Kommunistische Arbeiterpresse. Betriebszeitung der Zelle Westfalenhütte der KPD für die Hoesch-Arbeiter, Jg. 2, Nr. 15, 13. Juli 1972

13.07.1972:
Die Zelle Hoesch Westfalenhütte der KPD gibt die Nr. 15 ihrer 'Kommunistischen Arbeiterpresse' (KAP - vgl. 3.7.1972, 24.10.1972) für die Hoesch-Arbeiter mit vier Seiten DIN A4 unter Verantwortung von Maria Bergmann, Berlin 12, Schillerstr.35, mit folgendem Leitartikel heraus: "
ABBAU DER STAHLPRODUKTION: OFFENLEGUNG DER RATIONALISIERUNGS- UND STILLEGUNGSPLÄNE

Die 1 000 Hoesch-Kollegen, die am Mittwoch, dem 5.7. um 11 Uhr morgens vor die Hauptverwaltung an der Eberhardstraße zogen, um den Aufsichtsrat zur Offenlegung seiner Pläne für die Dortmunder Hoesch-Werke zu zwingen, wußten am Ende genauso viel wie vorher: die Kapitalisten denken überhaupt nicht daran, auch nur einen Ton über ihr wirkliches Vorhaben, ihre Politik des Abbaus der Stahlbasis in Dortmund und ihr umfangreiches Rationalisierungsprogramm aufzudecken. Stattdessen tun sie so, als könnten sie mit den Arbeitern so umspringen, wie sie wollten. Harders glaubt im Ernst, die Kollegen mit dem nichtssagenden Satz abspeisen zu können: 'Das neue Stahlwerk wird gebaut, nur den Zeitpunkt können wir noch nicht nennen.'

Aber, Herr Harders, kann es nicht sein, daß sie noch in 20 Jahren von dem neuen Stahlkomplex in Dortmund schwafeln, und leider 'nur den Zeitpunkt' für den Bau immer noch nicht genau nennen können, wenn SM 2 und SM 3 längst verschrottet sind und 1 000 Kollegen auf der Straße sitzen?

Die Hoesch-Kollegen wissen, was gespielt wird. Es gab am Mittwoch nur einen, der glaubte, die Kollegen hätten gestreikt, um sich für dumm verkaufen zu lassen. BR-Vorsitzender, Albert Pfeiffer meinte: 'Ich glaube, daß wir damit zufrieden sein können.'

Pfeiffer selbst, die 'Arbeitnehmervertreter' im AR (Aufsichtsrat, d.Vf.) von Hoesch, und die Gewerkschaftsführung haben seinerzeit die Fusion mit Hoogovens voll unterstützt und großspurig dahergeredet: 'Wenn das neue Stahlwerk nicht gebaut wird, nehmen wir unseren Hut!' Und jetzt? Die Herren fangen ein großes Gezeter an. 'Wir haben das Wort des Vorstandes, wenn der 'uns' hinters Licht führt, hat das unabsehbare Folgen' (F. Fahrtmann, Aufsichtsratsmitglied, WWI des DGB). Aber nach den glasklaren Zusagen von Harders, für die SM-Stahlwerke vielleicht nächstes Jahr, vielleicht in 2, vielleicht in 20 oder je nach der 'Ertragslage' auch in 100 Jahren mit einem Oxygenstahlwerk Ersatz zu schaffen, verkündet A. Pfeiffer: 'Ich glaube, daß wir damit zufrieden sein können.'

WELCHE PLÄNE HABEN DIE HOESCH-KAPITALISTEN?

Seit eh und je suchen die Hoesch-Kapitalisten, wie alle Stahlkonzerne, nach immer besseren Methoden, den Stahl billiger zu kochen, die Arbeiter noch stärker auszubeuten. Da wurde in den letzten Jahren rationalisiert, das Arbeitstempo gesteigert, die Tonnenzahlen hochgeschraubt. Jeder weiß, wie die Hoesch-Kapitalisten durch Umbauten im Warmbreitband, am Hochofen 4, im Kaltwalzwerk immer mehr herausholen, wie z.B. die Zeiten für das Ofenausmauern in den SM-Stahlwerken von 4 Wochen früher auf weniger als eine Woche heruntergeschraubt wurden. Jeder weiß auch, was es mit dem Leistungsfestlohn auf sich hat: er wurde eingeführt, weil der REFA-Akkord, die Prämien und Schwerezulagen die Kollegen überhaupt nicht mehr zu größeren Leistungen antreiben konnten - die Maschinen laufen oft so schnell, daß überhaupt keine Steigerung mehr möglich ist, es sei denn, es werden neue Maschinen aufgestellt. Heute gibt es keine Zulagen mehr für erschwerte Arbeit, so bei den Auswechselarbeiten an den Kranlagern im SM- Stahlwerk, die Vorgabezeiten, Wartezeiten und Spielräume, die den Kapitalisten beim REFA-System im Weg waren, gibt es nicht mehr. Restlose Ausnutzung der vorhandenen Anlagen bis zum letzten, Rationalisierungen, das ist das eine. Stillegungen unprofitabler Anlagen das war und ist das andere. Dafür ist die Fusion der DHHU und Hoesch ein Beispiel. Dafür ist noch ein viel besseres Beispiel die Fusion von Hoesch und Hoogovens. Was heute - nach der Gründung von 'Estel' - auf Hoesch beginnt, wird den Konzern von oben bis unten umkrempeln - auf Kosten der Arbeiter. Die Kapitalisten haben ganz klar vor, die Verlagerung der Stahlbasis ans Meer, wo die Kosten für Erz- und Kohleimporte geringer und die Möglichkeiten für den Export günstiger sind, den Bau eines Riesenstahlwerkes zusammen mit Hoogovens in Rotterdam beschleunigt durchzuführen. Und das bedeutet, die SM-Stahlwerke werden noch einige Jahre laufen und dann verschrottet. Was das für die schweren Walzstraßen, die Hochöfen usw. heißt, kann sich jeder ausmalen. Hoesch wird in Dortmund bleiben. Aber der Ausbau der Weiterverarbeitung, der Kaltwalzwerke, der Weißblechlinie, Zinkanlagen ist die eine Seite, der großangelegte Abbau der Stahlbasis, der Abbau und die Unsicherheit der Arbeitsplätze ist die andere Seite.

