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Der Lehrlingskongress der Jungsozialisten der SPD am 28.11.1970 in Düsseldorf

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 6.12.2006


Hier werden nur wenige Dokumente des APO-Archivs vorgestellt, die allesamt peripher bleiben, da die Protokolle des Kongresses selbst und seiner Arbeitsgruppen nicht vorrätig waren.

Es tummeln sich wohl fast Abgesandte aller Fraktionen der Lehrlingsbewegung, die damals bundesweit, örtlich oder regional Rang und Namen hatten, oder solchen zumindest gerne hätten. Die mehrheitlichen Hamburger blieben wohl wieder mal daheim. Die waren auch später als KB nur selten für zentrale Zelebrierungen. Profitiert haben aber vermutlich alle Fraktionen allein die Jusos selbst kommen eher schlecht weg, und auch zahlreiche unorganisierte Lehrlingszentren scheinen sich überfahren zu fühlen, vor allem vom KJVD der KPD/ML-ZB, der den Kongress, zu dem er eine Sondernummer seines 'Der Kampf der Arbeiterjugend' herausgab (vgl. 28.11.1970), offensichtlich dominierte und sich umfassend erfolgreich wähnte.

Die stets beschaulich-theoretisierenden Jusos hatten vermutlich viel Mühe in die programmatische Vorbereitung investiert (vgl. Jan. 1970), die bolschewistisch-trotzkistische Revolutionär-Kommunistische Jugend (RKJ) holte das bewährt in weit kürzerer Zeit nach (vgl. Nov. 1970), ebenso wie die konkurrierende, lambertistisch-trotzkistische Internationale Arbeiterkorrespondenz (IAK – vgl. 8.11.1970) bzw. deren Junge Garde (JG), die sich in der Auswertung als durchaus gewitzt erweist, aber mit ihrem schon damals alle entnervenden Wiedervereinigungsgerede aufgrund historisch hergeholter gesamtdeutscher Ideologie-Konstrukte vermutlich die eigentliche Schuld an der aktuellen Misere trägt.

Die schwäbisch-fränkische RJ/ML des KAB/ML bleibt vermutlich daheim, empört sich aber über den KJVD der KPD/ML-ZB (vgl. Jan. 1971) und berichtet vorher brav von den Befürchtungen der Mutterpartei der Jungsozialisten (vgl. 12.11.1970), die sich nur zu sehr bewahrheiten sollen. Die jungen Sozialingenieure sind einfach nicht zahlreich genug, oder der KJVD der KPD/ML-ZB hat bessere Stimmen in seinen Sprechchören, irgendwie klappt es alles nicht recht für die jungen Sozialisten von der damals frei-liberal koaliert regierenden Demokratiepartei.

Die Junge Garde der IAK kann ihre Forderungen zumindest in einer Arbeitsgruppe bequem durchsetzen, sind diese doch recht populär, im Plenum aber war vermutlich vor allem der KJVD am Kämpfen, der 'Sozialfaschismus' wird von ihm nicht nur öffentlich angeklagt, vermutlich fühlen sich die Freunde des KJVD der KPD/ML-ZB auch gar dem Sozialfaschismus – und dem mit ihm sicher in irgendeiner Verbindung stehenden Trotzkismus, welcher Spielart auch immer – überlegen, stellen sie doch offenbar die stärkste organisierte Fraktion des Kongresses. Hätten die Jusos, doch bloß brav auf die Warnungen der SPD gehört!

Während die Junge Garde der IAK in Düsseldorf noch nicht direkt zu Punkten vermag, ihr Jugendprogramm nicht diskutiert wird, sie aber natürlich durch ihre Arbeit im Frankfurter Lehrlingscenter (FLC) auf dem Anschlusskongress der Lehrlingsbewegung vertreten ist (vgl. 13.2.1971), profitiert nicht nur der KJVD, der auf dem nächsten Kongress der Lehrlingszentren kaum vertreten zu sein scheint, durch Stärkung seiner eigenen Reihen, wertet es als großen Erfolg, auch die KJO Spartacus vermag die nordwürttembergische Freie Sozialistische Jugend (FSJ – vgl. 25.12.1970) für sich zu interessieren, was in den folgenden Jahren zu hartnäckig anhaltenden örtlichen spartacistischen Umtrieben u.a. in Bietigheim, Kornwestheim, Ludwigsburg und auch Stuttgart führt, also praktisch fast die gesamte Region Baden-Württemberg der KJO Spartacus bzw. später des Spartacusbund initial aufbaut.

Die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) der DKP scheint das ganze Ereignis verpasst zu haben, oder sie hielten die Jusos von vornherein für akademisch inspirierte Missionare, die für den Lehrlingsbereich unbedeutend seien, die DKP beklagt immerhin die Disziplinierung der Jusos. Zumindest die AMS Spartakus der DKP wird auch von der DruPa gescholten, die RKJ beklagt ihr unkoordiniertes Vorgehen, was auf dem Kongress in Frankfurt besser werden soll, allerdings geht sie dort eher in Deckung und ihre Kader verstecken sich als Delegierte von Lehrlingsgruppen, vermutlich ohne rote Fahnen zu schwenken oder sich selbst als einzige Avantgarde darzustellen, wie dies in Düsseldorf offenbar Junge Garde der IAK und KJVD der KPD/ML-ZB in trauter Konkurrenz zelebrierten.

Anders hält es der 'Express International', in dem neben den Kadern der GIM auch die Freunde des Sozialistischen Büros mitarbeiten. Hier wird nicht nur zentristisch die Einheitlichkeit der Forderungen der Lehrlingsbewegung betont, obwohl es darüber ja im Detail doch oft heftiges Hickhack gibt, sondern auch bereits die Abgrenzung der SPD gegenüber den Linksradikalen vermeldet.

Diese vollzieht im Gefolge des Düsseldorfer Kongresses offenbar im Unterbezirk Dortmund der Jungsozialisten der SPD Klaus Marciniak (vgl. Dez. 1970), erntet aber durchaus Widerspruch (vgl. 17.2.1971).

Empört über den KJVD der KPD/ML-ZB zeigt sich vermutlich auch der DKP Kreisvorstand Kassel (vgl. 7.12.1970). Die KPD/ML-ZB aber zeigt sich auch anlässlich des nächstens Juso-Kongresses unversöhnlich mit den jungen Sozialdemokraten (vgl. 10.12.1970).

Der Stuttgarter Bosch-Betriebsgruppe der DKP (vgl. Jan. 1971) verdanken wir Hinweise auf die Fernsehberichterstattung, sowie einen erneuten Beleg für den Katzenjammer der DKP, die den Kongress irgendwie übersehen haben muss.

Der KJVD hat die Jusos nun, unter Berufung auf den Düsseldorfer Kongress, endlich auch als Sozialfaschisten ausgemacht (vgl. 10.1.1971), die auch noch nicht einmal etwas in der Arbeiterjugend zu melden hätten (vgl. März 1971), die RKJ der GIM dagegen beklagt wiederholt ihre mangelnde Vereinheitlichung und bereitet so den Frankfurter Lehrlingskongress vor (vgl. 20.1.1971, 28.1.1971, 31.1.1971).

Abschließend schildert der KJVD der KPD/ML-ZB die sozialdemokratische Krisenlösung, die nur dank der engen Verquickung der SPD mit der Gewerkschaftsbürokratie machbar scheint (vgl. 29.3.1971).


Auszug aus der Datenbank "Materialien zur Analyse von Opposition" (MAO)

Januar 1970:  Der KJVD der KPD/ML-ZB (vgl. Mai 1971) berichtet von der Vorbereitung des Lehrlingskongresses der Jusos der SPD (vgl. 28.11.1970):"
Die Jusos hatten monatelang an der Vorbereitung dieses Kongresses gearbeitet. Schon seit Beginn des letzten Jahres warben sie in den Zeitungen der verschiedensten ihnen politisch nahestehenden Jugendorganisationen für ihre Forderungen und Parolen. Sie waren daran gegangen 'Lehrlingszirkel' zu gründen, in denen sie mit den Lehrlingen arbeiten möchten. Sie machten einen Riesenwerberummel für den Kongreß selbst."
=Der Kampf der Arbeiterjugend Nr.5,Bochum Mai 1971,Beilage,S.2

November 1970:  Die RKJ Düsseldorf der GIM (vgl. Okt. 1970, 9.12.1970) berichtet über sich selbst:"
Ab Anfang November begannen dann die Vorbereitungen für den Brüsseler Kongreß (vgl. Nov. 1970,d.Vf.) und den Juso-Kongreß (vgl. 28.11.1970,d.Vf.) in Düsseldorf. Hierbei wurden vor allem in verschiedenen Arbeitskommissionen theoretische Vorarbeiten geleistet. Die Auswertung der Ergebnisse der Vorbereitungen und des Brüsseler Kongresses ist in einzelnen Bereichen schon vorangeschritten und wird in Seminaren der RKJ diskutiert werden. Das erste Seminar findet statt über Lehrlingsarbeit."
=RKJ-Info Nr.9,Mannheim Mitte Januar 1971,S.7

08.11.1970:  In Hessen finden die Landtagswahlen (LTW - vgl. **.**.1966, **.**.197*) statt. Im Wahlaufruf der IAK, "Arbeiter, wählt SPD in den hessischen Landtagswahlen!", der im Okt. 1970 verbreitet wird, heißt es u.a.:"
Zwingt die SPD und die Jungsozialisten, die Kämpfe der Schüler, Lehrer und Eltern mit zu organisieren; fordert sie auf, allgemeine Versammlungen der Auszubildenden in den einzelnen Städten gemeinsam mit dem DGB zu organisieren, mit den Forderungen der Jugend auf qualifizierte Ausbildung - als eine Vorbereitung für den Lehrlingskongreß in Düsseldorf (vgl. 28.11.1970,d.Vf.).
Internationale Arbeiterkorrespondenz Nr.33 und 34,Frankfurt Okt. 1970 bzw. Nov./Dez. 1970,S.3ff und 17 bzw. o.S.

12.11.1970:  Die RJ/ML des KAB/ML (vgl. Dez. 1970) berichtet von der Vorbereitung des Juso-Lehrlingskongresses (vgl. 28.11.1970):"
SPD-JUGEND UNTER DEM KNEBEL DER PARTEIBÜROKRATIE

Genauso wie die SPD-Bonzen in der Regierung mit Lohnsteuervorauszahlung, konzertierter Aktion und dem Berufsbildungsgesetz (BBiG,d.Vf.) den Kapitalisten helfen, die Arbeiter und Lehrlinge auszubeuten, so versuchen sie auch innerhalb ihrer eigenen Partei, jeden fortschrittlichen Versuch zu unterdrücken, der die kapitalistische Profitgier und die Ausbeutung der Lehrlinge enthüllt.

Folgendes ist geschehen:
Am Donnerstag, den 12.11.1970 zog das Parteipräsidium der SPD ein bereits gedrucktes Plakat der Jungsozialisten (kurz: Jusos) ein, auf dem für einen Lehrlingskongreß der Jusos geworben wurde. Auf dem Plakat war eine geballte Faust abgebildet, und darauf stand: 'Ausbildung statt Ausbeutung'.

So etwas mußte dem SPD-Parteipräsidium natürlich als eine offene Provokation erscheinen. Entsprechend war ja auch die Reaktion: Einzug des Plakats, damit die Jusos ja nicht glauben, sie könnten die augenblickliche Stütze des Kapitalismus, die SPD, von innen her aushöhlen.

Die fortschrittlichen Kräfte unter der sozialdemokratischen Jugend sollten an diesem Beispiel erkennen, daß eine Vertretung der Interessen der werktätigen Jugend INNERHALB der SPD ein Unding ist. Eine Partei, die sich, so wie die SPD, den Interessen des Monopolkapitals verschrieben hat, stellt keine geeignete Organisation für diejenigen dar, die tagtäglich eben von diesem Monopolkapital ausgebeutet und unterdrückt werden und deren demokratische Rechte abgebaut werden.

Die werktätige Jugend muß sich eine eigene Organisation schaffen, in der sie den Kampf gegen den Kapitalismus und all seine Übel SELBSTÄNDIG und IM VERTRAUEN AUF DIE EIGENE KRAFT FÜHRT!"
=Rebell Nr.1,Tübingen Dez. 1970,S.5

28.11.1970:  In Düsseldorf beginnt der zweitägige Lehrlingskongreß der Jusos der SPD, der, laut KJVD der KPD/ML-ZB, von ca. 1 500 Personen besucht wird, worunter sich 300 - 500 Junggewerkschafter, 200 Jusos, 220 vom LV NRW des KJVD (allerdings auch Studenten und Schüler) und ca. 100 - 150 aus dem ganzen Bundesgebiet angereiste Trotzkisten von KJO Spartacus, RKJ der GIM und Junger Garde (JG) der IAK befunden hätten.

Dieser Kongreß stehe im Zusammenhang mit dem Bundeskongreß der Jusos vom 10. - 13.12.1970 (vgl. dort), hier solle ein Aktionsprogramm verabschiedet werden, welches in enger Zusammenarbeit mit Gewerkschaftsjugend- und Lehrlingsbasisgruppen erarbeitet werden solle. Der KJVD weist bereits am 7.Oktober auf diesen Juso-Kongreß hin, was eine langfristige Mobilisierung vermuten läßt.

Die RJ/ML des KAB/ML (vgl. Dez. 1970) berichtet von Problemen mit der SPD im Vorfeld (vgl. 12.11.1970).

Von der Vorbereitung des Kongresses berichtet H.A. Ludwig für die IAK:"
Das gesamte Agitations- und Propagandamaterial für den am 28. und 29. November in Düsseldorf vom Bundesvorstand der Jungsozialisten organisierten Lehrlingskongreß ist vom Geschäftsführer der SPD, Wischnewski, eingestampft worden. ...

