IN DER PRODUKTION!"
Q: N.N. (Einheitsfrontkomitee Siemens Wernerwerk Berlin): Vorschlag für ein Kampfprogramm der Wernerwerk-Kollegen, o.O. (Berlin) o.J. (März 1972); Der Rote Blitz Nr. 5, Berlin 6.4.1972

26.03.1972:
Nach einem Bericht der KGB/E wird von gewerkschaftsoppositionellen Kollegen bei Opel-Bochum über Flugblätter zu einer öffentlichen Sitzung aufgerufen, zu der "alle Arbeiter und Angestellten eingeladen worden waren". Diese Sitzung war, laut Projektgruppe Ruhrgebietsanalyse, die Gründungssitzung der Gruppe oppositioneller Gewerkschafter (GOG). U.a. enthält der "Programmvorschlag" die Forderungen im Punkt "Gegen die Spaltung der Belegschaft":
- Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, für Männer und Frauen, für deutsche und ausländische Arbeiter.
- Weg mit den unteren Lohngruppen.
- Weg mit dem spalterischen Punktesystem.
- Gleiche Zulage für alle.
- Streikrecht auch für die Lehrlinge.
- Weg mit dem Ausländergesetz.
- Menschenwürdige Wohnungen für die ausländischen Kollegen.
- Kein Rederecht mehr für Bundeswehroffiziere im Betrieb und in der Schule.
Q: KGB/E: Zur gewerkschaftlichen Arbeit, Bochum o.J.; Projektgruppe Ruhrgebietsanalyse Bochum: Opel streikt. Ausbeutung und Kämpfe bei Opel, Bochum 1973, S. 52;Rote Fahne Nr. 40, Dortmund 7.4.1972, S. 5;Beiträge zur revolutionären Theorie Nr. 7, Bochum 1976, S. 30ff;Kommunistische Arbeiterzeitung Nr. 57, München März 1975;Erwin Bawulski: Die Septemberstreiks 1969 und ihre Folgen unter besonderer Berücksichtigung der Adam Opel AG in Bochum, Dortmund 1974

03.04.1972:
Der KB Bremen gibt vermutlich in dieser Woche die Nr. 3 seiner 'Wahrheit' (vgl. 1.3.1972, 16.5.1972) heraus. Geschildert wird auch:"
DER KAMPF DER WERKTÄTIGEN FRAUEN

Die werktätigen Frauen in unserem Land haben im vergangenen Jahr ihr Haupt erhoben. Sie haben verstärkt am ökonomischen Abwehrkampf der Arbeiterklasse in allen Teilen der großen Industrie teilgenommen und sie haben in vielen Städten der Bundesrepublik, ohne Rückhalt in den bürgerlichen Parteien, zahllose Versammlungen und Demonstrationen für die Abschaffung des reaktionären Abtreibungsparagraphen durchgeführt. Sie haben in diesen Aktionen eine solchen Mut und eine so hohe Kampfbereitschaft gezeigt, daß es ihnen gelungen ist, in wenigen Monaten viele tausende von Frauen und Männern zu einer großen Massenbewegung zusammenzuschmieden im Kampf gegen die reaktionäre und faschistische Ideologie der bürgerlichen Herren von der Justiz, der schwarzen Kirchenmänner und der hohen Herren im weißen Kittel, die auf dem Elend der Frauenmassen sich ihre Luxusvillen errichten.

