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Dieser vierte Teil der Darstellung zur Hamburger Studentenbewegung umfasst nach der Darstellung zum durch inhaltliche Auseinandersetzung mit der braunen Vergangenheit des akademischen Lehrkörpers und der Agitation der Hamburg Bevölkerung geprägten Wintersemesters 1967/68 allein den Protest gegen den Anschlag auf Rudi Dutschke. Bei diesen kommt es, wie bereits bei den Protesten im Juni 1967 zu heftigen Attacken der Polizei auf die Protestierenden, aber offenbar erstmals auch zu Steinwürfen, wobei deren Urheberschaft umstritten scheint. Hervorzuheben sind sowohl die Vorbeugehaft gegen SDS-Mitglieder als auch die Vorsicht und Zögerlichkeit des AStA bei der Vorbereitung weiterer Aktionen (vgl. 17.4.1968), wie sie dann aber doch anlässlich des 1. Mai und der Notstandsgesetze (NSG) organisiert werden. Wie bereits 1967 verbreitet der AStA wiederum Zeugenaussagen (vgl. 22.4.1968) und wendet sich sowohl an die Presse (vgl. 19.4.1968) als auch an die Bevölkerung (vgl. 18.4.1968, 25.4.1968).
Erste Verurteilungen gegen die Protestbewegung erfolgen ebenfalls in diesem Zeitraum (vgl. 20.4.1968).
An der Aprilausgabe des 'Auditorium' (vgl. 22.4.1968), die wesentlich den Osterereignissen gewidmet ist, wird die plötzliche Wichtigkeit der Gewaltfrage deutlich, aber auch die internationale Dimension der Studentenbewegung, die mittlerweile auch den Ostblock erfasst hat, die weitere Präsenz der Moskautreuen Kräfte in der APO über kurz oder lang in Frage stellend, kann aus dieser Ausgabe der Hamburger Studentenzeitschrift ersehen werden.
11.04.1968:
In Hamburg findet, laut Detlev Albers, in der Innenstadt eine erste spontane Demonstration gegen das Attentat auf Rudi Dutschke statt. Es rufen SDS, SHB und AStA zur Demonstration auf.
Laut AStA der Uni (vgl. 22.4.1968) fliegen am Gänsemarkt an der Hamburger Abendblatt-Filiale erste Steine. Dies seien die ersten Steinwürfe in Hamburg überhaupt.
Laut AStA der Uni (vgl. 25.4.1968) protestieren in der Hamburger Innenstadt 500 spontan gegen das Dutschkeattentat. Steinwürfe seien von einem 'Geheimpolizisten' bzw. von einem Polizisten in Zivil durchgeführt worden.
Quellen: Zur Sache,Hamburg 25.4.1968,S.1; Partisan Nr.2,Hamburg o. J.,S.51; AStA-Dokumente Nr.1,Hamburg 22.4.1968
12.04.1968:
Vermutlich heute erscheint in Hamburg ein Flugblatt "Mordanschlag auf Dutschke", mit dem die Humanistische Studenten-Union (HSU), der SDS, der SHB, der Liberale Studentenbund Deutschlands (LSD) und der AStA der Universität zur Demonstration um 19 Uhr ab Moorweide aufrufen.
Laut AStA der Uni (vgl. 25.4.1968) beginnt die Polizei ein "sinnloses Gemetzel" am Valentinskamp. Vor dem Polizeihochhaus seien 1200 Demonstranten eingekesselt und zusammengeschlagen worden.
Laut Detlev Albers gelingt es 1 000 Demonstranten längere Zeit über den Hauptausgang des Springerkonzerns an der Kaiser-Wilhelmstraße zu blockieren.
Q: HSU, SDS, SHB, LSD, AStA Uni Hamburg: Mordanschlag auf Dutschke,o. O. o. J.; Zur Sache,Hamburg 25.4.1968,S.1; Partisan Nr.2,Hamburg o. J.,S.51f.; AStA-Dokumente Nr.1,Hamburg 22.4.1968
15.04.1968:
In Hamburg findet, laut Detlev Albers, eine weitere Demonstration gegen das Attentat auf Rudi Dutschke statt, die von der Abschlußkundgebung des Ostermarsches 1968 auf der Moorweide startet und 4 – 5 000 Teilnehmer hat. Gegen Mitternacht erfolgt vor dem Polizeipräsidium der blutigste Polizeieinsatz der Ostertage überhaupt gegen ca. 1 500 Menschen, die vor dem Polizeipräsidium die Freilassung der vorbeugend inhaftierten SDS-Mitglieder fordern.