Am 28./29.November organisieren die Jusos einen Lehrlingskongreß. In vielen Ortsvereinen und Bezirken hatten Jungsozialisten begonnen Lehrlingszirkel zu bilden. Die Jusos - meistens Studenten, Beamte, Lehrer - wollten so – mehr oder weniger bewußt - über die Arbeiterjugend Verbindung zur Arbeiterklasse herstellen. Die Erfahrungen der jüngsten Klassenkämpfe beweisen, daß die arbeitende Jugend am raschesten in Aktion tritt."

Für die Junge Garde (JG) der IAK berichtet Toni Goergensen in einem Artikel "Lehrlingskongreß: Entlarvungskongreß der Jusos" so:"
DER KAMPF DER JUGEND ...
Die Jugend hat den Kampf aufgenommen, den Kampf gegen die Gesetze des Staates, die den Ausbeutungsgelüsten der Unternehmer entsprechen: gegen das Berufsbildungsgesetz (BBiG,d.Vf.), gegen Verkürzung der Schul- und Studienzeit für eine große Zahl der Jugendlichen, gegen Ausschluß der Masse der Jugend von den Universitäten durch numerus clausus (NC,d.Vf.), gegen Lehrermangel und Schulausfall vor allem an den Berufsschulen.

Die sozialdemokratische Partei, der verräterische Kontrolleur der deutschen Arbeiterklasse, sieht beunruhigt und nervös das engagierte Auftreten der Jugend. Waren nicht die Kämpfe der französischen Studenten im Mai 1968 das Signal für den Generalstreik der Arbeiter? Ging nicht dem Streik der Fiat-Arbeiter die Besetzung der Fakultät in Rom voraus? Waren nicht dem monatelangen Generalstreik der General-Motors-Arbeiter in den USA die studentischen Demonstrationen vorhergegangen? Folgten nicht der Aktivität der spanischen Jugend die Kämpfe der Arbeiter in Asturien, Granada und jetzt in der baskischen Provinz? War nicht die Mobilisation der deutschen Studenten ein Signal für die großen Streiks an der Ruhr?

Die kämpfende Jugend ist keine isolierte Ausnahmeerscheinung. Die Kämpfe der Jugend tragen den Stempel der Klassenkämpfe, sind das Signal für die entscheidenden Auseinandersetzungen zwischen Arbeiterklasse und Bourgeoisie! Das Signal für die sozialistische Revolution!

... UND DIE SOZIALDEMOKRATIE

Die SPD fürchtet die unausweichliche Verschärfung der Klassenkämpfe und setzt alle Mittel in Bewegung, um die Arbeiterklasse von ihrem berechtigten Kampf um ihre Forderungen abzuhalten, um sie im Interesse der Unternehmer einem angeblichen 'Gemeinwohl' zu unterwerfen und sie so zur Ruhe zu zwingen. Will die SPD ihre Aufgabe konsequent erfüllen, muß sie sich auch der Jugend in den Weg stellen, muß sie verhindern, daß die Arbeiterjugend als engagierte Vorhut der Arbeiterklasse gegen das Kapital und seinen Staat auftritt. Die SPD kontrolliert die Jugend nicht mehr direkt. Sie mußte erfahren, daß ein großer Teil der Jugend bereit ist, sich revolutionären Organisationen anzuschließen, Organisationen, die allein einen erfolgreichen Kampf gegen das Kapital garantieren können. Doch gleichzeitig hat sich gezeigt, daß die Masse der Jugend noch in Reformillusionen verhaftet ist, daß sie den Reformstrategen Gorz und Mandel, die sich ein linkes Mäntelchen ungehängt haben, noch glauben. Und diese Situation will die SPD für sich ausnutzen, ebenso wie die Gewerkschaftsbürokraten und die Stalinisten. Und in diesem Sinne unterstützt die SPD-Führung trotz aller anfänglichen Schwierigkeiten und Auseinandersetzungen schließlich noch den Lehrlingskongreß, den die Jusos am 28./29.11.1970 in Düsseldorf veranstalteten.

STATT KLEINGEPLÄNKEL: LANGFRISTIGE STRATEGIE FÜR UNSEREN KAMPF!

Das Programm für den Kongreß drückt seine ganze Ziel- und Sinnlosigkeit aus. Der Kongreß hatte die Aufgabe, einen Überblick über die wichtigsten 'Reforminitiativen' zur mangelhaften Berufsausbildung und dem Berufsbildungsgesetz (BBiG,d.Vf.) zu geben. Die Lehrlinge sollten die Möglichkeit erhalten, noch einmal - wie oft wohl schon? - über ihre schlechte Situation in Schule und Betrieb zu jammern, über Erfahrungen aus den Lehrlingszentren und bei Demonstrationen zu berichten. Aus diesem zu erwartenden Sammelsurium von praktischen Erfahrungen sollte nach Auffassung der Jusos wie durch ein Wunder ein Konzept für die weitere Organisierung der Lehrlingsarbeit entstehen, denn eins zeigte sich sofort: die Jusos selbst hatten nicht die geringste Vorstellung zu einer langfristigen Strategie entwickelt. Der Verdacht, den wir schon vorher in unserer Sondernummer (Junge Garde: Juso-Spitze fesselt den Kampf der Lehrlinge) geäußert hatten, bestätigte sich bis zur Absurdität. Nachdem sich die Lehrlinge genügend über 'Ausbeutung statt Ausbildung' beklagt hatten, sollten sie wieder nach Hause fahren, weiter in Lehrlingszentren herumwurschteln oder durch Straßenfegen die Bevölkerung 'aufklären'. Was sie nicht sollten, war eine gemeinsame Strategie entwickeln, die allen Lehrlingen ein einheitliches Vorgehen ermöglicht, die die konzentrierte Kraft aller Lehrlinge an die Seite der Arbeiterklasse gegen die Unternehmer stellt. Eine solche Strategie lag nicht im Konzept der Jusos, dem verlängerten Arm der SPD in der Jugend! Die 'antiautoritäre' Vorgehensweise der Jusos brachte den Kongreß mehrmals an den Rand der Auflösung. Der Erfolg war, daß bestimmt ein großer Teil der Lehrlinge ein für alle Mal die Nase voll hat vom 'Lehrlingskampf'; daß sie nach den Erfahrungen mit dem Lehrlingskongreß nichts mehr von der unbedingten Notwendigkeit des organisatorisch und politisch zentralisierten Kampfes wissen wollen: daß sie sich durch die Aussichtslosigkeit ihres weiterhin isolierten Vorgehen in einzelnen Städten ihren Ausbeutern für alle Zukunft ausliefern!

JUSOS WOLLEN UNS DIE REFORMIERBARKEIT DES KAPITALISMUS EINREDEN

Die Jusos haben dem Kongreß nichts so klar zur Schau gestellt wie den kleinbürgerlichen Charakter ihrer Organisation. Sie gaben vor, gegen die offizielle SPD-Führung das Interesse der Lehrlinge vertreten zu wollen. Doch sie haben über die Hintergründe, die zum Berufsbildungsgesetz geführt haben, geschwiegen. Sie haben nicht gezeigt, daß das Berufsbildungsgesetz für die Unternehmer notwendig war, um sich auf eine weitere Automatisierung der Produktion vorzubereiten, die viele Fachkräfte überflüssig macht. Darum drängten die Unternehmer auf ein Gesetz, daß ihnen den Angriff auf die Ausbildung ermöglicht - und die SPD hat es für sie verabschiedet. Die SPD liefert über das Gesetz den Unternehmern in Zukunft schnell angelernte Halbanalphabeten, die den Ausbeuterinteressen besser zu unterwerfen sind, da sie viel abhängiger sind als ausgebildete Arbeiter, und so hilflos an das Kapital gebunden sind.

Die Jusos haben kein Wort über die Krise des Kapitals verloren, die die Unternehmer zu einem großangelegten Angriff auf die gesamte Arbeiterklasse zwingt. Steigende Lebenshaltungskosten, Inflation, Kürzung der Überstunden, verkürzte Vorgabezeiten, schlechte Ausbildung, Rationalisierungen, Arbeitslosigkeit, das ist die Zukunft, die sich schon jetzt für uns abzeichnet.

Doch vor dieser Entwicklung stellen sich die Jusos blind.

KLASSENKAMPF!

Ebensowenig wie die Jusos den Streik der Arbeiter im Herbst 69 und 70 aktiv unterstützt haben, führen sie den Kampf der Lehrlinge gegen das Kapital. Ihr Ziel ist die Reformierung der SPD und nicht der revolutionäre Kampf KLASSE GEGEN KLASSE. In ihrer kleinbürgerlichen Angst klammern sie sich an den Unternehmerpartner der Regierung, die FDP, und übersehen die Vorbereitungen der gesamten Bourgeoisie für den Angriff auf die Arbeiterklasse. Sie vertrauen nicht der Kraft der Arbeiterklasse, die allein im revolutionären Aufstand Schluß machen kann mit Ausbeutung und Krieg, mit Arbeitslosigkeit und Hunger. Die Jusos hoffen auf Reformen und den guten Willen der Unternehmer, der sie zu Zugeständnissen bewegen wird. Und indem sie versuchen, die Jugendlichen mit dieser 'Hoffnung' zu verblenden, hindern sie sie an dem Kampf, der allein ihnen eine sichere Zukunft gewährleistet, liefern sie die Jugend den Ausbeutern aus.

KJVD KAPITULIERT VOR DER SOZIALDEMOKRATIE

Diese Perspektivlosigkeit beherrschte die gesamte Diskussion im Plenum und wurde fortgesetzt vom KJVD (Jugendorganisation der KPD/ML-ZB,d.Vf.), der sich ebenfalls weigerte, mit zentralen politischen Losungen der Jugend eine organisatorische und politische Perspektive zu geben. Ein Meer von Fahnen und lautes Gebrüll sollten die Orientierungslosigkeit des KJVD verstecken – ohne Erfolg. Der KJVD hatte nichts anzubieten, er konnte den Jusos nicht entgegensetzen als Geschrei. Und er kapitulierte vor den Jusos ebenso wie der 'revolutionäre' Spartacus, der vor lauter Gewerkschaftsjugendarbeit schon lange den Klassenkampf aus den Augen verloren hat und ebenfalls vor einem geschlossenen politischen Kampf der Jugend an der Seite der Arbeiterklasse zurückscheut. Geschlossen traten schließlich KJVD, Spartacus und die Jusos für den Rückzug in die Arbeitsgruppen ein und verhinderten damit eine offene politische Diskussion, die ihre Schwäche entlarvt hätte. Geschlossen traten Jusos, KJVD und Spartacus gegen die JUNGE GARDE auf, als diese die Antwort gab auf die zersplitterten und zerrissenen Kämpfe der Jugend:

FÜR DIE NATIONALE KONFERENZ ZUR VERTEIDIGUNG DER RECHTE DER JUGEND!

Nachdem die Diskussion im Plenum unmöglich geworden war, vertraten Mitglieder der Jungen Garde diese Losung in einer Arbeitsgruppe, verbunden mit den Forderungen der Lehrlinge nach:
Zentralen Lehrwerkstätten unter Kontrolle der Gewerkschaften, finanziert von den Unternehmern
500 DM Lehrlingspauschale, die entsprechend den Lebenshaltungskosten erhöht wird
Kündigungsrecht während der Lehrzeit und Kündigungsschutz nach Beendigung der Lehrzeit
Streikrecht für Lehrlinge

Nachdem dieser Forderungskatalog z.T. gegen den Protest von KJVD, Jusos und Spartacus von den anwesenden Jugendlichen fast einstimmig angenommen worden war, versuchten die drei genannten Gruppen in einem letzten Verzweiflungsakt, den Forderungen dadurch ihre Wirkung zu nehmen, daß sie keinerlei Maßnahmen zur Durchsetzung der Forderungen zustimmen wollten. Die von der Jungen Garde vorgeschlagene 'Nationale Konferenz zur Verteidigung der Rechte der Jugend', die eine Vereinheitlichung der Kämpfe der Jugend erlaubt, stieß auf den erbittertsten Widerstand der übrigen vertretenen Organisationen. Sie wollten unter allen Umständen einen massiven Protest aller Jugendlichen gegen die Unternehmer und den ihnen gesonnenen Staat vermeiden. Denn so beginnt der Kampf um die Macht, der Kampf der Jugend für die Arbeiterregierung! Die Stalinisten des KJVD und die Jusos bewiesen, daß sie ein gemeinsames Ziel haben, die Lehrlinge der Perspektivlosigkeit des jetzigen Kampfes zu überlassen, sie zu isolieren, den Kampf um die Macht zu verhindern.

Die Jusos kleben an der sozialliberalen Koalition und vertrauen Strukturreformen mehr als dem aktiven Kampf. Sie spielen ein doppeltes Spiel, indem sie, vor allem Karsten Voigt, hinter marxistischen Phrasen ihre 'sozialliberale' kleinbürgerliche Politik verstecken. Mit ihrer Reformideologie wollen sie die Lehrlinge an die SPD binden und deren totale Kontrolle über die Arbeiterklasse herstellen.