Die Ursache für den vielfältigen Aufbruch der werktätigen Frauen in der Bundesrepublik liegt in der Stellung der Frauen in der kapitalistischen Klassengesellschaft. Von dem Augenblick an, wo die Frau im vergangenen Jahrhundert mit Beginn des Kapitalismus aus ihrer dumpfen Haussklaverei in der Familie heraustrat und an der gesellschaftlichen Produktion teilnahm, von diesem Augenblick an bekam sie ihre jahrtausendelange Rechtlosigkeit im öffentlichen Leben und ihre Isolierung von der Gesellschaft auf das brutalste zu spüren. Die kapitalistische Produktionsweise stürzte die alte Arbeitsteilung in der Familie der Bauern und der Handwerker völlig um. Die industrielle Massenproduktion von Konsumgütern drückte der alten Hauswirtschaft der Frauen den Stempel der Unproduktivität und der Rückständigkeit auf. Massenhaft strömten die Frauen des sich bildenden Proletariats und zu Anfang auch ihre Kinder in die Fabriken. Indem die große Industrie 'alle Glieder der Arbeiterfamilie auf den Arbeitsmarkt wirft, verteilt sie den Wert der Arbeitskraft des Mannes über seine ganze Familie. Sie entwerte daher seine Arbeitskraft. Der Ankauf der in vier Arbeitskräfte z.B. parzellierten Familie kostet (den Kapitalisten) vielleicht mehr als früher der Ankauf der Arbeitskraft des Familienoberhauptes, aber dafür treten vier Arbeitstage an die Stelle von einem… Vier müssen nun nicht nur Arbeit, sondern Mehrarbeit für das Kapital liefern, damit eine Familie LEBE.' (Marx, Das Kapital, I. Band, S. 414). Wirft also der Kapitalismus gleich zu Anfang die große Masse der Frauen wie die Männer in den gleichen Zustand des Proletariers, so ist doch die Lage der Proletarierin ungleich elender als die des Proletariers. Denn von Anfang an gesteht der Kapitalist den Frauen der Arbeiterklasse das Recht auf Arbeit nicht zu. Bis hinein in das sogenannte Gleichberechtigungsgesetz vom 18.6.1957 entlarvt die Kapitalistenklasse, welchen Nutzen sie immer neu aus der Jahrtausende alten Unterjochung der Frauen zieht. In diesem Gleichberechtigungsgesetz steht ausdrücklich drin: 'Es gehört zu den Funktionen des Mannes, daß er grundsätzlich der Erhalter und Ernährer der Familie ist, während es die Frau als ihre vornehmste Aufgabe ansehen muß, das Herz der Familie zu sein'. Diese Ideologie von der patriarchalischen Stellung des Mannes, die im totalen Widerspruch steht zum tatsächlichen Verhältnis der Frauen und Männer des Proletariats, versucht die Kapitalistenklasse geschickt sich dienstbar zu machen. Einerseits erlaubt der Paragraph 1 356 des arbeiterfeindlichen Gleichberechtigungsgesetzes den Frauen nur solange eine Erwerbstätigkeit, als dies mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar ist. Andererseits verpflichtet der Paragraph 1 360 der Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB, d.Vf.) die Frauen zur Arbeit, wenn der Verdienst des Mannes zum Unterhalt der Familie nicht ausreicht. Beide Paragraphen des frauen- und arbeiterfeindlichen Gleichberechtigungsgesetzes zementieren mit der patriarchalischen Stellung des Mannes gegenüber der Frau zugleich auch die Stellung der Arbeitskraft der Frauen in der Reservearmee der Kapitalisten, ihre Stellung als am meisten ausgebeutete Lohnarbeiter des Proletariats.

DIE FRAUEN SIND DIE BILLIGSTEN LOHNSKLAVEN

Etwa 30% aller Arbeiter sind Frauen. Ebenso hoch ist ihr Anteil an den Angestellten. 20% dieser Arbeiterinnen und anderen werktätigen Frauen verdienen monatlich weniger als 300 Mark, 70% verdienen weniger als 600 Mark, während die Männer der werktätigen Schichten durchschnittlich zwischen 800 Mark und 1 200 Mark im Monat nach Hause bringen (Frankfurter Rundschau (FR, d.Vf.) 7.3.1972). Das bedeutet, daß eine Arbeiterin, vor allem wenn sie Kinder hat, sich nur mit Hilfe ihres Mannes ernähren kann. Hat sie keinen Mann, so steht sie am Rande des Hungers.

90% aller Arbeiterinnen haben keine oder nur eine Anlernausbildung, genauso sieht es für die weiblichen Angestellten aus, die die unteren Positionen der Bürobetriebe ausfüllen. 60% der Arbeiterinnen arbeiten im Akkord. Fast 10% aller dieser Arbeiterinnen unter 30 Jahren sind kreislaufkrank. Das ist ein mehr als doppelt so hoher Anteil an Kreislauferkrankungen als bei den Arbeitern derselben Altersgruppe (Sozialenquete der Bundesregierung). Die großen nervlichen und psychischen Anspannungen, die die immer größere Rationalisierung gerade der Frauenarbeitsplätze mit sich bringt, untergräbt die Gesundheit der Frauen der Arbeiterklasse. Viele landen mit 30 Jahren in den sogenannten Schlafwagenabteilungen der großen Betriebe, weil sie rundum ausgepowert sind. Hier arbeiten sie dann den Rest ihres Lebens für den miesesten Stundenlohn.