Die Hoesch-Kapitalisten sind nicht dumm, Abs und Harders sind nicht auf den Kopf gefallen, daß sie Hoesch mit Haut und Haar an den Holländer (Niederländer, d.Vf.) verschachert haben. Was sie planen, erwächst den Gehirnen der Monopolkapitalisten, die nur nach höherem Profit, dem eigenen Vorteil trachten, und sich um die Lage der Arbeiter einen Dreck kümmern.

WAS FORDERN DIE KOMMUNISTEN?

Erst einmal einiges zur DKP und zum 'Heißen Eisen', das immer kälter wird. Da wird die 'langfristige Sicherung der Stahlbasis in Dortmund' gefordert, da geht die DKP hin und will die Kapitalisten 'zwingen', ihre Investitionspläne 'im Interesse der Belegschaft auszurichten'. Kollegen, man kann und muß den Kapitalisten durch die einheitliche Front aller Arbeiter Zugeständnisse abringen, aber niemals wird es einen Kapitalismus geben, in dem die Kapitalisten ihre Taschen leermachen und ihre Investitionen umfassend nach unseren Interessen ausrichten. Die Arbeiterklasse hat ein berechtigtes Interesse an der Sicherheit ihrer Arbeitsplätze. Aber wer den Kollegen weiszumachen versucht, diese Sicherheit könne dauerhaft gewonnen werden, solange die Bourgeoisie die Produktionsmittel besitzt, dazu brauche man nur Mitbestimmung oder Verstaatlichung und eine starke DKP, ruft die Arbeiter zu einem aussichtslosen Kampf auf, verbreitet Illusionen und Resignation.

Kollegen, es muß darum gehen, von den Kapitalisten die Offenlegung sämtlicher Rationalisierungs- und Stillegungspläne zu erzwingen, damit die Belegschaft weiß, was die Kapitalisten im Sinn haben, wie sie sich gegen die Angriffe wehren kann.

Es geht darum, gegen die steigende Arbeitshetze, den verstärkten Verschleiß der Arbeitskraft, und das Bestreben der Kapitalisten, möglichst wenige Kollegen möglichst lange arbeiten zu lassen, den 7-STUNDENTAG BEI VOLLEM LOHNAUSGLEICH durchzusetzen,

1/2 STUNDE BEZAHLTE MITTAGSPAUSE FÜR ALLE SCHICHTARBEITER,
BEZAHLUNG DER AN- UND ABFAHRTZEIT.

Kollegen, was in den nächsten Jahren auf uns zukommt, ist kein Spaziergang. Die Hoesch-Kapitalisten haben ihre Pläne fertig in der Tasche. Es wird zu verstärkten Auseinandersetzungen mit den Kapitalisten kommen, die die Streikstunden, wie schon bei den Streiks im Januar, nicht bezahlen, die am letzten Freitag einen Kollegen aus dem Kaltwalzwerk fristlos entlassen haben (vgl. 7.7.1972), weil er sich bei der Demonstration hervorgetan hat, die die Westfalenhütte, sieht man sich die neue Eingangsanlage an der Oesterholzstraße an, auf alles vorbereiten."

Mit Hilfe der 'Roten Fahne' (RF - vgl. 5.7.1972) wird berichtet vom DGB-Bundeskongreß (vgl. 25.6.1972), in eigenen Worten vom bundesweiten Vietnam-Meeting in Bonn (vgl. 8.7.1972) und dessen Vorbereitung in Dortmund (vgl.3.7.1972, 7.7.1972).
Q: Kommunistische Arbeiterpresse Hoesch Westfalenhütte Nr. 15, Dortmund 13.7.1972

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