STALINS ALTE 'SOZIALFASCHISMUS'-POLITIK VOM KJVD NEU AUFGELEGT: KAPITULATION VOR DEM FASCHISMUS

Und der KJVD unterstützt mit seinem lächerlichen Gebrüll von Sozialfaschismus, den er niemandem anders abgeschaut hat als Stalin, die Jusos in ihren Bemühungen, da er die Lehrlinge von dem Verrat der Jusos nicht überzeugen kann, diese vielmehr zur Solidarisierung mit den Jusos treibt. Das Ergebnis des Auftretens des KJVD war eine geschlossene Front von Jusos und Gewerkschaftsjugend, die am Anfang des Kongresses keineswegs vorhanden war. Die absurde, dafür aber umso unüberhörbarere, Gleichsetzung von Sozialdemokratie und Faschismus durch den KJVD drängte die gesamten linken Gruppen auf dem Kongreß in die Defensive, erlaubte der Presse eine einheitliche Abqualifizierung des Kommunismus, da der KJVD den Kommunismus für sich beschlagnahmt, führte zu der antikommunistischen Hetzkampagne durch einige Gewerkschaftsjugendliche, die bei Lehrlingen und Jusos auf Beifall stieß. Der KJVD hat gemäß seinem großen 'Vater Stalin' wieder einmal die Kommunisten in die Ecke getrieben, hat sie von der Arbeiterklasse erfolgreich isoliert und damit das Feld der Sozialdemokratie überlassen. Das Auftreten des KJVD ist ein ernster Warnschuß für alle Kommunisten - von denen sicher auch einige noch an die Ehrlichkeit des KJVD glauben. Wenn wir eine Niederlage der Arbeiterklasse vor Strauß und Konsorten wie 1933 vor Hitler verhindern wollen, dann müssen wir den Stalinisten eine klare Absage erteilen. Die Führer des KJVD gehören nicht zu den Revolutionären. Sie sind Verräter an der Arbeiterklasse wie Stalin, der 1933 die Arbeiterklasse in Deutschland am revolutionären Aufstand gegen Hitler hinderte - trotz aller Bereitschaft der Arbeiter.

Lenin, ja! Stalin, nein!
Das ist unsere Antwort an den KJVD!

Als ein Vertreter der IAK auf dem Kongreß die revolutionäre Vereinigung des gesamten deutschen Proletariats forderte, als er die Jugend aufforderte, mit Ulbricht, der die Arbeiterklasse in Ostdeutschland unterdrückt, der 1953 die russischen Panzer gegen den Arbeiteraufstand begrüßte, der seine Soldaten an der Spitze der Warschauer Pakttruppen gegen die tschechoslowakischen Arbeiter aufmarschieren ließ, und der schließlich im Namen der Oktoberrevolution die eigene Arbeiterklasse der übelsten politischen Unterdrückung unterwirft, ebenso Schluß zu machen, wie mit dem Imperialismus, da vereinigte sich der KJVD mit den Jusos zu einzigen Geschrei gegen die revolutionären Marxisten. Die Nachfahren der Mörder an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht finden ihren innigsten Verbündeten in den Nachfahren des Mörders von Trotzki und Hunderttausenden von anderen bolschewistischen Revolutionären.

Nicht die sozialistische Revolution in Gesamtdeutschland, die Vereinigten sozialistischen Staaten Europas, die Weltrevolution, ist ihr Ziel: Jusos und KJVD wollen nichts anderes als die Verewigung der Herrschaft von Imperialisten und Stalinisten, die die Welt so schön unter sich aufgeteilt haben, die sich zusammengeschlossen haben zur Unterdrückung des internationalen Proletariats, gegen die sozialistische Revolution.

FÜR DEN GEMEINSAMEN KAMPF DER GESAMTEN JUGEND!

Das Auftreten der Jusos und des KJVD verhinderte nach den Arbeitsgruppen eine Diskussion über die 'Nationale Konferenz zur Verteidigung der Rechte der Jugend' im Plenum. Nachdem Jusos, KJVD und Spartacus trotz ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit über die Junge Garde in der Arbeitsgruppe erfahren mußten, daß die Mehrheit der dort anwesenden Jugendlichen diese Forderung unterstützte, war eine weitere Diskussion im Plenum nicht in ihrem Sinne.

Doch dieser Erfolg ist kurzfristig. Immer mehr Jugendliche haben durch ihren Kampf schon erfahren, wie notwendig eine solche Kampfkonferenz ist. Mehr und mehr Jugendliche haben sich dem Kampf der Jungen Garde für die Nationale Konferenz angeschlossen. Wenn ihr Jusos seid und es ernst meint mit der Jugend, fordert die Jusos und die SPD auf, diesen Kongreß zu organisieren, der den geschlossenen Kampf aller Jugendlichen, Lehrlinge, Schüler und Studenten gegen die Ausbildungsverschlechterung ermöglicht. Fordert als Gewerkschaftsjugendliche von euren Gewerkschaften, der Demonstration der 10 000 Lehrlinge in Köln (vgl. 7.6.19**,d.Vf.) die Nationale Konferenz folgen zu lassen. Fordert alle die Organisationen auf, die vorgeben, Euch politisch zu vertreten, den zentralen Kampf aller Jugendlichen gegen das Kapital und seinen Staat zu führen.

VEREINZELT SIND WIR NICHTS! GESCHLOSSEN SIND WIR STARK!"

Laut 'Erziehung und Klassenkampf', hat der KJVD mit ca. 200 Lehrlingen und jungen Arbeitern die stärkste Opposition gestellt. Ansonsten seien noch Linkstrotzkisten von Spartacus und RKJ, sowie Rechtstrotzkisten von der Jungen Garde anwesend gewesen. Die SDAJ sei rein individuell vertreten gewesen, Rote Garde und Rote Panther hätten nicht eingegriffen.

Laut KJVD bzw. KPD/ML-ZB wollten die Jusos dort die Werbetrommel für die SPD rühren:"
Sie wollten der Arbeiterjugend weismachen, daß die SPD ja doch die einzige Partei ist, die die Interessen der Arbeiterjugend vertritt. Damit die SPD noch etwas stärker vor allem die Interessen der Lehrlinge vertritt, sollte man nur noch Mitglied der Jusos werden. Vor dem Kongreß hatten die Jusos-Führer getönt, man suche den Dialog mit allen Gruppen. Daß Jusos jedoch nicht die Lage der Arbeiterjugend verbessern wollen, sondern daß sie das Süppchen der SPD kochen wollten, wurde bald klar.

Die Jusos erklärten immer wieder, die Arbeiterjugend sei ja doch völlig unpolitisch. Deshalb müsse man die Lehrlinge erst einmal auf ihre Probleme aufmerksam machen. Daß die Arbeiterjugend jedoch schon längst den Kampf gegen die Kapitalistenklasse gemeinsam mit den erwachsenen Arbeitern aufgenommen hat, beweisen die letzten Tarifkämpfe, wo die Arbeiterjugend in vielen Großbetrieben mit zum aktivsten Teil der Arbeiterklasse gehörte. Doch das können die Jusos natürlich nicht wissen. Die Arbeiterjugend hat nämlich von den Jusos während der Tarifkämpfe nichts gehört.

Wie wollen die Jusos denn die Arbeiterjugend politisieren? Das wurde schnell klar. Z.B. stellten die Jusos die Forderung nach einem 'Lehrlingshonorar' von 500 DM auf. Hierbei wurden sie von den Trotzkisten unterstützt, die hierdurch die Einheit der Lehrlinge, Schüler und Studenten herstellen wollten. Die Einheit der Arbeiterklasse hat für die Herren jungen Sozialdemokraten aller Schattierungen eben keine Bedeutung. Die Forderung, die die Einheit der Arbeiterklasse, wurde nur vom KJVD propagiert:
'Für Arbeit in der Produktion - Arbeiter- oder Gesellenlohn.'

Während die Trotzkisten und alle anderen Sozialdemokraten die Arbeiterjugend möglichst aus der Produktion herausholen wollen, machte der KJVD klar, daß es nicht darum gehen kann, die Arbeiterjugend in zentrale Lehrwerkstätten zu holen, damit sie von der Arbeiterklasse isoliert werden; dies würde die Arbeiterklasse spalten. Die Arbeit in der Produktion kann für die Arbeiterjugend von großem Vorteil sein. Doch müssen die Kapitalisten für die Zeit, in der die Lehrlinge in der Produktion arbeiten, diesen natürlich auch die Arbeit voll bezahlen.

Als einige Genossen des KJVD auftraten und die SPD angriffen, als sie darauf hinwiesen, daß die SPD-Regierung den Lehrlingen noch immer das Streikrecht verwehrt, daß die SPD-Bonzen mit das Berufsbildungsgesetz (BBiG,d.Vf.) verabschiedet haben usw., da wurde ganz klar, daß es den Jusos nicht darum ging, die Interessen der Arbeiterjugend zu vertreten. Die Jusos starteten eine ungeheure Hetzkampagne gegen die Kommunisten. Sie merkten immer mehr, wie gering ihr Einfluß unter der Arbeiterjugend ist. Juso-Chef Voigt: 'Die Jusos haben bisher keinen Einfluß auf die Lehrlinge und Jungarbeiter.'

Kein Wunder, wenn die Jusos die Arbeiterjugend immer wieder für dumm erklären, wenn sie diesen ihre kleinbürgerlichen Forderungen aufschwatzen wollen.

Die Jusos merkten, daß sie auf dem Kongreß wenig zu melden hatten. Um jedoch zu verhindern, daß der KJVD seine Forderungen propagieren konnte, wurden technische Tricks eingeführt. Bevor die Rednerliste im Plenum überhaupt eröffnet worden war, standen bereits 30 Jusos auf der Liste. Die Sprecher der Arbeitsgruppen, die dem Plenum Berichte über die Arbeit der Gruppen verlasen, waren natürlich auch nicht von den Gruppen gewählt, sondern waren von vornherein Jusos. In den Arbeitsgruppen wurden auch Resolutionen verabschiedet. Um die Mehrheit in einigen Arbeitsgruppen zu erlangen, schickten die Jusos Trupps herum, die zu den 'kritischen Zeiten, bei Abstimmungen' dann immer für die Jusos-Resolutionen stimmten. Gelang selbst das ihnen nicht, wurde behauptet, die Arbeitsgruppen könnten überhaupt keine Resolutionen verabschieden.

Dennoch konnten die Jusos an einigen Punkten Abstimmungserfolge erzielen, z.B. in der Forderung nach zentralen Lehrwerkstätten, wo sie mit Hilfe der trotzkistischen Sozialdemokraten ihre Forderung durchbringen konnten.

Die Jusos haben auf diesem Kongreß klar gezeigt, wie es bei ihnen aussieht, wenn sie sich für die Interessen der Arbeiterjugend einsetzen: Als zwei Jungarbeiter auf das Podium zogen mit dem Transparent 'Wer hat uns verraten - Sozialdemokraten!', rissen die Jusos das Transparent herunter.

Nachdem die Jusos-Führer gesehen hatten, daß sie so auf keinen Fall Einfluß auf die Arbeiterjugend gewinnen, um sie von den Kommunisten fernzuhalten, bliesen sie zum Rückzug:
Juso-Chef Voigt erklärte, daß in Zukunft keine Kongresse in dieser Form mehr abgehalten werden. Man werde demnächst vielmehr in der DGB-Jugend versuchen, Einfluß zu gewinnen. Dort haben es die Herren Jungsozialdemokraten auch leichter. Dort können sie auf die Unterstützung der DGB- und SPD-Bonzen rechnen, die die Arbeiterjugend vor den Kommunisten 'bewahren' wollen.

Interessant ist auch noch, daß auf dem Kongreß die SDAJ (der DKP,d.Vf.) überhaupt nicht in Erscheinung trat, obwohl sie bundesweit alle Vorbereitungen für die organisierte Teilnahme getroffen hatte. Dies scheint wohl daran zu liegen, daß die SDAJ-Führer nach der Kommunisten-Erklärung der SPD-Führer die Jusos nicht in Bedrängnis bringen wollten. Der Beschluß der SPD-Führer hatte sich nämlich hauptsächlich gegen die Zusammenarbeit von Jusos und SDAJ gewandt. Die SDAJ will insgesamt die SPD vor der Verschärfung der inneren Widersprüche retten, da sonst die SPD-Regierung auch bedroht ist. Das will die SDAJ nicht 'riskieren'."

Im Zusammenhang mit Gewerkschaftsausschlußbestrebungen (UVB) in Stuttgart (vgl. Jan. 1971) sowie in Essen (vgl. Feb. 1971) und Recklinghausen (vgl. Feb. 1971) berichtet der KJVD (vgl. März 1971):"
Schon beim Juso-Kongreß in Düsseldorf haben die SDAJ-Führer gezeigt, was von ihnen zu alten ist. Sie haben auf dem Kongreß kein Wort gesagt, um die Jusos nicht in die Enge zu treiben, die sich voll und ganz hinter die Politik der SPD-Führung gestellt haben.

Die Jusos haben auf diesem Kongreß eine Niederlage erlitten. Sie haben gesehen, daß sie mit ihren Forderungen und ihrer Politik die Arbeiterjugend nicht gewinnen können.

Darum erklärten sie am Ende des Kongresses, sie wollten jetzt zusammen mit den Gewerkschaftsführern ihre Arbeit im Betrieb und im Ort verstärken.

Wie diese Arbeit aussieht, zeigen die Beispiele aus Stuttgart, Recklinghausen und Essen. Ihr einziges Ziel ist es, die klassenbewußten Jungarbeiter und Lehrlinge, die sich im KJVD organisiert haben, zu bekämpfen.

Auf dem Juso-Kongreß haben die SDAJ-Führer die Jusos durch ihr Schweigen unterstützt. Jetzt haben sie sich offen mit ihnen verbündet, um gemeinsam mit ihnen und den Gewerkschaftsführern diejenigen zu bekämpfen, die konsequent die Interessen der Jungarbeiter und Lehrlinge vertreten. Sie machen sich damit zu Hilfstruppen derer, die kein anderes Ziel kennen, als die Arbeiter an die Kapitalisten zu verkaufen."

Auch von diesbezüglichen Treffen zwischen SPD und DGB (vgl. 29.3.1971) berichtet der KJVD (vgl. Mai 1971), sowie von der Vorbereitung des Kongresses (vgl. Jan. 1970) und:"
Es kamen zwar eine ganze Reihe von Lehrlingen. Aber sie waren zum überwiegenden Teil nicht bereit, sich mit den Jusos zusammenzutun. Im Gegenteil, die Jusos mußten erleben, daß ein Teil von ihnen sich hinter den Kommunistischen Jugendverband stellte, als er auf diesem Kongreß die Jusos als Lehrlingsfänger für die SPD entlarvte.