Die Frau - das Herz der Familie - ist in Wahrheit der am meisten geschundene und billigste Lohnsklave in unserer Gesellschaft, aus dessen Knochen die Kapitalistenklasse Jahr für Jahr 7, 8 Milliarden Extraprofite herausholt, indem diesen Lohnsklaven die Lohngleichheit mit den anderen männlichen Lohnarbeitern verweigert wird.

Obwohl das Bundesarbeitsgericht (BAG - vgl. 1955, d.Vf.) im Rahmen der Entwicklung des sogenannten Gleichberechtigungsgesetzes bereits 1955 Frauenlohngruppen und Frauenabschlagsklauseln in Tarifverträgen verboten hat, verstehe es fast alle Kapitalisten bis heute in großem Maßstab die Lohngleichheit zu umgehen. An die Stelle der früheren Frauenlohngruppen sind die sogenannten Leichtlohngruppen getreten, die an Tätigkeitsmerkmale wie körperlich leichte Arbeit gebunden sind. Diese Merkmale werden aber fast ausschließlich auf Frauenarbeit angewendet.

'JAHR DER ARBEITNEHMERINNEN' BEGINNT MIT EINEM VERRAT

Die Fessel der Leichtlohngruppen, die die Frauen der Arbeiterklasse häufig bis an den Rand des ökonomischen Ruins bringt, muß gesprengt werden.

Der Aufschwung der Bewegung der werktätigen Frauen im vergangenen Jahr hat deshalb die Losung WEG MIT DEN LEICHTLOHNGRUPPEN an ihre Fahnen geheftet. In der Lohnrunde der Metaller (MTR der IGM, d.Vf.) im letzten Herbst waren der Druck und die Bereitschaft in den Betrieben sehr groß, den Kampf gegen die Leichtlohngruppen zusammen mit dem Kampf um die Erhöhung der Tariflöhne aufzunehmen. Für das Tarifgebiet Unterweser stand dieser Kampf auch schon deshalb ins Haus, weil im Herbst gleichzeitig mit dem Lohntarifvertrag der Lohnrahmentarifvertrag abgelaufen war, in dem die Leichtlohngruppen zementiert sind: Im Herbst wurde die Kampfbereitschaft der Arbeiterinnen und Arbeiter, endlich Maßnahmen gegen die Leichtlohngruppen zu eröffnen, von der Gewerkschaftsspitze abgewiegelt. Wir können nicht gleichzeitig höheren Lohn und die Abschaffung der Leichtlohngruppen durchsetzen, denn dann werden die Kapitalisten unsere eine Forderung gegen die andere ausspielen, so war die Rede der Gewerkschaftsführung im Herbst. Und dies hat vielen Kollegen zunächst mal eingeleuchtet. Nun aber sind viele Monte vergangen, und auch in Hamburg ist seit Dezember (vgl. Dez. 1971, d.Vf.) der Lohnrahmentarifvertrag ausgelaufen, in beiden Gebieten herrscht tarifloser Zustand - und nichts geschieht. So jedenfalls sieht es für Kolleginnen und Kollegen aus, die nicht in der Tarifkommission der IG Metall für das Gebiet Unterweser sitzen.