Q: Partisan Nr.2,Hamburg o. J.,S.52f; AStA-Dokumente Nr.1,Hamburg 22.4.1968
17.04.1968:
In Hamburg findet, laut Detlev Albers, ein Teach-In statt, auf dem der AStA vor über 2 000 Studenten sein Konzept der Demonstrationspause begründet.
Der AStA der Universität Hamburg sowie die Gewerkschaftliche Studentengruppe (GSG) der Universität und der Akademie für Politik Hamburg veröffentlichen von diesem Teach-In den Beitrag von Otto Köhler über die Rolle des Springerkonzerns.
Auf dem Teach-In wird Geld gesammelt für eine erste Ausgabe der AStA-Zeitung für die Hamburger Bevölkerung, 'Zur Sache' (vgl. 18.4.1968).
Quellen: Partisan Nr.2,Hamburg o. J.,S.53; AStA der Universität Hamburg, die Gewerkschaftliche Studentengruppe der Universität und der Akademie für Politik: Presserklärung von Otto Brenner,Hamburg o. J. (1968); Unilife,Hamburg April 1968,S.2
18.04.1968:
In Hamburg erscheint vermutlich heute die erste Ausgabe der AStA-Zeitung für die Hamburger Bevölkerung, 'Zur Sache' (vgl. 25.4.1968) unter der Schlagzeile: "Mit der Polizei kam die Gewalt" zu den Osterunruhen. Berichtet wird in "Draufhauen! Nachsetzen!" aus Bremen vom Protest gegen die Fahrpreiserhöhungen, gefragt wird: "Bild schoß mit. Was hat Springer mit Dutschke zu tun?", festgestellt: "Springer pfeift – Regierung tanzt!", dargestellt die "Gefahr durch Springer", wobei es dann nicht verwundert, wenn es zu Otto Brenner, Vorsitzender der IG Metall heißt: "Brenner warnt Bundesregierung".
Berichtet wird vom schwerverletzten Dietmar Schmidt und im Impressum vom Teach-In, welches das Geld aufbrachte (vgl. 17.4.1968), aufgerufen zum Griechenlandprotest (vgl. 19.4.1968).
Q: Zur Sache,Hamburg April 1968
19.04.1968:
Der AStA der Universität Hamburg veröffentlicht vermutlich spätestens Ende dieser Woche eine Presseerklärung des Hamburger AStA zur Korrektur der Erklärungen des Hamburger Polizeipräsidenten unter dem Titel "Frenzel sagte nicht die Wahrheit!".
Q: AStA der Universität Hamburg: Frenzel sagte nicht die Wahrheit! Presseerklärung des Hamburger AStA zur Korrektur der Erklärungen des Hamburger Polizeipräsidenten,Hamburg o. J. (1968)
20.04.1968:
In Hamburg kommt es laut AStA der Uni (vgl. 25.4.1968) vermutlich heute im Prozeß um die Vietnamdemonstration am 17.2.1967 zu zwei Freisprüchen und einer Verurteilung zu vier Monaten auf Bewährung.
Q: Zur Sache,Hamburg 25.4.1968,S.2
22.04.1968:
Der AStA der Universität Hamburg gibt seine 'Dokumente' Nr. 1/1968 (vgl. Sept. 1967) zu den Demonstrationsereignissen vom 11., 12. und 15.4.1968 heraus, die im Einzelnen dargestellt werden. Dokumentiert werden Verhaltensregeln des Innensenators Heinz Ruhnau für die Polizei und verschiedene Zeugenaussagen.
Eine dieser Aussagen wurde auch als Flugblatt verbreitet.
Q: AStA-Dokumente Nr.1,Hamburg 22.4.1968; Fehland / Heide: Bericht über die Vorfälle am Polizeihochhaus, Hamburg o. J. (1968)
22.04.1968:
Der AStA der Universität Hamburg gibt sein 'Auditorium – Hamburger Studentenzeitung' Nr. 53 (vgl. 29.1.1968, Mai 1968) für April vermutlich in dieser Woche in einer Auflage von 10 000 Stück heraus. Eine teilweise verbreitete Beilage der Burschenschaft Alemannia-Redaria lag uns nicht vor.
Das Titelbild ist Axel Springer gewidmet. Die Innenseite enthält Bilder der Osterunruhen in Hamburg. Berichtet wird von diesen auch aus Bochum, Frankfurt, Göttingen, Heidelberg, Kiel, Köln, München und Münster sowie in einer Reihe von Beiträgen. Hans Erich Bahr, Ordinarius für praktische Theologie an der Ruhruni Bochum (RUB) erklärt: "Schweigen ist Verrat". Jens Litten eröffnet in einer Stellungnahme des AStA "Perspektiven", Urs Möller definiert "Pressefreiheit: Freiheit VON der Springerpresse", Peter Münder stellt fest: "Wir schießen zurück!", Wolfgang E. Bolz entrichtet "Dank an Professor Weichmann".