Die SPD-Führer hatten die Jusos schon vorher vor den Kommunisten gewarnt. Und jetzt mußten auch die Jusoführer selbst sehen: In einem offenen politischen Kampf konnten sie in der Arbeiterjugend keinen Boden gewinnen."

Später berichtet die KPD/ML-ZB:"
SDAJ - NACHTRAB DER JUSOS
ERKLÄRUNG DER 'S'DAJ ZUM JUSO-LEHRLINGSKONGRESS

Die Sozialdemokraten sind in helle Panik geraten. Vor allem nach dem Juso-Lehrlingskongreß in Düsseldorf (...) schimpfen sie in allen Tonlagen auf die Kommunisten, auf den KJVD.

Der 'S'DAJ-Bundesvorstand hat eine Presserklärung herausgegeben, in der sie noch einmal ihre verräterische Haltung gegenüber den Manövern der Juso-Führer auf dem Kongreß bestätigen.

In der Erklärung heißt es:
'In diesen Kongreß wurden die Erwartungen gesetzt, daß die Probleme der Lehrlinge und Jungarbeiter behandelt und Vorstellungen für ein gemeinsames Handeln entwickelt würden. Mitglieder der SDAJ sind in verschiedenen Arbeitsgruppen für eine sachliche und konstruktive Diskussion eingetreten. Dementsprechend beschäftigten sie sich mit ihren Beiträgen uneigennützig mit wirklichen Lehrlingsproblemen.'

Zu den 'Störaktionen der maoistischen und trotzkistischen Gruppen' stellt die SDAJ fest:
'Dieses Auftreten behindert - gewollt oder ungewollt - ein Zusammenfinden der Gruppen und Gruppierungen in der Lehrlingsbewegung, lenkt vom wahren Feind, dem Großkapital, ab und bedeutet außerdem Wasser auf die Mühlen des Großkapitals, der Springer-Presse und der reaktionären Kräfte um Franz Josef Strauß.'

Daß die politischen Angriffe auf die SPD, die auf dem Kongreß vom KJVD vorgetragen wurden, die 'sachliche Diskussion über die Probleme der Lehrlinge' unmöglich gemacht hat, daß die Probleme der lehrlinge auf dem Kongreß von den Kommunisten 'sabotiert' wurden, haben wir nach dem Kongreß oft genug von den Juso-Führern und von der bürgerlichen Presse gehört. Die SDAJ unterscheidet sich hier kaum von diesen Stimmen.

Schutz der SPD-Regierung und ihres Anhangs in den Jusos ist die Parole der SDAJ, um jeden Preis Schutz der SPD-Regierung gegen die Angriffe der 'reaktionären Kräfte um Franz Josef Strauß'."

Das KJ-Inform (die Bundesleitung des KJVD) sieht in dem Auftreten des KJVD in Düsseldorf "einen großen Erfolg, sowohl in politischer Hinsicht als auch in organisatorischer; denn wir haben erreicht, daß die Pläne der Jusos, die Arbeiterjugend mit ihrem Gerede in die SPD zu locken, gescheitert sind, zumindest auf diesem Kongreß. Wir haben außerdem noch einige organisatorische Erfolge errungen. Mehrere Gruppen haben Kontakt zu uns aufgenommen."

Das KJ-Inform hatte zur Unterstützung des Landesverbandes eine Sondernummer des 'Kampf der Arbeiterjugend' (KDAJ) ein großes DIN A 2 Blatt (vgl. 28.11.1970) herausgegeben:"
Dies war das erste Mal, daß der KJVD geschlossen in einer größeren Versammlung aufgetreten ist."

Agitiert wird in Diskussionsreden des KJVD vor allem gegen den Stufenplan:"
Nach diesem Plan ist für den größten Teil der Lehrlinge nach einem Jahr Schluß mit der Ausbildung."

Später verlassen viele Teilnehmer zusammen mit dem KJVD den Kongreß:"
Sie hatten bewiesen: Die Kampfeinheit der Arbeiterjugend hat sich aufs neue bewährt. Den Spaltern wurde eine klare Niederlage bereitet."

Agitatorische und propagandistische Fehler seien gewesen, daß die Sondernummer den Terminus "Kampf der SPD-Regierung" enthielt:"
Die Parole 'Kampf der SPD-Regierung' ist außerdem nicht korrekt; denn wir kämpfen nicht hauptsächlich gegen die SPD-Regierung, sondern gegen die Sozialdemokratie aller Schattierungen, egal ob die SPD nun in der Regierung ist oder nicht. Und die Sozialdemokratie wird solange unser Hauptgegner sein, wie sie die soziale Hauptstütze der Monopolbourgeoisie ist."

Für den Kongreß hat weiter "eine klare Bestimmung des politischen und organisatorischen Ziels" gefehlt. "Das hatte zur Folge, daß wir für den Kongreß keine klare Marschroute hatten, an die wir uns bei Abstimmung und Geschäftsordnungsdebatten hätten halten können. Unser politisches Ziel hätte sein müssen: Völlige Entlarvung der Jusos als linker Flügel der SPD, der die Arbeiterjugend an die sozialfaschistische Führung binden soll. ... Wir haben es auf dem ganzen Kongreß vernachlässigt, unsere Forderungen zu propagieren und vor allem immer wieder den praktischen Kampf gegen die Jusos und die Trotzkisten" zu führen. Das eigene Auftreten hatte "einen viel zu ideologischen Charakter."

In seinem 'Kampf der Arbeiterjugend' (KDAJ - vgl. Jan. 1971) berichtet der KJVD:"
JUSOKONGRESS IN DÜSSELDORF
ARBEITERJUGEND LÄSST JUSOS ABBLITZEN

Am 23., 24.November fand in Düsseldorf der erste Lehrlingskongreß der Jungsozialisten statt. Etwa 1 500 Jugendliche waren gekommen. Am stärksten war der Kommunistische Jugendverband Deutschlands vertreten. Etwa 220 Jungarbeiter, Lehrlinge und Studenten nahmen teil.

Die Jusos hatten vorher gesagt, sie wollten mit allen Organisationen der Arbeiterjugend offen diskutieren, gemeinsames Vorgehen zur Verbesserung der Lage der Jungarbeiter und Lehrlinge beschließen. Mit Plakaten, auf denen eine geballte Faust zu sehen war, hatten sie für diesen Kongreß geworben.

Warum machen die Jusos auf einmal einen Lehrlingskongreß?

Warum lassen sie es bei der Vorbereitung sogar auf einen Krach mit den SPD-Parteiführern ankommen? Haben sie endlich eingesehen, daß eine gemeinsame Front der jungen Sozialdemokraten mit den Kommunisten und der Gewerkschaftsjugend gegen die SPD-Führer notwendig ist?

Wollen sie endlich den entschlossenen Kampf gegen diese Leute aufnehmen?

DAS FORDERTE DER KOMMUNISTISCHE JUEGNDVERBAND

Der Kommunistische Jugendverband hat in einem Extrablatt des 'Kampf der Arbeiterjugend' die Forderungen der Arbeiterjugend noch einmal genannt:
GLEICHER LOHN FÜR GLEICHE ARBEIT!
WEGFALL ALLER ALTERSABSCHLÄGE!
STREIKRECHT! KÜNDIGUNGSSCHUTZ FÜR JUGENDVERTRETER!
Das sind die Hauptforderungen!

Für keine einzige hat sich diese SPD-Regierung eingesetzt. Im Gegenteil, sie hat einem Berufsbildungsgesetz (BBiG - vgl. S3.**.1969,d.Vf.) zugestimmt, nach dem die Jugendlichen immer noch nach drei Monaten einfach wegen 'Nichteignung' auf die Straße gesetzt werden können, in dem die 'Lehrherren' wieder mit den Jugendlichen machen können, was sie wollen.

'DER STUFENPLAN? DAS IST DAS KERNSTÜCK DER BERUFSBILDUNGSREFORM DER SPD-REGIERUNG!

Ein Plan, den ihr Krupp ins Ohr geflüstert hat, das ist ihre Antwort auf die Proteste der Arbeiterjugend.

Ausbildung ist kein Luxus, sagt sie. Aber nach diesem Plan ist für den größten Teil der Lehrlinge nach einem Jahr Schluß mit der Ausbildung.

Ob die Arbeiterjugend nach diesem Gesetz nur noch das Nötigste lernt, darum auch weniger verdient, darum bei einer Krise zuerst rausgeworfen wird, interessiert diese Sozialdemokraten nicht.

DENN DIE PROFITE DER KAPITALISTEN, DAS IST DAS EINZIGE, WAS DIE SPD-REGIERUNG BEI IHREN REFORMEN IM AUGE HAT!' (Extrablatt KdAJ)

UND DIE JUSOS?

Für sie war dieser Kongreß der Anfang ihrer Lehrlingsarbeit. Karsten Voigt hat selbst gesagt: 'Die Jusos haben bisher noch keinen Einfluß auf die Jungarbeiter und Lehrlinge.'

Den Kämpfen der Arbeiterjugend der letzten Zeit haben sie von ihren Schreibtischen aus zugesehen.

Die Faust auf ihren Plakaten war nichts anderes als ein Zugpferd, um die Lehrlinge nach Düsseldorf zu holen.

Hier auf diesem Kongreß aber haben sie die Stirn zu behaupten: Die Arbeiterjugend ist nicht kämpferisch. Die Arbeiterjugend muß erst auf ihre Probleme aufmerksam gemacht werden.

Und wie stellen sie sich das vor? Wie wollen sie die Lage der Arbeiterjugend verbessern?

Ausbildung raus aus den Betrieben! Staatliche Lehrwerkstätten! Oder noch besser gleich in die Gesamtschule!

Das ist das Programm der Jusos für die Arbeiterjugend. Schüler wollen sie aus den Lehrlingen und Jungarbeitern machen!

Und wohin?

In die staatlichen Lehrwerkstätten, in denen die SPD-Regierung der Oberaufseher ist!

Die staatlichen Lehrwerkstätten! Das ist wirklich kein Programm, mit dem die Jusos sich bei der Arbeiterjugend einschmeicheln können.

Denn wir sehen ja schon an den Berufsschulen, an dem mageren Unterricht, den wir da haben, was der Staat bereit ist, für die arbeitende Jugend zu tun.

Und wenn es das Weihnachtsgeschäft der Kapitalisten erfordert, dann ist sogar ganz Schluß - wie jetzt für die Buchhandels- und Lebensmittellehrlinge. (...)

Den Kampf in den Betrieben gemeinsam mit der Arbeiterjugend zu führen - dazu haben diese Herren keine Lust. Denn tagtäglich für die Interessen der Arbeiterjugend einzutreten, sich täglich neu zu bewähren, das ist auch anstrengender als alle Jubeljahre einmal einen Kongress zu machen.

Und so wollen sie denn die Lehrlinge am liebsten ganz aus den Betrieben herausholen.

Ein Jungarbeiter aus dem kommunistischen Jugendverband hat auch ganz klar gesagt, was diese staatlichen Lehrwerkstätten in Wirklichkeit für die Arbeiterjugend bedeuten:
'JETZT KÄMPFE ICH FÜR DEN SIEG DER ARBEITERKLASSE'

'Da lernen wir ja gar nichts mehr! Was habe ich denn davon, wenn ich mit einer Feile herumspiele. Wie die Sache wirklich läuft, das lerne ich doch nur im Betrieb, in der Produktion, wenn mir die Kollegen an einer Maschine was erklären. Und außerdem, und das ist das wichtigste: In den Betrieben, da können wir von den älteren Kollegen lernen, wie man den Kampf gegen die Kapitalisten führt. Wir lassen uns nicht zu Schülern machen. Wir sind stolz darauf, Arbeiter zu sein. Ich wollte auch einmal Ingenieur werden, aber heute kämpfe ich für den Sieg der Arbeiterklasse. Denn das ist die größte Aufgabe der arbeitenden Jugend von heute: mit den älteren Kollegen den Kampf gegen die Kapitalistenklasse und ihren Staat zu führen! Die Freiheit und die wirkliche Demokratie für das ganze Volk zu erkämpfen!

Mit ihrem Gerede von den staatlichen Lehrwerkstätten, mit ihrem Bildungsgeschwafel aber wollen uns die Jusos gerade von diesem Kampf abhalten. Mit ihrem Vorschlag zerstören sie die wichtigste Voraussetzung für diesen Kampf - die Einheit der Arbeiterklasse!'

ARBEITERJUGEND VERHINDERT SPD-WAHLVERANSTALTUNG

Damit war der Kongreß für die Jusos praktisch zu Ende. Sie hatten den Kongreß zu einer Wahlveranstaltung für die SPD machen wollen. So hatten sie auch ein Transparent mit den Worten: 'Jusos in der SPD'áüber der Tribüne hängen. Die Jungarbeiter und Lehrlinge sind auf die Bauernfängerei der Jusos nicht hereingefallen. Sie haben auf diesem Kongreß gezeigt, daß sie bereit sind, einen entschlossenen Kampf gegen solche Leute wie diese Juso-Führer zu führen, die sich an die Kämpfe der Arbeiterjugend anhängen, nur um sie wieder in die Arme der SPD-Führer zu treiben.

Die Jusos versuchten noch mit ein paar Tricks, den Kongreß wenigstens nach außen zu retten: sie verhinderten mit üblen Tricks, daß die Lehrlinge und Jungarbeiter auf die Rednerliste kamen, sie schickten Juso-Trupps herum, um in den Arbeitsgemeinschaften, wo zu bestimmten Problemen Beschlüsse gefaßt werden sollten, die Mehrheit zu bekommen.

Sie beschimpften schließlich sogar die kampfentschlossensten Lehrlinge und Jungarbeiter als Faschisten. Aber das ales nützte ihnen überhaupt nichts.