Der Kampf der werktätigen Frauen in unserem Land ist der Gewerkschaftsführung nicht verborgen geblieben. Sie tarnt sich als Vorkämpferin für die Verbesserung der Lage der Frauen und erklärt das Jahr 1972 zum 'Jahr der Arbeitnehmerin'. Aber was geschieht wirklich? Kaum noch hat die Propaganda für das 'Jahr der Arbeitnehmerin' mit großem Getöse begonnen, da sind hinter dem Rücken der Arbeiterklasse die Würfel über den Kampf gegen die Leichtlohngruppen schon gefallen. Die Gewerkschaftsspitze hat sich mit den Kapitalisten geeinigt, daß der Kampf gegen die Leichtlohngruppen das ganze 'Jahr der Arbeitnehmerin', nämlich bis zum 31.Dezember 1972 NICHT geführt wird (jedenfalls im Tarifgebiet Unterweser). Abermals wird der Kampf verschoben um ein ganzes Jahr. Nur die große taktische Gebärde vom Herbst versteht die Gewerkschaftsführung nicht mehr zu entwickeln, um diese neuerliche Vertagung des Kampfes zu begründen. Deshalb konnten auch nur wenige Eingeweihte auf einem nüchternen Flugblatt erfahren, was die IG-Metallführung für diese Vertagung des Kampfes eingehandelt hat: Für den Verzicht auf den Kampf um die Abschaffung der Leichtlohngruppen erklären sich die Kapitalisten bereit, die Leistungszulage der Stundenlöhnerinnen bis 1974 stufenweise von 14 auf 20% zu erhöhen. DAS ist der Tropfen auf den heißen Stein, den die Gewerkschaft verständlicherweise nicht zu propagieren wagt. Im Gegensatz zu den Führungen der IG Metall werden wir uns nicht scheuen, diesen Verrat am Kampf der Arbeiterklasse den Arbeitermassen bekanntzugeben. Wir werden uns nicht scheuen, es lauthals zu entlarven, daß das Jahr der Arbeitnehmerin mit einem Verrat durch die Gewerkschaftsführung eingeläutet wurde, und daß nur der Kampf dieser Heuchelei ein Ende setzen kann. Deshalb fassen wir den Kampf der Arbeiterinnen und an ihrer Seite den Kampf aller männlichen Kollegen zum diesjährigen 1. Mai erneut unter der Losung zusammen:

WEG MIT DEN LEICHTLOHNGRUPPEN

GLEICHER LOHN FÜR MÄNNER UND FRAUEN

Indem die Gewerkschaftsführung die abermalige Vertagung des Kampfes gegen die Leichtlohngruppen nicht zu begründen weiß, zeigt sie, daß in ihren Köpfen sich die reaktionäre Ideologie der Bourgeoisie von der Minderwertigkeit der Frauen und ihrer Arbeitskraft immer neu durchsetzt. 'Das alte Herrenrecht lebt versteckt weiter' (Lenin), auch in den Köpfen der Gewerkschaftsspitze, die mit einem kurzen Kuhhandel die Einheit der Arbeiterklasse leichtfertig aufs Spiel setzt. Die bewußten Frauen und Männer der Arbeiterklasse wissen, daß die Ideologie von der Vorherrschaft des Mannes mit dem Kampf der Arbeiterklasse und mit ihren Zielen unvereinbar ist, daß diese Ideologie die Einheit der Klasse spaltet, und daß sie die Kampfkraft der gesamten Klasse schwächt. Nur wenn diese gefährliche Ideologie der Bourgeoisie in all ihren Erscheinungsformen offensiv bekämpft wird, wird die besonders scharfe Unterdrückung der werktätigen Frauen in unserer Gesellschaft ihren besonderen heroischen Kampfgeist entwickeln, den sie in allen Revolutionen gezeigt haben. Deshalb, sagt Lenin, schließt unsere Arbeit unter den Frauenmassen 'ein großes Stück Erziehungsarbeit unter den Männern in sich ein. Wir müssen den alten Herrenstandpunkt bis zur letzten, feinsten Wurzel ausrotten - in der Partei und bei den Massen'."
Q: Wahrheit Nr. 3, Bremen Apr. 1972

03.04.1972:
Vor Opel in Bochum wird vermutlich in dieser Woche ein Flugblatt verteilt, aus dem die KPD zitiert:"
AUS DEM FLUGBLATT DER 'OPPOSITIONELLEN GEWERKSCHAFTER DER IG METALL', OPEL/BOCHUM
2.LISTE WÄHLEN!