Jenseits der Osterunruhen widmet sich R. Winter in "Ein Filmspiegel für Ordinarien" dem Vorlesungsverzeichnis der Germanistik und Literaturwissenschaft, Richard E. Otto rezensiert in "Studienverführer" den Hamburger Studienführer.
Sven G. Papcke stellt fest: "War is peace. Zur Ideologie der Friedfertigkeit des Westens", Reginald Lark verkündet Thesen "Von der Gewalt", Wolf Walter verfasst "'Zionisten' machen sit-ins. Ein Bericht über die Studentenrebellion in Polen". Tobias Strunk und Peter Münder ergehen sich bzgl. Großbritanniens in "Erinnerungen an die KU beim Besuch der Londoner Anti-University". Aus den USA berichtet Dirk Hoerder von MLK in "Martin Luther King – Attentat auf die Gewaltlosigkeit".
Rezensiert werden Klaus Dörner: "Die Hochschulpsychiatrie", H. J. Schoeps / Chr. Dannemann (Hrg.): "Die rebellischen Studenten", André Gorz: "Zur Strategie der Arbeiterbewegung im Neokapitalismus" und Siegried Bernfeld: "Sisyphos oder die Grenzen der Erziehung".
Beworben werden u.a. die 'Sozialistischen Hefte' sowie die Katholische Studentengemeinde (KSG) in der Rentzelstraße 17.
Q: Auditorium Nr. 53,Hamburg Apr. 1968
22.04.1968:
Der AStA der Universität Hamburg gibt sein 'AStA-Info' Nr.2 für das Sommersemester 1968 heraus, in dem zu den Demonstrationen der Ostertage bekanntgegeben wird: "Akademischer Senat fordert Untersuchungsausschuß", aber auch dass morgens ein Gespräch von Studenten mit u.a. Ruhnau und Weichmann stattfinde. Hingewiesen wird auf die eigene heutige Dokumentation dazu. Aufgefordert wird zu Spenden für das Informationsblatt 'Zur Sache' sowie zu Zeugenaussagen.
Q: AStA-Info Nr.2 SS 68,Hamburg 22.4.1968
24.04.1968:
In Hamburg findet, laut Detlev Albers, eine vom SDS einberufene Studentenversammlung statt, die eine Demonstration für den 1. Mai beschließt. Einem Aktionsausschuß gehören vor allem Mitglieder von SHB und SDS an.
Q: Partisan Nr.2,Hamburg o. J.,S.53
25.04.1968:
Der AStA der Universität Hamburg gibt seine 'Zur Sache' (vgl. 18.4.1968, 9.5.1968) heraus. Der Leitartikel fragt: "Was wollen die Studenten?". Berichtet wird von der Notstandsübung anlässlich der Osterunruhen (vgl. 12.4.1968, 13.4.1968). Gefragt wird: "Ist die Pressefreiheit in Gefahr?", gewarnt wird vor der Teilnahme am 1. Mai, da die Bevölkerung stark aufgehetzt sei.
Berichtet wird von den Prozessen um die Vietnamdemonstration am 17.2.1967 (vgl. 20.4.1968) und wegen des 17.2.1968. Dokumentiert wird die Berichterstattung der Presse vom 16.4.1968. Analysiert wird die Polizeiausbildung.
Q: Zur Sache,Hamburg 25.4.1968
Dezember 1968:
Vermutlich im Dezember erscheint in Hamburg durch das Anarchokollektiv der 'Partisan' Nr.2. Dokumentiert wird ein Flugblatt der Rechtshilfe Hamburg zum "Verhalten der Demonstranten gegenüber der Polizei". Ein Foto zeigt den Polizeieinsatz am Ostermontag, den 15.4.1968. Bekanntgegeben wird, dass die "Prozesswelle rollt". Von Detlef Albers erscheint der Artikel "Ansätze unmittelbarer Demokratie in der Studentenbewegung – ein Beitrag zur Rezeption des Rätegedankens". Berichtet wird im zweiten Teil auch über den "Verlauf der Aktionen in Hamburg" im Anschluss an das Attentat auf Rudi Dutschke (vgl. 11.4.1968, 17.4.1968).
Q: Partisan Nr.2,Hamburg o. J.,S.14f und 50ff
Letzte Änderungen: 19.11.2010
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