Gemeinsam die Internationale singend, ihre roten Fahnen schwenkend, verließen die Lehrlinge und Jungarbeiter des Kommunistischen Jugendverbandes zusammen mit vielen anderen Teilnehmern am Sonntag mittag den Kongreß. Sie hatten bewiesen: die Kampfeinheit der Arbeiterjugend hat sich aufs Neue bewährt. Den Spaltern wurde eine klare Niederlage bereitet.

Die Jusos wollen es jetzt auf anderem Weg versuchen, über die Gewerkschaftsführer wollen sie sich jetzt an die Arbeiterjugend heranmachen.

Das ist das bewährte Rezept auch der alt-sozialdemokratischen Führer: versteckt hinter den Gewerkschaftsführern die Arbeiterklasse an ihre Politik zu binden.

Aber die Arbeiterjugend wird auf diesen neuen Trick der Jusos genausowenig hereinfallen, wie sie auf ihr Geschwätz auf dem Kongreß hereingefallen ist.

SDAJ AUF DER SEITE DER JUSOS

Ein paar Tage nach dem Kongreß meldete sich auch die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend zu Wort. Auf dem Kongreß selbst hatten sie keinen Ton gesagt. Sie wollten wahrscheinlich den Jusos keinen Ärger machen, ihnen nicht die Diskussion mit 'Kommunisten' aufzwingen, die die SPD-Führer ja in München mit ihrer Kommunistenerklärung allen Mitgliedern verboten haben (vgl. 13.11.1970,d.Vf.).

Auch in ihrer Erklärung nach dem Kongreß schlugen sie sich auf die Seite der Jusos.

'Maoisten' hätten den Kongreß kaputtgemacht. Sie hätten mit ihren Störversuchen verhindert, daß wirklich etwas für die Arbeiterjugend herauskommt.

Mit den 'Maoisten' meinen sie die Jungarbeiter und Lehrlinge aus dem Kommunistischen Jugendverband. Sie sind als einzige für die Arbeiterjugend eingetreten. Sie haben verhindert, daß die anderen Lehrlinge und Jungarbeiter den Jusos auf den Leim gingen.

Die SDAJ redet von Spaltern.

Wer die wirklichen Spalter sind, haben wir auf diesem Kongreß gesehen.

Wenn die SDAJ allerdings lieber die so nennt, die die 'Einheit' von Kapitalistenfreunden und der Arbeiterjugend verhindern, dann beweist das nur eins: daß die SDAJ auch zu denen gehört, die sich dem geeinten Kampf der arbeitenden Jugend in den Weg stellen."

Auf der Zeche Prosper Bottrop (IGBE-Bereich - vgl. 30.11.1970) berichtet der KJVD:"
Die Jungsozialisten haben zu ihrem Lehrlingskongreß ein 156 dickes Buch geschrieben, in dem kein Wort vom Streikrecht für Lehrlinge steht. Damit hat die SPD wieder einmal gezeigt, daß sie nicht die Interessen der Arbeiter, sondern die der Kapitalisten vertritt. Um unseren politischen Kampf gegen die Kapitalisten und ihre Helfer im Staat erfolgreich führen zu können, brauchen wir aber eine starke Organisation. Schließen wir uns deshalb zusammen im
KOMMUNISTISCHEN JUGENDVERBAND DEUTSCHLANDS (KJVD)"

Die KPD/ML-ZB berichtet:"
Die Lehrlinge und Jungarbeiter haben auf diesem Kongreß gezeigt, daß die Arbeiterjugend bereit ist, zusammen mit den erwachsenen Kollegen den Kampf gegen die Kapitalistenklasse und ihre SPD-Regierung aufzunehmen. Sie haben dafür gesorgt, daß den Jungsozialisten, die sich bei der Jungarbeiterschaft anbiedern wollen, die Maske vom Gesicht gerissen wird. Sie machten deutlich, daß sie gewillt sind, die revolutionäre Tradition der Arbeiterjugend in Deutschland fortzusetzen. Während der Chef der Jungsozialisten Hetztiraden auf die jungen Kommunisten loßließ, stimmten diese die Internationale an, der ganze Saal war überschwemmt von roten Fahnen, überall sang die Arbeiterjugend mit."

Zum Juso Lehrlingskongreß erscheint auch, am 18.12.1970, ein Artikel in der 'Druck und Papier' der IG DruPa, in dem Florian Fuchs u.a. feststellt, daß die revolutionäre Minderheit (namentlich genannt werden RKJ, Junge Garde, KJVD, Spartacus und Spartakus (!) keine bessere Berufsausbildung wollten sondern die Revolution. Dieser aber sei eine bessere Ausbildung abträglich. Auch die Aufteilung des Kongresses in Arbeitsgruppen hätten die Revolutionäre zu verhindern gesucht, da sie Angst vor der praktischen Diskussion gehabt hätten. Durch das Auftreten der 'Sektierer' sei aber zumindest die Zusammenarbeit zwischen Jusos und Gewerkschaftsjugend gefestigt worden, so daß der Kongreß doch auch positive Seiten hatte, obwohl der Eindruck entstehen konnte, er sei von den Revolutionären dominiert worden. Bemerkt wird auch noch das Schweigen der SDAJ, die wohl durch gutes Benehmen eine Zusammenarbeit mit den Jusos, die von diesen jüngst abgelehnt wurde, erreichen wolle.

Aus Köln beteiligt sich, nach eigenen Angaben, u.a. die RKJ der GIM:"
Es wurde im Plenum eine inhaltliche Vorbereitung für den Kongreß geleistet". Auch die RKJ Düsseldorf nimmt teil.

Innerhalb der RKJ der GIM heißt es, daß "sich die RKJ nicht in der Lage zeigte, einheitlich mit einem klaren Konzept und einer einheitlichen Taktik aufzutreten. das vorgesehene Aktionsbündnis mit Spartacus (KJO,d.Vf.) mußte abgeblasen werden, da die Intervention der RKJ nicht genügend vorbereitet wurde."

Laut RKJ Hamburg hat sich hier die RKJ als nicht-nationale Organisation dargestellt, da "die RKJ zwar intervenieren wollte, aber jede einzelne RKJ-Gruppe mit ihrem eigenen Konzept und die beanspruchte Einheit in der Aktion sich als eine Illusion erwies."

Zwei Mitglieder der RKJ Hamburg verfassen eine:"
KRITIK ZUM DÜSSELDORFER LEHRLINGSKONGRESS

1.1. DER STELLENWERT DES KONGRESSES IST NICHT ERKANNT WORDEN
Als Grund hierfür ist unserer Meinung nach anzuführen, daß in unserer Organisation eine vereinheitlichte Praxis bishger nicht gewährleistet ist, da die Verknüpfung mit der Theorie, durch deren Anwednung diese nur vereinheitlicht werden kann, organisatorisch nicht gefaßt ist.

1.2. UNREFLEKTIERTES VERHALTEN GEGENÜBER DEN JUSOS
Keine klare theoretische Abgrenzung gegenüber den technokratischen Reformvorschlägen anhand einer revolutionären Zielsetzung. Von daher war ein taktisches Vorgehen gegenüber den Jusos nicht möglich, denn es fehlte die vereinheitlichte theoretische Basis mindestens in diesem Punkt.

1.21. DITO, GEGENÜBER ANDEREN ANWESENDEN GRUPPEN
Da erstens nicht der Stellenwert des Kongresses in der Organisation geklärt war, zweitens keine Einschätzung der Jusos vorhanden war, konnte auch keine Taktik vorhanden sein.

1.22. ULTIMATISTISCHES VERHALTEN AUF DEM KONGRESS
Es wäre unserer Meinung nach unsinnig gewesen, sich lange mit dem Reformismus der Jusos in theoretischen Auseinandersetzungen zu beschäftigen. Wir sind ebenfalls der Meinung, daß solch ein 'defensives' Verhalten gefahrvoll für das weitere Auftreten der Organisation sein kann, da man so mit Linkssektierern in einen Topf geworfen werden kann, wie man es in Düsseldorf erleben konnte.

1.23. WAS WÄRE OFFENSIVES VERHALTEN IN DÜSSELDORF GEWESEN?
Wie oben schon angeführt, fehlte eine vereinheitlichte Strategie. Anstatt sich mit den technokratischen und reformistischen Vorstellungen der Jusos im allgemeinen auseinanderzusetzen, hätte man sinnvollerweise ein offensives Vorstoßen unserer Organisation im Plenum, in den Arbeitskreisen mit unseren Vorstellungen zur Lehrlingsarbeit (jour fix) in Form von praxisbezogenen Diskussionsbeiträgen erreichen können. Z.B. Schaffung von nationalen Arbeitskonferenzen der Lehrlingszentren (vgl. 13.2.1971,d.Vf.) , Schaffung von nationalem Kommunikationsaustausch dieser Lehrlingszentren sowie eine Vorstrukturierung einer im nationalen Maßstab einheitlichen Praxis der Gruppen. Dadurch hätte sich unsere Organisation in der Praxis profilieren können und neue Genossen rekrutieren können sowie sich einen natioanlen Interventionssektor schaffen können."

Für den 'EXI' berichtet Eberhard Schmidt:"
AUSBILDUNG STATT AUSBEUTUNG
ZUM LEHRLINGSKONGRESS DER JUNGSOZIALISTEN

'Der Kongreß ist offen für alle: Lehrlinge, arbeitende Gruppen, Berufsschullehrer, politisch Interessierte. Darin liegt auch das Risiko dieses Lehrlingskongresses. Es besteht die Gefahr, daß kleine Gruppen den Kongreß nur als Rekrutierungsbasis für sich benutzen und Wortradikalismus produzieren. Ob der Lehrlingskongreß ein Erfolg wird, hängt davon ab, ob es gelingt, einen echten Erfahrungsaustausch herbeizuführen, auf dessen Grundlage dann die politischen Ziele einer sozialistischen Lehrlingsarbeit diskutiert werden können.' (Express International, Nr.110) (vgl. 27.11.1970,d.Vf.)

Die Befürchtungen, die wir vor dem Lehrlingskongreß der Jungsozialisten zum Ausdruck gebracht haben, sind leider zu einem guten Teil bestätigt worden. In den Plenardebatten des Kongresses versuchten KJVD (Kommunistischer Jugendverband Deutschlands - Marxisten/Leninisten) (KJVD der KPD/ML-ZB,d.Vf.), Spartacus (Trotzkisten) (KJO,d.Vf.) und Junge Garde (Trotzkisten lambertistischer Tendenz) (JG der IAK,d.Vf.), die in beträchtlicher Zahl den Saal bevölkerten und ihm durch das beständige Schwenken roter Fahnen das Kolorit einer Jahreshauptversammlung aller Splittergrüppchen zu geben suchten (Ein Lehrling unter dem Beifall der Mehrheit: 'Die schwenken ihre Fahnen wie ihren Pimmel'), durch beständige Geschäftsordungsdebatten und langatmige phrasenhafte Selbstdarstellungen, jede Debatte über konkrete Praxis der Lehrlingsarbeit und die Strategie dieser Arbeit zu verhindern. Dieses Bemühen nahm mitunter groteske Züge an, wenn die 'Trotzkisten' von der Jungen Garde einem Redner Beifall klatschten, der gerade wieder die Sozialfaschismustheorie der KPD von 1928 aufwärmte. Eine nicht immer geschickte Verhandlungsführung des Juso-Präsidiusm und Reden, wie die des stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Jungsozialisten, Norbert Gansel, der alle Gruppen pauschal zu Nationalbolschewisten stempelte, schafften dann sogar eine Solidarisierung der sich sonst bitter befehdenden Grüppchen. Wenn die Jungsozialisten auch den Kongreß, entgegen manchen Presseberichterstattungen, in der Hand behielten und alle Versuche, das Präsidium abzuwählen, mißlangen, so hat sich doch gezeigt, daß ein offener Kongreß über derartige Fragen zur Zeit noch nicht oder nicht mehr möglich ist.

Aber das ist nicht die einzige oder auch nur wichtigste Konsequenz aus diesem Kongreß. Ebenso wenig wie die voreilige Schlußfolgerung des SPD-Parteivorstandes, mit Kommunisten könne man eben nicht zusammenarbeiten. Eine Formel, auf die auch ZDF-Miesgram Gerhard Löwenthal in seiner Mittwochabend-Nörgelei brachte: 'Die Alten und Erfahrenen in der SPD haben schon recht...'.Wichtiger als Konsequenz ist die Erfahrung, daß die genannten anwesenden Gruppen den Kongreß offensichtlich deshalb lahmzulegen suchten, weil sie fürchten, daß ihnen in der Lehrlingsarbeit der Jungsozialisten, mit denen sich auf dem Kongreß auch die Gewerkschaftsjugend offen solidarisierte, eine unliebsame Konkurrenz erwächst. Der Versuch dieser Gruppen, sich auf dem Kongreß mit Hilfe einer revolutionären Phraseologie den zahlreich anwesenden Lehrlingen als Bündnispartner anzubieten, ist allerdings eindeutig gescheitert. Diejenigen Lehrlinge, die zum Kongreß gekommen waren, ohne bereits einer politischen Gruppierung fest anzugehören, zogen sich entweder aus dem Plenum zurück und diskutierten in kleinen Zirkeln ihre konkreten Probleme - wie den Aufbau von Lehrlingszentren - oder verließen den Kongreß - total frustriert - vorzeitig. Diejenigen Lehrlinge, die sich im Plenum artikulierten, erteilten den 'revolutionären' Grüppchen eine deutliche Absage und verwiesen darauf, daß die Jungsozialisten wenigstens konkrete Vorschläge für eine Verbesserung ihrer Situation anzubieten hätten.