PROGRAMM DER LISTE 2
'OPPOSITIONELLE GEWERKSCHAFTER IN DER IG METALL'

GEGEN DIE SPALTUNG DER BELEGSCHAFT

1. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, für Männer und Frauen, für deutsche und ausländische Arbeiter!
2. Weg mit den unteren Lohngruppen!
3. Weg mit dem spalterischen Punktesystem! Gleiche Zulage für alle!
4. Streikrecht auch für Lehrlinge!
4. Kein Rederecht mehr für Bundeswehroffiziere im Betrieb und in der Schule!
6. Weg mit dem Ausländergesetz! Menschenwürdige Wohnungen für die ausländischen Kollegen!"
Q: Rote Fahne Nr. 41, Dortmund 19.4.1972, S. 7

13.04.1972:
In Freiburg erscheint vom Maikomitee der Gewerkschaftsjugendgruppen bzw. vom Gewerkschaftlichen Maikomitee der Jugendgruppen der BSE, DruPa, HBV, IGM Emmendingen; OJA der IGM Freiburg; Arbeitskreis Junger Metaller Freiburg (vgl. 5.4.1972, 14.4.1972) das folgende Flugblatt:"
HERAUS ZUM 1. MAI

Demonstrieren wir am 1. Mai unter den Parolen:
GEGEN DIE VERSCHÄRFTEN ANGRIFFE DER KAPITALISTENKLASSE DIE EINHEITLICHE KAMPFFRONT DER ARBEITERKLASSE

- Kampf dem Lohnraub, den Preistreibereien und dem Mietwucher.
- Kampf der verschärften Arbeitshetze, Einfrierung der Akkordnormen.
- Schluß mit den Entlassungen, voller Lohnausgleich bei Kurzarbeit.
- Kampf der Spaltungspolitik des Kapitals, weg mit den unteren Lohngruppen.
- Gleicher Lohn für gleiche Arbeit
- Gleicher Lohn für Männer und Frauen
- Gleicher Lohn für deutsche und ausländische Kollegen
- Angleichung der Löhne von Südbaden und Nordbaden.
- Existenzlohn für Lehrlinge, gegenwärtig 500 DM.
- Streikrecht für Lehrlinge.
- Gegen die Einführung des Stufenplans."
Q: Maikomitee der Gewerkschaftsjugendgruppen: Heraus zum 1. Mai, Emmendingen/Freiburg 12.4.1972

13.04.1972:
Die KPD (vgl. 3.5.1972) berichtet von den Betriebsratswahlen (BRW) bzw. den Belegschaftsversammlungen (BV - vgl. 15.4.1972):"
OPEL/BOCHUM
FÜR DIE WAHL DER OPPOSITIONELLEN LISTE 2!

Die Belegschaftsversammlungen am 13.4. haben gezeigt, daß nur die Kollegen der Liste 2 sich entschieden für die Interessen der Arbeiter und Angestellten der Bochumer Opel-Werke einsetzen werden. Alle 9 Kollegen haben das Wort ergriffen und ihr Programm erläutert. Sie haben ausgeführt, weshalb sie gegen das arbeiterfeindliche Betriebsverfassungsgesetz (BVG, d.Vf.) kämpfen. Sie haben nachgewiesen, daß die Forderungen 'Gleicher Lohn für Männer und Frauen, für deutsche und ausländische Arbeiter' sich gegen die Spaltung der Belegschaft richtet, und die Forderungen gegen kapitalistische Rationalisierung erhoben, die geeignet sind, die rote Einheitsfront bei Opel zu schaffen."
Q: Rote Fahne Nr. 42, Dortmund 3.5.1972, S. 5

Juni 1972:
Der DKP-Kreisvorstand Hamburg-Wandsbek gibt die Nr. 9 seiner 'Wandsbeker Metall Information' (vgl. 1972, 1972) heraus mit dem Artikel "Frauen verdienen bis zu 500,- DM weniger als Männer" mit Bericht von Pleuger.
Q: Wandsbeker Metall Information Nr. 9, Hamburg Juni 1972, S. 7

Hamburg_Wandsbek093


September 1972:
Vermutlich im September gibt in München die Siemens-Betriebsgruppe der ABG ihre 'Auf Draht' Nr. 18 (vgl. Aug. 1972, 9.10.1972) heraus mit dem Artikel "Frauen im Betrieb" zum "Jahr der arbeitenden Frau 1972" des DGB und auch zu den Leichtlohngruppen mit der Einladung zum neuen Arbeiterzirkel am 22.9.1972.
Q: Auf Draht Nr. 18, München Sept. 1972, S. 6ff

Muenchen_Siemens190

Muenchen_Siemens193


09.09.1972:
Vermutlich auf der heute stattfindenden 5. Bezirksvorstandstagung Ruhr-Westfalen der DKP wird das folgende anonyme Papier zur Metall- (MTR) bzw. Stahltarifrunde (STR) der IGM verbreitet:"
ZUR LOHNRUNDE IN DER METALL-INDUSTRIE

Das letzte Lohnabkommen in Baden-Württemberg (NB/NW, d.Vf.) brachte ein Ergebnis, das zum Modellfall für alle anderen Bezirke wurde.