In der Tat haben die Jungsozialisten auf diesem Kongreß umfangreiche Materialien vorgelegt, die von Vorschlägen über die demokratische Organisation der beruflichen Bildung über die Praxis in den Berufsbildungsausschüssen der Industrie-, Handels- und Handwerkskammern bis zum Fernziel der Integration der beruflichen Bildung in die integrierte Gesamtschule reichen. Dazu gehören auch Vorschläge zur Strategie und für Aktionen der Jungsozialisten im Bereich der arbeitenden Jugend, sowie eine fundierte Kritik des Berufsbildungsgesetzes (BBiG,d.Vf.). Die Vorschläge der Jungsozialisten lassen sich als einzelne Schritte in einer Konzeption systemüberwindender Reformen auf dem Sektor der beruflichen Bildung begreifen. Dabei will man sich offenbar nicht auf Forderungen an das Parlament beschränken, sondern, wie es Karsten Voigt als Bundesvorsitzender der Jungsozialisten in seiner Eröffnungsrede ausdrückte: 'Forderungen sind zwar schön, parlamentarische Mehrheiten wichtig, aber nur wenn die Lehrlinge zusammen mit ihren gewerkschaftlichen und politischen Organisationen die Unternehmermacht durch ihre Macht zurückdrängen, können diese Forderungen auch durchgesetzt werden.'

In den fünf Arbeitsgemeinschaften des Kongresses zeigte es sich dann, daß sachliche Diskussionen über die einzelnen Probleme der Veränderung der beruflichen Bildung und der Situation der arbeitenden Jugend durchaus möglich waren. Es zeigte sich aber auch, daß diejenigen, die in den Plenardebatten den Kongreß zu sabotieren suchten und vergeblich versucht hatten, die Einrichtung von Arbeitsgruppen zu verhindern, in der Sache nirgends über die konkreten Vorschläge der Jungsozialisten und der Gewerkschaftsjugend hinausweisende Perspektiven und Forderungen vorzubringen hatten. Auch sie plädierten: für ein Streikrecht der Lehrlinge, für Arbeitsfreiheit an Berufsschultagen, Kündigungsschutz nach der Ausbildung, Anhebung der Lehrlingsvergütung, eigene Lehrlingstarifkommissionen, den zweiten Berufsschultag und verlängerten Urlaub für Lehrlinge (so nachzulesen in dort verteilten Flugblättern des KJVD, der Gruppe 'Spartacus', der 'Freien Sozialistischen Jugend' (FSJ aus dem nördlichen Baden-Württemberg,d.Vf.) und 'Was tun' (RKJ bzw. GIM,d.Vf.)). Der Unterschied zu den Forderungen der Jungsozialisten bestand einzig darin: nur, wenn diese Forderungen unter der Führung der jeweiligen Gruppierung verwirklicht würden, seien sie echte Schritte auf dem Weg zur Revolutionierung der Gesellschaft.

Die Konsequenzen, die die Jungsozialisten aus diesem Kongreß gezogen haben, sind richtig. Sie werden ihre Lehrlingsarbeit am Ort weiter verstärken, vor allem in Zusammenarbeit mit der Gewerkschaftsjugend, aber auch mit denjenigen Gruppen der außerparlamentarischen sozialistischen Opposition, die zu einer sachlichen Zusammenarbeit im Interesse der Aktivierung und Mobilisierung der Lehrlinge bereit sind. Es werden weiterhin Lehrlingszentren und Lehrlingsbasisgruppen von Jungsozialisten initiiert oder mitgetragen werden. Es wird auch örtliche und regionale Lehrlingskonferenzen geben, bei deren organisatorischer Vorbereitung darauf geachtet wird, daß nicht Deklamation sondern Argumentation im Vordergrund steht. Schon der Bundeskongreß der Jungsozialisten Mitte Dezmeber (vgl. 10.12.1970,d.Vf.) in Bremen wird über zahlreiche Anträge zur beruflichen Bildung beraten und beschließen. Dort werden die Vorgänge auf dem Düsseldorfer Lehrlingskongreß sicherlich eine Rolle spielen. Dabei sollte nicht nur das oberflächliche Bild, das von diesem Kongreß vor allem in der bürgerlichen Presse gezeichnet worden ist, zur Diskussion stehen, sondern auch die positiven langfristigen Auswirkungen, die die dort von den Jungsozialisten vorgelegten Materialien zur Lehrlingsfrage haben werden, und die Anstöße, die von diesem Kongreß für eine Zusammenarbeit mit kooperationswilligen Gruppierungen auch außerhalb der SPD ausgegangen sind."

Für die DKP schrieb A. L. zuvor (vgl. 28.11.1970):"
JUNGE ARBEITER SIND FÜR DIE GEMEINSAMKEIT

Die Aktionen der Arbeiterjugend sind aus dem politischen Leben der Bundesrepublik nicht mehr wegzudenken. Immer mehr junge Menschen nehmen teil an Aktionen für bessere Berufsausbildung und Mitbestimmung.

Es ist erfreulich, daß sich auch die Jungsozialisten mehr als bisher der Arbeit unter den Lehrlingen, unter der Arbeiterjugend widmen wollen. Ihr erster Beitrag auf Bundesebene soll ein für den 28. und 29.November dieses Jahres geplanter Lehrlingskongreß sein.

Dort sollen die Probleme und Forderungen der Arbeiterjugend diskutiert und formuliert werden. Sicherlich wird die Frage nach demokratischen Veränderungen und Mitbestimmung mit im Vordergrund der Diskussionen sowohl im Plenum als auch in den fünf Arbeitskreisen stehen.

Doch die Parteiführung will offensichtlich verhindern, daß sich Lehrlinge und junge Arbeiter aus den verschiedensten politischen Richtungen zusammenfinden und gemeinsam ihre Probleme, aber auch notwendige und mögliche Schritte des gemeinsamen Kampfes zur Durchsetzung ihrer berechtigten Forderungen diskutieren. Oder wie sollte sonst zu erklären sein, daß die Parteiführung der SPD in der letzten Woche Materialien für den Lehrlingskongreß beschlagnahmte?

Soll hier der Beschluß des Parteipräsidiums (vgl. 13.11.1970,d.Vf.), daß es keine Gemeinsamkeiten zwischen Sozialdemokraten und jungen Sozialisten gibt, mit eiserner Faust durchgesetzt werden?

Dazu sei gesagt, daß immer mehr Lehrlinge und junge Arbeiter feststellen: Nur der gemeinsame Kampf, die gesamte Kraft der Arbeiterjugend und ihrer demokratischen Organisationen und Verbände muß zur Durchsetzung ihrer Forderungen in Aktion treten.

Auf dem Lehrlingskongreß wird man sicherlich nicht in einer allgemeinen Kritik an der Berufsausbildung stehenbleiben, sondern auch gesamtgesellschaftliche Zusammenhänge aufzeigen müssen. es geht der Arbeiterjugend nicht um Reformen schlechthin, sondern es steht immer die konkrete Frage: Wird dadurch der Einfluß der Lehrlinge und jungen Arbeiter, der Einfluß der Gewerkschaften und Arbeiterjugendorganisationen erhöht; wird der Einfluß der Konzerne zurückgedrängt?"

Berichtet wird auch in:
- NRW durch den UB Dortmund der Jusos der SPD (vgl. Dez. 1970, 17.2.1971).
=Unsere Zeit Nr.48,Düsseldorf 28.11.1970,S.13;
SPD-LV NRW-Bezirk Westliches Westfalen-UB Dortmund-Jusos:Juso Information Nr.1/2,Dortmund Jan./Feb. 1971,S.4f;
Express International Nr.111,Frankfurt 11.12.1970,S.4;
RKJ-Info Nr.9 und 11,Mannheim Mitte Januar 1971 bzw. 31.1.1971,S.3 bzw. S.8,32 und 46;
druck und papier Nr.25/26,Stuttgart 18.12.1970;
Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.39, 55 und 58,Bochum 7.10.1970, 2.12.1970 bzw. 12.12.1970,S.10, S.1ff bzw. S.5;
Der junge Bolschewik Nr.5/6,Bochum 15.12.1970,S.25;
Der Kampf der Arbeiterjugend Nr.1, 3, 4 und 5,Bochum Jan. 1971, März 1971, Apr. 1971 bzw. Mai 1971,S.3 und 5, S.3, S.3 bzw. Beilage,S.2;
Rebell Nr.1,Tübingen Dez. 1970,S.5;
Rote Fahne Nr.5,Bochum 7.12.1970,S.6;
Erziehung und Klassenkampf Nr.1,Frankfurt 1971,S.83;
Internationale Arbeiterkorrespondenz Nr.34,Frankfurt Nov./Dez. 1970,S.15 und 20;
Junge Garde Nr.5,Bochum Dez.1970/Jan.1971,S.5ff


28.11.1970:  Der KJVD der KPD/ML-ZB gibt zum heute beginnenden Lehrlingskongreß der Jusos der SPD eine Sondernummer seines 'Der Kampf der Arbeiterjugend' (KDAJ) (vgl. Nov. 1970, Dez. 1970) mit einem Umfang von 2 Seiten DIN A 3 heraus, welche uns bisher leider nicht vorlag.
Gefordert wird darin:
- Gleicher Lohn für gleiche Arbeit,
- Wegfall aller Altersabschläge,
- Streikrecht,
- Kündigungsschutz für Jugendvertreter.
=Der Kampf der Arbeiterjugend Nr.1,Bochum Jan. 1971

Dezember 1970:  Der UB Dortmund der Jusos der SPD gibt seine 'Juso-Information' Nr.7 (vgl. Nov. 1970, 17.2.1971) heraus, die uns leider noch nicht vorlagen.

Enthalten ist u.a. ein Beitrag von Klaus Marciniak, aus der AG Eving, der sich unter dem Titel "Jungsozialisten und andere 'Linke'" mit dem bundesweiten Lehrlingskongreß der Jusos in Düsseldorf am 28.11.1970 befaßt. Auf diesen Beitrag antwortet Wolfgang Chadt (vgl. 17.2.1971).
=SPD-LV NRW-Bezirk Westliches Westfalen-UB Dortmund-Jusos:Juso Information Nr.1/2,Dortmund Jan./Feb. 1971,S.4ff

07.12.1970:  Die KPD/ML-ZB berichtet vermutlich aus dieser Woche aus Kassel:"
DKP-KREISVORSTAND GEGEN KPD/ML

Die DKP hat Angst, ihren Einfluß als Agentur der Sozialdemokratie in der Arbeiterklasse zu verlieren, je mehr die Politik der KPD/ML Erfolge zeigt: Diese Angst zwingt sie zu immeren heftigeren Angriffen auf die KPD/ML und zu immer offeneren Anbiederungsversuchen an die SPD-Führung: Willi Belz, ein DKP-Kreisvorstandsmitglied aus Kassel, hat auf einer DKP-Versammlung die Presse, den SPD-Vorstand und insbesondere ZDF-Löwenthal scharf angegriffen. Der Grund: Sie werfen die DKP mit der KPD/ML in einen Topf und bezeichnen die KPD/ML sogar schlechthin als Kommunisten - diesen Haufen von Anarchisten, Maoisten und wildgewordenen Kleinbürgern, wie Herr Belz sich ausdrückt.

Entlarvend genug ist das Beispiel, das er sich für seine Hetze ausgesucht hat: Nämlich den Juso-Kongreß in Düsseldorf (vgl. 28.11.1970,d.Vf.), wo der KJVD die richtigen Forderungen für die Lehrlinge aufgestellt hatte; Löwenthal hatte danach im ZDF-Magazin erklärt, der Kongreß habe bewiesen, wie richtig der Beschluß des SPD-Parteirats gegen die Zusammenarbeit mit den Kommunisten gewesen sei.

Dazu sagt Belz empört: Die 'wirklichen' Kommunisten, also die DKP, seien in Wahrheit gemeinsam mit Jusos und Sozialdemokraten bemüht, für eine wirklich den Interessen der Lehrlinge dienende Berufsausbildung zu kämpfen. Wie dieser gemeinsame Kampf der DKP aussieht, wissen wir von dem Juso-Kongreß: Dort haben sich diese 'wirklichen Kommunisten' überhaupt nicht blicken lassen und so voll die Lehrlingsfängerei der SPD-Jusos unterstützt".
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.59,Bochum 16.12.1970,S.4

10.12.1970:  In Bremen soll, laut KPD/ML-ZB, der viertägige Bundeskongreß der Jusos der SPD beginnen, der sich ebenso wie der Lehrlingskongreß am 28./29.11.1970 der Berufsausbildung widmen solle. Später berichtet die KPD/ML-ZB:"
Im Gegensatz zu einer selbständigen reformistischen Organisation, bei denen Theorie und Praxis des Reformismus zusammenfallen, ist bei den Jusos nur die Ideologie die der bürgerlichen Arbeiterbewegung. In ihrer Praxis stärken sie die monopolkapitalistische SPD-Organisation. Das hat sich ja schon auf dem Lehrlingskongreß in Düsseldorf bewiesen" (vgl. 28.11.1970,d.Vf.).
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.39 und 60,Bochum 7.10.1970 bzw. 19.12.1970,S.10 bzw. S.3f

25.12.1970:  Es beginnt die zweitägige 2.Bundes DK der Vorläufer der KJO Spartacus, der Spartacus-Gruppen. Es soll ein Versuch unternommen werden mit der nordwürttembergischen Freien Sozialistischen Jugend in Diskussion zu kommen. Diese habe auf dem Jusokongreß (vgl. 28.11.1970) z.T. ähnliche Losungen wie man selbst verbreitet.
=KJO Spartacus:Protokoll 2. DK 25./26.12.70;in:Bulletin Nr.6,o.O. März 1971

Januar 1971:  Die Nr.27 des 'Rebell' (vgl. Dez. 1970, Feb. 1971) berichtet u.a. aus Düsseldorf über den Auftritt des KJVD auf dem bundesweiten Lehrlingskongreß der Jusos der SPD (vgl. 28.11.1970).
=Rebell Nr.27,Tübingen Jan. 1971

Januar 1971:  Bei Bosch im Raum Stuttgart gibt die DKP ihren 'Unser Zünder' Nr.1 (vgl. Dez. 1970, Feb. 1971) heraus.
Zum KAB/ML und seiner RJ/ML sowie der KPD/ML-ZB und ihrem KJVD heißt es:"
KOMMUNISTEN UND 'KOMMUNISTEN'
SPALTERGRUPPEN ARBEITEN DEN HERRSCHENDEN IN DIE HÄNDE

In letzter Zeit wurden wieder Flugblätter und auch Zeitungen vor den Fabriktoren bei Bosch Feuerbach verteilt, die mit KAB(ML), KPD(ML) oder mit RJ(ML), KJVD usw. unterschrieben waren; sie nennen sich alle 'Kommunisten'.
...
Wie sehr die Existenz dieser Gruppen und Grüppchen in das Konzept des Großkapitals, der CDU/CSU paßt, zeigte das Fernsehen im Dezember 1970 im Löwenthal-Bericht über den Jungsozialistenkongreß (vgl. 28.11.1970,d.Vf.). Dort hatte man die gleichen Gruppen und Grüppchen im Bild: Ein chaotischer Haufen, der jede Zusammenarbeit unmöglich machte und den Kongreß dann sprengte.

Löwenthal (CDU) nannte sie alle 'Kommunisten', obwohl die DKP dort gar nicht vertreten war. Die Fernsehzuschauer waren erschreckt und damit der beabsichtigte Zweck erreicht.

Dient eine solche Spaltertätigkeit der Arbeiterschaft? Nein. Sie nützt allein den Unternehmern und ihren politischen Vertretern.

Kollegen laßt Euch nicht verwirren. WENN JEMAND VON SICH BEHAUPTET, ER SEI KOMMUNIST, DANN BRAUCHT ER NOCH LANGE KEINER ZU SEIN. Wenn die CDU, ein Löwenthal oder Strauß von den Spaltergruppen als 'Kommunisten' sprechen, dann versuchen sie nur die Tätigkeit dieser Gruppen zur Bekämpfung der DKP zu benutzen.

Die DKP ist die einzige Partei, die mit klaren Vorstellungen eine Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse in der Bundesrepublik anstrebt und konsequent die Interessen aller Arbeitenden vertritt.

Unsere Vorstellungen kann jeder in der UZ, in den Betriebs- und Stadtteilzeitungen der DKP, oder noch besser in unserer Grundsatzerklärung nachlesen."
=Unser Zünder Nr.1,Stuttgart Jan. 1971

Im 'Kampf der Arbeiterjugend' (KDAJ - vgl. Feb. 1971) berichtet der KJVD:"
LANDESDELEGIERTENKONFERENZ DES KJVD NRW
...
Ein großer Erfolg war auch das Auftreten auf dem Lehrlingskongreß der Jungsozialisten (der SPD - vgl. 28.11.1970,d.Vf.) in Düsseldorf (...)."
=Der Kampf der Arbeiterjugend Nr.2,Bochum Feb. 1971,S.5

10.01.1971:  Der KJVD der KPD/ML-ZB (vgl. Feb. 1971) berichtet:"
JUSO-FÜHRER GANSEL IN DEN FUSSTAPFEN STAMPFERS:
MIT DEN KOMMUNISTEN KEINEN SCHRITT!

Auf der Landeskonferenz der Jungsozialisten in Schleswig-Holstein am 10./11. Januar stellt sich die Mehrheit der Delegierten auf den Standpunkt der SPD-Führer: Sie lehnten jede gemeinsame Aktion mit den Kommunisten ab.

Einige Redner verlangten, daß die Jusos wenigstens bei antifaschistischen Demonstrationen mit den Kommunisten zusammengehen sollten.

Aber sie konnten die anderen Juso-Führer nicht überzeugen. Die stellten sich auf die Seite des SPD-Parteiratsmitglied Gansel, für den, wie für die anderen SPD-Führer die Hauptfeinde die Kommunisten sind.

Auf dem Juso-Lehrlingskongreß (vgl. 28.11.1970,d.Vf.) in Düsseldorf haben die Jusos sich als die Freunde der Arbeiterjugend aufgespielt.

Ausbildung statt Ausbeutung, boten sie da den Lehrlingen an. Was vom Kampf vieler Jusos gegen die Ausbeutung der Arbeiterjugend zu halten ist, das zeigt diese Konferenz.

Der ärgste Feind der Arbeiterklasse, für die Arbeiterjugend sind die Faschisten. Die ärgsten Feinde für diese Juso-Führer aber, genau wie für die SPD-Führer, sind die Kommunisten.

Sie zeigen heute schon, wo sie einmal stehen sollten, wenn die Faschisten stärker werden sollten: Da, wo auch die SPD-Führer unter dem Hitlerfaschismus standen - auf der Seite der Faschisten. 'Keinen Schritt mit den Kommunisten gegen die Faschisten', sagen die SPD-Führer heute.

'Wenn schon Faschismus, dann mit uns, aber mit euch keinen Schritt', sagte der SPD-Mann Stampfer 1934 (vgl. 1934,d.Vf.) zu den Kommunisten."
=Der Kampf der Arbeiterjugend Nr.2,Bochum Feb. 1971,S.3

20.01.1971:  Innerhalb der Revolutionär-Kommunistischen Jugend (RKJ) der GIM erscheint das 'RKJ-Info' Nr.10 (vgl. 11.1.1971, 31.1.1971).
In einer Vorbemerkung zum zweiten Beitrag heißt es:"
Der folgende Beitrag befaßt sich mit der Jour-Fix-Frage. Die Diskussion über den Jour-Fix sollte in den Gruppen sofort aufgenommen werden, um ein einheitliches Vorgehen während des Frankfurter Lehrlingskongresses zu ermöglichen. Düsseldorf (vgl. 28.11.1970,d.Vf.) sollte uns eine Lehre sein."
=RKJ:Info Nr.10,Hamburg 20.1.1971

28.01.1971:  In Hamburg führt die RKJ der GIM (vgl. 1.1.1971) eine Mitgliederversammlung (MV) durch, auf der u.a. folgender Text beschlossen wird:"
DIE AUFGABEN DER RKJ UND DIE POLITISCHEN UND ORGANISATORISCHEN KONSEQUENZEN FÜR DIE RKJ - GRUPPE HAMBURG

In der augenblicklichen Situation erscheint immer deutlicher die Notwendigkeit der nationalen Organisation der RKJ. ...

Im nationalen Rahmen gesehen besteht die RKJ z.Z. nur als eine Föderation trotzkistischer Jugendgruppen, die stillschweigend voraussetzen, daß alle die gleichen Ziele unter den gleichen Losungen anstreben. Betrachtet man jedoch die Realität etwas eingehender, so zeigt sich ganz klar, daß
1. die Gruppe nur eine lokale und damit notwendig bornierte Praxis zu verfolgen imstande sind. ...
2. die Gruppen einer ungleichzeitigen Entwicklung unterliegen.
3. die RKJ zu diesem Zeitpunkt sich nicht in der Lage gezeigt hat, nationale Kampagnen tatsächlich konsequent durchzuführen. Erinnert sei hier nur an den Lehrlingskongreß der Jusos in Düsseldorf (vgl. 28.11.1970,d.Vf.) ... .

Alles in allem läßt sich daraus der Schluß ziehen, daß die RKJ eine politische Kraft in der BRD nur dann werden kann, wenn sie sich aufgrund einer EINHEITLICHEN PROGRAMMATIK in einer auf nationaler Ebene demokratisch-zentralistischen Organisation zusammenschließt."
=RKJ:Info Nr.11,Hamburg 31.1.1971,S.32ff

31.01.1971:  Innerhalb der Revolutionär-Kommunistischen Jugend (RKJ) der GIM erscheint das 'RKJ-Info' Nr.11 (vgl. 20.1.1971, Feb. 1971).
Enthalten sind u.a. eine Kritik am Eingreifen auf dem Düsseldorfer Lehrlingskongreß der Jusos der SPD (vgl. 28.11.1970), ein nicht verteilter Flugblatt-Entwurf dazu sowie ein Artikel zum nächsten Lehrlingskongreß in Frankfurt (vgl. 13.2.1971).
=RKJ:Info Nr.11,Hamburg 31.1.1971

17.02.1971:  Vom UB Dortmund der Jusos der SPD erscheint vermutlich Mitte dieser Woche die 'Juso Information' Nr.1/2 (vgl. Dez. 1970, 28.5.1973) für Januar/Februar. Von Wolfgang Chadt stammt zur örtlichen Diskussion (vgl. Dez. 1970) über den bundesweiten Juso-Lehrlingskongreß in Düsseldorf (vgl. 28.11.1970) folgende:"
ANMERKUNG zu: 'Jungsozialisten und andere 'Linke'' (Beitrag von Klaus Marciniak, AG Eving, in der JUSO-INFORMATION Nr.7/Dezember 1970)

Als jemand, der an dem Lehrlingskongreß in Düsseldorf teilgenommen hat, muß ich mich nach der Lektüre des o.g. Beitrages fragen: 'War ich auf einem anderen Kongreß?' Nehme ich an, daß ich auf dem richtigen Kongreß gewesen bin, muß wohl Klaus Marciniak entweder nicht in Düsseldorf gewesen sein, oder er hat die gesamte Zeit in der Altstadt verbracht. Es erscheint mir doch notwendig, einiges richtigzustellen.

Klaus Marciniak schreibt z.B.: 'Dabei wäre eine Einigungsformel zur Verbesserung der Berufsausbildung sicher möglich gewesen, vielleicht diese...: '...Es (das Berufsausbildungsgesetz,d.V. (BBiG,d.Vf.)) sollte die berufliche Bildung als öffentliche Aufgabe in staatliche Verantwortung legen und von staatlichen Institutionen durchführen lassen...''

Zur Information und Richtigstellung: Genau dieser Punkt war einer der meist umstrittendsten auf dem Kongreß. Während die Jusos diesen Vorschlag machten, nämlich die Berufsausbildung in öffentliche Verantwortung zu legen, waren fast ausnahmslos alle anderen vertretenen Gruppen gegen diesen Vorschlag, weil sich für sie die SPD als Vertreterin des Großkapitals darstellte und sie deshalb in diesem Vorschlag nicht die Spur einer Verbesserung sahen. Ich verstehe beim besten Willen nicht, wie man da von einer 'Einigungsformel', die 'sicher möglich' gewesen wäre, sprechen kann.

Weiter: 'Durch die von der Bundesregierung eingeleitete Verständigungspolitik befürchten die Linken eine Unterwanderung der Errungenschaften der DDR.'(Marciniak).

Hier muß man wohl sich etwa besser informieren und etwas mehr differenzieren. Die in Düsseldorf vertretenen kommunistischen Gruppen (KJVD (der KPD/ML-ZB,d.Vf.), Junge Garde (JG der IAK,d.Vf.), Spartacus (KJO,d.Vf.), Roter Panther (RP,d.Vf.) etc.) waren bis auf einen kleinen Teil (Düsseldorfer SDAJ (der DKP,d.Vf.)) maoistischen, trotzkistischen oder lambertistischen Typs und haben eins gemeinsam: sie lehnen einen Sozialismus stalinistischer Prägung wie in der UdSSR (SU,d.Vf.) oder der DDR ab und würden deshalb nie von 'Errungenschaften der DDR sprechen'. Selbst auf dem Kongreß beschimpften Maoisten Stalinisten, was Klaus Marciniak eigentlich bei seiner kritischen Einstellung nicht hätte verborgen bleiben dürfen.

Weiter: Der Nachweis, daß die Sozialdemokraten 'den Arbeitern mehr als andere Wohlstand, Recht und Freiheit gesichert haben', dürfte dem Genossen Marciniak wohl ziemlich schwer fallen. Wann sollten sie dies getan haben - 1919 - 1930, in Koalitionsregierungen mit Zentrum, DVP und DDP, in der Opposition 1949 - 1966 oder in letzter Zeit mit Wirtschaftsminister Karl Schiller? Zugegeben, sie haben sich immer dafür eingesetzt, aber ist unsere jetzige Wirtschaftsordnung demokratisch?

Apropos Schiller: Er will an der Marktwirtschaft 'mit Klauen und Zähnen' festhalten. Wem dient die Konzertierte Aktion als Disziplinierung der Gewerkschaften? Wen trifft der Konjunkturzuschlag, wen die Aussetzung der degressiven Abschreibung? Ich glaube kaum, daß dies eine arbeitnehmerfreundliche Politik ist, wem soll sie sonst dienen als dem Kapital? Daß der Konjunkturzuschlag zurückgezahlt wird, ist ein etwas billiges Argument (zinslos!) im Vergleich dazu, daß die Unternehmer die Aussetzung der degressiven Abschreibung fast gar nicht trifft (sie planen langfristig und haben genügend Rücklagen). Wenn Klaus Marciniak einmal ein Werk von Karl Marx gelesen hätte, dann wüßte er, daß seine Analyse des kapitalistischen Systems (leider!) heute immer noch stimmt, wenngleich die Verhältnisse nicht ohne Verdienst der SPD heute wesentlich verschleierter sind. Oder hat sich etwa an dem Eigentum an den Produktionsmitteln etwas geändert?

Militärausgaben: Eine Zusammenarbeit zwischen Helmut Schmidt und der Rüstungs-Lobby wird sich kaum verleugnen lassen, holt er sich doch deren prominentesten Vertreter in sein Ministerium (Beispiel: Staatssekretär Mommsen von Krupp). Zu den Angriffen der Linken auf Schmidt wegen seiner vermeintlichen Cleverness ist nicht viel zu sagen. Hinzuweisen ist aber darauf, daß H. Schmidt gerade von Jusos heftig kritisiert wird, und zwar weniger in seiner Eigenschaft als Verteidigungsminister als wegen seiner Stellung bzw. Nicht-Stellung zur innerparteilichen Demokratie (Man lese einmal: Hans-G. Koch, Mit Helmut Schmidt in die 70er Jahre?, Blätter für deutsche und internationale Politik, 4/1970 (vgl. S5.*.1970,d.Vf.)).