Der Wegfall von Leichtlohngruppen, aus vielen Betrieben gefordert, hatte keinen Erfolg.

STREICHUNG DER LOHNGRUPPEN 1 UND 2 GLEICH FRAUENLOHNGRUPPEN

Von rund 4 Mio. Metallarbeitern sind eine Mio. Frauen. Eine Untersuchung in NRW von 112 919 Metallarbeiterinnen ergab, daß 66, 7% in den Lohngruppen 1 und 2 und weitere 26, 7% in den Lohngruppen 3 und 4 beschäftigt sind.

Die Forderung nach ersatzloser Streichung der Lohngruppen 1 und 2 ist daher richtig und muß voll unterstützt werden. Die Lohngruppen 1 und 2 sind Bestandteil des L.R.A. ab 1. Mai 1970, sie sind inzwischen aufgekündigt und Gegenstand von Verhandlungen zwischen IG Metall und Arbeitgeberverbände in NRW. Bisher allerdings ohne Ergebnis. Hier muß umgehend stärker auf die Tarifkommission und Verhandlungskommission eingewirkt werden.

Keinesfalls darf die berechtigte Forderung nach Abschaffung der Frauenlohngruppen - Leichtlohngruppen 1 und 2 - zu keinem Tauschobjekt in der Lohnrunde werden. Es darf nicht zugelassen werden, daß die notwendige Forderung von 12% durch sogenannte 'Extras' (z.B. L.-Gruppe 1 und 2 - der Lohnschlüsselaufbau) verwässert und durchlöchert wird."
Q: N.N. (DKP): Zur Lohnrunde in der Metall-Industrie, o.O. o.J. (1972)

Oktober 1972:
In München gibt die Betriebsgruppe der ABG im Pressehaus Bayerstraße (PHB) ihren 'Roten Aufmucker' Nr. 19 (vgl. Sept. 1972, 20.11.1972) heraus. Aufgerufen wird:"
Frauen aufgepaßt: Gewerkschaften stärken!

Denn wie anders sollen Forderungen wie 'gleicher Lohn für gleiche Arbeit' erfüllt werden, als durch unsere Stärke, den gewerkschaftlich organisierten Kampf?

Also Kolleginnen, gebt euch einen Ruck und kommt in die IG Druck und Papier, in der die Kollegen der Technik zu 80% organisiert sind!"
Q: Roter Aufmucker Nr. 19, München Okt. 1972

01.10.1972:
In Passau findet ein DGB-Frauentreffen für Oberpfalz und Niederbayern mit, laut ABG und SBG, 1 000 Personen statt, die u.a. aus Regensburg kommen.

Aufgerufen wurde u.a. durch die SBG Regensburg im DruPa- (vgl. Sept. 1972) und so im IGM-Bereich (vgl. 25.9.1972):"
1972: JAHR DER FRAU

Wir Frauen schuften in Fabriken und Büros. Wir sind am Abend genau so müde wie unsere Männer, doch wir verdienen weniger Geld, obwohl die Arbeitsmedizin schon längst erwiesen hat, daß ständige Konzentration wie beim Tippen oder Kontaktieren genauso belastend ist wie Schwerstarbeit.

Kolleginnen und Kollegen, nehmt an dieser Fahrt teil! Laßt es nicht zu, daß die Gewerkschaftsführung aus dem gewerkschaftlichen Treffen eine Touristenfahrt mit Kaffeeklatsch macht! In der kommenden Tarifrunde (MTR, d.Vf.) müssen unsere Forderungen erkämpft werden:
- Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!
- Weg mit den Leichtlohngruppen!
- Gleiche Ausbildungsmöglichkeiten für alle!
- Gleicher Zugang zu allen Berufen!
- Mehr Kindergärten und Hortplätze!
- Weg mit Paragraph 218!"
Q: Arbeitersache Nr. 24 und 25, Regensburg Sept. 1972 bzw. Okt. 1972, S. 3 bzw. S. 2; Roter Widerdruck Nr. 9, Regensburg Sept. 1972, S. 7;Kommunistische Arbeiter Zeitung Nr. 28, München Okt. 1972