Zu dem zitierten Parteiratsbeschluß möchte ich nichts mehr sagen, er ist mit dem Festhalten an der Eigentumsordnung und dem gleichzeitigen Feststellen von 'Freiheit' paradox."
=SPD-LV NRW-Bezirk Westliches Westfalen-UB Dortmund-Jusos:Juso Information Nr.1/2,Dortmund Jan./Feb. 1971

März 1971:  Der KJVD der KPD/ML-ZB (vgl. Apr. 1971) berichtet vermutlich u.a. aus dem März:"
HETZE GEGEN DIE JUSOS
SPD-FÜHRER SÄUBERN DIE REIHEN DER PARTEI

Münchens Oberbürgermeister Vogel gab das Signal - und die anderen SPD-Führer begannen eine bundesweite Hetze gegen die Jusos.
...
Die Jusos gaben bisher der SPD einen Anstrich von Sozialismus. Aber die SPD-Führer sehen, daß das heute ein Luxus ist, den sie sich nicht mehr leisten können. Denn Wählerstimmen aus den Reihen der Arbeiter und der Arbeiterjugend haben die Jusos nicht gebracht. Sie haben auch keinen Einfluß auf die Jungarbeiter und Lehrlinge. (Das mußte selbst Juso-Führer Voigt auf dem Lehrlingskongreß in Düsseldorf (vgl. 28.11.1970,d.Vf.) zugeben.)"
=Der Kampf der Arbeiterjugend Nr.4,Bochum Apr. 1971,S.3f

29.03.1971:  Der KJVD der KPD/ML-ZB (vgl. Mai 1971) berichtet vermutlich aus dieser Woche u.a. vom DGB-BJA:"
MEHR JUSOS AUF FÜHRUNGSPOSTEN DER GEWERKSCHAFT
JUSO-FÜHRER SOLLEN ARBEITERJUGEND RUHIGHALTEN

Ende März trafen sich der Vorstand der SPD-Bundestagsfraktion und der Bundesjugendausschuß des DGB zu einem Gespräch.

'Die Zusammenarbeit zwischen der Gewerkschaftsjugend und den Jungsozialisten muß verstärkt werden', das war ein wichtiges Ergebnis des Gesprächs. Wie diese Zusammenarbeit aussehen soll, wurde auch festgelegt:

Jungsozialisten sollen verstärkt Funktionärsposten in der Gewerkschaft übernehmen, und mehr 'junge Arbeitnehmer' als bisher sollen führende Positionen bei den Jungsozialisten einnehmen.

Dies war das zweite Gespräch (vgl. **.*.1971;d.Vf.) dieser Art innerhalb kurzer Zeit. Auch der Jusovorstand und der DGB-Vorsitzende Vetter (vgl. **.**.197*,d.Vf.) trafen sich schon zu ähnlichen Unterredungen.

Was ist der Grund für diese Zusammenarbeit auf den höchsten Ebenen?

Warum sind die Gewerkschaftsführer gerade jetzt daran interessiert, daß Jusos die Funktionäre in der Gewerkschaftsjugend stellen?

Die SPD-Führer wissen, daß es ihnen bisher nicht gelungen ist, einen bedeutenden Teil der Arbeiterjugend in ihrer Jugendorganisation zu sammeln oder auch nur auf einen wesentlichen Teil der Arbeiterjugend einen festen Einfluß zu gewinnen. Die Jusos sind immer noch eine Organisation, in der Jungarbeiter und Lehrlinge fast überhaupt nicht vertreten sind.

Das deutlichste Beispiel dafür war der Jusokongreß in Düsseldorf (vgl. 28.11.1970,d.Vf.). Die Jusos hatten monatelang an der Vorbereitung dieses Kongresses gearbeitet. Schon seit Beginn des letzten Jahres (vgl. Jan. 1970,d.Vf.) warben sie in den Zeitungen der verschiedensten ihnen politisch nahestehenden Jugendorganisationen für ihre Forderungen und Parolen. Sie waren daran gegangen 'Lehrlingszirkel' zu gründen, in denen sie mit den Lehrlingen arbeiten möchten. Sie machten einen Riesenwerberummel für den Kongreß selbst.

Aber alles nützte nichts.

Es kamen zwar eine ganze Reihe von Lehrlingen. Aber sie waren zum überwiegenden Teil nicht bereit, sich mit den Jusos zusammenzutun. Im Gegenteil, die Jusos mußten erleben, daß ein Teil von ihnen sich hinter den Kommunistischen Jugendverband stellte, als er auf diesem Kongreß die Jusos als Lehrlingsfänger für die SPD entlarvte.

Die SPD-Führer hatten die Jusos schon vorher vor den Kommunisten gewarnt. Und jetzt mußten auch die Jusoführer selbst sehen: In einem offenen politischen Kampf konnten sie in der Arbeiterjugend keinen Boden gewinnen.

Diese Niederlage der Jusos in Düsseldorf war ein Alarmsignal für die SPD-Führer.

Sie sahen, daß sie es mit all ihren Versprechungen für eine Verbesserung der Lage der Arbeiterjugend nicht geschafft hatten, einen ausschlaggebenden Teil von ihnen fest hinter sich zu bringen. Auch nicht bei den Lehrlingen, die sie doch in letzter Zeit besonders intensiv umschmeichelt hatten.

GEGEN DIE RADIKALISIERUNG DER ARBEITERJUGEND EINE STÜTZE GEWINNEN

Eine Stütze in der Arbeiterjugend zu haben, ist aber gerade jetzt für die SPD-Führer unbedingt notwendig, wenn sie sich nicht die Gunst ihrer Auftraggeber, der Kapitalisten, verscherzen wollen.

Schon heute ist die Unzufriedenheit unter den Jungarbeitern und Lehrlingen groß. Schon auf dem Jusokongreß zeigte sich, daß die Arbeiterjugend beginnt, sich den Kommunisten zuzuwenden und mit ihnen gemeinsam den Kampf aufzunehmen. Je weiter sich die Krise verschärft, desto härter wird sie auch die Arbeiterjugend treffen. Die Kämpfe der Arbeiterjugend gegen die Krisenfolgen werden zunehmen - und sie werden sich immer mehr gegen die SPD-Führer selbst richten.

Denn die müssen immer offener gegen die Arbeiterjugend vorgehen, wenn sie die Profite der Kapitalisten sichern wollen.

Die SPD-Führer werden zwar nicht aufhören, auch weiter ihre Sprüche zu klopfen wie: 'Ausbildung ist kein Luxus!', sie werden das Blaue vom Himmel herunter versprechen.

Aber damit allein werden sie die Arbeiterjugend nicht vom Kampf abhalten können.

Denn das, was sie jeden Tag im Betrieb erfahren, paßt nicht zu den Worten der SPD-Führer:

Jungarbeiter erleben Schillers Lohndiktat!

Lehrlingen wird nach Abschluß ihrer Lehre gekündigt, wie bei Hellige in Freiburg (IGM-Bereich - vgl. Apr. 1971,d.Vf.)!

Jungarbeiter und Lehrlinge müssen immer härter in der Produktion arbeiten und bekommen trotzdem keinen Pfennig mehr!

Die Arbeiterjugend im Bergbau und der Metallindustrie erlebt, wie eine neue Lohnordnung eingeführt wird, die ihren mageren Lohn noch mehr verringert!

Lehrlinge bekommen zu spüren, wie der Stufenplan ihnen das Recht auf Ausbildung nimmt und ihnen den Lohn raubt!

In einer solchen Situation will die Arbeiterjugend keine Wolkenschlösser. Sie will wissen, wie sie sich gegen diese Angriffe zur Wehr setzen kann. Sie will Taten sehen.

Wie können die SPD-Führer verhindern, daß die Kämpfe der Jungarbeiter und Lehrlinge sich ausweiten und gegen sie selbst und das gesamte kapitalistische System richten?

Es gibt einige in den Reihen der Arbeiterjugend, die davon überzeugt sind, daß das kapitalistische System gar nicht so schlecht ist, daß die SPD-Regierung die richtige Regierung für die Arbeiter ist.

Es gibt allerdings einige wenige, denen die Maßnahmen der SPD-Regierung etwas bringen. Es sind die, die bei der Einführung des Stufenplans nicht zu denen gehören, die nach ein oder zwei Jahren mit einem entsprechend niedrigen Lohn an den Maschinen stehen. Es sind die wenigen, die ihre Lehre beenden und dann vielleicht sogar eine technische Ausbildung aufnehmen können.

Und es sind vor allem die, die schon einen Posten in der Gewerkschaft haben. Sie wissen genau, wem sie ihn verdanken. Nicht weil sie sich für die Kollegen eingesetzt haben, sind die meisten daran gekommen. Nicht mit der Unterstützung der Kollegen werden sie ihren Posten behalten. Karriere können sie nur machen, wenn sie dafür sorgen, daß sie denen Einfluß erhalten, die ihnen auch ihren Posten verschafft haben - die SPD-Führer.

Das ist der Teil der Arbeiterjugend, aus dem die SPD-Führer die gewinnen können, die ihnen die Treue halten. Der sie stützen kann, wenn es gilt, die Kämpfe der Arbeiterjugend abzublocken.

Das aber muß erreicht sein, bevor die Angriffe der Kapitalisten und der SPD-Führer in der Krise so hart werden, daß die Arbeiter, Jungarbeiter und Lehrlinge sich zu breiten Kämpfen zusammenschließen, bevor die Organisation zu stark wird, die die Arbeiterklasse in diesem Kampf gegen die SPD-Regierung und das ganze kapitalistische System führen kann.

Es kommt für sie jetzt erst einmal darauf an, in diesem Teil der Arbeiterjugend Fuß zu fassen. Wenn sie es schaffen, sich aus ihnen einen Trupp von Lehrlingen und jungen Arbeitern zu schaffen, diese Politik bei den Kollegen durchzusetzen, dann kann es ihnen wenigstens noch eine Zeit lang gelingen, die Kämpfe der Arbeiterjugend abzuwürgen.

Daß dieser Weg der einzig richtige ist, haben ihnen ihre Erfahrungen mit den älteren Kollegen gezeigt.

Die Gewerkschaftsführer und die SPD-Leute in den Betrieben haben es bisher geschafft, trotz der Angriffe der SPD-Regierung, trotz Lohndiktat und Steuererhöhungen, die Arbeiter vom entschlossenen Kampf gegen die SPD-Führer abzuhalten.

JUSO- UND GEWERKSCHAFTSFÜHRER GEGEN DIE ARBEITERJUGEND

'Eine stärkere Zusammenarbeit mit den Gewerkschaftsführer', meinte Voigt damals (vgl. **.**.197*,d.Vf.), sei notwendig, um Einfluß bei den Lehrlingen zu bekommen.

Die ersten Ergebnisse der Zusammenarbeit haben die Genossen vom KJVD und die Jungarbeiter und Lehrlinge bereits zu spüren bekommen. In Recklinghausen (vgl. Feb. 1971,d.Vf.) erklärten die Jusos wenige Tage, nachdem Voigt die neue Richtung der Jusoarbeit angegeben hatte, daß sie Mittel und Wege finden würden, um die KJVD-Genossen und alle anderen, die den Verrat der SPD-Regierung bekämpfen wollen, aus der Gewerkschaft herauszuwerfen.

In anderen Städten, in Stuttgart (vgl. Jan. 1971,d.Vf.), in Flensburg (vgl. **.**.197*,d.Vf.) usw. haben sie mit vereinten Kräften ihre Drohungen wahrgemacht.

Aber nicht alle Jusomitglieder verstanden Voigt in diesem Sinn. Einige versuchten auch, in den Gewerkschaften wirklich für die Interessen der Arbeiterjugend einzutreten. Sie brachten in einigen wenigen Gewerkschaftsgruppen die Posten der altgedienten Gewerkschaftsfunktionäre in Gefahr. So hatten die SPD-Führer allerdings nicht gewettet.

Um ein für alle Mal alle Mißverständnisse auszuräumen und den Jusos zu zeigen, was sie zu tun haben, wenn sie nicht den Zorn ihrer Parteiväter auf sich ziehen wollen, haben sich die SPD-Führer jetzt selbst eingeschaltet. Sie haben den Weg festgelegt, den die Arbeit der Jusos zu gehen hat.

Die Hetze gegen die Jusos, die sie nach dem 'Fall Vogel' entfaltete und die Gespräche zwischen den Führungen der Gewerkschaften, der SPD und den Jungsozialisten sind zwei Seiten ein und derselben Sache. Die Drohung mit dem Parteiausschluß für diejenigen, die auf ihre linken Ideen, ihre 'sozialistische Politik' nicht verzichten wollen - das ist die eine Seite.

Die Aussicht auf eine Karriere als Gewerkschaftsfunktionär für diejenigen, die bereit sind, am straffen Zügel der SPD-Führer in den Gewerkschaften zu arbeiten - das ist die andere seite.

Für die Jusoführer war die Sache von Anfang an klar. Sie hatten sich entschieden - für die SPD-Führer und die Karriere. Das zeigte die Zustimmung zum Antikommunisbeschluß (vgl. 13.11.1970,d.Vf.) der SPD-Führung, das zeigt ihr Verhalten bei den Rote-Punkt-Aktionen (vgl. NRW - 6.4.1971,d.Vf.).

Die Spitzengespräche zwischen den SPD- und Gewerkschaftsführern sind der Beginn eines gezielten Angriffs auf die Arbeiterjugend. Dagegen müssen wir uns von Anfang an wehren. Schließen wir uns der Organisation an, die als einzige bereit ist, die Arbeiterjugend in den Kampf gegen die zu führen, die ihren Kämpfen am liebsten ein für alle Mal ein Ende setzen möchten."
=Der Kampf der Arbeiterjugend Nr.5,Bochum Mai 1971,Beilage,S.2

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