02.10.1972:
Der KABD (vgl. 9.10.1972) berichtet vermutlich aus dieser Woche, unter leicht übertriebener Überschrift:"
IG METALL-VERTRETER FORDERN 15% MEHR LOHN

Die Vertreterversammlung der IG Metall in Wolfsburg hat für die bevorstehende Tarifrunde die Forderung nach 14% mehr Lohn für die Arbeiter der metallverarbeitenden Industrie Niedersachsens und des VW-Werkes aufgestellt. In dem Initiativantrag an die Große Tarifkommission heißt es:
'Die Lohnbetrugsgruppe für Frauen und junge Kollegen, die sogenannten Leichtlohngruppen I und II und die Abzugsrelation werden ersatzlos gestrichen.'"
Q: Kommunistische Pressekorrespondenz Nr. 40, Tübingen 9.10.1972, S. 5

09.10.1972:
Frühestens in dieser Woche gibt in München die Siemens-Betriebsgruppe der ABG ihre 'Auf Draht' Nr. 19 (vgl. Sept. 1972, 20.11.1972) heraus mit dem Leitartikel "Weg mit den Leichtlohngruppen!".
Q: Auf Draht Nr. 19, München Okt. 1972, S. 1

Muenchen_Siemens195


12.10.1972:
Der Kommunistische Bund Göttingen (KBG - vgl. Nov. 1972) berichtet:"
Bei Mannesmann-Röhrenwerke in Düsseldorf-Lierenfeld beschloß der Vertrauensleutekörper am 12.10. die Forderung 150 DM mehr für alle! Abschaffung der unteren Lohngruppen!"
Q: Der Metallarbeiter Nr. 1, Göttingen Nov. 1972, S. 3

16.10.1972:
Vermutlich in dieser Woche geben in München die Stadtteilgruppen der ABG die Nr. 14 ihres 'Roten Anzeigers' (vgl. Sept. 1972, Nov. 1972) heraus. Bezüglich Frauen wird in "Weg mit den Leichtlohngruppen!" eingegangen auf die Chemietarifrunde (CTR) der CPK und die Kontaktiererinnen bei Siemens Balanstraße München.
Q: Roter Anzeiger Nr. 14, München Okt. 1972, S. 4

Muenchen_ABG193


16.11.1972:
Die Marxisten-Leninisten (ML) Dortmund (vgl. 4.12.1972) berichten selbst:"
VERANSTALTUNG DER MARXISTEN-LENINISTEN ZUR BUNDESTAGSWAHL

Vor etwa 60 Sympathisanten und Mitgliedern der Marxisten-Leninisten Dortmunds wurden vier Referate gehalten, anschließend diskutierten wir mit den Besuchern unserer Veranstaltung und den anwesenden Vertretern verschiedener kommunistischer Organisationen über unsere unterschiedlichen politischen Auffassungen. … Im letzten Referat ging ein Genosse auf die Lohnkämpfe der letzten Jahre ein, die ein wichtiger Hintergrund für die anstehende Metalltarifrunde (MTR der IGM, d.Vf.) sind. 'Gerade bei den Tarifkämpfen der letzten Jahren erkannte eine immer größer werdende Zahl von Kollegen, daß die Politik der SPD und Gewerkschaftsführung ihren Interessen, den Interessen der Arbeiterklasse, widerspricht.

Diese Tendenz des selbständigen Kampfes gegen das Kapital und den Verrat der Gewerkschaftsbonzen muß in der diesjährigen MTR verstärkt werden, um zu einem gemeinsamen Erfolg zu kommen. Weiter muß der Charakter der Forderungen darauf ausgerichtet sein, die Arbeiterklasse zu vereinigen, d.h. es müssen überall lineare Lohnerhöhungen durchgesetzt werden, die Leichtlohngruppen müssen fallen!'"
Q: Die Rote Front Nr. 3, Extra Gegen Ausbeuterpolitik Für Arbeiterpolitik! und Nr. 4, Dortmund Nov. 1972, Nov. 1972 bzw. Dez. 1972, S. 6, S. 1f bzw. S. 4

11.12.1972:
Vermutlich in dieser Woche erscheint von den Marxisten-Leninisten (ML) Castrop-Rauxel, den ML Dortmund, den ML Hagen und der Proletarischen Linken (PL) Hamm ein Flugblatt zur Metalltarifrunde (MTR) der IGM:"
RESOLUTION ZUR METALLTARIFRUNDE: GEGEN STABILITÄTSPAKT UND KONZERTIERTE AKTION DEN KLASSENBEWUSSTEN GEWERKSCHAFTLICHEN KAMPF!

Fest steht aus den Erfahrungen der letzten Jahre auch, daß die Gewerkschaftsführung den Kollegen den üblichen Verrat durch das Hochspielen einiger zusätzlicher Forderungen versüßen will. Das wird immer dann gemacht, wenn die Kollegen sich gegen den schleichenden Verrat zu wehren beginnen. Die Gewerkschaftsführung fährt dann alles auf, was sie an Täuschungsversuchen zu bieten hat. Mitbestimmung, Vermögensbildung, Überführung der Monopole in Gemeineigentum und ähnliche Versprechungen für die Zukunft. In Lohnkämpfen sind die Gewerkschaftsbonbons für die Kollegen dann ein Urlaubstag mehr oder ein paar Prozente beim Weihnachts- oder Urlaubsgeld. Gerade in diesen Nebenforderungen kommt es darauf an, sofort zu Beginn der Lohnkämpfe Rede und Antwort zu verlangen.

Denn durch 10 verschiedene Lohngruppen wird die Arbeiterklasse in Mann und Frau, in deutsche und ausländische Kollegen gespalten. Die Altersabschläge für die jungen Kollegen spalten die Arbeiterklasse zudem in Jung und Alt, die analytische Arbeitsplatzbewertung (AAB, d.Vf.) in Arbeiter, die etwas leisten, und andere, die faulenzen. Das alles findet die sozialdemokratische Gewerkschaftsführung in Ordnung. Z.B. soll die Arbeitsplatzbewertung der Kapitalisten nach ihrer Meinung 'größere Gerechtigkeit schaffen'. Das alles zeigt, daß die Gewerkschaftsführung nichts anderes im Sinn hat, als die Interessen der Arbeiterklasse an die Kapitalistenklasse zu verkaufen.

Wenn die Gewerkschaft jetzt fordert, daß die Leichtlohngruppen abgeschafft werden sollen, dann fragen wir uns, wieviel Kollegen überhaupt noch in diesen Lohngruppen arbeiten. Geht es hier nicht um eine Vorweganhebung SÄMTLICHER unteren Lohngruppen? Warum hat außerdem die IGM-Führung darauf verzichtet, schon im letzten Jahr die Leichtlohngruppen zu kündigen, was nach dem Lohnrahmentarif möglich war?

Gerade jetzt ist hier das einheitliche und geschlossene Vorgehen aller Kollegen entscheidend. Denn mit dem Lohnrahmentarifvertrag, wie der Tarifvertrag über die analytische Arbeitsplatzbewertung gekündigt worden (?, d.Vf.). Darum gilt es jetzt besonders, die unteren Lohngruppen an das Lohnniveau der Kollegen anzugleichen. Denn es gilt noch immer: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!"
Q: ML Castrop-Rauxel, ML Dortmund, ML Hagen, PL Hamm: Resolution zur Metalltarifrunde: Gegen Stabilitätspakt und Konzertierte Aktion den klassenbewußten gewerkschaftlichen Kampf, Dortmund o.J. (1972)

15.12.1972:
Die Marxisten-Leninisten (ML) Dortmund (vgl. 18.12.1972) berichten vermutlich Ende dieser Woche von der MTR:"
METALLTARIFRUNDE: EINIGKEIT MACHT STARK

Für bestimmte Schichten der Arbeiterklasse müssen darüberhinaus noch besondere Forderungen gestellt werden, um sie an das Lohnniveau und den Lebensstandard des Durchschnittsarbeiters heranzuführen:
STREICHUNG DER LOHNGRUPPEN 1 UND 2!
VORWEGANHEBUNG DER UNTEREN LOHNGRUPPEN!
WEG MIT DEN ALTERSABSCHLÄGEN FÜR JUNGE KOLLEGEN!"
Q: Die Rote Front Nr. 5, Dortmund Dez. 1972, S. 1f und 4f